My Lifelong Dream von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Tatsächlich hatte Kenta den Tag in dem Bett verbracht, während die Schwester versucht hatte, die Schwellung an der Schläfe des Fußballers möglichst klein zu halten. Außerdem hatte sie ihm Mittel gegen die Kopfschmerzen gegeben, die Kenta erst einmal in das Land der Träume verfrachteten. Als der Brünette wieder aufwachte, streckte er sich vorsichtig und ließ den Blick kurz orientierungslos durch den Raum schweifen. Er blieb an dem Tisch hängen, der ziemlich nah an seinem Bett stand. An diesem saß Minoru und der Brünette glaubte seinen Augen nicht trauen zu können. Es war nicht die Tatsache, dass sein kleiner Bruder bei ihm saß, was den Mannschaftskapitän überraschte, sondern die Tatsache, dass er Hausaufgaben zu machen schien. Der Jüngere machte doch sonst nie Hausaufgaben. Nie war vielleicht ein wenig übertrieben, aber Kenta hatte ihn einfach noch nicht oft daran sitzen sehen. Langsam setzte sich der Ältere auf, was ein leises Rascheln der Bettdecke verursachte. Es dauerte einen kleinen Moment bis Minoru den Blick hob und seinen Bruder musterte. „Hat Dornröschen endlich ausgeschlafen? Wurde auch langsam Zeit. Wegen dir musste ich hier bleiben.“, brummte der Jüngere und machte damit unmissverständlich klar, dass er nicht freiwillig hier war, sondern die Order von ihren Eltern kam. Wahrscheinlich machten sie sich Sorgen, dass Kenta auf dem Heimweg zusammenbrachen könnte – was natürlich absoluter Quatsch war, da es ihm schon wieder viel besser ging. „Tut mir leid. Ich hoffe, dass die Warterei nicht so extrem langweilig für dich war. Aber du hattest ja offensichtlich genug zu tun.“, gab der ältere Toru leise zurück und verbeugte sich leicht vor seinem Bruder. Dieser verdrehte die Augen und packte den Papierkram in die Umhängetasche auf seinem Schoß. Minoru hatte sich schon oft über die Unmöglichkeit ausgesprochen, dass an dieser Schule wirklich alles einheitlich war. Lächelnd bemerkte Kenta, dass es sich um die Tasche handelte, die er ihm geschenkt hatte, als sich herausgestellt hatte, dass auch Mino auf die High-School gehen würde, die der Ältere besuchte. Die Eltern hatten dem Jüngsten die gebrauchte Uniform seines Bruders und eine ebenso gebrauchte Umhängetasche gegeben. Kenta wusste, dass sein kleiner Bruder nicht viel auf materielle Dinge gab, aber doch hatte man ihm förmlich die Wut und Enttäuschung angesehen. Jeder in der Familie hatte sich in Ignoranz geübt und darüber hinweg gesehen. Wenn der Brünette nun so darüber nachdachte, dann zog Minoru oft den Kürzeren. Allerdings brauchte ihn das auch nicht verwundern, so wie er sich teilweise aufführte. „Kommst du heute noch in die Gänge, oder willst du hier Wurzeln schlagen?“, riss ihn der Jüngere mit lauter Stimme aus den Gedanken. Leicht fuhr Kenta zusammen, schüttelte dann jedoch mit dem Kopf und schwang die Beine aus dem Bett. Rasch zog er sich die Schuhe an und machte das Bett, ehe er Minoru zunickte. „Ich brauche noch ein, zwei Schulbücher aus dem Klassenraum und meine Sporttasche.“, sagte der Ältere und aus dem Augenwinkel sah er, wie sein Bruder zusammenzuckte. „Lass doch die Sporttasche hier. Du hast morgen doch sowieso wieder Training.