Efeu von Ur (Schlicht und Immergrün) ================================================================================ Kapitel 10: Der lila Schirm --------------------------- Entschuldigt die lange Wartezeit! Aber der Studienanfang ist doch stressiger als gedacht. Eigentlich sollte das Kapitel noch weiter gehen, aber fünf Seiten waren genug und so kommt das nächste erst im folgenden Kapitel :) Das Kapitel ist für arod (Noch mal Herzlichen Glückwunsch zu 50%!), für Tanja (Gute Besserung, du Reibeisen ;)) und für alle, die das hier lesen und immer so lieb kommentieren! Liebe Grüße und viel Spaß beim Lesen, __________________________ Er konnte es kaum fassen, dass er das wirklich tat. Während seine Hand verschlafen nach dem Wecker tastete, stöhnte er unterdrückt auf und schlug die Bettdecke zurück, nur um sicherzugehen, dass er sich nicht erneut von der wohligen Wärme in den Schlaf lullen ließ. Unter großer Anstrengung schaffte er es, ein Auge zu öffnen und seinen Wecker anzuschielen, um den Knopf ausfindig zu machen, der das Mistding abstellte. Halb sieben. Er musste verrückt sein. Eine halbe Stunde Schlaf weniger, nur um mit dem Nachbarsjungen zur Schule zu gehen. Wie hatte er so etwas nur vorschlagen können? Mit einem kläglichen Ächzen hievte er sich aus dem Bett und riss das Fenster auf. Draußen war es noch dunkel. Er brauchte zehn Sekunden, um zu realisieren, dass es wie aus Eimern schüttete. »Wunderbar«, nuschelte er verschlafen und schlurfte durchs Zimmer, stolperte fast über seinen Eastpack- Rucksack und tapste durch den Flur in die Küche. Seine Eltern und seine beiden Schwestern saßen bereits am Küchentisch. Allgemeine Verwirrung machte sich auf den Gesichtern breit, als er sich auf den letzten freien Stuhl fallen ließ und sein Gesicht in den Händen verbarg. »Was machst du denn schon hier?«, wollte Katharina wissen. »Frühstücken«, murmelte er und griff mit der Hand blindlings nach hinten, fand das Toastbrot nicht und warf stattdessen eine Packung Waffeln hinunter. Seine Mutter warf ihm einen entrüsteten Blick zu, erhob sich und hob die Waffeln auf. »Ein Toast? Zwei?«, fragte sie. »Eins…« Das Leben war so grausam. Wieso konnte Schule nicht nachmittags beginnen, wenn man ausgeschlafen hatte? Er fühlte sich wie gerädert. Wieso hatte er sich noch einmal überlegt, unbedingt mit Anton zur Schule zu gehen? Ach ja… Dunkel stieg die Erinnerung an ein blaues Auge in ihm auf und er fühlte sich ein wenig wacher. Seine Mutter legte ihm das Toast auf den Teller und er griff blindlings nach einer der Marmeladen, drehte das Glas auf und belud das Toastbrot damit. »Wieso bist du schon wach?«, fragte Nathalie, die wie immer um diese Uhrzeit schon putzmunter war. »Weil ich den Wecker früher gestellt habe«, murmelte er mit dem Mund voller Toast. »Aber warum?«, wollte seine kleine Schwester wissen. Er blinzelte sie verschlafen an. »Ich geh heut mit unserem Nachbarn zusammen zur Schule«, erklärte er. Seine Mutter strahlte. »Das finde ich toll von dir, wirklich. Der arme Junge sieht so einsam aus, …« Seine Mutter verlor sich in weitschweifigen Spekulationen darüber, wieso Anton so traurig und seine Mutter immer so eisig aussah. Vielleicht lag das einfach an ihrem Job. Wenn man jeden Tag verwaiste Kinder um sich hatte, wurde man wohl empfänglich für Menschen wie Anton. Nachdem er sein Toast aufgegessen hatte, genehmigte er sich ein großes Glas Zitroneneistee und schlurfte ins Bad. Katharina rief ihm nach, er sollte nicht zu lange brauchen, denn sie wolle sich noch die Haare machen, doch er hörte nicht zu und schlug die Badezimmertür hinter sich zu. Bei einer lauwarmen Dusche erwachten langsam seine Lebensgeister und nachdem er nur mit einem Handtuch