Zweifelhafte Unschuld von abgemeldet (Stargate Atlantis) ================================================================================ Kapitel 9: Letzter Widerstand ----------------------------- Die Kreatur ließ von Rhyan ab, als auch der letzte Verschluss ihrer Handfesseln aufschnappte. Es bemühte sich nicht, die Lederbänder ganz zu entfernen, sondern bewegte sich statt dessen stolpernd hinüber zu Arokh. Der Drache grollte drohend und versuchte nach dem widerwärtigen Verschnitt des Colonels zu schnappen. „Hör auf damit!“ Rhyan zerrte hektisch ihre Handgelenke aus den Schlaufen, dabei versuchte sie über ihre Schulter zu blicken, wo Arokh durch Ketten, dick wie ihre Oberarme, am Boden gehalten wurde. „Es ist Teyla, die ihn lenkt. Lass ihn gewähren.“ Der Blick des Drachen sprach Bände, doch er ließ den Kopf wieder auf die mächtigen Vorderpranken sinken. Dabei ließ er die Kreatur nicht einen Moment aus den Augen. Indes hatte Rhyan ihre Arme endlich frei bekommen und machte sich mit zitternden Fingern daran, die Fesseln an ihren Fußgelenken zu lösen. Ihre Hände waren steif und gefühllos nach der langen Zeit in einer Position und schon bald wurden die Verschlüsse der Bandagen glitschig von ihrem eigenen Blut, welches von aufgerissenen Fingerkuppen tropfte. Sie konnte spüren, wie ihnen die Zeit davon rann. Der Hybrid schien sich mehr und mehr gegen Teylas Kontrolle auflehnen zu können, seine Bewegungen waren unpräzise und langsam und er schaffte es sogar, mehrere Schritte von dem Drachen zurück zu treten. Michael musste ganz in der Nähe sein, dessen war sie sich sicher. Er musste bemerkt haben, das etwas mit seinen Kreaturen nicht stimmte und war auf dem Weg hier her. Mit roher Gewalt zerriss Rhyan die letzten Bindeglieder ihrer Fesseln und sprang von der Pritsche. Strauchelnd machte sie ein Paar Schritte, verbissen den Schmerz und die Schwäche ignorierend, die durch ihre Venen schossen. Das Blut kehrte zurück in ihre Beine und Füße, doch viel zu langsam. Sie stieß den Hybriden zur Seite und sank neben ihrem Gefährten zu Boden. Die Verschlüsse, welche die Ketten über Arokhs Hals und Vorderklauen an ihrem Ort hielten, waren schon fast komplett geöffnet. Doch ihre Mechanismen waren schwer zu bedienen und erforderten einen hohen Grad an Konzentration und Feingefühl. Dinge, zu denen Rhyan im Moment kaum in der Lage war. Sie fluchte zwischen zusammengebissenen Zähnen, Michael war so gut wie hier. „Ich muss zugeben, dass ich diesen Aspekt sträflich nachlässig behandelt habe.“ Rhyan versteifte sich, den verzweifelten Blick auf die letzten Handgriffe geheftet, die Arokh noch von der Freiheit trennten. Der Drache schleuderte dem Wraith ein ohrenbetäubendes Brüllen entgegen. Sein Zorn flutete durch ihren Geist. „Deine Freunde sind noch immer stark, nach allem was passiert ist. Ein Fehler das zu unterschätzen. Ein Fehler, den ich zu berichtigen gedenke.“ Die junge Frau warf einen Blick zurück, ohne sich dabei jedoch umzudrehen. Sie blickte auf Michael, der im Zwielicht unter der Tür stand und sie aus unergründlichen Augen beobachtete. Er war allein. Sie musste ihn hinhalten, davon ablenken, was sie grade im Begriff war zu tun, dann hatten sie vielleicht noch eine Chance. Ein weiterer Verschluss sprang mit einen unangenehm lauten Klicken auf und Rhyan konnte an Michaels Blick erkennen, wie ihr Glück sich wendete. Die Bewegung zu ihrer Rechten erkannte sie zu spät und so wurde sie von dem Hybriden, der nunmehr wieder im Vollbesitz seines Geistes zu sein schien, im Nacken gepackt und von dem Drachen fortgeschleudert. Sie überschlug sich und kam vor den Füßen des Wraith zum Liegen. Er griff nach ihr, doch sie warf sich herum und rutschte hastig aus der Reichweite seiner Finger. