Une Affaire De Cœr von LittleThings ================================================================================ Kapitel 1: New Target --------------------- „Aber Sebast-chan! Warum müssen wir ausgerechnet zu ihm? Er ist so... so merkwürdig... richtig unheimlich und total wirr!“ „Grell, es hat dich keiner gebeten mitzukommen.“ „Ich will aber!“ Der rothaarige Todesgott klammerte sich an Sebastians Arm fest. Ciel seufzte genervt. „Sebastian! Sorg dafür, dass er still ist! Er treibt mich in den Wahnsinn!“ „Wie Sie wünschen, junger Herr.“ Der schwarzhaarige Butler sah auf Grell hinab und lächelte leicht. „Sei bitte still. Ansonsten sehe ich mich dazu gezwungen, dich zum Schweigen zu bringen.“ „Durch einen leidenschaftlichen Kuss? Mit Zunge? Ach Sebast-chan!“ Ciel verdrehte die Augen. //Aber ganz sicher. Das hättest du wohl gerne!// Grell kuschelte, total in diesen Gedanken versunken, mit Sebastians Arm und hatte wohl immer noch nicht verstanden, dass er nicht erwünscht war. Sebastian sagte mal lieber nichts, denn der Todesgott schien grade beschäftigt zu sein. So beschäftigt, dass er sogar das Plappern abgestellt hatte und das sollte um Ciels Willen auch so bleiben. „Wir sind da.“ Abrupt blieb Grell stehen und drückte sich an den gutaussehenden Butler. „Müssen wir da rein?“, fragte er noch mal nach und sah Sebastian mitleidserregend an. „Wir müssen da nicht rein. Du kannst auch draußen warten oder gehen.“ „Nein! Das geht doch nicht!“ //Natürlich, wenn Sebastian geht, dann muss er auch gehen.// dachte Ciel grimmig. „Sebastian!“, ermahnte er seinen dämonischen Butler erneut entnervt. „Wir haben nicht ewig Zeit!“ „Yes, my lord.“, sagte Sebastian und deutete eine Verbeugung in Richtung seines Herrn an. Da er einen Störfaktor am Arm hatte, ging das etwas schwerer als gewohnt. Der Schwarzhaarige öffnete die Tür. Ciel ging rein und Sebastian folgte ihm, zog Grell trotz des Protestlautes mit sich. Das war dessen eigene Schuld, wenn er Sebastians Arm so festhielt, als ob sein Leben davon abhängen würde. „Willkommen, Graf.“, ertönte die gedehnte Stimme Undertakers und ein Sarg öffnete sich langsam. Der rothaarige Todesgott zog an Sebastians Arm rum und machte einen gequälten Laut. Natürlich ließ sich der dämonische Butler davon nicht ablenken. Wie immer schenkte er Grell keine Aufmerksamkeit. „Undertaker! Ich will Informationen über-“, fing Graf Phantomhive auch sofort an, wurde jedoch von dem Bestatter unterbrochen. „Was bekomme ich dafür? Als Gegenleistung?“, fragte der Grauhaarige grinsend. Ciel sah seinen Butler an und dann unweigerlich zu Grell. Er grinste leicht hinterlistig. „Ihn!“, sagte er und sah dabei den rothaarigen Todesgott an. Sebastian gab diesem einen Stups nach vorne. Sein Arm wurde aus Reflex losgelassen. „Hö?“ Grell blinzelte verwirrt. „Was? Ihr könnt doch nicht-! Ich bin ein eigenständiges Wesen, genau wie ihr! Das könnt ihr nicht-“ Undertaker kam dem wütenden Todesgott näher und tippte ihm mit einem seiner schwarzen, langen Fingernägeln gegen die Wange. „Was soll ich denn mit diesem Objekt? Kann es mich zum Lachen bringen?“ Man sah förmlich wie Grell vor Wut rot anlief und sich alle möglichen Schimpfwörter in ihm aufstauten. „Wie kannst du es wagen?! Mich als Objekt zu bezeichnen?!“, schrie er erzürnt und durchbohrte den Bestatter mit seinen bösen Blicken. „Und wieso es? Spinnst du?! Ich bin eine Lady, durch und durch!“ Stille. Undertaker starrte die vermeintliche Lady an und musterte sie von oben bis unten. „... Ich dachte... du wärst ein Mann...“, meinte er schließlich und als Grell daraufhin dann auch noch schmollend die Arme verschränkte, konnte Undertaker einfach nicht anders, musste lachen. Der rothaarige Todesgott zuckte zusammen und sah den Bestatter wütend an. //Wie kann der Kerl es wagen, sich über mich lustig zu machen?// Ciels Augen blitzen zufrieden auf. Um an Informationen zu kommen, musste man Undertaker zum Lachen bringen und das war ihnen gerade eben gelungen. Oder besser gesagt Grell. Unbewusst. „In Ordnung, Graf. Sie haben gewonnen. Ich nehme ihn.“ Triumphierend sah Ciel den Grauhaarigen an. Jetzt hatte er zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Erstens: Er bekam die gewünschten Informationen und zweitens: Sie waren Grell los. Wie auch immer: Dieser schien wohl etwas dagegen zu haben. „Was? Ich werde ganz sicher nicht bei diesem Verrückten bleiben! Mein Herz gehört ganz allein Sebastian!“ Der aufbrausende Todesgott nahm eine heroische Pose ein. Sein Blick lag voller Entschlossenheit, bis er etwas bemerkte. „Sebastian?“ Hektisch sah sich Grell um, doch sein geliebter Butler war nirgends zu sehen. Er war verschwunden. Nun stand Grell etwas dumm da und wirkte noch dazu total hilflos. Ciel grinste amüsiert, schwieg aber. „Sebastian? Nanu, wo ist er denn hin?“ Grell biss sich auf die Unterlippe. Er war verletzt. Wieso war der Dämon einfach so abgehauen? Der rothaarige Todesgott fand das gar nicht lustig. Nicht nur, dass er jetzt in so einer peinlichen Situation war, nein, noch dazu war Sebastian nicht da. War Grell ihm denn gar nicht wichtig? Der war den Tränen nahe, weinte aber nicht. Er tat so, als ob alles in Ordnung war und er nur etwas überrascht darüber wäre, dass der Schwarzhaarige nicht bei ihm war. Toll, jetzt stand er hier ganz alleine. Mit dem unsympathischen Grafen, der das besaß, was Grell nicht hatte: Den gutaussehenden Dämon Sebastian. Ach ja, der irre Bestatter war ja auch noch da. Das waren ja schöne Aussichten. Was sollte er eigentlich noch hier? Undertaker ergriff das Wort. „Ich denke, wir sollten zur Sache kommen.“, sprach er in wichtigem Tonfall. „Tee?“, fügte er dann hinzu. So saßen sie nun alle im Kreis um einen Tisch, jeder mit einer Tasse in der Hand, schlürften Tee und Undertaker gab die verlangten Informationen Preis. Grell saß etwas verloren und eingesunken auf der Couch, starrte Löcher in die Luft und sah Ciel ab und zu nach dem Motto ‚Wenn Blicke töten könnten.’ an. Dieses kleine, arrogante... Grell war ja so neidisch auf den jungen Grafen! Am liebsten würde er ihm jetzt den Hals umdrehen! Oder mit seiner Kettensäge in Millionen kleine Stücke zerfetzen! Das war so unfair! Dieses Kind hatte so einen attraktiven, starken und intelligenten Butler und wusste das nicht einmal zu schätzen! Gut, Ciel war ja auch noch ein Kind. Aber trotzdem! Grell ärgerte sich darüber sehr. „Dein Tee wird kalt...“, kam plötzlich eine Stimme von hinter Grell, die dieser auch sofort als Undertakers identifizieren konnte. Er schrie erschrocken auf und zuckte zusammen. Als ob das nicht schon genug war, ließ er aus Reflex auch noch die Tasse fallen. Was aber keiner erwartet hatte: Der Bestatter hatte sich schon gedacht, dass der rothaarige Todesgott sich erschrecken würde und war schon auf so eine Aktion vorbereitet gewesen. Man sah es ihm nicht an, aber er hatte spitzen Reflexe. Und mit diesen spitzen Reflexen fing er die Tasse auf, noch bevor sie am Boden zerschellte. Der Inhalt der Tasse schwappte gefährlich nahe Richtung Tassenrand in Richtung Luft und dann Boden, doch irgendwie schaffte es Undertaker nichts zu verschütten. Grell sah ihn mit offenem Mund an. Er war total erstaunt. Das Erstaunen schlug jedoch um in Begeisterung. „Wow...“, brachte er endlich hervor. Selbst Ciel guckte etwas belämmert. Sein sichtbares Auge geweitet. Das hatte er dem alten Undertaker wohl nicht zugetraut. Er war sich eigentlich sicher, dass nur Sebastian so was hinbekommen hätte. Der Bestatter lachte kurz und grinste dann selbstsicher. „Was habt ihr erwartet? Ich bin nicht umsonst ein legendärer Todesgott. Auch wenn ich im Ruhestand bin. So was verlernt man nicht...“ Grell sah ihn bewundernd an. Seine Augen nahmen einen leicht schwärmerischen Glanz an. Ciel stand auf. „Ich denke, ich sollte jetzt gehen. Sebastian wartet.“ Er hielt einen Moment inne, doch Grell sprang nicht auf, um mitzukommen, damit er seinen geliebten Sebastian sehen konnte. Der starrte immer noch Undertaker an. Der Graf schmunzelte. Undertaker sah Grell an und rückte langsam etwas weg. „Graf... Wollt Ihr ihn nicht doch lieber mitnehmen? Ehrlich gesagt, finde ich ihn ziemlich seltsam... Sein Benehmen ist ganz schön furchteinflößend...“ Wenn man es nicht besser wüsste, konnte man glatt denken, dass Undertaker Angst vor Grell hatte. Besonders, da dieser die Distanz immer mehr verringerte, immer näher zu dem Bestatter hüpfte und ihn dabei nicht aus den Augen ließ. „Vergiss es! Wir hatten einen Deal!