Watching your Footsteps von -Krone- (Seung-Hyun X Ji-Yong) ================================================================================ Kapitel 12: Just a Feeling -------------------------- Das Tanztraining lief wunderbar, es schien als wären wirklich alle in Bestform. Besonders Young-Bae zeigte sehr gute Leistungen und war eine halbe Stunde vor Ende so verschwitzt, dass er kurzerhand das nasse Shirt über den Kopf zog und in die Ecke warf. Seung-Hyun, der in der Formation hinter ihm stand, bemerkte es nicht sofort, aber über den Rücken des Juengeren zogen sich drei lange parallele Striemen, die zwar nicht mehr frisch aussahen, aber dennoch erst einige Tage alt sein konnten. Sie sahen nicht so aus, als seien sie ihm unbemerkt oder besonders schmerzfrei zugefügt worden. Es kam des öfteren vor, dass sich einer der ihren leicht verletzte, aber diese langen Kratzer kamen Seung-Hyun auf eine unbestimmte Art und Weise seltsam vor und gingen ihm während des restlichen Trainings nicht mehr aus dem Kopf. Die anderen hingegen schienen nichts zu bemerken, aber sie tanzen auch nie direkt hinter Young-Bae und so war zumindest dies nicht verwunderlich. Auf dem Weg zur Umkleidekabine - Young-Bae hatte sich sein Shirt zusammen mit einem kleinen Handtuch über die Schulter geworfen - nahm Seung-Hyun ihn kurzerhand am Ärmel und hielt ihn ein bisschen hinter den anderen zurück. "Was hast du denn am Rücken gemacht, das sieht echt nicht gut aus", fiel Seung-Hyun direkt mit der Tür ins Haus. Er hatte einiges erwartet, aber nicht, dass der andere rot anlaufen und beschämt zur Seite schauen würde. Und da kam dem Ältesten auf einmal ein zündender Gedanke und er begann etwas zu ahnen. Jetzt wünschte er sich, er hätte nicht so forsch nachgefragt, aber dafür war es eindeutig zu spät. "Wenn du nicht willst, dann..." "Später, ja?" Er räusperte sich und nickte auf die Antwort seines Freundes hin. Wenn er recht hatte, wäre 'später' wahrscheinlich genau der richtige Zeitpunkt. Er hätte daran denken müssen, schimpfte Young-Bae mit sich selbst, als Seung-Hyun ihn darauf ansprach. Die Kratzer hatte er recht schnell nach ihrem wundervollen Nachmittag entdeckt, aber er konnte Seung-Ri nicht böse sein. Jedes Mal, wenn er die Narben im Spiegel sah oder mit den Fingerspitzen darüber tastete, kam ihm der Augenblick in den Sinn, in dem sie ihm zugefügt worden waren. Seung-Ris gesamter Körper in Ekstase, sein Gesicht von Erregung verzerrt. Das Grinsen des Jüngeren wurde auch jetzt wieder gefährlich breit und Seung-Hyun entging dies nicht. "Hyung, kommt ihr?" ,fragte Dae-Sung, der mit ihrem Jüngsten bereits fertig am Ausgang stand. Doch die beiden Älteren hatten extra getrödelt, weshalb Young-Bae ihm auch zurief, dass sie schon einmal vorgehen und draußen auf sie warten sollten. Mit einem Murren wurde der Vorschlag quittiert, aber sofort befolgt. Als Dae-Sung sich umdrehte, zwinkerte Young-Bae Seung-Ri aufreizend zu, was diesen beinahe rot anlaufen ließ. "So...", führte Seung-Hyung ihr kurzes Gespräch weiter. Sein Freund schien leicht nervös. Er fuhr sich mit der Hand durch den Nacken und ließ sich auf die Bank vor ihrer Spindreihe nieder. Da es den Anschein hatte, dass er nicht genau wusste, wo er beginnen sollte, lehnte der Ältere sich gegen seinen Schrank und versuchte ihm zu helfen. "Ahm...liege ich richtig, wenn ich annehme, dass es etwas mit ihm zu tun hat?", dass er sich dabei auf Seung-Ri bezog stand außer Frage und dies wusste auch Young-Bae nur allzu genau. Dieser nickte, ohne ihm in die Augen zu sehen und schon wieder grinste er in sich hinein. Doch dann erstarb dieses Grinsen und wich einem ernsten Ausdruck. Er blickte endlich zu dem Älteren auf, dabei die Finger fest ineinander verschlungen. "Ich liebe ihn, mehr als alles andere." "Oh, ähm..." Dies war unerwartet direkt gewesen, weshalb es dem Älteren erst einmal