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. Arokh knurrte hasserfüllt und stemmte sich mit all seiner Macht gegen die Ketten. Sie knarrten bedenklich und gaben Stück für Stück nach, doch noch hielten sie seine ungeheure Gewalt in Schach. Unter den Schuppen konnte man deutlich die hervortretenden Muskeln erkennen, als sich der riesige Körper gegen die Kettenglieder auflehnte. Seine Kiefer öffneten sich und ließen vereinzelt Flammen über den Boden lecken. Er würde frei kommen. Vielleicht nicht augenblicklich, aber die Ketten würden diesem Druck unmöglich lange standhalten können. Michael trat vor. Ein hässliches Grinsen verzerrte seine Gesichtszüge, so als amüsieren ihn der Widerstand seiner Gefangenen überaus. Eine Hand verschwand hinter seinem Rücken und Rhyan konnte das Klicken metallener Halterungen hören. Unweigerlich stand ihr das Bild der Waffe vor Augen, die der Wraith bei ihrem Zusammentreffen auf dem Balkon getragen hatte und mit der er sie und den Drachen abgeschossen haben musste. Ihr wurde kalt. „Ich hatte gehofft, dass du es dir noch einmal überlegst. Aber vielleicht brauchst du auch einfach noch einen kleinen Anstoß, um dich zu entscheiden.“ Michael holte die Waffe hinter seinem Rücken hervor und richtete sie unmissverständlich auf den tobenden Drachen. „Wenn ich ihn töte, wirst du ganz allein sein. Vielleicht wirst du dann endlich verstehen...“ Arokh brüllte und warf sich in seinen Ketten nach vorne, das ein Schauer aus Funken entstand, wo seine Schuppen über das Metall der Ketten schabten. Seine Augen blitzten, er würde den Wraith in Stücke reißen, wenn er nur die Gelegenheit dazu hätte. Rhyan indes kauerte noch immer am Boden, unfähig sich zu rühren. Der Anblick dieser grauenvollen Waffe ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren, die hilflose Wut des Drachen lähmte sie noch zusätzlich. Fast noch deutlicher als in den Augenblicken an ihrer Pritsche konnte sie Michaels Gefühle wahrnehmen. Die Enttäuschung, dass sie sich gegen ihn gestellt hatte, aber auch den Zorn, welcher fast augenblicklich alle anderen Emotionen fort gewaschen hatte, als er Rhyan befreit sah und die beinah vollständig gelösten Ketten des Drachen gewahrte. Sie zweifelte keinen Moment daran, dass er tatsächlich feuern würde und diese Überzeugung ließ sie voller Grauen aufschreien. Das durfte nicht sein, so durfte es nicht enden. Zum ersten Mal seit langer Zeit verspürte sie wieder Angst. Angst den Drachen zu verlieren, dieses Wesen sterben zu sehen, mit dem sie so viel verband. Stolpernd kam sie auf die Füße, kroch eher als das sie lief. Aber ihr war klar, dass sie ihn nicht mehr rechtzeitig erreichen würde. Tränen schossen ihr in die Augen. Als dieser den Blick seiner glühenden Augen von dem Wraith abwandte, um statt dessen auf seiner jungen Gefährtin zu ruhen, gewahrte Rhyan bestürzt, dass auch er Angst verspürte. Diese Waffe hatte ihn schon ein mal schwer verletzt und dieses Mal würde er ihr nicht entrinnen können. Rhyan versank in Arokhs Augen, ließ zu, dass ihr Geist in den des Drachen eintauchte. Wenn er starb, würde auch sie sterben. In diesem Moment wurde die kleine Seitentür zu Michaels Linken aufgestoßen und spuckte einen voller Zorn brüllenden Ronon aus, der die wenigen Meter zwischen sich und dem Wraith mit einem lang gestreckten Sprung überbrückte. Keine Sekunde zu früh. Die Waffe wurde bei dem folgenden Zusammenstoß aus Michaels Hand geprellt, so dass sich der brechende Schuss unkontrolliert