Nachtfalter von moonlight_005 ([NejiTen]) ================================================================================ Teil VI: Über Freundschaft -------------------------- Von nun an ging Tenten Neji aus dem Weg. Sie wusste, dass ihr Verhalten kindisch war, denn früher oder später würde sie sich ihm stellen müssen, doch die Angst vor dem, das er von ihr verlangen würde, war zu groß. Vielleicht würde er ihr Lügen erzählen, oder sie zwingen, vielleicht nichts davon, aber sie wusste, dass er es tun würde. Es war nur noch eine Frage der Zeit, aber je länger er keine Anstalten machte den Vorfall zu erwähnen, wuchs ihre Panik. Tenten wollte nicht sterben, nicht so. Sicher, es wäre richtig und ehrenvoll und als seine Kameradin war es ihre Pflicht ihm zu helfen, aber sie konnte es nicht. Sie erinnerte sich wieder an die letzten Worte Haruka-sans und umso mehr Angst bekam sie. Allein sein. Immer und immer wieder keimte dieser Gedanke in ihr auf und sie wusste, dass sie allein sein würde, wenn sie für ihn starb. Im Tod war jeder allein, aber sie glaubte an eine höhere Macht, irgendetwas Anderes, das man schnell übersehen konnte, und das doch da war. Freundschaft, Vertrauen, Liebe, Leben… Es würde da sein, wenn sie starb, weil sie wusste, dass all dies ein Teil von ihr werden würde, aber wenn er sie zwang, war sie nichts weiter als ein Opfer. Der Preis seiner Freiheit … und dann würde man sie vergessen. Gesichtslos würde sie als das Mädchen in den Köpfen der Menschen sein, die nur wussten, dass sie der Schlüssel gewesen war, den Neji gebraucht hatte. Tenten wusste nicht genau, ob die anderen es ihr anmerkten, dass da etwas war. Sie mussten es merken! Wann immer sie Neji begegnete nahm sie Reißaus, entschuldigte sich mit einer lächerlichen Lüge und verschwand. Vielleicht dachten sie, dass sie sich immer noch nicht an das Leben hier gewöhnt hatte. Vielleicht. Oder sie ahnten etwas, denn Neji sah ihr niemals in die Augen. Tenten hasste ihn dafür. Wollte er sie nicht mal ansehen, wenn er verlangte, dass sie für ihn starb?! Sie wusste nichts über Neji Hyuga. Er war ein Krieger, ein ehemaliger Clanangehöriger eines der mächtigsten Clans im Land. Er war ein Verfluchter, ein Kamerad, ein Freund… und derjenige, der ihr Leid tat. So oft sie es auch leugnete, Neji war ihr nicht egal. Auf irgendeine verquere Art mochte sie ihn und gleichzeitig fürchtete sie ihn noch mehr als die Uchihas. Das Leben auf dem Hof der Ausgestoßenen ging weiter, als wäre nichts passiert. Tenten spürte deutlich, dass sie den anderen durch den Nachmittag im Badehaus näher gekommen war. Sakura, Ino und Temari wurden die Freundinnen, die sie sich immer gewünscht hatte, aber dennoch konnte sie sich nicht wirklich darüber freuen. Wenn man etwas bekam, musste man auch immer etwas dafür geben. Sie hatte etwas gegeben: Ihre Freiheit, denn die hatte Neji ihr in dem Moment genommen, in dem er sie als das, was sie war, erkannt hatte. Der Winter hüllte die Welt in ein schneeweißes Tuch ein, das alles Leben ausdörrte und die Kälte brachte. Es gab nicht wenige Tage, in denen sie hungern und frieren mussten. Es waren diese Tage, in denen sie den anderen das erste Mal Tee bereitete. ‚Tee hat eine beruhigende Wirkung, Tenten-chan’, hatte Haruka-san immer gesagt, ‚er bringt die Menschen dazu, ihre Sorgen zu vergessen’. Und sie vergaßen ihre Sorgen, vergaßen den hungrigen Magen und die Angst nicht zu überleben. Tenten betäubte sie mit einer Tasse duftenden heißen Tees, der auf der Zunge brannte, wenn man nicht vorsichtig war, und der einen betörenden Geruch in der Küche ausbreitete und sie träumen ließ. Träumen von einem besseren Leben… Träumen von der Vergangenheit und manchmal, wenn ein Funke Hoffnung aufgekeimt war, auch von der Zukunft, die ungewiss war. Pein und Konan waren eines Tages verschwunden und es versetzte ihr trotz allem einen Stich. Sie hatte nicht viel mit ihnen zu tun gehabt, nie viel mit ihnen gesprochen. Ja, mit Pein hatte sie sogar gar nicht gesprochen, stellte Tenten erstaunt fest, aber Pein sagte ohnehin nicht viel. „Sie kommen nicht zurück“, hatte Lee zu ihr gesagt, „Pein hat Konan niemals mitgenommen, wenn er gegangen ist. Sie kommen nicht zurück.“ Und die anderen hatten geschwiegen. Zwei von ihnen waren verschwunden und die Lücke, die sie zurückließen, war groß. Aber sie lebten weiter, als hätte es Pein und Konan nie gegeben, als hätten sie sie nie gekannt. Nur manchmal, wenn die anderen es scheinbar nicht bemerken sollten, beobachtete Tenten sie dabei wie sie abwesend in den Sternenhimmel starrten, ohne dessen Schönheit aufzunehmen. „Er sagte sein Stern ist gesunken“, es war das erste und das persönlichste Gespräch, das sie mit Gaara führte, „sie sei das Licht in ihm.“ Dann sagte er nichts mehr und die Stille hüllte sie beide ein. Tenten bewunderte Pein und Konan, deren Zuneigung und Zusammenhalt alles überschritt, das sie je gesehen hatte. Liebe…der schrecklichste Fluch und das schönste Gefühl zugleich. Nie hatte sie so etwas gefühlt. Es war eine harte Zeit und durch das Fehlen von Pein und Konan wurden sie alle stiller. Als der Schnee schmolz, machten sich Kiba und Gaara auf den Weg in die Wälder, wo sie jagen wollten um die anderen zu versorgen. Neji blieb. Anders als damals, als er mit Gaara fort gegangen war, ließ er sich nicht dazu bewegen sie zu begleiten. Er würde ihr nicht mehr von der Seite weichen… Ein Monat verging, ohne dass sie etwas von Kiba und Gaara gehört hatten, aber es war auch nicht von Nachteil. Durch die fehlenden Esser bekamen sie größere Portionen und der Hunger schwand. Insgeheim vermutete sie, dass Kiba es getan hatte um sicher zu gehen, dass Ino ohne Hunger über den Winter kam, doch sie sprach ihre Vermutungen nie aus. Nur das unangenehme Gefühl in ihr blieb und sie wusste, dass es nicht nur mit Kiba zu tun hatte. . . . Dampf stieg von Deidaras Tasse, als sie ihm eingoss. „Kann das nicht schneller abkühlen?“, murrte Deidara, sah Tenten böse an und setzte die Tasse an die Lippen. Im nächsten Moment hatte er sich die Zunge verbrüht. „Das hast du jetzt davon“, entgegnete Tenten schnippisch, als der Blonde laut losfluchte und goss Sakura ein, die ihre Tasse im Gegensatz zu Deidara noch abkühlen ließ. „Ja, ja“, knurrte Deidara gerade als Ino mit Lee und Temari eintrat und die Bemerkung im Lärm unterging. „Du kochst uns ja wieder Tee, Tenten, wie wundervoll!“, rief Lee, dessen Augen funkelten. Kurz darauf saß er am Tisch und wartete ungeduldig auf seine Tasse. „Wirklich, Lee“, sagte Tenten kopfschüttelnd, „Tee muss man genießen. Mit jedem Schluck musst du den Geschmack in dich aufnehmen und dir vorstellen, wie viel Arbeit es war ihn zu machen.“ „Aber du hattest doch schon den Tee“, wandte Lee ein. „Genau“, pflichtete Deidara ihm bei, „wir haben schon genug Arbeit, warum noch daran denken, hm?“ Böse funkelte Tenten ihn an und wunderte sich im selben Moment, warum Ino ihn nicht zusammenstauchte. Doch die Blonde war in letzter Zeit sowieso irgendwie stiller und seltsam abwesend. „Trink ihn einfach und kipp ihn nicht sofort runter!“, knurrte Temari stattdessen, woraufhin Deidara ihr einen amüsierten Blick zuwarf. „Wirklich Temari, ich wusste gar nicht, dass du so leidenschaftlich um mich besorgt bist.“ „Verschluck dich daran und verreck!“ „Du bist liebenswürdig wie immer“, gab Deidara zurück. Temari rollte nur mit den Augen. Tenten fragte sich indessen wie sie so weit von ihrem ursprünglichen Thema abkommen konnten, nämlich, dass man Tee genießen sollte. Es hatte sie so viel Überwindung gekostet vor den anderen ihren Beruf auszuüben und jetzt nahmen sie das ganze als eine Selbstverständlichkeit hin. Sie hatte diesen Tee selbst hergestellt, die Samen selbst in die Erde gesät und zusammen mit ihrer Großmutter getrocknet. Für Tenten war dieser Tee besonders und etwas noch Besonderes war es, dass sie ihn mit den anderen teilte. Tenten hätte ein gutes Geschäft damit gemacht, das wusste sie, aber… ihn mit ihren Freunden zu teilen war ein anderes Gefühl als ihn zu verkaufen. Wenn sie diesen Tee aufgebraucht hatten, blieb ihr nur noch der Darjeeling. Lee leerte seine Tasse in zwei Zügen und wundersamer Weise schien er gegen die Wirkung des heißen Tees immun zu sein. „Wo ist eigentlich Neji?