Strange World von MissBloodyEnd ================================================================================ Kapitel 15: Abschied nehmen --------------------------- [Sora] Flughafen Tokio, viertel vor acht. Es war soweit. Mein Flug ging in einer Stunde und dreißig Minuten. Während mein Vater mit einem Angestellten wegen meinem Übergepäck diskutierte, saß ich mit meiner Mutter und Matt an einer etwas ruhigeren Ecke und schwieg. Meine Mutter kaute aufgeregt auf ihrem Kaugummi herum. „Oh Gott.. Ich bin ja nervöser als du, Sora...“, meinte sie hastig und begann vor uns auf und ab zu laufen. Kein Spur von Traurigkeit. Ich glaubte, meine Mutter realisierte es genauso wenig wie ich oder mein Vater, dass ich wirklich lange nicht mehr bei ihnen sein würde. Ich hätte mir wirklich gewünscht, wenigstens noch Matts Geburtstag mit zu feiern. Aber mein Flug konnte nicht umgebucht werden, da man mich so schnell wie möglich dort haben wollte. Zumal ich dort in das Semesterjahr hineinrutschen musste. Es würde bestimmt eine Menge Stress wegen mir geben... Allerdings waren die so begeistert von mir, dass sie mich eingeladen hatten. Vielleicht waren sie ja dann auch noch begeistert genug, um einer kleinen Japanerin das fremde Land zu erklären. Wenigstens ein bisschen. Ich war unheimlich müde. Schon um vier Uhr morgens machte meine Mutter Terz, ich würde meinen Flug verpassen. Dabei ging der doch erst um zehn Uhr fünfzehn.. Hach ja... meine Mutter... „Hat jemand von euch Hunger? Ich hab uns ein paar Brötchen geschmiert... Wir hatten ja keine Zeit zum frühstücken.. Tut mir Leid, Sora, dass du dein letztes Essen so auf die kahle Hand bekommst...“ Ich lächelte sie warm an und schüttelte den Kopf. „Das geht schon in Ordnung, Mama... Mach dir mal darum keine Sorgen...“, entgegnete ich und seufzte. Mein letztes japanisches Brötchen, für die nächsten vier Jahre. Mann, das war, wenn man es sich nochmal vor Augen führte, eine verdammt lange Zeit. In meinem Magen machte sich ein ungutes Gefühl breit. War meine Entscheidung, nach Frankreich zu gehen, wirklich richtig? „Sora?“ Eine Stimme von der Seite riss mich aus meinen Gedanken. Das war sicherlich auch besser so. Hätte ich noch weiter nachgedacht, wäre ich wahrscheinlich aufgesprungen, und hätte alles abgeblasen. „Mh?“ Matt wies auf mein Brötchen. Ich folgte seinem Finger, und sah, dass sich die eine Hälfte gerade verselbstständigte und drohte, auf meinen Rock zu fallen. Schnell rettete ich es und grinste verlegen. „Sorry.. Ich bin noch nicht ganz wach...“, entschuldigte ich mich. Er lächelte kopfschüttelnd. „Lügnerin..“ Ich sah ihn verdutzt an. Er lächelte noch immer. „Was?“ Schmollend schubste ich ihn leicht. Noch immer keine Erklärung. „Du hast gerade gedacht, ob das wirklich das Richtige für dich ist, stimmst?“ Ertappt. Matt kannte mich zu gut. Er und Tai waren mit die Einzigen, die mich wie eine Klarsichtfolie durchschauen konnten. Schon hundert Mal hatte ich ihm gesagt, er solle nicht ständig in meinen Kopf gucken... Grummelnd biss ich ins Brötchen. „Denk bloß nicht dran, junge Dame! Das ziehst du jetzt durch..“, mahnte er mich und küsste mich auf die Wange. Schuldbewusst ließ ich meinen Kopf auf seine Schulter fallen. „Ja, ja... Diese Gedanken schleichen sich immer wieder ein... Ich kann nichts dafür... Verzeih mir...“ Er lachte kurz auf und stupste mich an. Ich sah verwundert zu ihm hoch. Er machte nur wieder Handzeichen. „Guck mal wer da kommt!“, sagte er und zeigte Richtung Eingang. Izzy kam winkend auf uns zu. Ich freute mich unheimlich... Er kam also auch, um mich zu verabschieden.. Vor lauter Rührung hätte ich fast angefangen zu weinen. „Izzy...“, flüsterte ich und sprang spontan auf. Er hatte sogar Saya mitgebracht. Ich war zwar verwirrt, aber war trotzdem glücklich. „Du bist gekommen, wie schön!“, rief ich und fiel ihm um den Hals. Saya kicherte. „N... Na klar, Sora. Ich kann dich doch nicht wortlos davonfliegen lassen! Saya wollte dir auch „Auf Wiedersehen“ sagen..“ Ich lächelte sie an und umarmte sie ebenfalls. „Das ist wirklich furchtbar lieb von dir... Danke!!“ „Hey, auch wenn wir uns noch nicht so lange kennen, dachte ich mir, komme ich trotzdem. Du bist eine gute Freundin von Izzy, dass wollte ich mir nicht entgehen lassen!“, sagte sie und grinste. Sie kaute auch Kaugummi... War das eine Krankheit? Egal, ich war in diesem Moment einfach nur froh, die Beiden zu sehen. Matt gesellte sich zu uns und wuschelte Izzy durch die Haare. Er und Saya kannten sich, soweit ich wusste, noch nicht. „Wer ist denn deine neue Flamme, mh?“, wollte er neckend wissen. Wie immer. Ich seufzte. Tai und Matt verstanden es perfekt, Izzy aufzuziehen. Leider ließ er es auch so leicht mit sich machen... Wieder etwas, was ich vermissen würde.. [Izzy] Nachdem Matt aufgehört hatte, meinen armen Kopf zu massakrieren, räusperte ich mich, um stolz meine Saya vorzustellen. „Meine neue „Flamme“, wie du es so fein ausgedrückt hast, heißt Sayachi und geht in die selben Kurse wie ich. Wir sind seit knapp zwei Monaten zusammen.“ „Ähh.. Saya reicht völlig!“, wandte sie noch ein und grinste. Yamato schaute mich fragend an. „Seit zwei Monaten? Und warum weiß ich davon nichts?“ Böse schielte er zu Sora, die nur mit den Achseln zuckte. Saya lachte. Ich wedelte wild mit den Armen herum. „Das... das ist doch nicht ihre Schuld! Du hattest nur auch soviel zu tun, und wir haben uns halt nicht sehr oft gesehen.. Das ist das wohl irgendwie untergegangen...“, erklärte ich wird fuchtelnd. Jetzt lachten alle. Man, ich hasste es... „Reg dich ab, Kurzer. Ich werde es überleben..“, murmelte er und zwinkerte. „Kurzer?“, wiederholte Saya und griente mich an. Super. Jetzt hatte sie das auch noch drauf. Die Ecke kam immer näher... Man musste mich ja auch immer hineindrängen.. Ich schickte ein Stoßgebet, dass vielleicht jetzt jemand dazu stoßen würde, der die ganze Situation aufmischte. Vermischte eher gesagt. Ich wollte nicht weiter getriezt werden, ich hatte die schlechte Angewohnheit, mich nicht wehren zu können. Saya harkte sich versöhnlich bei mir ein lächelte. „Nimm´s nicht so schwer, Izzy. Ist doch nicht böse gemeint... Wenn du willst, sag ich das auch nie wieder!... Kurzer....“ Sich kicherte. Irgendetwas in mir verriet mir, dass sie sich nicht daran halten würde. Misstrauisch sah ich ihr in die Augen. Unschuldslächeln. So ein Dreck, das zog bei mir auch immer.... Sora und Matt beobachteten mich sorgenvoll. Ich hatte wahrscheinlich wieder meine Gedanken mimisch verdeutlicht. Und schwupp hatte ich mich wieder zum Horst gemacht.. „Izzy?“ Ahnungslos schaute auch Saya mich an. Ich drehte mich zu den Stühlen und setzte mich kommentarlos hin. Es reichte mir jetzt schon. Sayachi begann nervös auf ihrem Kaugummi herum zu kauen. „Keine Sorge, dass macht er öfter...“, erwähnte Sora und lachte. „Die Seite kannte ich noch gar nicht...“ Hinter uns erschien ein neuer Rutsch an Menschen. Joe, Kari und Tai waren auf den Weg zu uns. Von weitem sah ich, wie Kari ein wenig weinte. Sora nahm sie sofort in den Arm. „Süße... nicht du auch noch... Hör auf, sonst mach ich noch mit...“, beruhigte sie sie und lachte sie an. „Tut mir Leid... Ich bin nur einfach etwas traurig... Aber ich freue mich unheimlich für dich, dass musst du mir glauben!“, versicherte sie und stieg ins Lachen ein. Joe setzte sich schnaubend neben mich. Tai gesellte sich zu Matt. „Ich hasse Flughäfen! Du findest bereits um diese Uhrzeit keinen Parkplatz mehr!“, grummelte er und schüttelte immer wieder wütend den Kopf. „Dreimal ist er um das ganze Ding gefahren.. Ich habe ihn noch nie so aufbrausend gesehen...“, witzelte Tai und verkniff sich ein lautes Lachen. „Er wurde schon ganz grün im Gesicht.....“, ergänzte Kari. Alles lachte. Endlich war ich nicht mehr die Witzfigur. Joe wirbelte angesäuert mit den Händen in der Luft herum. „Das nächste Mal lauft ihr eben... Wenn ihr so unzufrieden mit mir wart...“ Es war sicherlich schwierig, als Autofahrer einen Parkplatz zu bekommen. Aber jetzt stellt euch doch mal bitte Joe am Steuer vor....Dieses verplante... dieses verwirrte Persönchen. Ein Lacher schlechthin. Tai fiel über Sora her, und kitzelte sie erstmal in aller Ruhe aus. „Mach dich auf eine Kitzeltortour gefasst... Das kann ich schließlich eine Weile nicht mehr machen!“, rief er und riss sie sogar fast zu Boden. Sora lachte Tränen. „Bitte....Bitte... nicht.... lass das... wahahah“ Es dauerte eine Weile, bis sich beide wieder erholt hatten. Saya setzte sich neben mich. „Kann Sora überhaupt Französisch? Oder machen die dann ein auf Gebärdensprache?“, wollte sie wissen. „Sie hat die letzten zwei Jahre Englischkurse besucht. Und sie ist nicht die erste Studenten dieser Schule, die aus einem anderen Land kommt. Die werden sich damit schon arrangiert haben..“, erklärte ich. „Ich wünsche ihr auf jedenfall viel Glück. Ich finde sie wahnsinnig mutig... In ein fremdes Land zu gehen, wo man niemanden hat, außer sich selbst, und einen Koffer voller Hoffnungen und Träume...“ Ich sah Saya verdutzt an. Es klang wirklich wunderschön, was sie da sagte, aber es war so verwunderlich, es aus ihrem Mund zu hören. Sie streckte mir Frech die Zunge raus. Ja, dass klang schon eher nach Saya... [Kari] Ich hatte mir fest vor genommen, eben nicht zu weinen. Klappt ja wieder prima... Dabei wollte ich nicht, dass Sora eventuell mit weint. Ich dachte sowieso, dass sie unheimlich traurig auf dem Stuhl sitzt, und auf ihren Flug warten würde. Doch wurde ich eines Besseren belehrt. Die Stimmung war ausgelassen.. So wie es schon immer war. Vielleicht lag das aber auch daran, dass Tai mal wieder seine Witze reißen musste. Er hob jede noch so dunkle Situation wieder an. Mein Bruder eben. