Desteral Storys - Krieg auf Aira / Erzählungen von SunnyFlower (Zwischen den Zeilen....) ================================================================================ Kapitel 5: Kindheitserinnerungen [Sunny] - Amelie ------------------------------------------------- Es war in einen kalten, verregneten Herbstnachmittag, als es geschah. Die kleine Sunny und ihre mittlerweile ziemlich große Familie machten einen Spaziergang in der Natur, die die kleine Stadt Passion umgab. Dass es regnete, waren den vielen Kindern ziemlich egal, fröhlich liefen sie durch die Landschaft und stellten dabei einigen Unfug an. So musste ihre große Schwester Tracy lächelnd nur den Kopf schütteln, als Anton und Kiba wieder begannen, sich mit dicken Ästen zu bekriegen und letztlich in einer Pfütze landeten. Ihr Bruder Phil genoss das Wetter sichtlich, trug er als einziger ein simples T-Shirt in diesen Regen, was jedoch kein Wunder war, denn er war ein Mondfischmensch und empfindlich gegen lange Trockenheit. Ihre Schwester Chiga lief neben Tracy und Phil her, ihre Hände in den Taschen ihres Mantels vergraben und immer wieder ein böses Wort murmelnd: Sie konnte die Spaziergänge nicht leiden, sie machten ihre Kreationen kaputt, meinte sie. Tatsächlich war der Mantel voller Flicken in den verschiedensten Formen und Farben, fast wie eine Patchwork-Decke, nur viel eleganter. Ihre langen schneeweißen Haaren hatte sie unter einer Mütze versteckt, die farblich zum Mantel passte, doch lösten sich dort einige Nähte und gaben den Blick auf eine simple Mütze frei. „Rennt nicht zu weit weg!“, rief Tracy ihren Brüdern zu, denn auch Oto und Ricci waren mit einen Fangspiel beschäftigt und entfernten sich immer wieder von der großen Schwester. Sunny mochte diese Regentage auch sehr, solange sie zuhause bei ihren Kuscheltieren saß. Draußen in der grauen Kälte war es doch etwas ungemütlich, auch wenn sie mit ihren Regenstiefeln in die vielen Pfützen springen konnte, die Wald und Wiese wie eine vollkommen fremde Welt widerspiegelte. Oft träumte sie, die Pfützen wären Spiegel in eine andere Welt, die sie nie erreichen würde. Der Himmel war vollkommen bewölkt und ließ keinen Sonnenstrahl durch. Spielerisch fing sie mit ihrer Zunge einige Regentropfen auf und hoffte dabei, sie würden süß schmecken. Sie hatte das in einen ihrer Lese-Lern-Bücher gelesen, dass der Regen für Kinder immer süß schmecken würde und für Erwachsene einen ganz grässlichen Geschmack hätte. Doch waren die Regentropfen weder süß noch grässlich, sondern kitzelten ihre Zunge nur mit der Kälte. Der Wind fing an, um die Gruppe zu blasen und die Achtjährige konnte nicht anders, als zusammenzuzucken. Als sie wieder ihre Augen öffnete, drehte sich scheinbar die ganze Welt und sie setzte sich erstmal auf dem Boden: „Wieso dreht sich denn alles…? Groschen!“ Tracy lief sofort zu ihrer kleinen Schwester und lächelte: „Bist du hingefallen, Sunny?“ Benommen schüttelte sie den Kopf und schnaufte dabei leicht durch ihre Nase: „Mir ist furchtbar schwindelig…“ Sie sah zu Tracy auf, die einen besorgten Blick bekam und vorsichtig ihre Hand auf die Stirn der kleinen Katze legte: „Du bist ja ganz heiß! Deswegen hattest du heute Morgen keinen Appetit…“ Im nächsten Moment beugte sich ihre große Schwester zu ihr herunter und nahm sie hoch, dabei murmelnd: „Keine Sorge, wir gehen jetzt nach Hause.