“, warf dieser dann auch schon ein und legte sich die Tasche über die Schulter. Kenta schnaubte. „Ich will endlich nach Hause. Ich war jetzt wirklich lange genug wegen dir in der Schule.“ Wie konnte man nur so egoistisch, wie dieser kleine Scheißer sein? So etwas war Kenta wirklich unbegreiflich. „Und was soll ich morgen in der Schule anziehen? Meine andere Uniform ist in der Wäsche. Und ich werde sicherlich nicht in Sportklamotten n die Schule gehen!“, schmetterte der Fußballer dem Kleineren entgegen, bevor dieser den Vorschlag überhaupt machen konnte. Etwas beleidigt schnappte Minoru nach Luft und schüttelte mit dem Kopf. „Das ist doch behindert. Immer muss es um dich gehen, Kenta.“, blaffte er und funkelte den Älteren an. Dieser verdrehte nur die Augen und ließ seinen Bruder einfach stehen. Einen kurzen Moment blieb das schwarze Schaf der Familie stehen, ehe es einmal fluchte und sich dann anschickte dem Älteren zu folgen. „Nee!“, rief er ihm hinterher, woraufhin Kenta nur noch schneller lief. Auch Minoru zog sein Tempo an, begann schließlich zu rennen und holte seinen Bruder kurz vor der Umkleide ein, stellte sich ihm in den Weg, indem er die Tür mit dem Körper blockierte. „Was soll das Minoru? Hör auf mit dem Mist und lass mich durch!“, fauchte der Brünette und packte die Schulter des Kleineren, um ihn zur Seite zu schieben. Doch Minoru stemmte sich gegen den Türrahmen, was zur Folge hatte, dass Kenta ihn nicht wirklich bewegen konnte. Schließlich drückte der Ältere seinen Bruder mit dem Körper gegen die Tür selbst und griff dann hastig hinter ihn. Bevor Mino sich wieder so hinstellen konnte, dass der Dunkelhaarige nicht mehr an den Türgriff kam, schlug dieser auf diesen und fiel somit mit seinem Bruder in den Umkleideraum, als die Tür aufsprang. Seine Beine verhedderten sich in denen des Jüngeren, woraufhin sie noch beide der Länge nach hinschlugen. Kenta knallte mit dem Kinn auf das Jochbein von Minoru, was diesen schmerzerfüllt aufschreien ließ. Auch der Ältere keuchte auf, jedoch weniger wegen dem Schmerz, der sich durch seinen Unterkiefer zog, sondern eher wegen dem Anblick, der sich ihm bot. Die Augen weiteten sich, füllten sich zeitgleich mit Tränen. Minoru gab keinen Mucks von sich. Genau aus dem Grund hatte er nicht hierher kommen sollen. Urplötzlich holte Kenta aus, verpasste dem Jüngeren eine schallende Ohrfeige und sprang auf, um aus dem Raum zu stürmen. „KENTA!!!“, hallte der Schrei der Stimmen seines besten Freundes und seiner Freundin nach, doch der Fußballer blieb nicht stehen, sondern lief, bis ihn seine Beine nicht mehr trugen und er auf die Knie sank. Noch immer raste sein Herz und die Gedanken wirbelten in seinem Kopf herum, versuchten einzuordnen, was gerade geschehen war. Es begann zu regnen und langsam nahm Kenta seine Umgebung wieder wahr, stellte fest, dass er geradewegs in den Park gelaufen war. Er kniete mitten auf dem Weg, Strähnen hingen ihm wirr ins Gesicht, während er vor sich hinstarrte. Langsam schloss Kenta die Augen, sah wieder das Bild vor Augen. Der entsetzte Blick Yurikos, die schnell die Beine von Shinjis Schultern genommen hatte, der ertappte Gesichtsausdruck seines besten Freundes, der in der Bewegung innehielt und Yurikos Brüste mit den Händen verdeckte. Als ob er, Kenta, kein Recht darauf hatte die Brüste seiner Freundin zu sehen. Was ihn jedoch am meisten traf, war, dass