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass bereits jemand da war. Wir waren viel zu früh los gefahren, weil Joe mal wieder total verwirrt unterwegs war. „Egal! Jetzt bin ich schon da, und ihr springt jetzt in mein Auto. Ich hätte gerne einen Parkplatz in der Nähe des Einganges. Also, hopp hopp!“ Wie ein Kommandoführer hatte er uns vom Frühstück in seinen Wagen, der eigentlich nur von seinem Bruder Chou ausgeliehen war, und demnach nicht seines(!), verfrachtet und war davongebraust. Tai war im Auto fast wieder eingeschlafen. Er war es nicht mehr gewohnt, in aller Frühe aufzustehen und irgenwo hinzufahren. Kein Wunder, wenn man auch ein ganzes Jahr nur vor sich hin vegetierte. Wir blieben nicht lange zu siebt. Hinter uns tauchten Mimi, mit breitem Grinsen, T.K, Yolei und Ken auf. Bemerkung: Ken und Yolei hielten Händchen. Wir alle grinsten hellerfreut. „Ja, ja.... guckt nicht so... Als ob ihr es nicht geahnt hättet!“, murrte Ken. Miyako lachte hysterisch los. „Was...? Sora.. ich bekomme ja nichts mehr mit... Lasst mich raten, ihr seid schon seit vier Monaten zusammen, nicht wahr?“, rief Matt und schmollte. Alle lachten laut los. „Nein, das ist noch ganz frisch!!“, quiekte Miyako und hüpfte auf mich zu. Wir grinsten uns so breit an, wie es nur ging. Neben mir tauchte T.K auf und sah mich fragend an. „Ich habe zwei Fragen: Erstens: Ist das ansteckend? Und zweitens: Tut das nicht weh?“, meinte er und schaute zwischen uns hin und her. „Keine Sorge, dass überträgt sich nur von Mädchen zu Mädchen!“, erklärte ich mit professionellem Nicken. Yolei schwebte zu Ken rüber, der sich gerade von Tai trietzen ließ. Nun standen wir alleine. Ich kuschelte mich an ihn heran. Klappe die dritte: Matt schaute uns ganz perplex an. „Ihr wollt mich doch alle verarschen, oder? Jetzt auch noch mein Bruder... Ist das eine Epidemi? Und warum bekomme ich das alles nicht mit!!“, fluchte er und vergrub sich traurig in Soras Halsbeuge. Die knabberte seelenruhig an einem Brötchen. Mein Bruder begutachtete mich skeptisch, dann schielte er rüber zu Matt. „Ich habe es dir doch gesagt. Wir beide werden eines Tages noch verschwägert sein. Du wolltest es ja nicht glauben...“ Er zuckte mit den Achseln. Mimi klatschte begeistert. „Wow, das ist ja echt so ein „Boom“ an Beziehungen!“, rief sie und wankte hin und her. Takeru sah mich verwirrt an. „Und was hat bitte Mimi geraucht?“, fragte er mich leise und fing an zu lachen. Es war schon recht auffällig. Sora und Matt, Koushiro und Saya, Ken und Yolei und Takeru und ich. Na ja gut, nehmen wir mal Sora und Matt raus. Aber ob das wirklich an dem Frühling lag? Wieder tauchten einige unserer Freunde auf. Allmählich wurde es richtig voll bei uns. Viele waren in Gruppen gekommen. So wie aus jetzt. Davis, Cody und Wallace. Nun waren wir komplett. „Oh nein.. Ich dachte wir verabschieden hier Sora.. Hätte ich gewusst, dass es sich um ein Pärchentreff handelt, hätte ich das Blondie von neulich doch mitgebracht!“, maulte Wallace. Davis sah sich wohl etwas fehl am Platz. Er setzte sich schnurstracks neben Joe und schaute in eine andere Richtung. Niemand nahm ihr wirklich wahr. Ein wenig Mitleid hatte ich schon. Aber nachdem, was er gestern abgezogen hatte, ignorierte ich ihn. Was zu viel war, war zu viel. Bis auf Joe, tat mir das jeder gleich. Der bekam ja schließlich auch nicht allzu viel von unseren Problemen mit. „Na, was hast du denn ausgefressen?“, wollte er wissen und wechselte von uns zu ihm. Er zuckte mit dem Schultern und gab keinen Ton von sich. Sora wedelte mit den Armen. „Wo ist eure gute Stimmung denn hin? Hey, deprimiert sein könnt ihr, wenn ich weg bin! Los, lachen!!“, meckerte sie und wirbelte um sich. „Sora-Schätzchen hat recht! Los Kinder! Party!!“, rief Tai, ganz Anführer. Sofort waren natürlich alle wieder guter Dinge. Niemand widersprach jemals dem großen Taichi! Während er mit Sora ein Tänzchen á la „just one last dance“ wagte, labberten alle wild drauf los, wie es wohl sein würde, wenn unser liebenswerter Rotschopf nicht mehr bei uns sein würde. Bei jedem neuem Satz kam ich den Tränen leider wieder näher. Sora.. Sie ist die gute Seele unserer Gruppe, hat immer vermittelt und hatte immer ein offenes Ohr... Es würde schwer werden... Sehr schwer... [Joe] Ich weiß meine Vorgänger haben sicherlich erwähnt, dass meine Autofahrerfähigkeiten gewöhnungsbedürftig waren. Aber versucht mal, mit zwei Kindern (ich meine bewusst Kinder, denn Tai ist zwar schon achtzehn, aber noch immer ein Kleinkind!) auf dem Rücksitz die Nerven zu behalten! Ich muss dazu wohl nichts mehr sagen! Zurück zum eigentlichen Geschehen. Noch immer turnte unser liebster Tai mit Sora durch die Flughalle und rempelte andere Leute an. Mir wäre so was ja hoch peinlich gewesen. Nun war ich ja auch nicht so selbstbewusst wie Tai. Soras Vater kam näher und setzte sich zu uns. „So.. Ich hasse Übergepäck. Schon mal Übergepäck gehabt? Übergepäck ist grauenvoll... Nochmal 300 Yen! Ich fasse es nicht. 300 Yen!“ Er regte sich noch weiter vor sich hin auf. So ganz konnte ich nicht folgen. Davis sah verzweifelt zu mir rüber. Er bekam schließlich die volle Dröhnung ab. Ich nickte nur. Ein kurzer Blick auf die Anzeigetafel verriet uns, dass ihr Flug bereits dran stand. Japan-Paris zehn Uhr fünfzehn. Wieder ein Stimmungstief. Niemand konnte sich wirklich vorstellen, dass sie nicht mehr da sein würde. Ich verkniff mir eine kleine Träne. Ich hatte viel zu viel Zeit in mein Studium gesteckt, viel zu wenig in meine Freunde. Jetzt, wo ich sah, dass einer von ihnen ging, kam ich mir dumm vor. Ich bekam ja noch weniger mit als Yamato. Wann hatte ich schon mal wieder mit irgendeinen, außer Mimi vor kurzem, ausführlich gesprochen? Das war lange her, mit einigen hatte das noch nie stattgefunden.. Okay, ich wusste, es war zu spät der Vergangenheit hinterher zu trauern.. Aber es hinterließ schon einen gewissen Schmerz. „Du scheinst auch nicht besonders glücklich?“, riss mich schließlich Davis aus den Gedanken. Zuckend sah ich zu ihm rüber. „Ach nun ja... Ich weiß nicht, ob es an dem Altersunterschied liegt, oder an mir, aber ich habe allmählich das Gefühl, dass ich nicht mehr ganz hineinpasse...“, antwortete ich und lächelte schwach. Das gab einen mächtigen Stich in meinen Herzen. Welch kalte Erkenntnis. Davis schüttelte den Kopf. „Ach Quatsch! Das hat doch damit nichts zu tun! Alle haben Verständnis für dich, du mit deinem krassen Arztstudium!“ „Medizinstudium!“, korrigierte ich ihn schnell. Er schnaubte. „Dann eben das! Alle stehen hinter dir, glaub mir, keiner hier hat das Gefühl, du interessierst dich nicht mehr für einen. Du bist doch immer noch einer von unseren Pappenheimern!“ Ich lachte. Trotz seiner scheinbar schlechten Laune konnte er doch noch richtig gut aufmuntern. Schon fühlte ich mich etwas besser... „Danke für das Trostpflaster... Aber ich scheine nicht der Einzige zu sein, der etwas im Abseits steht... Was stimmt denn mit dir nicht?“, harkte ich nach. Er schaute gedankenverloren zu Boden. „Ach... na ja... Da ist so dieses und jenes.. nicht so wichtig..“, flüsterte er und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Komisch. Er selber unterstützt, aber wenn er selber Probleme hat, dann ist er verschlossen. Warum will er denn nicht, dass ich ihm helfe? Verstehe einer die Kinder... Ich glaubte langsam doch, dass ich nicht mehr reinpasste. Noch jemand schien nicht recht glücklich. Mimi. Rasch huschte ich zu ihr herüber, um wenigstens ihr versuchen zu helfen. Sie stand leicht verloren, etwas abseits, und schaute Tai und Sora hinterher. „Na... hier herrscht ja wirkliche Trauerstimmung...“, eröffnete ich. Ich hatte sie offenbar erschreckt. Zuckend drehte sie sich um und grinste. „Ach Joe! Du hast mich vielleicht erschreckt!...“ Sie lachte schon wieder. „Tut mir Leid! Ich dachte nur, du könntest etwas Gesellschaft gebrauchen!“ Sie lächelte. „Danke... Ich stehe hier gerade wirklich etwas verloren.... Sieh mal wie glücklich die Beiden sind... Als wäre heute eine Party.... Dabei...“ Sie brach ab. Ihr Gesicht verriet mir, dass sie alles andere als fröhlich war. Auch wenn sie vorgab, es zu sein. Klar, wir sind alle betrübt, dass Sora geht... Vor allem, weil sie solange geht.. Eigentlich kann man sich das gar nicht vorstellen, dass jemand, der immer da war, plötzlich weg sein sollte. Aber um nochmal auf Mimi zurück zu kommen: Ich hatte das Gefühl, dass noch etwas hinter ihrer Fassade steckte. Ich begutachtete sie noch einmal genau. Wieder sah sie nachdenklich zu den beiden Tanzliesen. „Glaubst du.... Tai ist in Sora verliebt?...“, fragte sie mich auf einmal und ließ meinen Atem stocken. Nervös blinzelte ich. „Wie... Wieso fragst du das?“, harkte ich nach. Das war ja mal eine interessante Wende. War Mimi etwa in Tai... Aber war sie nicht in Izzy..? Ich schüttelte verwirrt den Kopf. Wollte ich wirklich, um diese Uhrzeit schon, solche Informationen auf einen Flughafen sammeln. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, sich neben sie zu stellen... [Yolei] Voller Stolz waren Ken und ich vor die anderen getreten, und hatten ohne große Worte verkündet, das wir nun zusammen waren... Ich vermutete im Nachhinein ernsthaft, dass es alle sowieso schon wussten. Gut, außer Matt. Die Stimmung war ausgelassen. So, als ob wir uns einfach mal so eben getroffen hätten, um dem Üblichen Tratsch und Klatsch nach zu gehen. Niemand war meines Erachtens in einem Umhang aus Trauer und Verzweiflung gewickelt. Um so besser für Sora. Noch etwas war mir aufgefallen. Davis saß nun ziemlich alleine, abgegrenzt von allen anderen. Eigentlich doch total kindisch! Alle ignorierten einen scheinbaren Störenfried, niemand suchte vielleicht mal nach einer Lösung. Mir drehte sich der Magen um bei der Vorstellung, dass wir ihn ausstoßen mit dieser Taktik. Klar, jeden nervte es, dass er minütlich hoch ging, und niemand verstand sein Verhalten mehr, aber dennoch mussten wir doch auch an die gute alte Freundschaft denken. Es schien allerdings auch niemand an einer Klärung dieses Konfliktes interessiert zu sein. Noch nicht mal Ken. „Lass ihn doch einfach in Ruhe.. Das lenkt sich schon wieder ein..“, meinte er und grinste. Ich fand das mehr als lasch. Auch wenn es mich immer ziemlich gerädert hatte, empfand ich es als niederträchtig ihn einfach fallen zu lassen, wie eine heiße Kartoffel. Selbst Cody, der doch sonst so für Gerechtigkeit und Frieden war, zuckte mit den Schultern. „Wenn wir ihm jetzt den kleinen Finger reichen, reiß er uns den Arm ab. Und was hätten wir davon? Seine miesen Eifersuchtsattacken würden uns wieder stören. Das find ich nicht so toll...“, sagte er. „Aber vielleicht können wir das ja jetzt begraben. Ich meine jetzt, wo T.K und Kari zusammen sind, hat er doch wirklich Null Chance mehr. Ich habe die stille Hoffnung, dass er einsieht, dass es keinen Sinn mehr macht. Dann wird er auch aufhören!“, entgegnete ich. Wenn ich Cody auf meine Seite ziehen konnte, war ich erstens nicht mehr alleine mit meiner Ansicht, und zweitens würden wir zusammen vielleicht schon einen kleinen Erfolg einheimsen können. „Er ist verliebt, Yolei! Der wird das heute und auch morgen noch nicht begriffen haben. Wie lassen ihn am besten ein bisschen in Ruhe. Er wird schon von alleine auf uns zu kommen. Wenn es soweit ist, werden wir ihn mit Freuden wieder aufnehmen. Okay?“ Verdammt. Er war dreizehn und konnte schon diskutieren wie ein Erwachsener. Das machte mir ein wenig Angst. Allerdings musste ich wohl einsehen, dass er schon recht hatte. Mist. Mein schlechtes Gewissen verschwand zwar nicht, aber es ließ sich einschließen. Und schon war ich wieder mehr an Ken interessiert. Ja, ja ihr denkt jetzt wahrscheinlich „What? Wie geht das denn?“, aber ihr müsstet mich kennen. Wenn es um Ken geht, kenne ich nun mal nichts anderes mehr. Doppelpunkt, Bindestrich, Klammer zu. „Na, Idee verworfen?“, harkte er nach, als ich mich wieder anschmiegte. „Was?...“ Er fing an zu lachen. Ich wusste scheinbar schon gar nicht worum es ging. Soras Mutter ging durch die Reihen und verteilte etwas. Essen. Woah, ich liebte Essen schon immer!!!!! „Darf ich euch auch etwas anbieten? Ich habe etwas zu viel gemacht, ihr könnt also ordentlich zu schlagen!“, sagte sie und reichte und eine Schale mit Onigiris (= japanische Reisbällchen ). Mir floss das Wasser im Munde zusammen. Ich liebte Onigiris! Ken nahm einen, ich gleich drei. Sie hatte schließlich gesagt, wir sollten ruhig zu schlagen. „Du.... bist ziemlich verfressen, Miyako-chan...“, murmelte er und biss behutsam in sein Reisbällchen. Ich verschlang den ersten in einem Zug. Wundersame Blicke trafen mich. „Wa... was war das denn?“, wollte Kari von mir wissen, die mit den anderen neugierig näher kam. Nur Tai und Sora kreisten noch immer durch die Halle. „Iff epfe..“, meinte ich, beziehungsweise versuchte es. Man bedachte mich mit einem verwirrten Lächeln. „Nimm den anderen doch auch noch in den Mund, dann verstehen wir dich noch besser!“, schlug Matt vor und wies auf meinen zweiten Onigiri. „Oh ja.. Platz genug wäre bestimmt...“, ergänzte Sayachi und grinste mich an. Grummelnd drehte ich mich und versuchte den Reis runter zu bekommen. Danach wandte ich mich siegessicher wieder um. „Ich habe eben einen gesunden Appetit.“, verteidigte ich mich und biss in den nächsten. Ken schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß schon wie du in vierzig Jahren aussehen wirst. Ja ich habe das Bild genau vor mir...“, fing Matt an zu philosophieren. „Du mit Schürze, die dir aber nicht mehr passt, weil du aufgequollener als Hefe in der Sonne bist. Mal wieder kochst du dir ein zwanzig Gängemenü, so wie jeden Morgen. Du bringst gut und gerne 180 Kilogramm auf die Waage... Dein Mann und deine Kinder sind alle halbverhungert, schließlich reicht das Essen nur für dich. Und du würdest es ja niemals wagen, es zu teilen.....“ Verärgert klatschte ich ihm ein Reisbällchen ins Gesicht, während der Rest anfing zu lachen. Er zuckte nicht mal zusammen. Er wusste, dass ich so reagieren würde... Alter Schwachkopf. „Das gute Essen....“, sagte er und zupfte sich einzelne Reiskörner aus dem Haar. Verdammte Kiste! Mein schöner Onigiri... Nur, weil ich ihm es heimzahlen wollte.. Und dann hatte es noch nicht einmal ein Ergebnis erzielt. Ich war sichtlich etwas enttäuscht. [Tai] „Eins, zwei, drei und eins, zwei, drei...“, sagte ich während Sora und ich durch die rasenden Beamten tanzten. Es war echt ein Knüller, den sowieso schon genervten Leuten, die ja ihren Flieger hundertpro verpassen würden, wenn sie nicht sofort durchkamen, in die Quere zu „tanzen“. Sora war die ganze Zeit nur am Lachen, wenn sich so ein Beamtenmensch mit mir anlegen wollte. Gut, zu achtzig Prozent rannte ich mit ihr schnell um die nächste Ecke, aber manchmal rief ich dann doch etwas zurück. „Die haben echt alle gute Laune, was?“, meinte ich und grinste. Sora lächelte nur und schüttelte den Kopf. „Und du bist natürlich nicht der Auslöser...“ Ich zuckte mit den Achseln. Dabei wollte ich die Leute doch nur ordentlich aufmischen. Zur Belustigung meiner Sora. Ja, ja, ich kann mir denken, was ihr denkt. Ihr meint wahrscheinlich „Hey, der steht ja total auf Sora!“. Und manchen von euch würde das sicherlich gefallen, aber ich muss euch enttäuschen. Ich mochte Sora wirklich sehr, aber mehr wie eine Schwester. Wir kannten uns schließlich schon ewig und drei Tage, hatten Fußball zusammen gespielt, die Abenteuer in der Digiwelt gemeinsam durchlebt, und diversen Kummer überstanden. Neben Matt war sie echt die engste Vertraute. Nun kam allerdings ein dickes Problem: Sie ging, ich blieb. Das würde bestimmt ganz grausam sein, wenn ich dann plötzlich ernsthafte Gespräche mit Matt führen musste. Ich hatte ihn wirklich lieb, aber was er auf den Tod nicht ausstehen konnte, waren tiefgründige Talkrunden. Ich hoffe nur, ich komme euch jetzt nicht verweichlicht vor. In jedem Mann steckt ein Fünkchen Frau. Basta! „Wollen wir nicht wieder zurück...? Die anderen fragen sich wahrscheinlich schon wo wir bleiben.“, murmelte Sora und seufzte. Ich spürte deutlich, dass sie langsam sentimentaler wurde. Es nährte sich ihr Abflug. Behutsam nahm ich sie an die Hand und führte sie, langsamer als vorher, über den Platz. „Ich will dir ja nicht noch mehr Zeit mit den anderen nehmen..“, entgegnete ich und zwinkerte. Sie verstärkte ihren Händedruck und kniff die Lippen zusammen. Ich zog die Stirn kraus. „Sora?... Alles okay?“ „Ach... ich... Mir fiel nur gerade auf, dass ich dich ganz schrecklich vermissen werde....“, sagte sie und grinste mich gequält an. Aua... Stich in Herz. Das tat wirklich weh. „Sora.... Ich werde dich auch unheimlich vermissen....“, murmelte ich und nahm sie fest in den Arm. Besser ich heulte jetzt, als es später zu tun. Verdammt, ich hasste Tränen. Dabei dachte ich, ich sei stark genug solche Gefühlssachen wegzuschließen. Aber Pustekuchen! Sora krallte sich in mein Shirt. „Komm schon... wir wollen doch jetzt nicht rum plärren.“, flüsterte ich schließlich und wischte mir das nervende Wasser aus dem Gesicht. Wir lösten uns von einander und lachten uns beide aus. Keiner von uns beiden war es wirklich gewohnt den anderen so aufgelöst zu sehen. „Ja, du hast recht.. Man wie peinlich...“, sagte sie und kicherte. Zum Glück sah man uns das Geflenne nicht an. Man hätte uns total aufgezogen. Hauptsächlich mich. Und ich hasste es, wenn man mich „ärgerte“. Ich tat das bei anderen, doch niemand durfte das bei mir. Stand in meinem Goldenen Regelbuch, dass nicht existiert. „Warum entführst du meine Freundin?“, fragte mich Matt leicht angefressen, als wir zurück waren. „Frag nicht immer so doof. Sie gehört dir schließlich nicht..“ Sofort packten seine Musikerklauen um die schmale Taille Soras. Noch ein passendes Gesicht dazu, und schon vermittelte er mir deutlich, dass sie sehr wohl in seinen Besitz gefallen war. Sora und ich blinzelten uns nur verwirrt an. Manchmal war er ja schon schräg. Schräger als ich. „Schnucki, du bist verrückt..“, sagte ich ganz locker ohne meine Mimik zu verändern. Er vergrub nur sein Gesicht in Soras Haare. Ich schob es auf den nahenden Abschied von seinem Lieblingsmensch. Obwohl ich manchmal am zweifeln bin, ob es nicht doch eher seine Gitarre war, die er mal heiraten würde. Die behandelte er nämlich wie ein richtiges Lebewesen. Sie hatte sogar einen Namen. Ich sage bewusst sie, denn nicht nur der Artikel von „Gitarre“ ist weiblich, sondern auch Matt seine an sich. Sie hieß.... ähm.. Hoshi oder so ähnlich. Es machte mir regelmäßig angst, wenn er anfing mit ihr zu sprechen... Da konnte es einen doch auch nur schütteln, oder? Vielleicht verstand ich es auch nur nicht, weil ich Fußballer war und kein Saitenvergewaltiger. Und nein, mein Ball hatte keinen Namen! Was Sora wohl dazu sagte? Ob sie das überhaupt wusste? Konnte man Gitarren eigentlich heiraten? Und wieso dachte ich darüber nur nach? Mein Schädel brummte spürbar. Denken war nicht meine Stärke... „Tai? Lebst du noch oder hattest du gerade wieder einen Kurzschluss da oben?