Efeu von Ur (Schlicht und Immergrün) ================================================================================ Kapitel 26: Fenja ----------------- Hier bin ich wieder mit einem neuen Kapitel. Ich muss sagen, ich mag es ziemlich und hoffentlic gefällts euch auch ;) Frauenpower für alle :D Liebe Grüße, _________________________ »Ich kann das nicht.« »Komm schon, ich bin hier und unterstütze dich seelisch!« »Aber was soll ich denn sagen?« Sie saßen auf Antons Sofa, vor ihnen auf dem Couchtisch lag ein schnurloses Telefon, dass Elias einmal benutzt hatte, um drüben in seiner Wohnung anzurufen und Kathi dazu zu bringen, ihm die Tür zu öffnen. »Wie wäre es mit der Wahrheit. Etwas in der Art wie ‚Hey, hier ist Anton, tut mir Leid, dass ich mich so lange nicht gemeldet hab.’?« Anton starrte ihn an. »Ich habe mich nicht einfach ‚lange nicht gemeldet’. Ich habe mich fast vier Jahre lang nicht gemeldet! Sie kennt mich wahrscheinlich gar nicht mehr«, sagte er kläglich und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Elias seufzte und betrachtete das Telefon. »Vielleicht hat sie gar nicht mehr die alte Telefonnummer«, fuhr Anton fort und ließ den Kopf hängen. Vielleicht, dachte Elias, verlangte er zu schnell zu viel von Anton. Wahrscheinlich würde ihm all das auch nicht leicht fallen. Trotzdem hielt er es für wichtig, dass Anton den Kontakt zu seinen besten Freunden wieder aufnahm. Und wenn sie wirklich so eng miteinander gewesen waren, dann bestand sicher kein Zweifel, dass sie wieder zueinander finden würden. Er beschloss, erst einmal das Thema zu wechseln und knuffte Anton leicht in die Seite, der daraufhin zusammenzuckte und sich die Rippen rieb. »Alex bleibt noch bis Montagabend. Sie hat gefragt, ob wir sie morgen mit zur Schule nehmen, weil sie keine Lust hat, den ganzen Tag bei ihren Eltern zu hocken«, erklärte er. Anton nickte. Elias wusste, dass er mit den Gedanken weit weg war. Der Montagmorgen kam grau, kühl und unerbittlich. Elias stöhnte auf, als er nach dem Wecker tastete. Er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht und setzte sich auf. »Guten Morgen!«, flötete Alex’ Stimme irgendwo neben ihm. Sie lag auf einer Matratze unten auf dem Boden, direkt neben seinem Bett. Nach einigem hin und her hatte sie ihre Eltern dazu überreden können, bei ihm zu übernachten. Allerdings hatten sie ihr das Versprechen abgerungen, im Wohnzimmer zu schlafen. Alex hatte dieses Versprechen galant gebrochen. »Hmpf«, war Elias’ einzige Antwort dazu und er schob die Bettdecke beiseite. Im nächsten Moment riss Alex sein Fenster auf und stakste in Jogginghose und T-Shirt über seinen Boden hin zur Tür. »Wach werden, Schlafmütze! Ich geh schon mal ins Bad!«, sagte sie beschwingt und huschte davon, um unter die Dusche zu springen. Elias rieb sich die Augen und stolperte beinahe über Alex’ Matratze, als er aufstand, um sich etwas anzuziehen. Montagmorgen zu duschen erschien ihm meistens wie eine Folter. Er schlurfte in die Küche und wurde wie immer von seiner bereits munteren Familie begrüßt. »Ist Alexandra im Bad?«, fragte seine Mutter und legte ihm ein gerade fertig gewordenes Toast auf den Teller. Elias nickte verschlafen und griff nach einem der Marmeladengläser. »Ich will auch mal mit zu dir in die Schule«, beklagte sich Nathalie und wischte sich mit der Hand einige Nutellaspuren aus dem Gesicht. Elias schaffte ein mattes Grinsen. »Glaub mir, es ist genauso langweilig wie an anderen Schulen«, versicherte er ihr und bekam dafür von seiner Mutter einen tadelnden Blick zugeworfen. Kurz nachdem er sein Toast aufgegessen hatte, kam Alex in die Küche gerauscht. Sie sah aus wie das strahlende Leben, hatte einen Turban um den Kopf geschlungen und ließ sich auf den letzten freien Stuhl fallen, den Kathi gerade freigemacht hatte, um sich schminken zu gehen. »Guten Morgen«, sagte sie an Elias’ Mutter gewandt und nahm dankend ein Toast von ihr entgegen. »Wie viele Stunden haben wir heute?