Efeu von Ur (Schlicht und Immergrün) ================================================================================ Kapitel 20: Spiegel ------------------- So! Hier melde ich mich mit einem neuen Kapitel. Ich hatte keine Lust schon morgens mit dem Lernen anzufangen und hab erstmal das Kapitel fertig gemacht. Jetzt geh ich duschen, abspülen und einkaufen und fange dann wieder mit dem Lernen an. Info: ENS- Benachritigungen bekommen ab jetzt nur noch die Leute, die zum letzten Kapitel einen Kommentar hinterlassen haben! Es sind mittlerweile zu viele Favoritennehmen geworden :) Viel Spaß beim Lesen! Liebe Grüße, _________________________ Zwei Tage später ging es ihm besser. Sein Hals und sein Kopf taten ihm kaum noch weh, auch wenn er immer noch hustete wie ein Nebelhorn und sich alle zwei Minuten die Nase putzen musste. Seine Mutter hatte den Rest von Antons Nudelsuppe probiert und war in Begeisterungsstürme ausgebrochen, weil Anton in seinem Alter so gut kochen konnte. Elias dachte in seiner freien Zeit und während zahlloser Husten- und Niesanfälle über Anton nach. Er hatte das Gefühl, dass sein Nachbar immer geheimnisvoller wurde, je mehr sich Elias an ihn herantastete. Kaum hatte er eine Antwort gefunden, tat sich ein neues Rätsel auf. Es war ein bisschen wie in einem guten, komplizierten Krimi. Dunkel fragte er sich, ob Antons Krimi irgendwo ein Happy End haben würde, oder nicht. Insgeheim ertappte sich Elias dabei, dass er dafür sorgen wollte, dass Anton irgendwann ein Happy End hatte. Nach all dem Mist, den sein Nachbar durchgemacht haben musste, war ein wenig Glück doch sicher drin. Er besorgte sich von verschiedenen Mitschülern die Hausaufgaben, die er die Woche über erhalten hatte und erledigte sie alle halbwegs gewissenhaft. Er fing sogar damit an, für seine Abiturprüfungen Texte zusammen zu fassen. Währenddessen hörte er Antons Klassik- CD, die ihn nicht vom Lernen ablenkte und trotzdem die unangenehme Stille vertrieb, die das Lernen oftmals begleitete. Dominik rief ihn gefühlte fünfmal am Tag an, um ihm zu danken und von Christine zu schmachten. Markus schrieb ihm einige SMS, in denen er kurze Episoden aus seinen Kinderzimmerplanungen und Namens- Entscheidungsproblemen berichtete. Alex schmachtete von Alex. Alle um ihn herum schienen verfrühten Frühlingsgefühlen zum Opfer gefallen zu sein, nur er selbst blieb wie so oft verschont davon. Anton schaute noch ein paar Mal vorbei und erkundigte sich, wie es ihm ging. Elias freute sich darüber, vor allem, da Anton langsam ein wenig gesprächiger wurde und auch von sich aus Dinge erzählte, aus der Schule, dem Unterricht, seinen Fortschritten beim Klavierspielen. Freilich war er darauf bedacht, niemals über sonderlich persönliche Dinge zu sprechen. Aber Elias hatte Geduld und er hatte sich vorgenommen, Antons Vertrauen zu gewinnen und irgendwann zu erfahren, wieso diese schwarzen Augen manchmal traurig aus dem Fenster starrten, als erwarteten sie im verhangenen Januarhimmel vergangene Zeiten und Gesichter zu sehen. »Du wirst es nicht glauben, Alter«, sagte Dominik, als er ihn am Samstag anrief, um sich die Langeweile zu vertreiben, »aber gestern hat Eva mich gefragt, ob wir nicht mal Kaffee trinken wollen!« Elias blinzelte verwirrt und verlieh seiner Verwunderung mit einem ausgiebigen Husten Ausdruck. »Ich meine… über ein halbes Jahr hechele ich ihr hinterher und jetzt bin ich in ein anderes Mädchen verschossen und mit ihr zusammen und ihr fällt ein, dass sie mal mit mir Kaffee trinken will? Vor zwei Wochen hätte ich noch laut ‚Hipp- Hipp Hurra’ gerufen.