“, fragte er, worauf Deidara mit den Schultern zuckte und Ino einen fragenden Gesichtsausdruck bekam. „Zuletzt habe ich ihn bei den Pferden gesehen“, sagte Sakura, „aber wo er jetzt ist, weiß ich nicht.“ „Der Kerl arbeitet einfach zu viel, völlig unentspannt der Gute“, Deidara war direkt wie immer. „Das musst du gerade sagen, Feuerteufel“, ertönte plötzlich eine Stimme an der Tür, „wer musste denn deine Arbeit machen?“ Lässig lehnte Neji im Türrahmen und betrachtete die Ansammlung. Tenten versteifte sich. „Ob ich es nun gleich mache oder später, Hyuga, was macht das für einen Unterschied?“ Nejis Blick heftete sich in Deidaras Augen, doch Tenten hatte das Gefühl, dass er eigentlich sie ansah. „Den, dass ich keinen Tee bekomme.“ „Ich habe noch welchen“, sagte Tenten leise und goss mit zitternden Händen eine saubere Tasse voll. Sie zwängte sich an ihm vorbei und drückte ihm die Tasse in die Hand. Ihre Finger berührten seine Haut und sie zuckte augenblicklich zusammen. Fast hätte Tenten die Tasse fallen lassen, aber sie fing sich gerade noch rechtzeitig, drehte sich um und verließ den Raum, die fragenden Blicke ignorierend. Es war nur noch eine Frage der Zeit… Erst als sie oben in der Schlafkammer war, fühlte sie sich besser. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Männer nicht in die Frauenkammer und die Frauen nicht in den Männerschlafsaal kamen. Neji würde ihr nicht folgen, da konnte sie sich sicher sein. Tenten setzte sich auf die Fensterbank des kleinen Dachfensters und atmete tief durch. Ihr Herzschlag beruhigte sich und nach einer Weile hatte sie sich wieder soweit unter Kontrolle, dass sie klar denken konnte. Sie war vor ihm geflohen, eine andere Erklärung gab es nicht, die anderen würden es irgendwann begreifen. Wie viel Zeit blieb ihr noch? Wer würde sich auf ihre Seite schlagen, wenn er das Opfer wirklich von ihr fordern sollte? Würden sie es überhaupt bemerken? Sie öffnete das Fenster und sog die eiskalte Luft ein. Augenblicklich war sie wieder hellwach. Die Luft war hier kühler als in dem kleinen Dorf wo sie aufgewachsen war. Fast musste sie lächeln; alles war anders hier. Tenten verbrachte fast den ganzen Nachmittag in der spärlich beleuchteten Einsamkeit der Dachkammer. Sie isolierte sich, aber im Moment war ihr das egal. Es klopfte. Tenten murmelte etwas Unverständliches. Wieder pochte jemand an die schwere Eichentür. Schließlich seufzte sie. „Ja?“ Merkwürdig, wie dünn ihre Stimme klang. Was, wenn Neji ihr doch gefolgt war, um sie zur Rede zu stellen? Die Tür wurde aufgeschoben und Temari schloss sie hinter sich. Die junge Frau hatte einen bemerkenswert ruhigen Ausdruck im Gesicht, nicht dominant, wie sie ihn sonst immer zur Schau trug, sondern ernst und bestimmt. „Ich wollte mit dir reden, Tenten“, sagte Temari. Mit einer Handbewegung deutete Tenten ihr auf einem Hocker Platz zu nehmen, sie sah weiterhin aus dem Fenster. In die Freiheit… „Ich nehme nicht an, dass es an der nicht angemessenen Beachtung deines Tees liegt, dass du dich von uns abkapselst, oder?“ Innerlich verkrampfte sie. Temari hatte es gemerkt. Natürlich. Irgendjemand musste ihr Verhalten aufgefallen sein. „Bist du eifersüchtig auf mich?“ Sie zuckte zusammen. Selbst das hatte Temari gemerkt und jetzt würden sie das Gespräch führen, dass sie so lange gefürchtet hatte. „Nein.“ Ihre Stimme klang brüchig und falsch und Tenten wusste, dass Temari die Lüge dahinter sofort bemerken würde. Temari schwieg und aus den Augenwinkeln beobachtete Tenten, wie sie nervös ihre Finger knetete. Hatte sie dieses Gespräch genauso gefürchtet wie sie? „Es ist wegen Neji, nicht wahr?“ Ihre Stimme war leise, fast lautlos, aber in der Stille des Raumes würde sie selbst das wahrnehmen. Tenten konnte nicht verhindern, dass statt der Angst jetzt Wut in ihr aufkeimte. Temari kam hierher ohne zu wissen, was eigentlich mit ihr los war. „Was weißt du schon von mir?“, fuhr sie sie an, aber Temari ließ es unbekümmert über sich ergehen. Sie war längst abgehärtet gegen diese Art von Bemerkungen. „Nichts“, sagte sie schlicht, „aber ich würde dich gerne verstehen.“ „Und wenn ich das nicht will!?“ Tenten spürte wie ihre Wut wuchs. Temari schien es nicht zu kümmern „Glaub mir, jeder hier will, dass ihn die anderen verstehen, weil jeder hier allein ist. Ich kenne deine Vergangenheit nicht und ich weiß nicht, wieso du uns… wieso du Neji aus dem Weg gehst, aber ich will es wissen. Das mit mir und Neji ist vorbei, aber ich kenne ihn. Vielleicht kann ich dir helfen.“ „Wie willst du mir mit meinen Problemen helfen, wenn du mich nicht kennst und ich nichts über dich weiß?“, fauchte Tenten, doch Temari blieb immer noch ruhig. Das war nicht richtig! Temari war stark, sie ließ sich nichts sagen, sich nicht anfahren, oder den Zorn eines anderen über sich ergehen. Sie sollte toben, sie sollte sie so direkt zurechtweisen wie sie es mit Deidara oder Kiba manchmal tat, aber sie tat es nicht. Stattdessen wanderte ihr Blick in den Himmel, den Tenten den halben Nachmittag angesehen hatte, aber sie schien hindurch zu sehen. „Dann werde ich dir zuerst etwas über mich erzählen müssen“, flüsterte sie und Tentens Wut sackte augenblicklich in sich zusammen. Tenten sagte kein Wort und die Stille zwischen ihnen nahm eine Schärfe an, die jedes Geräusch sofort ins Zehnfache verstärkt hätte. „Gaara und ich stammen aus dem Sabakuno-Clan. Die Domäne liegt im Süden, es ist ein trostloses Gebiet mit wenig Wasser und fruchtbarer Erde. Die Menschen haben nicht viel, das ihnen das Leben verschönern würde, denn da sind nur die ewige Wüste und die Felsklippen, die mit der Zeit zu Sand verfallen werden. Mein Clan war immer recht friedlich gewesen, aber die andauernde Dürre zwang uns dazu mit anderen Clans um die fruchtbaren Gebiete zu kämpfen. So gerieten wir in den Krieg.“ Sie hielt inne und Tenten wusste, dass sie an ihre Kindheit und an das Land, aus dem sie kam, dachte. Wüste… Sand… Sonne, das war Temaris und Gaaras Leben gewesen. Es war ganz anders als das der anderen. „Dann…“, fuhr sie fort, „wurden auch Gaara und Kankurou in den Krieg eingezogen.“ „Wer ist Kankurou?“, warf Tenten ein. Temari ließ sich mit der Antwort Zeit, es war als müsse sie sich innerlich gegen etwas wappnen und Tenten zählte siebenundsiebzig Herzschläge ehe sie auf ihre Frage antwortete. „Gaaras und mein älterer Bruder. Er ist tot.“ Stille herrschte im Raum und Tentens Gegenüber schloss für einen Moment die Augen. Tenten sah den Schmerz, der in ihr aufkeimte, und der vermutlich nie wieder aus ihrer Seele verschwinden würde. Kankurou… ihr Bruder und niemand, dessen man sich erinnern würde. Sie sollte sagen, dass es ihr leid tat, aber sie konnte es nicht. Heuchlerei, schoss es ihr durch den Kopf und Tenten glaubte zu wissen, dass Temari davon mehr als genug bekommen hatte. Temari schloss kurz die Augen, Tenten rutschte ein Stück von der Fensterbank und malte sich die Geschichte aus, die in der Frau schlummerte. Jeder Mensch hatte eine Geschichte, die in ihm war, jeder hatte ein Schicksal und niemand kannte seine Geschichte je vollständig. Langsam fragte sich Tenten, ob der Hof der Ausgestoßenen eine Insel innerhalb des Schicksals war. Ein Ort der zerschlagenen Träume und neuer Hoffnung, die wie eine Knospe im Frühling langsam wieder aufkeimte. „Sie erzählten mir damals es wäre ein Unfall gewesen, eine dumme Unachtsamkeit. Sie sagten, er sei von einer Klippe gefallen, als er ein paar Menschen Lebensmittel beschafft hatte.