Broken von Tamura ([SasuxSaku] Is it too late?) ================================================================================ Prolog: Is it too late? ----------------------- Langsam stieg er die Treppen des alten Gebäudes empor. Seine Schritte hallten durch die Stockwerke des Hochhauses und kündigten seinen nächtlichen Besuch an. Hatte er sie jemals zuvor hier besucht? Nein. Doch wieso jetzt? Das Mondlicht schien durch die Fenster des Treppenhauses, gerade hell genug um ihm den Weg zu weisen, doch zu dunkel um seine Gesichtszüge zu enthüllen. Er hielt vor einer alten Holztür und klopfte nach kurzem Zögern. Stille. Er wartete kurz und versuchte es noch einmal. Ein leises Geräusch war aus dem Apartment zu hören und es dauerte ein paar Sekunden, ehe sich die Tür einen Spalt öffnete. Jadegrüne Augen funkelten ihm verschlafen entgegen und waren noch damit beschäftigt, sich an das plötzliche Licht im Flur zu gewöhnen. Sakura löste die Kette der Tür und öffnete sie. Ein Teil des Treppenhauses wurde durch das Vorzimmer der Kunoichi beleuchtet und offenbarte ihren nächtlichen Besucher. „Sasuke?“ Der Uchihaerbe antwortete nicht sofort und richtete seinen Blick auf die Rosahaarige. Sie trug ein kurzes Nachthemd und ihre Haare wurden von einer roten Schleife zusammengehalten. „Was machst du hier um die Zeit?“ Am liebsten hätte er einfach nur dagestanden. Vor ihrer Eingangstür verweilt und sie weiterhin angestarrt. Er konnte es sich noch immer nicht erklären. Warum fühlte er plötzlich so intensiv für sie? Was trieb ihn um diese Zeit noch zu ihr? „War gerade unterwegs.“ Sakura zog eine feine Augenbraue hoch und warf ihm einen skeptischen Blick zu. Sasuke Uchiha war nie nur gerade unterwegs. Sein Handeln war immer genau geplant und dabei nie durch Zufall bestimmt. „Ach ja? Und weshalb bist du hier?“ Er ließ sich Zeit mit der Antwort, und Sakura wurde langsam etwas wütend. Früher gab es einmal Momente in ihrem Leben, da hätte sie alles für ihn getan. Ihm mit Freuden um 3 Uhr morgens die Apartmenttür geöffnet, nur um ein Schwätzchen zu halten. Doch sie war mittlerweile älter, und aus dem Fangirl Image herausgewachsen. Also strich sie sich eine Strähne ihres hüftlangen Haares aus dem Gesicht und wippte dabei ungeduldig auf den Zehen. „Weißt du, ich hatte einen harten Tag. Im Krankenhaus ging alles drunter und drüber und ich war froh, nach einer heißen Dusche ins Bett zu kommen. Und jetzt schaff ich es nach einer Stunde rumwälzen endlich, einzuschlafen, als du plötzlich hier auftauchst.“ Sie hatte recht. Er zog sich in letzter Zeit zu sehr zurück, um sich seinen Gefühlen klar zu werden. Auch wenn er insgeheim bereits wusste, dass es nichts mehr gab, worüber man sich da klar werden müsste. „Ich meine, tagsüber redest du kaum mit mir, und seit du zurück bist, hast du dich noch nicht einmal bei Naruto oder mir blicken lassen. Also würdest du mir bitte verraten, was du um die Zeit willst?“ Sasuke hatte sich die Frage bereits oft genug gestellt. Und er wusste selbst keine Antwort darauf. Also machte er einen schnellen Schritt auf die Rosahaarige zu und tat das Einzige, was ihm in diesem Moment in den Sinn kam. Er drückte sie ruckartig gegen die Wand vor ihm und presste seinen Körper gegen ihren. Langsam suchte er ihren Blick und wartete auf ein Zeichen. Sakura sah ihn überrascht an und ein hübsches Lächeln umspielte Sekunden später ihre Lippen. Seine Zunge arbeitete sich langsam ihren Hals entlang und entlockte der Rosahaarigen ein leises Stöhnen. Sie verschloss die Hände hinter seinem Kopf und lies ihre Fingerspitzen durch sein Haar gleiten. Sasukes Hände wanderten ihre Hüften entlang und die Nackenhaare der Kunoichi stellten sich auf. Ein angenehmer Schauer lief ihm über den Rücken und er genoss das wunderbare Gefühl ihrer sanften Haut, ehe er sie erneut küsste... „Sasuke! Hey?“ Der Schwarzhaarige wurde unsanft aus seiner Traumwelt gerissen und blickte geistesabwesend um sich. Nur Einbildung. Langsam wurde ihm wieder bewusst, dass er noch immer vor ihrem Apartment stand und gegen den Türrahmen lehnte. Seit wann hatte er solche Tagträume? Wenn er bisher noch keinen Beweis für seine Gefühle ihr gegenüber hatte, nun gab es keine Ausreden mehr. Und plötzlich hatte er Angst. „Tut mir leid“, kam es als knappe Entschuldigung, ehe er sich zur Seite drehte und mit schnellem Schritt die eben erklommenen Treppen hinunter hastete. Er musste weg. Weg, bevor er sich nicht mehr zurück halten konnte. Der Uchihaerbe atmete tief durch die Nase und sog soviel frische Luft ein wie möglich. Kalt und feucht füllte sie seine Lungen und beruhigte ihn etwas. Sein Herzschlag schien wieder ein normales Tempo erreicht zu haben, als er sich langsam auf die Parkbank vor ihm fallen lies. „Vor einigen Jahren noch stand sie hier, um mich am gehen zu hindern. Da hab ich sie weggestoßen, um meinen eigenen Weg gehen zu können“, flüsterte er verächtlich vor sich hin, die Wörter bitter wie Zitronensaft auf seiner Zunge, sein Mund zu einem schwachen Lächeln verformt. Seine bleichen Finger zuckten, um nach einem Funken Hoffnung zu greifen. Doch da war nichts mehr. Kein Rettungsring mehr, nach dem er seine Arme ausstrecken könnte. Der ihn aus dem Sumpf seiner falschen Entscheidungen ziehen würde, um ihm ein neues Leben zu schenken. All die Jahre, als er seinen Bruder töten wollte, seinen Clan rächen, verschwendete er nie einen Gedanken auf das danach. Was, wenn der einsame Weg zu Ende gegangen ist, und das einzige Ziel im Leben erreicht? Itachi war tot, und in einer gewissen Weise nahm er Sasuke mit sich. Denn es gab für ihn nichts mehr, dass sein Dasein noch lebenswert machte. Leichter Regen fiel langsam zu Boden und prasselte leise auf die Dächer der Häuser, als Sasuke weiterhin in Gedanken versunken durch die Straßen Konohas wanderte. Die Luft füllte sich mit einem sanften Teppich an Geräuschen und die Tropfen wurden dicker und reicher in der Anzahl. Stark genug, jede Flamme zu löschen, rauschte das klare Wasser zu Boden, doch die Schuldgefühle des Schwarzhaarigen blieben an ihm haften. Selbst der stärkste Regen vermochte den Uchiha nicht sauber zu waschen, von jenem Gefühlschaos, das er an diesem Abend empfand. War es das? Sasuke hielt vor dem Uchihaanwesen und starrte auf die hohen Mauern des Clanhauses. Er wusste, wenn er es auch nicht wahr haben wollte, das war nun sein Leben. In jenen großen einsamen Räumen sein Dasein zu fristen, in denen früher seine Familie gelebt hatte. Und so stieg er langsam die Treppe in den Innenhof empor, schloss die Tür zu seinem Zimmer auf und suchte nach dem einzigen, das ihm jetzt noch helfen konnte. Sake. Kapitel 1: To live a lie ------------------------ Der erste Schluck des Alkohols brannte in seiner Kehle und trieb ihm Tränen in die Augen. Sasuke ignorierte die Zeichen seines Körpers, von dem Hochprozentigen abzulassen, und richtete seinen Blick auf das einzige Fenster des Zimmers. Das leise Rauschen des Windes füllte den Raum und beruhigte den Uchiha, lies ihn seinen nächtlichen Spaziergang zumindest für einen Augenblick vergessen. Blitze zogen über den Nachthimmel des Feuerreichs, und wie grelle Risse am Horizont, erhellten sie die dunklen Straßen Konoha’s nur Sekundenbruchteile. Das Donnern unterbrach für einen Augenblick den Geräuschteppich des Regens und lies ein lautes Krachen ertönen. Sasuke störte sich nicht an dem schlechter werdenden Wetter. Ganz im Gegenteil. Seine roten Sharinganaugen leuchteten aus der Finsternis des Zimmers und bildeten einen ungewöhnlichen Kontrast zu dem in Dunkelheit gehüllten Raum. Er beobachtete den Nachthimmel, registrierte dabei jeden Blitz beinahe in Zeitlupe mit seinem Bluterbe. Es half ihm, seine Gedanken zu sortieren und seine übliche Gelassenheit zu finden. Wie lange hatte er nun schon trainiert, Herr über seine Gefühle zu werden? In jeder anderen Situation blieb er emotionslos und war in der Lage, selbst die gefährlichsten Aufgaben zu bewältigen. Und nun reichte schon ein einfacher Blick in ihre jadegrünen Augen, um all diese hart erarbeitete Verschlossenheit seiner Empfindungen zu lösen? Erneut erschien ihm ihr überraschtes Gesicht vor Augen. Was musste sie jetzt bloß von ihm denken, so einfach wie er davongelaufen war? Sasuke führte die Flasche Sake ein weiteres Mal an seine Lippen und lies von all den Gedanken an seine frühere Teamkollegin ab. Das lang erwartete Gefühl der Taubheit breitete sich langsam in seinem Körper aus, und mit jedem Schluck des Alkohols wurde es leichter, zu vergessen. Die Einsamkeit zu ertragen, die ihn umgab. Es war kurz nach acht, als Sakura die eintönigen, in weiß gehaltenen Korridore des Krankenhauses entlang schritt. Sie war müde, und ihre Gedanken kreisten noch immer um die Ereignisse vergangener Nacht. Die Kunoichi hatte nach Sasukes plötzlichem Auftauchen kein Auge mehr zu getan. Seit Stunden plagte sie nun die Frage, warum er sie so spät noch besucht hatte. Was immer der Schwarzhaarige auch für einen Grund gehabt hatte, sie würde es herausfinden. Und sie hatte auch schon eine Idee, wer ihr dabei behilflich sein könnte. Als der Uchihaerbe an jenem Morgen aus einem unruhigen Schlaf erwachte, brauchte sein Verstand ein paar Sekunden, um mit dem Rest seines Körpers gleich zu ziehen. Es fühlte sich an, als würde er gerade aus einem tiefen Nebel tauchen, erst nach ein paar Augenblicken wieder in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Der neue Morgen traf Sasuke wie ein Schlag ins Gesicht und sein Kopf drohte beinahe zu zerbersten, als er langsam einen Fuß vor den anderen in Richtung seiner Küche setzte. Ein leises Klopfen an seiner Haustüre kündigte dem Uchihaerben morgendlichen Besuch an, ehe er noch die Chance auf eine Tasse Kaffee hatte. Erst als seine Finger bereits den kalten Türgriff umschlossen hatten, hielt er plötzlich inne. Was, wenn Sakura vor hatte, ihn für seinen nächtlichen Spaziergang aufzusuchen? Wollte er sie jetzt schon sehen? Seine Befürchtungen wurden jedoch mit einem lauten, „Komm schon, ich weiß dass du hier bist, Teme“, zerschmettert. Sasuke öffnete die Tür langsam und bedachte sein in orange gekleidetes Gegenüber mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck. „Hey. Siehst ja ganz schön verschlafen aus“, meinte Naruto mit Enthusiasmus beladener Stimme. „Was man von dir nicht behaupten kann“, kam die trockene Antwort des Uchihas. Das Paradegrinsen des blonden Shinobis verwandelte sich in einen etwas ernsteren Gesichtsausdruck, ehe er sich an dem Schwarzhaarigen vorbei in dessen Haus drängte. Sasuke machte sich nicht die Mühe, ihn aufzuhalten. Naruto lies sich ohnehin nie von etwas abhalten. Stattdessen schlenderte der Uchihaerbe langsam zurück in seine Küche und setzte den verdienten Kaffee auf. „Was verschafft mir die Ehre für deinen Besuch?