die Sprache verschlug. Er fand sie aber recht schnell wieder. "Und er? Mag er dich auch?" Young-Bae grinste, scheinbar erleichtert, dass der Ältere vor Schrecken nicht in Ohnmacht gefallen war. "Wonach sieht es denn aus?" "Das freut mich für euch, wirklich!", und es war tatsächlich nicht nur eine Floskel. "Ihr habt nichts gesagt, aber... ich dachte mir sowas schon. Ich glaube, die anderen haben nichts bemerkt, aber ich habe euch an dem einen Morgen gehört. Und die Blicke, die ihr euch zuwerft - eindeutiger geht es wohl nicht." Seung-Hyun stemmte die Hände in die Hüften und grinste breit, woraufhin der andere noch ein bisschen roter wurde, aber ebenfalls grinste. "Ganz ehrlich, wir wollten das nicht geheimhalten oder so. Es ist nur, die ganze Situation ist noch verdammt neu für uns und sehr ungewohnt. Schön, aber ungewohnt. Wir wollten erstmal mit uns selbst klarkommen, bevor wir irgendetwas sagen." Seung-Hyun nickte und ließ sich in die Hocke sinken, damit er zumindest annährend auf der selben Augenhöhe wie der andere war. Er hatte das Gefühl, dass dieses Gespräch noch ein bisschen dauern könnte, denn auf einmal hatte er das Bedürfnis sich endlich bei jemandem auszusprechen und gerade schien es sehr verlockend, Young-Bae diesen Jemand sein zu lassen. "Ich... also...", begann er, stockte aber wieder. Er wusste nicht wirklich wie er anfangen sollte, war zwischen ihm und Ji-Yong die Situation ja wohl noch unklarer, als zwischen den anderen beiden. "Also... wie hat das mit euch angefangen?" Young-Bae zuckte die Schultern und schien einen Moment zu sehr von süßen Erinnerungen eingenommen, um etwas zu sagen. "Es ist einfach... irgendwie passiert. Ich mochte ihn schon länger und er mich scheinbar auch. Aber an dem Morgen nachdem ich zum ersten Mal bei ihm im Bett geschlafen hatte... da haben wir uns geküsst. Das heißt, ich habe ihn geküsst und er hat sich nicht gewehrt und jetzt... sind wir hier." Seung-Hyun lächelte. "Weißt du...", traute er sich endlich zu sagen, "Ich mag Ji-Yong und...", wieder blieben ihm die Worte in der Kehle stecken. "Ich weiß, Hyung." Young-Bae legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ich bin auch nicht blind, weißt du?" "Ähm... fällt es so sehr auf?" "Es ist schwer, zwischen tiefer Freundschaft und Liebe eine klare Linie zu ziehen, aber mir zumindest ist es aufgefallen. Und, wie läuft's?" Seung-Hyun war ein wenig baff, wie locker der Jüngere mit dem Thema umgehen konnte. Ja, er hatte anfangs nervös gewirkt, aber nun da es raus war und niemand vor Entsetzen empört aufgeschrien hatte, konnte er sich der Sache gegenüber sehr entspannt verhalten, während Seung-Hyun selbst noch immer verkrampft war. "Keine Ahnung. Ji-Yong ist da ein bisschen wie ein kleines Kind. Er bemerkt nichts und er denkt nicht darüber nach, was er tut." Ein nachdenkliches aber zustimmendes Nicken kam von Young-Bae auf diese Beschreibung ihres Leaders. Er war tatsächlich in dieser Beziehung wie ein Kind. Er nahm das Leben, wie es kam, ohne lange darüber nachzudenken. Aber wie sollte man ihm derart wichtige Dinge wie Seung-Hyuns Gefühle klar machen, ohne ihn zu verschrecken? Niemand von ihnen beiden wusste, wie Ji-Yong über seinen besten Freund dachte. Young-Bae jedoch sah deshalb noch keinen Grund einfach aufzugeben. "Es ist so, wie du gesagt hast. Er denkt nicht darüber nach, aber... auch er hat etwas gemerkt. Wenn alles in Ordnung ist und man keine Probleme hat, kann man alles für selbstverständlich nehmen und ich glaube, das hat er getan. Doch jetzt..." Er musste nach Worten ringen, um sich nicht falsch auszudrücken. Aber Seung-Hyun würde ihn verstehen. "Ich will nicht sagen, dass alles Schlimme, was ihm wiederfahren ist, etwas Gutes hat. Aber jetzt, wo du immer für ihn da bist, auf ihn aufpasst, da merkt er, dass er sich bei dir wohl fühlt. Du bist seine Zuflucht, wenn er Angst hat. Und