“ Ihre Stimme klang hart und gepresst und Tenten spürte den Schmerz, der hinter dieser Lüge steckte. „ Kankurou wäre von Rechts wegen der Nachfolger unseres Clans gewesen, aber er war nachsichtig und überlegt. Er war ein guter Mensch und er war gegen den Krieg. Das war schließlich der Grund, warum ich mich in die Armee versetzen ließ. In meinem Clan werden auch die Frauen zu Kriegern ausgebildet, musst du wissen. Gaara und ich waren von nun an immer zusammen und da ich älter als Gaara war, hätte ich die nächste Anführerin sein müssen, aber die alteingesessenen wollten keine Frau als Führungsoberhaupt. Damals war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie versuchen würden auch mich zu töten, das wusste ich.“ Kurz hielt sie inne, aber Tenten wusste, dass sie kein Mitleid wollte. Sie wollte auch nicht von ihr hören, wie tapfer sie war. Das einzige, das sie tun konnte, war ihr zuhören … und ihre Geschichte hören, die sich auf merkwürdige Art und Weise vertraut anfühlte. Wieder dachte sie an Nejis stechenden Blick. „Aber sie bekamen nie eine Chance, weil Gaara immer bei mir war und am Ende war ich es, die sie zuerst fand. Ich weiß noch, wie Gaara mich damals angesehen hat und da wusste ich, dass er mit mir überall hingehen würde. Ich weiß noch wie die Sonne vom Himmel brannte und wie das Meer unter derselben Klippe rauschte, wo Kankurou gestorben war. Dort habe ich seinen Tod gerächt und danach bin ich mit Gaara geflohen. Wir ließen den Clan hinter uns und entzogen uns unserem Schicksal. So wurden wir Ausgestoßene. Gefürchtet und gejagt zugleich, nur ausgestattet mit unserem Wissen um dem Tod zu entgehen. Irgendwann begegneten wir Kiba, Deidara und Neji, die in den Wäldern wilderten.“ Etwas in Tenten zog sich zusammen, das war der Punkt, an dem Temari und Neji sich ineinander verlieben würden. Es war gut, dass Temari ihr diese Geschichte erzählte, sie würde sie verstehen, viel besser als sie es zuvor gekonnt hatte, aber sie wollte es nicht hören. Sie wollte es nicht hören, wie Temari und Neji… Warum konnte sie ihn nicht hassen? Er stellte momentan die größte Bedrohung für sie dar, er hatte ihr geholfen und sie verraten. Warum konnte sie ihn nicht hassen? „So kamen wir hierher.“ Hatte sie bewusst das Thema ausgelassen? Vorhin hatte sie doch noch festgestellt, dass sie eifersüchtig auf sie war. Warum also erwähnte sie es jetzt nicht mehr? Oder hatte sie gespürt wie sie sich gefühlt hatte, als sie daran gedacht hatte? „So. Jetzt weißt du es“, schloss Temari und beide sahen sich an. Was sollte sie ihr sagen? Was sagte man, wenn man so etwas gehört hatte? Tenten spürte, wie diese Welt ihr immer unverständlicher wurde. Die Menschen waren grausam, sie verletzten sich gegenseitig, nur damit am Ende eine Geschichte wie Temaris dabei herauskam. „Ich… es tut mir leid. Ich hätte nicht… ich meine…“, stotterte Tenten, aber Temari winkte ab. Sie wollte ihr Verhalten entschuldigen und ihre Eifersucht, ein bisschen vielleicht auch ihre Missbilligung, die sie manchmal für Temaris offene Provokation gehegt hatte. „Schon gut“, sagte Temari, aber Tenten wusste trotzdem, dass es ihr schwer gefallen war ihr das zu erzählen. Dann hörten sie auf einmal wie die Treppe knarrte und jemand eilig hinaufstolperte. Im nächsten Moment wurde die Tür aufgerissen und eine atemlose Sakura hielt sich zitternd am Türrahmen fest. „Temari, Tenten!“ Ihre Stimme klang panisch, aufgeregt und unsicher zugleich. „Was ist los?“, fragte Temari, die die Situation mit einem Blick durchschaut hatte und aufgestanden war. „Es geht um Kiba und Gaara“, brachte Sakura schwer atmend hervor. In Tenten keimte eine Vorahnung auf… Irgendwas war nicht in Ordnung. „Sie sind zurückgekommen, aber-“ „Aber was?“, fuhr Temari dazwischen, in deren Augen sich die Angst um ihren Bruder spiegelte. „Kiba ist schwer verletzt“, brachte Sakura hervor, „und Neji sagt, er kann keine Vergiftungen heilen.“ Tenten und Temari sprangen gleichzeitig auf und Sakura war schon auf der Treppe, als sie dort ankamen. Sie fanden Neji, Gaara und Ino im Gemeinschaftsraum. Kiba lag bewusstlos auf dem Boden und auf seinem Brustkorb klaffte eine Wunde, die Tenten sofort Übelkeit verursachte. Seine Kleider waren zerrissen und auch bei Gaara bemerkte sie, wie abgetragen seine waren. Sie mussten so schnell wie möglich hergekommen sein. Ino kniete neben ihm und schien vollkommen neben sich zu stehen. Gaara versuchte ihr ruhig zuzureden, doch sie schüttelte nur den Kopf und strich Kiba ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Draußen jaulte Akamaru und schien überhaupt nicht damit einverstanden, dass man ihn ausgesperrt hatte. „Mach doch was!“, fuhr Ino Neji gerade an, als sie die Treppe herunter stolperten, doch dieser schüttelte nur leicht den Kopf. „Ich kann Fleischwunden schließen. Wenn ich viel Kraft habe auch Knochenbrüche heilen, aber Gift übersteigt meine Fähigkeiten.“ „Ich denke, du kommst aus so einem tollen Clan!“, schrie Ino, „dann rette ihn gefälligst!“ „Ino“, hörte Tenten Sakura neben sich flüstern, doch die Genannte nahm es gar nicht wahr. „Wo sind Deidara und Lee?“, fragte Temari plötzlich mit fester Stimme und die anderen drehten sich zu ihr um. Nichts deutete darauf hin, dass sie Tenten ihre Vergangenheit anvertraut hatte. „Sie versuchen das Gift zu entschlüsseln“, antwortete ihr ihr Bruder. „Neji, du gehst ihnen helfen, du kennst dich eher damit aus, als sonst jemand von uns“, wies Temari ihn an und Tenten bemerkte die Vertrautheit, die immer noch zwischen ihnen war, als Neji ohne zu widersprechen aufstand und aus der Tür verschwand. „Gaara, Ino, ihr bleibt bei Kiba, ich werde … mal sehen, was wir noch an … Heilmitteln haben.“ Sie war schon auf dem Sprung, als sie sich noch mal umdrehte „Tenten … ähm, ich … hilf irgendwie.“ Dann war sie verschwunden und Ino begann zu schluchzen. Tenten starrte auf die Szene… Also hatte Kiba am Ende doch falsch gelegen, als er ihr von seinen Hoffnungen erzählt hatte. Ino mochte ihn. Sie hatte ihn immer gemocht, aber sie war zu stolz gewesen das zu zeigen. Auf einmal fühlte sie sich einsam. ‚Hilf irgendwie’, hatte Temari gesagt, aber Tenten wusste auch so, dass Temari nur nicht gewusst hatte, was sie ihr für eine Aufgabe geben sollte. Sie fühlte sich so hilflos. Es war wieder genau wie damals, als ihre Großmutter gestorben war: Sie konnte rein gar nichts tun. Den Tod konnte sie weder verhindern, noch akzeptieren; sie war gefangen in ihrer eigenen Hilflosigkeit und sie war unfähig sich dessen zu befreien. Um sie herum war Chaos. Gaara und Ino knieten noch immer bei Kiba, Akamarus Bellen wurde immer lauter und tat ihr in den Ohren weh, irgendwo polterte Temari durchs Haus auf der Suche nach Heilmitteln und draußen hörte sie die Stimmen von Lee, Deidara und Neji, die eine hitzige Diskussion führten. Sakura war vorhin unbemerkt wieder nach oben verschwunden um Verbände zu holen und Tenten fühlte sich so, als wenn sie unsichtbar war. Niemand sah sie, niemand sagte ihr, womit sie helfen konnte. Es war, als wäre sie nie Teil der Gemeinschaft geworden, als hätte sie nie ihren Fuß in dieses Haus gesetzt. Tenten trat einen unsicheren Schritt auf Ino zu, die sich immer noch über Kiba gebeugt hatte. Ihr blondes Haar fiel wie ein Schleier über den leblosen Körper. „Ino?“, begann sie, doch ihre Freundin würdigte sie keines Blickes. Stattdessen sah Gaara zu ihr auf und schüttelte stumm den Kopf. Aber sie achtete nicht auf ihn. Tenten ging sechs Schritte auf sie zu, kniete sich neben Ino und packte sie leicht an der Schulter. „Er wird wieder gesund, Ino“, versuchte Tenten es noch einmal. Noch immer kam keine Reaktion. Nur ein leises Schniefen war zu hören, als für einen kurzen Moment Stille herrschte. „Ino?“ Tenten konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme panisch wurde und sie stärker zupackte als es nötig war. Ino fuhr herum. Ihre Augen waren feucht von Tränen, doch ihr Blick war so dermaßen wütend, dass Tenten auf der Stelle ein Stück zurückwich. „Lass mich in Ruhe, Tenten!