bekleidet in sein eisig kaltes Zimmer zurückkam, fing auch die letzte noch schlafende graue Gehirnzelle zu arbeiten an. Draußen regnete es immer noch in Strömen und Elias schlug sein Fenster zu, riss sich das Handtuch von den Hüften und begann sich seine Klamotten zusammen zu suchen. Als er schließlich mit gepacktem Rucksack im Flur stand und einen Blick auf die Uhr warf, konnte er es kaum fassen. Er würde pünktlich kommen. Das konnte doch nicht wahr sein! »Hier, nimm dir einen Schirm mit«, sagte seine Mutter, die durch den Flur gewuselt kam und ihm einen lila Regenschirm in die Hand drückte. Elias starrte sie an. »Mit dem Ding geh ich doch nicht raus!«, sagte er. Seine Mutter verdrehte die Augen. »Stell dich nicht so an, es gießt in Strömen! Du holst dir noch eine Erkältung!« Elias brummelte etwas Unverständliches und nahm den Lila Schirm entgegen. Diese Farbe würde ihn bis an sein Lebensende verfolgen. »Bis später!«, meinte er, winkte Nathalie zu, die durch den Flur trabte und öffnete die Tür. Und da stand er. In eine schwarze Jacke gehüllt, einen schwarzen Schal um den Hals geschlungen, in dem seine Kinnpartie verschwand. In all dem Schwarz sah er noch blasser aus als sonst. »Guten Morgen!«, sagte Elias und schaffte ein halbes Grinsen, während er die Wohnungstür hinter sich schloss. »Du siehst müde aus«, entgegnete Anton sachlich. Er hingegen sah putzmunter aus, wenn man einmal von den letzten, gelblichen Malen um sein Auge absah. »Ich bin müde! Es ist ja noch mitten in der Nacht«, sagte Elias und kratzte sich am Hinterkopf. Erneut beobachtete er, wie Antons Mundwinkel zuckten. »Bist also eher ein Langschläfer, ja?«, meinte er und machte sich den Weg die Treppe hinunter. Elias folgte ihm und benutzte den riesigen lila Schirm dabei wie einen Gehstock. »Ja, allerdings«, gab Elias zu und stöhnte entnervt, als Anton die Haustür aufdrückte und es wirklich regnete, als hätte der Himmel alle Schleusen geöffnet. Elias hob den lila Schirm. Anton starrte ihn an. »Was ist das?«, fragte er und klang dabei ziemlich misstrauisch, als könnte er es nicht fassen, dass Elias einen lila Schirm mitgebracht hatte. »Ein Schirm. Meine Ma ist sehr besorgt um meine Gesundheit«, sagte Elias und grinste verlegen, dann spannte er den Schirm auf und hielt ihn über sich und Anton. Anton rührte sich nicht. »Was ist? Wollen wir nicht gehen?«, fragte Elias verwirrt. »Du hältst den Schirm zu weit zu mir«, erklärte Anton irritiert. Elias fing an zu lachen, was bei Anton einen ziemlich verwirrten Gesichtsaudruck hervorrief. »Ja, ich lass dich im Regen stehen, wo dieser pottenhässliche Schirm groß genug für zwei ist… Wofür hältst du mich eigentlich? Los, komm schon!« Und er griff Anton am Arm und zog ihn mit sich in Richtung Straße. Schweigend stapften sie durch Pfützen und nasses Laub, Anton hatte das Gesicht bis zur Nase in seinem Schal vergraben und die Hände in die Jackentaschen gesteckt. »Was hast du heute so?«, erkundigte sich Elias. Er hatte einen wunderbaren Freitag vor sich, mit nur vier Stunden… »Musik, Geschichte und Englisch«, antwortete Anton. Vielleicht hatte er auch doch noch zwei Freistunden… er hatte sich nämlich bereits vorgenommen, auch mit Anton zusammen nach Hause zu gehen. »Ich hab heute nur vier Stunden. Ich warte dann vorne am Vertretungsplan auf dich«, sagte er lächelnd. Elias bemerkte durchaus, dass Anton schon wieder irritiert aussah, als wäre er so viel Nettigkeit überhaupt nicht gewöhnt. Das war traurig und es passte zu Antons Gesichtsausdruck. »Du musst nicht warten«, murmelte Anton leise und Elias warf ihm einen Seitenblick zu. Er seufzte. »Ich möchte aber gerne. Du bist ganz schön störrisch, wenn man versucht, nett zu dir zu sein.