“, sagte Ciel nur. Er würde Undertaker wohl nicht zur Hilfe kommen. Zwar wusste er nicht, warum Grell jetzt auf einmal so hinter dem Bestatter her war, aber das war ja immer noch besser, als wenn er an seinem Butler klebte. Ciel ließ die Tür zufallen. Man konnte von draußen nur noch hören, wie irgendetwas umfiel und ein Schrei ertönte. Graf Phantomhive grinste vergnügt. Er war zufrieden mit sich. „Junger Herr, wie sind Ihre weiteren Pläne?“, wurde er von Sebastian in Empfang genommen. Kapitel 2: A lot of Tea ----------------------- Kaum zu glauben, aber wahr. Grell und Undertaker saßen sich gegenüber am Tisch, tranken Tee und schwiegen. Der sonst so aufbrausende Todesgott hatte sich wieder eingekriegt und sah nun auf seine dampfende Tasse. Er seufzte leise, als er an seinen Lieblingsbutler denken musste. Wieso war Grell nicht mit Klein Ciel rausgegangen? Wenn er ihm gefolgt wäre, wäre er sicher irgendwann auf seinen geliebten Sebastian gestoßen. Aber na ja, jetzt war es eh zu spät. Dabei war der Undertaker ein echt mieser Ersatz. Dafür schmeckte aber wenigstens der Tee. Grell nahm einen Schluck des roten Getränks. Aus den Augenwinkeln sah er sich etwas genauer um. In diesem Raum war er noch nie gewesen. Wahrscheinlich das Wohnzimmer, aber Grell war sich nicht sicher. Hier war zwar eine schwarze Ledercouch und auch ein Sessel, aber es hingen keine Bilder an den Wänden und auch Blumen gab es nirgends. Sämtliche Dekoration fehlte. Das Zimmer war ansonsten jedoch gemütlich eingerichtet. Gemütlich und schlicht. Es war aber auch irgendwie ein wenig gruselig, da es nur in dunklen Farben gehalten war. Insgesamt wirkte der Raum also sehr düster und trostlos. Wie konnte ein Mensch diese Atmosphäre Tag für Tag nur aushalten? Ach ja, Undertaker war ja gar kein Mensch, sondern ein Todesgott. Aber war das gleich ein Grund so zu leben? Ach was interessierte das Grell eigentlich? War ja nicht sein Problem. Er musste hier ja nicht wohnen. Er musste es hier nicht aushalten. Seine Gedankengänge wurden von Undertaker unterbrochen. „Möchtest du noch etwas Tee?“, fragte der Bestatter nach. „Mh?“, machte Grell und sah auf seine Tasse. Tatsächlich war diese leer. Und er hatte das nicht mal bemerkt. Undertaker aber anscheinend schon. Bloß wie? Es brachte nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Der Kerl war einfach komisch. Das war halt so. „Ja, bitte.“, sagte der rothaarige Todesgott also und reichte Undertaker seufzend die geleerte Tasse. Der Bestatter nahm die Tasse entgegen und schmunzelte. „Schmeckt dir der Tee nicht?“, fragte er, da er Grells trauriges Seufzen nicht deuten konnte. Grell schüttelte nur den Kopf. „Fehlt irgendwas?“ Undertaker sprach immer noch vom Tee. Erneut schüttelte der andere Todesgott den Kopf. „Mh...“, machte der Grauhaarige. „... Brauchst du irgendwas?“, fragte er dann nach einer Weile nach. Grell seufzte wieder. „Liebe~“, kamen seine Gedanken unabsichtlich über seine Lippen, so leise und sanft wie ein Windhauch. Er sah zu Undertaker hoch, der mittlerweile hinter Grell stand. Seine Arme hatte er verschränkt und oben auf der Couch abgelegt. Die Tasse hielt er jedoch noch in der rechten Hand. „Kann man das in den Tee tun?“, fragte der Bestatter spaßend und grinste. Der Rothaarige schnaubte, musste aber grinsen, auch wenn es etwas gequält war. „Wohl eher nicht...“ Undertaker lächelte fast schon schadenfroh. „Dann kann ich leider nicht dienen...“ Und Grell schien ihm anscheinend nicht mal mehr Leid zu tun. //So ein unsensibles... Grrr...// dachte der rothaarige Todesgott, dem die teilnahmslose Art des anderen nicht entgangen war. Beleidigt verschränkte Grell die Arme und sah zur Seite. Emotionslos starrte er Löcher in die Luft. Innerlich war er aber aufgewühlt und auch ein wenig böse auf den Bestatter. Undertaker schmunzelte. Das Grell grad nicht so gut auf ihn zu sprechen war, merkte er. „Ich hol dir deinen Tee...“ Der grauhaarige Todesgott zog ab und ließ den anderen allein im Wohnzimmer zurück. Grell seufzte schwer und legte seine Hände zusammen. Er zog die Beine etwas an und stellte seine Füße fast schon auf die Sofapolster. Aber nur fast. Er tat es aus Anstand nicht. Nachher machte er die Couch noch dreckig. Undertaker würde das bestimmt nicht gerne sehen. Aber was interessierte ihn schon der Bestatter? Der rothaarige Todesgott drückte seine Hände etwas fester zusammen und klemmte sie zwischen seine Oberschenkel. Seufzend sah er zu Boden. So zusammengekauert hob er seine Füße nun doch aufs Sofa. „Hey! Was glaubst du, was du da tust? Runter mit den Füßen!“, kam es plötzlich von der Seite. „Aaah!“ Grell schrie wie von der Tarantel gestochen auf und sprang von der Couch. Er hatte ja gewusst, dass Undertaker das nicht gut heißen würde, aber musste der sich deswegen gleich so anschleichen und ihn zu Tode erschrecken? „Bist du wahnsinnig?! Musste das sein?! Ich wäre beinahe an einem Herzinfarkt gestorben!“ Wieso tauchte der Kerl immer aus dem Nichts aus? Wie machte der das? „Ach, nur beinahe?“ //Mistkerl!// „Du bist echt das Letzte!“ Noch nie hatte jemand Grell so rasend vor Wut gemacht! „Danke schön...“ Anscheinend fand Undertaker das auch noch toll, denn er grinste selbstgefällig. //So ein... Argh, ich bring den Kerl um, wenn der so weiter macht!// „Dein Tee...“, sagte Undertaker breit lächelnd und hielt Grell die volle Tasse hin. „Grrr...“ Immer noch ziemlich verärgert ließ sich Grell wieder auf der Couch nieder und schnappte dem Bestatter die Tasse aus der Hand. Er setzte sie an seine Lippen an und trank den Tee in einem Zug leer, ungeachtete dessen, dass er brühend heiß war und er sich die Lippen und Zunge verbrannte. Dann beugte er sich etwas nach vorne und stellte die Tasse auf dem Tisch ab. Genervt verschränkte er die Arme und sah stur in die entgegengesetzte Richtung von Undertaker. Dieser stand immer noch neben ihm. Nach einigen Minuten fing Grell jedoch an nervös auf seiner Unterlippe rumzukauen. Der Bestatter schmunzelte. „Das Badezimmer ist, wenn du in den Flur gehst, die erste Tür rechts...“, informierte er Grell, der fast augenblicklich aufsprang und das Zimmer verließ. Einige Minuten später kam der Rothaarige wieder und setzte sich wieder hin. Er sah Undertaker mürrisch an. „Woher wusstest du...?“, fing er an. Der Bestatter grinste und lachte kurz auf. „Du hast ganze drei Tassen Tee getrunken! Außerdem... Dein Gesichtsausdruck und das dazugehörige Rumgehibbel war ja wohl eindeutig!“ „Hmpf!“, machte Grell beleidigt. „...“ Der rothaarige Todesgott seufzte. Er striff sich die Schuhe ab und legte sich hin, machte es sich auf der Couch gemütlich. „Was soll das werden?“, fragte Undertaker leicht verwirrt. „Ach das weißt du nicht? Du bist doch sonst so allwissend, sag du’s mir!“ Der Bestatter grinste. „Müde?“ Na ja, eher frustriert. Na gut, etwas müde auch vom ganzen Aufregen. „Na also...“ Grell verdrehte die Augen. Undertaker schmunzelte. Er entschwand, kam aber nur wenige Minuten später wieder, warf eine Decke über Grell und pfefferte ihm ein Kissen ins Gesicht. „... Gute Nacht...“ Und schon war er weg. Kapitel 3: Back to Work ----------------------- Am nächsten Morgen wurde Grell früh wach. Auf dem Flur waren zwei Stimmen zu hören. Die eine Stimme war unverkennbar Undertakers Stimme. Die zweite... Grell konzentrierte sich und lauschte genauer. Irgendwoher kam ihm die auch bekannt vor. Erst nach einer Weile machte es bei ihm Klick und er wusste, zu wem die andere, ebenfalls vertraute, Stimme gehörte. William T. Spears. Sein Chef, wenn man ihn so nennen konnte. Was hatte der hier zu suchen? Wie spät war es? Grell sah sich nach einer Uhr um und stellte verwirrt fest, dass es erst acht Uhr zehn war. Er hatte nicht verschlafen. Also wegen ihm konnte William ja kaum hier sein. Außerdem: Woher sollte der auch wissen, dass der Rothaarige hier war? Seufzend stand Grell auf und fuhr sich durchs Haar. Danach strich er sich seine Kleidung etwas glatt. Langsam ging er in Richtung Küche, in der Undertaker und William nun saßen. Grell hörte ein leises Klirren. Einer der beiden musste wohl eine Teetasse abgesetzt haben. „Wie dem auch sei...“, hörte der Rothaarige William sagen und blieb an der Tür stehen, die einen kleinen Spalt breit offen stand. Er lugte hinein. „Es ist natürlich nur eine Bitte. Du musst nichts. Gar nichts...“, versicherte Will dem grauhaarigen Todesgott. „Oh aber ich bestehe darauf... Es wird mir ein Vergnügen sein...“, kam die Antwort und Undertaker sah nachdenklich auf seine Tasse. William nickte zufrieden und erleichtert. „Also dann elf Uhr in der Bibliothek?“, fragte William und Undertaker nickte. „Ach und... bring den Nichtsnutz Grell Sutcliff mit.“ Undertaker nickte erneut. „War das alles?“ William biss sich auf die Unterlippe. Er nahm noch einen Schluck Tee und nickte. „Das war alles...