« Elias grinste und stellte sich diese Szene bildlich vor. »Ja, das hättest du. Aber ehrlich… sie hätte nicht besonders gut zu dir gepasst«, meinte Elias und drehte sich auf den Rücken. Auf dem Nachtschrank stand ein Tee, den seine Mutter ihm gebracht hatte, während er sich mit seinen Politikunterlagen herumschlug. »Ich versteh die Frauen nicht, ehrlich…«, nuschelte Dominik und seufzte abgrundtief. »Du bist doch jetzt wohl nicht zwiegespalten, welche der beiden du willst, oder?«, fragte Elias hoffend. »Spinnst du? Ich bin so glücklich, ich könnte platzen!« Elias musste lächeln. Wenn er ein Mädchen wäre, würde er es sich jetzt erlauben zu denken, dass Dominik niedlich war. »Das ist schön. Hast du schon ihren Bruder kennen gelernt?«, fragte Elias grinsend. Dominik gluckste. »Ja. Er sagte, er fände meine Dreads cool«, entgegnete Dominik und klang deutlich amüsiert. »Mich fand er nicht ganz so cool, fürchte ich. Aber das ist sicher ein gutes Zeichen«, versicherte er seinem besten Freund. »Sie will mich nächstes Wochenende ihren Eltern vorstellen… ich bin ein wenig panisch«, beichtete Dominik und lachte nervös. »Sie werden dich sicher mindestens genauso cool finden wie ihr Bruder«, sagte Elias schmunzelnd. Dominik schien davon nicht sonderlich überzeugt und Elias bemühte sich mehrere Minuten lang, Dominik zu beruhigen. »Mochten sie dich denn?«, wollte er schließlich wissen. Elias hustete. »Sie hat mich ihnen gar nicht vorgestellt. Es war nichts Ernstes, deswegen war es wohl nicht nötig. Scheint bei dir was anderes zu sein«, meinte Elias. Die Stille am anderen Ende verriet ihm, dass Dominik jetzt wohlmöglich noch aufgeregter war als vorher. »Musstest du das jetzt unbedingt sagen?«, klagte Dominik und seine Stimme zitterte – wohl halb vor Panik und halb vor Freude. Elias grinste. »Tut mir Leid. Ich werd dich jetzt deiner Aufregung überlassen und noch ein bisschen arbeiten. Wenn man krank ist, kann man ja kaum was anderes machen…« »Ich beneide dich jedenfalls nicht. Ich setz mich jetzt an meine PS3. Hau rein, Alter!« »Du auch, bis dann!« Elias streckte sich, dann stand er auf und steckte sein Handy ans Ladekabel. Leise summend schaltete er seine Stereoanlage ein, in der immer noch die CD von Anton lag und drehte den Lautstärkeregler hoch. Während er die Melodie mitsummte und nach seinen Erdkundeunterlagen kramte, fragte er sich zum ungefähr hundertsten Mal, wieso es in Antons Wohnung keine Spiegel gab. Konnte jemand sich selbst so verabscheuen, dass er einen Blick in den Spiegel nicht ertrug? Elias hatte keine Ahnung. Er war zu eitel, um sich ein Leben ohne Spiegel vorstellen zu können. Nachdenklich warf er seine Erdkundemappe aufs Bett und wollte sich gerade Block und Stift greifen, als die Zimmertür aufging. »Seit wann hörst du Klassik? Das ist ja noch schlimmer als Nirvana«, beklagte sich Katharinas Stimme bei ihm. Er wandte sich um und sah seine kleine Schwester mit verschränkten Armen im Türrahmen stehen. »Das ist die einzige Musik, die ich beim Lernen hören kann, ohne dass es mich ablenkt«, erklärte Elias grinsend und richtete sich auf, Block und Stift in der Hand. Er dachte, Katharina würde ihm nun sagen, er sollte seine Musik leiser machen. Aber das tat sie nicht. »Was ist das da für’n Lied?«, fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen und ruckte mit dem Kopf in Richtung Stereoanlage. »Ähm…«, machte Elias und sah sich nach der Hülle um. Es war ein reines Klavierstück und Anton hatte ihm gesagt, wie es hieß. Elias wusste, dass Anton es selbst auch manchmal spielte, er kannte die Melodie. »Irgendwas mit Erik Satie… Gym…Gyn… Keine Ahnung, wie es genau heißt«, meinte er und fuhr sich durch die Haare. Dann warf er sich neben seine Erdkundemappe aufs Bett. »Willst du da im Türrahmen Wurzeln schlagen, oder reinkommen?«, erkundigte er sich schmunzelnd. Katharina sah aus, als wüsste sie nicht recht, was sie wollte. Dann schloss sie jedoch die Tür hinter sich und kam zu ihm hinüber. »Wie läuft’s mit Chris?«, fragte sie. »Haben Schluss gemacht«, erklärte er freiweg. Katharina blinzelte und sah ihn verwundert an. Elias zuckte mit den Schultern. »Du weißt schon, wir waren nicht verliebt, oder so. Es war kein Drama«, versicherte er ihr. Sie betrachtete ihn nachdenklich und zum ersten Mal fand Elias, dass sie älter aussah, als sie eigentlich war. Sie war so etwas wie eine gut aussehende, weibliche, zierliche Ausgabe ihres Vaters. Viele Mädchen in ihrer Klasse beneideten sie sicher um ihre Figur und das hübsche Gesicht. Sie war immer schon beliebt bei den Jungs gewesen. Irgendwann mit acht war ein Kinderfoto von ihr in einem Fotoatelier- Schaufenster ausgestellt gewesen. »Du wirst auch nie erwachsen, wie?«, fragte sie dann und klang ziemlich hochnäsig. Elias musste lachen. »Will ich auch gar nicht. Und erwachsener als du bin ich allemal«, gab er amüsiert zurück. Sie schien darüber nachzudenken. »Ich meine nur… dass du rumflatterst wie ein Schmetterling, ohne dich mal zu verlieben. Ich hab dich nur einmal verknallt erlebt. Und da war ich erst elf. Wie hieß sie noch mal? Ich komm immer durcheinander bei deinen ganzen Frauen«, meinte sie. Elias schnaubte grinsend. »Merle«, half er ihr auf die Sprünge. »Ja, genau. Die, die Mama so nett fand. Mit den hellblonden Haaren«, meinte sie nachdenklich. Elias nickte. »Ja. Die ist aber zur Zeit mit einem Mädchen zusammen«, informierte er seine Schwester. Sie runzelte die Stirn. »Du warst wohl ein einschneidendes Erlebnis, wie?« »Werd nicht frech!« Sie rauften ein wenig auf Elias’ Bett herum, wobei er seine Erdkundemappe ordentlich verknickte. »Geht’s dir eigentlich besser?«, fragte Elias schnaufend. Katharina saß auf seinem Bauch und hatte gerade den Sieg für sich beansprucht. Er hatte so etwas nicht mehr mit ihr gemacht, seit er dreizehn und sie neun gewesen war. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Geht so… er vögelt sich durch den halben Jahrgang, nur um mir zu demonstrieren, dass andere Mädchen sich die Finger danach lecken, mit ihm in die Kiste zu steigen. Mittlerweile frage ich mich, was ich für ihn überhaupt übrig hatte…« Elias schwieg auf diese Verkündung hin. Vielleicht wurde Kathi doch schneller erwachsen, als er. »Kennst du Sven van Thom?«, fragte sie unvermittelt. »Ja, schon. Aber nicht viel… welches Lied meinst du?«, erkundigte er sich und sie stieg endlich von seinem Bauch und angelte seine Gitarre zu sich aufs Bett. »Trauriges Mädchen«, erklärte sie und drückte ihm die Gitarre in die Hand. Elias dachte kurz nach. »Ja, ich denke schon. Singt da nicht auch ne Frau mit?