« Antons fast schwarze Augen huschten hoch zu seinem Gesicht und einen Moment lang sahen sie sich an. »Vielleicht…«, war das Einzige, was als Antwort kam. Den Rest des kurzen Schulweges sagte Anton nichts mehr, er schien in Gedanken versunken und hob kurz die Hand, als sie am Haupteingang ankamen. Elias sah ihm einige Sekunden verdutzt nach, dann schloss er den Regenschirm und tropfte auf dem Weg durch die Eingangshalle alles voll. »Chicer Schirm!«, rief Mirko ihm grinsend als Morgengruß zu. Elias lachte und hielt seinen Mittelfinger in Mirkos Richtung. Er war pünktlich. Alles war noch voller Schüler und nicht wie sonst immer – wenn er zehn Minuten zu spät kam – vollkommen ausgestorben. Das war ungewohnt aber nicht unbedingt schlecht. Die Reaktion seiner Mitschüler war – wie er erwartet hatte – ziemlich amüsant, da sie ihn alle ungläubig anstarrten, als er pünktlich um kurz vor acht auf seinem Platz im Erdkunderaum saß. Aber er konnte sich nicht wirklich damit beschäftigen, dass er es geschafft hatte, pünktlich zu kommen. Seine Gedanken schweiften zu Anton, wegen dem er pünktlich gekommen war und wohl noch öfter pünktlich kommen würde, weil irgendwelche Vollidioten ihn verprügelt hatten. Und das nur, weil er gern Deutsch und Musik machte und still war und gute Noten hatte. Allein bei dem Gedanken daran wurde er sauer. Wie jeden Freitag verging die Zeit sehr schnell, vor allem da Herr Warnebold wie so oft am Freitag früher Schluss machte. Elias verbrachte die Pause mit Markus und Dominik. »Die haben ihn echt verkloppt? Wie scheiße ist das denn? War er schon beim Direktor?«, erkundigte sich Dominik fassungslos. Elias schüttelte mit grimmiger Miene den Kopf. »Aber wenn die das noch mal versuchen, dann schleife ich ihn dahin. Solche Vollidioten. Und dann sagt man immer auf dem Gymnasium befände sich die Bildungselite…« Die Pause verging ziemlich schnell, während sie sich über unterbelichtete Schläger aufregten und Markus schließlich völlig aus dem Zusammenhang gerissen erwähnte, dass er und Nuri sich schon Gedanken über Namen gemacht hatten. »Echt? Und? Was schwebt dir so vor?«, fragte Dominik ein wenig ehrfürchtig. Markus räusperte sich. Elias bemerkte, dass seine Augen einen begeisterten Glanz bekommen hatten. »Wir wollen gern einen Doppelnamen. Ein Teil deutsch, einer afrikanisch, wisst ihr? Sie will ihre Mutter mal nach einer Liste von afrikanischen Namen fragen, wenn die sich wieder einbekommen hat. Ist doch ein wenig… ähm… geschockt davon, dass ihre Tochter schwanger ist«, sagte er und lachte ein wenig nervös. »Das ist wohl normal. Wie war es eigentlich bei deinen Eltern?«, wollte Elias wissen. Markus’ Räuspern ließ ihn erahnen, dass er es ihnen noch nicht gesagt hatte, allerdings wurde seinem Freund die Antwort erspart, da es klingelte. Sie verabschiedeten sich voneinander und Elias ließ sich auf eine Bank in der Eingangshalle sinken, seufzte zufrieden, da er direkt über einer Heizung saß und lehnte den Kopf an die kalte Fensterscheibe hinter sich. Dunkel fragte er sich, ob er auch so früh aufstehen würde, wenn er erst zur dritten Stunde und Anton zur ersten hatte. Vielleicht sollte er Anton vorschlagen, Kampfsport anzufangen oder mit Pfefferspray herum zu laufen. Im nächsten Augenblick kam er sich vor wie eine überbesorgte Mutter. Wenn Anton wüsste, dass er sich solche Gedanken um ihn machte, dann würde er ihn garantiert mehr als merkwürdig finden. Vermutlich würde er nie wieder mit ihm reden. Auch wenn er das natürlich jetzt schon kaum tat. Er vertrieb sich die Zeit mit Gedanken an Markus’ Baby, Anton, Christine und Alex, Anton, sein Abi, Anton, Musik, Anton und mit zwei heißen Kakaos zwischendurch. Um kurz vor eins kam Eva durch die Halle gerannt, winkte ihm strahlend zu und verschwand im Verwaltungstrakt. Elias fragte sich dunkel, was genau sie eigentlich an ihm fand. Er teilte keine ihrer Interessen, wenn man einmal von Parties absah, er war nie übermäßig nett zu ihr – genau genommen war er zu fast jedem Menschen nett – und sie redeten so gut wie nie miteinander. Frauen waren manchmal wirklich seltsam. Als Eva zurück kehrte, kam sie – wie nicht anders erwartet – zu ihm hinüber. »Hey, was machst du denn hier?