Stets zu Diensten Ma'am von MissyRogue (Alice & Jasper - ihre Anfänge) ================================================================================ Kapitel 5: Mein Gepäck ---------------------- Kapitel 5: Mein Gepäck Alice hatte Jasper mit nach Hause genommen, in das kleine Appartement das sie in der Innenstadt angemietet hatte. Sie wollte ihre Sachen zusammen packen und dann mit ihm Philadelphia noch in dieser Nacht verlassen. Er würde nicht widerstehen, wenn er unter Menschen blieb, da war sich Alice sicher. Er war ein Vampir und Tierblut war nicht das was man als richtige Vampirnahrung bezeichnen konnte, darüber war sich Alice voll und ganz im Klaren. Sie erinnerte sich ja genau wie schwer ihr die ersten Monate gefallen waren. Hätte sie nicht ihre Visionen von Carlisle und der tiefen Trauer der Menschen gehabt, die ihre Opfer gekannt und geliebt hatten, hätte sie es selbst nicht durchgehalten. Aber sie war jung gewesen, hatte sich so gut an die karge Kost gewöhnt, einfach weil sie es nicht viel anders kannte. Sie mochte sich nicht vorstellen wie schwer sich Jasper hingegen damit tun würde. Aber ihre Visionen zeigten es ihr und eben deshalb war es wichtig und unerlässlich ihn so schnell wie möglich wegzubringen von allem was ihn verführen konnte. Sicher wäre die erste Zeit leichter, wenn er außer Tieren schlicht keine andere Nahrungsquelle in Reichweite hätte. Sie würde ihn in dieser Zeit mit Lob überhäufen und ihm in den schwachen Momenten eine Stütze sein, ganz so wie eine Frau es tun sollte. Und einfach auf das Beste hoffen. Jasper nutzte die Zeit, in der Alice damit beschäftigt war unzählige Kleidungsstücke aus einem kleinen Eichenschrank in einen großen, braunen Koffer zu zwängen, um sich derweil etwas in diesem Zimmer umzusehen. Alice hatte ihm erzählt sie hätte die letzten Jahre hier gelebt und auf ihn so lange gewartet. Irgendwie hatte er das sichere Gefühl diesen Vorwurf noch öfters von ihr zu hören. Während sie es schaffte immer mehr Stoffe in diesem Koffer verschwinden zu lassen, ging er etwas umher. Es gab wenig persönliches. Keine Bilder an den Wänden, die Regale waren leer bis auf eines, auf dem einige abgegriffene Bücher lagen. Mit etwas geneigten Kopf, um die Titel richtig lesen zu können, trat er an dieses Regelbrett und war milde Erstaunt bei dieser Sammlung. Samt und sonders Märchenbücher. Der geheime Garten von F.H. Burnett, die Schneekönigin von einem Mann namens Anderson, eine Erstausgabe des kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry und dann noch etwas, dass er sogar kannte: Eine Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. Diesen Band zog er aus dem Regal und schlug ihn auf. Diese Geschichte war ebenso alt wie er, ein befremdlicher Gedanke für Jasper, auch wenn er ihn nicht erklären konnte. Lautlos hatte sie sich ihm genähert und schmiegte nun die Wange an seinen Arm, blickte nun mit ihm auf die aufgeschlagenen Seiten. Alice hatte sich diese Bücher mit einem gewissen Hintergedanken gekauft und schließlich auch behalten. Dieser Gedanke galt, wie könnte es auch anders sein, natürlich ihrem Jasper. Sie hatte an die langen Tage gedacht in denen sie sich vor der Sonnen würden verbergen müssen um nicht aufzufallen. Mit irgendwas musste diese Zeit gefüllt werden und warum dann nicht damit, dass sie ihm etwas vorlas? Jetzt jedoch, nachdem sie wusste was für eine wundervolle Stimme ihr Jasper hatte, tief und voll wie die Stimme eines Mannes klingen sollte, stellte es sich Alice noch schöner vor, wenn er derjenige wäre der las. Sie selbst diejenige mit dem Glück ihm lauschen zu durfte. „Sag mal Jasper,“ meinte Alice wenig später an den Blonden gewandt, nachdem das Wichtigste ihre Garderobe und die Bücher sicher verstaut waren, „wo hast du dein Gepäck eigentlich? Ich kann mich nicht erinnern, dass du welches dabei hattest in der Bar.“ „Ich reise ohne Gepäck Ma'am.“ erwiderte er ruhig. Alice sah ihn an, als würden ihm gerade Hörner wachsen. Ihre Augen waren aufgerissen und er meinte, dass sie womöglich noch einen Hauch blasser geworden war, sofern so was bei einem Vampir möglich war. „Stimmt etwas nicht Ma'am?“ erkundigte er sich besorgt. Ihre Gefühlen glichen einem undefinierbaren Wirrwarr, aus dem er nicht schlau wurde. Aber so nach und nach kristallisierte sich ehrliche Empörung heraus... weshalb auch immer. Jasper verstand es ehrlich gesagt nicht. „Das... das war ein Scherz hoffe ich.