“, wollte Matt wissen. Ich zuckte zusammen. Ich hasste es, wenn man mich so hektisch in die Realität zurückrief. „Alles okay!“, gab ich an und tänzelte auf der Stelle. Nun hatte ich meine Position als merkwürdigster Mensch in der unmittelbaren Umgebung eingenommen. „Jap.... Ich hab dich auch lieb, Taichi...“, entgegnete Yamato auf meine brillante Tanzeinlage. Ich hatte es heute aber auch mit den Tanzen.... Sora hatte sich in aller Ruhe an Matt gekettet und sah keine Grund, ihm Platz zum Atmen zu lassen. Sein Kopf wurde schon ganz rot. „Liebste Sora... Bitte....“, jammerte er und versuchte seinen Hals frei zu bekommen. Solche Momente waren echt zum schießen. Der ewige Kampf um Luft.. [Mimi] Ihr habt bestimmt noch meine Frage an Joe im Kopf. Ob Tai in Sora verliebt war. Warum ist mich das fragte? Nun.. Weil ich seit dem letzten Abend ein ganz merkwürdiges Kribbeln im Bauch hatte. Taichi hatte mich, wie ihr vielleicht noch wisst, gestern nach Hause begleitet, um die ganzen Ausmaße meiner Traurigkeit zu erfahren. Mir war schleierhaft, warum er so darauf brannte, hatte es ihm aber im Nachhinein doch erzählt. „Dein Herz hängt also noch an Izzy, aber dein Kopf will nach etwas Neuem suchen, nicht wahr?“ Das war seine Schlussfolgerung gewesen. Ich musste zugeben, dass es stimmte. Er hatte ja recht. „Du willst jemanden haben, der dich ständig in den Mittelpunkt rückt, weil du diesen Rausch echt brauchst, nicht wahr?“ Das war echt gemein! Aber auch das war richtig. Ich war Aufmerksamkeitsabhängig. Aber scheinbar schien das Taichi gar nicht zu jucken. Er lachte mich sogar aus, als ich sagte, das ich niemanden finden würde, bei dem ich bedingungslos das Wichtigste war, und von dem ich pausenlos angehimmelt werden würde. Eben das, nachdem ich so gierig war. „Ich dachte bisher eigentlich immer, dass man das Mädchen, dass man liebt, für einen das Wichtigste ist... Nun... ich war schon lange nicht mehr verliebt...“ „Aber niemand will jemanden wie mich. Ich will vierundzwanzig Stunden am Tag gesagt bekommen, dass ich die Tollste bin...“, gab ich deprimiert zu. Immerhin war es die Wahrheit. „Du bist eben eingebildet..“ Tai war immer so direkt, das es schon fast weh tat. „Na danke!“ „Ach, dass wusstest du noch nicht?“ Ich hatte noch immer sein verwundertes Gesicht im Kopf, als ich an unser Gespräch zurück dachte. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Er konnte so toll ungläubig gucken... Allerdings wäre es jetzt ein ziemlich dämlicher Zeitpunkt sich ausgerechnet in Mister „Ich hab nur Fußball im Kopf“ zu verknallen. Vor allem nicht, nachdem ich gestern noch wegen Izzy geheult hatte. In meinem Kopf herrschte reines Chaos. Und überhaupt! Wir passten gar nicht zusammen. Und warum machte ich mir Gedanken? Ach ja... Dieses Kribbeln... Verdammt! Ich versuchte es zu ignorieren, was sich als schwieriger erwies, wie zunächst gedacht. Vor allem weil der gnädige Herr plötzlich wieder neben uns auftauchte. Es war nicht sehr hilfreich zu vergessen, wenn die betreffende Person neben dir stand.. Aber ich konnte ja auch schlecht sagen: „Hey geh mal bitte weg!“ „Duu Mimi!! Ich hab hier so ein lustiges Erinnerungsbuch für Sora, und soll dich fragen ob du auch noch etwas dazu schreiben magst?“ SAYA!!!! Sie stand plötzlich vor mir. Ich machte gute Miene zu bösem Spiel und lächelte sie an. Auch wenn ich scheinbar wieder an anderen interessiert war, konnte ich sie nicht leiden. Sie hatte etwas ganz widerwärtiges an sich. „Das würde ich furchtbar gern... wenn ich denn einen Stift hätte..“, antwortete ich und lächelte weiterhin. Sie zückte sofort drei Filzstifte hervor und fletschte ihre Zähne. Oh mein Gott, sie trug eine Zahnspange. Sofort schüttelte es mich. Ich wollte mir eigentlich vorstellen, wie Essensreste in dem Metall stecken blieben, allerdings hatte ich schon daran gedacht. Das projizierte gruselige Bilder in meinen Kopf. Sayachi zog eine Augenbraue hoch und wedelte mit dem Buch herum. „Eh hallo? Grün, Rosa oder Gelb?“, stichelte sie ungeduldig. Wollte wahrscheinlich wieder Izzy abschlecken, mit ihrer... Metallbfresse. Ich entschied mich für Rosa und nahm ihr das Buch ab. Sie drehte sich augenverdrehend um und hopste Richtung Koushiro. Ich hasste Sayachi... Alte Schrulle. Was schrieb man jemanden, den man wirklich verdammt lieb hatte, und der für vier Jahre das Land verließ? So was wie « viel Spaß» oder «Komm bald wieder» war da eher weniger gut.. Und wenn man schrieb, dass es bestimmt ganz furchtbar ohne sie werden würde, trug das auch nicht gerade zu ihrer Belustigung bei. Also schrieb ich Folgendes: „Liebste Sora! Nun verlässt du uns für eine lange, sicherlich auch schwierige Zeit. Aber ich möchte das Blatt nicht für um dich trauernde Worte verschwenden, schließlich sollst du dich ja freuen, wenn du das liest. Mach dich um Matt und Tai mal keine Sorgen, ich werde mich gut um die beiden kümmern. Und auch darauf achten, dass alle Mädchen von Matt wegbleiben. Liebste Grüße an dich und an den Eiffelturm, deine Mimi.“ Noch ein Herzchen dazu und fertig. Mit erhobenem Haupt ging ich auf Sayachi zu und reichte ihr das Buch zurück. Sie sah mich fragend an. „Was soll ich denn damit?“, wollte sie wissen und zog die Augenbraue hoch. Ich zuckte mit den Schultern. „Hast es mir ja auch in die Hand gedrückt, drück ich es dir eben zurück.“, antwortete ich und fühlte mich siegessicher. „Du bist echt dumm.“ Ich sah sie verdutzt an. Wie bitte? „Du bist die Einzige, die nicht weitergedacht hat, und eine Seite weitergeblättert hat, um herauszufinden, wer der nächste ist... Das ist arm, findest du nicht?“ Sie schaute mich kopfschüttelnd an und zeigte mir sogar die Seite. Ich stand nur erstarrt vor ihr. Jetzt war ich hier die Doofe.. Trotzallem, auf der Seite stand... TAI! Meine Augen weiteten sich. [Matt] Ich war recht überrascht, über das rege Treiben am Flughafen. Alles waren... so ausgelassen. Aber den Satz durftet ihr sicherlich auch schon hundert Mal gelesen. Ich wollte das nur nochmal betonen! Was mich allerdings störte, war die Tatsache, dass ich absolut nichts mehr mitbekam. Innerhalb einer halben Stunde, erfuhr, beziehungsweise sah ich Dinge, die mir völlig fremd waren. Ich fühlte mich leicht ausgeschlossen, zumal selbst Sora von allem Bescheid wusste. Sehr deprimierend. Lag wahrscheinlich wirklich daran, dass ich kaum noch Zeit hatte. Wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war, mit meinen Jungs zu proben, hockte ich bei Sora rum, oder schlief den lieben langen Tag. Warum ich den lieben langen Tag schlief? Weil ich seit einem halben Jahr die halbe Nacht kellnerte. Und warum tat ich das? Weil ich Geld brauchte. Viel Geld. Schließlich lassen sich neue Saiten nicht von selbst verdienen und mein Herr Vater ließ sich nicht dazu herab, mir welche zu bezahlen. Ich war ihm ja eh scheißegal. Aber kommen wir zurück zu meiner Sora. Die ich in knapp zwanzig Minuten loslassen musste. Es wären sicherlich mehr gewesen, wenn Tai nicht mit ihr sämtliche Tänze vollzogen hätte. Leicht zitternd hielt ich sie noch immer fest. „M.. Matt ich bekomme langsam keine Luft mehr...“, murmelte sie in mein T-Shirt hinein und wuselte wild herum. Sofort befreite ich sie. „Sorry... Überheblich wie ich bin....“ Sie streichelte mir über die Wange und lächelte. „Ich weiß schon... Langsam werd ich auch wieder richtig nervös... Noch 18 Minuten... Mit dir.. Mit den anderen..“ Sie schluckte. „Bitte... erinnere mich nicht daran... Wie soll ich die nur alle allein ertragen?“ Ich zwinkerte. „Ach... du bist doch eh nie da... Das wirst du packen... Ich finde es nur schade, dass du ohne mich neunzehn wirst... Ich wäre gern noch dabei gewesen.“, meinte sie und zuckte traurig die Schultern. Hm.. Auch wenn ich mir nicht viel aus meinen Geburtstag machte, war es schon ziemlich dumm, dass Sora nicht da war. Ich hätte mich sowieso, wie jeden anderen Tag, bei ihr verkrümelt. Sie war die Einzige, mit der ich feiern wollte... Ich lehnte meine Stirn an ihre und atmete tief durch. Dann schaute ich ihr in die Augen und legte meine Arme auf ihre Schultern. „Es ist mir scheißegal, dass ich morgen Geburtstag habe.. Ich würde ihn nur trotzdem gerne mit dir verbringen... Nur mit dir..“ Ihr rollte lautlos eine Träne über die Wange und schniefte. „Matt...“, flüsterte sie. Es tat mir in der Seele weh, dass ich ihr meine Gedanken so übermittelt hatte. Garantiert wog sie nun wieder in Gedanken ab, ob sie flog, oder ob sie blieb. Ich Idiot.. „Vielleicht könnte ich ja...“, fing sie an. Ich legte ihr sofort den Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf. „Denk nicht einmal dran, Fräulein..“ „Aber..“ „Bah Bah Bah! Nichts da! Du steigst in diesen Flieger, und vergisst, was ich gesagt habe!“ „A..“ Bevor es noch zu mehreren Millionen „aber“ ´s kam, küsste ich sie. Erstens, führte es zu nichts, und zweitens war ich nie der Typ für lange Diskussionen gewesen. „Was mach ich nur ohne deine Küsse?...“, fragte sie mich leicht benommen und grinste. Ich schmollte. „Das werden wir wohl beide überstehen müssen... Obwohl.. wir müssen nur bis zu deinen Semesterferien warten. Dann kommst du ja, hoffentlich, vorbei.“ Sie winselte gespielt und vergrub sich in meinem Hals. „Das ist doch noch eine halbe Ewigkeit...