«, fragte sie strahlend, offenbar fest entschlossen die Party zu ignorieren, auf der er mit Christine geknutscht und sie deswegen geheult hatte. »Ich warte auf jemanden«, sagte er und zu seinem Bedauern ließ sich Eva neben ihm nieder. Er hatte eigentlich immer ein schlechtes Gewissen, wenn er mit ihr redete. Dominik wäre sicher deprimiert gewesen, wenn er gesehen hätte, wie Eva seinen besten Freund angestrahlt hatte. »Auf wen denn?«, wollte sie wissen und warf sich mit einer raschen Bewegung die Korkenzieherlocken in den Nacken. Elias fragte sich, ob das so eine Mädchen- Show war, die sie abzog, um ihn irgendwie zu beeindrucken. Er mochte gekünstelte Mädchen nicht. »Auf meinen neuen Nachbarn. Wir gehen jetzt immer zusammen nach Hause«, sagte er beiläufig. Er würde Eva sicherlich nicht erzählen, weswegen er wirklich mit Anton nach Hause ging. »Ach so. Und wie läuft’s sonst so bei dir?« Er hasste inhaltslose Fragen. Meistens hasste er auch Smalltalk. Und er hasste es vor allen Dingen, dass Eva einfach nicht begriff, dass er kein Interesse an ihr hatte und das würde sich auch nicht ändern, wenn sie weiterhin kokett an einer ihrer Locken herumspielte. »Ganz gut. Ich treff’ mich heute Abend mit meiner Freundin. Wir gehen ins Kino«, sagte er. Zwar verletzte er Mädchen nur ungern, aber wenn Eva eine indirekte Abfuhr nicht verstand, dann musste er ein wenig deutlicher werden. Wieso konnte sie sich nicht einfach unsterblich in Dominik verlieben? Evas Gesichtszüge entgleisten. Sie räusperte sich und hörte auf der Stelle auf, an ihrer Locke herum zu spielen. »Ach, du bist mal wieder vergeben«, scherzte sie und grinste gezwungen, »wer ist denn die Glückliche?« Elias fragte sich, ob sie allen Ernstes erwartete, dass er ihr Getue nicht durchschaute. »Christine. Du hast sie vielleicht auf Rikes Party gesehen. Die Schwarzhaarige mit dem Schmollmund.« Er wusste, dass Eva nicht nachdenken musste, bis sie wusste, wen er meinte. Immerhin hatte sie sich wegen genau diesem Mädchen auf der Party die Kante gegeben. Trotzdem tat sie so, als wüsste sie nicht, wen er meinte. »Sagt mir nichts«, meinte sie. Elias fragte sich, wieso Mädchen manchmal so bescheuert waren. Aber zum Glück klingelte es in diesem Augenblick und Eva schreckte auf. »Ich muss dann mal los, bis Montag!« Und sie hastete davon. Elias sah ihr nach und schüttelte den Kopf. Dann erhob er sich, ging hinüber zum Vertretungsplan und warf einen kurzen Blick darauf. Doch bisher gab es keine Änderungen für Montag. Es dauerte nicht lange, da tauchte Anton auf. Er schien trotz Elias Ankündigung überrascht, ihn zu sehen und kam ein wenig unsicher auf ihn zugetrottet. »Es regnet immer noch«, war seine Begrüßung. Elias grinste. »Dafür haben wir ja diesen supergeilen Schirm«, meinte er nur und wandte sich zum Gehen. »Hast du hier echt zwei Stunden gewartet?