«, erkundigte sich Alex bei Elias. Er blinzelte müde und gähnte herzhaft. »Eigentlich nur sechs. Aber wir warten noch auf Anton, der hat bis zur achten Stunde Sport«, erklärte er. Alex schmunzelte, butterte sich ihr Toast und belud es mit Pflaumenmus. Elias war zu müde, um sie nach dem Grund des Schmunzelns zu fragen. Der Schulweg war diesmal um einiges mehr mit Gesprächen angereichert als normalerweise. Elias schwieg wie normalerweise, aber Anton und Alex, die beides keine Morgenmuffel waren, unterhielten sich über dieses und jenes und Alex sparte nicht an peinlichen Kindheitsgeschichten über Elias, die Anton ziemlich amüsant zu finden schien, denn er schmunzelte fast während des ganzen Weges. »Was haben wir jetzt?«, erkundigte sich Alex, als sie sich beim Eingang von Anton getrennt hatten und die Eingangshalle durchquerten. »Doppelstunde Mathe«, entgegnete Elias unmotiviert. Alex grinste. »Klasse!«, sagte sie begeistert. Neben Musik war Mathe Alex’ Lieblingsfach. Sie war das einzige Mädchen, das er kannte, das bei dem Wort Mathematik nicht in Schreikrämpfe oder Wutanfälle ausbrach. Frau Beyer hatte nichts gegen Besuch im Unterricht einzuwenden – vor allem vermutlich, weil es Elias’ Besuch war und sie ohnehin einen Narren an ihm gefressen hatte – und so quetschte sich Alex zwischen ihn und Markus, der Alex gut gelaunt begrüßte und ihr erst einmal genaustens darlegte, wie Lea- Lekyshas mittlerweile eingerichtetes Kinderzimmer aussah und was sie noch kaufen mussten. Alex war sehr interessiert und schaffte es trotzdem, dem Unterricht zu folgen und sich sogar dreimal zu melden, was Frau Beyer ziemlich beeindruckte. Denn hier im Mathe- LK gab es sonst nur noch drei Mädchen. »Jetzt kannst du mir auch mal diese Eva zeigen, die dich immer so penetrant angebaggert hat«, sagte Alex, als es zur großen Pause klingelte und er, Markus und Alex zu ihrem üblichen Treffpunkt an der Wendeltreppe gingen. »Du hast Glück, da ist sie schon«, murmelte Elias ihr ins Ohr, als sie sich der Treppe näherten, wo Dominik bereits stand und ziemlich elend aussah. Neben ihm lehnte Eva am Geländer und lachte, wobei sie ihre Locken in den Nacken schüttelte. »Hey Alex!«, rief Dominik sehr viel überschwänglicher, als er es normalerweise getan hätte, auch wenn er sich sicher freute, sie zu sehen. Elias und Markus begrüßten Eva eher wenig begeistert und sie schien verstanden zu haben, dass sie nun erst einmal Sendepause hatte. Sie winkte Dominik noch zu, dann wuselte sie in die Eingangshalle davon. Alex sah ihr nach. »Manchmal finde ich es ja so peinlich ein Mädchen zu sein«, seufzte sie resigniert und schüttelte verständnislos den Kopf. Als sie Anton oben an der Wendeltreppe entdeckte, wo er wie immer sein Pausenbrot aß, war sie schnurstracks auf und davon und bugsierte den verwirrt aussehenden Jungen hinunter zu Markus, Dominik und Elias. »Du musst doch da oben nicht allein stehen«, sagte sie und klopfte ihm auf die Schulter, »das ist Anton«, fügte sie hinzu und deutete auf ihn, ehe sie mit der Hand in Richtung Dominik und Markus wedelte, »und das sind Dominik und Markus. Die beiden kennen mindestens genauso viele peinliche Geschichten über Elli wie ich.