“, rief sie, „lass mich verdammt noch mal in Ruhe und hör auf mir gut zureden zu wollen. DAS kann ich wirklich nicht gebrauchen! Halt einfach den Mund!“ „Aber Ino-“, versuchte Tenten zu argumentieren. „Nichts ‚aber’! Lass mich in Ruhe, du kannst mir nicht helfen. Du kannst ihm nicht helfen!“ „Aber ich kann versuchen dir helfen.“ „Ich brauche deine Hilfe nicht!“, schrie Ino, „du denkst nur, weil du hier bist, kannst du alles machen. Aber seitdem du hier bist, ist nur alles schlechter geworden! Wärst du doch nur nie hierhergekommen!“ Ihre Worte stachen ihr direkt ins Herz. Tenten spürte wie ihr die Tränen in die Augen traten, ihr verschleierter Blick traf den von Gaara, der verlegen zur Seite sah. Das Mädchen wich zurück. Sie wusste, dass Ino das nicht hatte sagen wollen, sie wusste, dass sie es nicht so meinte, aber die Angst um Kiba ließ sie alle Hemmungen vergessen und machte sie reizvoll für den allerkleinsten Anlass. Aber da war etwas, ein Funken Ernst, der in Inos Worten steckte. Seitdem du hier bist, ist alles schlechter geworden… Wortlos drehte sie sich um. Egal, wie nah sie den anderen kam, egal, ob sie mit ihnen Freundschaft schloss. Sie würde niemals dazu gehören. Der Lärm nahm zu, aber Tenten war es, als würde er irgendwie abgedämpft. Sie würde nicht dazu gehören, hatte es nie getan. Sie mochte Lee und Ino, Kiba, Gaara, Deidara, Temari und Sakura, Pein und Konan. Und Neji… Nach all dem was passiert war, wusste sie auf einmal, dass sie ihn nicht hassen konnte. Niemals. Aber in diesem Moment wurde ihr so klar wie nie, dass sie zurück wollte. Es war ein Wunsch gewesen, ein Traum, aber sie gehörte nicht in ihre Welt. Tenten war eine Teehändlerin wie ihre Großmutter und nichts würde ihr ihre Identität nehmen. Jetzt könnte sie verschwinden und niemand würde es merken. Ihr Herz schlug schneller. Ino und Gaara achteten nicht auf sie. Ino, weil sie sich wieder Kiba zugewandt hatte, und Gaara, weil er sie nicht anblicken wollte. Sie würde verschwinden und die anderen würden sie dafür hassen, und dann würde hoffentlich nichts mehr an sie erinnern. Aber es war nicht richtig. Was, wenn Kiba starb? Was, wenn sie es hätte irgendwie verhindern können? Sie verharrte unentschlossen auf der Stelle. „Kiba! Kiba, komm zu dir, du Idiot!“, schluchzte Ino jetzt und Gaara tätschelte unbeholfen ihre Schulter, was die Blonde völlig kalt zu lassen schien. Aus Inos Augen blickte ihr derselbe Schmerz entgegen, den sie fühlte. Tenten wollte ihn nicht sehen, sie wollte vergessen. Vergessen. Vergessen. Vergessen. Und sich nie mehr daran erinnern. Sie wusste nicht mehr, wann sie bemerkte, dass sie sich bewegte und als sie wieder zu sich kam, stand sie wieder in der Schlafkammer, riss ihre Kleider aus dem Schrank und stopfte sie in ihren Beutel. Und als sie jetzt registrierte, was sie tat, merkte sie, dass sie bereits Essen gestohlen hatte. Ein unterdrückter Schluchzer entrang ihr als sie den letzten Beutel ihres Tees hineinstopfte. Darjeeling. Zuhause… Sie rannte. Sie rannte durch das Chaos, rempelte kurz Deidara an, der sie mit einem Blick ansah, den sie nicht deuten konnte und fand sich plötzlich an der Luft wieder. Ein letztes Mal atmete sie ein. Ein letztes Mal sah sie zurück. Dann rannte Tenten, wie sie nie in ihrem Leben gerannt war. Weg von alldem, was zu ihrer Hoffnung geworden war. Ihrer Hoffnung nicht allein zu sein und sie hoffte, dass sie ihr irgendwann verzeihen würden. Vielleicht irgendwann, wenn sie mal an sie dachten. Wenn sie es taten… Der Wind peitschte ihr ins Gesicht und erst da merkte Tenten, dass sie weinte. ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * Tenten wusste nicht mehr wo sie war. Es kam ihr vor, als wären Stunden vergangen. Oder waren es nur ein paar Minuten gewesen? Sie wusste es nicht und sie hatte erst aufgehört zu rennen, als die Seitenstiche unerträglich wurden. Vielleicht hätte sie ein Pferd nehmen sollen. Ein Pferd war schnell und sie musste schnell sein um sicher zu sein, dass ihr niemand folgte. Aber würden sie ihr überhaupt folgen? Nein, würden sie nicht, entschied Tenten. Kiba war schwer verletzt und sie würden sich zuallererst um ihn kümmern. Tenten seufzte. Sie hatte keine Ahnung wo sie war, oder wohin sie gehen sollte. Es war dumm von ihr gewesen einfach loszulaufen, so dumm und naiv. Sie konnte nicht einfach vor ihren Problemen und ihrer Verantwortung davon laufen. Andererseits… hatten Deidara und Neji sie in das neue Leben hineingezerrt. Vielleicht wäre der Tod die bessere Option gewesen. Vielleicht, aber sie würde es nie erfahren, weil es anders gekommen war. Doch trotz allem, trotz ihres schlechten Gewissens, fühlte sie deutlich wie die Freiheit zu ihr zurückkehrte. Sie war nicht länger auf andere angewiesen, sie musste sich nicht unterordnen, niemandem folgen. Tenten war frei und von nun an traf sie ihre eigenen Entscheidungen. Es mussten ein paar Stunden vergangen sein. Der Wald war noch immer kahl, aber hier und da sah Tenten vereinzelte hellgrüne Knospen, die den Frühling ankündigten. Es war noch immer kalt, aber Tenten spürte, dass es keinen passenderen Augenblick für ihre Flucht hatte geben können. Die Äste der Bäume mochten kahl sein, das schlechte Gewissen, das auf ihrer Seele lastete schwer, aber sie hatte sich gerade noch rechtzeitig davon losgerissen. Noch etwas länger und sie hätte nicht mehr zurückgekonnt. Ihr Gepäck wurde schwerer und es erinnerte Tenten unweigerlich an ihre erste Reise, die sie nach dem Tod von Haruka-san unternommen hatte. Diesmal würde niemand kommen um sie aufzuhalten. Die Freiheit war zum Greifen nah und Tenten unterdrückte das Gefühl, das noch immer in ihr war. Sie trat auf einen losen Ast, welcher in der Mitte durchbrach. Ein Baum war standfest, aber ein einzelner Ast konnte so schnell gebrochen werden… Sie war gebrochen, sie hatte ihren Gefühlen nachgegeben und gleichzeitig war sie frei. Die Welt war voller Rätsel und sie, Tenten, hatte sich für einen noch ungewisseren Weg entschieden als das letzte Mal. Aber sie war stärker als damals, sie musste nur aufpassen, dass sie niemals einem der Clans begegnete, weder den Uchihas noch den Hyugas, noch irgendwem anderen. Ein Geistesblitz durchschoss ihre Gedanken. Neji! Natürlich, er würde ihr folgen, weil er sie brauchte. Würde er? Tenten wusste es nicht, aber wenn er es tun würde, würde sie fliehen. Sie würde ihn niemals wieder sehen. Sein Gesicht tauchte in ihren Gedanken auf, der helle Teint, sein berechnender Blick, der manchmal zugleich verletzlich wirkte, und das lange dunkle Haar, das ihm manchmal ins Gesicht fiel. Neji… Irgendetwas war da und sie konnte noch immer nicht sagen was es war. Etwas in ihr wollte nicht glauben, dass er sie nicht einfach nur benutzen wollte. Sie wollte von ihm beachtet werden, nicht als seine Chance zur Freiheit, sondern als Mensch. Vielleicht wünschte sie sich sogar, dass er ihr folgte… Etwas anderes unterbrach ihre Gedanken und Tenten war mehr als dankbar dafür: Hunger. Irgendwo in der Nähe plätscherte ein Bach, das würde es leichter machen. Sie brauchte Wasser. Nach einigen Biegungen um ein paar Eschen und Buchen herum fand sie ihn schließlich. Tenten kniete sich hin und schöpfte mit den Händen aus dem Bachbett. Nachdem sie ihren Durst gestillt hatte, griff sie zu ihren Vorräten. Das Brot, das sie gestohlen hatte, würde etwa für eine Woche reichen und mit den anderen Lebensmitteln wären es gute zwei Wochen. Bis dahin musste sie eine Stadt erreicht haben. Tenten biss ein Stück Brot ab. Sie hatten es selbst gebacken, erinnerte sie sich. Mit jedem Bissen sah sie die Bilder vor sich. Deidara, der den ersten Brotlaib verkohlt hatte und Lee, der ihn deswegen ausschimpfte – was sehr ungewöhnlich war. Ino hatte das Kommando übernommen und Gaara hatte sich in die Mühle verdrückt, wo er nach eigenen Angaben nach dem rechten sah. Hinterher hatte Temari ihnen mitgeteilt, dass er