“ Sunny nickte nur benommen, drehte sich doch immernoch die ganze Welt. Sie vergrub ihren Kopf in die weichen Haare ihrer Schwester, ehe sie die Augen schloss. Sie hörte, wie Tracy die Jungs zurückrief und sie langsam den Heimweg antraten. Zuhause angekommen, wurden Sunny die unbequemen und vor allen nassen Sachen ausgezogen und Tracy zog mit ihr ihren Lieblingspyjama an, der mit den Häschen. Sie lag eine ganze Weile in ihrem Bett, ehe der Arzt der Kleinstadt kam, ein netter älterer Herr mit Brille und langen Schnurrbarthaaren, der sie erst untersuchte und ihr dann einen Lutscher gab, an dem sie benommen leckte. Der Arzt ging zu Tracy, die die ganze Untersuchung lang besorgt am Türrahmen stand, und lächelte sie an: „Du brauchst dir keine Sorgen machen, deine kleine Schwester hat nur Flüge.“ „…Oh.“ „Ihr hattet das schon mal, oder?“ Tracy nickte: „Kiba hatte es vor ein paar Wochen.“ „Dann ist ja gut.“ Der Arzt drückte der großen Schwester einen Kasten in die Hand: „Das ist der Dosierungsplan gegen die Beschwerden, du kennst das ja schon…Pass nur auf, dass keines deiner Geschwister, die noch nicht Flüge hatten, sich ansteckt.“ Zaghaft nickte Tracy, da legte der Arzt seine rechte Hand auf ihren Kopf: „Du kannst mich jederzeit anrufen, falls etwas ist, deine Mutter hat ja schon so viel um die Ohren.“ „…Ja.“ „Gut, sie sollte die erste Dosis gegen die Gliederschmerzen nehmen, wenn sie aufwacht und welche verspürt, am besten, du mischst es in einen Kakao, es schmeckt sehr bitter…Ich empfehle mich.“ „Vielen Dank, Herr Doktor.“ Der Arzt stieg die Treppen herunter und verschwand somit aus Sunnys Blickfeld. Sie schloss die Augen, war sie doch schrecklich müde von diesem Tag. Doch spürte sie Tracys warme Hand kurze Zeit später über ihre Wange gleiten und wie der Lutscher aus ihren Mund verschwand: „Schlaf schön, Sun.“ Schwach nickte sie, dann versank sie in einen seltsamen Traum. Zwei Tage waren seit dem Besuch des Arztes vergangen und Sunny saß allein in ihrem Bett. Sie langweilte sich, denn Tracy hatte allen Geschwistern verboten, sie zu sehen, sie wollte so die Verbreitung der Krankheit bei den anderen verhindern. Dies bedeutete auch, dass Alice, die kleine Hasenschwester von Sunny, nicht mehr im gemeinsamen Zimmer schlafen konnte und nun in dem Zimmer der großen Schwester schlief. So verbrachte die kleine Kätzin Tag und Nacht alleine. Tracy konnte auch nicht immer bei ihr sein, musste sie sich doch noch um den Haushalt, das Essen und die anderen Geschwistern kümmern. Wütend und doch vor allen Traurig vergrub die Achtjährige ihr Gesicht ins Kissen, leise schluchzend. Sie wollte nicht mehr alleine malen oder lesen, lieber wäre sie mit Ricci in die Werkstatt gegangen und hätte mit den Wandfarben gespielt. Sie hätte auch mit Kiba und Anton fangen gespielt oder Chiga als Anziehpuppe gedient, wollte sie einfach nicht mehr ans Bett gebunden sein, ganz gleich ob sie Fieber hatte oder nicht. Schließlich drehte sich die Welt nicht mehr wie vor zwei Tagen. „Du brauchst nicht traurig sein, kleine Sun.“, erklang es im Raum und das Kind sah auf. Ihre blauen Augen weiteten sich vor Erstaunen, denn sie konnte nicht glauben, was sie nun sah: „Wer bist denn du?!“ Auf ihrer Bettdecke saß plötzlich eine kleine Gestalt, kaum größer als Sunnys Lieblingskuscheltier, mit blasser Haut und strahlenden Augen. Fast wirkte es wie ein Sternenkind aus einen der paloozianischen Märchen, so zerbrechlich wie es war. „Mein Name ist Amelie.