“ Naruto lies sich Zeit mit der Antwort. Ein beunruhigendes Zeichen, wenn man den Chaoten länger kannte. Er schien nervös zu sein. „Sakura hat mich eben angerufen.“ Sasuke hatte Mühe, den Inhalt seiner Kaffeetasse nicht auf den Küchenboden zu verteilen, als er sich ruckartig zu Naruto drehte. Die Blicke der beiden trafen sich und der Blonde musterte ihn aufmerksam. Das Ozeanblau seiner Augen wirkte dabei etwas trüber als sonst. Er schien sich Sorgen über etwas zu machen. „Sie meinte, ich soll mal auf nen Sprung zu dir vorbei schauen. Ob alles in Ordnung wäre. Ist es das?“ Der Schwarzhaarige setzte ein verächtliches Grinsen auf und schloss die Augen für einen Augenblick. Ob alles in Ordnung sei? „Und das konnte sie nicht selbst erledigen?“ Der Chaot bedachte die Frage mit einem Schulterzucken und erwiderte: „Keine Ahnung. War irgendwas zwischen euch beiden?“ Sasuke führte den Becher in seiner Hand an die Nase und füllte seine Lungen mit den Duft des heißen Kaffees, ehe er einen Schluck davon nahm. So ungern er seinen Freund auch anlog, er konnte ihm die Wahrheit über die plötzlich entdeckten Gefühle zu Sakura nicht anvertrauen. Vor allem deshalb nicht, weil sie doch immer seine große Liebe gewesen war. „Wüsste nichts“, kam also die Antwort des Schwarzhaarigen mit einem missmutigen Blick über den Rand seiner Kaffeetasse. Er strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und massierte vorsichtig seine Schläfen. „Könnte ja sein, dass sie dich einfach mal wieder aus dem Haus bekommen wollte. Vielleicht hat sie sich Sorgen gemacht, weil du die meiste Zeit hier allein rumhängst“, überlegte Naruto, während er die Hände hinterm Kopf verschränkte. Seine Stimme klang ein wenig vorwurfsvoll. Sasuke wusste, dass er sich in letzter Zeit sehr zurück gezogen hatte. Er verbrachte viele Stunden damit, seine plötzlichen Gefühle für Sakura zu verstehen. Vermutlich bereitete er damit seinem ehemaligen Teamkollegen immer noch Kopfzerbrechen. „Ich bin noch nicht so lange zurück, und… brauch einfach nur Zeit, mich wieder… einzuleben“ Naruto nickte in Gedanken versunken. „Vielleicht hast du ja recht. Naja, wie auch immer. Ich muss jetzt zu Tsunade. Hab anscheinend ne neue Mission und bin schon spät dran. Versuch einfach mal, dich wieder ein wenig unter die Leute zu mischen. Bis dann, Teme.“ „Bis dann.“ „Hey, alles ok bei dir?“ Ino war nicht entgangen, dass ihre rosahaarige Sandkastenfreundin der Unterhaltung wenig Aufmerksamkeit schenkte. Schließlich hatte sie während der letzten paar Minuten keinen Ton von sich gegeben. Sakura erwiderte den Blick ihrer Freundin und bemerkte ihren besorgten Gesichtsausdruck. „Ähm, klar. Mir ist nur gerade was durch den Kopf gegangen, nichts weiter.“ Die blonde Medic-Nin stieß ein leises Seufzen aus. Warum musste sie nur immer so stur sein. War es denn so schwer, über ihre Probleme zu sprechen? „Komm schon, denkst du, ich fall auf so was rein? Irgendwas bedrückt dich doch. Seit Beginn unserer Mittagspause geht das jetzt schon so. Du starrst Luftlöcher in die Gegend und grübelst vor dich hin. Also, was hast du wirklich?“ Sakura konnte sich diese Frage selbst nicht so recht beantworten. Warum musste ihr Sasuke auch nur immer wieder das Leben zur Hölle machen? Bis vor kurzem war sie der Überzeugung gewesen, nichts mehr für ihn zu empfinden. Und nun hatte sie schon wieder den halben Tag damit verbracht, an ihn zu denken. „Tut mir leid Ino, es ist nichts. Ich hab letzte Nacht kaum geschlafen und bin ziemlich müde, das ist alles. Mach dir keine Sorgen.“ Die Yamanakaerbin schien nicht sehr überzeugt, beließ es aber bei einem weiteren Seufzen. Sakura war dankbar, dass die Blonde ihr merkwürdiges Verhalten nicht erneut ansprach. Denn sie wollte ihrer Freundin noch nichts von Sasukes nächtlichem Besuch erzählen, war der Uchiha schließlich noch nie ein gutes Gesprächsthema zwischen den beiden gewesen. Sie konnte jetzt nur noch abwarten, ob Naruto vielleicht schon etwas herausgefunden hatte. Es war mittlerweile spät am Nachmittag, der Regen schien noch stärker geworden und fiel nun schräg zu Boden, als Sasuke in eine weitere Seitengasse einbog. Der Schwarzhaarige hatte keine Ahnung, was er hier eigentlich wollte. Als das Glockenspiel beim Betreten des Shops seine Ankunft Preis gab, spulte Ino ihren üblichen Begrüßungston ab. Zumindest, bis sie ihren ungewöhnlichen Besucher erblickte. Der Uchihaerbe zog seine Regenjacke aus und lies sie auf einen Stuhl nahe dem Eingang fallen, ehe er seinen Blick in ihre Richtung lenkte. Er kam langsam näher, zögernd beinahe, und hielt kurz vor dem Tresen des Blumenladens. „Hi“, war seine knappe Begrüßung. Ino brauchte ein paar Sekunden, bevor sie zu einer Antwort fähig war. Warum tauchte er plötzlich hier auf? Soweit sie sich erinnern konnte, war der Schwarzhaarige noch nie in den Laden gekommen. Sasuke lies währenddessen seinen Blick durch das kleine Gewächshaus schweifen, ehe er auf ein paar hübsche Blumenarrangements zu seiner Linken fiel. Der Regen prasselte heftig auf das gläserne Dach und erzeugte eine leise Geräuschkulisse, als Ino endlich zurück zu ihrer Stimme fand. „Ähh…Hi. Was machst du hier?“ Der Uchihaerbe änderte seine Position nicht und erwiderte nach ein paar Augenblicken: „Solltest du mich nicht so was wie “Was darf’s denn sein?“ fragen?“ Inos Gesichtsausdruck änderte sich von überrascht zu skeptisch. „Du willst Blumen kaufen?“ Sasuke drehte den Kopf in ihre Richtung und seine dunklen Augen musterten sie eindringlich. „Hab ich das Schild draußen missverstanden? Yamanka – Blumenladen?“ Die Blonde verdrehte die Augen und räusperte sich demonstrativ. „Willkommen im Yamanka Blumenladen, was darf’s denn sein?“ Die Lippen des Uchihaerben formten ein kleines Lächeln und er richtete seinen Blick wieder auf den zuvor entdeckten Blumenstrauß. Ino folgte seinen Augen und kam langsam vom Tresen hervor. Sie zog das Gesteck vorsichtig aus der Vase und reichte es dem Schwarzhaarigen. Sasuke lies seine Fingernspitzen langsam entlang des silbernen Bandes gleiten, seine Augen auf die weißen Rosen im Zentrum gerichtet. „Für wen sind sie?“ Früher hätte ihre Stimme traurig geklungen. Traurig, dass ihr Sasuke-kun Blumen für jemand anderes kauft. Mittlerweile war es nur noch ein Ton von Neugier, der in ihrer Frage mitschwang. Er richtete jene unleserlichen dunklen Augen erneut auf ihre und holte sein Portmonee aus der Tasche. Trotz aller Vorsätze in Sachen “Ich bin über ihn hinweg“ beschleunigte sich ihr Herzschlag. „Das weiß ich selbst noch nicht so genau“, waren seine einzigen Worte. Sakura war schlecht gelaunt. Sie starrte unentwegt auf das Handy in ihrer Hand, als würde es die Antwort auf ihre so brennende Frage bereithalten. Auch Naruto hatte nichts herausgefunden, was ihr weitergeholfen hätte. Nur, dass Sasuke nach wie vor die meiste Zeit zuhause verbrachte. Langsam überlegte sie, ob sie sich das alles nur eingebildet hatte. Vielleicht war es einfach nur ein ungewöhnlicher Traum gewesen. Nur ein Traum, wie so vieles. Oder er war aus einem anderen Grund gekommen. Sie versuchte es sich auszureden. Jenen Blick, den sie vergangene Nacht in seine Augen gesehen hatte. Dieses seltsame Leuchten der sonst so kalten, dunklen Augen. Als ob er doch etwas für sie empfinden würde. Und sie fühlte sich wieder wie das kleine Mädchen von damals. Wieder voller Hoffnung, dass er sie doch lieben könnte. Sie musste lachen bei dem Gedanken an früher. Eine Zeit, in der alles was sie wollte sein Lächeln und ein paar nette Worte waren. Und sie grinste und schüttelte langsam den Kopf. Denn ihre frühere Liebe war nur ein kleiner Junge, mit schwarzen, dunklen Augen, einem Gesichtsausdruck wie aus Stein gemeißelt und einem kalten Herzen gewesen. Und trotzdem hatte sie manchmal noch Hoffnungen. Sie liebte ihn nicht mehr. Sie hatte sich diesen Satz schon so oft gesagt. Immer und immer wieder. Sie war reifer geworden, erwachsen mittlerweile. Und sie wollte nicht ewig auf ihn warten. Nein, sie liebte ihn nicht mehr. In jenem Moment fühlte sie nicht den Knoten in ihrem Hals, der sie kaum Atmen lies, ihr Herz ,das ein wenig schmerzhafter schlug als Sekunden zuvor und die kleine Träne, die ihre Wange entlang glitt und zu Boden fiel. Sie liebte ihn nicht mehr, wiederholte sie immer wieder. Und sie glaubte es tatsächlich. Kapitel 2: Shattered Hopes & Bad News ------------------------------------- Wie sehr er diese Abende der Einsamkeit hasste. Die Nächte der Trostlosigkeit verabscheute. Seine Wut auf sich selbst war schwer in Worte zu fassen. Wollte er nicht alles besser machen? Sasuke umklammerte die kalte Flasche Sake fester in seiner Hand. Sein Blick war wie jeden Tag zu diesen späten Stunden auf den Innenhof des Clanhauses gerichtet. Das Wetter schien mittlerweile besser zu werden. Das prasselnde Geräusch des Regens vergangener Nächte war einem leisen Pfeifen des Windes gewichen, ansonsten herrschte Stille in dem dunklen Raum. Der Mond hatte abgenommen und man konnte kaum etwas erkennen in dem kleinen Zimmer, das Sasuke schon so oft zum Nachdenken und den ergiebigen Genuss des Alkohols genutzt hatte. Wäre seine Lage nicht so aussichtslos gewesen, er hätte vermutlich über sich selbst gelacht. Der große Uchiha, sonst so erhaben über Gefühle und Emotionen jeglicher Art, glich nur noch einer rastlosen Seele, ohne jeden Sinn weiterzuleben. Nahm er wirklich an, ein „Es tut mir leid“ würde reichen, um ihr Herz zurückzugewinnen? Was immer er sich auch erhofft hatte, es war zu spät. Seine einzige Chance dahin. Konnte man es ihr denn verübeln? Nach all den Jahren seiner Abweisung? Nein. Wieso musste er sie auch noch ein weiteres Mal besuchen? Ihm wurde noch immer übel bei dem Gedanken an seinem erneuten Auftauchen vor ihrer Tür. Wenige Stunden zuvor... Sakura vernahm das Klopfen kaum. Erst nach ein paar Sekunden bemerkte sie das rhythmische Geräusch an ihrer Tür. Langsam stand sie auf und schritt dem Eingang ihres kleinen Apartments entgegen. Sie war abgelenkt und zerbrach sich noch immer zu sehr den Kopf über Sasuke. Ohne wirklich einen Gedanken daran zu verschwenden, wer sie besuchen könnte, drückte sie den kalten, metallenen Griff nach unten und öffnete. Sie wirkte perplex, leicht schockiert, als sie ihr Gegenüber erkannte. Uchiha Sasuke stand vor ihr. Erneut. Also kein Traum vergangene Nacht? Er zitterte leicht, seinen Blick auf den Boden gerichtet, und fragte sich noch immer nach dem eigentlichen Grund seines Besuches. Es kam ihr vor als vergingen Minuten, ehe er seinen Kopf zögernd anhob, sein bleiches Gesicht umrahmt von schwarzem, Regen durchnässtem Haar, und seine Augen auf ihre trafen. „Miserables Wetter… in letzter Zeit“ flüsterte er. Sie starrte ihn nur an. „Sasuke…“ Er drückte ihr etwas in die Hand, weiße Rosen umhüllt von einer silbernen Schleife, während sie weiterhin seinen rastlosen Blick erwiderte. „Warum?