“ Er stellte die leere Tasse wieder ab und erhob sich. „Wünsche noch einen angenehmen Morgen.“, sagte der dunkelhaarige Todesgott und deutete eine Verbeugung an. Dann ging er zur Tür. Grell hatte sein rechtes Ohr wissbegierig an die ebene Holztür gedrückt, um dem Gespräch der beiden besser folgen zu können. So hatte er keine Zeit zurückzuweichen, als William die Tür aufstieß. Er landete auf dem Boden. „William!“ „Grell Sutcliff! Hast du etwa gelauscht?“, fragte der etwas empört und hob eine Augenbraue an. Als Grell ihn daraufhin nur verlegen angrinste, beließ er es jedoch bei einem verständnislosen Blick und ging einfach an dem Rothaarigen vorbei zur Haustür, durch die er dann auch endgültig verschwand. Schnell rappelte Grell sich auf. Was war das denn bitteschön für eine Aktion gewesen? Was hatte William denn mit Undertaker zu tun? Es hatte fast schon danach geklungen, als hätte er den Bestatter um etwas Wichtiges gebeten. Steckte er in Schwierigkeiten? Gab es etwa einen neuen Auftrag? Aber warum konnte William Grell dann nicht damit beauftragen? Was konnte der Bestatter schon tun? Nachdenklich betrat der Rothaarige die Küche. Er sah auf, genau in Undertakers Richtung. „Guten Morgen.“, sagte dieser nur leicht abwesend wie immer. „M-morgen!“, stotterte Grell. Irgendwie fühlte er sich ertappt. Undertaker wusste, dass er gelauscht hatte. Wusste er es denn nicht? William hatte immerhin genug Trara darum gemacht... Na danke! Dabei hatte er Undertaker doch grade erst kennen gelernt und wollte nicht von Anfang an einen schlechten bzw. allzu unhöflichen Eindruck machen. Mal davon abgesehen, dass Grell sich am vorherigen Tag sowieso etwas daneben benommen hatte, weil er wieder nur Augen für Sebastian gehabt hatte. Der Rothaarige seufzte, was Undertaker wiederum zum Anlass nahm sich seiner Gegenwart bewusst zu werden. „Darf ich dir einen Tee anbieten?“, fragte er höflich. Überrascht nickte Grell. Wenn man mal von Undertakers düsteren Wohnung, seiner dunklen Kleidung, seiner gedehnten Grabesstimme, seinem oft gruseligen Auftreten und seinem nicht minder seltsamen, fast schon verrücktem, Benehmen absah, so konnte man alles in allem sagen, dass dieser doch eigentlich recht nett schien. Wohlgemerkt schien... Aber vielleicht konnte er nun mal auch nett sein. Manchmal. Wenn er wollte... Grell lächelte. Undertaker hielt ihm eine Tasse Tee vor die Nase, die Grell verwirrt annahm. Das war ja schnell gegangen... „Setz dich doch...“, meinte Undertaker beiläufig und ging zurück an den Herd, um sich selbst ebenfalls eine Tasse einzugießen. Grell hatte derweil Platz genommen. „Was möchtest du frühstücken?“ Verwirrt sah Grell ihn an, wobei sein Magen bei der freudigen Erwartung eines Frühstückes ein leises Grummeln von sich gab. „Nanu...“, machte Grell etwas verlegen und sah zu seinem Bauch, ehe er sich grinsend am Kopf kratzte. „Da hat wohl einer hunger...“, bemerkte der Undertaker und stellte eine Pfanne auf die Herdplatte. Er krempelte die Ärmel hoch und machte sich ans Werk. Grell trank seinen Tee, doch ab und an sah er neugierig von seine Tasse auf und linste heimlich zu dem Bestatter, um ihn zu beobachten. Dieser bereitete Speck und Ei zu und schon nach kurzer Zeit roch es einfach fantastisch. Grell sog den Geruch des leckeren Essens genussvoll ein, was sein Magen wiederum zum Anlass nahm, sich noch mal mit einem Knurren zu melden. Keine Minute später drehte sich Undertaker zu ihm um und servierte ihm das Zubereitete mit einer Scheibe Brot. Grells Gesicht spiegelte seine momentane Vorfreude wieder. Undertaker setzte sich Grell gegenüber. Dieser hatte nur darauf gewartet, dass dieser sich auch endlich an den Tisch setzte. Er wollte schon zugreifen, da fiel ihm auf, dass der Grauhaarige gar kein Essen vor sich hatte. „Isst du nichts?“, fragte er überrascht und verwirrt zugleich. Der Bestatter schüttelte den Kopf und nippte an seinem Tee. Fragend sah Grell ihn an, aber es kam nichts weiter. „Warum denn nicht? Wenn ich fragen darf...“ Undertaker zuckte mit den Schultern. „Ich esse morgens nichts.“, meinte er nur, woraufhin Grell fassungslos den Kopf schüttelte. Er entschied sich jedoch das gute Essen nicht länger zu verschmähen und langte zu. Nicht, dass sein Magen nachher noch rebellierte. Beim ersten Bissen stellte er fest, dass das Ei gut gesalzen war. Es schmeckte aber nicht schlecht und fiel nach wenigen Sekunden gar nicht mal so sehr auf. Undertaker wartete bis Grell aufgegessen hatte, dann räumte er sein Geschirr ab und fing an zu spülen. „Hey, du musst dir nicht so viel Mühe machen, ich kann dir auch helfen~“, jammerte Grell, der sich auf einmal so untätig fühlte. Undertaker machte sich jedoch nicht mal die Mühe zu antworten. Grell bließ beleidigt seine Backen auf. Dann halt nicht... Dann lächelte er jedoch und lehnte sich entspannt zurück. So wurde er ja noch nie verwöhnt. Das musste er auskosten. Zumindest für diesen Moment. Es war viertel vor elf, als Grell sich schließlich aufraffte. Nach dem Essen hatte er sich auf Erkundungstour gemacht, da der Bestatter anscheinend irgendwas in seinem Laden zu erledigen hatte, und es sich letztendlich im Wohnzimmer bequem gemacht. Undertaker hatte ihm schon gesagt, dass er ruhig schon mal zur Bibliothek vorgehen konnte. Also hatte er gehört, dass Grell ihn und William belauscht hatte. Für sein Alter hatte er echt noch gute Ohren! Grell sah sich noch kurz im Laden um. Keine Spur vom Undertaker. War er schon losgegangen? Grell wusste es nicht, aber es interessierte ihn auch nicht wirklich, immerhin würde er das ja gleich erfahren. Er fragte sich nur, warum sie nicht zusammen zur Bibliothek gegangen waren... Als Grell vor der Bibliothekstür stand, war es kurz nach elf. Der Rothaarige stieß die große Tür auf. Es war totenstill, wie es sich in einer Bibliothek gehörte. Es war ja auch niemand da. Normalerweise kam man schließlich nur in die Bibliothek um seinen Auftrag abzuholen, und das war um zehn. Anscheinend war also noch niemand von seinem Auftrag zurück und holte sich seinen nächsten ab. Wunderte Grell jedoch auch nicht. Diese langweiligen Todesgötter waren nichts besonderes. Sie waren keine Überflieger. Nicht das er jeden Auftrag in weniger als einer Stunde erledigen könnte... Grell sah sich um und suchte nach Undertaker und William. Er musste nicht weit gehen. Hinter einem Regal fand er die beiden schließlich. Scharf sog er Luft ein. Es verschlug ihm glatt die Sprache, die beiden zu sehen. Nicht, dass an William irgendetwas ungewöhnlich war. Er sah so aus wie immer. Aber Grell musste zwei mal hingucken, um Undertaker zu erkennen. Er blinzelte. Wieso zur Hölle hatte so ein gutaussehender, attraktiver, fantastischer Mann seinen Körper nur all die Zeit in eine dunkle, unvorteilhafte Robe gehüllt? Was hatte er denn zu verstecken gesucht? Ein verträumter Seufzer entglitt Grells Lippen. Er war schwer beeindruckt. Niemals hätte er gedacht, dass Undertaker so gut aussah. „Undertaker-sama! Wieso kannst du nicht immer einen Anzug tragen?“, baggerte er ihn schließlich schamlos an und überbrückte die Distanz zwischen ihnen. Nur wozu trug der Grauhaarige eine Brille, durch die man grade mal seine Augenfarbe erkennen konnte? Sicher hatte er auch wunderschöne Augen. Wie konnte er nicht, bei diesem tollen Körper, bei dem sich die leichten Muskeln männlich an seinem Anzug abzeichneten. Auch der dämliche Hut war endlich verschwunden und seine Haare verdeckten nicht mehr sein Gesicht. Das einzige, was an diesem ebenfalls perfekten Gesicht störte, war die große Narbe, die immer noch quer über seinem Gesicht prangte. Das sie so groß war, war Grell vorher gar nicht so aufgefallen. Immerhin hatte vorher der Pony des Grauhaarigen ziemlich viel davon verdeckt. Es erschrak ihn schon etwas. Aber nicht nur die Narbe, Undertakers gesamtes Erscheinungsbild ließ ihn auf einmal ungeheuer ernsthaft erscheinen. Grell schluckte und machte respektvoll wieder einen Schritt zurück. Gerade noch rechtzeitig, denn William erdolchte ihn fast mit seinen Todesblicken. „Wie kannst du es wagen, einen legendären Todesgott so ungebührlich zu behandeln?“, fuhr er Grell auch gleich an. Dieser wich Williams Blick beschämt aus. William wollte schon zu einer neuen niedermachenden Triade ansetzen, da hob Undertaker die Hand und schnitt ihm mit einer einzigen Geste das Wort ab. Sofort verstummte William. Er schluckte. Sein wütender Gesichtsausdruck wandelte sich in einen Respekt zollenden, fast schon unterwürfigen. „Verzeihung.