“, sagte die kleine Person und lächelte sie an: „Ich bin hier um dir Gesellschaft zu leisten.“ Fröhlich gab Sunny ein „Oh wirklich?!“ von sich, doch dann senkte sie ihre kleinen schwarzen Katzenohren: „Du kannst sicher nicht bleiben, schließlich mache ich alle krank.“ Amelie gab nur ein leichtes Lächeln von sich, ehe sie aufstand und vorsichtig die Hand des Kindes berührte: „Mach dir keine Sorgen, solange du nicht willst, dass ich krank bin, werde ich es auch nicht.“ „Wirklich…?“ „Ja.“ „Das wäre wunderbar!“, sagte Sunny glücklich und berührte sanft Amelies Kopf. Dabei kicherte sie: „Du bist wie eine kleine Puppe, die spricht!“ „Sunny, mit wem sprichst du da?“ Die kleine Katze sah auf und bemerkte, dass Tracy im Zimmer stand, mit einer dampfenden Schüssel Suppe in beiden Händen. „Das ist Amelie!“, sagte sie strahlend, doch legte ihre große Schwester nur den Kopf schief – Konnte sie Amelie etwa nicht sehen? Die kleine Gestalt sah zwischen den beiden hin und her, flüsterte dann „Ich bin dein Wunsch, nur du kannst mich sehen!“ und verschwand hinter den Rücken des Mädchens. Tracy war indes dem Bett näher gekommen: „Wo ist denn Amelie jetzt?“ „Hinter meinen Rücken!“ „Dann ist ja gut, ich wollte mich nämlich nicht auf deine neue Freundin setzen.“ Dann setzte sich die große Schwester neben sie: „Iss deine Suppe und in ein paar Tagen kannst du wieder mit den anderen spielen.“ „Kann Alice dann auch wieder hier schlafen?“ „Ja, das kann sie.“ „Super!“ Glücklich nahm Sunny sofort einen großen Löffel der Suppe: „Dann kann ich den anderen von Amelie erzählen!“ Sunny blieb noch sechs Tage im Bett, doch war das nicht mehr allzu schlimm, seitdem sie Amelie hatte. Es war eine herrliche Zeit für sie und ein kleines bisschen war sie auch stolz, dass sie solch eine besondere Freundin hatte, die nur sie sehen konnte. Als sie schließlich vollkommen gesund war, blieb Amelie auch weiterhin bei ihr und Sunny musste nicht mehr befürchten, alleine zu sein. Eines Tages kam Sunnys Mutter Magret früher nach Hause und wurde sofort von ihrer kleinen leiblichen Tochter umarmt. Sanft lächelte sie: „Hallo Sunny, Hallo Amelie.“ Magret wusste, dass Amelie sich am liebsten auf Sunnys Schulter aufhielt, wie ein Schoßtierchen. Sie tätschelte sanft ihre Tochter und sagte leise: „Sunny, dir ist doch klar, dass Amelie nicht immer bei dir bleiben kann, oder?“ Leicht erschrocken sah sie zu ihrer Mutter auf: „Wieso nicht!? Amelie hat mich lieb, sie hat gesagt, sie bleibt bei mir!“ „Ja, mein Liebling, aber Amelie ist gekommen, um dir Gesellschaft zu leisten als du krank warst – Du bist nicht mehr krank.“ „Sie kann trotzdem bei mir bleiben und mir immer Gesellschaft leisten und mit mir spielen, stimmts Amelie?“ Amelie sah in diesen Moment zur kleinen Sunny und nickte sanft, doch ließ sie anschließend den Kopf leicht hängen. Magret, die vom Tag schon etwas geschafft war, kniff Sunny sanft ins linke Ohr, sodass sie aufquiekte: „Das ist aber nicht sehr nett, schließlich kannst du so nicht mit deinen Geschwistern spielen!“ „Aber Mama!“ „Außerdem hat Amelie sicher auch Familie, oder?“ „Das ist nicht schlimm, ich kann doch ihre Familie sein!“, sagte die kleine Sunny daraufhin trotzig und gab ihrer Mutter einen Kuss, ehe sie in Richtung Zimmer lief. Leicht seufzend sah Magret ihr nach und Tracy kam hinzu: „Ich weiß nicht, wie wir ihr erklären sollen, dass es Amelie eigentlich gar nicht gibt.