nur dir kann er gewisse Dinge anvertrauen. Er ist sich vielleicht noch nicht ganz sicher, was es ist, aber dass es nicht mehr nur Freundschaft ist, das weiß auch Ji-Yong." Natürlich war dies nur Young-Baes Überzeugung, entstanden aus all seinen Beobachtungen, allerdings war er sich sicher, dass er richtig lag. So wie er mit Seung-Ri richtig gelegen hatte. Daher schaffte er es auch, Seung-Hyun ein stärkendes Lächeln zu schenken. "Gib ihm einfach Zeit." "Ja, das werde ich." "Und wenn es soweit ist, nehmt euch ein Hotelzimmer." "Was?" Young-Bae begann über den entsetzten Gesichtsaudruck des Älteren laut zu lachen und verschwand dann einfach ohne eine Erklärung aus dem Umkleideraum. Eine regelrechte Masse von Menschen strömte Seung-Hyun entgegen, als er einige Tage nach seinem Gespräch mit Young-Bae versuchte, in die U-Bahn zu kommen. Er verfluchte sich regelrecht, so dumm gewesen zu sein, um diese Zeit an einem Sonntag vor die Tür zu gehen. Eigentlich hatte er auch nur zur Bank um die Ecke gehen wollen, um seinen Bargeldbestand wieder aufzustocken, aber noch bevor er zur Tür hinaus war, hatte die gesamte Bande nach Essen geschrien. Und am besten sollte es gleich etwas aus ihrem Lieblingsladen in Insa-Dong sein. So kam es, dass er letztlich doch die Bahn hatte besteigen müssen. Nun kämpfte er sich, vollgepackt mit zwei Tüten und wieder etwas Geld in der Tasche, durch den Seouler Verkehr, nicht wissend, was ihn in wenigen Sekunden erwarten würde. Er zwängte sich gerade durch die Menschenmassen auf der Treppe, die hinunter zur U-Bahnstation führte, als es passierte. Auf einmal fühlte Seung-Hyun etwas zwischen seinen Beinen und er stolperte, verlor das Gleichgewicht. Bruchteile von Sekunden, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen, befand er sich ohne jeglichen Halt in der Luft und wäre die Treppe nicht so voller Menschen gewesen, er wäre sicher erst ganz unten und mit gebrochenem Genick zum Halt gekommen. So fiel er nur einige Stufen hinunter, aber es reichte um ihm die Schienbeine aufzuschlagen und die Handflächen zu zerschürfen. Fluchend saß er nun zwischen seinen verstreuten Einkäufen und versuchte sich wieder hochzurappeln. Die meisten Passanten gingen einfach weiter, doch einige blieben stehen, um zu gaffen und ein junger Mann erbarmte sich sogar und half Seung-Hyun seine - nun wahrscheinlich zermatschten - Essenspäckchen wieder in den Tüten zu verstauen. Was zum Henker war das denn gewesen? Seung-Hyun blickte die Treppe hoch. Da war nichts, worüber er hätte stolpern können. Entweder war er neuerdings zu blöd, seine eigenen Füße zu benutzen oder es hatte ihm jemand ein Bein gestellt. Ob unabsichtlich oder absichtlich wollte er sich gar nicht erst fragen. Verdammt, seine Beine schmerzten! Wenn einem etwas den Tag ruinieren konnte, dann sicherlich vor halb Seoul die Treppe hinunterzufallen. Das würde sicherlich blaue Flecken geben! Aber wenigstens hatte er sich nichts gebrochen und matschiges Essen hatte gefälligst noch genausogut zu schmecken wie ordentlich arrangiertes. Sich bedankend nahm er die Tüten von dem jungen Mann entgegen, der ihm geholfen hatte und setzte seinen Weg fort, immernoch überlegend, was genau eigentlich gerade passiert war. Die Frage wurde ihm beantwortet, als er in der U-Bahn stand, eingequetscht zwischen einer gefühlten halben Milliarde anderer Menschen und er in seiner Jackentasche nach seinem Handy kramte und stattdessen einen Zettel mit der altbekannten Zeichnung eines Auges fand. Ein eiskalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Die letzten zwei Wochen war alles ruhig geblieben und sie hatten sich schon fast wieder in Sicherheit gewiegt und nun das. Wut und Angst wogten in ihm auf. Nein, er musste nachdenken. Hatte er irgendwen gesehen, der ihm verdächtig vorgekommen war? Der Kerl musste ihm ganz nah gewesen sein! Natürlich hatte