« Anton räusperte sich verlegen, ehe er ein ‚Hallo’ hervorbrachte und Elias einen unsicheren Blick zuwarf. Er grinste ihm aufmunternd zu. Langsam aber sicher wurde er wacher und so beschloss er, sich ein Brötchen am Schulkiosk zu kaufen. Sicherlich konnte er Alex und Anton einen Moment lang allein lassen. Als Elias zurück kam, waren die vier gerade damit beschäftigt, weitere peinliche Episoden aus seinem Leben aufzurollen und sein lautstarkes Protestieren half nichts, bis es schließlich klingelte und er Alex in Richtung Politik schleifte. Sie überlebten vier weitere, langweilige Schulstunden – Politik und Englisch jeweils im Doppelpack – und setzten sich nach der letzten Stunde zu zweit in die Pausenhalle, um sich einen heißen Kakao zu genehmigen und sich ein wenig zu unterhalten. »Meinst du, er würde mitkommen zu meinem Abiball?«, erkundigte sie sich nachdenklich und fuhr mit dem kleinen Finger den Plastikrand des Bechers nach. Elias zuckte mit den Schultern. »Er traut sich nicht, bei seiner besten Freundin anzurufen. Ich hab gestern noch mal versucht, ihn zu überreden. Aber er hat echt ne Heidenangst davor…«, erklärte Elias. Alex kannte sie Zusammenhänge nicht, denn Elias hatte ihr kein Wort von Antons Vergangenheit erzählt. Sie verstand das und hatte in keinster Weise nachgebohrt. Elias hatte ihr lediglich erklärt, dass Anton seit mehreren Jahren keinen Kontakt mehr zu seinen beiden besten Freunden hatte. Und das wusste Anton auch. Elias hatte es ihm mit einem schlechten Gewissen gebeichtet, aber Anton hatte es ihm nicht übel genommen. »Ich will mich da ja echt nicht einmischen«, meinte Alex, lehnte den Kopf an die kühle Scheibe hinter ihr und betrachtete den Inhalt ihres Plastikbechers, »aber beste Freundinnen sind selten nachtragend, wenn es um ihren wirklich, wirklich besten Freund geht. Scheint ne verbreitete Krankheit zu sein. Ach übrigens, was ich dich fragen wollte, stehst du eigentlich irgendwie auf ihn?« Elias spuckte seinen Kakao direkt vor seine Füße, ehe er heftig zu husten begann und Alex ihm unbeeindruckt auf den Rücken klopfte. Sein Kopf fühlte sich sehr heiß an, so als wäre der Kakao, den er bisher getrunken hatte, nicht durch seine Speiseröhre, sondern direkt in sein Gehirn gewandert. Wieso musste Alex immer diese wahnwitzigen Gedankensprünge machen? Bisher hatte ihn das selten gestört, er war geübt darin gewesen, mit ihren Gedanken mitzuhalten, aber in diesem Augenblick war sein Denkvermögen wie gelähmt. Was sollte er antworten? ‚Na ja, letztens wollte ich ihn küssen’? Er röchelte kläglich und hob den Kopf, um seine beste Freundin anzusehen, die von seinem gerade so abgewendeten Ersticken nicht sonderlich beeindruckt aussah. »Das bedeutet dann wohl ‚Ja’. Na ja, ich hab es mir schon gedacht und er schaut dich immer so an… ich hab ja gesagt, dass du vielleicht auf Männer stehst, ist doch nichts dabei, ihr wärt sicherlich ein niedlichen Pärchen. Du bist ziemlich rot im Gesicht, Elli, ist dir das klar?« Er starrte sie einen Moment lang sprachlos an, dann schaltete sich sein Sprachzentrum wieder ein. »Ich stehe nicht auf ihn, wir sind nur gut befreundet, ok? Und ich will die Freundschaft nicht ruinieren, indem ich auf irgendwelche dummen Gedanken komme…«, murmelte er und fuhr sich durch die Haare. Alex hob die Brauen. »Außerdem hat er nie erwähnt, dass er nicht hetero ist. Wir reden über so was nicht, ok?« Alex’ Augenbrauen wanderten noch ein Stück nach oben. »Ok, letztens wollte ich ihn küssen, es war ein komisches Gefühl, aber ich will das abstellen. Er hat schon genug Stress in seinem Leben, da braucht er nicht noch einen knutschwütigen Nachbarn!