Minoru die beiden gedeckt hatte. Sein eigener Bruder hatte ihn verraten und lachte sich wahrscheinlich gerade ins Fäustchen, weil Kenta so schockiert gewesen war. Wütend schlug der Schüler auf den Boden vor sich und schrie auf. Es tat so verflucht weh, wenn man einem Menschen das Her brach und der Junge wünschte jedem der drei, dass er einmal selbst in diese Situation kam. Und dann sollten sie an ihn denken und erkennen, was sie ihm angetan hatte. Langsam erhob sich Kenta, atmete tief durch. Minoru sollte nicht sehen, was er ihm angetan hatte. Er würde stark wie immer sein und sich nichts anmerken lassen. Rückgängig machen konnte er es sowieso nicht mehr. Demotiviert schlurfte der Fußballer nach Hause, schloss auf und trag ein. Schon an der Garderobe hörte der ältere Sohn der Familie, wie sein Vater tobte. Es löste in ihm eine gewisse Zufriedenheit aus, auch wenn er ein wenig Mitleid mit dem Jüngeren hatte. Als seine Mutter bemerkte, dass ihr Sohn wieder da war, sprang sie von ihrem Platz auf und rannte auf ihren Schatz zu, zog ihn sofort in ihre Arme und schluchzte. Sie mochte es nicht, wenn der Vater ausrastete. Auch wenn Mino ihnen unglaubliche Probleme bereitete, liebte sie ihn. Doch es lag in der Natur des Menschen, dass er sich an Menschen und Dinge hängte, die weniger Probleme machten. So war es eben bei Okaasan auch. Kenta machte keine Probleme, war ein Vorzeigekind. Eigentlich das absolute Gegenteil zu seinem Bruder. „Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Schnell.. geh bitte zu deinem Vater und bade danach. Du bist vollkommen durchnässt. Wenn du so bleibst, dann holst du dir den Tod.“, forderte sie ihn auf, nachdem sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Sie schob ihren Sohn die Treppe hinauf, wobei dieser ein wenig apathisch Widerstand leistete. Er wollte jetzt wirklich nicht hoch. Er hatte keine Lust Minoru gegenüber zu treten. Allerdings ließ seine Mutter nicht locker und spätestens, als Kenta die Stimme seines Bruders hörte, raffte er sich auf und ging doch hoch. Kräftig klopfte er an die geschlossene Zimmertür, von deren Kehrseite laute Stimmen zu vernehmen waren. Ohne auf eine Antwort zu warten, trat er ein, bekam jedoch erst einmal ein Kopfkissen entgegengeworfen. „HAU AB! Verschwinde aus meinem Zimmer. Hier drin hast du nichts zu suchen!“, brüllte der Jüngste ihm direkt entgegen. „Wie sprichst du mit deinem Bruder? Denk mal darüber nach, was du ihm verdankst!“, fuhr sein Vater wieder auf und ging zu Kenta, um diesen einmal genau zu mustern. „Und jetzt sieh dir an, wie er aussieht. Klitschnass und dreckig. Geh baden, Kenta.“ „Was ich ihm VERDANKE? Das beschissenste Leben, mit der beschissensten Familie, die es auf der Welt gibt! Und Onii sieht endlich einmal so aus, wie er in seinem tiefsten Inneren ist: ein elendiger Hund.“ Minoru konnte gar nicht so schnell schauen, wie er auf dem Boden lag und schluchzend zu seinem Vater aufsah. Dieser blickte ihn zutiefst verletzt und gleichzeitig wutentbrannt an. Kenta befand es für besser zu gehen und nun tatsächlich ein Bad zu nehmen. Vollkommen entspannen konnte sich der Brünette jedoch nicht. Seine Gedanken hingen noch immer bei dem Bild in der Umkleide, welches sich förmlich in sein Gehirn eingebrannt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)