“, sagte er kleinlaut. Grell konnte es nicht fassen. Wie mächtig musste Undertaker sein, dass er einem schon so mächtigen Todesgott wie William den Mund verbieten, ihm fast schon Befehle erteilen konnte? Grell sah den Grauhaarigen einfach nur mit großen Augen an. Das war er also. Der legendäre Todesgott von dem niemand sprach, den aber alle im Stillen bewunderten. Ein verrückter Bestatter. Undertaker. „Zu meiner Bitte.“, fand William schließlich die Sprache wieder. Kapitel 4: His real Name ------------------------ Gut gelaunt hüpfte Grell neben Undertaker her. Ab heute waren die beiden soetwas wie Partner. Zumindest sah Grell das so. In Wirklichkeit hatte William den legendären Todesgott gebeten seinen Ruhestand zumindest für einige Zeit aufzuheben. Es mangelte ihnen schon seit geraumer Zeit an Personal und Grells 'Arbeit', konnte man ja kaum als Arbeit bezeichnen. Der Rothaarige hinterließ mehr Spuren als notwendig, war unzuverlässig und launisch und natürlich das allerschlimmste: Er hielt sich nicht an die Regeln. Und da kam Undertaker ins Spiel. Zumindest hatte William sich das so gedacht. Wenn ein legendärer Todesgott schon wieder seine Arbeit aufnahm, dann konnte er doch auch gleich alle regelunkonformen Probleme aus der Welt schaffen. Grell sollte lernen wie ein richtiger Shinigami sich zu benehmen hatte. William dachte wohl, dass ein legendärer Todesgott positiv auf so eine aufbrausende und einzigartige Persönlichkeit wie Grell abfärben könnte. Natürlich hatte Grell erst geschmollt, dass William ihm zu wenig zutraute, aber das hielt auch nur solange an, bis er erfuhr, dass Undertaker und er zusammen arbeiten würden. Zusammen. Für William war Undertaker die einzige Hoffnung, die es für Grell noch gab, vernünftig zu werden und seinen Posten als Todesgott behalten zu dürfen. Durch die unzähligen Ermahnungen und Warnungen stand Grells Job nämlich auf Messersschneide und William verlangte hier ein echtes Wunder, eine 180° Drehung, um die Kündigung abzuwenden und nicht noch einen weiteren Todesgott zu verlieren. William hatte jetzt schon genug Überstunden... „Wohin gehen wir?“, fragte Grell neugierig und trippelte neben Undertaker her, während er ihn immer wieder bewundernd ansah. Die Frage beantwortete sich jedoch von selber, als sie an einem Verwaltungsschalter der Todesgötterzentrale stehen blieben. Der zuständige Shinigami erkannte Undertaker sofort und senkte leicht demütig das Haupt. Schließlich sprach der Undertaker, das erste mal seit sie in der Bibliothek angekommen waren, fiel Grell auf. „Ich bin hier um meine Arbeit wieder aufzunehmen. Personalnummer 01569. Klasse A Management. Derzeit im Ruhestand.“, informierte der Grauhaarige den Shinigami am Schalter und nannte dabei wohl alle nötigen Informationen, denn der andere Todesgott nickte nur. „Ich werde sofort alle Unterlagen zusammentragen.“, versprach er eifrig und eilte davon. Zurück kam er mit einem Ordner, in dem unter anderem Undertakers Dokumente für den Ruhestand eingeheftet waren. Kurz durchblätterte er diesen, ehe er fand, was er suchte. „Ah ja... Name?!“, fragte er zur Sicherheit noch mal nach. Nicht, dass er ihm die falschen Dokumente gab... oder noch schlimmer, dass Undertaker vorgab jemand zu sein, der er nicht wahr. „... John Miller.“, antwortete der Grauhaarige schließlich und biss sich leicht auf die Unterlippe. Es war komisch sich so reden zu hören. All die Jahrhunderte hatte er sich verstellt und nun musste er so plötzlich wieder ernst werden. Es fühlte sich seltsam an. Er hatte seine Vergangenheit mit seinem richtigen Namen in das hinterste Eckchen seines Verstandes verbannt, hatte sie loslassen wollen, vergessen. Und nun war er wieder hier und musste wohl seine Vergangenheit wieder aufleben lassen. Warum tat er sich das an? Er hatte sich doch auch im Leben des Bestatters verwirklichen können, hatte sich damit abgelenkt... Aber anscheinend hing irgendein Teil von ihm noch an seinem alten Leben oder zumindest an dem Sein eines Todesgottes. Vielleicht vermisste er es ja doch und sein 'neues' Leben war ihm nun zu langweilig geworden. Was sollte er sonst mit seinem Leben anfangen? Er musste das tun, was er am besten konnte, das, was seine Bestimmung war... Grell war ganz baff. Für ihn war der Undertaker immer der Undertaker gewesen. Dass das eigentlich kein richtiger Name war, sondern er durch seinen Beruf identifiziert wurde, war ihm nie in den Sinn gekommen. Dieser so normale Name, zu dieser ebenso neuerdings normalen, ernsten Stimme, überraschte ihn. Dieser Mann überraschte ihn. War er in Wirklichkeit schweigsam und ernst? Das war das genaue Gegenteil von dem, was Grell eigentlich von ihm kannte. Wo war die immerzu lachende Seite des verrückten Mannes hin? War das alles etwa nur Schauspielerei gewesen? Der Andere musste ein wirklich guter Schauspieler sein. Wenn Grell da an seine eigene Schauspielkunst in Form eines tollpatschigen, schüchternen Butlers zurückdachte... Aber viel mehr interessierte den Rothaarigen nun, wie bzw. wer der Undertaker nun wirklich war. Der Grauhaarige bekam die Papiere für die Aufhebung seines Ruhestandes und der Wiederaufnahme seiner Arbeit gereicht. „Bitte einmal hier unterschreiben.“, sagte der andere Shinigami und deutete mit der Fingerspitze auf die Linie für die Unterschrift, legte einen Stift neben das Blatt. Der legendäre Shinigami nahm ihn und überlegte kurz. Er setzte an und schrieb schließlich in einer sehr schwungvollen, alten Schrift, die eher einem Kunstwerk als seinen Namen glich, John Miller. Dann legte er den Stift neben das Dokument. Der andere Todesgott nickte und überreichte ihm einen Schlüssel, den Undertaker sich in die Hosentasche steckte. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um. Grell lief neben ihm her und sah ihn nachdenklich an. „Wie soll ich dich denn jetzt nennen?“, überlegte er laut. „John Miller, hä? Ist das also dein richtiger Name?“ „Ja.“ „Mh... Klingt ja richtig normal. Das passt gar nicht zu dir.“ Grell sah zu ihm rüber, erwartete eine Reaktion. Der Grauhaarige sollte sich zu der Aussage äußern, zumal das doch irgendwie auch ein Kompliment war, oder? „Was denkst du?“, fragte der Rotschopf. Undertaker schien ihm etwas wortkarg zu sein. Vielleicht hatte er sich wirklich getäuscht... Vielleicht passte so ein ernster, normaler Name doch zu ihm. Vielleicht war er wirklich nicht abgedreht, zumindest nicht so abgedreht wie Grell immer gedacht hatte. „Wenn du denkst, dass du das beurteilen kannst.“, meinte John schulternzuckend. „Mh...“, machte Grell überlegend. Konnte er natürlich nicht. Sie betraten einen Lagerraum. „Was suchen wir hier?“, fragte Grell verwirrt, als Undertaker schließlich am Ende des Raumes an einem Spind stehen blieb, an dem seine Personalnummer stand, und mit dem Schlüssel aufschloss. Er sah in den Schrank, hielt einen Moment inne. Dann zog er sanft den darin liegenden Gegenstand hervor. Sein Blick glitt über den Griff bis hin zur eigentlichen Sense. Wider Erwartens hatte er kein mulmiges Gefühl. Es fühlte sich gut an sein Werkzeug wieder in den Händen zu halten. „Ist das... eine Todessense?!“, rief Grell überrascht aus. Er hatte noch nie eine so große und stilvolle Todessense gesehen. „Deine?!“ „Ja.“, antwortete Undertaker nur und warf sie sich über die Schulter. „Sind das... echte Knochen?“ Undertaker grinste bloß. Grell erschauderte, wurde dann aber jammrig. „Ich will auch meine Todessense zurück!“ Daraufhin zog Undertaker eine Augenbraue leicht hoch. „Du hast keine Todessense?“ Der Rotschopf schmollte. „Doch.“, meinte er und schnippelte mit zwei Scheren durch die Luft. Undertaker starrte ihn an. „Das ist nicht dein ernst?!“ Wollte der ihn verarschen? Grell seufzte. „Will hat meine Kettensäge konfisziert...“ Der Grauhaarige fasste sich an den Kopf. So konnte man doch nicht arbeiten! „Warum?“ „Na ja...“, druckste Grell etwas verlegen. „Vielleicht hab ich vergessen den Papierkram dafür auszufüllen...“, gab er zu und vermied es Undertaker anzusehen. Undertaker seufzte. „Na dann.“, meinte er und schloss den Spind. Sie verließen den Lagerraum und gingen zurück an den Schalter. „Was hast du vor?“, fragte Grell. Undertaker hielt es nicht für nötig zu antworten. „Ein Formular für den Antrag auf Modifizierung der Todessense, bitte.“, sagte er zu dem Shinigami am Schalter und bekam das Formular auch sofort ausgehändigt. Grell seufzte. „Das dauert doch Jahre, ehe der Antrag durch ist!“, beschwerte er sich. „Einen Stift, bitte.“, meinte Undertaker nur, woraufhin Grell ihn verwirrt ansah und der Shinigami am Schalter ihm einen Stift reichte. „Ist doch bescheuert.“, grummelte Grell. „Man brauch für alles, was man macht, ein Formular oder einen Bericht... Demnächst wollen die noch wissen, was man in seiner Freizeit macht...