gen Decke richtete und Funken sprühend als Querschläger durch den engen Raum schoss. Die Waffe schlitterte klappernd in die Schatten unter den Versuchstischen. Der Sateder, dicht gefolgt von Sheppard und McKay, versperrte dem Wraith den einzig noch verbliebenen Ausweg. Seine Augen funkelten herausfordernd, ein dämonisches Grinsen auf den Lippen. Ungerührt starrte Michael zurück. Das plötzliche Auftauchen des Teams schien ihn nicht im Geringsten zu verunsichern, was Sheppard innerlich erbost fluchen lies. Das konnte nichts Gutes bedeuten, er war sich seiner selbst immer noch viel zu sicher. Statt dessen bereitete ihm der Gesichtsausdruck des Colonels und des Wissenschaftlers eine fast schon widerwärtige Freude, als diese den Hybriden entdeckten, der sich schräg hinter Michael in Position brachte. Blankes Entsetzen stand in Sheppards Augen, gespiegelt in den teilnahmslosen Augen seines verzerrten Ebenbildes. „Mir wird schlecht...“ Rodney wich unwillkürlich zurück. Dieses unerwartete Grauen brachte ihn vollkommen aus der Fassung. „McKay!“ Sheppard hob einen Arm, ohne dabei jedoch den Blick von dem Hybriden zu wenden, und Rodney blieb stehen. „Geh, hilf Rhyan den Drachen zu befreien.“ Als sich der Kanadier nicht rührte, wandte er doch den Kopf. Rodney hatte einen derartig kalten Ausdruck noch niemals zuvor in den Augen seines Freundes gesehen. Jeder Muskel in Sheppards Körper war angespannt, seine Zähne knirschten. „Los.“ McKay schüttelte sich, versuchte das lähmende Entsetzen abzuschütteln, ehe er mit wild klopfendem Herzen gehorchte. Er hatte Angst und diese Angst drohte ihn nieder zu drücken. Etwas lag in der Luft, eine Vorahnung, und Rodney vermochte nicht zu sagen, wie es sich auf ihn und seine Freunde auswirken würde. John wandte sich indes wieder dem Wraith zu. Blanker Hass stand ihm ins Gesicht geschrieben. Es gab keine Worte, nichts was man jetzt noch hätte sagen können. Dieses Zusammentreffen würde den Tod bedeuten, für die Wraith oder die letzten Atlanter. Und es war nicht zu übersehen, dass der Colonel fest entschlossen war, Michael und seine Brut bis zum Letzten zu bekämpfen. Die Augen des Wraith waren schmale Schlitze. Seine Pupillen zuckten unruhig durch den düsteren Raum, er versuchte abzuschätzen, in was für einer Gefahr er sich wirklich befand. Solange Arokh noch immer durch die Ketten gebunden war, würde Sheppard nur wenig gegen ihn ausrichten können. Er war abgekämpft und nahe dem Ende seiner Kräfte. Es war nicht schwer das zu erkennen. Doch die Entschlossenheit der Menschen verblüffte den Wraith -wie leider viel zu häufig- auch dieses Mal gewaltig. Sie würden kämpfen, selbst wenn sie schon auf den Knien waren. Natürlich, seine Wraith-Brüder waren auf dem Weg hier her. Doch er vermochte nicht zu sagen, ob sie noch vor der Befreiung des Drachens diesen Raum erreichen würden. Schon jetzt hatte Arokh beängstigend mehr Spielraum, als noch vor wenigen Augenblicken. Er musste handeln. Jetzt. Michael wirbelte herum, sich einen anderen Gegner suchend als Sheppard, der offensichtlich gradezu darauf versessen war, ihn zu bekämpfen. Statt dessen schleuderte er sich mit all seiner Kraft auf den Sateder, der noch immer die Tür in seinem Rücken bewachte. Durch den Schwung wurden sie beide gegen die Türzarge geworfen. Eingeklemmt zwischen der Wand und dem Wraith konnte Ronon den Attacken seines Gegenübers nicht mehr ausweichen. Zwei gezielte Schläge auf seinen unteren Rippenbogen brachen den Griff, mit dem er Michaels rechte Hand von sich fort hielt. Dieser riss sich los und schlug dem Krieger die flache Hand ins Gesicht. Lange Krallen hinterließen vier blutige Striemen gefährlich nahe seines Auges. Ronon strauchelte. „McKay, Beeilung!