Schlaflos von Cookie-Hunter (Der Albtraum endet nie...) ================================================================================ Kapitel 44: Die Realität ist ein Komplex aus Wahrheiten ------------------------------------------------------- Kyos Hände zitterten so sehr, dass ihm sein Telefon aus der Hand rutschte. Kurz bevor es auf dem Boden landete, hatte Kaoru jedoch reagiert und es ergriffen. Während das kleine Ding weiter vor sich hin dudelte, warf er einen Blick zu seinem Freund, aber der schien unfähig überhaupt irgendetwas zu tun. Da dies jedoch ein wichtiger Anruf war, sollte ihn jemand entgegen nehmen. Was wohl an ihm hängen blieb. „Ganz ruhig, Kyo“, flüsterte er dem Mann neben sich zu. „Es wird alles wieder gut.“ Zumindest hoffte er das. Ein letztes Mal atmete er tief durch, dann hob er ab. „Niikura Kaoru am Apparat.“ „Niikura? Oh, dann werde ich mich verwählt haben.“ „Nein, haben sie nicht. Niimura-san sitzt neben mir. Er ist nur... gerade nicht in der Lage selbst ans Telefon zu gehen.“ Der Blick des Gitarristen wurde immer besorgter, während er den Jüngeren betrachtete. Kalkweiß, apathisches, ängstliches Starren und kalter Schweiß auf der Stirn. Die Hände krallten sich fest in den Stoff der Hose, die Knöchel fast ebenso weiß wie das Gesicht. Es würde ihn nicht wundern, wenn Kyo gleich ohnmächtig werden würde. Gut, dass sie schon saßen. „Ich bin auch soweit im Bilde.“ „Dann wissen Sie also von dem Vorfall“, murmelte Kibo-san. Der Fall ging ihm ein wenig an seine, normalerweise sehr starken Nerven. „Nun, dann kann ich es auch Ihnen erzählen. Also. Ich habe vor einigen Minuten einen Anruf von der Polizei bekommen. Es liegt tatsächlich eine Beschwerde vor.“ Kaoru musste sich zusammen reißen, damit er nicht anfing zu fluchen. Außerdem bekam er es auch langsam mit der Angst zu tun. Der Jüngere durfte nicht wieder fort gehen. Er musste und sollte bei ihnen bleiben. „Es soll auch Beweise geben, die diese Beschwerde untermauern. Wenn die echt sind, dann wird es zur Anzeige kommen.“ „Wie bitte? Beweise?“ „Genaueres ist mir auch noch nicht bekannt. Aber ich bin auf dem Weg zum... nun, Tatort, um mir selbst einen Eindruck von allem zu verschaffen. Vielleicht kann man das alles noch abwenden. Ich melde mich dann wieder, sobald ich was neues weiß.“ „Danke.“ Das Gespräch wurde beendet und Kaoru legte das Handy auf den Tisch. Kyo steckte bis zum Hals in der sprichwörtlichen Scheiße. Wie sollte er dem Anderen erklären, was er gerade erfahren hatte? „Er hat es getan, oder?“, hörte er seinen Freund flüstern. Traurig sah er zu ihm, bemerkte, dass diesem Tränen in den Augen standen. „Hai.“ Mehr brauchte es nicht, damit die ersten Tropfen über Kyos Wangen flossen. „Ich will nicht wieder ins Gefängnis.“ „Das musst du auch nicht.“ Tröstend legte der Gitarrist seine Arme um den Kleineren, drückte ihn an sich. „Wir werden deine Unschuld beweisen und dann musst du nicht weg von hier.“ Kurz nach dem Telefonat erreichte Kibo-san den Parkplatz des Friedhofes, wo sich schon etliche Streifenwagen tummelten. Die Angelegenheit schien ernster als ernst zu sein. Er fragte sich zum leitenden Ermittler durch, der ihn bereits erwartete. „Sind Sie Kibo-san?“ Der Bewährungshelfer nickte und trat näher heran, bereute es aber sogleich wieder. Der Grabstein von Takeno-san war richtig verunstaltet. Farbe, die aussah als wäre sie direkt aus ihrem Behälter gekommen und gegen das massive Element geklatscht. Auf dem Boden verstreut einige Brocken Stein, die farblich mit dem Denkmal überein stimmten und nach einem weiteren Blick seinerseits war dem auch so, denn er sah die zerfurchte Stelle von der sie stammten. „Was ist hier nur passiert?“ Die Frage war nicht laut, wurde aber von Mori Hibari, dem leitenden Ermittler, gehört. „Ich finde, es ist mehr als offensichtlich. Wobei mich neben dem 'Wer' eigentlich mehr das 'Warum' interessiert.