“, jammerte sie und stampfte wie ein kleines Kind auf den Boden. Soras Mutter sprang sorgenvoll auf und eilte sofort zu uns. „Oh Gott, Sora, Liebling, geht es dir gut?“, rief sie aufgeregt und ließ vor lauter Schreck ihre Jacke fallen. Sora sah sie mit verwuschelten Haaren an. „Alles top!“, sagte sie und wuselte weiter an mir herum. Beruhigt kehrte ihre Mutter zu ihrem Vater zurück. Schon schräg. „Wenn du so weiter machst, rubbelst du noch mein T-Shirt durch.Wenn du es haben möchtest, hättest du etwas sagen können. Ich hätte es dir gern gegeben..“, meinte ich und versuchte ihre Wischmoppfrisur zu richten. „.. Ich... ich muss dir gestehen... Ich hab mir einfach eins aus deinem Schrank gezogen...“ Sie schaute mich mit einem Engelsgesicht und klimperte mit den Augen. Deswegen konnte ich mein dunkelblaues Shirt heute nicht finden... Kleine Gaunerin. Ich schüttelte den Kopf. „Das hat Konsequenzen meine Schönheit. Du listiger Elster du...“, murmelte ich und kitzelte sie, bis sie umfiel vor Lachen. Ich liebte, liebte, liebte sie. Vor allem wenn sie so glücklich war, wie jetzt. [T.K] Mal was anderes. Ich weiß, ihr habt schon oft gelesen, wie alle gut gelaunt durch die Gegend hüpften, obwohl Sora bald flog. Da war aber noch was. Davis Wir waren absolut bescheuert zu ihm, klar, er war bescheuert, aber deswegen musste man ihn doch nicht wie einen Abgestoßenen behandeln. Er war sehr nervig, und das, was er gestern abgezogen hatte, war unter aller Sau. Aber es war auch falsch von uns, ihn nun wie heiße Luft zu ignorieren. Kari stand neben mir, hatte sich eingeharkt, und quaselte aufgeregt mit Yolei. Ich rang innerlich mit mir. Sollte ich vielleicht mal auf ihn zu gehen und den Anfang machen? So konnte es nicht weitergehen... Nein, so durfte es nicht weitergehen. Kari würde sauer werden... Aber hier geht es schließlich darum, eine alte Freundschaft zu retten. Das ist sicherlich auch im Sinne der anderen. So seilte ich mich von Kari los, die mich daraufhin besorgt am Ärmel packte. Ein erschrockenen Augenpaar schaute mir entgegen, ich lächelte. „Ich lauf dir schon nicht weg. Ich will doch nur.... etwas klären.“, meinte und befreite meinen Pullover. Der war erst neu, meine Mutter würde mich umlegen, wenn der jetzt schon im Eimer wäre. Kari konnte scheinbar Gedanken lesen, und schaute von mir, zu Davis. Ich nickte. „Aber...“, wollte sie gerade anfangen, doch da unterbrach Yolei sie und lächelte. „Takeru weiß, was zu tun ist. Ich finde auch, einer muss der Mutige sein, und anfangen... Danke...“ Ich zwinkerte und wandte mich schließlich um. Kari zischte noch ein „Der ändert sich nie“, doch sie hielt mich nicht weiter ab. Einer musste der Mutige sein. Und der war ich. Und so nahm ich den Kampf auf, verfolgt von ungläubigen Blicken der anderen. Auch Davis staunte nicht schlecht, als ich mich plötzlich neben ihm auf den Platz fallen ließ. „Was wird das denn, wenn´s fertig ist...?“, murmelte er und verkrampfte seinen Körper ganz merkwürdig. Ich räusperte mich. „Es muss aufhören.“, sagte ich und starrte auf den polierten Boden vor mir. Er starrte mich fragend an. „Aufhören? Was muss aufhören?“ Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Okay, ich hatte mich auch doof ausgedrückt. „Das du so aus der Haut fährst. Das wir dich strafen, indem wir dich ignorieren. Das wir allmählich zu Feinden mutieren. So geht es nicht weiter. Findest du nicht auch?“ Stille. Verstohlen blickte er mich von der Seite an. Immerhin schien er nachzudenken. Passierte ja nicht so oft. .. „Mag sein...“ Ich drehte mich wütend um. Das war alles? Das war seine Antwort? „Mehr fällt dir dazu nicht ein?“, zischte ich und knirschte mit den Zähnen. Der war ja mittlerweile ignoranter als mein Bruder. Er wich meinem Blick aus. „Was soll ich denn dazu sagen? Ja du hast ja so recht, T.K. Komm lass uns die Sache vergessen, nochmal von vorne anfangen. Lass uns wieder dicke Freunde werden.“ Er übertrieb es richtig und grinste mich falsch an. Andere hätten ihn jetzt eine verpasst, andere, so wie ich, verdrängten die Provokation in seinen Worten. Ich musste ruhig bleiben. Er schien nicht sonderlich bereit dazu zu sein, den Streit niederzulegen. Wenn ich jetzt locker ließ, würde es niemals aufhören! Ich musste stark bleiben. „Hör zu, Davis.... Ich, und ich denke ich spreche für alle, verstehen ja, dass du verliebt bist, und auch verletzt, weil.... Kari und ich zusammen sind. Aber sei doch mal ehrlich. Findest du nicht auch das du dich total albern verhältst ? Das ist doch schon nicht mehr normal... Ich will dich jetzt nicht wieder aggressiv machen, ich sage nur die Wahrheit. Bitte Davis... Komm wieder runter. Dann können wir alle auch wieder normal miteinander umgehen...“ Ich musste mich wirklich beherrschen, dass ich nicht lauter wurde, oder ihn sogar angriff. Ich ballte die Fäuste. Davis zeigte kaum eine Reaktion. „Wie... wie kann man nur so bockig sein?“, zischte ich. Aufgebracht baute ich mich vor ihm auf. Ich musste scheinbar härter werden. Endlich schaute er mir ins Gesicht. Wut, und Verzweiflung stiegen in ihm auf. Auch er stand auf. „Hör auf mir deine Storys zu erzählen. Ich hab kein Bock auf den ganzen Scheiß hier!... Friede, Freude, Eierkuchen, blah, blah, blah! Spiel dich mal nicht so auf, du Waschweib. Wenn ihr mich schon alle ausschließt, kann ich auch nach hause gehen!..“ Mit diesen Worten stürmte er Richtung Ausgang, ohne einen von uns weiter zu beachten. Doch plötzlich lief Kari vor ihn und stoppte ihn, mit dem bösesten Blick, den ich je gesehen hatte. Klatsch! Sie verpasste ihm eine schallende Ohrfeige, dessen Echo durch den halben Raum hallte. Stille. Alle Augen waren auf die beiden gerichtet. „DU... DU.... Du arrogantes Arschloch! Was glaubst du eigentlich wer du bist?“ Ihre Stimme bebte, ihre Hände zitterten. Sie war richtig aufgebracht. Vorsichtig näherte sich Yolei. „Komm Kari, ruhig...“ Doch Kari war so voller Wut, dass sie ihre Hand wegschlug und sofort die Fäuste ballte. Yolei wich erschrocken zurück. Hilfesuchend sah sie sich nach uns um. Tai zuckte zusammen und näherte sich dem Geschehen. „Was willst du denn erreichen? Meinst du ich mach mit Takeru schluss, nur weil du einen Aufstand machst? Hast du wirklich gedacht, dass wenn du das lange genug machst, kommen wir zusammen?.. Du... Du...“ „Jetzt ist gut.“, sagte Tai und stand zwischen ihnen. „Ich glaube es wäre besser, wenn du erstmal frische Luft schnappen gehst, Davis. Es ist zwar nicht der richtige Ton gewesen, den ich anschlagen würde, aber du reagierst ja auch nicht auf die ruhige Art.“ Er sah zu mir rüber. Scheinbar hatte er alles verfolgt. „Komm´ zurück, wenn du der Meinung bist, dass du dir deine Fehler auch eingestanden hast. Geh, wenn du nicht eingesehen hast, was für eine bekloppte Nummer du abziehst. Entscheide du.“ Mit diesen Worten schob Taichi Davis raus auf den Parkplatz und kam entspannt wieder. Als wäre nichts gewesen. [Wallace] Ich schaute mal ganz vorsichtig in die starre Runde. Niemand wagte es einen Ton zu sagen. Ich hoffte nicht, dass sie das Atmen ebenfalls aufgegeben hatten. Das wäre nicht so gut. Ein wahres Machtwort hatte unser Tai da gesprochen. Endlich hatte sich mal einer erhoben. War auch nicht mehr auszuhalten, dieser alte Müllsack. Okay, ich hätte mich vielleicht auch mal einmischen können, aber hey! Ich räume bei Mädchen auf, und nicht bei Jungs, wenn ihr versteht, was ich meine. Hehe.. Außerdem war ich ja erst seit kurzem hier. Ausreden, über Ausreden.. Seit wir am Flughafen angekommen waren, hatte ich eindringlich nach hübschen Stewardessen oder andere süße Reisende Ausschau gehalten. Aber nichts feines für mich. Ich war ein stückweit deprimiert, woraufhin man mir ein Taschentuch reichte, mit den Worten „Das wird schon wieder“. Grummelnd stellte ich mich zu Joe, den ich kaum kannte, weil er nie da war, wo ich war. Aber er guckte ebenfalls komisch, da dachte ich, aus Solidarität, tu ich mich dazu. Er grinste. „Ach hallo Wayne!“ Ich zog verwundert eine Augenbraue hoch und guckte mich vorsichtshalber um, ob hinter mir ein Wayne war. Nö, ich war allein. „Äh.. Meinst du mich?“, harkte ich nach und kratzte mich an der Nase. Joe nahm seine Monsterbrille ab und begann sie mit seinem Pullunder zu reinigen. „Ja klar, wen denn sonst?“ Gut, dann musste ich ihn mal aufklären. „Du, ich will dich ja nicht enttäuschen, aber... ich heiße nicht Wayne..“ Ich schüttelte heftig den Kopf. Wayne... Wer hieß denn schon Wayne? Ich mein außer Wayne Carpendale... Oder wie der heißt.. „Wie? Ach du heiliger Bim Bam! Das tut mir Leid.... Wie ist denn dann dein Name?“, fragte er und setzte seine Brille wieder auf. Heiliger Bim Bam? Tokio hatte komische Wortlaute... „Mein Name ist Wallace. Kapito?“ >Er nickte abwesend. Hatte er mir überhaupt zugehört? Ich tippte auf, N wie nö. „Schicker Name.“ Na immerhin, ein Gespräch entwickelte sich, mehr oder weniger. „Ja... Woran liegt es, dass ich dich kaum sehe?“, wollte ich wissen. „Ich bin ein vollbeschäftigter Mann, Kurzer!“, sagte er und lachte. „vollbeschäftigter Mann“? Mal ehrlich ich war schockiert. Wo war er denn ein Mann? Ich meine, er sah aus wie ein Milchbub, dass von Mami angezogen wurde. Ich verkniff mir mein Kichern. „Und warum bist du so vielbeschäftigt, Mann?“ Ich biss auf meine Lippe, um nicht gleich loszulachen. Joe war echt ein komischer Kautz... Oder Mann.... „Na ja ich studiere. Ich studiere Medizin.