in solchen Dingen mehr als untalentiert war und er vermutlich ohne sie längst verhungert wäre. Sakura und Neji waren geblieben und sie selbst hatte so viel Spaß gehabt wie selten zuvor. Sie biss erneut ab. Die Erinnerung war glasklar. Noch heute sah sie es vor sich wie sie alle mit Mehl eingedeckt waren und gelacht hatten. Tenten schluckte hart. War es wirklich richtig gewesen das hinter sich zu lassen? Jetzt hatte sie auch ihr zweites Zuhause verloren. Sie nahm den Beutel mit dem Darjeeling heraus, öffnete ihn und roch daran. Der himmlische Duft drang direkt in ihre Seele ein. Nein. Das war ihr Zuhause, nichts anderes. Die Felder mit dem Tee, das Sähen und das Ernten im Herbst. Der Hof der Ausgestoßenen konnte sie nicht so stark verändert haben. Auf einmal fiel ihr etwas auf. In dem Teebeutel lag ein zusammen gefalteter Zettel. Tenten runzelte die Stirn. Von wem konnte der sein? Niemand ging an ihren Tee. Sie faltete ihn auseinander und las. Die Pfade des Himmels sind undurchschaubar für das Auge, das nicht sieht. Nur der Falke, der über den Wolken fliegt, erkennt die Wahrheit. Darunter war noch eine Notiz: Verzweifle nicht. Die Schrift war elegant geschwungen, schien fliegend leicht zu sein und wunderschön. Nur was hatte das zu bedeuten? Was bedeutete dieser Zettel? Wer wollte sich ihr mitteilen? Und vor allem, wie konnte derjenige wissen, ja geahnt haben, dass etwas kommen würde, oder viel mehr, dass sie etwas damit zu tun hatte? Es musste jemand von den Ausgestoßenen sein, so viel stand fest, denn niemand sonst hatte Zugang zu dem Tee gehabt. Den Männern traute sie eine solche Schrift nicht zu, da blieben nur noch Sakura, Temari und Ino. Aber warum sollten sie ihr so etwas nicht sagen? Es musste etwas passiert sein, damit jemand eine solche Nachricht hinterließ. Vermutlich jemand, dessen Beweggründe nicht sofort offensichtlich waren. Was war in der letzten Zeit passiert? Sie hatte die Gabe entwickelt den Tsuriai zu benutzen. Gaara und Kiba waren kurzweilig verschwunden. Pein und Konan hatten die Gemeinschaft verlassen. Konan! Die Nachricht musste von ihr sein. Tenten konnte sich dieses Gefühl nicht genau erklären, aber Konan musste es geschrieben haben. Ihre Hand schloss sich fest um das Papier. Verzweifle nicht. Hatte Konan gewusst, wie sie handeln würde? Hatte sie es vorausgesehen? Tenten konnte es nicht sagen, Konan war immer geheimnisvoll gewesen und so undurchschaubar, wie sie es nur von wenigen Menschen erlebt hatte. Doch sie war ihr dankbar dafür, egal was das auch zu bedeuten hatte: Ihre Worte gaben ihr Kraft. Vor allem deshalb, weil Konan den gleichen Weg gegangen war wie sie. Nur nicht allein… Und für einen Moment keimte Schmerz in ihr auf. „Uchiha-sama! Die Spur führt hier entlang!“, durchbrach jemand die idyllische Stille. Zu Tode erschrocken fuhr Tenten herum und sah in einiger Entfernung ein paar Männer zwischen den Bäumen hervorkommen. Tentens Herzschlag beschleunigte sich. Sie trugen das Symbol der Uchihas. „Füllt euren Wasservorrat auf, tränkt die Pferde, dann brechen wir auf“, sagte eine ruhige Stimme und Tenten erkannte darin Itachi Uchiha wieder. Ohne einen Laut zu verursachen ging sie ein paar Schritte rückwärts und drückte sich dicht an einen Baum. „Sehr wohl, Herr“, ertönte wieder die Stimme eines der Krieger. „Itachi, hier bist du!“ Tenten lief ein Schauer über den Rücken. Sasuke Uchiha. In der Ferne hörte sie weitere Männer. Hoffentlich … hoffentlich waren sie weit genug weg. „Sasuke.“ Tenten spähte hinter dem Stamm hervor und sah etwa zwanzig Meter entfernt die beiden Brüder. Beide in voller Rüstung. Tenten schauderte. „Hast du das Versteck gefunden?“ Sasuke Uchihas Stimme klang leicht ungeduldig. „Ja“, sagte Itachi, „der Hof liegt gut versteckt im Wald, aber er ist trotz allem nicht unsichtbar.“ „Hast du noch mehr Informationen? Ist Hyuga dort?“ Tenten konnte die Anspannung des Kriegers beinahe körperlich fühlen. Sie sollte machen, dass sie weg kam, aber irgendwas fesselte sie an Ort und Stelle. „Nach Shisuis Angaben wissen wir nur sicher, dass Neji Hyuga, Deidara, auch Feuerteufel genannt, und das Mädchen dort sind.“ Sasuke knurrte. „Wie kann sie es wagen einen Uchiha anzugreifen?!“ „Dann willst du sie alle“, stellte Itachi fest, „überstürze nichts, Sasuke, sie sind nicht die einzigen, die dir gefährlich werden könnten.“ „Mir wird niemand gefährlich.“ Tenten hörte wie er wütend mit der Faust gegen einen Baum schlug. Das Holz knackte, doch Itachi schien unbeeindruckt. „Temari und Gaara vom Sabakuno-Clan sind ebenfalls dort. Insgesamt sind sie wohl zu neunt, aber über die übrigen haben wir keine Informationen.“ „Mir ist egal, wie viele es sind. Ich will den Tsuriai zurück und Hyuga tot sehen. Mit dem Rest kannst du machen was du willst.“ „Wenn du vorschnell handelst, wird der Plan nicht aufgehen“, maßregelte ihn Itachi. „Ich habe drei, fast vier Monate nach ihnen gesucht, da gehen sie mir jetzt nicht durch die Lappen! Wir werden sie einkreisen und dann wird es keine Flucht mehr für sie geben!“ Sasukes Hand umschloss den Griff seines Schwertes. Tenten sackte hinter dem Baum zusammen. Das konnte nicht wahr sein! Die Uchihas wollten den Hof angreifen, sie wollten sie alle töten. Wenn sie den Hof fanden – Tenten wusste nicht, ob sie dessen genaue Lage kannten – dann würde das ganze im Massaker enden. Sie dachte an die anderen, die sie zurückgelassen hatte. Hatte Kiba überlebt? Waren die anderen überhaupt wachsam, ja schnell genug, um auf einen solchen Angriff zu reagieren? „Uchiha-sama! Wir sind bereit zum Aufbruch!“ Wieder die Stimme eines Kriegers. „Habt ihr schon Kontakt mit den Spähern aufgenommen?“, frage Sasuke. „Sie beobachten den Hof ununterbrochen, Herr.“ „Dann wird es wohl Zeit.“ Itachi Uchiha. Aus der Ferne beobachtete Tenten, wie Sasuke noch einen Schluck aus seinem Wasserschlauch nahm und dann gemeinsam mit seinem Bruder aufsaß. Die Pferde wieherten und in geordneter Formation preschten die Reiter durchs Unterholz. Tenten machte sich so klein wie möglich und duckte sich in die schützende Sicherheit eines Gebüschs. Das Geräusch von mindestens zwanzig Reitern donnerte an ihr vorbei und sie traute sich erst aus ihrem Versteck heraus, als sie sicher war, dass niemand zurückgeblieben war. Es dauerte lange, bevor sie wieder klar denken konnte. Schließlich schaffte sie es ihre Gedanken zu ordnen. Die Uchihas würden den Hof angreifen und dort herrschte eine Ausnahmensituation. Es nahm den anderen die Schnelligkeit zu reagieren und überhaupt: Wie viele von ihnen konnten kämpfen? Neji, Deidara, Temari, Gaara? Aber der Rest? Sie war sich sicher, dass Sakura und Ino noch nie eine Waffe in der Hand gehabt hatten, Kiba war handlungsunfähig und was mit Lee war wusste sie nicht. Vier, vielleicht fünf gegen zwanzig?! Noch immer starrte Tenten in die Richtung, in die die Uchihas geritten waren. Wie lange dauerte der Weg mit einem Pferd? Etwas in ihr krampfte sich zusammen. Sie konnte das nicht einfach so geschehen lassen! Sie konnte sie nicht im Stich lassen! Fliehen war eine Sache, aber wenn sie von dem Angriff wusste, konnte sie unmöglich nichts tun. Tenten wusste, dass sie zu spät sein würde, aber sie musste zurück. Die ganze Zeit über hatte sie sich etwas vorgemacht, hatte geglaubt, dass sich ihr Aufenthalt bei den Ausgestoßenen nur über den Winter hinziehen würde und hatte nicht auf das geachtet, was es ihr eigentlich bedeutet hatte. Freunde… Sie waren ihre Freunde geworden. Sie war geflohen um nicht allein zu sein, um von der neuen Verantwortung loszukommen, aber eigentlich war sie nur davor weggelaufen zu akzeptieren, dass dies hier ihr eigentliches Leben geworden war. Tenten spürte wie Tränen hinter ihren Augen brannten. Sie war ab dem Moment nicht mehr allein gewesen, wo Deidara sich entschlossen hatte, sie auf der Straße anzusprechen. Und jetzt war sie im Begriff alles wieder zu verlieren. Es gab nur