“ Undertaker ignorierte das Gemoser und füllte stillschweigend das Formular aus. Grell schmollte. Es war ihm jetzt doch etwas peinlich, dass er das Formular nicht einfach selbst ausgefüllt hatte. Und das bevor ihm seine Kettensäge weggenommen wurde... Der ältere Shinigami schien sich mit dem Papierkram wohl gut auszukennen und sah anscheinend kein Problem dadrin. Aber Grell war ja mal gespannt, wann ihm seine Kettensäge denn dann genehmigt wurde. Das dauerte sicher noch Wochen oder Monate. Undertaker hatte das Formular ausgefüllt und gab dem anderen Shinigami dankend den Stift zurück, ehe er sich wieder auf den Weg machte. „Warte!“, rief Grell aus und hastete ihm hinterher. „Warum hast du ihm das Formular nicht gegeben?“ „Weil es viel schneller so geht.“, meinte Undertaker und blieb an einer Tür stehen, klopfte. Als ein Herein kam, öffnete er die Tür, ging bis zum Schreibtisch des anwesenden Shinigami, legte ihm das Formular unter die Nase. „Ich bräuchte eine Genehmigung für das hier.“, meinte er und lächelte den Anderen an. „M-Mr. Miller?! Aber natürlich!“, meinte der überrascht und griff nach einem Stempel. Er überflog das Formular nur kurz und drückte ihm dann einen Stempel auf, ehe er seine Unterschrift darunter setzte. „Danke schön.“, meinte Undertaker nur und angelte sich das Formular. Als sie aus dem Büro raus waren, war Grell immer noch ganz verblüfft. „Wie hast du...?“ „Das war ein alter Bekannter von mir. Und es hat schon Vorteile ich zu sein. Alles andere wäre jetzt viel zu zeitaufwendig gewesen.“, meinte Undertaker nur schulternzuckend und gab den Antrag am Verwaltungsschalter ab. Der Shinigami überflog alles und drückte ihm erneut einen Schlüssel in die Hand. Wieder gingen sie zu einem Lagerraum, jedoch nicht zum gleichen wie eben. Undertaker schloss den Spind auf, warf Grell den Schlüssel zu und reichte ihm seine Kettensäge. Grell umarmte und streichelte seine Kettensäge. „Danke!“, sagte er fast schon Tränen gerührt. Wie hatte er seine Kettensäge vermisst. Der Rothaarige schmiss sich auf Undertaker und schlang seine Beine um dessen Hüfte und seine Arme um dessen Hals, die Kettensäge immer noch haltend. Undertaker, der diesen Überfall nicht wirklich erwartet hatte, musste einen Ausfallschritt nach hinten machen, um die Flugkraft und das Gewicht auszubalancieren. Stocksteif stand er da und das Herz schlug ihm bis zum Halse. Grell sog tief den Geruch des Älteren ein und schmiegte seine Nase an dessen Hals. Undertaker zuckte leicht zusammen und schob den Rothaarigen weg. Leise wimmernd ließ Grell von ihm ab und schmollte. „Ich habe noch eine Menge Arbeit zu erledigen.“, meinte Undertaker. „WIR haben noch eine Menge Arbeit zu erledigen!“, korrigierte Grell und schwenkte grinsend seine Kettensäge und lachte. Kapitel 5: Hard Work -------------------- „Mh... Dafür, dass ich dir nur auf die Finger gucken soll, ist das ein ganz schön straffer Zeitplan.“, meinte Undertaker schmunzelnd. „Hä? Du sollst mir auf die Finger gucken? Das hat Will gesagt?“ „Erst mal schon. Ich will nur sehen, wie viel du drauf hast.“ Der Grauhaarige grinste und seine Augen funkelten auf. Schon längst hatte ihn die Vorfreude auf die kommende Arbeit und die Blutlust gepackt. Aber erst einmal musste er nur den stillen Beobachter spielen. Sollte Grell jedoch Hilfe brauchen, würde er mit allergrößtem Vergnügen eingreifen. Der Rothaarige floss dahin. Undertaker sah ja so gut aus. Dieser Ausdruck in seinen Augen... Grell schluckte. Dann riss er sich jedoch zusammen. Der Andere war tabu für ihn. Er war eine ganz andere Liga als William... oder gar Sebastian. Grell war nun mal ein nichts für die Todesgötterwelt. Zumindest sagte William das immer. Und Undertaker war nun mal ein legendärer Todesgott. Grell seufzte und zog einen Schmollmund. „Wie langweilig. Traust du mir denn gar nichts zu? Ich dachte, wir wären sowas wie Partner.“ Aber eigentlich fühlte er sich eher wie der Assistent eines großen Todesgottes. Obwohl Undertaker gesagt hatte, dass Grell erst einmal die Arbeit übernehmen sollte. Undertaker ignorierte Grells Kommentar schlichtweg und sah auf den ersten Namen in der Todesliste. „Wir müssen ins East End.“, meinte er nur knapp. Dorthin wo die meisten schmutzigen Verbrechen geschahen. Der Grauhaarige setzte sich in Bewegung. Grell starrte ihm ein paar Sekunden lang hinterher, sah wie das lange Haar des anderen bei jedem Schritt mitschwang, hörte und sah wie Undertaker sich immer weiter von ihm entfernte. Der Rothaarige seufzte. Undertaker blieb kurz stehen und sah zurück. Grell blinzelte und schüttelte seine Gedanken ab. Er rührte sich endlich. Mit ein paar schnellen Schritten hatte er wieder aufgeholt und lief nun schweigend neben dem anderen Todesgott her. „Ach ja... Wer stirbt eigentlich?“, fiel Grell schließlich ein. Er tappte hier so einfach hinter dem anderen her und hatte eigentlich keine Ahnung, wer wie, wo und wann starb. Undertaker lächelte kühl. „Ich dachte schon, du fragst nie.“, meinte er und warf dem rothaarigen Shinigami das Buch zu. Dieser fing es überrascht auf, ehe er einen Blick riskierte. „Stirbt bei einem Raubüberfall. Todesursache: Mehrere Messerstiche. Erliegt an Organversagen. Und sowas am hellichten Tag? Diese Kriminellen werden echt immer dreister!“, seufzte Grell. Undertaker zückte eine silberne Taschenuhr. „In nicht mal acht Minuten.“, meinte er und beschleunigte seine Schritte etwas. Trotzdem sah er dadurch weder gehetzt aus, noch weniger elegant. Grell tat es ihm gleich. Nach fünf Minuten waren sie da und sahen gerade noch das Ende der Messerstecherei. Blut spritzte nur so umher, der Mann ging zu Boden. Der Täter schob eine goldene Taschenuhr in seine Jackentasche, kniete sich nieder und zog seinem Opfer die Brieftasche aus dem Jackett. Der am Boden liegende zuckte kurz noch. „Tja, hättest du mir deine Uhr überlassen, wärst du jetzt noch am Leben. So verlierst du auch noch dein Portemonnaie und dein Leben. Selbst Schuld.“, meinte der Dieb eiskalt lachend, richtete sich auf und verschwand schnellen Schrittes. Niemand war da, um dem Mann zu helfen. Nicht, dass ihm noch hätte jemand helfen können. Lebenswichtige Organe waren verletzt worden. Nicht mal eine Privatklinik hätte ihm das Leben retten können. Nicht, dass es im East End so etwas gab. Außerdem war hier sowieso jeder auf sich gestellt. Man konnte sehen, wie das Leben diesen Mann verließ. Undertaker wendete den Blick von der Szenerie ab und sah zu Grell. „Dein Job.“ Der Rothaarige nickte. Undertaker ließ das Schicksal dieses Mannes kalt. Ja, es war traurig, dass jeden Tag Menschen unnötig starben, durch die Hand von anderen Menschen, aus Geldgier oder einfach nur um das eigene Überleben verzweifelt abzusichern. Aber leider nun mal kein Ausnahmefall... Grell trat vor. Das Surren der Kettensäge erfüllte die Luft... Es war fast drei Uhr morgens. Grell gähnte. Sein erstes Opfer war das einzige Opfer gewesen, bei dem er eine schöne Show geliefert bekommen hatte. Und das einzige Opfer was über Tag umgebracht worden war. Gegen Abend waren es jedoch nur noch solche oder ähnliche Fälle gewesen. Grell hatte jedoch keine Todesszene wirklich beobachten können, denn sie waren die ganze Zeit nur von einer Ecke zur anderen gelaufen. Sie hatten so viel zu tun gehabt, dass sie immer noch grade so rechtzeitig angekommen waren, um die Seele der toten Person einzusammeln. Eine Pause hatten sie bisher nicht gehabt. Aber es stand noch jemand auf der Liste. Grell seufzte. Seine Konzentration ließ zu wünschen übrig und er sehnte sich in ein warmes Bett. Nicht, dass er so etwas besaß... Wäre Undertaker nicht die ganze Zeit bei ihm gewesen, hätte der Rothaarige sich sicher schon vor Stunden auf eine Wiese gelegt und wäre eingenickt... Grell erzitterte. Ihm war kalt. Er hatte überhaupt keine Lust mehr, aber er riss sich zusammen. „Nur noch einer.“, meinte Undertaker aufmunternd, als Grells Augen schon zuzufallen drohten. Sie standen auf einem Dach. Von hier aus hatten sie eine gute Sicht. Der Grauhaarige deutete nach unten. „Da kommt er schon angerannt.“ Widerwillig öffnete Grell seine Augen wieder und schielte nach unten. Das Opfer wehrte sich, hatte einen starken Lebenswillen. Den galt es jedoch zu brechen. Als er am Boden lag und sich verzweifelt an sein Leben klammerte, schüttelte Grell verständnislos den Kopf und sprang. Er landete mit einem Satz vor der letzten dem Tode geweihten Person auf seiner Liste, schmiss ratternd seine Kettensäge an und zielte. Die Cinematic Records fluteten so schnell aus dem Körper des jungen Mannes, dass Grell ihnen mit seinen Augen kaum folgen konnte, geschweige denn Ausweichen, als ein Angriff erfolgte. Der Rotschopf hielt sich die Wange. „Hey!