“ Ihre Frage schmerzte und Sasuke hatte nicht damit gerechnet. Er nahm ihren überraschten Gesichtsausdruck nur langsam wahr. Seine perfektionierte Maske, die alle Emotionen verbergen sollte, war plötzlich verschwunden und er fühlte sich wie ein offenes Buch. Bevor der Uchihaerbe etwas erwidern konnte, machte sie einen Schritt auf ihn zu. „Warum bist du hier? Wieder?“ Er lies seine Schultern fallen und holte tief Luft. Hatte er ernsthaft gedacht sie würde die Blumen sehen und all die Jahre zuvor vergessen? „Du hast mir das Herz gebrochen, weißt du noch?“ Ihre Stimme klang ungewöhnlich stark und Sakura wusste selbst nicht, woher sie die plötzliche Kraft nahm. Sie hatte keine Angst mehr. Keine Angst ihm all das zu sagen, was sie seit Jahren beschäftigte. „Ich hätte damals alles für dich getan. Hab dich auf Knien angefleht hier zu bleiben, als du das Dorf verlassen hast.“ Sie zerdrückte den Blumenstrauß langsam in ihrer Hand, ignorierte die schmerzenden Dornen der Rosen und machte einen letzten Schritt auf ihn zu. Jedes ihrer Worte schnitt tiefer in sein Herz. Wie viele Verletzungen hatte Sasuke nun schon seit seiner Geburt davongetragen? Unzählige. Doch keine vermochte ihm ähnlichen Schmerz zu bereiten, wie er in jenem Moment empfand. „Ich… wollte…“, versuchte er mit schwacher Stimme. Er konnte ihren Atem auf seiner Haut spüren, beinahe ihren Herzschlag fühlen. Sakura blickte ihn weiterhin an, die Ursache so vieler Kämpfe, so vieler zerstörter Hoffnungen. Wieso konnte er nicht begreifen, wie viel sie schon durchmachen musste? „Was wolltest du?“, fuhr sie ihn an. Er ließ sich Zeit mit der Antwort. Seine Augen wirkten leblos und der emotionslose, berechnende Blick schien zum ersten Mal verschwunden. Langsam sank er zu Boden und streckte seine bleichen Finger nach den Rosenblättern aus, die aus ihrer Hand gefallen waren. Das Weiß der Blüte war von ihrem Blut gefärbt. „Mich entschuldigen… für… alles. Den Kummer und die Schmerzen, die du… die du in meiner Abwesenheit ertragen musstest.“ Der Klang seiner Stimme lies sie schwerer atmen. Da war kein Hochmut, Stolz oder ein herablassender Ton mehr, der seine Worte begleitete. Nur noch Leere, als wäre die einst so kraftvolle Stimme des Uchihaerben verschwunden. „Und was, wenn es zu spät ist, nach all den Jahren?“ Sasuke wusste keine Antwort darauf. Was sollte er noch erwidern? Natürlich kam er zu spät, das war ihm bewusst. Aber ein kleiner Teil in ihm wollte das nicht wahr haben. Ein kleiner Teil in ihm wehrte sich gegen den Rest seiner Vernunft und wagte noch immer zu hoffen. Und dieser kleine Teil war auch der Grund für sein erneutes Auftauchen, seinem erneuten Versuch, doch noch alles richtig zu machen. Doch tief in seinem Inneren wusste er, dass es schon zu spät war. Er betrachtete weiterhin die Rosenblätter in seiner Hand und sog noch ein letztes Mal die kalte Luft des Treppenhauses ein. „Ich weiß, dass die Zeit für Entschuldigungen schon vorbei ist. Aber ich... ich wollte es dich einfach wissen lassen.“ Sasuke stand vorsichtig auf. Er ballte die Hand mit den rot gefärbten Blättern zu einer Faust und lies den Kopf weiterhin gesenkt. „Ich erwarte auch nicht, dass du mir heute vergibst, oder… oder irgendwann einmal… Aber… wenn du es dennoch schaffst… lass es mich wissen.“ Er war um einiges größer als sie, doch in jenem Moment, als sich der Schwarzhaarige zur Seite drehte und die Treppen eilig hinunter sprintete, wirkte er wesentlich kleiner. Er raste die letzten Stufen hinab und sehnte sich nur noch nach seinem dunklen Zuhause. Das verlassene Heim, das er sonst so hasste. Es war der einzige Ort, der in Frage kam. An dem es niemanden gab, der ihn für seine grauenhaften Taten verabscheute. In dem er ganz er selbst sein konnte. Der emotionslose, eiskalte Rächer, der er immer sein wollte. Und auch, wenn er nun nicht länger dieses Dasein fristen will, Sasuke hat seinen einsamen Weg selbst gewählt. „Komm schon, ich weiß, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Du hast seit heute Morgen noch keinen Bissen gegessen und deine Gedanken sind schon wieder ganz wo anders. Wie lange willst du noch alles in dich rein fressen? Ich möchte dir nur helfen, ok?“ Ino’s bohrender Blick und besorgte Stimme verstärkten Sakura’s Schuldgefühle nur noch weiter und die Rosahaarige wusste, dass man ihrer besten Freundin so leicht nichts vormachen konnte. Außerdem musste sie schrecklich aussehen, schließlich war an Schlaf nicht mal zu denken, nachdem Sasuke gestern aus ihrer Wohnung gestürzt war. Sie hatte die Zeit bis zum Morgengrauen dann damit verbracht, sich weiter über ihre Gefühle für den Uchiha im Klaren zu werden. Und noch einmal würde sich Ino ohnehin nicht mit einer einfachen Ausrede zu Frieden geben, also beschloss sie, die Yamanakaerbin einzuweihen. „Sasuke war gestern bei mir.“ Ino nahm gerade einen weiteren Schluck Kaffee und lies ihren Blick durch die kleine Kantine des Krankenhauses schweifen. „Das dachte ich mir bereits“, kam es von der Blonden nach ein paar Augenblicken. Sakura schien mit der Antwort nicht gerechnet zu haben und setzte einen überraschten Gesichtsausdruck auf. „Warum?“ Ino zog langsam Kreise mit dem Zeigefinger auf dem Rand ihrer Kaffeetasse und erwiderte nach kurzem Zögern: „Er war gestern bei mir, im Blumenladen. Wir haben ein paar Worte gewechselt und dann hat er Rosen gekauft. Naja, und da wir ihn beide gut genug kennen um zu wissen, dass er kein anderes Mädchen als dich wirklich näher kennt, war es naheliegend, für wen die Blumen sind. Zuerst dachte ich noch, er wollte sie dir einfach… ich weiß nicht, freundschaftlich überreichen. Aber dann fiel mir wieder ein, wie du gestern den ganzen Tag über so abwesend gewirkt hast. Und Sasuke war schon immer ein Grund gewesen, sich den Kopf zu zerbrechen, also…“ Sakura war froh, jemanden wie Ino als Freundin zu haben. Klar hatten sie sich schon hunderte Male gestritten, und wahrscheinlich würden auch noch einige Zankereien folgen, aber eins wusste sie. Die Blonde war für sie da, wenn sie jemanden zum Reden brauchte. Und sie schien sich wirklich Sorgen zu machen. „Du hast ziemlich gut kombiniert“, erwiderte Sakura mit einem Lächeln. „Na klar hab ich das, oder denkst du all die Jahre mit Shikamaru in einem Team waren umsonst? Versuch mal den Frust zu vergessen, den du schon seit Tagen mit dir rumschleppst, und erzähl mir, was los ist.“ Sakura stieß ein leises Seufzen aus und nickte zustimmend. Ino hatte recht. Vermutlich war es gar keine schlechte Idee, sich den Frust von der Seele zu sprechen. „Wow. Du hast ihn also gleich zwei Mal abserviert?“ Das rege Treiben der Kantine war mittlerweile zum Stillstand gekommen und nur noch wenige Patienten befanden sich in dem Pausenraum des Krankenhauses. Auch die Mittagschicht der beiden Kunoichis hatte eigentlich schon längst begonnen, aber das schien für die zwei im Moment nebensächlich. „Das hilft mir auch nicht gerade weiter, weißt du?“ Ino war leicht schockiert über die plötzliche Stärke ihrer Freundin. Sie konnte sich noch an Zeiten erinnern, da überhäufte die Rosahaarige den Uchihaerben mit Komplimenten und Liebeserklärungen. „Ich verstehe ja, dass du am ersten Abend wütend warst. Nach einem harten Arbeitstag wär ich wahrscheinlich auch nicht gerade erfreut über einen Besuch mitten in der Nacht, auch wenn Sasuke vor meiner Tür steht. Aber gestern hat er doch versucht, sich bei dir zu entschuldigen. Ich meine, versteh mich nicht falsch Sakura. Was du ihm da gesagt hast war alles die Wahrheit, klar. Aber wieso plötzlich jetzt? Du hast ihn all die Jahre geliebt, obwohl er dich… uns alle verlassen hatte. Und du wolltest ihn immer zurück holen. Und jetzt ist er endlich wieder in Konoha und du hasst ihn beinahe?“ Sakura hatte ihre Augen geschlossen und den Kopf auf die Hände gestützt. Ino’s Frage war keine Überraschung für die Rosahaarige. Wieso plötzlich jetzt? Sie wusste selbst keine Antwort darauf. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. All die Jahre wollte ich kämpfen, um ihn zurückzuholen. Ich wollte einfach nur bei ihm sein. Mit der Zeit hab ich die Hoffnung aufgegeben, dass er mich… jemals so lieben könnte, wie ich ihn. Ich hab angefangen, ihn zu hassen. Für die Schmerzen und Sorgen, die er mir bereitet hatte. Wie oft hab ich wach gelegen und mich gefragt, wo er jetzt sein könnte? Ob er in Sicherheit war? Ich wollte zwar weiterhin, dass er zurückkommt, aber meine Hoffnungen hatte ich damals schon aufgegeben. Und wenn er jetzt in meiner Nähe ist, weiß ich nicht, ob es Freude oder Wut ist, die ich empfinden soll.“ Ino stand langsam auf und nahm neben Sakura Platz, während sie eine Hand um die Schulter ihrer Freundin legte. „Liebst du ihn denn noch?“ Sakura zitterte leicht und war den Tränen nahe. Sie wollte doch stark sein, und jetzt… „Ich weiß nicht, ich… Ich dachte er würde sich nicht für mich interessieren. Hab mir immer wieder gesagt, dass es sinnlos ist, ihm nachzutrauern.“ Ino konnte gut nachvollziehen, in welcher Lage sich die Rosahaarige im Moment befand. Sie selbst hatte lange Zeit gebraucht, um den Uchihaerben zu vergessen. Wie schwer musste es erst für Sakura sein, die ihn noch um einiges besser kennengelernt hatte und so lange an seiner Seite in einem Team war? „Ich kann mir denken, wie du dich im Moment fühlst, aber… du musst selbst entscheiden, wie es weiter gehen soll. Auf jeden Fall bin ich immer da, wenn du mich brauchst. Nur zum Reden oder einfach, wenn du nicht allein sein willst.