Stets zu Diensten Ma'am von MissyRogue (Alice & Jasper - ihre Anfänge) ================================================================================ Kapitel 9: Mein Heute --------------------- Kapitel 9: Mein Heute Glutrote Augen starrten sie hasserfüllt an, und doch wurde Alice das Gefühl nicht los, dass er durch sie hindurch sah. Als sie ihre zierliche Hand hob und ihm mit den Fingerspitzen zärtlich über diese eine so neckende Narbe, an seiner Braue strich, knurrte er drohend. Die Schwarzhaarige schluckte kurz, ehe sie wieder lächelte und sanft seine Wange hinab strich. Ihre Fingerkuppen prickelten regelrecht, während sie über seine Haut fuhr. Straffe Haut, die an den Narben kratzig rau wurde und sonst doch weicher war. Alice vergaß in diesem Moment alles um sich herum, folgte mit ihrem Blick ganz fasziniert ihren Fingern, die neugierig weiter dabei waren sein Gesicht zu erkunden. Die geschwungenen Brauen, die gerade Nase und die festen Lippen seines Mundes, all diese Dinge waren für Alice so wunderbar neu und aufregend. Sie hatte ihn beruhigen wollen, etwas besänftigen mit ihrem Streicheln, doch dieser ach so edel anmutende Gedanke war vollkommen vergessen. Weggewaschen von dem Prickeln ihrer Finger und diesem seltsamen Gefühl in ihrem Magen, dass alles war so unfassbar faszinierend. Jasper spürte wie eine seltsame Ruhe begann die Wut in seinem Inneren zu besänftigen. Stattdessen machten sich Neugierde und romantische Anwandlungen breit. Ein Blick in die Augen der kleinen Frau, klärten diese Veränderung recht schnell. Sie war es! Ihre Emotionen, die durch den erzeugten Körperkontakt leicht und ungehindert in sein Bewusstsein sickerten. Dort vertrieben sie die Schatten der Vergangenheit in den hintersten Winkel seines Geistes, als er mit Wärme und Hoffnung erfüllt wurde. Hoffnung, mit diesem so schwachen Schein in dem Farbkasten der Gefühle. Es war doch unfassbar was für einen Unterschied es machte, ob es diesen Schein nun gab oder nicht. Aber nun, als er nicht mehr alles durch den Schleier der Wut wahrnahm, bekam er noch einiges mehr mit. Angst. Da war soviel Angst in ihr. Jasper war verblüfft wie tief dieses so lähmende Gefühl in dieser lebensfrohen Person verankert sein konnte. Hatte er sie so erschreckt? Gut, er bestritt ja nicht, dass man vor ihm berechtigte Angst haben konnte. Bei Weitem nicht, aber das es fast schon in offener Panik mündete? Nein er war gut, aber ohne mentale Nachhilfe konnte er nicht so einschüchternd sein. Es musste einen anderen Ursprung dafür geben. Er neigte seinen Kopf ein wenig zur Seite und drang behutsam tiefer in ihre wirbelten Emotionen vor. Im Kern ihres Wesens traf er wieder diese Angst, fest umschlungen von einem der hässlichsten Gefühle überhaupt: Einsamkeit. Dieses Gefühl war Jasper sehr gut bekannt. Doch er fürchtete die Einsamkeit nicht, haderte dann und wann mal mit ihr, aber nahm sie sonst klaglos an. Dieser kleine Kobold jedoch nicht, sie litt darunter. Das hatte er der Bar schon bemerkt, aber nun verstand er erst, wie tief das wirklich ging. Ihre Angst war nicht die Angst vor ihm, sondern wohl eher davor, was ohne ihn wäre. „Ich werde nicht gehen.“ hörte er sich selbst sagen. Alice, die ganz in ihrem Streicheln und erkunden versunken war, hatte gar nicht mitbekommen, dass Jasper schon seit einer Weile aufgehört hatte zu knurren. Als sie nun in seine Augen sah, war der hasserfüllte Ausdruck in ihnen verschwunden. „Was?“ fragte sie verwirrt nach. „Ich habe Ihnen mein Wort gegeben.“ fuhr er leise fort. „Es gibt keinen Grund zu befürchten, dass ich Sie ohne Weiteres im Stich lasse. Ich werde bleiben, egal was ist, bis ich Sie bei Ihrer Familie weiß, Ma'am. Das hatte ich versprochen und daran halte ich mich. Es sei denn, Sie schicken mich eher weg!“ Große, goldene Augen sahen ihn an. Ungläubig erst und dann, wenn er es mit einem Wort hätte beschreiben müssen, dankbar. Im nächsten Moment hatte sie schon ihre Arme um ihn geschlungen, hielt ihn fest, während sie den Kopf an seiner Brust vergraben hatte. Nach Geborgenheit suchte und dabei schamlos die Gelegenheit nutzte, seinen Geruch tief in die eigenen Lungen einzusaugen. „Niemals.