“ „Lassen wir ihren Spaß, sie mag es eben zu träumen.“, langsam erhob sich das Familienoberhaupt und öffnete ihre Haare. „Ich wollte nur ihr nur dieses leere Gefühl ersparen, ich hatte als kleines Kind auch sehr lange einen unsichtbaren Freund.“ „Du?!“, daraufhin konnte Tracy nicht anders als ihre Mutter auslachen, was sich sofort in einer Knuddelattacke rächte. Sunny saß indes oben in ihrem Zimmer und malte in einen Malbuch. „Mama und Groschen verstehen das nicht, niemand versteht das.“, sagte sie mit einen Lächeln, während sie versuchte, Amelie zu zeichnen. Sie kicherte „Ich habe dich so lieb, Amelie!“ und die kleine Gestalt antwortete mit einen „Ich dich auch, kleine Sun.“, ehe sie das Werk des kleinen Mädchens begutachtete: „Nicht schlecht getroffen.“ „Wer ist getroffen?“ „…Schon gut.“ Amelie hatte des Öfteren probiert, Sunny Ausdrücke zu erklären, doch gelang ihr das nicht immer. Die kleine Gestalt wusste, dass es an sich an der Zeit war, zu gehen, schließlich war sie nichts anderes eine Projektion von Sunnys Fantasie. Doch war die Bindung zu den beiden so stark, dass sie den richtigen Moment suchte. Der richtige Moment bat sich, als eines Tages Ricci die Flüge-Krankheit erwischte. Der kleine Fledermausjunge lag benommen in seiner kleinen Werkstatt, als Sunny ihn fand, weil sie ihn zum essen holen sollte. Von dieser Sekunde an wich die Achtjährige ihn nicht mehr von der Seite, denn Sunny und Ricci waren schon seit ihrem zweiten Lebensjahr Geschwister und seit jeher unzertrennlich gewesen. Tracy versuchte, die beiden zu trennen, weil sie nicht wollte, dass Sunny ihre anderen Geschwister ansteckte, doch war dies ein nahezu unmögliches Unterfangen. Die kleine Katze machte sich wirklich Sorgen um ihn, denn er vertrug die Flüge nicht so gut wie sie und war zwei Wochen lang krank. Am ersten Tag, an den der Fledermausjunge das Bett verlassen durfte, spielten die zwei erstmal ausgiebig im Garten, denn an diesen Tag schien die Sonne. Während Sunny kicherte und ihren Bruder umarmte, sah Amelie den beiden zu und bekam ein sanftes Lächeln auf dem Lippen. Leise flüsterte sie „Ich hab dich lieb, kleine Sun.“, dann löste sie sich auf. Am Abend, als die letzte warme Herbstsonne untergegangen war und der Winter langsam auf Palooza heimkehrte, rannte Sunny in ihr Zimmer und rief nach ihrer Freundin: „Amelie! Ricci hat heute etwas Unglaubliches gemacht! Amelie!“ Doch konnte Sunny nichts hören und auch nichts sehen. „Amelie…? Spielen wir verstecken…?“, fragte sie leise und begann, sie im ganzen Zimmer zu suchen, doch fand sie sie nicht, obwohl sie jeden Winkel durchsucht hatte. Die kleine Katze bekam es langsam mit der Angst zu tun: „Amelie…?“ Sie begann zu weinen und schluchzte auf: „Amelie, bist du weggelaufen?!“ Sie bekam keine Antwort und ihre Tränen wurden immer mehr. Nach einigen Momenten fand Alice sie und holte gleich Tracy, denn sie verstand kein Wort von dem, was die schluchzende Sunny von sich gab. Als Tracy nun ins Zimmer kam, kniete sie sich vor ihr und nahm sie im Arm: „Hey, warum weinst du denn so?“ „Am..Amelie…sie…sie ist weg…weggelaufen…“ „…Oh.“ Ihre große Schwester wusste keine weiteren Worte darauf, so konnte sie nur die Kleine im Arm nehmen und warten, bis ihre Tränen getrocknet waren. Alles, was blieb, war eine Erinnerung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)