“ Sakura war dankbar für die Unterstützung ihrer blonden Freundin und erwiderte mit einem Lächeln auf den Lippen: „Erinnerst du dich noch, als wir uns beide um ihn gestritten haben? Es kommt mir vor als wären schon Jahrzehnte vergangen seit damals.“ Ino musste ebenfalls Lächeln bei dem Gedanken an früher und stand langsam auf. „Klar weiß ich das noch. Gut, dass wir aus dem Alter raus sind. Und jetzt zerbrich dir nicht weiter den Kopf, das hilft auch nichts. Entspann dich einfach mal“, meinte die Blonde noch, ehe sie sich wieder auf den Weg zu ihrer Arbeit machte. „Ja… danke für alles“, flüsterte ihre rosahaarige Freundin. „Sakura?“ Die Angesprochene warf einen Blick über ihre Schultern und erkannte Hinatas dunkelblaues Haar sofort, als die schüchterne Hyuga langsam auf sie zu kam. „Tsunade-sama will dich sprechen. Du sollst sofort zu ihr kommen.“ Sasuke war alles andere als in Stimmung für eine nette Unterhaltung mit der Hokage. Der Gedanke an sein warmes Bett zuhause schien wesentlich verlockender, als ein Gespräch mit dem Dorfoberhaupt. Und hätte ihn der Besuch des Anbubotschafters eine Viertelstunde zuvor nicht ausdrücklich dazu aufgefordert, die temperamentvolle Blonde so schnell wie möglich aufzusuchen, würde er vermutlich noch immer seinen Rausch ausschlafen. „Ich hoffe du hattest keine Pläne für heute.“ Tsunade wirkte leicht amüsiert und im Ton ihrer Stimme schwang wenig Bedauern mit. Sie war noch nie ein Fan des Schwarzhaarigen gewesen. „Nicht wirklich“, erwiderte er knapp. Außer natürlich es zählten die zahlreichen Gedanken an eine geeignete Methode, sich das Leben möglichst schmerzfrei zu nehmen. Nach der erneuten Abfuhr Sakuras vergangener Nacht schwankte Sasuke noch zwischen dem Strick oder einer Rasierklinge für die Pulsadern. „Gut. Ich habe nämlich eine beunruhigende Nachricht, die dich vielleicht interessiert.“ Hatte er überhaupt einen passenden Strick? Der Uchihaerbe war sich sicher, etwas Brauchbares im Keller seines Clanhauses zu finden. Und der Dachbalken in der Küche würde sich hervorragend dazu eignen... „Naruto wird seit kurzem als vermisst gemeldet.“ Sasuke unterbrach die Gedanken an ein selbst herbeigeführtes Ableben für einen Augenblick und richtete seine dunklen Augen auf Tsunade. „Vermisst?“ Die Blonde nickte langsam und wirkte nun deutlich beunruhigter als Sekunden zuvor. „Ja. Er sollte gestern eine Schriftrolle aus einem nahegelegenen Dorf abholen. Aber er ist noch nicht zurück.“ Der Schwarzhaarige strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und schloss die Augen für einen Moment. „Wie weit ist es bis zu diesem Dorf?“, wollte er wissen. Tsunade schien mit der Frage gerechnet zu haben, denn sie reichte dem Uchiha eine Karte des Feuerreiches und zeigte auf eine Stelle südlich Konohas. „Nicht länger als vier Stunden für einen Shinobi.“ Sasuke nickte langsam und untersuchte die Karte aufmerksam. „Könnte er nicht länger dort geblieben sein? Ich erinnere mich, dass er gestern Mittag meinte, er hätte eine Mission. Also ist er erst gegen Nachmittag aufgebrochen. Vielleicht hat er dort übernachtet und…“ Die Hokage war aufgestanden und ließ ihren Blick über die Dächer Konohas schweifen, ehe sie den Uchihaerben unterbrach. „Wir haben vor einer Stunde eine Nachricht eines Händlers aus diesem Gebiet erhalten. Naruto hat das Dorf gestern nie betreten und in der Nachricht hieß es, dass die Schriftrolle noch immer dort ist.“ Der Schwarzhaarige legte seinen Kopf in den Nacken und holte tief Luft. „Ist es mir dann erlaubt, ihn zu suchen?“ Tsunade erwiderte mit einem schwachen Nicken und veränderte ihre Position nicht. Sasuke war schon beinahe an der Tür angelangt, als sie noch hinzufügte: „Du gehst übrigens nicht alleine. Deine Partnerin wartet schon am Haupttor.“ Aus irgendeinem Grund verspürte der Uchihaerbe plötzlich ein Gefühl der Übelkeit, dass sich beim Näherkommen des Stadttores in einen stechenden Schmerz verwandelte. Sakura wartete schon auf ihn. Kapitel 3: Eclipse ------------------ Sasuke schoss durch das Geäst der weitausladenden Baumkronen, um Haaresbreite vorbei an den meterhohen Stämmen des Waldes. Ein rascher Blick über die Schulter verriet ihm, dass Sakura weiterhin dicht an seinen Fersen war. Immer wieder erinnerte er sich, das Tempo ein wenig zu zügeln, um seine Begleiterin nicht zu verlieren. Anfangs hatte er noch mit dem Gedanken gespielt, ein Gespräch mit seiner rosahaarigen Partnerin zu beginnen. Doch er konnte keine passenden Worte finden, die ihm nach den vergangen Nächten richtig erschienen. Also raste der Schwarzhaarige weiterhin schweigsam in Richtung des Dorfes, das Narutos Missionsziel hätte sein sollen. Sakura war abgelenkt. Zwar versuchte sie auf Inos Rat hin ihre Beziehung zu Sasuke vorerst zu vergessen, doch fiel ihr das weitaus schwerer als zunächst angenommen. Vielleicht lag es an dem vertrauten Clanzeichen, das nur wenige Meter vor ihr, auf dem Rücken seines T-Shirts eingestickt, keine Sekunde aus ihrem Blickfeld verschwand. Lieber wäre sie in diesem Moment bei ihrer Arbeit im Krankenhaus gewesen, den Schwarzhaarigen dabei für ein paar Stunden aus ihrem Gedächtnis gestrichen, um etwas Abstand von dem Gefühlschaos in ihr zu gewinnen. Doch Narutos Verschwinden war nichts, das sie auf die leichte Schulter nehmen würde. Und so Biss sie die Zähne zusammen und beschleunigte ihre Schritte, um den Uchihaerben vor ihr nicht aus den Augen zu verlieren. - Es passiert alles ganz plötzlich. Wie ein Traum kommt es ihm vor. Sasuke bemerkt das Kunai spät und ist bereits im Begriff, ausweichen, als er plötzlich inne hält. Sie ist nur ein paar Schritte hinter ihm. Zu gefährlich also, das Wurfmesser vorbei zu lassen. Es trifft ihn an der linken Schulter. Warmes Blut schießt aus der Wunde und ein betäubender Schmerz durchdringt seinen Körper. Gift. Der Uchihaerbe verfehlt den nächsten Baumstamm nur um Zentimeter. Äste schlagen ihm ins Gesicht, als er zu Boden stürzt und hart auf der Erde aufschlägt. „Warte“, presst er zwischen den Lippen hervor, denn Sakura ist schon fast an seiner Seite. Ein weiterer Angriff zu seiner Rechten lässt den Schwarzhaarigen zur Seite springen. Ein Dutzend Kunai verfehlen ihn nur knapp und Sasuke unterdrückt den Schmerzensschrei, der auf seinen Lippen liegt. Die Wunde ist tiefer, als er angenommen hat. Sakura nutzt den Moment, stürzt aus ihrer Deckungen hervor und wirft eine Hand voll Shuriken in die Richtung des Angreifers. Sie fasst ihren Teamkollegen am linken Arm und verschwindet zurück in das Dickicht des Waldes. Schnell reißt sie das T-Shirt des Schwarzhaarigen auf und wirft einen Blick auf die Verletzung. „Die Wunde macht mir wenig Sorgen, aber das Kunai…“ „War vergiftet, ich weiß“, unterbricht er sie. „Verpass mir irgendein Standardgegengift, ich schaff das schon.“ Sakura starrt ihn für einen kurzen Augenblick an und ein besorgter Gesichtsausdruck ziert ihre feinen Züge. Sie kramt ein paar Verbände hervor und bedeckt damit vorsichtig die Verletzung, ehe sie ihm eine kleine Dosis Gegenmittel verabreicht. „Ich weiß noch nicht, um welcher Art von Gift es sich handelt. Das sollte die Verbreitung verlangsamen, bis ich Zeit habe, die Wunde näher zu untersuchen.“ Sasuke antwortet mit einem Nicken, ehe er sich vom Boden abstößt und seinen Blick, vorbei an den Ästen eines Strauches, auf die Lichtung vor ihnen richtet. Das aktivierte Sharingan erfasst jede Bewegung der näheren Umgebung und erkennt die Position der Angreifer schnell. „Es sind zwei. Einer versteckt sich direkt gegenüber von uns.“ Der Schwarzhaarige ist schon dabei, auf die Lichtung zu stürzen, als ihn Sakura an der Schulter zurückhält. „Je hektischer deine Bewegungen, desto schneller verbreitet sich das Gift. Ich kümmere mich um die.“ Der Gesichtsausdruck beim Blick über seine Schulter verrät der Kunoichi, dass er die Idee wenig berauschend findet. „Die beiden haben eine Menge Chakra und scheinen ziemlich stark zu sein. Bleib du hier, verstanden?“ „Sasuke ich…“ „Verstanden?“ Die Rosahaarige holt tief Luft und erwidert mit einem schwachen Nicken: „Ich hoffe du weißt, was du tust. Pass auf dich auf.“ Ein kleines Lächeln umspielt die Lippen des Uchihaerben, während er sein Schwert aus der Scheide zieht. Sasuke sprintet auf die Lichtung zu, das Katana in seiner Hand hin und her bewegend. Erneut rasen Kunai auf ihn zu, die er jedoch gekonnt pariert. Der erste feindliche Shinobi stürmt aus seiner Deckung hervor und versucht Sasuke mit einem Wasserjutsu zu treffen. Der Uchiha wirbelt rasch durch die Luft und springt über den Angriff hinweg, ehe er sein Gegenüber mit der Klinge am Brustkorb streift und tief unterhalb des rechten Schulterblattes eindringt. Blut spritzt ihm ins Gesicht. Der Unbekannte stößt einen schmerzerfüllten Schrei aus und dreht sich ruckartig zur Seite. Er hat eine tiefe, unangenehme Stimme. Der zweite feindliche Shinobi taucht aus dem Dickicht des Waldes hervor und rammt seine rechte Hand in den Boden. Spitze eiszapfenförmige Speere, aus Erde geformt, rasen auf den Uchiha zu und streifen ihn an Stirn und Wange. Mit Mühe kann Sasuke ausweichen und den tödlichen Geschossen entgehen. Er will bereits zum Gegenangriff ansetzten, als… Er stürzt zu Boden, seine Sicht verschwommen. Das Gift zeigt bereits Wirkung. Ein weiterer Angriff des Erdjutsus schnellt auf ihn zu und Sasuke weiß, das war es. Immer schwerer fällt jeder Atemzug. Unfassbarer Schmerz breitet sich in ihrem Körper aus, begleitet jede Bewegung ihrer Muskeln und raubt ihr beinahe den Verstand. Langsam verschwimmt die Sicht, der metallische Geschmack von Blut liegt auf ihrer Zunge. Hunderte von Gedanken schießen durch ihren Kopf, zu schnell um ihnen folgen zu können. Ein dünner Fluss Blut tropft von ihrer linken Wange, doch er stammt nicht aus einer ihrer Verletzungen. Es war seines. Kommt aus der Platzwunde seiner Stirn, die nur wenige Zentimeter über ihr schwebt. „Warum… Warum hast du…?“, stöhnt er. Seine Augen wirken kalt. Das sonst so rote Glühen des Sharingans scheint von einem grauen Schleier bedeckt. „Du kannst nicht immer… alles alleine machen.