“ wisperte sie leise in das Leder. Jasper meinte ein leichtes Beben im Körper des Mädchens zu spüren, aber war sich nicht vollkommen sicher. Er hatte unerwartete mit einem ganz anderen Problem zu kämpfen. Etwas unbeholfen und sichtlich überfordert tätschelte er Alice die Schulter. Als wäre es nicht schon schlimm genug ihren Geruch in der Nase zu haben, ihre Stimme zu hören, hatte er nun auch noch einen eindeutig weiblichen Körper so nah an dem Seinen, wie schon seit Jahren nicht mehr. „Du bist also nicht mehr böse?“ nuschelte es leise aus seinem Mantel. Er schloss kurz die Augen ehe er antwortete: „Nein Ma'am. Das war ich auch nicht, nicht direkt zumindest. Ich verliere nur zu schnell die Beherrschung, wenn ich an Dinge erinnert werde, die ich mühsam zu vergessen versuche.“ Er war nicht wütend auf sie gewesen, wie könnte er auch? Nein auf sich, aber das war schon ein derartiger Dauerzustand, dass Jasper selbst ihm keine Beachtung mehr schenkte. Es war so schon schwer genug, seiner Ansicht nach. Jasper spürte das Nicken mehr, als das er es sehen konnte. Ihr Griff wurde eine Spur lockerer, aber sie machte keinerlei Anstalten loszulassen. „Ja“, schniefte es leise von unten, „ich verliere auch gerne die Beherrschung. Besonders bei Schuhen.“ Nein, er war Mann genug um erst gar nicht zu versuchen, das jetzt verstehen zu wollen. „A-ha.“ „Du Jasper? Kannst du mich in den Arm nehmen? Nur zwei Minuten lang, bitte.“ Eine Antwort bekam sie auf ihre Bitte nicht, aber nur einpaar kurze Momente später, spürte sie, wie zwei kräftige Arme sich behutsam um ihre Schultern legten. Alice musste lächeln als sie spürte, dass Jasper alles andere als entspannt war dabei. Kerzengerader Rücken, starre Haltung, aber das war ihr einerlei. Er tat ihr den Gefallen, dass war das Entscheidende, auch wenn es ein wenig liebevoller hätte sein können. Kleine Schritte, mahnte sie sich, es würden kleine Schritte sein, die sie zueinander führten. Das eben war ihr eine Warnung gewesen, nicht zu viel von ihm zu verlangen. Dankbar zu sein, für das was er zuließ. „Jasper?“ meinte sie nach einer Weile. Die zwei Minuten waren schon vor einer Weile verstrichen, aber er rührte sich nicht. Alice wäre schön blöd, wenn sie ihn, von sich aus, darauf aufmerksam machen würde, also ließ sie es. Kuschelte sich viel lieber in die warme Umarmung, die er ihr schenkte. „Ja?“ meinte er als sie nicht fortfuhr. „Würde es dich stören, wenn ich dich Jazz nenne?“ wollte sie wissen. „Ich wüsste nicht, was mich daran stören sollte.“ meinte er dann langsam. „Nennst du mich im Gegenzug dann Alice?“ hakte sie nach. „Nein.“ „Bist du sicher?“ „Oh ja.“ Überrascht blickte sie auf, als sie einen noch unbekannten Tonfall an ihm hörte. Sie sah ihn forschend ins Gesicht und bemerkte die Ursache dafür: Er lächelte sie an. Leicht und schmal, aber eindeutig ein Lächeln. Jasper konnte regelrecht dabei zusehen, wie sie nun anfing zu strahlen. Es begann an den Augen, deren goldener Farbton eine Nuance dunkler wurde. Fächerte sich langsam über ihr ganzes Gesicht aus, am deutlichsten an den gehobenen Mundwinkeln zu erkennen. Je mehr ihre Mundwinkel nach oben wanderten, desto intensiver wurde das Sonnenlicht, das sie aussandte. Er konnte sich nicht daran satt sehen. „Du bist ganz schön stur, Jazz.“ meinte Alice sanft. „Ich bin Texaner, Ma'am.“ Ein leises Lachen erklang in seinen Ohren. „Sind alle Texaner stur?“ wollte sie, neugierig wie sie war, von ihm wissen. „Das wird uns zumindest nachgesagt ja.“ gab er zu. Er war zufrieden mit sich. Er hatte die Angst aus ihrem Geist vertrieben, Ruhe und Unbeschwertheit zurück gebracht und bekam ganz selbstverständlich seine wärmende Sonne von ihr zurück, gepaart mit diesem liebevollen Lachen, dass ihr eigen war. Später irgendwann würde er darüber nachdenken, weshalb ihm das so wichtig gewesen war. Weshalb es ihm so wichtig war, dass er darüber seine eigene Wut vergessen hatte. „Jasper?“ begann sie dann erneut. Er konnte nicht anders, er musste einfach schmunzeln. „Ja?“ „Woher wusstest du es?“ wollte sie dann leise wissen. Kuschelte sich wieder an ihn, damit er sich im Zweifelsfall nicht so schnell von ihr würde losreißen können. „Es...?“ „Das ich Angst hatte, du würdest ohne mich weiterziehen.“ präzisierte sie leise. „Ich... hab gut geraten?“ schlug er dann vor. „Jasper.