“, antwortete er stolz wie Olle. Gut, dass kaufte ich ihm ab. So sah er aus. Kleine Nebenbemerkung: Der Rest der Truppe bewegte sich mittlerweile auch wieder! Davis war noch nicht zurück gekommen, Kari saß stumm neben T.K auf der Bank, Tai stand bei Sora und Matt, und Mimi quatschte mit Yolei und Ken. Das Mädchen neben Izzy war auch eine heiße Schnitte..... Warum sind eigentlich alle Mädchen, die ich heiß fand, entweder vergeben oder verknallt? Das ist unfair... Joe neben mir berichtete plötzlich ganz aufgeregt über sein spannendes Studium. Was interessierte mich denn, wie ich eine Impfspritze richtig setzte, oder was auch immer er da laberte. Ich suchte nach einem neuen Gesprächspartner, jemand, der spannend war. Cody vielleicht. Der aß gerade Reis in Würfelform. Ich nickte Joe zu und wanderte zu ihm rüber. Verdutzt schaute er zu mir hinauf. „Was kann ich denn für dich tun?“, fragte er zwischen zwei Bissen und wies auf den Platz neben sich. Ich setzte mich und sah ihn an. Er sah zurück. „Auch eins?“ Ich schüttelte den Kopf. Er zuckte mit den Schultern. Mal ehrlich, Cody war doch der Coolste hier. Ihn interessierte nicht eine kleine Streitigkeit die hier stattfand, er saß nur ruhig da, und aß. Beeindruckend... „Wie machst du das?“, harkte ich nach und sah ihn genau an. Er schaute unwissend zurück. „Was meinst´n du?“ Er war echt der Knüller... „Na das! Du ignorierst ja förmlich all das Gequarke um dich herum, sitzt da und isst Reis!“ „Das ist kein Reis, dass ist ein Onigiri..“, verbesserte er mich und ging gar nicht weiter auf meine Aussage ein. Wow... Ich war verblüfft. „Da! Du machst es schon wieder....“, stellte ich fest und atmete tief durch. „Beruhig dich... Das ist keine Krankheit oder so...“, entgegnete er und nahm das letzte Stück in den Mund. „Und wie machst du das?“ „Jahrelanges Training.... jahrelanges, hartes Training... Glaub mir, eines Tages, kriegst du das auch nicht mehr mit, wenn der sich mit dem in den Haaren hat... Das gehört zur Tagesordnung und juckt mich nimmer mehr...“ Hiermit erklärte ich Cody zu meinem absoluten Held, der gesamten Runde! [Sayachi] Nachdem auch Izzy aus seiner Starre erwacht war, laberte er mich wieder mit irgendeinem Computer zu, den er sich unbedingt zum Geburtstag wünschen müsste. Wie spannend. Warum war ich überhaupt mitgekommen? Ich kannte Sora fast gar nicht. Izzy war auf dem Boden rumgekrochen und hatte mich angefleht. Er wollte jegliches Gespräch mit Mimi vermeiden, ich wäre der perfekte Schutz. Na danke. Mich als Parasitenschutz zu verwendenden kränkte mich. Zum Schluss bin ich doch mitgekommen. Vor allem weil ich angst hatte, dass sie sich wieder bei ihm einschleimen könnte. Koushiro war viel zu leicht zu überzeugen, dass man sich geändert hätte. Und in Nullkommanichts wäre ich wieder Solo gewesen. Ich beobachtete sie aus dem Augenwinkel, diese miese Schlange. Eines war klar: Beste Freundinnen würden wir nicht werden. Plötzlich lehnte Izzys Kopf auf meiner Schulter, und ließ mich aus den Gedanken aufwachen. Natürlich zog er mir fast die Haare raus, die stolz über zehn Jahre hatte wachsen lassen. Sie waren fast so lang, wie ich groß. „Aua..“, murmelte ich. Aber ich wollte nicht das er wieder von mir wich, ich fand das schön. Doch reflexartig richtete er sich doch wieder auf und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Tut mir Leid... Deine Haare mal wieder...“ er sah zu Boden, wo sich vereinzelte Haarsträhnen sammelten. Schnell sammelte ich alle ein und wickelte sie auf meinem Schoß zusammen. Nichts überredete mich dazu, sie abzuschneiden, ich liebte meine Haare! Böse funkelte ich ihn an, was ihn total nervös werden ließ. Er nahm mich in den Arm und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Ein Lächeln huschte für kurze Zeit über mein Gesicht. „Na siehste, nicht mehr sauer!“, er lachte und strich mir über die Wange. Manchmal war er echt zum heulen süß... Vielleicht war ich deswegen so besessen darauf, dass Mimi ihm bloß fern blieb. Ich hatte ja schon mal meine Bedenken geäußert, dass er eventuell noch etwas für sie empfindet. Ich wollte ihn das schon mal fragen, hatte mich aber nicht getraut. Wäre glaube ich auch etwas unverschämt.. Wieder starrte ich stumm auf den Boden und versuchte eine Haarsträhne um meinen Finger zu wickeln. Ging schlecht, meine Haare waren zu schwer und zu dick. Ob er meine langen, welligen Haare besser fand, als Mimis schulterlange Wuschelpracht? Er jedenfalls strich nun meine Haare achtlos zur Seite und ließ seinen Kopf auf meine Schulter fallen. Also mochte er sie nicht. Ich biss mir auf die Lippe. Okay, alle ist gut. Es sind nur Haare... Er liebt mich!.. Ja... genau... Oder...?... Ich war plötzlich so durcheinander. Ich zitterte ein bisschen. Was machte ich mir eigentlich so einen Kopf? Hatte ich etwa wirklich Panik davor, dass mir Mimi meinen Koushiro wieder klauen könnte? Ha! Das war ja völlig verrückt.. „Alles klar bei dir? Deine Hände zittern und sind ganz kalt..“, wollte er wissen und schaute mir direkt in die Augen. „Doch.. doch... alles Klärchen...“ Ich grinste. Doch überzeugen konnte ich ihn scheinbar nicht. Er kam näher und betrachtete meine Mimik genau. „Ich bin vielleicht nicht der Hellste im Bezug auf Menschenkenntnis, aber das mit dir was nicht stimmt merk selbst ich!“ Er nickte eifrig und setzte einen eindringlichen Blick auf. Ich rutschte tiefer in den Stuhl. „Erwischt!“ Siegessicher verschränkte er die Arme und grinste. Ich konnte nicht lachen. Ich fühlte mich jetzt schon furchtbar. Wie sollte ich ihm, dem Sensibelchen in Person, erklären, dass ich an seiner Liebe zweifelte. Ich kratzte mich in verzwickten Lagen meistens am Hals. Als ich da wild herum fuchtelte wusste er Bescheid. Es lag wirklich etwas im argen. „Spuck es aus!“ Noch war er guter Stimmung... Ich schniefte. „Also...Ich habe mir so einiges durch den Kopf gehen lassen und...“ Ich schaute prüfend in seine Augen, die von einer Sekunde auf die nächste Angst versprühten. Ich glaubte er hatte er das Gefühl, dass ich es beenden wollte. „Ich habe mich gefragt... ob du... ob du vielleicht doch noch an Mimi hängst...“ Ich schluckte, traute mich dieses Mal nicht ihn anzuschauen. Ich konnte mir sein Gesicht sowieso gut vorstellen. Voller Bitterkeit. „Wie kommst du darauf?“, fragte er kühl. Ich schaute zögern zu ihm rüber. Er starrte auf irgendeinen Punkt auf dem Boden. Wie kam ich darauf? „Ich weiß nicht. Du scheinst mir manchmal so verträumt, und du beobachtest sie oft. Na ja...“ Er zog seine Augenbraue von Wort zu Wort immer weiter nach oben. „So so... Und daraus schlussfolgerst du, dass ich die alte Schrulle liebe, und dich nur durch den Dreck ziehen will, weil ich das so unheimlich gut finde?“ Er war stocksauer. Hätte ich mal die Klappe gehalten. Normalerweise ließ ich mir nichts gefallen, aber dieses Mal viel mir nichts ein. Innerlich wünschte ich mich auf einen anderen Planeten. „Nein... Natürlich nicht aber...Ich hatte halt so ein Gefühl...“ Ich spielte mit meinen Haare rum und machte einen dicken Knoten rein. Izzy nahm meine zitternden Hände und drückte sie ganz fest. „Ich finde es schade das du mir nicht glaubst... Aber du sollst wissen, dass ich dich liebe, und nicht Mimi... Ich kann sie wirklich nicht leiden. Und wenn dich mein Verhalten unsicher gemacht hat, tut´s mir noch mehr Leid...“ Er schaute mit seinem Dackelblick in meine Augen. Ich biss mir wieder auf die Lippen. So sehr ich mir auch wünschte ihm zu glauben, es ging nicht. Immer wieder kam mir Mimis Gesicht ins Gedächtnis, mit ihrer innerlichen Botschaft. „Ich schnapp ihn mir zurück!“ Ich umarmte ihn und krallte mich in sein T-Shirt. Meins, meins, meins, meins, meins, meins.... [Davis] Draußen blies mir der eklige Frühlingswind ins Gesicht, und ließ mich meine Augen zu kneifen. Scheiße! Ich kickte einen Kieselstein vor mir her und traf ein kleines Balg, dass mit Lolli in der Hand sofort zur Mami rannte. Wen kümmerst... Ich konnte zu niemanden rennen. Niemand war mehr auf meiner Seite. Tais Worte hallten mir noch immer im Ohr. Ich war wirklich ein blöder Idiot. Wahrscheinlich dachte ich echt, ich wäre im recht. Wenn so dreizehn Leute gegen dich waren, dann fühlte man sich echt vom Leben verarscht. Eigentlich wollten sie mich doch nur zurück. Den alten Davis, der keine Ahnung von nichts hatte, und trotzdem immer eine dicke Lippe riskierte. Das Problem war, dass dieser Davis schon lange verschwunden war. Verdrängt, durch einen dickköpfigen und starrsinnigen Davis. Selbst meine Schwester beschimpfte mich schon als Großkotz und abartig. Am liebsten würde ich mich jetzt ins Koma saufen, dass würde ich von all dieser Demütigung hier nichts mehr mitbekommen. Ich seufzte und lehnte mich gegen einen Mülleimer. Was sollte ich tun? Einfach reinspazieren konnte ich nicht, nicht nachdem man mich quasi rausgeworfen hatte. Auch wenn man mir gesagt hatte, ich solle wieder kommen wenn ich dazu bereit war, allerdings das in einem Ton, der schon alles sagte: Verzieh dich und komm ja nicht wieder! Ich hatte sie endgültig vergrault. Glaubte ich zumindest. Meine Jackentasche vibrierte. Mein Handy. In stiller Hoffnung, dass es sich nicht um meine nervige Schwester Jun handelte, zog ich es raus und schaute betrübt auf den Display. Ken hatte mir eine SMS geschrieben. Ich fuhr erschrocken zusammen. Kündigte er mir jetzt auch die Freundschaft? Schnell öffnete ich die Nachricht und las: „Bitte Davis, komm in alter Form zurück. Lass endlich die Faxen, wir sind schließlich keine sechs mehr. Ken“ Er brachte es nochmals auf den Punkt. Kinderkram. Ich tippte zurück: „Du hast ja recht, mit dem was du sagst. Ich traue mich nur.. nicht mehr rein..