Strange World von MissBloodyEnd ================================================================================ Kapitel 22: Bis der Groschen fällt 2 ------------------------------------ Ich war Tai mittlerweile gefährlich nahe gerückt und vergaß allmählich, dass ich eigentlich ordentlich Alkohol zu mir nehmen wollte. Irgendwie fand ich ihn viel interessanter, ich fühlte mich quasi zu ihm hingezogen. Ich war wie in einer Art Trance, die mich dazu verleitete, ihm so nahe zu kommen, dass sich unsere Nasen und dann unsere Lippen trafen. Anstatt sich zu wehren erwiderte Taichi den Kuss und intensivierte ihn sogar recht schnell. Seine Hand fuhr erst an meiner Wange, dann runter an meinem Hals entlang, ehe sie schließlich auf meiner Schulter ruhte. Alles war vergessen, mein Schmerz, Koushiro, die Welt, das Universum. Vor mir war nur Tai, an den ich mich immer mehr anschmiegte und meine Arme um ihn schlang, als hätte ich Angst, er würde davon laufen. Kurz stoppte Tai den innigen Kuss und sah mir nachdenklich in die Augen. „Bist du dir sicher, das du...“, sagte er ehe ich ihm einen Finger auf den Mund legte und ihn somit unterbrach. Ich wollte nicht mehr reden. In mir wuchs der ungeheure Drang mit Tai mehr zu machen, als ihn nur zu küssen. Schon solange waren wir Freunde und wenn irgendetwas schief lief in meiner rosaroten Barbiewelt, hatte er steht´s ein offenes Ohr dafür. Und das gerade in der Zeit nach Izzy. Seine Schulter war immer frei, damit ich mich anlehnen konnte. Doch nun, wo ich ihm so nahe war, und in seine tiefbraunen Augen sah, fühlte ich einfach etwas mehr als nur Freundschaft. Geborgenheit und... Liebe..? Ich wollte Tai plötzlich mehr als nur zum Freund ich wollte ihn ganz nahe spüren, Haut an Haut. Es war als wäre ich von ihm magisch angezogen.. Ich wollte Tai! „Psst... ich will nicht weiter in Trauer versinken... Bitte... lass es mich wenigstens für heute vergessen...“, flüsterte ich und lächelte sanft. Taichi fuhr durch meine Locken und zog mich wieder ganz nahe an sich heran. Ohne noch irgendetwas zu erwidern, wanderte seine Hand von meinem Hals hinunter u meiner Hüfte, wo sie vorsichtig mein Top hochschob und mir über meinem Rücken strich. Ein Kribbeln durchzog meinen Körper und meine Nackenhaare stellten sich auf. Wieder begann ich ihn zu küssen, dieses Mal nur wilder. Mein Verlangen stieg immer weiter und so fuchtelte ich energisch an seinem T-Shirt herum. Tai begann zu kichern. „Mein T-Shirt gegen dein Top...“, hauchte er mir ans Ohr und ließ mich aufseufzen. Ein dickes Grinsen machte sich auf meinen Lippen breit während unser „kleines Tauschgeschäft“ von Statten ging. Mein braunhaariger Freund stieß mich anschließend auf den Rücken und drückte mich mit einem Kuss tief in die Sofakissen. Mein Herz begann zu rasen und mein Atem wurde schneller. Dafür, das Taichi angeblich nochmals mit einem Mädchen geschlafen hat, geschweige denn eine zur Freundin hatte, wusste er ziemlich genau, wie er mich zum kochen brachte. Mich am Hals und Dekolleté küssend nestelte er bereits an meinem Hosenbund. Als Mann konnte er ausgezeichnet an zwei Orten gleichzeitig hantieren. Ich war so sehr begeistert, dass ich vor lauter Hitze und Lust wie blöde kicherte, und das alles mit Gestöhne untermalte. Ich hatte aber auch eine wichtige Beschäftigung gefunden, die allerdings für Tai wohl eher schmerzhaft war. Mit meinen eigentlich frisch manikürten Fingernägeln kratzte ich dem armen Schönling ordentlich über seinen vom Fußballspielen gut trainierten Rücken, die definitiv rot, bis blutige Striemen hinterlassen würden. Es schien ihn aber, anders als gedacht, überhaupt nicht zu stören. Nein, er grinste sogar schelmisch. „Na warte Kätzchen... Zeit, deine Krallen mal zu stutzen...