Suara von Meeararn (Da Capo al Fine) ================================================================================ Kapitel 16: Japanischer Aberglaube ---------------------------------- Viele Menschen in Japan gehen gerne in den Tempel, da er sehr ungewöhnlich bzw. interessant aussieht und auch kulturell nicht gerade von geringer Bedeutung ist. Es gibt auch viele Leute, die dann an einem Zen-Meditationskurs teilnehmen. Dabei geht es darum, in Zanzen (Schneidersitz) oder in Seiza (kniend auf der Ferse) zu sitzen und zu meditieren. Das macht man dann aber nicht nur ein paar Sekunden lang, sondern mehrere Minuten, vielleicht sogar Sunden. Jedenfalls wird die Blutströmung stark beeinträchtigt und man bekommt Probleme, wenn man danach aufstehen möchte, weil die Beine eingeschlafen sind. Aber dann sieht man manchmal etwas Eigenartiges: Einige Japaner lecken ihren Finger und legen ihn auf die Stirn - als ob sie ihre Stirn mit Spucke betupfen… Wenn man diesen Anblick nicht kennt, ist die ganze Situation natürlich total komisch, aber dieses Verhalten hat seinen Grund: “Spucke auf der Stirn macht eingeschlafene Beine schneller fit.” Das wäre dann auch schon der erste Aberglaube. Für diesen Glauben gibt es absolut keinen wissenschaftlichen Beweis. “Und es gibt noch bessere.”, fuhr Ren fort. “Nach dem Essen nicht sofort hinlegen, denn sonst verwandelt man sich in eine Kuh.” Suara und die anderen mussten lachen. “So ein Quatsch. Das geht doch gar nicht.” Ren sprach weiter: “Spinne am Morgen tut gut, Spinne am Abend ist ein Dieb. Oder, bei Kopfschmerzen eine Umeboshi (extra saure, eingelegte Pflaume) auf die Schläfe legen.” Ikami lachte. “Spinnen sind niemals gut. Aber ich habe auch noch einen. Wer Brot ist, bekommt blaue Augen.” Kani überlegte kurz. “Den kenn ich anders. Wer Brot ist, wird nicht groß.” Diese Aberglauben sind eigentlich nur in Dörfern verbreitet, vermutlich ist er noch ein Überbleibsel aus der Kriegszeit. “Wer Brot ist, wird nicht groß.”, der stammt von den Bauern, die gehofft hatten, dass ihre Kinder Reis essen. “Alles Humbug. Das Kopfkissen darf nie nach Norden zeigen, das ist ein richtiger Glaube, und einer der berühmtesten noch dazu. Bei der Beerdigung werden die Leichname nach Norden ausgerichtet, damit sie wie Buddha beim Eintritt ins Nirvana zur Erleuchtung geführt werden. Aus diesem Grund sollen die lebenden Menschen nicht mit dem Kopf nach Norden schlafen.”, erwähnte Takuma, der sich der Gruppe dazugesellte. Auch Shikao setzte sich schweigend hin. Die beiden hatten anscheinend langeweile, denn die ganze Klasse war ja hier versammelt. “Laut » Feng Shui « ist genau das aber sogar positiv, da schlechtes Chi in diese Richtung im Schlaf abfließt.”, entgegnete Haku. “Ich hab auch einen. Beim Morgenregen ohne Regenmantel rausgehen. Wenn es früh am Morgen regnet, braucht man keinen Regenmantel oder Regenschirm, da der Regen schnell aufhören wird.” “Also in Japan trifft das zumindest in der Regenzeit schon mal nicht zu.” Die Gruppe lieferte sich ein Wortgefecht nach dem anderen und amüsierte sich prächtig. Einer behauptete das eine, und ein anderer widerlegte es wieder. “Wer ein graues Haar ausrupft, bekommt zwei neue dazu. Ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Zum Glück.” Auch Ikami hatte noch einen. “Neue Schuhe vormittags anziehen oder erst in der Toilette. Das soll Glück bringen.” “Tss. Das sollen Aberglauben sein? Ich erzähl euch jetzt mal Richtige.”, begann Shikao, den das ganze anscheinend anfing zu langweilen. “Niemals Stäbchen aufrecht in Reis stellen. Das geschieht in buddhistischen Totenfeiern, wenn man Verstorbenen eine letzte Schale darbringt - darum heißt es: Nur Tote können ihre Stäbchen in den Reis stellen.” Dort setzte Takuma an. Die beiden wollten sich was die gruseligen Aberglauben anging immer abwechseln. “Man sollte kein Essen nicht mit den Stäbchen weiterreichen, denn das erinnert an das Entfernen der Totenknochen mit Zangen. Die Knochen der kremierten Leiche werden von den Familienmitgliedern von Stäbchen zu Stäbchen gereicht.” Ikami hatte auch von so einem Aberglauben gehört. “Wer in der Nacht pfeift ruft eine Schlange herbei.” Shikao sah sie an. “Das soll gruselig sein? Eine Schlange herbeirufen? Also wirklich.” Suara sah ihn verwirrt an. Seine Aberglauben waren auch nicht viel besser gewesen. Also ließ sie auch mal was von sich hören. “Nichts in einer Anzahl von vier Teilen verschenken. Denn vier heißt ja bekanntlich shi, also auch Tod.” Shikao konterte. “Wer seinen Reis nicht aufisst, kann nicht mehr gesehen werden.” “Man soll nicht mit dem Kopf nach Norden schlafen, denn so liegen die Toten vor dem Krematorium.” Takuma wollte auch mal wieder was sagen, also ließ er sich schnell irgendetwas richtiges albernes einfallen. “Menschen, die im Krankenhaus liegen, soll man keine Topfpflanzen schenken. Ihre Verwurzelung könnte bedeuten, dass der Patient noch lange im Krankenhaus bleiben muss.” “Schneidet man sich nachts die Fingernägel, wird man nicht mit seinen Eltern Zusammensein, wenn diese Sterben.” “Wenn man nachts Spinnen tötet, verliert man Geld.” “Wer nachts träumt, seine Zähne zu verlieren, muss damit rechnen, dass einem Menschen, den man mag, Unglück widerfahren könnte. Dieses Unglück kann man sicher abwenden, wenn man am nächsten Morgen einen Teller zerschmeißt.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)