“ bellte Sheppard zu seinem Freund hinüber, ehe er sich dem Hybriden in den Weg stellte, der seinem Herrn zu Hilfe eilen wollte. Es war grotesk, seinem eigenen Spiegelbild gegenüber zu stehen, selbst wenn die animalischen Anteile lediglich eine entfernte Ähnlichkeit zuließen. Noch viel beunruhigender war es allerdings, von diesem auch noch angegriffen zu werden. John duckte sich unter dem herannahenden Schwinger hindurch. Er kam im Rücken des Hybriden wieder hervor und riss mit einer Drehung seines Oberkörpers den Ellenbogen herum. Schmerzhaft prallte er genau auf die Wirbelsäule seines Widersachers. Es knackte hörbar und gleißender Schmerz zuckte Sheppards Arm hinauf bis in seinen Kopf. Waren diese Biester unter ihrer Kleidung etwa auch gepanzert? Der Hybrid stolperte seines Gleichgewichtes beraubt nach vorne auf die Knie. Ein kurzer Blick zu Ronon bestätigte, dass Michael noch immer die Überhand in diesem Kampf hatte. Der Sateder flog von einem Rückhandschlag getroffen durch den halben Raum, direkt vor die Wand voller Kokone. Der Krieger würde sich selbst helfen müssen. Zumindest für den Augenblick. Sheppard musste seinerseits die Gelegenheit nutzen und den angeschlagenen Hybriden beseitigen. Ein Tritt in dessen ungeschützt dargebotene Flanke warf ihn um und der Colonel setzte nach. Zu spät erkannte er, wie der Hybrid nach etwas außerhalb seines Sichtfeldes griff und sich drehte, um dem nächsten Angriff zu begegnen. John versuchte sich noch zur Seite zu werfen, was ihm womöglich das Leben rettete. Dennoch bohrte sich das abgebrochene Ende eines von Michaels Werkzeugen in seine Seite. Er konnte fühlen, wie es in ihn eindrang und warmes Blut freisetzte. Der Schmerz wütete wie ein wildes Tier in seinem Innern, ließ ihn keuchen. Da endlich erklang das metallene Bersten von Ketten. Wind peitschte wie ein kleiner Sturm durch den Raum, als sich der Drache befreit aufrichtete und die Schwingen entfaltete, soweit ihm das auf so beengtem Platz überhaupt möglich war. Sein Brüllen ließ den Boden und die Knochen der Anwesenden vibrieren. Gleich einem Rachegott erhob er sich, den lodernden Blick auf die Menschen und Wraith zu seinen Füßen gerichtet. Rodney wich dicht neben Rhyan mehrere Schritte zurück, als der lange Hals des Drachen schnell wie eine Viper vorzuckte. Seine brennenden Augen fixierten den auf verlorenem Posten stehenden Hybriden. Stocksteif stand dieser da, starrte seinen Tod an. Arokh knurrte, die mächtigen Fänge entblößt. Alles an ihm troff von dem Hass und der Verachtung, die er dem Wesen entgegenbrachte. Dann schoss eine Feuerlohe aus den Tiefen des Drachenkörpers, hüllte den Hybriden vollständig ein, umschmeichelte ihn wie dichter Nebel, so dass er den Blicken der Anwesenden verborgen war. Als sich dieser Nebel dann langsam auflöste war nichts mehr von Michaels Erschaffung übrig. Nicht einmal mehr Asche. Michael stolperte mit weit aufgerissenen Augen zurück. Jetzt war es nur noch Angst, die auf seinem Gesicht zu lesen war. Ihm war sehr wohl bewusst, dass ihn allein die Tatsache, dass Sheppard und der grade wieder auf die Füße gekommene Ronon, die zwischen ihm und dem Drachen standen, vor dem sicheren Feuertod bewahrten. „Verloren...“ Seine Züge wurden hart. Selbst mit den anderen Wraith würde er jetzt nichts mehr gegen die Macht des Drachen ausrichten können. Seine Experimente mit dem Drachenblut und die Hybriden der Atlanter waren für ihn verloren. Und wenn er jetzt noch länger hier stand, versteinert von dem Schrecken und der fesselnden Präsenz des Drachen, würden all seine Pläne verloren sein. Er würde verloren sein. Doch noch würde er sich nicht beugen. Michael wandte sich zur Flucht. „Er darf uns nicht schon wieder entkommen.