“ Sein Atem wirkt schwer, kommt in unregelmäßigen Abständen. Die schwarzen Haare, von Schweiß und Blut durchtränkt, kleben in seinem Gesicht und seine Lippen bilden einen toten, in Wut getränkten Gesichtsausdruck. Er zittert, kann seine Schwäche kaum fassen. Warum musste sie sich zwischen ihm und den Angreifer stellen? Warum sie und nicht er? Hatte er ihr denn nicht schon genug Schmerzen bereitet? Der Wind weht durch sein Haar, wirft schwarze Strähnen in seine tränenbenetzten Augen. Er fängt an zu laufen. Immer schneller werden seine Schritte. Von Wut geleitet und Zorn angetrieben drückt er seine Füße in den feuchten Boden der Lichtung und stößt sich immer kräftiger nach vorne. Kein weiterer Angriff des feindlichen Shinobi ist in der Lage, ihn zu treffen. Ein lauter Schrei liegt auf Sasukes Lippen, doch er schweigt. Keine Schwäche zeigen. Und dennoch. Eine weitere, silberne Träne läuft aus seinem Auge, rast über seine blutende und taube Wange. Sie fällt zu Boden und schneidet dabei wie ein Messer durch die kalte Luft, die ihm entgegen kommt. Warum sie und nicht er? Die Entschlossenheit, den Fremden zu töten, spiegelt sich in seinen Augen wieder, ist an den Bewegungen des Katanas in seiner Hand zu erkennen. Langsam geht er um den Fremden herum, während das Schwert ruhig in seiner rechten Hand liegt. Plötzlich beschleunigt er seine Schritte. Wie ein Tier, das um seine Beute kreist. Seine Augen leuchten rot auf und das Sharingan lässt ihn jede Bewegung seines Gegners erkennen, erahnen, bevor dieser überhaupt einen Muskel rührt. Er kann die Angst seines Gegenübers spüren. Ein leises Flüstern lässt sein Schwert grell aufleuchten und das Chidori formt sich um den kalten Stahl. Ein letztes Mal setzt er zum Angriff an, die Klinge über seinem Kopf schwingend, ehe die Bewegungen des feindlichen Shinobi erstarren. Dann fallen beide zu Boden. - Sakura hatte kaum noch Kraft, doch das hinderte sie nicht daran, weiterzuschreiten. Auch, wenn ihm sein letzter Angriff so gut wie alles abverlangt hatte, er war noch am Leben. Diese kleine Tatsache bewahrte sie davor, zu Boden zu sinken. Hinzufallen und den Willen zum Überleben aufzugeben. Denn das Gift würde ihn bald töten, und sie wollte, dass er lebt. Sie stolperte, fiel. Die Schmerzen waren kaum zu ertragen, und am liebsten hätte die Rosahaarige einfach aufgegeben. Doch er brauchte sie. Ihre zitternden Hände gruben sich tief in den kalten Boden und zogen sie weiter zu ihm. Das taube Gefühl in ihrem Brustkorb breitete sich langsam aus und Sakura spürte ihre Beine kaum noch. Dennoch zwang sie sich, aufzustehen, weiterzugehen. Nur noch ein paar Meter. Fünf… Vier… Drei… Zwei… Nur noch ein bisschen. Nur noch… Sie schaffte es nicht. Konnte nicht mehr weiter. Jegliche Kraft hatte sie verlassen. Sakura fiel erneut zu Boden. So kurz vor ihrem Ziel. Sie versuchte die Hand auszustrecken. Ihn zu erreichen. Er richtete seinen Blick in ihre Richtung. „Warum?“ Sie wollte etwas erwidern. Aber was? Ihr Mund fühlte sich so trocken an, ihre Lippen waren zerrissen. Was auch immer sie sagen wollte. Es war nicht weiter wichtig. Warum sie ihn gerettet hatte? Die Frage hatte sie sich nie gestellt. Sasuke streckte ebenfalls seine Hand aus und ihre Fingerspitzen berührten sich. „Danke“, war alles, was er noch hervorbrachte, und zum letzten Mal formte sich ein Lächeln auf seinen Lippen. Sakura konnte sich nur noch an das kribbelnde Gefühl ihrer Finger erinnern, und den Schopf blonder Haare, der plötzlich vor ihr auftauchte, ehe sie ohnmächtig wurde. Kapitel 4: Realisation ---------------------- „Dachtest du wirklich, ich bin so schwach?“ Die Frage brachte ihn zu Bewusstsein. Langsam öffneten sich seine Augen und eine verschwommene Welt tat sich vor Sasuke auf. Sakura saß neben ihm und trug ein sanftes Lächeln auf den Lippen. „Ich wette, du hast mir ne Menge dazu zu sagen. Aber lass uns das lieber auf später verschieben…“ Mit dieser Aussage kam sie langsam näher und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Ihre Nasenspitzen berührten sich und Sasukes Herz hämmerte gegen seine Brust. Sie küsste ihn, zuerst nur ganz zärtlich. Er fühlte ihre Hände unter sein T-Shirt gleiten und vorsichtig Kreise auf seinem Rücken ziehen. Der Schwarzhaarige legte seine Arme um ihre schmale Taille und zog Sakura weiter zu ihm. Er war überrascht und hielt kurz inne, als sie sein Shirt anhob und ihn mit sanfter Gewalt dazu brachte, seine Hände auszustrecken. Ein paar Sekunden später landete das Kleidungsstück auf dem Boden und ein leises Kichern drang an sein Ohr. „Entspann dich ein wenig.” Sakura stieß ihn zurück in die Kissen und zog dann ihr Nachthemd aus. Ihr Mund war zu einem seltsamen Lächeln geformt, als sie seine weitgeöffneten Augen erblickte. Sie hatte nichts drunter. Sasukes Atem beschleunigte sich und er holte tief Luft. Ihre Haut war sanft und beinahe wie Seide fühlte sich ihr Haar an, dessen Spitzen seinen Brustkorb streichelten. Langsam beugte sie sich weiter vor und presste ihre Lippen auf die seinen, diesmal von Zärtlichkeit keine Spur. Ihre Zungenspitzen berührten sich und ein seltsames Kribbeln breitete sich in Sasukes Körper aus. Mit jeder Sekunde verstärkte sich sein Verlangen nach der Rosahaarigen. „Kann ich dich was fragen, bevor wir weiter machen?“ „…Wie bitte?“, stieß der Uchihaerbe nach ein paar Sekunden hervor. Seine Stimme klang rau und sanft zur gleichen Zeit. „Ob ich dich was fragen kann?“ Sie wirkte amüsiert. „…Ja.“ „Warum hast du es zugelassen?“ „Wie bitte?“ „Warum hast du alleine angegriffen? Warum hast du mich zurückgelassen?“ Sasuke war verwirrt. Sie hatten es doch geschafft. Sie waren heil aus der Sache rausgekommen. Wollte er sie denn nicht nur schützen? „Warum musste ich sterben?“ „Sakura ich…“ Der Uchihaerbe wich erschrocken zurück, als er den Blick seiner Teamkollegin erwiderte. Leblose Augen starrten ihm entgegen. Ein seltsam kaltes Gefühl lag plötzlich auf seinem Brustkorb. Überall Blut. „Was geht hier vor, wie…?“ Langsam kroch sie näher zu ihm, während immer mehr Blut aus dutzenden Wunden ihres Körpers floss und die weißen Laken des Bettes füllte. Sasuke wurde übel. Er versuchte sich aus ihrem festen Griff zu befreien doch vergebens. Sie verstärkte die Umarmung. Der Schwarzhaarige bekam kaum noch Luft. Warum? „Es ist deine Schuld! Deine Schuld, dass ich sterben musste!“ _ Sasuke schoss schweißgebadet aus seiner Traumwelt und rang gierig nach Luft, ehe ihm die pochenden Schmerzen in seinem Körper bewusst wurden. Er fühlte sich schrecklich. Auf seiner Zunge lag ein, harmlos ausgedrückt, ungewöhnlicher Geschmack, als wäre ihm irgendein kleines Tier in den Rachen geklettert und dort gestorben. Sein Kopf schmerzte, ähnlich dem Gefühl einer Bohrmaschine, die man eben auf seiner Stirn angesetzt hatte. „Alles in Ordnung?“ Naruto saß neben dem Bett des Schwarzhaarigen und warf ihm einen besorgten Blick zu. „Wie geht es Sakura?“, brach der Uchiha heraus, mit einer Stimme, die nur noch einem leisen Flüstern glich. Langsam versuchte er sich aufzurichten, dem Stechen in seinem Rückgrat schenkte er dabei keine Beachtung. „Geht’s dir schon besser?“ Sakura drehte sich vorsichtig zur Seite und unterdrückte den Schmerzenschrei, der auf ihrer Zunge lag. „Nicht wirklich.“ Ino reichte ihrer verletzten Freundin ein Glass Wasser und meinte mit sanfter Stimme: „Hier, trink das, wird dir gut tun.“ Die Rosahaarige leerte das Glass in einem Zug und stieß ein lautes Husten aus. „Hey, nicht gleich alles auf einmal.“ Ein kleines Lächeln umspielte die Lippen der Yamankaerbin, während sie die Vorhänge des kleinen Fensters zur Seite schob. Das Wetter hatte sich in den letzten Tagen kaum verbessert, und so wurde das Krankenhauszimmer, in dem Sakura die letzten Nächte verbracht hatte, nur spärlich vom bedeckten Wolkenhimmel erhellt. „Den Umständen entsprechend. Sie schläft gerade, war aber schon ne Weile vor dir wach. Sie meinte zwar, dass es so gut wie keine Stelle gäbe, die ihr nicht höllisch weh täte, aber bleibende Schäden hat sie keine davongetragen.“ Sasuke lies sich wieder zurück in sein Kissen fallen und holte tief Luft. Sie war also in Sicherheit und lebte. Er spürte ein ungewöhnliches Gefühl der Erleichterung bei dem Gedanken an seine Teamkollegin. „Um dir mussten wir uns schon mehr Sorgen machen. Du hattest ne ziemlich schwere Vergiftung. Und seit wann machst du dir eigentlich so viele Sorgen um andere?“ Naruto hatte die Hände hinterm Kopf verschränkt und setzte sein bekanntes Fuchsgrinsen auf, während er den Uchiha betrachtete. Der frühere Missing-Nin fuhr sich gerade mit einer Hand durchs Haar und stieß ein langes Seufzen aus. „Warum sind Sakura und ich eigentlich noch…“ „…am leben?“, beendete der Blondschopf den Satz. Sasuke erwiderte mit einem schwachen Nicken und rieb sich vorsichtig die Schläfen. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin. Wenn ich nur daran denke, wie ihr beiden ausgesehen habt, als euch Naruto hergebracht hat.“ Sakura lehnte sich ein wenig nach vor und berührte mit der rechten Hand ihre Zehenspitzen. „Wie konnte er uns eigentlich noch rechtzeitig retten? Ich meine, Sasuke und ich waren so gut wie tot.“ Erneut sah sie das Bild des Schwarzhaarigen vor sich, mit blutverschmierten Gesicht und jenem toten Ausdruck in seinen Augen, den sie nicht mehr vergessen konnte. Sie verdrängte die Gedanken so schnell wie möglich wieder und ignorierte das übel erregende Gefühl in ihrem Magen. „Du hättest ihn sehen sollen. Er war beinahe eine vollständige Mini-Version Kyuubis.“ Sakura kannte diese Form seiner Transformation nur zu gut und ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Naruto… „Ich weiß nicht, wie er die Kontrolle behalten konnte, aber er schien zu wissen, was er tat. Hat euch blitzschnell hier abgeliefert, ohne dabei jemanden zu verletzten. Kakashi- und Yamato-sensei haben sich dann sofort um ihn gekümmert, ehe er irgendwelchen Schaden anrichten konnte. Als ich ihn sah, hatte ich allerdings nicht das Gefühl, dass er eine Bedrohung darstellt.“ „War das erste Mal, dass der dämliche Fuchs zu was zu gebrauchen war.“ Sasuke lies das eben Erwähnte kurz auf sich einwirken, ehe er antwortete: „Also du bist den beiden Ninjas, die uns überfallen haben, ebenfalls begegnet?