“ murmelte sie tonlos und sah fast schon durch ihn hindurch bei diesen Worten. Ihre Gedanken überschlugen sich. Was um alles in der Welt sollte das heißen, er hätte kein Gepäck? Wie konnte jemand kein Gepäck haben, das war doch ein Unding! Ach was, das war ein Skandal ohnegleichen! Er brauchte doch Kleidung zum wechseln, einen Kamm ihretwegen und mindestens ein Paar Ersatzschuhe! Wo waren seine persönlichen Dinge? Jasper konnte doch wohl kaum mit so gar nichts quer durch die Gegend reisen. Das konnte niemand! Ihr Blick fiel mit einem Mal in höchster Unbill auf seine Kleidung. Alice war über Jaspers Erscheinen so glücklich gewesen, dass ihr der desolate Zustand seiner Sachen schlicht entgangen war. Ein grauenhaftes Versäumnis wie ihr nun bewusst wurde. Ihr Jasper sah... herunter gekommen aus. Sie wagte nicht abzuschätzen wie alt die Stiefel sein mochten die er trug. Das Leder war abgewetzt und die Sohlen sahen für ihre Begriffe durchgelaufen aus. Die Spitzen waren abgeschlagen und rissig. Schuhe in diesem Zustand hätte sie vor Ewigkeiten weggeworfen. Aber mit Sicherheit hatten die armen Dinger Zeit ihres Lebens nie in den Genuss kommen dürfen gereinigt und poliert zu werden, damit sie glänzten. So oder so, ein klarer Fall für die Mülltonne! Die Hosen, die Jasper trug waren einmal... blau gewesen, vermutete Alice mit einem strengen Blick. Eine dieser grauenhaften Jeanshosen. Arbeiterhosen deren Farbe ausgeblichen, der Stoff selbst durchgewetzt und an den Beinen fleckig war. Jasper musste damit querfeldein gelaufen sein, anders war der Grad der Verschmutzung durch Dreck und Erde kaum zu erklären. Und dieser Riss auf Höhe seines rechten Knies fiel ihr jetzt erst auf. Alice holte tief Luft und versuchte ihm nicht auf der Stelle das Ding runterzureißen. Wie konnte er so nur auf die Straße? Es war einfach unfassbar! Das helle Hemd mochte auch schon bessere Zeiten gesehen haben, der Schnitt war vor fünf, sechs Jahren mal modern gewesen. Zwei Knöpfe fehlten, einer am Kragen, aber gut das war noch zu verschmerzen. Das jedoch der vierte von unten fehlte stach ihr wie ein Dorn ins Auge. Das Einzige, was in ihren Augen noch toleriert werden konnte, war der braune Ledermantel, der ihm etwa eine Handbreit über den Knöchel reichte. Auch dieser war schon älter, aber diese Art von Alt, der man ansah dass sie bequem sein mochte. Das Leder war durch das viele Tragen weich und anschmiegsam geworden, das hatte sie während ihrem Spaziergang hierher gespürt, als sie sich bei Jasper untergehakt hatte. Die Witterungen hatten dem Mantel auch zugesetzt, die Farbe ausgewaschen, aber er war unbeschädigt, nur am Saum etwas dreckig, aber das ließe sich mit einem feuchten Tuch und etwas Seife säubern. Der ganze Rest hingegen war nur noch zum Verbrennen gut. „Es wird höchste Zeit, dass sich eine Frau um dich kümmert Jasper. Du rennst herum wie ein Landstreicher!“ lautete dann ihr abschließendes Urteil. Jasper hob nur eine Braue und sah an sich herab. Er wusste jetzt wirklich nicht was genau sie meinte. Gut seine Kleidung war nicht die Neuste, aber durchweg noch funktional. Es sprach seiner Meinung nach nichts dagegen, diese noch so zwei Jahre lang zu behalten. „Dieser Vergleich erscheint mir nun doch etwas übertrieben Ma'am.“ „Eher untertrieben!“ erklärte Alice kalt. „Wie alt sind die Sachen?“ Jasper überlegte kurz. Wen kümmerte denn das Alter, solange die Kleidung noch so gut wie an einem Stück war? Vampire schwitzten nicht, daher stank der Stoff nicht wie bei Menschen. Dort war es verständlich, dass darauf geachtet wurde Kleidung zu wechseln. Nach gerade mal zwei, drei Tagen stanken Menschen teilweise so ekelhaft nach Schweiß und anderen Ausdünstungen, dass einem da der Durst vergehen konnte. Aber das galt halt eben für Menschen! Er zuckte also leicht mit den Schultern, ehe er schätzte: „Ich weiß es nicht genau, vielleicht fünf Jahre?