“ Das war Kinderkram. Ich war ein feiges Schwein. „Dann muss ich dich wohl holen kommen..“, sagte eine Stimme hinter mir, und klappte hörbar ein Hand zu. Rasendschnell drehte ich mich um und sah plötzlich in die treuen, blauen Augen meines besten Freundes, der mir verständnisvoll ins Gesicht schaute. „Komm du Verbrecher!“, meinte er und grinste. „Alle warten auf den Tollpatsch, der du früher einmal warst. Ich weiß, dass er nicht weg ist, und ich weiß, dass er wieder vor mir steht. Nicht wahr?“ Ich hätte heulen können vor Freude, als er mich wieder so wie früher behandelte. Statt herum zu flennen, wie ein Mädchen, fiel ich ihm um den Hals. Okay, dass war zwar auch nicht unbedingt typisch Junge, aber das war mir in dem Moment egal. Ken lachte. Zum ersten Mal seit langem, spürte ich wieder wahre Freundschaft. Ein tolles Gefühl. „Nun komm...“, murmelte er und zog mich am Arm, rein in die Halle zurück. Alles Gesichter waren im Nu wieder auf mich gerichtet. Ich schluckte. Doch als ich sah, dass alle anfingen zu lächeln, fiel mir der Mount Everest vom Herzen. Tai kam näher und klopfte mir auf die Schulter. „Welcome back Honey..“, meinte er und zwinkerte. „Ihr seid gar nicht mehr sauer?“, fragte ich verwundert und schaute in die Runde. Achselzucken und Schweigen. „Da musst du Kari fragen, ob wir dich wieder mögen...“, entgegnete Takeru leicht unterkühlt. Sofort suchte ich nach Blickkontakt. Sie stand leicht errötet hinter T.K. Klar, sie hasste es, wenn man sie so anstarrte. Sie lächelte schwach. „Ich will nur das wieder Ruhe ist. Lass uns aufhören mit diesem Zoff.“ Sie kam zögernd auf mich zu und umarmte mich. Mein Herz sprang zwar im Dreieck, aber ich ließ mir nichts anmerken. Sonst würde die tolle Stimmung vielleicht wieder kippen. „Es... es tut mir echt alles unheimlich Leid. Ich gebe zu, ich bin der größte Idiot auf dieser Erde...“ Alles lachte. Und auch ich versuchte mich wieder darin. Lange war es her, das wir alle zusammen gelacht hatten. Ich hatte sie allmählich wieder auf meiner Seite. Kari huschte sofort zurück zu T.K. Ich spürte, dass die Beiden noch nicht ganz zu mir standen. Verständlich, nachdem Vorfall. Sora jedenfalls war völlig aus dem Häuschen. „So kann ich doch beruhigter davonfliegen!“, rief sie und grinste. Das allerdings weckte in uns wieder den Abschiedsschmerz. Sora schmollte. „Och Leute.... Ich hab nicht mehr lange, jetzt lacht doch bitte wieder!!“, jammerte sie und schniefte gespielt. Matt schnappte sie sofort und knuddelte sie durch. Wieder das Lachen. Das Lachen meiner Freunde. [Cody] Es fehlte nur noch, dass wir uns alle um den Hals fielen, und im Hintergrund irgendeine Menge klatschte. Welch rührende Sitcomszene, bei der sich alle am Ende sowieso wieder lieb hatte. Kotz. Okay ich war schon froh, dass Davis wieder dem Teppich war, aber trotzdem fand ich dieses Szenario total peinlich. Wie aus einem Märchen: „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute..“ Wallace neben mir hatte dennoch Tränen der Rührung in den Augen. „Bramissimo! Wie im Theater...“, jubelte er und wischte sich über die nasse Wange. Ich begutachtete ihn fragend. „Mach dir nichts drauß. Ich wollte schon immer mal zum Film! Als Schauspieler muss man doch so übertreiben!“ Er grinste breit und klopfte mir auf den Rücken. Da ich mich seit einigen Minuten irgendwie nicht sehr wohl fühlte, und generell zu den Standloseren gehörte, fiel ich auf den kalten, spiegelglatten Boden der Halle. „Cody..?“ Unversehrt stand ich sofort wieder auf und setzte mich, als wäre nie etwas gewesen. Es hatte sogar niemand mitbekommen. „...Ohne mit der Wimper zu zucken aufgestanden. Respekt.“, meinte er und schaute mich sorgenvoll an. Ich grinste. „Tut mir echt Leid, Kumpel...Ich konnte ja nicht ahnen, dass du gleich vom Stuhl rutscht. Alles klar?“ Ich nickte. „Ich mache zwar Judo, aber das heißt nicht, dass ich hart wie Beton bin. Außerdem....“ Ich stoppte und holte kurz Luft. „Außerdem fühl ich mich im Moment nicht besonders......“, fügte ich hinzu und schaute zu Boden. Wallace tatschte sofort an meine Stirn. „Mensch, ganz schön warm, Schnuckel.“, stellte er fest und nickte fachmännisch. Er verkniff mir ein Grinsen. „Was tut uns denn weh?“, wollte er schließlich wissen und beugte sich, ganz Arzt, zu mir rüber. Spinner. Aber ich musste lachen. „Ich habe lediglich ein bisschen Kopf- und Gliederschmerzen... Herr Doktor..“ Wir kicherten wie blöde, zwischen durch musste ich allerdings heftig Luft holen, weil es mich sehr anstrengte. Konnte man plötzlich krank werden? Ich mein, vorhin ging es mir doch noch perfekt. „Für den Fall, dass es nicht mehr auszuhalten ist: Wir haben ja noch unseren Saubermann von Medizinstudent. Der hilft bestimmt!“, schlug Wallace vor und grinste. Ich runzelte die Stirn. Ob Joe so was schon gelernt hatte? „Hey, der kann immerhin schon prima mit Spritzen umgehen! Hat er mir vorhin jedenfall verklickert.“ Ich riss erschrocken die Augen auf. Spritzen? SPRITZEN? Ich schüttelte mich. „Bloß nicht.....“, murmelte ich und schaute zu Joe rüber, der sich von Mimi berieseln ließ. Ich mochte Joe wirklich, aber ich konnte ihn mir immer noch nicht in einem Arztkittel vorstellen. Der würde doch sicherlich im Unterricht nur rumzappeln. Musste man für diesen Beruf nicht auch Blut sehen können? … Ich war etwas am Zweifeln. „Soll ich ihn mal rüber pfeifen?“, fragte Wallace und grinste hinterhältig. Ich wollte ihn noch aufhalten, aber zu spät. Er war bereits aufgestanden und auf Joe zu getänzelt Dieser schob verblüfft seine Brille hoch, nur zögernd kam er näher. „Cody.. Mensch alles in Ordnung?“, wollte er wissen. Selbst Mimi war gekommen und setzte sich auf neben mich. Wallace stand grinsend hinter dem knienden Joe und verschränkte seine Arme vor der Brust. Dem würde ich das noch heimzahlen... „Ja.. ja....“ Ich winkte ab. Joe runzelte die Stirn und kratzte sich am Kopf. „Hältst du noch ein paar Minuten durch? Soras Flug geht bald, danach kann ich dich nach Hause fahren und sicherlich etwas tun. Hier am Flughafen fällt mir absolut nichts ein..“, schlug er vor und stand wieder auf. Mimi tätschelte meinen Kopf. „Klar... Kein Pro...“ Durch einen Ruck wurde ich plötzlich nach unten gedrückt, und fand mich auf Mimis Schoß wieder. Alles guckte erschrocken, selbst Wallace zuckte zusammen. Wahrscheinlich hätte der viel lieber mit mir getauscht. „Äh...“ „Keine Sorge Joe! Ich pass auf den Kleinen auf. Du kannst dich solange bei mir ausruhen..“, sagte sie festentschlossen und lächelte zufrieden. Ich zuckte. „.. Gu... Gut... Dann bis gleich....“, sagte Joe, räusperte sich, und sah zur Uhr. Wallace spähte ebenfalls. Beide sahen alles andere als glücklich aus. „Noch eine Viertelstunde..“, meinte Wallace. Womit auch diese peinliche Situation ruckzuck überspielt wurde. Mimi war ganz schön bequem, allerdings etwas knöchig. „Was.... Nur noch so wenig Zeit?“, harkte Mimi nach, und fing an sich zu bewegen. Ich wurde ziemlich durchgerüttelt. Noch eine Viertelstunde. Dann würde Sora fliegen. Ich schluckte. [Ken] Verdutzt blickte ich rüber zu Cody, der merkwürdigerweise halb auf Mimi lag. Was das nun wieder bedeutete... Hier überschlug sich wirklich ein Ereignis nachdem anderen. Ich seufzte. Immerhin hatte ich endlich meinen besten Freund zurück. Was wollte ich mehr? Plötzlich rannte Herr Takenouchi aufgeregt durch die Gegend. „Sora, noch dreizehn Minuten! Hörst du!“, rief er und verschreckte alle. Auf einmal sah ich nur noch Codys Kopf durch die Luft schleudern und Mimi heulend aufspringen. „Oh nein, Sora.... Soraaaaaaaa“ Sie krallte sich in Sora fest und erwürgte sie fast. Das große Jammern startete... jetzt! Yolei und Kari rannten ebenfalls los und klammerten sich weinend an Sora, die mit zunehmender Belastung allmählich zu Boden sank. Noch war sie guter Dinge. „Finger weg! Das ist meine Sora!“, zischte Matt und versuchte zusammen mit Tai und Joe, den Rotschopf aus der Misere zu befreien. Wie sehr sich Mädchen doch in jemanden verhaken konnten.. Schnelle eilte ich zur Hilfe, und packte mir Yolei, die sofort wieder nach Soras Arm griff. „Ganz ruhig...“, murmelte ich und versuchte sie festzuhalten. Ich wusste gar nicht wie stark sie sein konnte. Ich hatte richtige Schwierigkeiten sie nicht frei zu lassen. Die einzig Vernünftige war Sayachi. Aber die hatte ja auch noch nicht sonderlich viel mit Sora zu tun gehabt. „Tut mir Leid.... Ich bin nur so nervös....“, quiekte Yolei und stapfte immer wieder mit den Füßen auf, so dass ich aufpassen musste, dass sie mich nicht sonst wo traf. „Ach herrje.. Was habe ich denn nur angestellt...“, fragte sich Soras Vater und lächelte verlegen. Allmählich legte sich alles wieder. Kari wurde fest von T.K umklammert, ich hatte Yolei im griff und Mimi.... na ja... Tai und Joe versuchten sich daran, den zappelnden Käfer still zu kriegen. Tai schien eine zündende Idee zu haben, denn irgendwie nahm ich ein seltenes Leuchten über seinem Kopf wahr. „Ich könnte jetzt was tun, aber dann guckt ihr alle geschockt...“, sagte er während er ihre Hände krampfhaft zusammenhielt. Wallace nahm Cody und stellte ihn neben mich. „Halt mal kurz, ich helfe den mal aus...“, murmelte er mir zu und stürzte sich mit einem Freudenschrei auf den schlaksigen Körper. Okay, das dürft ihr euch jetzt nicht vorstellen wie ein Bauchklatscher im Schwimmbad... Aber auch mit Wallace war nicht viel zu retten. Mimi war außerordentlich stark. Sora wollte sie gern beruhigen, durfte sich aber auch nicht rühren. Sie wurde von einem verliebten Musiker festgehalten, der sie unter keinem Umständen loslassen würde. Ihr wisst, wenn ich meine. „Und was war nun dein Superplan?