“ Naruto erwiderte mit einem heftigen Nicken und meinte: „Hab die zwei am Tag zuvor mit ein paar Doppelgängern beschäftigt und musste deshalb einen anderen Weg in das Dorf nehmen. Deshalb hab ich auch um einiges länger gebraucht. Als ich zurück nach Konoha aufbrach bin ich dann über euch gestolpert. Naja und du kannst dir vorstellen, was euer Anblick bei mir ausgelöst hat.“ Hätte sie der Blondschopf dank seiner Kyuubiform nicht so schnell zurückgebracht, wäre es ohne Zweifel zu spät für jegliche medizinische Behandlung gewesen. „Also sind wir dank dir… noch am Leben.“ Wieder ein heftiges Nicken, gepaart mit einem breiten Grinsen. „Hätte nie gedacht, dass ich dir mal den Arsch retten müsste, Teme.“ „Hn.“ Ein typisch verächtliches Schnauben war die Antwort des Schwarzhaarigen auf die euphorische Stimmung des Chaosninjas. „In all den Jahren ist sie nie so verletzt worden, oder?“ „Hm?“ „In den vielen Jahren, in denen sie mit dir unterwegs auf Missionen war, ist sie da jemals beinahe dem Tod entronnen?“ Sasukes Stimme war zu einem Flüstern verstummt. Naruto hatte sie all die Jahre beschützen können. Wenn es sein musste, nutze er sogar die Kraft des Dämons in ihm, nur um seinen Freunden zu helfen. Und was tat er? Er konnte sie nicht einmal für ein paar Stunden beschützen. Eine Unachtsamkeit reichte aus, um ihn beinahe kampfunfähig zu machen. Und wären Sakura und Naruto nicht gewesen… Hatte er seine besten Freunde wirklich verlassen, um stärker zu werden? Um ohne die Hilfe anderer zu kämpfen? Dabei war er derjenige, der auf ihre Hilfe angewiesen war. Mehr als jeder andere… Kapitel 5: The road keeps on telling me to go on ------------------------------------------------ Zero gravity, what's it like? Am I alone? Is somebody there, beyond these heavy aching feet? Still the road keeps on telling me to go on. Something is pulling me. I feel the gravity of it all. Wie viele Tage hatte er insgesamt in dem eintönigen Krankenhauszimmer verbracht? Zu viele, wurde Sasuke schlagartig bewusst, als er auf die belebten Straßen Konohas trat. Seine Augen, vertraut mit dem dunklen Räumen des Krankenhauses, schmerzten und fingen an zu tränen, als er langsam einen Schritt nach dem anderen in Richtung seines Clanhauses setzte. Laut Tsunade lag die Lichtempfindlichkeit an den Medikamenten, die er gegen das Gift in seinem Körper einnehmen musste. Obwohl er nun schon seit einigen Tagen keine Tabletten mehr bekam, die Nebenwirkungen hatten sich noch nicht eingestellt. Kopfschmerzen. Check. Müdigkeit. Check. Erhöhte Herzfrequenz. Check. Die Liste an Unannehmlichkeiten, die er den Pillen zu verdanken hatte, lies sich noch Stunden lang so weiterführen. Naruto hatte scherzhaft gemeint, dass einem die Dinger beinahe mehr Schmerzen bereiten würden, als man vor der Behandlung erdulden musste. Der Blondschopf hatte recht. Doch all jene Schmerzen gerieten in Vergessenheit, wenn Sasuke an eine bestimmte rosahaarige Kunoichi dachte. Nicht die Tatsache, dass er sie beinahe hatte sterben lassen, oder im Gegensatz zu Naruto nicht in der Lage war, sie für ein paar Stunden zu beschützen, machte ihm das Leben zur Hölle. Nein, es war diese Ungewissheit. Sakura wurde zwei Tage früher aus dem Krankenhaus entlassen als er. Und dennoch hatte sie ihn nicht ein einziges Mal besucht. In gewisser Weise war Sasuke froh darüber gewesen. Ja, er hatte sich sogar gewünscht, dass sie nicht an sein Krankenbett tritt. Der Schwarzhaarige war sich nicht einmal sicher, ob sie ihn überhaupt noch sehen wollte. Vielleicht war er aber auch nur zu feige. Hatte zu viel Angst, dass sie ihm seine Unfähigkeit vorwerfen würde. Dass all die Jahre seines Verrats an ihr und Naruto nicht die erhoffte Stärke brachten. Sondern ihn nur näher an sein egoistisches Ziel führten, seinen Bruder zu töten. Er hatte nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, was danach sein könnte. Und vermutlich war das auch der Grund, warum er sie nicht retten konnte. Denn wieder war es sein Versuch, alles alleine zu schaffen, der beinahe ihr Leben kostete. Wie dumm war er gewesen, zu glauben, vor ein paar Nächten noch an ihre Tür zu treten, und um Vergebung zu betteln. Und gleich darauf bewies er aufs Neue, dass er sich kein Stück geändert hatte. Einige Dorfbewohner warfen ihm missmutige Blicke zu, immer wieder hörte er Getuschel und manch einer der Passanten blieb stehen und richtete seinen Zeigerfinger auf den letzten Uchiha. Sasuke schenkte all dem keine Beachtung. Er nahm es ihnen nicht einmal übel, hasste er sich doch im Moment selbst mehr als jeder andere. „Sasuke?“ Ruckartig aus seinen Gedanken gerissen drehte sich der Schwarzhaarige zur Seite. Ino war gerade aus einem kleinen Laden zur seiner Rechten gekommen und schritt nun, mit Einkaufstüten bepackt, auf ihn zu. Der Angesprochene nickte schwach zur Begrüßung und war eigentlich schon im Begriff gewesen, weiter in Richtung der verliesartigen Ruhe und Einsamkeit des Uchihanawesens zu marschieren, als ihn die Blonde am Arm packte. Irgendwie schaffte sie es dabei, die Tüten gekonnt in ihren Händen zu balancieren. „Ich muss mit dir reden.“ Sasuke warf ihr einen fragenden Blick zu und blieb stehen. „Über was?“, entgegnete er gelangweilt. Vielleicht würde sie ihn ja in Ruhe lassen, wenn er sein altes Ich zum Vorschein brachte. Ino lies sich von der unsanften Frage jedoch nicht beeindrucken und schob dem Uchihaerben ihren Einkauf zu. „Komm mit. Und stell keine Fragen. Es geht um Sakura.“ Die beste Freundin der Rosahaarigen wusste, wie sie die Aufmerksamkeit ihres Gegenübers erregte. Als Sasuke ein paar Minuten später den Blumenladen der Yamanakas betrat, war ihm sofort bewusst, dass etwas nicht stimmte. Inos Verhalten ihm gegenüber schien anders als sonst, beinahe aggressiv. Die Blonde drehte sich zu ihm und deutete auf einen kleinen Stuhl nahe dem Eingang. Er stellte die Einkaufstüten darauf ab und erwiderte dann wortlos ihren Blick. Ino studierte lange seinen Gesichtsausdruck. Etwas an ihm wirkte anders an jenem Nachmittag. Er wirkte… durchschaubarer, menschlicher. „Also hast du das Krankenhaus endlich verlassen?“ Ein Nicken reichte als Antwort. Sasuke fühlte sich unwohl. Zum ersten Mal hatte er Probleme, den vorwurfsvollen, starken Blick der Yamanakaerbin zu erwidern. Doch er versuchte es zu verbergen. Vergrub seine Unsicherheit unter seiner alten, emotionslosen Maske und starrte zurück. Noch gelang es ihm. „Denkst du gerade an sie?“ Sein Blick veränderte sich. Nur für den Bruchteil einer Sekunde. Dunkle Augen brachen und gewährten Einblick in sein kaputtes Inneres. Er versuchte es mit seiner gelangweilten Miene zu verbergen, lies jene Kälte zum Vorschein kommen, die man wohl als typisch für einen Uchiha bezeichnen konnte. Aber Ino ist nicht dumm. Sie wusste, was er fühlte, kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es ihn verletzte. Zu lange hatte sie jene kalten Züge beobachtet und jenen herablassenden Blick seit Kindertagen studiert um zu wissen, dass es ihm alles andere als gleichgültig war. „Was meinst du?“ Seine Stimme klang rau und kalt. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. Kein hübsches, freundliches, wie er es von ihr kannte. Sie drehte sich zur Seite und zog ein paar weiße Rosen aus einer Vase. „Weißt du schon, für wen sie sind? Als du neulich hier warst. Da wusstest du es noch nicht, schon vergessen? Hat sie etwa nicht vor Freude getanzt, als du zu ihr gekommen bist?“ Er betrachtete die Rosen in ihrer Hand einen Moment lang, ehe sein Blick zurück auf ihr seltsames Lächeln fiel. Sie erkannte diesen stählernen, wütenden Hauch in seinen Augen. Er war an seine Grenzen gestoßen. „Was willst du?“ Die Worte schnitten wie ein Messer durch die Luft. Sein Unterkiefer war zum Zerreißen gespannt und sein Atem beschleunigte sich. „Ist einfach geworden in letzter Zeit, dein sonst so perfektioniertes Auftreten zu zerschmettern. Wo bleibt der unantastbare Uchiha aus Akademiezeiten? Du musst aufpassen, sonst denkt noch jemand, du wirst weich.“ Ein paar Augenblicke verstrichen und keiner der beiden rührte einen Muskel. Sie war ihre beste Freundin. Sasuke wusste, dass er vorsichtig sein musste. „Du weißt, dass sie über dich hinweg ist?“ Er starrte sie weiterhin an, abwartend, auf was sie hinaus wollte. „Hast sie ganz schön im Stich gelassen, auf dieser Lichtung. Sakura hat mir alles erzählt. Sie ist wohl der Grund, warum du noch am Leben bist.“ Sasuke dachte an seine eigenen Worte. „In den vielen Jahren, in denen sie mit dir unterwegs auf Missionen war, ist sie da jemals beinahe dem Tod entronnen?“ Naruto hatte sie im Gegensatz zu ihm all die Jahre beschützen können. „Was willst du, Ino? Soll ich vor dir auf den Boden fallen und zugeben, dass du recht hast?“ Sie nahm einen Schritt auf ihn zu und streckte ruckartig die Hand aus. Sasuke verschwendete keinen Gedanken daran, dem Schlag auszuweichen. Doch ihre Faust traf nie. Stattdessen packte sie ihn am T-Shirt und zog ihn zu sich. Er war einen Kopf größer als sie, doch in jenem Moment fühlte sich Sasuke um einiges kleiner. „Nicht vor mir. Vor ihr! Ich will, dass du kämpfst”, fuhr sie ihn an, sein Shirt fest im Griff, „und alles versuchst“, ihre Nasenspitze berührte beinahe die seine, „damit sie dich wieder lieben kann. Sakura wollte immer einen Mann an ihrer Seite, der sie genauso liebt wie sie ihn. Und auch, wenn sie es sich anders erhofft hat, anders gewünscht hat, und alles versucht hat, dich zu vergessen. Es gibt nur einen, der dafür in Frage kommt. Doch was soll sie machen, wenn sie denjenigen plötzlich nicht mehr so liebt wie zuvor? Wenn sie dich langsam zu hassen beginnt? Es lag nicht an ihr dich im Krankenhaus zu besuchen. Du hättest das tun müssen, denn dank dir hat sie beinahe ihr Leben verloren. Du hättest an ihr Bett kommen sollen, hättest zu ihr kriechen sollen. Naruto hätte das getan. Er wäre nicht feig in seinem Bett gelegen. Doch der wehrte Herr Uchiha hat sich wie immer versteckt und kein Wort verloren. Wollte wieder so schnell wie möglich nach Hause und die nächsten Wochen im Selbstmitleid ertrinken. Dann mach das, es hält dich keiner auf. Wirf dein Leben weg, wie du es die letzten Jahre getan hast. Oder kämpfe, aber dann wirklich. Keine Zweifel oder etwas in der Art. Geh zu ihr und versuch alles. Denn dann kannst du wenigstens behaupten, du hättest alles getan. Und hör auf, dich dein Leben lang zu verstecken.