“ Nachdem sich Kibo-san wieder gesammelt hatte, das plötzliche auftauchen hatte ihn ziemlich erschreckt, konzentrierte er sich wieder auf das hier und jetzt. „Dann ist für sie die Frage nach dem Täter auch noch nicht geklärt?“ Das gab ihm Hoffnung. Denn er sträubte sich immer noch dagegen, dass sein Schützling dies getan haben sollte. „Nun, bis jetzt haben wir lediglich das, was wir hier vor uns sehen und die Aussage von Takeno-san. Wir fanden zwar eine Farbdose und einen Hammer, die offensichtlich für die Tat verwendet wurden, aber ich werde erst das Ergebnis der Spurensuche abwarten.“ Der Bewährungshelfer war erleichtert, dass ein Mann wie Herr Mori die Ermittlungen leitete. Er hatte sich noch kein Urteil gebildet und betrachtete den Fall objektiv. Wenn die Beweise allerdings zeigten, dass es wirklich Niimura-san gewesen war, dann nützte auch alle Objektivität der Welt nichts mehr. Gleichzeitig würde er dann aber auch das Vertrauen in seine Menschenkenntnis verlieren. „Haben Sie mit dem Verdächtigen irgendwie Kontakt aufgenommen?“, wurde er gefragt. „Um genau zu sein, hatte er mich kontaktiert.“ „Erklärung bitte.“ Interessiert holte der Kommissar einen Notizblock samt Stift aus der Innentasche seines langen, schwarzen Mantels, sah dann abwartend mit seinen grau-braunen Augen zu dem Bewährungshelfer. Bereit alles niederzuschreiben, was er jetzt hören würde. Kibo-san seufzte erneut, dann fing er an, das Geschehene zu schildern: „Das war vor etwa einer halben Stunde. Ich saß in meinem Büro, als ich einen Anruf von Niimura-san erhielt. Völlig aufgeregt und aufgelöst erzählte er mir, dass er hier auf dem Friedhof war. Anlässlich des sich jährenden Todestages von Fräulein Takeno hier.“ Er machte eine Kopfbewegung Richtung Grab. „Er beteuerte mir, dass er lediglich davor gestanden hatte, als der Bruder der Verstorbenen aufgetaucht sei.“ Seinem Gesicht war anzusehen, dass auch er allmählich eine Abneigung gegen jenen entwickelte, dabei kannte er den Mann nur flüchtig. „Aus heiterem Himmel soll er dann mit dieser Anzeige gedroht haben. Mir gegenüber hat Niimura-san mehrfach beteuert, dass er unschuldig sei. Das er nichts getan hätte. Und ich glaube ihm. Sie hätten ihn hören müssen. Dieser Mann war so völlig verzweifelt wegen des Gedankens, dass man ihn für schuldig halten könnte. Und ich glaube ihm. In all den Gesprächen, die wir hatten, hatte ich das Gefühl, dass es für ihn ein unglaubliches Glück ist wieder am normalen Leben teil zu haben.“ Fleißig hatte der Polizeibeamte alles mitgeschrieben, was für ihn relevant erschien. „Wenn ich das also mal zusammen fassen darf: Er hat Sie angerufen, noch bevor Sie von der Beschwerde erfuhren, um Ihnen seine Sicht der Dinge zu erzählen?“ „Ganz recht.“ „Hm“, machte Mori-san und überflog erneut das von ihm Aufgeschriebene. „Die Geschichte würde ich selbst gerne noch einmal von dem Verdächtigen erfahren. Wissen Sie zufällig wo er sich derzeit aufhält?“ „Bei einem Freund seinerseits. Ich kann ihn ja anrufen und-“ „Damit er gewarnt ist und fliehen kann?“ „So einer ist er nicht“, verteidigte der Hellbraune seinen Klienten lautstark. „Mit Sicherheit wird er sogar freiwillig zum Revier fahren, um seine Sicht der Dinge zu schildern.“ Dessen war er überzeugt, weshalb er auch ein bisschen stolz wurde und sich ein wenig aufplusterte. Mit einem herausfordernden Grinsen sah der Ermittler zu dem etwas jüngeren Mann. „Ich würde gerne sehen, ob sich diese Aussage bewahrheitet.“ Der Schwarzhaarige konnte es sich nicht erklären, aber irgendwie bereitete es ihm schon ein wenig Vergnügen den Anderen dezent zu ärgern. „Ich bin telefonieren“, knurrte Kibo-san und entfernte sich einige Schritte vom Tatort. Dem Kommissar entfloh derweil ein leises Seufzen. Bis jetzt war der Tathergang sehr offensichtlich gewesen. Aber für seinen Geschmack zu offensichtlich. Vor allem, nachdem er sich angehört hatte, was Takeno-san gesehen haben wollte. Das, was ihm der Hellbraune eben erzählt hatte, verstärkte dieses Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte nur noch. Und obwohl er ein sehr rationaler Mensch war, hatte er im Laufe seiner Karriere doch gelernt auf diese Signale zu hören, die ihn noch nie im Stich gelassen hatten. „Kommissar Mori“, holte ihn ein Kollege aus der Grübelei. „Wir haben eine weitere Zeugin gefunden.