eins, das sie jetzt tun konnte. Tenten packte ihre Sachen mit einem festen Ruck und rannte. Sie würde zu spät kommen, aber wenn die anderen starben, dann wollte sie als eine von ihnen sterben… . . . Sie machte nur Halt um kurz zu verschnaufen. Tenten wusste nicht mal, ob sie dem richtigen Weg folgte, aber sie blieb nie stehen. Verdammt! Der Hof musste irgendwo sein! Sie stolperte und flog der Länge nach hin. Als sie sich wieder aufrichtete, bemerkte sie, dass ihr Kleid ein Loch hatte und ihre Knie aufgeschlagen waren. Schmerz pochte unter ihrer Haut, aber Tenten griff lediglich zu ihrem Beutel, den sie fallen gelassen hatte, und rannte weiter. Deidara. Ino. Lee. Sakura. Kiba. Gaara. Temari. Neji… Sie durfte nicht zulassen, dass sie starben. Ein Laut zwischen einem Verzweiflungsschrei und Schluchzen entrang ihr. Tenten spürte wie sehr ihre Füße wehtaten und wie der verzweifelte Wunsch in ihr brodelte, ihren Fehler wieder gut zu machen und den anderen zu sagen, dass es ihr leid tat, dass sie geflohen war. Ino sollte wieder ihre Freundin sein. Sie wollte, dass sie ihr verziehen, und dann würde sie an ihrer Seite endlich das Zuhause haben, das sie sich wünschte. Nie wieder würde sie allein sein. Sie würde Freunde haben, die sie achteten und vielleicht… Ein beißender Geruch stach ihr in die Nase. Rauch. Tenten hielt inne. Rauch bedeutete Feuer und Feuer bedeutete entweder, dass die Uchihas den Hof angesteckt hatten, oder, dass Deidara kämpfte… Beinahe hätte sie vor Erleichterung geschrien, der Hof war nahe und wie es schien war der Kampf noch nicht entschieden. Tenten rannte weiter und je stärker der Geruch wurde, desto lauter hörte sie den Lärm eines Kampfes. Kommandos wurden geschrien und manchmal hörte sie Schreie, wenn ein Krieger sich mit gezogener Klinge in den Kampf stürzte. Ihr Herz schlug schneller vor Aufregung und als sie aus dem Wald stolperte, sah sie den Hof. Von den Gebäuden züngelten Flammen empor und das Mühlrad lag umgekippt auf der Seite. Unter sich hatte es zwei Kämpfer begraben, die sogar noch im Tod ihre Waffen umklammert hatten. Tentens Herzschlag setzte einen Schlag aus. Dann durchflutete sie Erleichterung. Es waren Uchihas. Auf dem Hof war die Hölle los. Sasuke und Itachi Uchiha hatten Neji und Gaara eingekreist, die sich erbittert gegen die Übermacht wehrten und um sie herum lagen Krieger, die sich entweder nicht mehr rühren konnten, verletzt waren oder tot. Deidara hatte einen Feuerkreis um Sakura, Ino, Kiba und Lee gebildet, die nicht in der Lage schienen das Grauen um sie herum zu begreifen. Kiba war immer noch bewusstlos und Ino schien jede Fassung verloren zu haben. Ihr blondes Haar hing ihr unordentlich ins Gesicht, welches rußverschmiert war und nur noch von ihren Tränen verwischt wurde. Sakura war blass und Lee hatte sich vor sie gestellt, um sie zu beschützen. Tenten erkannte an ihren Augen, dass sie sich an das Massaker ihres eigenen Clans zurückerinnerte. Ein Schrei war lauter als der Lärm und als Tenten sich nach dessen Ursprung suchte, sah sie Temari, die einem ihrer Gegner mit einem Schlag zu Fall gebracht hatte. Sofort griffen sie zwei neue an, aber Temari war schneller, geschickter und wahrscheinlich auch geübter als sie. Es war kaum ein paar Stunden her, seit sie ihr erzählt hatte, dass sie ihren Bruder gerächt hatte. Tenten schlich näher heran und versuchte nicht zu nahe an Deidara heranzukommen, der sich sämtliche Gegner mit gewaltigen Feuerbällen vom Leib hielt. Wenn er fiel, dann waren sie alle dem Untergang geweiht. Halte durch, flehte Tenten im Stillen. Er durfte nicht sterben. Nicht hier und nicht heute. Irgendetwas musste sie tun. Die Uchihas waren stark und sie waren durch ihre Überzahl meilenweit überlegen. Wenn sie auch nur den Hauch einer Chance haben wollten zu fliehen, dann musste sie es irgendwie schaffen, dass die Uchihas sich zerstreuten. Auf einmal hörte sie ein gehässiges Lachen und als Tenten, die jetzt gut zweihundert Meter vom eigentlichen Kampf entfernt war, sich umschaute, sah sie wie Sasuke Uchiha von seinem Pferd stieg und Neji und Gaara gegenüber trat. „Mehr habt ihr nicht zu bieten?!“ Ein hämisches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht und Tenten sah, wie Neji sich kurz verkrampfte. „Gib mir den Tsuriai, Hyuga, und ich lasse die anderen am Leben.“ „Du bist nichts als ein Lügner, Uchiha!“, gab Neji zurück und schlitzte mit einem gezielten Schlag einem seiner Gegner die Kehle auf. „Dann seid ihr alle des Todes!“, knurrte Sasuke Uchiha und hob die Hand zum Himmel. Es geschah nichts und Tenten achtete nicht weiter auf Sasuke, wenngleich sie ein unangenehmes Gefühl durchströmte. Der Kampf tobte weiter und Tenten schlich näher heran. Etwa sieben Krieger der Uchihas waren gefallen, verbrannt von Deidaras Feuer oder durch ein Kräftemessen mit Temari, Neji oder Gaara. Tenten kam beim Stall an, in dem die Pferde panisch wieherten. Das war es! Sie musste die Tiere freilassen und die Überraschung der Uchihas nutzen. Ein gewaltiges Donnergrollen unterbrach ihre Gedankengänge und als sie zum Himmel aufsah, war dieser sturmgrau und wolkenverhangen. Ein Gewitter kündigte sich an, aber das war es nicht, was sie beunruhigte. Ein Gewitter bedeutete Regen und Regen bedeutete, dass Deidaras Feuer einen entscheidenden Nachteil bekam… Ein Schrei hob sich vom übrigen Kampfeslärm ab und als Tenten sich umdrehte, sah sie, dass Temari am Bauch blutete und die Hand auf die Wunde drückte. Ihr Gegner stieß triumphierend sein Schwert gen Himmel und Temari krümmte sich vor Schmerzen. Tenten konnte ihre Bestürzung nicht zurückhalten. Temari war stark und es grenzte an eine Unmöglichkeit sie fallen zu sehen. „Temari!“ Gaara hatte erschrocken die Augen aufgerissen und war herum gefahren. Er setzte dazu an, zu seiner Schwester zu eilen, doch jemand trat ihm in den Weg. „Eine Frau sollte nicht kämpfen“, sagte Itachi Uchiha und zog sein Schwert. Gaara schien nahe dran die Beherrschung zu verlieren und Temari kniete immer noch wehrlos auf der Erde. „Was wisst Ihr schon von unseren Bräuchen?!“, knurrte Gaara und Tenten lief ein kalter Schauer über den Rücken. Dann stürzte er sich auf Itachi, der ihm den Weg versperrte. Tenten sah die Angst um Temari, seine Verzweiflung und ungeheure Wut einen Moment in seinen Augen aufblitzen, doch Itachi reagierte blitzschnell. Die Bewegung war geschmeidig und schnell wie der Biss einer Kobra. Gaara konnte gerade noch rechtzeitig sein Schwert hoch reißen, sodass es ein hässliches Geräusch gab, als er Itachis Schwert nur Zentimeter vor seinem Gesicht abfing. „Unterschätze mich nicht, Sabakuno“, sagte Itachi und Gaara wich nach hinten aus. Tenten sah, wie Gaaras Blick abermals zu Temari wanderte, die sich halb aufgerichtet hatte, und langsam wieder auf die Beine kam. „Das habe ich schon, Uchiha“, entgegnete Gaara, „ich unterschätze jeden, der auf so feige Weise in der Überzahl angreift.