«, wollte er wissen. Kathi nickte und lehnte sich neben ihn an die Wand, wie das letzte Mal, als sie hier bei ihm gewesen war. Elias griff sich die Fernbedienung seiner Stereoanlage und drückte so fest er konnte auf den Pause- Knopf, der leider Gottes – wie der Rest der Fernbedienung – ziemlich im Eimer war. Dann stoppte die klassische Musik. Elias dachte an das Lied, nach dem seine Schwester ihn gerade gefragt hatte. »Ich kann aber nicht den ganzen Text. Und der Refrain ist zu hoch für mich«, erklärte er schmunzelnd. Sie warf ihm einen Blick von der Seite zu. »Den singt ja auch eine Frau. Mach schon. Ich sing den Refrain«, erklärte sie ungeduldig. Elias schlug die Saiten an und brauchte einige Anläufe, um die Melodie halbwegs fehlerfrei hinzubekommen. Dann fing er an zu spielen. »Hey trauriges Mädchen, wenn du willst, lehn dich an mich. Ich berühre dein Herz und heile damit jeden Stich Denn deine Stimme singt in einem so betrübten Ton. Hey trauriges Mädchen sag, wie lange weinst du schon?« Im nächsten Moment wurde ihm schlagartig bewusst, dass seine Schwester singen konnte. Er hatte sich seit Jahren nicht mit ihr beschäftigt und das Desinteresse aneinander hatte durchaus auf Gegenseitigkeit beruht. Aber jetzt, da sie den Refrain neben ihm sang, fiel ihm auf, dass er nicht der einzige musikalische Mensch in der Familie war – natürlich nicht, denn das war das einzige, was er von seinem Vater geerbt hatte. Und Katharina, die genau wie Nathalie eine Kleinausgabe ihres Vaters war, hatte wohl ebenfalls sein Talent geerbt. »Schon einen Tag und eine Nacht, hat er mich um den Schlaf gebracht. Ich weiß nicht aus, ich weiß nicht ein, ich werd immer traurig sein.« Er hatte die Strophen durcheinander gewürfelt, aber Katharina schien sich nicht daran zu stören. Sie sang den Refrain, er die Strophen. Als das Lied zu Ende war, starrte Elias sie an. Sie hob die ordentlich gezupften Augenbrauen. »Was denn? Überrascht?« Er musste lachen. »Ja, schon. Du hast Rihanna immer so laut gedreht, dass ich dich nie mitsingen höre«, erklärte er. Sie lächelte und betrachtete ihre Beine, die in einer knallroten Strumpfhose und einem kurzen Rock steckten. »Es gibt da diesen einen Kerl«, fing sie an und Elias ermahnte sich, dass er nun seinen Schalter auf ‚verständnisvoller großer Bruder’ umlegen musste, »Marcel.« Elias wartete. Er war sich nicht sicher, was als nächstes kam und wie schon bei Kathis letzter Beichte war er sich nicht sicher, ob er es hören wollte. »Kein Geschmack, weißt du? Er trägt gruselige Strickpullis und eine Brille. Und seine Haare macht er auch nie irgendwie. Ganz zu schweigen von diesen uralten Turnschuhen… Und der läuft mir ständig überall hin nach. Letztens hat er mir in Mathe geholfen. Wenn er sich nicht so panne anziehen und nicht immer nur über Star Trek reden würde, wäre er vielleicht ganz niedlich.« Das war wieder typisch seine Schwester. Jetzt konnte er beruhigt aufatmen. »Aber dann denke ich mir wieder… wohin hat’s mich denn gebracht, dass ich mich mit einem beliebten Schönling eingelassen hab, nur weil er mir Honig ums Maul geschmiert hat? Ich hab Marcel gefragt, ob er nicht mal Lust auf Billard oder so hat. Kennst du diese Filme, wo der Junge dem Mädchen erklärt, wie man Billard spielt? Also ich kann Billard spielen. Er aber nicht. Also muss ich ihm zeigen, wie das geht. Wir treffen uns heute Abend um sieben«, fuhr sie fort und wackelte mit den Zehenspitzen. Das beruhigte Aufatmen stockte. Seine Schwester hatte einen offiziellen Nerd zum Billardspielen eingeladen. Die Welt stand Kopf! »Die letzte Strophe aus dem Lied geht übrigens so: Trauriges Mädchen, auch wenn er dein Herz brach Trauriges Mädchen, wein ihm nicht länger nach und gib mir doch den Platz auf seinem Thron, dass ich dich liebe weißt du doch schon.