er niemanden bemerkt. Es war voll gewesen, viel zu voll, er hatte eine dunkle Sonnenbrille getragen und nach dem Sturz war er zu sehr damit beschäftigt, die verstreuten Einkäufe wieder einzusammeln und sich über das vermeintliche Missgeschick zu ärgern. "Du hast dir aber ganz schön viel Zeit gelassen, Hyung!", begrüßte Seung-Ri ihn, als er schließlich das Appartement betrat, verstummte aber sofort wieder, als er den ernsten Gesichtsausdruck des anderen bemerkte. "Hol die anderen in die Küche, ich muss mit euch sprechen!" Dem Jüngeren lagen einige Fragen auf der Zunge, aber er gehorchte, da es wirklich wichtig zu sein schien. Nur kurze Zeit später waren sie alle um den Esstisch versammelt, gespannt darauf horchend, was ihr Älteste ihnen zu sagen hatte. "Mir wurde eben auf der Treppe ein Bein gestellt." Young-Baes Augenbrauen wanderten skeptisch in die Höhe. "Bist du sicher, dass-" "Ja, bin ich!", unterbrach Seung-Hyun ihn. "Das hier war in meiner Jackentasche!" Er klatschte das zerknitterte Stück Papier auf die Mitte des Küchentisches. Ji-Yong zuckte heftig zusammen, als Seung-Hyuns Hand auf dem Tisch landete. Fragend und leicht verängstigt blickte er diesen von der Seite her an, betrachtete dann aber das, was sich nun auf der Tischplatte befand. Das verschmierte Auge starrte. Es starrte und lachte wieder. Dies nach ihrer Zeit in Frieden zu sehen, traf ihn mit unglaublicher Wucht. Seung-Hyun, er war gestürzt und wieder war es nur Glück gewesen, welches ihn beschützt hatte. Nicht er. Nicht Ji-Yong. Zitternd drehte er sich zu seinem Freund um und packte dessen Hände. Die Haut war zerschürft und einige Finger blutig geschlagen. Das Blut war bereits getrocknet, aber es sah trotzdem erschreckend aus. 'Ich werde ihm weh tun müssen, damit du es verstehst.' Der Rest war etwas überrascht, als ihr Leader den Ältesten einfach auf den nächsten Stuhl drückte und dann stumm zum Küchenschrank hinüberging, um nach etwas zu suchen. "Hyung, was machst du?", fragte Dae-Sung und versuchte zu erkennen, was Ji-Yong aus dem Schrank holte. Dieser kehrte zurück, den Verbandskasten in den bebenden Händen. Er kniete sich vor Seung-Hyun und öffnete ihn, um einen Tupfer und eine Flasche heraus zu nehmen. "I-ich muss dich verarzten. Schnell..." Er ließ etwas von der braunen Flüssigkeit, die seltsam zäh war, auf den Wattebausch tropfen, wobei die Hälfte daneben ging und seine eigene Hand benetzte. "Ji-Yong, hör auf", sprach ihn Young-Bae eindringlich an. Es war nicht schwer zu erkennen, dass der Jüngere völlig aus der Bahn geworfen war. Aber als er ihm die Flasche aus der Hand riss, wehrte er sich. "Nein! Ich muss das desinfizieren. Ich muss ihm helfen!", brach es verzweifelt aus ihm heraus und er ergriff eine von Seung-Hyuns zerschundenen Händen, um sie zu säubern. Doch Young-Bae packte ihn und riss ihn zu sich herum, um ihm in die Augen sehen zu können. Dann hielt er ihm das Fläschchen vor sein Gesicht. "Ji-Yong, komm zu dir. Das ist Hustensaft." Das Stückchen Watte verließ Ji-Yongs Finger und traf geräuschlos auf den Boden auf. Wenige Sekunden später tat die erste Träne, die sich seinem Auge entwandte, es ihm gleich. Sein Gesicht verzerrte sich, geprägt von tiefstem Kummer und wiederkehrender Angst. Angst um diesen Menschen. Schluchzend sank er in sich zusammen und bettete seinen Kopf in Seung-Hyuns Schoß. 