“ Damit stürzte er sich abermals auf ihn und die beiden verstrickten sich in einen komplizierten Schlagabtausch. Tentens Aufregung nahm zu. Itachi Uchiha schien unheimlich stark, stärker vielleicht als sein jüngerer Bruder und Gaara war noch viel zu aufgewühlt um sich genau auf einen Kampf mit einem so übermächtigen Gegner konzentrieren zu können. Auf einmal erhellte ein Blitz den Himmel und dicke Regentropfen fielen herab. Tenten hörte, wie Deidara fluchte und den Feuerring verstärkte, aber es war sinnlos. Er kämpfte auf verlorenem Boden und er wusste es. Der Regen fiel sanft aber kontinuierlich, wurde langsam stärker und schwächte die Flammenwand, die Deidara mit letzter Kraft aufrecht hielt. Wie lange beschützte er die anderen schon? Wie lange konnte er seine Gabe überhaupt nutzen? Sie hatte ihn nie danach gefragt… Ein eigenartiges Geräusch durchbrach den Lärm und Tenten starrte mit Entsetzen auf Sasuke Uchiha, auf den ein Blitz herab fuhr. Panisch kniff Tenten die Augen zusammen, wie in der Erwartung, dass ihn dieser verkohlen würde, aber es kam anders. Nachdem sie ein paar Mal geblinzelt hatte, öffnete sie die Augen, doch bei dem was sie sah drehte sich ihr der Magen um. Sasuke Uchiha war unverletzt und schien jetzt sogar noch bedrohlicher. In seiner Hand konzentrierte sich der Blitz. Es war eine ungeheure Energie und Tenten wurde bewusst, dass die Hyugas nicht der einzige Clan war, dessen Mitglieder eine Gabe in sich trugen. Die Uchihas waren ebenso mächtig und erst jetzt begriff sie Sasukes Handlung von vorhin. Der Blitz verdichtete sich zu einem Energiefluss aus Silber und Blau und mit einem Mal strahlte er ungeheure Hitze ab. Sie sah, wie Neji herumfuhr, wie sich seine Augen vor Entsetzen weiteten, als er erkannte was Sasuke vorhatte. Mit einer schnellen Bewegung überrumpelte er den nächsten Gegner in dem er ihm die Ellbogen in den Magen rammte und stürzte sich auf Sasuke Uchiha, doch es war zu spät. Tenten sah wie sich sein Gesicht zu einem Lächeln verzog und dann in höchster Konzentration verzerrte. Der Blitz knisterte in seiner Hand, dann riss er die Augen auf und schleuderte ihn Deidara entgegen, der Sasukes Handlung nicht bemerkt hatte und zu spät die Gefahr erkannte. Deidara drehte sich um, sein blondes Haar fiel ihm ins Gesicht und noch während die Attacke ihn traf, trat ein Ausdruck größter Verwunderung in sein Gesicht, was das Ganze für Tenten noch unerträglicher machte. Der Blitz drang durch Deidaras Körper und dieser brach mit überraschten, schmerzverzerrten Gesicht zusammen. Sakura schrie auf und Lee eilte auf Deidara zu, der sie nun nicht mehr beschützen konnte. Das Feuer flackerte, erlosch dann vollständig und Tenten traten die Tränen in die Augen. Was, wenn er tot war? Er konnte nicht tot sein! Natürlich nicht, er war unverwüstlich und viel zu zäh, als dass er sich so einfach töten ließe…Er durfte nicht tot sein! Sie hätte nicht gedacht, dass sie Sasuke Uchiha noch mehr hassen konnte, aber nun tat sie es. Er hatte Deidara ausgeschaltet und widerstrebend erkannte sie darin die Klugheit eines wohl überlegten Schachzugs. Sakura, Ino, Kiba und Lee waren wehrlos und so konnten die übrigen Uchihas sie spielend erledigen. Sie musste sich beeilen, ansonsten waren sie alle verloren. Tenten riss die Stalltür auf. Panisches Wiehern schallte ihr entgegen. Die Pferde waren aufgekratzt, das Feuer machte sie scheu und der Lärm unruhig. Sie musste schnell handeln. Tenten rannte bis zum Ende des Stalles, wo es bereits nach angesengtem Stroh roch und riss die erste Stalltür auf. Insgesamt waren sieben Pferde hier untergebracht und sie konnte nur beten, dass dessen Panik genug war um den anderen die Chance zur Flucht zu geben. Zuerst riss sie die hinterste Tür auf, wo eine gescheckte Stute nervös mit dem Huf scharrte. Als sie Tenten bemerkte schnaubte sie unruhig, legte die Ohren an und tänzelte auf der Stelle. Lass es klappen, flehte Tenten gedanklich und wiederholte die Prozession bei fünf weiteren Türen. Im Dachgebälk knisterte das Feuer und fraß sich durch das Holz. Verzweifelt sah Tenten zur Decke. Ein paar Balken knarrten und sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis das Gebäude einstürzte. Beißender Rauch stach ihr in die Nase und sie hustete. Die Pferde waren immer noch unruhig, nur zwei hatten sich bislang aus ihren Ställen begeben und die übrigen waren angesichts des Feuers mehr als panisch. Verdammt! Das war die einzige Chance… sie konnte nicht versagen. Die anderen brauchten sie! Tenten erreichte den letzten Stall, in dem Nejis Fuchs stand. Im Gegensatz zu den anderen war das Pferd bemerkenswert ruhig und Tenten fragte sich unwillkürlich, ob Neji mit ihm schon öfter einen Kampf bestritten hatte. Eine Idee nahm in ihren Gedanken Gestalt an. Konnte sie das wagen? Andererseits… sie konnte sich nicht einfach unbewaffnet in einen Kampf stürzen. Ein brennender Balken stürzte von der Decke hinab, Tenten hustete und dann galoppierte das erste Pferd aus dem Stall. Erleichterung durchflutete sie, Hoffnung keimte in ihr auf. Sie hatten noch eine Chance. Der Hof war verloren, aber Tenten wusste, dass ihr Leben ein Vielfaches mehr zählte… Panisches Wiehern brachte sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Die übrigen Pferde folgten dem ersten und Nejis Pferd scharrte nervös mit dem Huf. Tenten packte es am Halfter und zog es nach draußen. Überraschte Rufe klangen ihr entgegen und sie sah, dass die Formation der Uchihas sich gelöst hatte. Hektisch blickte sie sich um. Itachi kämpfte immer noch mit Gaara, Sakura und Lee versuchten Deidara auf die Beine zu ziehen, doch der rührte sich nicht. Akamaru lief um sie herum und knurrte die Uchihas an, die durch die Pferde, die durch ihre Reihen hindurch galoppiert waren, merklich Abstand genommen hatten. Wenn sie eine Chance hatten, dann jetzt. Tenten zog sich auf den Rücken des Pferdes, zerrte kurz an ihrem Kleid herum, als sie sich breitbeinig auf dem Rücken des Tieres niederließ, und ließ es antraben. Ihr Kleid riss an der Seite. Nach ein paar Metern wurde das Pferd schneller und das Mädchen achtete darauf Lee und den anderen ein mehr als deutliches Zeichen zur Flucht zu geben. Immer schneller preschte der Fuchs vorwärts und die Krieger der Uchihas wichen überrumpelt vor ihr zurück. Eine Schneise zwischen den Kämpfern tat sich auf. Der einzige Weg… „Lauft!“, schrie Tenten, als sie vorbei galoppierte. „Tenten?“, Lee klang ungläubig, als könne er es nicht fassen sie zu sehen. Doch sie achtete nicht mehr auf ihn. Jetzt lag es an ihnen die Chance zu nutzen. Staub wirbelte auf und sie ließ sie zurück. Sie, die ihre Freunde geworden waren. Sie, für die sie alles aufgeben würde. Nur einmal sah sie zurück, begegnete Lees Blick, der eine seltsame Entschlossenheit ausstrahlte, und da wusste sie auf einmal, dass sie es schaffen würden. Dann drehte er sich um, legte sich Deidaras Arm um den Hals und zerrte ihn fort. Ino und Sakura schleiften Kiba mit sich. Sie würden es schaffen, sie, Tenten, musste daran glauben… Tentens Blick glitt weiter und fand Gaara und Temari. Noch immer kämpfte Gaara verbissen mit Itachi, der sich nicht eine Blöße gab. Seine Bewegungen waren perfekt ausbalanciert und seine Technik exzellent. Was konnte sie auch anders von ihm erwarten? Doch das war es nicht, was sie beunruhigte. Es war klar, dass sowohl Shisui als auch Sasuke sowie Itachi eine herausragende Ausbildung erhalten hatten. Gaara war ebenso gut wie sie, aber er wurde müde… Sie erkannte es an seinen Paraden, an den Reflexen, die mit jedem Schlagabtausch, langsamer wurden. Es war da und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er einen Fehler machen würde. Tenten gab dem Pferd die Sporen. Und dann lenkte sie es ohne weiter darüber nachzudenken genau auf die beiden Kontrahenten zu. Itachi und Gaara fuhren gleichzeitig herum, als sie Tenten bemerkten. Und es dauerte nur Bruchstücke von Sekunden, da beide die Situation durchschaut hatten. Itachi versuchte auf derselben Seite zu bleiben wie Gaara, aber der hatte sich längst mit einem Sprung nach hinten gerettet. Kurz sah Gaara ihr in die Augen, dann nickte er stumm und stürzte durch das Chaos zu seiner Schwester, zerrte sie auf den Rücken eines anderen Pferdes, dass in der Nähe stehen geblieben war und schwang sich hinter sie. Dann durchbrachen sie die Reihen der Uchihas und verschwanden in Richtung Wald. Tentens Herzschlag beschleunigte sich, als sie sich eng an das Pferd schmiegte und sie betete, dass es noch ein bisschen durchhielt. Dass es durchhielt, bis sie Neji erreicht hatte… Ein Donnergrollen hob sich vom übrigen Lärm ab und Tenten sah panisch zu den Wolken hinauf. Sie war nass bis auf die Haut, das Kleid klebte an ihr und sie wünschte sich einfach nur, dass es endlich zu Ende war. Wo waren die Zeiten geblieben, in denen alles gut gewesen war? Wo nur in all dem Chaos? „Bemüh dich nicht, Hyuga!