“ Ronon war nur wenige Sekunden später an der Tür, durch die der Wraith verschwunden war. Dort verharrte er widerwillig, um nach seinen Freunden zu sehen. Wütend wischte er sich das Blut aus den Augen, das noch immer aus den Kratzwunden sickerte. Sein linkes Auge war zugeschwollen und nutzlos. Sheppard stand bereits wieder aufrecht, eine Hand um das Werkzeug in seinem Körper geschlossen. Dunkles Blut färbte seine Finger. „Rodney, du kommst mit uns. Rhyan...“ Er warf ihr einen innigen Blick zu, der seinen Schmerz unmöglich ganz verbergen konnte. „Zerstört das hier. Restlos. Durch die Korridore werdet ihr uns nicht folgen können, aber vielleicht könnt ihr von außen etwas tun.“ Arokh war hier hineingekommen, also musste es für ihn auch einen Weg hinaus geben. Nur hatten sie keine Zeit, darauf zu warten. „Du bist verletzt.“ Der Colonel bedachte McKay mit einem viel sagenden Blick. Die Lage konnte noch so verzweifelt sein, Rodney würde niemals damit aufhören, das ohnehin Offensichtliche auszusprechen. Er schlug die Hand des Wissenschaftlers unwirsch zur Seite, als dieser sich an dem Werkzeug zu schaffen machen wollte. „Lass das, verdammt noch mal! Wir alle haben schon besser ausgesehen, wenn ich das behaupten darf.“ Er zerriss sein Shirt, um einen Blick auf seinen Bauch werfen zu können. Die Blutung begann bereits zu stagnieren, dank des noch immer steckenden Werkzeuges. Ein kleines Stück weiter rechts, und John wäre dem Angriff entgangen. Es hatte ihn in die rechte Flanke getroffen, offenbar weit ab irgend welcher wichtigen Organe. Sich zu bewegen schmerzte und würde ihn bremsen, aber nicht gänzlich kampfunfähig machen. Notdürftig verband er die Verletzung und sicherte das Werkzeug, was Rodney zu einem unverständlichen und entsetzten Stammeln zwang. „Keine Zeit für aufwendige Notoperationen.“ knurrte der Schwarzhaarige zwischen zusammengebissenen Zähnen und begab sich dann an Ronons Seite. Bevor sie dem flüchtigen Michael nachsetzten, blickte der Colonel noch einmal zu Rhyan zurück: „Teyla soll sich zusammen mit Beckett auf den Weg in den Kontrollraum machen. Wenn Michael flieht werden auch die anderen Wraith nicht länger hier bleiben wollen. Und wenn nicht...“, er schluckte und zwang eine Welle bitterer Übelkeit zurück, „Sie werden kopflos sein ohne ihn. Teyla soll Verstärkung anfordern, sobald sie die Gewalt über das Stargate zurück hat. Und... sag Beckett, er soll sich bereit halten. Wenn das hier vorbei ist, werden wir ihn brauchen. Dringend.“ Die junge Frau nickte, der Blick dunkel vor Zorn. „Ihr müsst euch beeilen. Er will zu seinem Jäger.“ „Woher...“ Rodney blieb konsterniert stehen, doch Ronon zerrte ihn unsanft weiter: „Sie haben sie gehört, Doc. Keine Zeit.“ „Teyla.“ John tauschte einen grimmigen Blick mit seinen zwei Begleitern und huschte dann hinaus in die Dunkelheit der Gänge. „Er versucht zu fliehen. Verdammt ich hätte früher darauf kommen müssen, wie er und seine Leute hier her gelangt sind.“ „Aber ein Jäger kann unmöglich die Menge an Wraith transportieren, mit denen sie uns überrannt haben.“ „Oh doch, Rodney. Es muss nur einer das Ding fliegen, die anderen nimmt er über seinen Strahl auf und gibt sie erst hier wieder frei.“ „Aber das würde bedeuten...“ „... das mindestens ein Kreuzer, wenn nicht sogar ein Basis-Schiff in unserer Umlaufbahn lauern.“ Ronon knirschte mit den Zähnen. „Wir hatten keine Chance, sie mit unserem eingeschränkten Sicherheitssystem zu erfassen.