“, murmelte er und küsste mich anschließend leidenschaftlich. ~ Langsam schlug ich die Augen auf und starrte in die irritierten Gesichter meiner Eltern. Wie erstarrt lag ich auf dem Sofa, wohlwissend, dass es durchaus sein könnte, dass ich nichts anhatte, und wohlmöglich Tai genauso spärlich bekleidet neben mir platziert war. Verdammter Mist, wer hatte die denn eingeladen? „Was zur Hölle macht ihr denn hier?“, fragte ich mit piepsiger Stimme und griff nach der nicht existierenden Decke. „Was soll denn die Frage? Soweit ich weiß, wohnen wir hier!“, beschwerte sich mein Vater und rückte seine Brille zurecht. Meine Mutter runzelte die Stirn. „Mimi, Liebling, geht’s dir nicht gut?“ „Ihr wolltet doch zu Oma!“, überging ich die Frage und rang um Fassung. Verdammt, verdammt! „Da waren wir doch auch..“ „Bis zum Zwanzigsten!“ „Heute ist sogar schon der Einundzwanzigste!“ Ich schluckte schwer. Ich hatte total vergessen, dass meine Eltern für eine halbe Woche zu meinen Großeltern gefahren waren, um bei deren Umzug zu helfen. In den Ferien verlor ich aber auch ständig mein Gefühl für Raum und Zeit... „Tut mir Leid... Ich- Ich hab vollkommen vergessen, wann ihr wieder zurück seid...Momentmal..wenn heute schon der Einundzwanzigste ist, und ihr gestern wiederkommen wolltet...“ Meine Augen wurden vor lauter Schock immer größer. Hatten meine Eltern etwa irgendetwas von Tai und mir... gesehen? Ich schreckte schwer atmend hoch und stellte fest, dass ich gar nicht nackt war. Ich trug Tais T-Shirt. Verblüfft sah ich wieder zu Mama und Papa. „Wir sind ehrlich gesagt erst vor einigen Minuten zur Tür herein... Uns hat doch ein übler Stau erwischt, hast du denn den Anrufbeantwortet nicht gecheckt? Wir saßen die ganze Nacht im Auto und haben uns den Hintern platt gesessen. Ich kann dir sagen, dass war vielleicht eine Tortur..“, stöhnte meine Mutter und ließ sich neben mir auf das Sofa fallen. Ich erschrak, immer noch voller Angst, Tai könnte noch neben mir liegen. Aber als ich meinen Blick schweifen ließ, war der Platz neben mir leer. War er tatsächlich abgehauen? Ich biss mir auf die Lippen und rieb mir den Schlaf aus den Augen. Wie konnte er einfach... verschwinden? „Aber sag mal Schatz, weswegen liegst du denn auf dem Sofa? Ist dir dein Bett nicht mehr gut genug?“ Meine Mutter riss mich wieder den Gedanken. Mistkerl. Wut stieg in mir auf. Waren denn alle gleich? Ich hätte kotzen können. „Ich... Ich habe einen Film im Fernseher gesehen, und bin wohl... eingeschlafen...“, log ich mit schwacher Stimme und hoffte, dass es meine Eltern schluckten. Wenn meine Aussage stimmte, würde der Fernseher doch noch laufen, oder?... „Na dann... Sonst alles gut? Du wirkst so traurig..“, wollte meine Mutter wissen und ging lächelnd Richtung Küche. Ich zuckte zusammen und winkte ab. „Nee, alles okay..“ Mein Vater verstaute das Gepäck derzeit im Schlafzimmer. „Dann koche ich uns erstmal was leckeres zu essen!