«, wollte Anton wissen und sie gingen zusammen in Richtung Glastür. Elias spannte den Schirm auf, bevor sie hinaus in den Regen traten, der immer noch nicht nachgelassen hatte. Dicke Tropfen perlten von der Glastür ab, versetzten die Pfützen auf dem Boden in Aufruhr und trommelten auf den lila Schirm, den Elias nun wieder über sie beide hielt. »Ja, hab ich«, antwortete Elias schmunzelnd und beobachtete, wie seine Chucks sich schon nach wenigen Metern dunkel färbten. Er spürte die Nässe an seinen Socken und verzog das Gesicht. Zu Hause würde er erst einmal heiß duschen und sich dann den Rest Gulasch von gestern aufwärmen. Doch der Plan scheiterte. Nachdem sie den ganzen Heimweg schweigend zurückgelegt hatten, klappte Elias den Schirm vor der Haustür zu und schüttelte ihn ein wenig. Seine Chucks waren durchweicht, ebenso fast die Hälfte seines Hosenbeins. Anton kramte in seiner Jackentasche herum, während Elias seinen Schlüssel aus der Hosentasche zog. Er schloss die Tür auf, trat ins Treppenhaus und wartete darauf, dass Anton ihm folgte. Aber Anton kam nicht, also drehte sich Elias verwirrt um. Sein Nachbar durchforstete immer noch sämtliche Taschen seiner Kleidung. »Ich hab meinen Schlüssel nicht dabei«, sagte er leise. Elias blinzelte ein wenig verwirrt, dann schaltete sein Gehirn und er presste die Lippen aufeinander, um nicht zu lachen. »Ja, dann sollte ich dich am besten hier draußen stehen lassen«, sagte er beiläufig. Anton hob die Brauen. »Komm schon rein, du kannst einfach mit zu mir kommen, du Nuss«, sagte Elias, wandte sich um und stapfte die Treppe in den dritten Stock hinauf, wobei eine Menge Wasser aus dem Schirm auf den gefliesten Boden tropfte. »Wieso nennst du mich Nuss?«, fragte Anton perplex, während er sich seine nassen, schwarzen Turnschuhe auszog und sich seines Schals und seiner Jacke entledigte. »Weil du eine Nuss bist«, gab Elias schlicht zurück. Wie konnte Anton denken, dass er ihn draußen stehen lassen würde, nur weil er seinen Schlüssel vergessen hatte? Hatte Elias nicht gerade zwei Stunden auf ihn gewartet und war er nicht heute Morgen extra früher aufgestanden? »Du bist ziemlich seltsam, weißt du?«, meinte Anton nachdenklich und stand ein wenig verloren im Flur herum. Elias musste lachen. »Ich nehme das als Kompliment«, antwortete er. Im nächsten Moment erinnerte er sich daran, dass sein Zimmer aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Anton war sicherlich ein sehr ordentlicher Mensch. Aber jetzt konnte er es auch nicht mehr ändern. Er zog seine Schuhe ausnahmsweise im Flur aus. »Tut mir Leid, mein Zimmer ist nicht sonderlich aufgeräumt. Brich dir nicht den Hals«, warnte er Anton vor, der ihm durch den Flur folgte. Elias stieß seine Zimmertür auf und trat ein. Anton blieb im Türrahmen stehen und betrachtete mit flüchtig huschenden Augen das Chaos, das sich ihm eröffnete. Langsam kam er ganz ins Zimmer und schloss behutsam die Tür hinter sich. Seine Augen streiften die Star Wars Figuren, die Pokémon- Sticker am Kleiderschrank, das kreative Papierchaos auf dem Boden, das zerwühlte Bett und die Poster an den Wänden. Kurz blieben die fast schwarzen Iriden an einem der Frauenposter hängen, dann wandten sie sich ab und wanderten zu Elias zurück, der Anton ein wenig verlegen ansah. »Ziemlich voll und klein und unaufgeräumt«, meinte er entschuldigend. Antons Mundwinkel zuckten. »Es passt zu dir«, sagte sein Nachbar schlicht und Elias blinzelte erstaunt. »Wieso das denn?«, wollte er wissen und beobachtete Anton, der sich vorsichtig auf Elias’ ungemachtem Bett niederließ und sich erneut umsah. »Du lädst mich zu Spaziergängen im Regen unter einem lila Schirm ein. Das Zimmer passt perfekt«, antwortete Anton so sachlich, als hätte er gerade eine mathematische Gleichung erfolgreich gelöst. Elias verstand nur Bahnhof, aber irgendwie fand er die Erklärung nett. Er grinste Anton an, warf sich neben ihm aufs Bett und beschloss, dass es irgendwie cool war, mit seinem Nachbarn unter einem lila Schirm im Regen spazieren zu gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)