'Er wird dir weh tun und es wird meine Schuld sein.' Ja, es war geschehen. Wie er es befürchtete hatte. "Hyung! Hyung!!", rief es aus ihm heraus, doch Ji-Yong brachte es nicht fertig, ihn um Vergebung zu bitten. Er konnte nur dieses eine Wort rufen. Seung-Hyun hätte am liebsten seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Schon wieder hatte er nicht nachgedacht und auf Ji-Yongs Gefühle geachtet. Er war viel zu wütend gewesen, um daran zu denken, was er mit einer solchen Hauruck-Aktion bei dem Jüngeren auslösen könnte. Und nun hatte er ihn wieder zum Weinen gebracht, hatte die ganzen dummen, sinnlosen Schuldgefühle wieder in ihm aufwallen lassen. Er nahm Ji-Yongs Schultern und versuche ihn so weit von sich zu drücken, dass er ihm in die Augen sehen konnte. "Hey, Ji-Yong, sieh mich an!", sagte er mit ruhiger, aber fester Stimme. Und es wirkte. Sein Freund schien sich zumindest so weit zu beruhigen, dass er ihn ansehen konnte. "Das alles ist nicht deine Schuld, okay? Ich war unvorsichtichtig, aber es ist mir nichts passiert. Verstehst du, Ji-Yong, es ist nicht deine Schuld!" Die letzten Worte sagte er mit Nachdruck. Die anderen standen betreten um sie herum. "Seung-Hyun hat recht", bekräftigte Young-Bae leise. "Hör auf dir Vorwürfe zu machen." Er hockte sich neben den Jüngeren und wollte ihm die Hand auf den Rücken legen, aber Ji-Yong schüttelte sie ab und vergrub sich wieder in Seung-Hyuns Schoß. Er begann lautlos zu schluchzen, nur das Beben seiner Schulter erzählte von den Tränenbächen, die in diesem Moment aus seinen Augen stürzen mussten. "Ich will das alles nicht mehr!!", schrie er auf einmal, aber es hörte sich seltsam unwirklich an, da seine Stimme so gedämpft war. Niemand von ihnen wünschte sich das, was um sie herum geschah. Aber es geschah und war unaufhaltsam, wie es schien. Die Nerven zu verlieren, war nicht die beste Taktik in einer solchen Situation. Doch Ji-Yong ging dies alles so sehr ans Herz, dass er es schwer hatte, bei Verstand zu bleiben. Seung-Hyun, welcher langsam spürte, wie seine Hose durchnässt wurde, blickt hilflos zu Young-Bae. Dieser schüttelte nur den Kopf. Es hatte keinen Sinn, mit ihrem Leader reden zu wollen. Sie mussten warten, bis er sich von selbst zusammenahm. Und am besten geschah dies wahrscheinlich, indem man ihn in Ruhe ließ. In Ruhe und in Seung-Hyuns Nähe. Daher winkte er Dae-Sung und Seung-Ri hinter sich her und verließ mit den beiden die Küche, aber ließ die Tür für alle Fälle ein Stück geöffnet. Nun konnte ihr Ältester tun, was er für richtig hielt. Endlich allein holte dieser einmal tief Luft und schloss die Augen, um sich zu sammeln, dann blickte er wieder auf den Hinterkopf seines unglücklichen Freundes. Und er tat das, was schon immer geholfen hatte. Er begann ihn zu streicheln. Als das Beben von Ji-Yongs Schultern tatsächlich abnahm, wagte der Ältere es, sein Gesicht vorsichtig zwischen beide Hände zu nehmen und ihn dazu zu bringen, ihn wieder anzusehen. Die großen Augen glänzten überlaufen von der salzigen Flüssigkeit und noch immer fanden die Tränen kein Ende. Bei diesem Anblick konnte Seung-Hyun sich nicht mehr zurückhalten. Er beugte sich vor und kam Ji-Yong sehr nah. Zärtlich nah und berührte dessen Stirn mit seinen Lippen. Eine derart liebevolle und ungewohnte Berührung ließ den Jüngeren seinen gesamten Kummer vergessen. Und Seung-Hyun führte seine Küsse fort. An seiner Schläfe herunter bis zu seiner Wange und als noch immer Tränen aus ihnen hervortraten, setzte er auch einen Kuss auf die Augen Ji-Yongs. Diese Geste schien letztlich zu wirken. Sein junger Freund schniefte noch etwas, sah ihn nun aber mit einem weitaus gefassteren Blick an. "Wenn du willst, kannst du mich jetzt verarzten." Mit diesen Worten kramte er einen neuen Tupfer und das richtige Fläschchen hervor und drückte beides in Ji-Yongs Hände, welche nun vollkommen still hielten. "Aber diesmal ohne Hustensaft." "Ja...", flüsterte der Jüngere und lächelte verlegen, dann begann er und verarztete Seung-Hyun derart sorgfältig und umsichtig, dass dieser sich nicht ein einziges Mal beklagen konnte. "Und was machen wir jetzt?" Seung-Hyun war sich selbst nicht ganz sicher, was er damit meinte: die Situation um den Stalker oder die Bezeihung zwischen ihm und dem Jüngeren. Aber wahrscheinlich eher ersteres. "Vielleicht sollten wir Min-Ho bitten, dass er in Zukunft auch dich