“, rief sie begeistert und kramte wie eine Wilde in den Schränken. Oh je... Wenn sie erstmal loslegte, ergaben sich die merkwürdigsten Gerichte.. Mein Vater war jedenfalls wieder endlos begeistert. „Ich geh mal duschen..“, murmelte ich. Erst huschte ich in mein Zimmer um mein Handy zu suchen und verkroch mich anschließend im Badezimmer. Traurig verschloss ich die Tür. Vielleicht hatte er ja eine SMS geschrieben? Vorsichtig sah ich auf den Display meines Handys- Tatsächlich, ich hatte eine Nachricht von ihm. „Liebe Mimi, du wirst wahrscheinlich unheimlich sauer auf mich sein, wenn du bemerkt hast, dass ich weg bin. Sorry! Aber das Ganze hat einen Grund, der dir nicht egal sein dürfte... Ruf mich am besten an, sonst wird das hier noch ein Roman... Hey, das hat sich gereimt... Tai“ Meine Augen verengten sich zu Schlitzen und mit spitzen Fingern wählte ich seine Nummer an. Vielleicht... vielleicht war er doch nicht der Mistkerl für den ich ihn gerade hielt. Er nahm sofort ab. „Gut das du anrufst, Mimi. Ich habe schon die ganze Zeit darauf gewartet...“, sagte Taichi mit ruhiger Stimme und lachte schwach. Ich schwieg. Ich bekam kein Wort raus. Aus irgendeinem Grund stiegen mir die Tränen in die Augen. Jetzt kam bestimmt : “Eh, wir bleiben doch Freunde, oder?“, oder, „Ich gegangen, weil es sich falsch anfühlte..“ „Hör zu. Ehe ich von dir eine Standpauke bekomme, und du eine Horrorszene vom Feinsten abziehst, möchte ich die Situation doch bitte erstmal aufklären. Denk bloß nicht, das ich einer dieser Menschen bin, die so was sagen von wegen: „Unsere Freundschaft ist mir wichtiger.“ Pustekuchen, ich fand das gestern weder falsch noch grauenvoll, und ich weiß nicht wie es dir geht, aber... irgendwie kamen da ganz warme Schwingungen auf mich zu...“, brabbelte er vor sich hin. So seltsam hatte ich Taichi auch noch nicht erlebt. Mister schlagfertige Zunge fehlten doch tatsächlich die Worte?! Ein genervtes Brummeln kam durch den Höhrer. „Ich komme besser mal zu Punkt, sonst platzt einer von uns beiden noch...“, murmelte er. „Mitten in der Nacht ging euer Telefon, und davon bin ich wach geworden. Das ist übrigens ein absolutes Wunder, denn normalerweise kriegt mich nichts wach. Nicht mal mein Monster von Mutter. Jedenfalls konnte ich schlecht rangehen, ich meine wie käme das denn rüber? Und so ging dann der Anrufbeantworter dran. Deine Eltern waren dran, und sagten sie ständen im Stau und würden eventuell erst in den frühen Morgenstunden zu Hause sein. Das war für mich der Starschuss, denn sollten deine Eltern früher kommen, so würden sie uns auf dem Sofa sehen, und ich wusste nicht, wie deine Eltern darauf reagieren würden. Meine würden mir den Kopf abreißen... Deswegen bin ich so gesehen geflüchtet, und hab dir schnell was übergezogen, damit es einfach so aussah, als wärst du eingeschlafen. Ich hoffe du kannst mir folgen?“ Nach seiner langen Rede saß ich perplex auf dem Toilettensitz und atmete tief durch. Er war nicht abgehauen, er wollte lediglich Ärger vermeiden... Ich lächelte und heiße Tränen liefen mir vor Freude über die Wangen. Taichi war also kein Mistkerl. „Mimi?“ Seine Stimme ließ mich zusammen zucken. „Danke..“, sagte ich leise, um endlich auch mal was erwidern. „Also... War das richtig so? Du bist mir nicht böse, oder so?