“ Alice war stolz auf sich, bei dieser Aussage nicht in Ohnmacht gefallen zu sein. Gut sie wusste nicht, ob sie als Vampir überhaupt in Ohnmacht fallen konnte. Wenn ja, wäre das eben die Gelegenheit gewesen. Aber ihr Stolz rührte hauptsächlich daher, dass sie dieses weibliche Klischee nicht mochte und daher noch weniger erfüllen wollte. Sie war gerne bereit sich den Erwartungen an eine Frau, oder einer Ehefrau im besonderen anzupassen. Sie würde es sogar gerne tun, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass es Jasper offenkundig mehr als nötig hatte! Dennoch ihr gefiel nicht, dass sie als Frau auch automatisch schwach sein sollte. In Ohnmacht zu fallen, war für sie das Symbol eines rückgratlosen Frauenbildes, dem sie sich nicht anpassen wollte. Ihr Schweigen ließ ihn aufhorchen. Eine Frau, die am Meckern und Schimpfen war, war gefährlich. Eine Frau, die jedoch mit solch einem anklagenden Blick schwieg war eine nicht zu unterschätzende, tödliche Gefahr. Gerade als er ihr Gemüt etwas besänftigen, die Wut, Empörung und diesen seltsamen Stolz in Gelassenheit wandeln wollte, waren sie weg. Als hätte man einen Lichtschalter in den Emotionen der zierlichen Frau umgelegt. Der strenge Blick war gewichen und jetzt strahlte sie dafür um so sonniger. Er gab es nicht gerne zu, aber diese radikale Wandlung machte ihm Sorgen. Es bedurfte keiner besonderen Gabe, sondern schlichtem Verstand um zu ahnen, dass dies ihm mehr Warnung als denn Beruhigung sein sollte. Alice war immer noch über diese fünf Jahre empört! Bis, ja bis ihr bewusst wurde was das genau hieß: Er brauchte einfach nur neue Kleidung! Der ausschlaggebende Gedanke, der sie nun so fröhlich werden ließ, lag in der Tatsache, dass es nun erforderlich war einzukaufen. Die Vision kam zeitgleich mit dieser Erkenntnis. Sie sah schon wie sie mit ihm in einem Bekleidungsgeschäft stand, Verkäufer hin und her scheuchte und es aus tiefer Seele genoss. Kurz überlegte sie wie gefährlich es sein mochte mit Jasper zusammen derart unter Menschen zu gehen. Tierblut war keine vollwertige Nahrung, Menschen schon! Alice seufzte kurz. Wenn sie der Vision glauben konnte, würde ihr Jasper das durchhalten. Und Alice vertraute dem was sie sah, schließlich verdankte sie diesen Visionen, nun ja, ihn – Jasper Whitlock. Gab es eine bessere Referenz als das?! Es war wie so oft, Jasper hatte mit seiner Ahnung mehr recht gehabt als er haben wollte. Zumindest schoss ihm das als Erstes durch den Kopf als sich Alice, immer noch strahlend, an ihn wandte und es aussprach. „Wir werden einkaufen gehen Jasper, du brauchst dringend neue Sachen. So werde ich dich nicht mitnehmen!“ Es war ihr ernst, das spürte Jasper zu deutlich. „Ich brauche nichts Ma'am.“ meinte er im schwachen Versuch es ihr auszureden. Es gab wenig, das er mit weniger Begeisterung tat als einzukaufen. Nun gut, er tat nichts mehr mit wirklicher Begeisterung, aber dennoch so was hatte er nicht verdient! „Wir werden einkaufen gehen Jasper!“ wiederholte sie mit einem immer noch zuckersüßen Tonfall, der ihm aber dieses Mal nicht an Unanständiges denken ließ. „Aye, Ma'am.“ entgegnete er dann geschlagen. Warum er den Widerstand erst gar nicht gewagt hatte war ihm selbst schleierhaft. Vermutlich hatte er die tiefste Wahrheit schon erkannt ohne es bewusst wahrzunehmen. Nichts und niemand hielte diesen kleinen, schwarzhaarigen Kobold davon ab einzukaufen, wenn es sich diese erstmal in den Kopf gesetzt hatte. Und Jasper Whitlock war ein Mann, der schon genug Schlachten geschlagen hatte um genau zu wissen, dass es sich nicht lohnte Kräfte und Ressourcen in etwas zu stecken, dass man einfach nicht gewinnen konnte. Er seufzte leicht, vielleicht wäre es ja nicht so schlimm. „Naja, ein Oberhemd vielleicht.“ murmelte er leise, kompromissbereit. „EIN Oberhemd?“ Alice lachte nur heiter mit einem Kopfschütteln auf. Ihre goldenen Augen lagen glücklich auf ihm. Mit einem Hemd würde sie nicht einmal anfangen. Ein paar rote Augen sahen auf sie und erkannten eiserne Entschlossenheit. Jasper hatte einen General vor sich, der nicht bereit wäre die Waffen zu Strecken, ehe er den Feind nicht restlos vernichtet hatte. Nur die Tatsache, das er im diesem Beispiel der Feind war, behagte Jasper nicht so wirklich. Aber was ertrug ein Mann nicht alles, damit seine Frau glücklich war... ____ So hier haben wir also das neue Kapitel. Ich muss sagen ich habe mich erschreckend schwer damit getan. 100%ig zufrieden bin ich nicht muss ich sagen. Aber zu guten 85%. ^w^ Ich hoffe es gefällt euch dennoch etwas. Ich danke für: 44 Kommentare und sage und schreibe 34 Mitglieder, die meine Geschichte auf ihrer Favoritenliste gesetzt haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)