Stets zu Diensten Ma'am von MissyRogue (Alice & Jasper - ihre Anfänge) ================================================================================ Kapitel 4: Mein Gentleman ------------------------- Kapitel 4: Mein Gentleman Er war Texaner, und er war stets stolz darauf gewesen Texaner zu sein. Er war als naiver Junge, der er war, in die Armee eingetreten, weil er an die Werte und Ideale seiner Welt geglaubt hatte und sie mit allen Mitteln zu verteidigen gewillt war. Seine Familie, seine Freunde und Bekannte. Er wollte eine Lebensphilosophie schützen und für seine Kinder bewahren. Er wollte seinen Vater stolz machen. Einmal hören das er, Jasper, etwas richtig gemacht hatte. Sklaverei hin oder her, dass war damals in seinen Augen nebensächlich. Er war erst siebzehn Jahre alt gewesen, hatte das Leid und das Elend dieser Menschen einfach nicht erkannt. War in dem Glauben erzogen worden, dass es sich so gehörte, dass es so sein musste. Heute sah er es anders. Damals jedoch hatte es nur den bösen Feind aus dem Norden gegeben, der seine Familie bedrohte, raubte, mordete und schändete. Jasper hatte Schwestern gehabt, und ihm war der Gedanke unerträglich gewesen irgendjemand könnte auf diese Weise Hand an seine Schwestern legen, an irgendjemandes Schwestern und Töchter. Soldat sein, dass hatte bedeutet ein Kämpfer zu sein, ein Krieger und ein Held. Ruhm und Ehre sollten die Schlachtfelder bringen, etwas worauf die Eltern Stolz sein konnten. Ihm hatte dieses Leben gefallen, selbst als er merkte das es wenig Ruhm zu ernten gab, dafür Blut, Schweiß und Tod. Klare Regeln, feste Hierarchien und keine Fragen, dass war die Armee und nichts anderes. Jasper hatte sich in diese Welt sehr schnell eingefügt, seinen Charme benutzt, mit zuverlässiger Befehlserfüllung geglänzt und war dabei stets ein Gentleman geblieben. Er half gerne, hatte sich wohlgefühlt damit Verantwortung zu übernehmen, zu schützen und zu verteidigen. In diesen Dingen war er gut. Das war auch seinen Vorgesetzten aufgefallen und so wurde er von ihnen gefördert, bis er knapp zwei Jahre später, Anfang des Jahres 1863, zum Major ernannt wurde. Sein Kommandeur hatte damals gerne betont, dass Jasper, der jüngste Offizier sei, der diesen Rang erreicht hatte. Dabei wußte dieser nicht, dass Jasper zu der Zeit sogar nochmals drei Jahre jünger war als in seiner Akte vermerkt war. Das Mindestalter, für den Eintritt in die Armee, betrug zu jener Zeit zwanzig Jahre, also musste der siebzehnjährige Jasper etwas lügen um sein Vorhaben zu erreichen. Aber gut, er maß zu der Zeit bereits 1,88 Meter, da hatte man ihm leicht jedes Alter abgenommen. Als er schließlich Major wurde, hatte er sogar die 1,92 Metermarke erreicht. Mit der neuen Position hatten neue Aufgaben auf den jungen Offizier gewartet. Zivilisten sollte er mit seiner Abteilung Geleitschutz gewähren, wenn diese aus gefährdeten Gebieten evakuiert werden sollten. Oh, diese Aufgabe hatte ihm gefallen! Es war vielleicht nicht so ruhmträchtig wie an der Front zu sein, aber es erschien Jasper ehrenhafter Frauen und Kinder zu schützen anstatt Männer zu töten. Er war gerade zwanzig geworden, als sich sein so, für seine Begriffe, perfektes Leben änderte. Es war eine heiße Sommernacht gewesen in der er starb. Von seinem Regiment in dieser mondlosen Nacht vergessen, wurde er in den Tod und schließlich unter unerträglichen Schmerzen neu geboren. Er hatte helfen wollen, als er drei Frauen alleine mitten im nirgendwo stehen sah. Schutzlos, während am Horizont bereits die Trommeln des Feindes zu hören waren. Natürlich hatte er nicht weiter reiten können unter diesen Umständen und so war er näher herangekommen, hatte seine Begleitung angeboten, bis sicheres Terrain erreicht wäre. Ungewöhnlich schön waren die Frauen gewesen. Eine entzückender als die andere, selten hatte er soviel Anmut und Schönheit gesehen. Ihre Stimmen klirrten in der Stille der Nacht ungewöhnlich klar wie Kristall. Ihr Haut war bleich gewesen, zu bleich für jemanden der unter der Sonne Texas lebte. Das hätte ihn warnen sollen, aber wovor? Wie hätte von Frauen für ihn, gestandenem und erfahrenem Offizier der er war, Gefahr ausgehen sollen? Jasper hatte weder gehen noch