“ Er seufzte kurz. „Es ist kompliziert zu erklären.“ „Es wäre sehr sehr lieb, wenn du es dennoch versuchen würdest.“ bat sie ihn. Das Seufzen, das darauf folgte, war etwas länger als das davor, wie ihr nicht entging. Er löste seine Arme von ihr, um sich damit durch die Haare zu fahren, während er nach den richtigen Worten suchte. „Nun gut.“ meinte er und begann etwas auf und ab zu gehen. Alice setzte sich auf den größeren Koffer, die Hände artig im Schoß gefaltet. und wartete. „Es ist...“, setzte er dann vorsichtig an, „im Grunde wie ein zusätzlicher Sinn. Man nimmt Formen und Farben über die Augen war, Gerüche und Geschmäcker über Nase und Zunge und Töne über die Ohren. Tja und ich nehme auf ähnliche Art und Weise Emotionen über - was auch immer – wahr.“ Er sah zögerlich auf Alice und beobachtete ihre Reaktion. Das diese nicht so ausfiel wie erwartet, war für diese Frau sicher charakteristisch. Denn es war nur Begeisterung erkennbar. „Dann weißt du immer wann ich was und weshalb fühle?“ fasste Alice zusammen. „Nein.“ „Nein?“ „Nein, dieses 'weshalb' ist subjektive Spekulation meinerseits. Ich nehme wahr was Sie fühlen, spüre wie das Gefühl sich ändert. Aber ich habe keine Ahnung woher genau das kommt, wer oder was Auslöser ist dafür. Aber es ist nicht nur ein Gefühl, dass jemand in einem Moment hat. Es ist meist eine bunte Mischung, aus der ich versuche meine Schlüsse zu ziehen. Mal mehr, mal weniger erfolgreich.“ „So eine Gabe ist faszinierend.“ meinte Alice beeindruckt. „Nein.“ „Schon wieder nein?“ schmunzelte die schwarzhaarige Frau. „Für sich genommen vielleicht.“ schränkte er sein Nein etwas ein. „Aber jetzt wird das Ganze kompliziert.“ „A-ha“ brummte sie neugierig. Das sie ihn etwas imitierte bemerkte er nicht einmal. „Ja. Gefühle die mir nicht passen, kann ich ändern.“ So jetzt war es raus. Jetzt konnte sie in Panik verfallen wenn sie wollte. „Und?“ hakte sie nach. „Was und?“ Er teilte ihr gerade mit, dass er sie quasi zu allem bringen konnte wenn er wollte, und alles was sie dazu sagte war ein 'und'? „Und wo ist das Komplizierte daran? Du kannst Emotionen beeinflussen. Ich habe davon mal gelesen. Sehr charismatische Menschen sind angeblich jene, mit einer emphatischen Neigung. In deinem Fall einer sehr ausgeprägten Neigung.“ Tja, und wenn er diese Neigung jetzt mal an sich selbst nutzte, konnte er feststellen, dass er beleidigt war. Er hatte mit allem gerechnet. Das sie verschreckt wäre, beeindruckt oder sprachlos. Aber, dass sie seine Gabe regelrecht mit einem Schulterzucken abtat, traf ihn dann doch schon ein wenig. „Oh.“ meinte Alice dann und sah ihm forschend ins Gesicht. „Was oh?“ Immer diese einsilbigen Aussagen, dachte er trotzig. „Das funktioniert in beide Richtungen, nicht wahr?“ fragte sie leise. Erntete dafür einen fassungslosen Blick von ihm. Gut, dass schaffte sie selten bei ihm. „Ich habe dich einmal, in einer Vision, nach der Jagd gesehen, Jasper. Miterleben müssen, wie es dir danach ging.“ Sie stand auf und trat zu ihm, nahm seine Hände in die Ihren. „Deine Gabe ist der Grund, weswegen du auf diese Art auf Menschenblut reagierst, hab ich Recht? Es ist nicht das Blut selbst, wie ich dachte, es ist der Mensch dazu.“ „Nein.“ meinte er unbehaglich. „Es ist das Sterben des Menschen. Ich werde ihren Tod immer schwerer los.“ --- So, hach an einem Tag zwei Kapitel on gestellt - ich bin stolz auf ich. Zumal ich beide heute geschrieben habe. Das Winterspezial "Schneekobold" ist mit dem zweiten Kapitel fertig. Ich hoffe es verirren sich einige von Euch dorthin. Wie immer an dieser Stelle ein tiefes Danke für 114 Kommentare und sage und schreibe 80 Favoeinträge. Ich bin sehr stolz auf Euch das ihr so tapfer durchhaltet. Einen kleinen Hinweis in eigener Sache hätte ich noch. Ich hab am 24.12. einen Zirkel aufgemacht mit dem Namen "Stets zu diensten Ma'am". Ich möchte ihn nutzen um in Zukunft auf dem Wege schneller mitzuteilen, wenn es neue Kapitel oder Spezials gibt. Unter anderem lasse ich für ein Spezial wählen, welchen anderen Gastchara aus dem Biss-Universum auftauchen soll. ICh selbst kann mich nicht entscheiden. Daher würde ich mich freuen, wenn einige oder bestenfalls alle sich dort melden würden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)