“, sagte er wütend und versuchte den Erinnerungen des jungen Mannes zu folgen. Er fuchtelte mit seiner Kettensäge rum, demolierte einen Teil der Cinematic Records. Niemand durfte ihn ins Gesicht schlagen und schon gar nicht die sterbende Erinnerung eines Menschens! Er war zu entnervt, um sich eine Strategie auszudenken oder zumindest rational zu handeln. Als sich der Film um Grells Bein schlang und ihn in die Lüfte erhob, erbarmte sich Undertaker. Er wich einem Peitschenhieb der sich wehrenden Erinnerung aus und holte aus. Der Film riss. Grell, der gerade von den Cinematic Records über den Boden geschleift worden war, war befreit und rappelte sich auf. Da hatte Undertaker sich das Leben des Mannes schon angesehen und seine Seele eingesammelt. Grell seufzte. Undertaker war einfach nur attraktiv, wenn er Seelen einsammelte, befand er. Dann schmollte er jedoch. Es war echt blöd, dass er das nicht allein hinbekommen hatte. Undertaker hatte ihm helfen müssen! Grell rieb sich übers Gesicht. „Hätte ich... nicht eingreifen sollen?“, fragte der Grauhaarige. Grell lächelte gequält. „Doch... ähm, danke!“, sagte er schnell. Immerhin hätte das ganze auch richtig schön schiefgehen können! „Ich weiß, dass war ein harter Arbeitstag. Du hättest mir ruhig sagen können, dass du nicht mehr kannst. Konzentration und Wachsamkeit sind die wichtigsten Voraussetzungen für diese Arbeit.“ Grell nickte. Das wusste er ja. Aber er hatte sich nicht vor Undertaker die Blöße geben wollen, denn der grauhaarige Shinigami wirkte auf ihn noch vollkommen leistungsfähig und rein gar nicht müde. Der Rothaarige ließ seine Kettensäge auf den Boden schleifen. Undertaker seufzte. Er sah schon, mit Grell war nichts mehr anzufangen. Verständlich. Er hatte ja auch Arbeit für zwei geleistet. Irgendwo fühlte sich Undertaker dann doch schuldig. Er hätte Grell ruhig das ein oder andere mal unter die Arme greifen können. Denn so war das ganze sicher nicht gedacht gewesen. Undertaker beschloss dem armen Grell seinen wohlverdienten Schlaf zu gönnen. Den Papierkram konnten sie immer noch später erledigen. Der Grauhaarige lächelte. „Lass uns für jetzt erst mal aufhören. Nicht, dass du über den ganzen Formularen und Berichten einschläfst.“ Grell stöhnte. „Die Berichte! Daran hab ich schon gar nicht mehr gedacht!“ Da hatte er sowieso immer öfter mit geschludert. „Schon gut, lass uns das später erledigen.“, sagte Undertaker. „Du hast gute Arbeit geleistet. Aber du solltest manchmal vielleicht lieber erst deinen Kopf benutzen, statt drauf loszustürmen.“, meinte er grinsend. Grell wollte schon protestieren, da sprach Undertaker auch schon weiter. „Aber ich weiß bei weitem nicht, warum William sich so über dich beschwert.“ Grells Herz setzte eine Millisekunde lang aus, ehe es einen freudigen Hüpfer machte. Für einen Moment war selbst seine Müdigkeit verflogen. Am liebsten wäre er diesem Gott um den Hals gefallen. „Heißt das... ich bin doch kein Versager?“, rutschte es Grell schließlich von den Lippen. Undertaker sah ihn an und hob eine Augenbraue. Zwar war Grells Leistung nicht perfekt, aber Versager? Wer hatte ihm denn das eingetrichtert? Er musste wohl mal ein ernstes Wörtchen mit William wechseln. Das sich der Rotschopf dessen Worte so zu Herzen genommen hatte, hatte Undertaker gar nicht gemerkt. Er erinnerte sich noch an die Zeit, in der Grell schon beinahe ein bisschen eingebildet gewesen war, den Dämon angeschmachtet und einfach nur aufgedreht fröhlich gewirkt hatte. Der Grauhaarige schüttelte ohne zu zögern entschieden den Kopf. „Ich wüsste nicht weshalb.“ In dieser Sekunde konnte Grell nicht anders, als Undertaker als das schönste Geschöpf auf Gottes Erden zu betrachten. Nicht, weil er ihm das Gefühl gab, nützlich zu sein, sondern auch, weil dieser eine Satz, dieser eine geradeheraus gesagte Satz, für Undertaker wohl der Wahrheit entsprach. Dieser Mann schien so ehrlich. Nachdem Grell schon so oft angelogen oder beschimpft worden war, brauchte er diese Ehrlichkeit mehr als alles andere und noch viel mehr brauchte er das Gefühl, dass der legendäre Todesgott Undertaker ihn trotz seines aufbrausenden Charakters und seiner Fehler nicht für einen Versager hielt. „Lass uns gehen.“, sagte Undertaker ruhig und Grell riss sich von dessen Lippen los. „Ja... Lass uns gehen...“, flüsterte Grell mehr für sich, wobei er das 'uns' betonte. Es war ihm sogar egal, wohin sie gingen, Hauptsache er war mit Undertaker zusammen. Kapitel 6: Getting closer ------------------------- „Mhmh...“ Als Grell erwachte, fand er sich in einem großen Bett wieder. Hinter den nicht ganz zugezogenen Vorhängen stahl sich ein Sonnenstrahl in den Raum. Der Rothaarige grummelte und blinzelte das Licht weg. Er schmiegte sich in das große Kissen und zog den süßlichen Geruch der Bettwäsche ein. Da er diesen Geruch kannte, erschrak er auch nicht zu sehr, als er sich endlich aufrichtete und feststellte, dass er in einem Schlafzimmer war. Er sah sich um. Das war also Undertakers Schlafzimmer... Schwarze Vorhänge, schwarze Bettwäsche, grauer Boden und weiße Wände, alles sehr schlicht. Grell seufzte aufgrund der verschwommenen Sicht und versuchte seine Brille auszumachen. Er tastete über das Nachtschränkchen und schob sie sich auf die Nase, als er sie zwischen die Finger bekam. Grell konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann er die Brille gestern Abend bzw. heute früh ausgezogen hatte... Und als sein Blick ans Bettende wanderte und er dort seine Schuhe ordentlich hingestellt vorfand, fragte er sich natürlich auch, wann er sich dieser entledigt hatte. Grell versuchte sich zu erinnern. Er erinnerte sich daran, dass er mit zu Undertaker gegangen war und als sie das Bestattungsunternehmen betreten hatte, war Grell schon beinahe im Stehen eingeschlafen. Undertaker hatte ihn vor sich hergeschoben und ihn ins Bett verfrachtet, nachdem Grell schlaftrunken die falsche Tür geöffnet hatte, nämlich eben die des Schlafzimmers. Grell hatte sich frech wie er war quasi aufs Bett fallen lassen. Undertaker musste ihm wohl die Brille und die Schuhe ausgezogen und ihn zugedeckt haben. Grell lächelte. Wann war er jemals so umsorgt worden? Freudig stand er auf, richtete sich die Kleidung und zog sich die Schuhe an, ehe er sich auf die Suche nach dem Hausherren machte. „Underta-“, begann er, als er das Wohnzimmer betrat. Als er jedoch auf dem Sofa einen noch schlafenden gewissen grauhaarigen Shinigami vorfand, brach er abrupt ab. Immerhin wollte er ihn ja nicht wecken. Sein Blick glitt über den Körper des Anderen. Die Decke war schon halb von seinem Körper und der Couch gerutscht. Undertaker lag da, nur in weißen Boxershorts und Unterhemd bekleidet. Seine Beine waren leicht angezogen. Die Schuhe des Shinigamis standen am Fußende des Sofas und seine Kleidung hing ordentlich über der Lehne. Die Augen des Rothaarigen fixierten den nicht von der Decke bedeckten nackten Oberschenkel des Anderen. Grell schluckte und wendete seinen Blick ab. Undertaker würde ihn sicher umbringen, wenn er wüsste, dass Grell ihn so anstarrte. Grell bewegte sich leise näher ans Sofa und kniete sich vor dem Grauhaarigen hin. Undertaker schlief friedlich, seine Gesichtszüge waren entspannt und sanft. Er hatte ein so ebenes Gesicht, was nur durch die Narbe etwas härter wirkte, ihn aber dadurch ganz und gar nicht hässlich erscheinen ließ. Die schönen grünen Augen wurden von geschlossenen Lidern verdeckt und die vollen Lippen waren einen winzigen Spalt geöffnet. Grell konnte ihn leise atmen hören. Die Versuchung, sich weiter vorzubeugen und den grauhaarigen Todesgott einfach zu küssen war enorm groß und Grell konnte sich nur zurückhalten, indem er sich vorstellte, wie heftig Undertaker wohl reagieren würde bzw. könnte, sollte er durch einen Kuss von Grell erwachen. Der Respekt und wahrscheinlich auch die Angst vor einer so mächtigen Legende, ließen Grell den Kuss-Gedanken also schnell verwerfen. Er war ja nicht lebensmüde. Trotzdem war Grells Verlangen zumindest Undertakers Haut einmal zu berühren einfach zu groß und so streckte er eine Hand nach dem Gesicht des Anderen aus. Kurz zögerte er, dann strich er sanft mit drei Fingern über dessen Wange und schließlich zittrig mit dem Zeigefinger die Narbe entlang. Wo Undertaker sie wohl her hatte? Ob er es ihm jemals verraten würde? Undertaker zuckte leicht, seine Augenlider flackerten und seine Augen öffneten sich langsam. Grell erschreckte sich und zog sofort ertappt seine Hand zurück. Schnell richtete er sich auf und stolperte einen Schritt rückwärts. Er hatte es gewusst! Sowas konnte auch nur ihm passieren! Und nur weil er einfach wieder mal zu neugierig und forsch gewesen war! Das würde sicher Ärger geben! Doch Undertaker schien zu Grells Glück noch nicht ganz wach zu sein. Er hatte die Augen nur halb geöffnet und Grell konnte nicht anders, als das einfach nur verführerisch zu finden. Dann dachte er jedoch wieder an seine Übeltat und schluckte trocken. Undertaker setzte sich auf und rieb sich mit dem Handrücken über die Augen. Zwar sah er schon die ganze Zeit in Grells Richtung, jedoch schienen seine Augen sich erst jetzt langsam auf den Anderen zu konzentrieren. Grell konnte nicht anders als inständig zu beten, dass Undertaker nicht wusste, wovon er wach geworden war. Seine Gebete schienen sogar erhört worden zu sein, denn der Grauhaarige verlor kein Wort darüber. „Guten Morgen.