Träume von LorenorMidori ================================================================================ Kapitel 2: ----------- KAPITEL 2 Den Tag verbrachten die drei Musiker damit, sich gegenseitig ihre Demos vorzuspielen und eine grobe Vorauswahl zu treffen. Danach verabredete man sich für abends bei Italiener, um noch die weitere Arbeitsplanung zu besprechen und ein wenig über alte Zeiten oder aktuelle Erlebnisse zu plaudern. Bela machte allgemein einen ruhigen und zurückhaltenden Eindruck, versuchte dies aber durch gelegentliche Witze und Beiträge zu kaschieren. Farin suchte vergebens nach einem passenden Moment, ihn zu fragen, was ihn beschäftigt und warum er so einen niedergeschlagenen Eindruck macht. Aber dieser Moment schien etwas Besseres vorzuhaben, da er sich partout nicht einstellen wollte. Farin begann langsam unkonzentriert und ungeduldig zu werden, war er doch von Natur aus ein neugieriger Mensch, der alles an Informationen aufsog wie ein Schwamm. Gerade plauderten sie angeregt über Erlebnisse der letzten Tour… „… und dann meinte ich spontan zu Jan: Hey, wir bringen den jetzt total aus dem Konzept! Ich hab da auch schon ´ne Idee und so, hab ihm die Kostüme gezeigt, und dann hat der Jute sich erstmal in die Hose gekackt vor Lachen…“ Bela lachte endlich mal ausgiebig, als er Rod die Geschichte erzählte, wie sie auf die Idee kamen, jedes Mal bei „Dinge von denen“ wie zwei Halbaffen in kranken Klamotten auf der Bühne rumzurennen. Farin musste laut auflachen. “Haha, hey, ich dachte echt, das kann er jetzt doch nicht ernst meinen! Die da unten vor der Bühne müssen uns doch für VÖLLIG bescheuert halten, sofern sie det noch nich´ vorher schon getan haben… Ich fand´ s aber genial und war total ungeduldig, weil ich unbedingt dein Gesicht dabei sehen wollte… ich mein, wie lange hat dein Lachkrampf gedauert? Fünf Minuten? Zehn?“ „Du, der ging das ganze restliche Konzert über“, antworte Rod schmunzelnd. „Mensch, ihr zwei seid doch echt…" „Daran siehste mal, wie sehr uns deine Freude bei Konzerten am Herzen liegt“, meinte Farin mit einem Seitenblick auf Bela. Dieser sah Farin kurz erschrocken an, senkte dann aber den Blick und tat so, als ob er sich wieder seinem Teller widmen wolle. Farin jedoch ließ ihn nicht aus den Augen, folgte seinem Blick, versuchte in seine Gedanken einzudringen, sie zu erforschen und herauszufinden, was ihn so quält, und wieso er nicht der Bela sein kann, den Farin so sehr und über alle Maße schätzte… Rod entging dies natürlich nicht, als just in diesem Augenblick sein Handy klingelte. Bela und Farin wandten ihm ihre Blicke zu, als Rod aufs Display schaute, entnervt ausatmete, eine Entschuldigung murmelte und den Anruf entgegennahm. Allzu lange dauerte das Gespräch nicht, und als Rodrigo das Handy wieder weglegte, meinte er mit schuldbewusster Mine: “ Sorry, Jungs, aber ich fürchte es gibt ein Problem, das meiner körperlichen Anwesenheit bedarf. Jemand hat grade versucht bei mir einzubrechen, und meine Nachbarn waren so freundlich mich zu verständigen. Hoffentlich sind die Bullen schon da.“ „Na, dann würden sie sich zumindest mal nützlich machen“, meinte Farin sarkastisch und verdrehte die Augen. Bela zuckte bloß mit den Schultern und meinte: „Tja, Junge, kann man nichts machen. Wollen wir hoffen, dass nichts beschädigt wurde.“ „Ach, was gibt´s bei mir schon zu holen“, erwiderte Rod scherzhaft, „ihr streicht ja eh die meiste Kohle ein, von dem Gehalt kann ich mir doch gar keine Wertgegenstände leisten – ganz zu schweigen von Sicherheitsschlössern“. Er zwinkerte mit einem Auge, und seine Freunde mussten lachen. Eine Anspielung auf den Running Gag, dass Rod ja viel weniger reich sei als Bela und Farin und von ihnen mehr oder weniger unterdrückt würde. Bela und Farin beschlossen ebenfalls zu gehen, beglichen die Rechnung und so verließen alle drei das Lokal. Sie verabschiedeten sich voneinander, als Farin Bela vorschlug, ihn ein Stück des Weges zu begleiten. Bela machte einen weniger begeisterten Eindruck, als Farin seine Antwort abwartete. „Pffff… nee, du, lass mal, das ist doch die ganz entgegengesetzte Richtung, mach mal extra wegen mir keinen Umweg.“ „Doch, extra wegen dir.“ Farins Tonfall ließ keinen Widerspruch zu, und er sah Bela herausfordernd in die Augen. Bela erwiderte diesen Blick zunächst, schlug dann aber die Augen nieder und starrte auf den Asphalt. Die Sonne war schon vom Himmel verschwunden, der Boden von leichtem Regen nass. „Willste hier Wurzeln schlagen oder was?“ fragte Farin, lief ein paar Schritte und blickte über die Schulter Bela an. Dieser wandte sich ab und sträubte sich mit jeder einzelnen Faser seines Körpers, Farins Aufforderung zu folgen. „Weißt du… ehrlich gesagt… möchte ick jetzt lieber alleine sein…“ Belas Stimme war leise und tonlos, doch die negativen Gefühle Belas überschlugen sich in ihr. „Du bist doch schon den ganzen Tag über allein. Sprichst kaum ein Wort, lachst nicht, bist geistig irgendwo, wo ich dich nicht finden kann…“ Farin war inzwischen an Bela herangetreten, bis er nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt vor ihm stand. Seine Augen suchten die seines älteren Bandkollegen, doch Bela hatte den Blick unbewusst auf Farins Schuhe gesenkt. Er sagte kein Wort. „Ich will dir doch nur helfen. Ich will nicht, dass du so traurig bist und dich von mir… von uns abwendest. Ich bin doch dein bester Freund, oder?“ Mit sanfter, einfühlsamer Stimme war es Farin möglich, zu Bela vorzudringen. Langsam hob er seinen Blick, ließ ihn an Farin entlang gleiten, bis sich ihre Augen schließlich fanden und einander festhielten. Bela atmete hörbar aus, dann sagte er endlich: „Also schön, überredet. Danke.“ Der größere lächelte so freundlich er nur konnte, nickte, sagte weiter nichts. Ihre Verständigung brauchte schon lange keine Worte mehr, sie kannten die Gedanken des anderen, noch bevor er sie selbst dachte. Sie wussten genau voneinander, wie es ihnen ging. Sie waren wie Yin und Yang, sie brauchten einander um selbst zu existieren. Gemächlichen Schrittes bahnten sich die beiden ihren Weg durch die Dunkelheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)