« Alex seufzte resigniert und nahm noch einen Schluck Kakao. Elias wandte den Blick von ihr ab und starrte in die braune Pfütze, die er auf dem dunklen Steinboden verursacht hatte. Er hatte Alex keinen Ton gesagt und es war, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Manchmal war es ja dermaßen anstrengend, eine beste Freundin zu haben, die einen zu lange kannte. Alex war so gnädig und erwähnte das Thema den Rest der beiden Freistunden nicht mehr. Kurz bevor es klingelte, machten sich die beiden auf den Weg zur Turnhalle, wo Anton immer auf Elias wartete, wenn er sich fertig umgezogen hatte. Auch heute stand er dort, sein Gesicht war knallrot und seine Haare wirkten leicht verschwitzt. »Was habt ihr gemacht?«, fragte Elias erstaunt. »Zirkeltraining«, keuchte Anton und fächelte sich etwas von der kühlen Märzluft zu. Sie schlenderten in Richtung Hauptstraße davon. »Die drei Kerle waren heute irgendwie besonders schlecht drauf… du weißt schon, die von damals… bei jeder Gelegenheit haben sie versucht, mir ein Bein zu stellen, oder mich mit irgendwas zu bewerfen«, erklärte Anton und er klang diesmal eher gereizt als abweisend. Elias schnaubte. Er wollte sich gerade darüber entrüsten, dass diese Vollidioten scheinbar nie erwachsen werden wollten, als sie in die kleine Straße bogen, in der Elias sich schon einmal mit ihnen geschlagen hatte. Und wirklich. Da standen sie schon wieder, sahen schlecht gelaunt aus und schauten ihnen entgegen, als täten sie nichts lieber, als ihnen die versaute Aktion von letztem Mal heimzuzahlen. Alex hob die Brauen. »Wusstet ihr«, sagte sie bedächtig und zog ihre Hände aus den Taschen ihrer Jeans, »dass jeder, der professionell Kampfsport treibt, sich in ein Register eintragen muss? Falls mal was passiert und man irgendwas anwendet, dann wird das geprüft.« Anton starrte sie von der Seite an. »Unser Freund ist wieder da und diesmal hat er keine Kumpanen dabei«, sagte der eine von ihnen. Elias hatte sich ihre Gesichter kaum gemerkt. Diesmal war er gewillt, einfach umzudrehen und zur Hauptstraße zurückzukehren, seine Mutter würde ihn garantiert umbringen, wenn er wieder so zerhackstückt nach Hause kam. »Wolltest du dich nicht immer schon mal mit deiner besten Freundin prügeln?«, flüsterte Alex und ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Beunruhigt hörte Elias ihre Fingerknöchel knacken. Anton öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch es war schon zu spät. Einer der Drei hatte seine Hand nach Elias’ Kragen ausgestreckt und im nächsten Moment schrie er schmerzhaft auf. Elias sah kaum, was passierte, er sah ein, zwei, drei Tritte, hörte den dumpfen Aufschlag von zwei Körpern und ein weiteres schmerzerfülltes Stöhnen. Und dann war es vorbei. Anton und Elias standen da und glotzten. Elias wusste, dass Alex seit Ewigkeiten zum Kampfsporttraining ging. Aber er hatte sie noch nie dabei beobachtet, wie sie in der Realität jemanden zu Boden warf. »Du warst zu langsam«, informierte sie ihn und rieb sich die Hände an ihrer Jeans ab, als hätte sie sich an den drei Kerlen richtig schmutzig gemacht, »aber egal. Große Klappe und nichts dahinter. Beinahe hätte ich dem hässlichsten die Schulter ausgekugelt. Man muss wirklich vorsichtig sein…« Und mit diesen Worten stieg sie über einen der Kerle hinweg, der es scheinbar nicht wagte, wieder aufzustehen und Anton und Elias folgten ihr, warfen sich einen völlig entgeisterten Blick zu und sagten nichts. »Ist es eigentlich entwürdigend, wenn sich die beste Freundin besser prügeln kann, als man selbst?