“, sagte er stattdessen und räusperte sich. Er strich sich eine störende Haarsträhne hinters Ohr. „M-morgen!“, stotterte Grell etwas geschockt und peinlich berührt zugleich. Dann erinnerte er sich daran, in welchem unbekleideten Zustand Undertaker doch war und schaute schnell zur Seite. So bekam er auch nicht mit, wie Undertaker kurz überlegte. Nein, das hatte er sich nur eingebildet... Der Grauhaarige schüttelte den Kopf. Im Aufstehen angelte er sich seine Brille vom Couchtisch und setzte sie sich auf die Nase. Endlich sah er klar! „Du kannst ruhig schon mal in die Küche gehen.“, meinte Undertaker und griff nach seinen Anziehsachen. Dankbar nahm Grell diesen Vorschlag an und rettete sich in besagte Küche. Als er die Tür hinter sich schloss, atmete er erleichtert auf. Der Rothaarige ging zum Waschbecken und klatschte sich erst mal eine ordentliche Ladung Wasser ins Gesicht, um das unangenehme, aufgewühlte Gefühl in seinem Innern zu besänftigen. Was war nur los mit ihm? Klar, dass er auf attraktive Männer stand, aber das er Undertaker gleich so verfallen war? Das war ihm ja noch nicht mal bei Sebastian passiert und von dem hatte er eigentlich gedacht, dass er ihn liebte. Grell schüttelte den Kopf. Wie oberflächlich war er eigentlich gewesen, sich das einzureden? Als ob er diesen Dämon jemals geliebt hätte. Klar, Sebastian sah gut aus und hatte auch so einige Tricks auf Lager. Aber das war's dann auch schon. Der Andere war eine wandelnde Eismaschine. Mal davon abgesehen wie er sich gegenüber seinem Herrn und Meister, dem dummen Kind, benahm. Grell musste unweigerlich wieder an den Mann denken, der ihn im Moment in den Bann zog. Undertaker war wie er ein Shinigami, aber das hieß noch lange nicht, dass er bei ihm eine Chance hatte. Grell bewunderte ihn viel zu sehr und hatte eher das Gefühl, dass er ihm niemals das Wasser reichen können würde. Was wahrscheinlich zum Teil auch Williams Schuld war, der ihm ständig einredete wie nutzlos Grell doch war und wie mächtig Undertaker. Der Rothaarige seufzte und ließ sich auf einen Küchenstuhl nieder. Die Tür ging auf und ein angezogener John Miller betrat den Raum. An den Namen konnte sich Grell nun wirklich nicht gewöhnen, bisher hatten alle immer von Undertaker gesprochen und auch er hatte automatisch Undertaker zu ihm gesagt. Na ja, groß zu stören schien es den Anderen nicht, immerhin hatte er sich noch nicht bei ihm beschwert. Wobei ihm doch glatt etwas einfiel. „Darf ich dich mal was fragen?“ Grell sah auf die Tischplatte. Undertaker schmunzelte. „War das grade keine Frage gewesen?“, meinte er und der Rothaarige musste lächeln. Undertaker grinste. „Was hast du auf dem Herzen?“, fragte er. „Wenn John Miller dein richtiger Name ist, wozu dann Undertaker?“, kam es schließlich von Grell. War er zu dreist? „Mh...“, machte Undertaker. Es war keine schwierige Frage, aber er überlegte, wie er es am besten ausdrücken könnte. „Ich bin in den Ruhestand getreten. Niemand sollte wissen, dass ich ein Shinigami bin. Ich wollte ein neues Leben anfangen, mein altes Leben hinter mit lassen, eine ganz andere Person sein... Mein Name erinnert zu sehr an mein altes Leben und womit schließt man am besten einen Lebensabschnitt ab? Mit äußerlichen und innerlichen Veränderungen und natürlich einem neuen Namen.“, meinte er schließlich. Grell hörte ihm fasziniert zu. Noch nie hatte Undertaker so viel am Stück gesprochen! Und ehrlich gesagt, hatte ihn diese Frage wirklich brennend interessiert. Ihm lag schon wieder eine neue auf der Zunge und ehe er nachdenken konnte, hatte er sie auch schon gestellt. „Wieso wolltest du dein altes Leben hinter dir lassen?“, fragte Grell verwirrt. Wozu, wenn der andere doch ein legendärer Todesgott gewesen war? „Entschuldige, du musst auf diese dreiste Frage nicht antworten, wenn du nicht willst!“, meinte der Rothaarige schnell, als einige Sekunden ohne Antwort vergangen waren. Zwar war er darüber schon etwas enttäuscht, aber er konnte auch verstehen, dass Undertaker einem Grünschnabel wie ihm nicht gleich sein ganzes Leben erzählen wollte! Undertaker lächelte. „Schon gut.“, meinte er, nahm sich aber die Freiheit nicht zu antworten. Stattdessen führte er die vorherige Frage etwas aus. „Halt mich ruhig für verrückt, aber ich war schon immer interessiert an allem rund um das Thema Tod... Aber ich glaube, das muss wohl jeder Shinigami sein.“ Der Grauhaarige setzte einen Kessel Wasser auf. „Deswegen bin ich unter anderem Bestatter geworden...“ Unter Anderem. Es gab viele Gründe, warum er ausgerechnet Bestatter geworden war. „Aber das langweilt dich sicher.“ Grell schüttelte den Kopf, doch Undertaker setzte seine Erzählung nicht weiter fort. Grell verstand. Da war wieder etwas, das Undertaker nicht so einfach erzählen wollte. „Frühstück?“, fragte der legendäre Todesgott und Grell nickte. Kapitel 7: Getting closer 2 --------------------------- Nach dem Frühstück machten sich die beiden Shinigami frisch gestärkt auf den Weg- immerhin galt es ja noch einige Berichte zu schreiben. Als sie das Geschäft verließen, fiel Grell ein Schild an der Tür auf. „Auf unbestimmte Zeit geschlossen?“, las er leise. Er riss die Augen auf. „Was? Aber wieso das denn?!“ Das ging doch gar nicht! Wer sollte denn jetzt die Toten herrichten? Grell wüsste beim besten Willen nicht, wo in London noch ein Bestattungsunternehmen aufzufinden wäre. Undertaker schmunzelte. „Du bist ja gut. Ich kann mich doch nicht zwei teilen. Entweder Bestatter oder Shinigami.“, meinte er. Zwar konnte er nur schwer von dem Bestatterleben loslassen, aber es ging nicht anders. Als Todesgott war man von morgens bis nachts unterwegs und irgendwann musste man ja auch mal schlafen. Er wusste nicht mal, ob oder wann er jemals wieder als Bestatter tätig sein konnte, denn dafür müsste er ja wieder aufhören als Todesgott zu arbeiten. Grell sagte nichts. Natürlich war ihm das auch klar. Aber so richtig nachgedacht hatte er darüber bisher nicht. „Ist das denn okay für dich?“ Undertaker zuckte mit den Schultern. „Ich weiß noch nicht.“ Er lächelte. „Na ja, es ist wenigstens mal was anderes.“ Dabei dachte er an seine neue Aufgabe, bzw. seinen Partner. Er würde jedenfalls das Beste daraus machen, denn er wusste, dass die Zusammenarbeit nur von kurzer Dauer war. Immerhin waren sie beide vollwertige Shinigami. Undertaker sollte Grell nur wieder ein bisschen auf die richtige Bahn lenken. Danach mussten die beide wieder getrennte Wege gehen. Zumindest nicht mehr zusammen arbeiten. Shinigami arbeiteten nämlich- sofern sie nicht noch in der Ausbildung waren- grundsätzlich allein. Undertaker seufzte leise. Wahrscheinlich war er danach wieder allein. So wie sonst auch. Das Leben eines Todesgottes war einsam, denn sie waren dazu verdammt alleine zu sein. Zwar hatte das Undertaker bisher auch nicht unbedingt gestört, aber jetzt wo er sich schon fast an die aufgedrehte Gesellschaft gewöhnt hatte... Der Grauhaarige lächelte leicht und strich sich eine Haarsträhne aus den Augen. Grell sah zu dem mächtigen Shinigami. Was würde er nur dafür geben, zu wissen, was der Andere dachte... Als sie in der Bibliothek eintrafen, war es halb neun. Das hieß: Am besten schon mal alle Berichte vom Vortag schreiben, damit sie das am Ende dieses Arbeitstages nicht auch noch nachholen mussten. Da es so viel Papierkram war, half Undertaker mit. Grell konnte nicht anders als alle paar Minuten loszujammern, wie langweilig das doch wäre, aber Undertaker ignorierte die Beschwerden einfach oder schüttelte grinsend den Kopf, als Grell ausführte, dass er viel lieber Blut spritzen sah, statt Tinte auf Papier. Zu zweit schafften sie es dann tatsächlich den Berg Arbeit in überschaubarer Zeit zu bewältigen und gingen dann in Richtung Bibliothek, um sich ihre neuen Todeskandidaten abzuholen. Als sie durch die Tür kamen, konnte Grell die Blicke spüren, die auf ihnen lagen. Klar, bisher hatte niemand bis auf eine Hand voll Verwaltungsleuten und William gewusst, dass Undertaker wieder im Dienst war und natürlich noch viel weniger, dass er Grells Partner war. Der Rothaarige war wirklich froh, als sie aus der Bibliothek raus waren und ihre Arbeit aufnehmen konnten, denn er hatte schon die bösen Blicke bemerkt, die eindeutig auf ihn gelegen hatten und die mitleidigen, die Undertaker zugedacht gewesen waren. Auch hatte er ein paar getuschelte, fiese Kommentare gehört. Warum die anderen so eine schlechte Meinung von ihm hatte, wusste er. Er war nun mal anders als sie. Und er war gerne so! Aber er dachte auch nicht grade anders von jedem einzelnen von ihnen. Alles nur Langweiler! Grell sah zu Undertaker. Ob es ihm etwas ausmachte, dass er sich mit Grell rumschlagen musste? Undertaker schaute Grell von der Seite an. Es war nicht so, als hätte er nicht mitbekommen, wie unbeliebt Grell war. Aber der Rothaarige ließ sich von sowas hoffentlich nicht beeinflussen. Undertaker dachte an William. Wahrscheinlich machte es Grell doch etwas aus. Der Grauhaarige rang sich ein kleines Lächeln ab. „Bin ich froh, dass du so eine angenehme Persönlichkeit bist, mit William würde ich es keine Stunde aushalten.