« Sie erhob sich von seinem Bett, streckte sich und stieg umsichtig über sein übliches Chaos hinweg zur Tür. »Drück mir die Daumen, dass er heute Abend keinen Strickpulli trägt. Sonst muss ich ihn erst mit zum Einkaufen schleifen!« Und mit diesen Worten verschwand seine kleine Schwester aus Elias’ Zimmer. Plötzlich kam er sich reichlich kindisch vor, wenn er sich mit ihr verglich. Gerade wollte er nach seiner Erdkundemappe greifen und sie so gut es ging glätten – vielleicht indem er sich kurz darauf setzte? – als seine Mutter durch den Flur rief: »Elias! Du hast Besuch!« Er sprang so hastig vom Bett auf, dass er beinahe über seinen Rucksack stolperte. Als er in den Flur kam, sah er Anton in der Tür stehen. Seine Mutter strahlte, dann verschwand sie in der Küche. »Ich will gar nicht lang bleiben«, erklärte Anton und hielt Elias ein zusammen gefaltetes Stück Papier hin, »ich wollte dir das hier nur geben. Weil du doch mal ein Gedicht lesen wolltest.« Elias starrte das Stück Papier an und konnte es kaum glauben. Ein Gedicht von Anton. »Aber es gibt zwei Bedingungen«, murmelte Anton, »du fragst nicht, worum es geht, wenn du es nicht verstehst. Und wenn du es doch verstehst, dann fragst du auch nicht… ok?« Elias blinzelte ein wenig verwundert, aber dann nickte er. Er war im Gedichte interpretieren nie gut gewesen. Vermutlich würde er es ohnehin nicht verstehen. Behutsam griff er nach dem Stück Papier. »Danke«, sagte Elias und das meinte er auch. Dieses Gedicht musste ein wahnsinniger Vertrauensbeweis sein. Und Elias wusste ihn zu schätzen. »Na dann… ich komm vielleicht morgen noch mal vorbei?«, meinte Anton unsicher. Elias grinste. »Klar. Ich freu mich«, gab er zurück. Anton blinzelte, dann errötete er – wie so oft in der letzten Zeit – und wandte sich hastig um. »Dann bis morgen.« Und er verschwand hastig hinter seiner Wohnungstür. Elias starrte die geschlossene Wohnungstür einen Moment lang an, dann schloss er auch die Tür hinter sich und huschte in sein Zimmer, wo er sich aufs Bett setzte und langsam den Zettel auseinander faltete. Es war das Gedicht, das Anton in der Schule begonnen hatte, als er auf ihn gewartet hatte. Oben auf dem Blatt stand ‚Spiegel’. Elias war merkwürdigerweise ein wenig aufgeregt, als er zu lesen begann. Glatt und glänzend, eisig kalt Mein Spiegelbild zerschlag ich bald Einsam, traurig, feurig heiß Ist die Schuld, von der ich weiß. Die Geschichte dort im Spiegel, die ich in mir selbst verriegel’ folgt mir bis in tiefste Nacht, wo dein Schatten fröhlich lacht. Spiegelwelt voll schöner Sachen, die mich täglich traurig machen, schau mir nicht mehr ins Gesicht du bist fort, ich seh’ dich nicht. Deine Worte noch im Ohr Hol sie immer wieder vor ‚Hass mich und vergiss mich bald’ deine Stimm’, die widerhallt. Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat dich ins Nichts verbannt? Schließ die Augen, kleines Kind, weine nicht, lausch nur dem Wind. Er erzählt von damals dir, als dein Spiegelbild noch hier. Spieglein, Spieglein an der Wand, hab ich jemals dich gekannt? Er nahm dir die Lust am Leben, abgewendet, aufgegeben. Spiegelbilder blind und leer, sehen werd ich nimmermehr. Fort von mir, der Spiegel springt, schließ die Augen, flieh’ geschwind. Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat dich ins Nichts verbannt? Elias ließ den Zettel sinken. Er war sich sicher, dass hier die Lösung zu den fehlenden Spiegeln lag. Aber wie er es schon vorher geahnt hatte, verstand er ein kein einziges Wort. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)