den Blick abwenden können, selbst als er ihrem sonderbaren Gespräch zu folgen versuchte. Er hatte ihnen gefallen, gut wem würde das nicht schmeicheln? Jasper hatte zu spät erkannt, dass er es hier nicht mit normalen Frauen zu tun hatte, sein Schicksal war besiegelt gewesen. Als der Schmerz schließlich nachließ, war der Durst gekommen, brutal und verzerrend. Der Durst, der immer noch sein Dasein bestimmte. All die Ideale und Träume zerstörte, die ein junger Major des Staates Texas, gut erzogen, von ruhiger Natur und aufrechtem Herzens einmal gehabt haben mochte. Es war eine traurige Ironie, dass er wieder in einen anderen, brutaleren Krieg mitwirkte, dessen Beweggründe ihm heute genauso suspekt waren. In dieser neuen Armee aus Untoten fand er wieder schnell einen Platz, wurde vom einfachen Kämpfer schnell Befehlshaber, Ausbilder und Vollstrecker. So hatte er fast 70 Jahre zugebracht. Dort gab es keinen Ruhm, keine ehrenhaften Aufgaben, auch wenn seine Schöpferin ihn davon sehr lange überzeugt hatte. Ihn betört, umgarnt und umschmeichelt hatte. Und Jasper? Er hatte sich wichtig gefühlt, gebraucht und war dieser Frau mit Leib und Seele ergeben gewesen. Hatte alles für sie getan, egal was sie von ihm gewollt hatte – ohne es ein einziges Mal zu hinterfragen. Bis, ja bis sie ihn hinterging. Er hatte angefangen seine Nahrung nicht mehr zu vertragen, war krank geworden davon. Er verglich es gerne mit einer Allergie, die er entwickelt hatte. Seine Stärke hatte nachgelassen, nicht soweit das es für ihn bedrohlich gewesen wäre, aber ihr hatte es zu denken gegeben. Ihr bester Kämpfer schien müde zu werden. Niemand fürchtete den alten, zahnlosen Löwen, der der Grundpfeiler ihrer Stärke, ihres Reviers gewesen war. Als er ihr schließlich zum ersten Mal nicht vollkommen gehorcht hatte, einen nutzlosen Neugeborenen entkommen ließ, hatte sich ihr Verhältnis endgültig geändert. Ihr Bett hatte ihn schon lange nicht mehr gelockt, vermutlich weil er sie, als Mann, nicht mehr gereizt hatte. Von dem jungen, hübschen, blond gelockten Offizier war nur ein groteskes Abziehbild seiner selbst geblieben. Jasper hatte ihr diese Ablehnung nie zum Vorwurf gemacht, aber als er gespürt hatte, dass sie ihn loswerden wollte war er gegangen. Gegangen bevor er sie vernichten konnte. Warum er es nicht getan hatte, konnte er nicht sagen. Vielleicht weil er sich an die Zeit erinnerte in der ihr Verhältnis besser gewesen war, als sie einander Vergnügen gebracht hatte. Vielleicht war es auch nur die Tatsache das sie eine Frau war. Man tat Frauen nicht weh... Vielleicht war es auch nur ein bisschen was von Beidem, Jasper wusste es damals nicht, als er ihr den Rücken kehrte, und er wusste es heute immer noch nicht. Er wusste nur, dass der Abschied fast schon erschreckend leicht für ihn gewesen war und er begann sich zu fragen, warum er nicht schon soviel früher gegangen war. Zu einer Zeit als sein eigener Anblick im Spiegel ihn noch nicht geekelt hatte. Zu einer Zeit als seine Seele noch nicht krank und vergiftet gewesen war. „..per. Jasper.“ eine helle, besorgte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Verzeihung, ich hatte nicht zugehört Ma'am.“ meinte er schuldbewusst an Alice gewandt. Alice legte den Kopf etwas schief, er konnte eine kleine Sorgenfalte in diesem jungen, lieblichen Gesicht erkennen. „Ist alles in Ordnung?“ wollte sie besorgt von ihm wissen. Er sah in ihre goldenen Augen und dachte über diese Frage nach, ehe er antwortete: „Nein Ma'am, aber ich bin recht zuversichtlich, dass es irgendwann mal wieder in Ordnung sein könnte.“ „Das wird es Jasper“, nickte sie leicht, „du wirst es sehen.“ Ihre Zuversicht berührte ihn, fast noch tiefer als es wenige Augenblicke zuvor ihr Anblick getan hatte. Alice – edles Wesen Ja, ihre Eltern hatten einen guten und wahren Namen für ihr Kind gefunden, dachte sich Jasper in diesem Moment. Von edlem Wesen war sie zweifellos, dass sah man ihr fast schon an. Zu gut für jemanden wie ihn. Bei Weitem viel zu gut für ihn. „Diese Familie, wo ist sie?