“ „Über die begangenen Fehler werden wir noch lange und ausführlich genug sprechen, wenn das hier vorbei ist.“ John schnitt eine Grimasse. Man würde ihn wohl kaum ungeschoren davonkommen lassen, auch wenn die Entscheidung über die zurückgeschraubte Energie von Atlantis Elizabeth Idee gewesen war. Er war der leitende Militäroffizier und hatte derartige Angriffe zu vermeiden. Das Militärgericht und das SGC würden das ganz ähnlich sehen. Für einen Moment schwankte er, der Schmerz in seiner Seite nahm zu. Er durfte sich jetzt nicht von solchen Dingen ablenken lassen. Er würde grade stehen für dieses Desaster. Aber erst wenn er diesen Bastard Michael endgültig zum Teufel gejagt hatte. Auf einen Wink des Colonels übernahm Ronon die Führung der Verfolger. Jahrelang hatte er die Spuren der Wraith verfolgt, sie gejagt und getötet. Es gab niemanden, der einer frischen Spur wie der von Michael besser folgen konnte. Niemanden überraschte es, als sie sich in die Richtung des Nord-Piers wandten. Von dort waren die Eindringlinge gekommen und es war nahe liegend, dass dort auch Michaels Jäger gelandet war. Sie ließen alle Vorsicht fahren und hetzten hinter dem fliehenden Wraith her. Die Zeit, sich vorsichtig und verdeckt fortzubewegen, hatten sie nicht, wollten sie ihren Feind noch rechtzeitig stellen. Sollte ihnen dennoch ein Trupp Wraith oder weitere Hybride in den Weg kommen, wären ihre Chancen ohnehin gleich Null. Sheppard bedauerte es, Michael nicht einmal verletzt zu haben. Das hätte ihn in seinem Vorwärtskommen langsamer gemacht und ihnen die Verfolgung vereinfacht. Atlantis war groß und weitläufig und er atmete schon jetzt schwer. Ganz zu schweigen von McKay. Er verfiel in einen langsameren, kraftsparenden Trab, dem sich auch der Sateder widerspruchslos fügte. Es nützte ihnen nichts, wenn sie Michael zu fassen bekamen, aber viel zu erschöpft waren gegen ihn anzutreten. Als sie das Innere der Stadt verließen, um über die weiten Galerien der Außenfassaden zu laufen, sahen sie Arokh über den verhangenen Himmel jagen. Er nutzte noch immer die Aufwinde der Türme, den verletzten Flügel so weit es irgend ging schonend. Doch seine Bewegungen hatten ihre alte Eleganz und Leichtigkeit zurück. Michael hatte sich ein Eigentor geschossen, als er die Verletzungen des Drachen behandelt hatte, in dem Wunsch Rhyans Vertrauen auf diese Weise zu gewinnen. Eine andere Erklärung gab es nicht. Plötzlich keuchte John, geriet ins Straucheln und griff sich an den vor Schmerz gleißenden Kopf. „Was?“ Rodney, der hinter ihm gelaufen war, fing seinen wankenden Freund auf. Besorgt tauschte er einen Blick mit Ronon. „Sheppard?“ „Ach verdammt!“ Der Amerikaner fluchte unflätig und schoss einen wütenden Blick gen Himmel. „Würdest du das lassen? Bitte!“ Grollend löste er sich aus McKays Griff, noch immer seine Stirn reibend. Der Schmerz hatte so schnell wieder aufgehört, wie er gekommen war, hinterließ jedoch ein unangenehmes Kribbeln. „Womit?“ Rodney war noch immer verwirrt. „Nicht du. Der Drache...“ John setzte sich wieder in Bewegung, um erneut zu Ronon aufzuschließen. „Michael ist nahe. Nur wenig vor uns.“ Der Wissenschaftler bemühte sich, den Anschluss nicht zu verlieren. Das alles machte für ihn keinen Sinn. „Und das weißt du woher?“ Sheppard stöhnte und verkniff es sich, Rodney einfach links liegen zu lassen. „Der Drache, Rodney. Nur dass mir dieser mentale Quatsch tierisch den Schädel platzen lässt.“ Er warf einen Blick über seine Schulter. „Jetzt spar deinen Atem und lauf!