“, wollte Tai wissen und klang irgendwie leicht panisch. Ihm schien viel an mir zu liegen... „Das war eine gute Idee... Ich war nur erst ziemlich bestürzt, weil... ich dachte du seist einfach abgehauen und würdest das alles unter den Teppich kehren, als wäre nichts gewesen...“, erklärte ich und bemerkte wie dumm ich gewesen war. Nicht jeder war so ein Idiot. Taichi schien eben doch anders zu sein. „Das hast du nicht ernsthaft von mir gedacht, oder? Mimi, du müsstest mich mittlerweile besser kennen. Du weißt wie sehr ich es hasse, jemanden vor den Kopf zu stoßen. Und schon gar nicht dich. Dafür mag ich dich viel zu sehr...“ Seine Stimme war sanft und hüllte mich wie eine warme Decke ein. Ich seufzte und fühlte wie meine Wangen immer röter wurden. „Du magst mich... wie sehr?“, fragte ich wie ein kleines Mädchen. Gott, dass war vielleicht peinlich. Ich fühlte mich zurück an meine erste Beziehung katapultiert. Taichi lachte am anderen Ende der Leitung, was meine Situation nicht gerade verbesserte. „Süß... Fehlt nur noch: „Willst du mit mir gehen? Ja, Nein, Vielleicht!“ Ich grummelte. „Antworte einfach, du Dussel..“, erwiderte ich und schmollte. Er konnte das zwar nicht sehen, aber ich erhielt trotzdem ein mitleidiges „Ohhhh“. „Also gut, mein Kleines. Ich mag dich nicht nur ganz doll, ich hab dich sogar ganz doll lieb!“ Er antwortete mit der gleichen Masche wie ich, was mich ein wenig zur Weißglut brachte. Dennoch musste ich grinsen, als sein schönes Lachen ertönte. „Danke, der Herr, jetzt bin ich schlauer...“, kicherte ich und lehnte mich zurück. Meine Mutter klopfte an die Tür. „Mimi, Schatz sprichst du mit dir selbst?“, fragte sie besorgt. Ich lachte. „Nein Mama, ich telefoniere!“ Ein erleichtertes Stöhnen entglitt ihr. „Dann ist ja gut... gleich gibt’s Essen!“ „Okay..“ „Madame muss also aufhören zu telefonieren?“ „Sieht so aus...“, jammerte ich. Ich wollte noch nicht aufhören, ich wollte noch Stunden mit ihm sprechen, Tage, Monate... „Dann sollten wir aufhören.“ „Hmm..“ „Beende dein Selbstgespräch mit mir und lege auf Mimi!“ Ich kicherte. „Leg du doch auf!“ „Ich habe das zu erst gesagt, Fräulein!“ „Na und, darauf pfeife ich!“ „Wollen wir etwa frech werden?“ „Oh jaa...“ „Na warte... Ich weiß wo du wohnst, ich komme vorbei und kitzel dich ins Nirvana..“ „Oho, jetzt habe ich aber Angst.“ Ein lautes Lachen durchdrang die Leitung. „Okay ich muss wirklich schluss machen... Mein Vater lässt mir sonst nichts übrig..“, meinte ich und strich sanft über den Display meines Handys. „Gut, ich ruf dich später nochmal an, wir müssen da nämlich noch was vorbereiten.“, entgegnete Tai. „Vorbereiten?“ Verwirrt kratzte ich mich am Kopf. „Ja, Matt hat morgen Geburtstag, falls du es vergessen hast. Ich dachte mir, wir feiern ein Wenig... Um ihn abzulenken, und so...“ „Das hab ich total vergessen...“ „Dafür hast du ja mich, und nun hopp, das Essen wird sonst kalt!“ Seine motivierende Stimme ließ mich aufspringen. „Jawohl, Herr General! Bis später!“ „Bis später und... Ehm Mimi?“ „Hm?“ „Ich liebe dich...“ Mein Herz machte einen Sprung, seine Worte hallten in meinem Kopf immer und immer wieder. „Ich... dich auch..“ Antwortete ich und legte auf. Mein langes Trauerspiel hatte schließlich doch ein Ende gefunden. Ich hatte Taichi gefunden, obwohl er schon so lange bei mir war. Ich lächelte und sah in den Spiegel. Ach Sora... Ich wünschte, du wärst hier... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)