begleitet", schlug Ji-Yong mehr im Scherz vor und es erleichterte den Älteren ein wenig, dass er schon wieder lächeln konnte. Er hasste es, ihn zusammenbrechen zu sehen und noch mehr hasste er es, wenn seine eigene Dummheit und Unvorsichtigkeit dafür verantwortlich waren. "Ich hoffe, dass sie diesen Verrückten bald finden...", seufzte Ji-Yong und stützte den Kopf in die Hand. "Wem sagst du das..." "Hyung, versprich mir, dass du auf dich aufpassen wirst, wenn ich es nicht kann", bat sein Freund und der andere hatte das Gefühl, dass in seinen Augen schon wieder Tränen glänzten. "Ich werde nicht mehr allein aus dem Haus gehen", versprach Seung-Hyun, der bemerkte wie wichtig es seinem Freund war, ihn ebenfalls in Sicherheit zu wissen. Er nahm Ji-Yongs Hand in die seine und küsste noch einmal seine Wange. "Hyung, brauchst du noch lange?" Dae-Sungs Stimme drang vom Flur zu Ji-Yong ins Badezimmer. Er hatte gerade das Zähneputzen hinter sich gebracht und wollte das Bad schon verlassen, als sein Blick in den Spiegel gefallen war. Er sah erholter aus, das musste er selbst zugeben, aber seine Augen waren noch immer geschwollen. 'Heul nicht so viel', hatte er mit sich selbst geschimpft, dann waren seine Fingerspitzen über seine Wange gefahren. Die Stelle, die Seung-Hyun so liebevoll geküsst hatte. Obwohl nichts zu erkennen war, betrachtete er dieses Stückchen Haut von Glück erfüllt. Erst als der Jüngere ihn rief, schaffte er es, sich wieder vom Spiegel zu lösen. "Entschuldige", murmelte der Leader, als er endlich durch die Tür trat. Doch Dae-Sung versperrte ihm weiterhin den Weg, weshalb Ji-Yong ihn verwundert ansah. "Hyung, sag, geht es dir besser?" Wie immer, wenn er traurig war, schienen sich die Mundwinkel seines Gegenübers besonders weit nach unten zu ziehen und Ji-Yong entlockte es doch jedes Mal ein Lächeln, weil er so wie ein schmollender Junge wirkte. Grinsend kniff er ihm in die Wangen. "Mach dir keine Sorgen. Es ist alles wieder OK. Und jetzt mach dich fertig." Damit versetzte er ihm einen Klapps und verschwand in Richtung seines Zimmers. Dort fand er Seung-Hyun vor, Young-Bae war wahrscheinlich bei Seung-Ri - die beiden verbrachten außergewöhnlich viel Zeit miteinander, das war ihm aufgefallen. Der Ältere war gerade dabei sich in sein T-Shirt zu quälen, aber es schien ihm schwer zu fallen. Ji-Yong blieb stumm und ließ seine Blicke dessen muskulösen Rücken hinunter wandern. Er war wunderschön... Doch dann fielen ihm die blauen und violetten Felcken ins Auge, die sich darüber ausgebreitet hatten. Es musste sehr weh tun. Leise ließ er sich hinter seinem Freund auf dessen Bett nieder und legte seine Handflächen auf die warme Haut. Sie fühlte sich sehr angenehm unter seinen Fingern an und er begann sie streichelnd zu ertasten, zu erfahren, wobei er seine Stirn in Seung-Hyuns Nacken legte. Der Ältere war kurz zusammen gefahren, als hätte er sich erschreckt, aber schon nach wenigen Sekunden gab er sich den Berührungen hin und atmete entspannt durch. Ji-Yong wusste, dass er dieses Gefühl nicht verlieren wollte. Nach einigen Minuten richtete er sich auf und entzog seinem Freund das T-Shirt, um es zu Boden zu werfen. Dieser drehte sich daraufhin verwirrt zu ihm um. "Ji-Yonga..." "Hyung, ich weiß, dass es egoistisch ist, aber...bitte lass mich heute Nacht bei dir... bleiben..." Er spürte, wie seine Schultern ergriffen wurden, aber er schämte sich fast für seine Bitte und starrte auf die Matratze, auf welcher er noch immer kniete. "Bist du dir sicher?" "Ich habe Angst um dich!", rutschte es dem Jüngeren heraus und seine Hände legten sich an die starken Arme, die ihn hielten. Für einen kurzen Moment pressten sich seine beinahe farblosen Lippen aufeinander, dann sprach er weiter. "Ich muss wissen, dass du hier bist, sonst werde ich kein Auge zutun können. Bitte, Hyung." "In Ordnung, du kannst bei mir