“, rief Wallace und versuchte sich mit Mimis Füßen, die Joe schon im Gesicht hatte, so wie er aussah. Tai drehte Mimi mit einem Ruck um, und grinste. „Danach biste´still Schätzchen...“, sagte er und lachte laut. Und da fiel es jedem wie Schuppen von den Augen. Tai wollte Mimi küssen. „Du willst ein Mädchen küssen?“, wollte Matt noch verwundert wissen, weil selbst er das noch nie erlebt hatte, aber da war es schon passiert. Mimi verfiel in eine stocksteife Pose und Wallace konnte wieder aufstehen. Allerdings fiel er, nachdem er das beobachtete, sogleich wieder um. Tai hatte merkwürdige Methoden um eine Sache zu klären... Ich schaute verwundert zu Yolei, die mich ebenfalls anschaute. Auch sie konnte nicht glauben, was sie sah. „Ich trau Tai ja viel zu, aber dass er einfach jemanden küsst, hatte ich nicht erwartet...“, flüsterte sie mir, ich nickte. Beide schluckten wir. Ich schaute einmal durch die Runde, der erstaunten Gesichter. T.K und Davis gafften beide dumm aus der Wäsche, während sich Kari irgendwie freute. Wahrscheinlich dachte sie, dass Tai so endlich an eine Freundin kam. Matt beugte sich immer weiter vor, weil er es nicht glauben konnte. Sora tat es ihm, mehr oder weniger gezwungen, gleich. Joe nahm sogar seine Brille ab um sie zu putzen, Cody neben mir rieb sich die Augen. „Sag mir, dass das das Fieber ist....“, murmelte er, ich verstand zwar nichts aber kicherte trotzdem. Izzy und Sayachi rissen beide die Augen weit auf. Izzy war sichtlich erschrocken, während sich Sayachi scheinbar sehr freute. Und Mimi? Tai löste sich wieder und stand auf. Zufrieden grinste er und machte ein Piecezeichen. „Siehste, bist wieder ruhig..“, sagte er stolz und verschränkte die Arme vor der Brust. Matt klatschte vor Begeisterung. Tai sah ihn böse an. „Ich bin stolz auf dich, du hast endlich mal ein Mädchen geküsst. Auch wenn es Mimi war...“ Er tätschelte seine Wuschelmähne wie ein kleines Kind. Tai sah sichtlich begeistert aus. Ironisch. Mimi kam langsam wieder zu sich und richtete sich vorsichtig auf. „Alles okay Mimi?“, fragte ich schnell und bekam ein schwaches Nicken als Antwort. Nachdenklich biss ich mir auf die Lippe. So wie ich Mimi in Erinnerung hatte, wäre sie jetzt ausgetickt und wäre Tai an die Gurgel gegangen. Aber nichts desgleichen geschah. Sie lief auf eine Bank zu und setzte sich stumm. „Man... Müsst ihr solche spannenden Sachen ausgerechnet dann starten, wenn ich mal wegfliege?“, zischte Sora beleidigt und schmollte. Matt kniff ihr in die Wange. „Nur solange du hier bist. Wenn du weg bist, wirst eh langweilig...“, antwortete er und küsste ihren Hals. Ich schluckte und sah zur Uhr. Erschrocken riss ich meine Augen auf. „Was hat dich denn gebissen, Ken?“, wollte Davis wissen und schaute mich fragend an. Sora schien zu wissen was ich meinte. „Wie.. wie lange noch?“, fragte sie mich und sah zu Boden. Ich knetete meine Hände. Am liebsten hätte ich geschwiegen. Aber alle sahen mich erwartungsvoll an. „... Fünf Minuten....“, sagte ich schließlich und senkte den Blick. [Autorensicht] Soras Blut gefror, als die hörte, dass sie in weniger als 600 Sekunden in den Flieger steigen musste. Matt vergrub stumm sein Gesicht in ihre Halsbeuge. Alle anderen setzten eine bedrückte Miene auf. „Ich wünschte, dieser Moment würde niemals kommen...“, hauchte sie und schluckte den schweren Kloß in ihrem Hals hinunter. „Sora?.. Schatz du musst langsam gehen..“, meinte ihre Mutter, die sich wie üblich angeschlichen hatte. Sie hielt eine kleine Reisetasche für Sora bereit und hatte Tränen in den Augen. „Ach Mama...“, murmelte sie und fiel ihr um den Hals. Beide fingen an zu weinen. „Ruf mich doch bitte sofort an, ja? Und erzähl mir, wie schön Paris ist...“, sagte sie und schluchzte. Sora nickte eifrig und versuchte sich zu beruhigen. Ihr Vater hatte ihr Flugticket in der Hand. „Ohne das hier... kommst du nicht weit...“, witzelte er und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie lächelte und nahm ihn auch in den Arm. „Mach mir keine Schande, mein Mädchen.. Sei fleißig und lerne viel...“ Sora zitterte. Sie traute sich kaum in die Gesichter ihrer Freunde zu sehen, die ebenfalls voller Traurigkeit waren. Trotz alledem, sie musste sich auch von ihnen verabschieden. Es schmerzte ihr im Herzen sie alle zurück zu lassen. Joe machte den Anfang. „Komm, kein langes Ansehen, dass macht es nur noch schlimmer..“, murmelte er vor ihr und stoppte. Seine Stimme versagte und er musste sich beherrschen, nicht auch zu weinen. Sora lachte und wurde fest gedrückt. „Ich hoffe ich bekomme auch mal eine Karte, oder einen Anruf!“ Sora nickte. Sprechen fiel auch ihr schwer. Cody und Wallace kamen gleichzeitig. Cody hustete, es ging ihm sichtlich schlechter. Sora tätschelte seinen Kopf und zwinkerte. „Passt gut auf euch auf ihr zwei!“, murmelte sie und umarmte sie beide. Sie lachten. „Na klar. Kannst dich auf uns verlassen, Schönheit!“, entgegnete Wallace und grinste. Er war der Einzige, der sie nicht noch mit einer Trauermiene belastete. Ihr Vater drängte sie sich zu beeilen. Auch wenn er hier sehr hart rüberkam, so fiel es ihm doch mit am schwersten, seine einzige Tochter ins ferne Europa reisen zu lassen. Er kümmerte sich um die trauernde Mutter, die sich noch immer an der Tasche klammerte. Yolei und Ken kamen ebenfalls zu zweit. Yolei weinte fürchterlich und fiel ihr schluchzend um den Hals. Sora sah zu Ken. „Was sie dir damit sagen möchte ist, dass wir dich beide ebenfalls schrecklich vermissen werden... Dennoch wünschen wir dir viel Spaß und vorallem Erfolg!“, übersetzte er Yoleis gesäusel und versuchte sie von Sora zu lösen. Koushiro stand im Nu vor ihr und drückte sie fest. Sonst eher distanziert klammerte selbst er sich an seine langjährige gute Freundin. Sayachi stand daneben, und umarmte Sora über Izzy. Alles drei fingen an zu lachen. „Viel Spaß!“, sagten beide gleichzeitig. Mehr ging nicht denn Mimi drängelte sich zwischen die Beiden und knuddelte das rothaarige Mädchen ordentlich durch. „Ich werd dich so schrecklich vermissen..“, wiederholte sie immer wieder und jammerte fürchterlich, eher sie von T.K und Kari abgelöst wurde. Kari reichte ihr ein kleines Buch und ein Fotoalbum. Sora sah sie verwundert an. „Von uns allen, an dich. Damit... Damit du uns nicht vergisst...“, sagte sie und verbarg ihre Tränen hinter ihren Händen. Sora nahm beide nochmals in den Arm, bis ihr Vater sie schließlich am T-Shirt zog. „Du musst los..“, sagte er ruhig und setzte sie fürchterlich unter Druck. Sie konnte noch nicht gehen. Nicht, ohne den Beiden wichtigsten auf Wiedersehen zu sagen. Taichi grinste breit, während Matt eher deprimierend aus der Wäsche guckte. Sora liefen heiße Tränen über die Wangen. Ihren besten Freund und festen Freund zurück zu lassen, zerriss ihr das Herz. Tai nahm sie als erster fest in den Arm. Sie krallte sich in seine Jacke. „Du rufst an du Nudel, verstanden! Und bring doch ab und zu mal eine heiße Französin mit, wenn du uns besuchen kommst... Klar?“, sagte er und lachte. Sie versuchte auch zu lachen, aber es blieb ihr im Halse stecken. „Und nun nimm deinen Freund, küss ihn bis er nicht gerade gehen kann und flieg deinem Glück entgegen...“ Er löste sich von und lächelte sie sanft an. Sie nickte und wanderte zum letzten rüber. Fest umschloss sie seine Hände und schaute ihm in die tief blauen Augen, die ihr irgendwie emotionslos entgegen schauten. Sie legte fragend den Kopf schief. „Du fehlst mir jetzt schon...“, murmelte er kaum hörbar und legte seinen Kopf auf ihre Schulter. Weil ihr Vater schon wieder meckerte, zog sie ihn mit Richtung Schalter. „Den darfst du leider nicht mitnehmen!“, rief Taichi hinterher. Das wusste sie. Sie blieb stehen und sah ihrem Freund nochmals in die Augen. Kuss um Kuss tat es ihr mehr weh, ihn hier zu lassen. Sie krallte sich in sein Hemd und schluchzte. „Ich liebe dich..“, sagte er und drückte sie fest an sich. Das war mit Abstand der schwerste Teil ihrer Reise. Jemanden zurück zu lassen, den sie über alles liebte. „Ich liebe dich noch tausendmal mehr...“, entgegnete sie und schluckte ihren Schmerz runter. „Nein ich liebe dich viel viel mehr.. Hör bitte auf zu weinen... Ich ertrag das nicht....“ „Das könnte jetzt ewig so weitergehen....“, murmelte sie und löste sich von ihm. „Ich... Ich muss gehen.... Ich ruf dich als aller Ersten an, wenn ich angekommen bin, okay?“ Er lächelte sie und gab ihr noch einen letzten, leidenschaftlichen Kuss. Der musste immerhin ein Vierteljahr halten. Erst dann hatte sie Semesterferien und konnte zu ihm zurück. „Der Flug 234 nach Paris über Amerika fliegt in wenigen Minuten ab. Wir bitten die Passagiere sich an Bord des Fliegers einzufinden.“ Die Ansage ließ beide zusammen zucken. Sora nahm ihre Tasche und lächelte ihn an. „Nun geh schon, eher ich es mir anders überlege und dich entführe...“, meinte er und küsste sie noch einmal. Sie lachte und wandte sich zum gehen. Noch einmal drehte sie sich um, winkte allen, ihren Eltern, ihren Freunden, ihrem Freund, ihrer Heimat. Dann ging sie durch die Schleuse und verschwand im Gang. Sie war gegangen. Auf in ein neues, anderes Leben, fernab von allem ihr Bekanntem. Matt atmete schwerfällig aus. „Ich liebe dieses Mädchen, sie ist echt eine Wucht...“, sagte Tai hinter ihm und klopfte ihm auf die Schulter. Er lächelte. „Ja... Unsere Sora....“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)