“ „Wie?“ Kurz schilderte der etwas jüngere Beamte, was die Zeugin gesehen haben wollte. „So so. Na, dass will ich mir doch noch mal genauer von ihr anhören.“ Derweil wählte Kibo-san erneut die Nummer seines Klienten, um ihn dazu zu bringen zum Revier zu kommen. Wenn er nämlich freiwillig kam, würde das ein gutes Licht auf ihn werfen. Doch es meldete sich wieder nicht der von ihm gewünschte Gesprächspartner. Stattdessen hatte erneut Kaoru abgehoben. „Tut mir Leid“, beteuerte er auch gleich, nachdem er den Anruf entgegen genommen hatte. „Ich versuche nur gerade ihn wieder zu beruhigen.“ War schon ein kleineres Wunder, dass Kyo die Tasse Tee halten konnte, ohne dass er die Hälfte davon durch zittern verschüttete. „Ich will es jetzt nicht wieder schlimmer machen.“ „Natürlich. Das kann ich nur zu gut verstehen. Wie dem auch sei, ich bin gerade hier auf dem Friedhof und hatte ein Gespräch mit dem leitenden Ermittler. Er würde gerne mit Niimura-san persönlich reden.“ „Das sollte gehen“, murmelte der Gitarrist und sah wieder einmal besorgt zu dem etwas jüngeren Freund. „Wie schlimm sieht es aus?“, wechselte er das Thema, wollte auf dem Laufenden sein, damit er Kyo unterstützen konnte. „Ich will ehrlich sein: Rosig ist anders. Jedoch kann sich auch noch alles zum Guten wenden, sofern Niimura-san wirklich unschuldig ist. Und daran habe ich keine Zweifel.“ Sagte er, aber nach dem, was er gesehen hatte, waren da doch welche. Nur kleine, aber da waren welche. „Verstanden.“ Ein leichtes Lächeln schaffte es auf Kaorus Lippen. Sie würden der Welt schon klar machen, dass Kyo nichts getan hatte. Denn er war fest davon überzeugt, dass sich der Andere nichts hatte zu Schulden kommen lassen. „Für dieses Gespräch... Kann ich mit Kyo zum Revier kommen?“ Es war nicht so, dass er das unbedingt wollte, schließlich würde sich der Sänger bestimmt wohler fühlen, wenn er in einer etwas vertrauteren Umgebung saß. Aber er wollte auch nicht, dass irgendwelche Gerüchte aufkamen, weil die Polizei in sein Büro kam. Außerdem: Er würde, so lange es ging, nicht von Kyos Seite weichen, damit dieser merkte, dass er Hilfe hatte und nicht allein war. Ein wenig verlegen kratzte sich Nobu-san am Hinterkopf. „Eigentlich hatte ich genau deswegen angerufen.“ Sie vereinbarten sich innerhalb der nächsten 20 Minuten vor dem Präsidium zu treffen, dann beendeten sie das Telefonat. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Und ne kleine Kommentarantworte-Minute hier unten :) : Willkommen bei den Kommentatoren^^ Schön mal ein neues Gesicht zu sehen. Ich weiß, dass die Stelle fies war. Aber so sind Autoren nun einmal... Außerdem brauchte ich noch Material für dieses Kapitel hier.. Deswegen die Unterbrechung. Ich hoffe doch, dass mit den Tränen geht inzwischen wieder Ó.Ò nicht mehr weinen, ja? Auch wenn ich mich freue, dass ich mit meiner Schreiberei solch starke Emotionen bei einem Leser hervorrufen konnte. : Danke für das Feedback. Dein verbaler Arschtritt letztens scheint also gewirkt zu haben ^^ Es kommt jetzt in den weiteren Kapiteln auch noch ein bisschen was an Überraschungen. Muss mir das nur zurecht legen und sinnvoll anordnen im Kopf und dann dafür sorgen, dass meine Figuren sich nicht so selbstständig machen, dass sie dem ganzen entgegen arbeiten :P Bin immer dankbar, wenn ich noch mehr Eindrücke darüber bekomme, was euch gefällt, warum ihr weiterhin mitlest und wie es euch beim Lesen ergangen ist ;) Und nun: Weil es mal wieder ein bisschen wärmer ist: Ich hab euch Wasser in den Pool eingelassen und Getränke kalt gestellt. Schönen Sonntag noch. Cookie Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)