schlafen." Es klang ein wenig, als müsste er sich dazu durchringen, dem Jüngeren dies zuzugestehen, aber in Wirklichkeit musste er sich dazu durchringen vor Glück nicht laut zu jubeln. Es wäre wahrscheinlich ein wenig unangebracht gewesen. Aber es war wie Young-Bae gesagt hatte, jede schlechte Situation hatte auch etwas Gutes und dass er Ji-Yong im Moment genau das geben zu können schien, was er brauchte, dass sie sich endlich wirklich näher kamen, nicht nur im Scherz, machte ihn sehr glücklich. Friedlich kuschelten sie sich schließlich aneinander und Seung-Hyun legte seine Arme schützend um den Körper des Jüngeren. Es dauerte nicht lange, bis Ji-Yongs Atem gleichmäßig ging und kurz darauf glitt auch er ins Land der Träume hinüber. "Ich glaube, ich werde langsam ins Bett gehen." Seung-Ri löste sich nur widerwillig von der Brust Young-Baes, an die geschmiegt er die letzte halbe Stunde verbracht hatte. Doch ihm fielen die Augen fast zu vor Müdigkeit, weswegen er sich doch endlich entschloss zu gehen. Ji-Yong und Seung-Hyun schienen schon seit geraumer Zeit zu schlafen und auch Dae-Sung hatte sich schon vor einer Weile verabschiedet. Seung-Ri, der zwar ebenso müde war wie sein Zimmergenosse, hatte allerdings noch ein wenig Zeit mit dem Geliebten verbringen wollen. Aber jetzt konnte er sich nicht mehr wachhalten. Zudem wollte er den anderen nicht nötigen, mit ihm auf der Couch zu schlafen - was für die anderen am nächsten Morgen sicher ein seltsames Bild abgeben wuerde. Young-Bae hauchte einen sanften Kuss auf die Lippen des Jüngeren und wünschte ihm eine gute Nacht, machte aber selbst noch keine Anstalten ins Bett zu gehen. Er hatte die Nähe des anderen genossen, sanft seine Haare und seinen Nacken gestreichelt und dabei die freie Zeit genutzt und ein wenig gelesen. Müder war er dadurch allerdings nicht geworden und so blieb er einfach sitzen und las noch ein paar Seiten. Schließlich war allerdings der Zeitpunkt erreicht, wo auch seine Augenlider schwer zu werden begannen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es kurz nach Mitternacht war. Da sie morgen früh aufstehen wollten, hielt er dies für die geeignete Zeit, sich ebenfalls in Bett zu begeben und rappelte sich vom Sofa auf. Als er schließlich gewaschen und umgezogen das Zimmer betrat, das er sich mit Ji-Yong und Seung-Hyun teilte, bemerkte er als erstes, dass das Bett ihres Leaders leer war. Grinsend wanderte sein Blick zum Bett gegenüber und er erkannte die Silhouetten seiner beiden Freunde darin. Er würde also im Wohnzimmer nächtigen. Noch immer breit grinsend nam er die die Decke von seinem Bett, warf noch einen Blick auf die Schlafenden und stahl sich dann so leise wie er konnte davon. Einen Moment überlegte er, ob er nicht einfach zu Seung-Ri ins Bett kriechen sollte, aber so wie er die Zweisamkeit der beiden hier nicht stören wollte, so wollte er auch seinen Freund nicht wecken. Jedoch musste Young-Bae nicht zu diesem gehen, um ihn zu wecken. Seung-Ri erwachte von allein, kaum zwei Stunden nachdem er eingeschlafen war. Eine Weile starrte er durch die Dunkelheit zu Dae-Sung hinüber und fragte sich, wie dieser es schaffte, mit der Situation umzugehen. Er selbst hatte Young-Bae, Ji-Yong konnte sich in Seung-Hyuns Arme flüchten, aber Dae-Sung hatte niemanden. Derart düstere Gedanken erzeugten ein flaues Gefühl in seinem Magen. Seung-Ri schlang die Arme um seinen Oberkörper und obwohl sein Bett nicht besonders breit war, kam es ihm auf einmal weitaus größer vor als früher. Er blickte auf die Matratze neben sich, als erwartete er, dort etwas zu finden. Einem Schlafwandler gleich erhob er sich letztlich. Sein Verlangen, Young-Bae zu sehen, ließ sich nicht mehr unterdrücken. Leisen Schrittes verließ er sein Zimmer und machte sich auf den Weg zu seinem Freund. Er würde sehr umsichtig sein müssen, um Ji-Yong und Seung-Hyun nicht