“ wechselte er dann das Thema. Seine kleine Begleiterin hatte sich ganz selbstverständlich bei ihm untergehakt und tänzelte neben ihm her, während sie langsam zurück Richtung Stadt gingen. Sie lachte leise, sprang leichtfüßig auf den Stamm eines umgestürzten Baumes und war damit das erste Mal wirklich auf Augenhöhe mit Jasper, während sie auf dem Holz entlang schritt. Ihr gefiel diese neue Perspektive außerordentlich gut. „Ich weiß es nicht.“ „Das wird die Suche etwas erschweren.“ mutmaßte er. Alice zuckte nur leicht mit den Schultern: „Ich habe es nicht wirklich eilig, weißt du? Ungeduldig war ich nur, als ich auf dich warten musste.“ Sie grinste ihn frech an. „Du bist nicht gerade der Schnellste.“ Er brummte nur, was ihr heiteres Lachen nur noch vertiefte: „Keine Widerworte Jasper?“ Sie war fair genug einzuräumen, dass er sich mit der Aussage: Nicht gewusst zu haben, dass er erwartet wurde, durchaus sinnvoll hätte verteidigen können. „Nein Ma'am“ „Warum nicht?“ „Weil ich die Erfahrung gemacht habe, das es NIE gut ausgeht, als Mann einer Frau zu widersprechen – besonders wenn man im Recht ist.“ Ihr Lachen war fröhlich, hüllte ihn sanft ein, während sie über die Baumwurzeln zurück auf den Boden sprang. Sie strahlte ihn an: „Du bist kein schneller, aber ein cleverer Mann Jasper.“ „Stets zu Diensten Ma'am.“ meinte er auf dieses zweifelhafte Kompliment hin mit einer leichten Verbeugung, wie er es als Junge beigebracht bekommen hatte. „Ich mag diesen Akzent in deiner Stimme. Woher kommst du?“ Es gab immer noch so viel das sie nicht wusste, und dieser Spaziergang war perfekt um einige der Fragen zu beantworten. „Texas.“ „Und wie alt bist du?“ bohrte sie weiter. „Welches Jahr haben wir genau?“ wollte er nachdenklich wissen. „1948.“ erwiderte sie verwundert. Konnte man als Vampir sein Gefühl für Zeit verlieren? Diese Vorstellung verblüffte sie. „Hm~ ich bin demnach... 105 Jahre.“ „Oh, so alt bereits.“ das hatte sie nicht erwartet. Er hatte bereits ein ganzes Jahrhundert ohne sie zugebracht, der Ärmste, und ihr waren die vergangen 28 Jahre bereits lang vorgekommen. „Man kann also sagen, dass du ein richtiger texanischer Gentleman bist?“ fasste sie zusammen. „Sozusagen.“ Gab er ihr recht, immerhin war er das wirklich mal gewesen. Damals in einem anderen Leben, bevor er... Ja bevor... „Hast du auch einen Nachnamen Jasper?“ Ihre glockenklare Stimme unterbrach seine Gedanken, noch bevor er sich erneut in Grübeleien verstricken konnte. Er nickte und stellte sich dann mit einer leichten Verbeugung, ganz so wie es sich nunmal gehörte, seiner elfenhaften Begleiterin standesgemäß vor: „Natürlich Ma'am: Whitlock. Jasper Whitlock, stets zu Diensten.“ „Whitlock also.“ murmelte sie leise. Mrs Alice Whitlock. wiederholte sie in Gedanken freudig, der Name gefiel ihr. Zu gerne hätte sie ihn laut ausgesprochen, aber damit würde sie Jasper mit Sicherheit verscheuchen, immerhin kannte er sie noch nicht mal einen ganzen Tag. Er konnte nicht wissen, was sie gesehen, wovon sie bereits geträumt hatte: ein Versprechen für den Rest der Zeit. Ein gemeinsames Versprechen, dass aus der herkunftslosen Alice eine Mrs Alice Whitlock machen würde. Jemanden der einen Platz in Leben hatte, einen Ort wohin er gehörte, einen Menschen zu dem er gehörte. „Und Sie Ma'am?“ er sah sie fragend an. Er hatte diese Seligkeit gespürt die sie nun erfüllte und dessen Grund der nicht verstand. „Oh ich weiß es nicht sicher, ich erinnere mich an mein menschliches Leben überhaupt nicht. Aber ich glaube... ich komme aus Mississippi. Oh und ich bin zarte 47 Jahre, schätze ich. Zumindest nicht über 50, dass ist sicher!“ berichtete sie stolz. „Ihr Nachname?“ „Den hast du mir nicht verraten.“ entgegnete sie leise, mehr für sich. „Bitte?“ Hatte er das gerade richtig verstanden? Aber Alice schüttelte nur lachend den Kopf. „Ist nicht wichtig Jasper. Den alten Namen kenne ich selbst nicht.“ Ich werde irgendwann deinen Namen tragen. Das wird wichtig sein und nur das! _____ So und es geht weiter. Ich hoffe es hat gefallen. Jaspers Erschaffung habe ich kurz gehalten, weil ich die die ganze Thematik um Maria an anderer Stelle schildern möchte. vielen Dank im übrigen für die Kommentare, ihr motiviert mich über alle Maße damit. Ich sage ein herzliches Dankeschön für aktuell 33 Kommentaren und insgesamt 25 Favos. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)