“ Es hatte etwas bittersüßes, klein Sasuke-kun vor sich zu sehen. Maske gebrochen, Lippen leicht geöffnet und tief Luft holend. Ino mochte dieses Bild auf eine ihr unerklärlichen Weise. Doch seine nächsten Worte zeigten ihr, dass noch ein Funken Hoffnung in ihm war. Und vielleicht würde Sakura ja doch noch jemanden bekommen, der an ihrer Seite ein Lächeln auf den Lippen trägt. „Dann kämpfe ich.“ Kapitel 6: Starting Over ------------------------ Seine Stimme hallte durch die Gänge des Krankenhauses und zog die Aufmerksamkeit der umstehenden Patienten auf ihn. Und wenn schon, dachte er. Im Moment war ihm das egal. Sollten sie doch denken, dass er mittlerweile verrückt geworden war. Was kümmerte ihn das schon? Oder besser gesagt, was kümmerte ihn das noch? Er war niemand, der sich in Gegenwart anderer schwach fühlte… und schon gar nicht vor ihr. Dafür war er doch bekannt. Eiskalt. Emotionslos. Sasuke Uchiha eben. Er war stärker als sie… das wusste er. Oder zumindest glaubte er das bisher immer zu wissen. Aber warum dann jetzt die Zweifel? Vielleicht lag es daran, dass er sie am rechten Arm gepackt hatte, als sie schon im Begriff war zu gehen. Oder an den unschönen Worten, die er soeben lautstark durch den Flur gebrüllt hatte. „VERDAMMTE SCHEIßE. Es tut mir wirklich leid Sakura!“ Er wollte Stärke vermitteln. Aber stattdessen klang es so, als würde er sie anflehen, und mit jeder Silbe seiner Worte darum bitten, ihm zu verzeihen. „Wie fühlt es sich an?“, flüsterte sie. Sasuke kniff die Augenbrauen zusammen und blickte sie überrascht an. Langsam, es kam ihm beinahe wie eine kleine Ewigkeit vor, drehte sie sich zur Seite. Ihre Lippen waren zu einem leichten Lächeln geformt und sie hatte den Kopf ein wenig zur Seite geneigt. „Was?“ brachte er gerade noch hervor. „Wie es sich anfühlt?“, wiederholte sie. „Ich hab noch nie so viele Emotionen aus deinem Gesicht lesen können. Wie fühlt sich das an?“ Sasuke hatte keine Ahnung was die Frage sollte. Ihm fiel nichts Passendes mehr ein, das er darauf erwidern hätte können. Leises Flüstern verriet ihm, dass sich mittlerweile auch schon das halbe Krankenhaus hinter ihm versammelt hatte. Aber wer konnte es den Schaulustigen schon groß verübeln? Es war sicher kein alltäglicher Anblick, einen Uchihaerben dabei zu erwischen, wie er um Verzeihung bat. Oder bettelte (Betteln traf es eher, viel eher). Sasuke holte tief Luft und starrte weiterhin in die prüfend auf ihn gerichteten, jadegrünen Augen seiner früheren Teamkollegin, ehe er antwortete: „Scheiße.“ Denn genauso fühlte er sich. Wieso noch groß leugnen, was ihm mittlerweile schon ins Gesicht geschrieben stand? „Kannst du dir jetzt vorstellen, wie ich mich gefühlt habe?“ Erst jetzt begriff er. Hatte er nicht genau dasselbe mit ihr gemacht? All die Jahre lies er sie spüren, was sie ihm die letzten beiden Wochen durchmachen lies. Und die kurze Zeit brachte ihn schon beinahe um den Verstand. Sakura löste sich langsam aus dem eisernen Griff ihres Gegenübers und zog ihn zu sich. Mit einigen schnellen Schritten führte sie den Uchihaerben durch die eintönigen Korridore des Krankenhauses, vorbei an überraschten Patienten und Krankenschwestern. Sasuke wusste nicht mehr, was er tun sollte. Es kam ihm beinahe so vor, als würde er alles durch eine Brille beobachten. So, als hätte er keinen Einfluss mehr auf seine Bewegungen. Sakura bog nach rechts in einen schmalen Gang ab, hielt abrupt vor einer der vielen gleich aussehenden weißen Türen und öffnete diese. Sie warf noch einen raschen Blick über ihre Schulter, ehe sie den willenlosen Schwarzhaarigen neben ihr in das Zimmer schob und dann selbst eintrat. Der Raum war beinahe völlig leer, nur ein paar alte Stühle zierten das kleine Zimmer und einige billige Kaufhausbilder hingen an sonst kahlen Wänden. Aus einem runden Fenster knapp über der Decke drang kaum Licht, und erst als Sakura nach einem Schalter nahe der Tür tastete, erwachte eine alte 60 Watt Glühbirne zum Leben. „Ist eigentlich nur noch als Abstellraum gedacht“, erwiderte die Rosahaarige auf das fragende Gesicht des Uchihaerben. Dem Schwarzhaarigen war der Raum im Moment allerdings ziemlich egal. Viel mehr fragte er sich, warum er plötzlich hier stand. Sakura stieß ein langes Seufzen aus und zog einen der Stühle des Zimmers näher an sich heran. Sasuke tat es ihr gleich, hielt allerdings einen kleinen Sicherabstand zwischen ihm und der Kunoichi ein. Der Plan ging nach hinten los. Kaum nachdem er Platz genommen hatte, rückte Sakura ihren Stuhl näher an den seinen. Langsam beugte sie sich nach vor und griff nach seinen Händen. Sasuke beobachtete sie wortlos dabei. Ihm wäre ohnehin nichts eingefallen, was er ihr hätte sagen können. „Ich möchte, dass du mir ein paar Fragen beantwortest.“ Der Schwarzhaarige nickte kurz als Antwort. Sakuras bohrender Blick verriet, dass er so einfach nicht davonkommen würde. „Was für Fragen?“, kratze seine Stimme. Obwohl er kaum gesprochen hatte, klangen seine Worte heiser, müde. „Warum bist du diese beiden Nächte zu mir gekommen? Und ehrlich, Sasuke.“ Vielleicht hätte er die Sache sein lassen sollen. Dann kämpfe ich. Wie einfach hatten die Worte gestern noch aus seinem Mund geklungen, und jetzt? Irgendwie war dem Uchihaerben noch nie so unwohl in seiner Haut gewesen, wie in jenem Moment. Aber weglaufen ging nicht mehr. Er war ihr bereits zu oft ausgewichen. Und so wusste Sasuke einerseits, dass er in dieser besseren Besenkammer seine letzte Chance bekommen hatte. Würde er noch einmal Scheiße bauen, dann wäre das das letzte Mal gewesen. Noch so eine seiner erbärmlichen Entschuldigungen würde sie sich nicht mehr anhören. Also hieß es alles oder nichts, nicht wahr? „Ich wollte mich entschuldigen. Dafür, dass ich die ganze Zeit über…“ „Ist das alles? Bist du damals zu mir gekommen, um dich zu entschuldigen?“, unterbrach sie ihn. Alles oder nichts, nicht wahr? „Nein.“ Sakuras Augen funkelten für einen Augenblick. „Das war nur ein Grund.“ Sasuke holte tief Luft, tiefer als er jemals Luft geholt hatte. Ein leichter Hauch von Kirschblüten lag in der Luft, der Duft ihrer Haare. Was soll’s? dachte er. „Ich… Nachdem ich… nach Konoha zurückgekommen bin. Da hab ich mich gefragt, wie mir der Gedanke, meinen Bruder zu töten, damals so viel Kraft geben konnte. Ich hab angefangen, diesen blinden Hass abzulegen, den ich auf alles und jeden hatte. Ich hab erkannt, was ich den Menschen in meiner Umgebung angetan hab. Und ich...“ „Ja?“, ihre Stimme klang wieder so weich wie früher. Dieser kalte Unterton war verschwunden, der noch vor wenigen Minuten jedes ihrer Worte begleitet hatte. Sasuke lies ein paar Sekunden verstreichen und schloss die Augen. Alles oder nichts. „Ich… ich denke ich… empfinde etwas für di…“ Sakura stieß ein leises Lachen aus und lehnte sich ein wenig zurück. Sie fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und betrachtete Kopf schüttelnd den Schwarzhaarigen vor ihr. „Mann, du bist wirklich nicht gut in so was, nicht wahr?“ Sasuke stieß ein Seufzen aus und warf ihr einen kalten Blick zu. „Findest du das witzig?“ Die Kunoichi nickte heftig und lehnte den Kopf zur Seite. „Um ehrlich zu sein schon. Ich meine, egal wie stark dein Gegner auch ist, du hast keine Angst, dich mit den besten Ninjas der Welt anzulegen. Aber wen es darum geht, mir ein paar einfache Worte zu sagen, versagst du vollkommen.“ „Hn.“ Sakura musste erneut lächeln und auch Sasuke konnte sich den Hauch eines Grinsens nicht verkneifen. „Das heißt nicht, dass ich dir verzeihe, oder nicht mehr sauer auf dich bin. Aber ich hab aufgeben, dich einfach zu vergessen. Oder meine Gefühle dir gegenüber zu ignorieren. Als ich mich bei unserer letzten Mission vor dich gestellt und dir das Leben gerettet hab, ist mir klar geworden, dass ich nach wie vor eine Menge für dich empfinde. Aber ich muss erst wieder lernen, dir zu vertrauen, verstanden?“ Sasuke fühlte sich zum ersten Mal seit Wochen erleichtert. Dieser Knoten in seinem Magen, diese Leere war plötzlich verschwunden. Zumindest hatte er jetzt noch eine Chance, und das Wissen, dass sie noch etwas für ihn empfand. „Ja. Wenn ich irgendwas machen kann, um dieses Vertrauen zurückzugewinnen, dann…“ „Ich denke das kannst du“, unterbrach ihn die Kunoichi. „Ich war schon seit einer Weile nicht mehr gut essen.“ Sasuke warf ihr einen fragenden Blick zu, ehe er ein “oh“ ausstieß. „Ja, wenn du heute Abend nichts vor hast?“ Sakura war aufgestanden und trug erneut ein Lächeln auf den Lippen. „Nein, hab ich nicht. Hol mich heute Abend um acht ab, bei mir zuhause. Du kennst ja den Weg schon.“ Damit war sie auch schon zurück auf den Korridor getreten. Sasuke viel ein Stein, oder wohl eher ein Felsen vom Herzen. Der Schwarzhaarige hatte soeben seine erste Verabredung geplant. Seine Hände waren schweißnass und sein Herz pochte. Zuerst brauchte er jetzt einmal einen kräftigen Schluck Sake. Kapitel 7: First Date... ------------------------ Zu sagen, dass sich Sasuke seit seinem Gespräch mit Sakura wie ein kleines Schulmädchen fühlte, war vollkommen überflüssig. Tatsache war jedoch, dass der Uchihaerbe keine Sekunde an das „Danach“ verschwendet hatte. Ein Date… Ein Date klang wunderbar. Es klang nach Hoffnung und dem Mut, nach vorne zu blicken; die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Aber es klang auch nach Unsicherheit und Verzweiflung. Denn der Schwarzhaarige war auf keinem Fall das, was man einen Experten in Sachen Beziehungsfragen bezeichnen konnte. Und so war auch die Dating-Sache eine völlige Neuheit für ihn, von der er keine Ahnung hatte. Keinerlei Ahnung. Willkommen in der Welt eines Uchihas. Sasuke konnte sich nicht mehr erinnern, was ihn diesmal hier her getrieben hatte. Erneut. Aber in diesem Moment wünschte er sich hundert und ein Mal, als die Glocke über ihm ertönte und die Glastür des Shops ins Schloss fiel, dass es ihm so schnell wie möglich wieder einfallen würde. Seine schwarzen Augen öffneten sich langsam und er wartete einen Moment, zögernd, ehe er nach vorne schritt. „Und was treibt dich diesmal her? Werden deine Besuche jetzt etwa zur Gewohnheit?