zu wecken. Sie sollten schließlich nichts bemerken. Er hatte ja keine Ahnung davon, dass Young-Bae bereits mit ihrem Ältesten über ihre Beziehung gesprochen hatte. Als ihn sein Weg durchs Wohnzimmer führte, das Zimmer der anderen war gleich neben an, fuhr ihm ein eiskalter Schauer die Wirbelsäule herunter. Da lag jemand auf dem Sofa und bei genauer Betrachtung stellte sich dieser jemand als sein Freund heraus. Etwas verwirrt, warum dieser nicht in seinem eigenen Bett schlief, schlich der Jüngere zu ihm und setzte sich neben ihn. Sehnsüchtig strich seine Hand über das entspannte Gesicht, dann küsste er ihn. Wie erwartet schlug der Ältere in der nächsten Sekunde die Augen auf, doch er erschreckte sich nicht, setzte sich stattdessen überrascht auf und schlang sofort die Arme um Seung-Ri. "Hey..." "Hey...", lächelte dieser und ließ sich einen weiteren Kuss gefallen. "Was machst du hier? Warum schläfst du nicht?" "Das könnte ich dich auch fragen. Warum bist du nicht im Bett?" Young-Bae seufzte leise und deutete mit den Augen zu seinem Zimmer. "Ji-Yong und Seung-Hyun brauchen diese Nacht nochmal für sich allein." Seung-Ris Augenbrauen hoben sich erstaunt, doch sein Freund schien kein Problem damit zu haben, sodass auch er seine Fragen vergaß und sich dem zuwandte, weswegen er hier war. Genießend kuschelte er sich an die Brust des Älteren und ließ sich von ihm wieder kraulen. Leider beendete dieser bereits nach zehn Minuten seine Streicheleinheiten und drückte ihn von sich, da er spürte, wie der Jüngere einzuschlafen begann. "Hyung...", murrte dieser. "Tut mir leid, aber du solltest wirklich wieder ins Bett gehen. Wenn du einschläfst, kommen wir hier nicht mehr weg." "Bitte, nur eine Stunde...nur eine..." Seung-Ris Augen wurden immer größer und größer. Ihr bittender Blick gleich dem eines Hundes und wickelte Young-Bae sehr schnell ein. Eigentlich wollte er ja selbst, dass dieser bei ihm blieb. "Na gut, eine Stunde." Er lüftete die Decke und ließ seinen süßen Freund darunter schlüfen, welcher sich sofort nah an ihn drängte, das Gesicht in seine Halsbeuge drückend. Dessen Atem kitzelte seine Haut und dessen Hände tasteten über seine Brust. Diese wenigen Berühruungen genügten bereits, um sein Herz schneller schlagen zu lassen. In einer flinken Bewegung packte Young-Bae Seung-Ris dünne Handgelenke, presste sie auf das Sofa und seine Lippen auf dessen Mund. Durch dessen Überraschung konnte er seine Zunge sofort in ihn drängen und ihn ungestört auskosten. Er würde dafür sorgen, dass der Jüngere nicht einschlief. Bereits kurze Zeit später bewegten sich ihre heißen Körper im Einklang, während sie sich leidenschafltich küssten. Young-Bae konnte sich dem Gedanken nicht erwehren, dass dies hier perfekt war. Sanft tasteten sich seine Zunge und seine Lippen über den Hals Seung-Ris. Sein Mund saugte sich an der weichen Haut fest und hinterließ ein kleines, verräterisches Mal. Er wollte sich eigentlich zusammennehmen, kein Risiko eingehen, mitten in der Nacht im Wohnzimmer, aber mit dem süßen Körper unter sich, konnte er sich nicht lange zügeln. Langsam zog er dem Jüngeren das T-Shirt über den Kopf, die Decke war schon lange zu Boden gefallen, aber Seung-Ri fröstelte nicht. Noch immer wurden seine Handgelenke über seinem Kopf festgehalten und er hatte keine Chance, die Zärtlichkeiten, die er erhielt, zurückzugeben. Da Young-Bae auf ihm lag, konnte er auch die Beine nicht bewegen, er war so gut wie bewegungsunfähig. Es war ein hilfloses aber auch sehr erregendes Gefühl und so schmolz er unter den Lippen seines Freundes wie Butter in der Sonne. Es dauerte nicht lang, bis schwerer Atem die gespannte Luft erfüllte. Sie beide fühlten den Wunsch in sich, jegliche Zurückhaltung einfach fallen zu lassen, doch noch war ein Rest Vernunft in ihnen zurückgeblieben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)