“ Tenten fuhr herum und sah, wie Sasuke auf Neji zu ging, der sich nur schwer atmend auf den Beinen halten konnte. Neji musste Sasuke erreicht haben, als sie den anderen zur Flucht verholfen hatte. Doch er war in keiner guten Verfassung, das Haar hing im strähnig ins Gesicht und sein Atem ging stoßweise. Noch nie hatte sie Neji so erschöpft gesehen und es schockte und faszinierte sie zugleich. „Ich werde dich töten“, drang Sasuke Stimme zu ihr durch, „und niemand wird sich auch nur an deinen Namen erinnern. Die Schmach, dass es dir gelungen ist den Tsuriai zu stehlen, wird für immer getilgt sein.“ Neji antwortete nicht und griff ihn stattdessen nochmals an. Das Schwert beschrieb einen Bogen und zischte dann blitzschnell durch die Luft auf Sasuke Uchiha zu. Eine Sekunde lang war Tenten fasziniert von der Bewegung, die so sicher, so kraftvoll, ja fast schön war, dass sie die Umgebung kurz vergaß. Doch dann wurde ihr klar, warum Neji Sasuke immer noch angriff, obwohl er fast am Ende war. Er versuchte mit allen Mitteln zu verhindern, dass der Uchiha noch einen Blitzangriff losschickte und dafür durfte er ihm keine Zeit zur Vorbereitung geben. Jetzt war sie nur noch ein paar Meter entfernt. Sie musste es schaffen, sie konnte ihn hier nicht zurücklassen. Tenten löste eine Hand von den Zügeln, beugte sich leicht herab und bereitete sich darauf vor ihn hochzuziehen, egal wie viel Kraft es sie auch kosten mochte. „Neji!“, schrie sie und sowohl Neji als auch Sasuke drehten sich zu ihr um. Überraschung spiegelte sich in beiden Gesichtern wieder. Beide brauchten nur wenige Sekunden um die Situation zu durchschauen und beide reagierten gleich schnell. Neji brachte Abstand zwischen sie, doch Sasuke Uchiha setzte ihm sofort nach. Der Umhang mit dem Uchiha-Emblem flatterte hinter ihm. „Du entkommst mir nicht, Hyuga!“, schrie Sasuke und mit Entsetzen sah Tenten, dass er Neji entwaffnete, der den einen Moment lang unaufmerksam gewesen war. „Neji! Nimm meine Hand!“ „Du gehst nirgendwo hin“, knurrte der Uchiha. Und auf einmal schien alles erschreckend langsam zu verlaufen. Neji stolperte rückwärts, fing sich wieder und blicke erst dann wieder auf, als Sasuke Uchiha mit gezücktem Schwert über ihm auftauchte. Kurz schien er sie anzusehen. In den Augen so viel Schmerz und dieselbe Einsamkeit, die sie schon mal bei ihm gesehen hatte. Das konnte nicht das Ende sein! Sie kam ihm näher, doch sie war zu langsam. Neji hob die Hand und die flackerte plötzlich in einem beängstigenden blaugrün. Und Tenten begriff, dass er seine Gabe nicht nur zum Heilen verwenden konnte. Im selben Moment, in dem Neji Sasuke am Oberkörper traf, erwischte ihn dieser mit der Klinge an der Schulter und durchbohrte sie. Sasuke Uchiha zog die Klinge über Nejis Oberkörper, aber verfehlte seinen Hals um ein paar Zentimeter. Sofort lief Blut aus der Wunde und Neji stieß einen Schmerzenslaut aus. Im selben Atemzug durchzuckte den Uchiha ein Beben, von der Stelle aus, wo Neji ihn getroffen hatte und er brach, zitternd auf der Seite liegend zusammen. Doch noch im Liegen streckte er die Hand zum Himmel aus. Die Wolkendecke schickte einen Strahl hochelektrischer Energie herunter, die sich in seinen Fingerspitzen konzentrierte. Mit Entsetzen erkannte Tenten, was er vorhatte… … Doch es sollte nie dazu kommen. Eine gewaltige Druckwelle erschütterte den Hof. Dachpfannen flogen durch die Gegend, erschlugen zwei Krieger und selbst das gigantische Holzrad hob sich ein Stück vom Boden. Die Luft flimmerte und Tenten registrierte halb, dass sie unversehrt war. Neji und Sasuke lagen ein paar Meter von einander entfernt auf dem Boden. Itachi war mit dem Rücken voran an die Stallwand gekracht und rührte sich nicht mehr. Tenten merkte wie sie zitterte. Dann wurde ihr Blick wie magisch von etwas angezogen. Sie kniff die Augen zusammen und spähte zu einer nahegelegenen Anhöhe. Zwei Schatten hoben sich von der Dunkelheit ab, einer hielt die Hand erhoben und Tentens Herz schlug höher, als sie Pein und Konan erkannte, die sie ebenfalls bemerkten. Konan lächelte ihr zu, wohl wissend, dass sie ihre Botschaft verstanden hatte. Pein ließ seine Hand sinken und nickte ihr kurz zu. Schließlich wandten sich beide ab und Tenten spürte eine jähe Welle der Zuneigung für beide in ihr aufbranden. Freunde… Vielleicht würde sie sie nie wieder sehen, aber sie wusste, dass die beiden für immer zu ihrem Leben gehören würden. Dann war sie auf einmal bei Neji, zügelte kurz das Pferd, beugte sich tief hinab, packte seine Hand und zog ihn hinter sich. Sie sah noch wie Sasuke sich aufrappelte, ihnen wütend etwas hinterrief, aber sie hörte es nicht mehr. Im Galopp ritt sie weiter und versuchte Neji dabei so gut es ging festzuhalten. Sie ließen den Hof hinter sich, der in Flammen stand und mit ihm den einzigen Ort, der ihnen als Rückzugsmöglichkeit geblieben war. Ein Zuhause… Der Regen wusch den Geruch von Rauch davon und dann spürte sie Nejis Atem in ihrem Nacken. Wie er schließlich der Erschöpfung nachgab und sich an sie lehnte. Tenten merkte, wie der Stoff ihres Kleides feucht wurde, als es sich mit Nejis Blut vollsaugte. Es dauerte eine Ewigkeit, bis Neji sie ansprach. Er hatte nicht zurückgesehen, er war nicht vor Angst erstarrt gewesen, vielleicht war er einfach nur erstaunt, dass er noch lebte, oder er hatte längst mit seinem Leben abgeschlossen. Eine Strähne seines schwarzen Haares fiel auf ihren Hals. „Warum bist du zurückgekommen?“, flüsterte Neji und für den Moment war Tenten froh, dass sie ihn nicht ansehen musste. Sie starrte stur geradeaus und versuchte ihren Herzschlag in den Griff zu kriegen. Noch nie im Leben war sie so froh gewesen und gleichzeitig so unfähig ihre Gefühle zu begreifen. Der Wald tauchte vor ihnen auf und mit ihm eine neue Welt, die sie nicht kannte, aber die ihr auch nicht bedrohlich erschien. Er war bei ihr, und obwohl sie ihn vor nicht allzu langer Zeit als die größte Gefahr für sie eingestuft hatte, war sie froh, dass Neji da war… „Weil ich etwas gefunden habe, das mir wichtiger ist als das Leben, das ich hätte haben können“, antwortete sie. ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ * ~ Willkommen zu meinem freitäglichen Upload von Nachtfalter XDD Ich weiß, dass ich ein bisschen spät bin, aber ich kann's nicht ändern. Meine Ausbildung ist eine ganz schöne Umstellung und da ich hier noch 2 Stellen schreiben musste, aber Nachtfalter eigentlich als abgeschlossen angesehen habe und deswegen ein wenig unmotiviert war, hat es ein wenig gedauert. Thanks an hia-chan und mal wieder für Sorca ^^ Wie ihr vielleicht schon am Titel merkt, ging es mir hier vor allem um Freundschaft, Tenten streitet sich mit Ino (wenn man es so nennen kann), die eigentlich ihre erste richtige Bezugsperson war und haut ab. Damit wäre die Frage der Flucht geklärt *lol* Na ja, wichtig fand ich noch, dass sie es sich dann noch anders überlegt und bemerkt, was ihr das alles bedeutet hat. Ihr letzter Satz ist eine Andeutung zu der Freundschaft. Desweiteren habt ihr Temari und Gaaras Vergangenheit, ein bisschen KibaIno (fragt mich nicht, warum er verletzt ist. Es IST einfach so XDD), am Schluss ein ganz bisschen PeinKonan (btw. wie fandet ihr Konans Nachricht?) Ich mag das Kapitel eigentlich sehr, auch wenn es ein wenig lang ist. Ach ja: Vielen vielen Dank an alle, die regelmäßig kommentieren. Ich weiß das wirklich zu schätzen und ich freue mich, wenn ihr freitags gespannt auf was Neues wartet ^-^ Das ist mir sehr wichtig und ihr seid meistens sehr ehrlich zu mir, was mich freut, da das längst nicht überall so ist. Das nächste Kapitel beinhaltet die Romantik (Sorca, es ist NICHT kitschig, wenn du es dennoch denkst, dass bin ich so dreist und sage, dass es an deinem Geschmack liegt ^^" Ich hoffe du magst es dann trotzdem... Hab Erbarmen .___.) See ya Teil VII: Sonne in der Nacht hel moony Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)