“ Sie verließen die Außengalerie und tauchten ein weiteres Mal ins Innere von Atlantis ein. So schnell ihre Beine es zuließen hasteten sie Treppen hinab, bis sie sich wieder auf ebener Erde fortbewegen konnten. Täuschten sie sich, oder waren es Schritte, die vor ihnen durch die Flure hallten? Alarmiert hielten sie sich dicht an den Wänden, bemüht ihre Geschwindigkeit zu halten. Innerlich betete Sheppard, Teyla möge die Kontrolle über das Stargate und die Hauptkontrollen der Stadt bald schon in ihrer Gewalt haben. Schweiß rann ihm in wahren Sturzbächen über Brust und Rücken und ihm war nur zu bewusst, dass es nicht allein an der körperlichen Belastung der Verfolgung lag. Seine Verletzung blutete stärker und der Blutverlust machte ihm langsam ernsthaft zu schaffen. Hätte Teyla die Kontrolle zurück, könnte sie Michael festsetzen und sie bräuchten ihn nur noch in seiner Falle stellen. Wunschdenken. Selbst dann war der Ausgang einer solchen Konfrontation nicht gewiss. McKays Atem ging rasselnd und in unregelmäßigen Stößen und selbst Ronon hatte auf den letzten hundert Metern immer mehr zu hinken begonnen. John schloss die Augen. Bitte Teyla! Sie verließen den Turm, in dem sie sich zur Zeit befanden, über ein zerbrochenes Fenster. Der Nord-Pier breitete sich in einiger Entfernung vor ihnen aus. Er war dem letzten Beschuss durch die Wraith am ärgsten ausgesetzt gewesen. Bislang hatten noch nicht alle Schäden behoben werden können. Und Sheppard ahnte, dass Michael sich diese Tatsache zu Nutzen gemacht hatte. Sonnenstrahlen fielen durch die hoch aufragenden Schluchten und spiegelten sich in den Fassaden der Bauwerke, als sie hinaus auf einen Brückengang traten. Geblendet hoben sie ihre Hände vor die Augen. Dort, nur wenige hundert Schritt vor ihnen, sahen sie einen Schatten im Schutz des nächsten Turmes verschwinden. Ein kurzes Aufblitzen eines nachtschwarzen Ledermantels, aber es genügte. Ronon schoss voran, dicht gefolgt von Sheppard. Ihr Schritte dröhnten laut auf dem harten Untergrund der Brücke. Es würde sie verraten. Aber Michael wusste bereits, dass sie ihm hart auf den Fersen waren. Sollte er wissen, dass sie ihn beinah hatten. Der Arkadengang machte einen Knick, führte einmal um einen kleineren Ausleger des Gebäudes herum und verschwand dann außer Sicht. Mit einem kurzen Nicken bog der Sateder nach links ab, Sheppard folgte dem Gang weiter um die rechte Flanke. Rodney war weit abgeschlagen und folgte ihnen mit zunehmenden Abstand. John konnte nicht behaupten, dass ihn das großartig störte. Der Wissenschaftler war am Ende und es war sicherer für ihn, wenn er jetzt zurück blieb. Vielleicht konnte er aus dem Hinterhalt später noch Wunder erwirken. Er erreichte das Ende des Arkadenganges vor dem Sateder und hetzte weiter über eine weit ausladende Terrasse. Irgendwo dort, wo diese Terrasse wieder in den Turm mündete, musste sich der Wraith befinden. Arokh hatte dort sein Drachenfeuer niedergehen lassen und schoss für einen weiteren Angriff in einer langgezogenen Kurve heran. Sein wütendes Brüllen hallte in berstenden Echos von den Fassaden zurück. „Ronon.“ Hier gab es zwei Möglichkeiten den Weg auf den Nord-Pier zu verfolgen. Die eine Strecke führte über die äußeren Wehr- und Wandelgänge, die andere durch das Innere des Turmes. Der Krieger kam in weiten Sätzen auf den Colonel zu gerannt. Seine Augen leuchteten in der Faszination des selben Jagdfiebers, das auch Sheppard fest im Griff hatte. Er war dankbar dafür. Das Adrenalin ließ den Schmerz und die Erschöpfung zurücktreten und zu einem dumpfen Pochen irgendwo tief in seinem Innern werden. Es würde sich rächen, irgendwann. „Verfolge ihn dort drinnen. Ich werde zusehen, dass er uns hier draußen nicht entwischt.