“ Der Ton ihrer Stimme schwankte zwischen Neugier und Amüsement. „Ich wollte Danke sagen“, der Uchiha klang so stoisch und gelassen wie eh und je. Er hatte den Nachmittag nicht umsonst damit verbracht, ein paar seiner alten Mauern wieder aufzubauen. Schließlich war er in letzter Zeit viel zu angreifbar. Ino öffnete den Mund langsam, schloss ihn wieder, öffnete ihn erneut. Sie brauchte fast eine halbe Minute um zu verstehen, was der Schwarzhaarige eben gesagt hatte. Er wollte Danke sagen? Ein Danke von Sasuke Uchiha? Das bekam man ungefähr so häufig zu hören, wie man Choji ohne Chipstüte antraf. Die Yamanakaerbin versuchte erst gar nicht, ihre überraschte Mine zu verbergen. Stattdessen schüttelte sie langsam den Kopf und meinte mit einem Lächeln auf den Lippen: „Wohl dafür, dass ich dir etwas Verstand eingebläut hab?“ Ein langsames Nicken war die einzige Antwort ihres Gegenübers. Ino fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und trat dabei hinter der Theke des Blumenladens hervor. „Also bist du jetzt hier, um dir Tipps für deine Verabredung heute Abend zu holen?“ Sasuke war nicht verwundert, dass die Blonde bereits über sein Date bescheid wusste. Sakura war ihre beste Freundin, und die beiden erzählten sich so gut wie alles. Es störte den Schwarzhaarigen viel mehr, dass er so leicht zu durchschauen war. „Gibt es denn so etwas? Tipps für eine Verabredung.“ „Ich denke, uns wird schon was einfallen.“ Regen. Regen, der unaufhörlich zu Boden prasselte, die Straßen Konohas entlang kroch und sich in wachsenden Pfützen sammelte. Regen, der auf die Dächer der Häuser niederging und den der Wind unbarmherzig in Sasukes Gesicht schlug. Regen, der, zu dicke Tropfen geformt, seine Schläfen entlang glitt, und von der Spitze seines Kinns auf seinen Mantel fiel. Eigentlich mochte er das Wetter. Dunkel, unbeständig, mit Aussicht auf Gewitter. So hätte man Sasuke wohl am besten beschreiben können. Aber als er tapfer durch die Gassen nahe Sakuras Wohnung schritt, hätte er sich ein paar Sonnenstrahlen gewünscht. Er war jetzt schon völlig durchnässt, und noch nicht einmal bei der Rosahaarigen angekommen. „Du hättest dir ne Regenjacke mitnehmen sollen.“ Der Uchihaerbe verdrehte die Augen und drückte sich etwas näher an Sakura. Natürlich nur unter dem Vorwand, dass er sonst nicht mehr ganz Schutz unter ihrem Regenschirm gefunden hätte. „Ich hatte ja auch keine Ahnung, dass uns heute Abend ein Weltuntergangsszenario bevorsteht.“ Sakura stieß den Schwarzhaarigen leicht in die Rippen und zog den Schirm weiter auf ihre Seite. „Übrigens könntest du deine Annäherungsversuche ruhig etwas unauffälliger gestalten, weißt du?“ War es wirklich so offensichtlich? „Was heißt hier Annäherungsversuche? Du bist es doch, die den Schirm zur Gänze einnimmt.“ Sakura lies ein leises Lächeln vernehmen, das der Uchihaerbe auch über das Donnern und prasselnde Geräusch des Regens hinweg noch hören konnte. „Soll ich ihn dir überlassen?“ Der Schwarzhaarige bog gerade in eine Seitenstraße ein und steuerte mit seiner Gefährtin auf ein kleines Lokal zu. „Nein, wir sind ohnehin schon fast da.“ Es war einzigartig, im Sinne von: Genial einzigartig. Das kleine Restaurant war Sakura zuvor noch nie aufgefallen, lag es doch in einer kleinen Seitengasse relativ gut versteckt. Und dennoch. Als sie den Blick durch das ihr fremde Lokal schweifen lies, fühlte sie sich sofort wie zu Hause. Stühle und Tische aus Mahagoni, alte Ölgemälde aus längst vergangenen Zeiten, eine kleine Bar mit reichlich Spirituosen und ein freundlich lächelnder Barmann zierten das “Chronos“. „Woher kennst du das hier?“ Sasuke schlüpfte aus seinem Mantel und half Sakura aus ihrer Jacke, ehe er langsam auf einen Tisch in der Mitte des Lokals zuschritt. „Ist schon eine Weile her. Meine Familie kannte den Besitzer.“ Sakura biss sich auf die Zunge. Sie wusste, wie ungern Sasuke über seine Eltern sprach. Ihn schien die Frage jedoch nicht weiter zu stören. Er schob den Stuhl vor ihr zur Seite und bat sie mit einer Handbewegung, Platz zu nehmen. Der Abend verlief ungewöhnlich. Der Uchihaerbe war seltsam gesprächig und Sakura schien es beinahe so, als versuche er längere Stillen zu vermeiden. Sie erkannte ihn kaum wieder. „Du kommst mir irgendwie anders vor als sonst.“ Sasuke legte das Messer vor sich zur Seite und genoss gerade ein Stück des Lachs, den er soeben in den Mund geschoben hatte. „Anders? In wie fern?“ Sakura verdrehte die Augen. „Normalerweise bist du stiller.“ Viel stiller, fügte sie in Gedanken hinzu. Der Schwarzhaarige konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und nahm einen Schluck Wasser aus dem Glass vor sich. „Und? Ist es dir lieber, wenn ich nichts sage?“ Die Kunoichi erwiderte das Lächeln und fuhr sich mit einer Serviette über die Lippen. „Mir wäre es lieber, wenn du dich nicht verstellst. Ich kenne dich. Du bist niemand, der gerne etwas Smalltalk über den Tisch wirft und über Gott und die Welt redet.“ Sasuke wusste, dass er sich seltsam verhalten hatte. Es war ihm schließlich sogar selbst aufgefallen. Aber zu “Ino Yamankas unschlagbaren Datingtipps“, das Copyright lag übrigens bei der Blonden, gehörte nun einmal auch das Führen von so vielen Konversationen als möglich. Und da er nicht umsonst den ganzen Nachmittag damit verbracht hatte, ihren Lektionen und Ratschlägen zu folgen, wollte er zumindest ein wenig von ihren Weisheiten gebrauch machen. Allerdings schienen sich ihre Tipps als wenig hilfreich zu erweisen. „Ich dachte einfach, schweigsam hier zu sitzen und essen macht nicht gerade den besten Eindruck bei der ersten Verabredung.“ „Willst du etwa Eindruck auf mich machen?“, erwiderte Sakura interessiert. Ihr Blick verhieß nichts Gutes. Sie trug wieder diesen amüsierten Gesichtsausdruck, den er nicht zu deuten vermochte. „Naja…sicher doch.“ Sie nahm ein Stück Salat in den Mund und lachte leise. Sasuke hoffte, sie würde etwas darauf erwidern, aber für die nächsten paar Minuten sagte keiner der beiden etwas. „Verstell dich nur nicht.“ Sasuke legte die Stirn in Falten. „Was meinst du?“ „Versprich mir einfach, dass du nichts tust, was du nicht tun möchtest.“ Der Uchihaerbe aß nur aus einem bestimmten Grund in diesem Moment mit der Kunoichi vor ihm. Weil er es wollte. „Hör mal Sakura. Ich hab dich hier her gebracht, weil ich es wollte. Und vielleicht bin ich ein wenig gesprächiger als sonst, aber nur, weil ich versuche, mich zu ändern.“ Regel Nr.2 aus Inos Predigten wenige Stunde zuvor besagte, dass er auf alle Fälle ehrlich sein musste. Nichts war schlimmer, laut der Blonden, als eine Beziehung mit einer Lüge zu beginnen. Ein weiterer ungewöhnlicher Gesichtsausdruck zierte Sakuras feine Züge, während sie den Kopf leicht zur Seite neigte. Sie schien über etwas nachzudenken. „Alles in Ordnung?“ Sasuke beschlich ein ungutes Gefühl bei der Sache. „Ich weiß nicht. Tut mir leid, aber ich… Ich hab einfach noch Probleme, mich daran zu gewöhnen.“ Ein seltsam krampfartiges Gefühl beschlich den Schwarzhaarigen. Daran zu gewöhnen? Was meinte sie? „Wenn man so wie ich eine Zeit lang genau auf diesen Moment wartet. Darauf, dass sich der Mensch, den man gerne hat, ändert. Und all die Jahre vergeblich wartet. Dann fragt man sich, was ihn plötzlich dazu veranlasst. Weißt du, ich hab einfach Zweifel. Zweifel, ob wir hier sitzen würden, wenn Itachi noch am Leben wäre.“ Er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Er konnte sich ihre Zweifel vorstellen, auch die Angst, die sie haben musste… „Kann ich was dagegen unternehmen?“ „Ich weiß es nicht.“ Sasuke war an seinem Tiefpunkt angelangt. Erneut. Ich weiß es nicht. Die Worte wiederholten sich in seinem Kopf wie ein Mantra. Seit einer Viertelstunde saß er nun vor ihr, schweigsam wie eh und je. Er fragte sich, ob er jemals gut machen konnte, was er ihr angetan hatte. Vielleicht half es auch nichts zu kämpfen. Vielleicht hatte er sie einfach zu lange im Stich gelassen. Und vielleicht musste er einsehen, dass es schon zu spät war. „Das war nicht gerade das beste Gesprächsthema fürs erste Date, oder?“ Sasuke hob den Kopf ein wenig, erwiderte für einige Sekunden den Blick seines Gegenübers und schloss dann die Augen. „Nein, nicht wirklich.“ Er holte tief Luft und schüttelte den Kopf. „Aber du hast recht. Ich weiß, dass du mir nicht einfach verzeihen kannst. Ist ja schließlich meine Schuld.“ Sakura stand langsam auf und schob ihren Stuhl beiseite. Nur ein paar Zentimeter trennten die beiden, als sie wieder Platz nahm. Sie legte eine Hand auf Sasukes Oberschenkel und lehnte sich vorsichtig an seine Schulter. Der Uchihaerbe fühlte keine Schmetterlinge in seinem Bauch. Keine Glücksgefühle schossen durch seinen Körper bei der Berührung der Rosahaarigen. Stattdessen wurde ihm nur warm. Eine ungewöhnliche Wärme. Als ob ihn zuvor eine Kälte umgeben hätte, die er nun nicht länger ertragen musste. Der sanfte Geruch von Kirschblüten stieg ihm in die Nase, und er fragte sich, welches Shampoo der Welt solch einen Duft hatte. Er würde sich jedenfalls ein paar Flaschen davon zulegen. „Ich brauch einfach noch ein wenig Zeit, verstehst du?“ Und er verstand. In jenem Moment, als sie sich ein wenig fester gegen seinen Körper drückte und ihr Gesicht in seiner Schulter vergrub, verstand er. „Ja, ich verstehe…“ Ein leichtes Nicken begleitete seine Worte und er genoss den Augenblick, ehe er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen konnte. „Ach ja, bevor ich’s vergesse. Du könntest deine Annäherungsversuche auch ein wenig unauffälliger gestalten.“ Sakura stieß ein leises Lachen aus und hob ihren Kopf langsam, bis sie ihm in die Augen blickte. Sasuke musste sich mit aller Kraft daran erinnern, weiter zu atmen, als er ihr Lächeln sah. „Komisch. Ich dachte du hast nichts dagegen. Dein Herz rast jedenfalls wie verrückt.“ Erst jetzt fiel ihm auf, dass sein Puls ungeahnte Höhen erreicht hatte. „Naja… ich… als Ninja… hat man immer einen erhöhten Herschlag. Immer in Alarmbereitschaft und so weiter, du verstehst schon…“ Sakura schüttelte weiterhin amüsiert den Kopf und stand langsam auf. Der Schwarzhaarige vermisste das warme Gefühl jetzt schon. „Ich nehm alles zurück. Du hast dich nicht geändert.“ Zumindest hatte er es geschafft, sie ein wenig zum Lachen zu bringen. Und obwohl er wusste, dass sie noch Zeit brauchen würde, und er wahrscheinlich noch viel Arbeit vor sich hatte, Sasuke konnte sich das dämliche Grinsen in seinem Gesicht eine ganze Weile nicht verkneifen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)