«, flüsterte er Anton zu. Der schüttelte immer noch ziemlich perplex den Kopf. »Nein. Fenja kann auch härter zuschlagen als ich«, wisperte er als Antwort. Elias nickte beruhigt. Als sie schließlich oben im Treppenhaus standen, wandte sich Alex an Anton und schob Elias in seine Richtung. »Ich warte auf dich. Ihr könnt bei Fenja anrufen…« Anton starrte sie entsetzt an. Elias blinzelte. Alex schaffte ein unglaublich warmes Lächeln, als sie Anton eine Hand auf die Schulter legte. »Sie vermisst ihren besten Freund ganz sicher genauso sehr, wie er sie auch«, sagte sie leise, dann schnappte sie den Schlüssel aus Elias’ Hand und war im nächsten Moment in seiner Wohnung verschwunden. Die Tür ging zu. Anton starrte ihr nach und seufzte leise. Elias fragte sich, wie oft solche weisen Momente bei Alex im Jahr auftraten? Dreimal? Viermal? Anton hatte gerade einen dieser Augenblicke ergattert. Elias folgte seinem Nachbarn in die Wohnung, die er nun schon mehrere Male besucht hatte und er sah, dass Antons Hände leicht zitterten, als er sich aufs Sofa fallen ließ und nach dem Telefon griff. Elias setzte sich neben ihn, räusperte sich und überlegte einen Moment lang, Antons Hand zu nehmen. Das erschien ihm dann jedoch zu sehr in Richtung ‚Küssen’ und allem, was dazu gehörte, zu gehen und so legte er stattdessen behutsam einen Arm um seine Schultern. Antons Gesicht war noch blasser als sonst, als er die Nummer wählte und schließlich schwer schluckte, ehe er auf den Knopf mit dem grünen Hörer drückte und ihn sich ans Ohr hielt. Elias schwieg dazu, dass Anton immer noch Fenjas Handynummer auswendig kannte. Nach all dieser Zeit. Er flehte stumm, dass sie rangehen würde und dass das immer noch ihre Nummer war. Anton zitterte leicht und Elias drückte ihn ein wenig fester. »Ja?«, meldete sich eine Mädchenstimme am anderen Ende. Elias saß so nah bei Anton, dass er alles klar und deutlich verstehen konnte. Antons Miene war eine Mischung aus Entsetzung und Erleichterung. Einen Moment lang schwieg er mit halb geöffnetem Mund. »Hallo?«, fragte die Stimme irritiert. »H…hey… hier ist… Anton«, krächzte Anton zittrig und am anderen Ende herrschte einen Wimpernschlag lang Stille. Anton schloss die Augen, als würde er sich für das Schlimmste wappnen. »Ich hoffe, dir ist bewusst, dass ich gerade am Heulen bin, dass das allein deine Schuld ist und dass ich dir am liebsten einen Kinnhaken verpassen würde…«, schniefte es am anderen Ende. Auf Elias’ Gesicht breitete sich ein erleichtertes Lächeln aus. Anton lachte zittrig und Elias sah aus dem Augenwinkel, dass seine Augen feucht waren. Er sah dezent zur Seite. »Ja, weiß ich. Ich hätte nichts gegen einen Kinnhaken, ehrlich«, flüsterte er mit erstickter Stimme und schluckte heftig, wohl um gegen die aufkommenden Tränen zu kämpfen. »Das ist gut… Ich sitz grad im Kaninchenstall… Mittlerweile hab ich 37 Stück…«, kam es vom anderen Ende. Antons Lächeln war noch nie strahlender und seine Augen noch nie glücklicher gewesen, als in diesem Moment. Seit Elias ihn kannte, hatte er ihn nicht so gesehen und in diesem Augenblick war er der Junge auf dem Foto, der lachend neben seinen besten Freunden und seinem Zwillingsbruder stand. »Ach echt? Hast du den dicken mit den Schlappohren immer noch?«, fragte Anton und warf Elias einen glühenden Blick zu, der sein Herz irgendwo in die Nähe seines Kehlkopfs springen ließ. »Ja, sicher… Er ist noch fetter geworden, sag ich dir…« Elias erwiderte Antons Strahlen. Alex hatte – wie so oft – Recht behalten und dumpf fragte sich Elias, ob sie auch Recht behalten würde, was ihn und Anton anging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)