“ Damit nahmen sie die Verfolgung wieder auf und als sie das nächste Mal aus den Schatten der Gebäude traten, lag der Nord-Pier direkt vor ihnen. Die Gebäude auf diesem Dock waren teilweise zerstört worden und wiesen gigantische Löcher in den Fassaden auf. Die Abbruchkanten wirkten in dem fahlen Licht des späten Nachmittags wie Zähne in einem aufgerissenen Maul. Sie trieben Michael wie ein wildes Tier vor sich her. Der Colonel konnte ihn jetzt deutlich sehen, wenig mehr als hundert Schritte vor sich. Der Wraith taumelte. Den Mantel hatte er bereits eingebüßt und auf seinem Weg zurück gelassen. Sheppard hatte hässliche Brandlöcher in dem Leder bemerkt. Der Drache musste ihn erwischt haben, daran bestand kein Zweifel. Ihr Blicke trafen sich über die kurze Distanz und beide begannen erneut zu laufen. Wie aus dem Nichts stürzte Arokh aus dem Schatten eines nahestehenden Turmes, seine tödlichen Klauen nach dem schutzlos dahin laufenden Wraith ausgestreckt. Er würde ihn zerreißen. Michael stolperte, warf sich im Fallen nach hinten und entkam den messerscharfen Krallen um Haaresbreite. Sein angestrengtes Keuchen drang bis zu Sheppard. Fahrig kam er wieder auf die Füße, stürzte die wenigen Schritte zur nächsten Tür, riss sie auf und verschwand im Innern. John lächelte kalt. Auch dort würde ihn der sichere Tod erwarten. Er hatte Ronons Vorwärtskommen immer mal wieder durch Fenster in den Wänden verfolgen können und wusste daher, dass der Krieger noch immer nahe bei ihm war. Wie um diesen Gedanken zu bestätigen flog die Tür wenig später wieder auf und Michael erschien mit gehetztem Blick. Sheppard lachte ihm ins Gesicht. „Lauf! Lauf um dein Leben.“ In bodenlosem Zorn fletschte Michael die Zähne. Sein Blick huschte erneut zur Tür, dann kreiselte er herum und floh. Als John wenig später das Ende des Wehrganges erreichte, dicht gefolgt von Ronon, war der Wraith verschwunden. Keuchend und wie vor den Kopf gestoßen blieben die beiden Männer stehen. „Wo ist er hin?“ Sheppard konnte darauf keine Antwort geben. Vor ihnen lagen nicht mehr viele Gebäude, ehe sich der Pier zu einer Landeplattform weitete. Die Augen vor der tief stehenden Sonne abschirmend, suchte er nach Arokh. Der Drache zirkelte durch die tiefen Schlagschatten der Türme und suchte offensichtlich auch. „Sein Jäger steht nicht im Freien und die meisten Gebäude sind zu zerstört, um eine sichere Landemöglichkeit zu bieten.“ „Alle bis auf das dort drüben.“ Der Krieger wies mit ausgestrecktem Arm auf die kümmerlichen Reste eines kleineren Turmes zu ihrer Linken, dessen eingestürztes Dach frei gen Himmel deutete. „Der ist genau so gut wie alle anderen. Komm.“ Entschlossen wandten sie sich von dem Wehrgang ab und folgten den Treppen, die zum Fuße des besagten Gebäudes führten. Lange durfte ihre Hetzjagd nicht mehr andauern. John spürte, wie die Wirkung des Adrenalins nicht mehr vollständig ausreichte, um seinen Körper von den Schmerzen seiner Verletzungen zu isolieren. In nicht allzu ferner Zukunft würde er einbrechen. Er durfte nicht zulassen, dass das noch vor Michaels Ende geschah. Ronon neben ihm war stark, doch auch er trug die deutlichen Spuren der vergangen Tage. Sein Hinken war stärker geworden und den verletzten rechten Arm hielt er auffällig still an seine Seite gepresst. Der Colonel straffte sich und folgte dem Sateder in das durch Licht und Schatten erhellte Innere des Gebäudes, nachdem dieser die schief in den Angeln hängende Tür mit einem beherzten Tritt öffnete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)