“, grinste er. Grell sah ihn überrascht an. „Dabei redet er nur in den höchsten Tönen von dir.“ Undertaker zuckte mit den Schultern. „Ich kann Schleimer nicht leiden, außerdem finde ich sein ganzes Regelgehabe einfach nur nervig.“ Der Rothaarige grinste fröhlich. „Da hat William mir ja gerade den richtigen Partner zugeteilt.“, meinte er, denn ihm ging es da genauso. Undertaker sah ihn daraufhin nur amüsiert an und sie begaben sich an die Arbeit. Wenn es etwas knapp mit der Zeit wurde, dann teilten sie sich auf, ansonsten überließ Undertaker Grell das Seelen einsammeln. Als es Nacht wurde, saßen die beiden auf einem Dach und warteten auf ihren letzten Todeskandidaten. Da es schon spät war und sie nur rumsaßen, wurde Grell langsam schläfrig und er fing an zu frieren. Er sah prüfend zu seinem Arbeitskollegen. Der hatte seinen Blick in weite Ferne gerichtet. Grell lächelte anschmachtend, zog seinen Mantel enger und lehnte sich etwas an den Anderen. Undertaker sah zwar kurz in seine Richtung, lächelte jedoch leicht, als er die Wärme spürte. Der Rothaarige atmete auf. Er hatte irgendwie so eine Reaktion á la Sebastian oder William erwartet. Das wäre er gewohnt gewesen. Aber Undertaker war ja keiner der beiden. Der Rothaarige schmiegte sich etwas mehr an den anderen Shinigami und legte seinen Kopf auf dessen Schulter ab. Leise seufzend schloss er die Augen. „Fall mir ja nicht runter.“, meinte Undertaker leise, aber auch eher spaßend. Grell grinste. „Dann musst du mich aber festhalten.“, gab er leicht flirtend zurück und machte einen Augenaufschlag. „Mh...“, machte Undertaker bloß und legte einen Arm auf Grells Rücken, die Hand auf dessen Hüfte. Der Rothaarige riss überrascht die Augen auf und sein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Er hätte nie gedacht, dass Undertaker darauf eingehen würde. Umso mehr freute es ihn! Flüchtig und etwas unsicher sah er zu ihm. Ob er das ganze noch etwas weitertreiben konnte? Aber er wollte diesen Moment nicht kaputtmachen... Trotzdem war sein Mund mal wieder schneller als sein Kopf. „Das nennst du festhalten?“, fragte er provozierend, spürte wie der Griff des Anderen fester wurde. Der Rothaarige erschauderte und fasste nach Undertakers Hand, löste sie sanft und schob sie langsam über seinen Bauch bis hin zu seiner anderen Hüfte, so dass Undertaker seinen Arm nun ganz um Grell geschlungen hatte. Der grauhaarige Shinigami gab es amüsiertes Geräusch von sich, grinste leicht und drückte Grell sanft an sich. Grell hingegen schmolz praktisch dahin. Immer noch hatte er seine Hand auf der Hand des Undertakers liegen und seinen Arm auf dessen Arm, aber er machte auch keine Anstalten ihn wegzunehmen. Stattdessen schloss er die Augen und genoss das Gefühl der Wärme und Geborgenheit. Als er aufwachte, hörte er in der Ferne einen Hund bellen. Sofort war er hellwach. Undertaker sah auf seine Uhr. „Gut, dass müsste unser Letzter sein.“, flüsterte er und sah zu Grell, der ihn ebenfalls ansah. Der Rothaarige seufzte und räkelte sich leicht in Undertakers Arm. Er gähnte etwas, doch dann grinste er. „Klingt gut.“ Undertaker löste sich langsam von Grell, was diesen enttäuscht schmollen ließ. Aber er wusste ja auch, dass es sein musste. „Lass mich das erledigen.“, meinte der legendäre Todesgott und richtete sich auf. Er warf noch einmal kurz einen Blick auf die Uhr, sah wie sein nächstes Opfer um die Ecke kam. Man hörte einen Knall. Der Junge ging zu Boden und bewegte sich nicht mehr, eine Blutlache bildete sich unter ihm. Undertaker hüpfte vom Dach und landete leichtfüßig vor ihm. Er drehte den Jungen auf den Rücken, legte eine Hand auf dessen Schulter und flüsterte ihm etwas zu, was Grell von oben aus nicht verstehen konnte. Der Grauhaarige schlug seine Todessense in den Brustkorb des Jungen und die Cinematic Records zeigten sich. Grell rechnete schon erwartungsvoll mit einem Kampf, immerhin war das noch ein Junge, bestimmt hatte er einen großen Lebenswillen, doch es geschah nichts dergleichen. Ruhig lief der Film des Jungen ab. Der Junge hatte sich mit dem Tod abgefunden. Genau so ruhig sammelte Undertaker nun seine Seele ein. Grell landete neben dem anderen Shinigami. „Wie hast du das gemacht?“, fragte er. Undertaker lächelte kalt. „Das bleibt mein Geheimnis.“, meinte er und legte einen Zeigefinger auf seinen Mund. „Lass uns schnell den Papierkram erledigen, ich freu mich schon auf mein Bett.“ Grell grinste, als er an den Vortag denken musste. „Wenn ich es dir überlasse.“, sagte er frech, woraufhin Undertaker nur einen amüsierten Ton von sich gab. Da es so spät war, war kaum noch jemand in der Bibliothek. Sie setzten sich sofort an die Berichte und Undertaker glaubte in nicht mal zwei Stunden wieder in seinem Bett liegen zu können. Da hatte er seine Rechnung jedoch ohne Grell gemacht, der immer wieder anfing sich über Berichteschreiben aufzuregen und keine Lust auf Papierkram hatte. Der Grauhaarige seufzte. „Ich hab darauf genauso wenig Lust. Komm schon, nicht jammern, sondern arbeiten, umso schneller haben wir es hinter uns.“ „Das glaubst auch nur du.“, meinte Grell schmollend, hielt für ein paar Minuten den Mund, fing dann aber wieder an sich zu beschweren. „Grell!“ Undertaker hatte nun wirklich keine Lust sich das Gejammer noch weiter anzuhören. Der Rothaarige hielt kurz inne. Sein Name aus Undertakers Mund... Er seufzte. „Ist doch wahr. Ist doch tierisch langweilig.“ Undertaker stand ruckartig auf und stand plötzlich vor ihm. Noch ehe Grell reagieren konnte, wurde er am Arm gepackt und gegen die Wand befördert. Das alles war so unglaublich schnell gegangen, dass Grell noch gar nicht ganz realisiert hatte, was überhaupt los war, da hatte Undertaker schon seine Hände links und rechts von seinem Kopf abgestützt und sich ihm genähert. Als er Undertaker in die Augen sah, war sein einziger Gedanke, dass der Andere ihn doch küssen sollte. Er wurde jedoch erst mal enttäuscht, als Undertaker erneut sprach. „Hab ich dir nicht gesagt, du sollst den Mund halten?“, fragte er ruhig. Wenigstens schien er nicht verärgert zu sein... Grell versuchte sein bis zum Hals klopfendes Herz zu beruhigen. Kein Wutausbruch und auch kein Kuss. Leider... „Wieso sorgst du dann nicht dafür, dass ich meinen Mund halte?“, fragte Grell provokant und gleichzeitig verführerisch. Er konnte es ja doch nicht lassen in jeder sich ihm ergebenen Situation zu flirten. Der Rothaarige sah Undertaker auf die Lippen und warf ihm einen vielsagenden Blick zu. Mit allem hatte er gerechnet. Mit allem. Nur nicht damit, dass Undertaker sich zu ihm beugte und sanft mit seinen Lippen Grells Lippen berührte. Grell stand so unter Schock, dass er erst mal gar nichts machte. Sein Herz sprang gerade Trampolin und er bekam weiche Knie. War das hier real? Sicher lag er noch im Bett und träumte... Egal! Und wenn es nur ein Traum war! Dann konnte er doch... Doch als er erwidern wollte, verschwanden die so von ihm heiß begehrten Lippen plötzlich. Undertaker drückte sich von der Wand ab und richtete sich auf. Grells Knie gaben nach und er ließ sich langsam zu Boden gleiten. Da saß er nun auf seinem Hintern, mit weit aufgerissenen Augen und den Fingern an seinen Lippen. Noch nie hatte ihn jemand von sich aus geküsst! Normalerweise war er immer derjenige, der sich anderen aufdrängte. Grell schluckte. „Alles in Ordnung?“, hörte er Undertakers Stimme, die auf einmal so schrecklich weit weg klang. Er nickte nur. Dann dachte er an die wunderschönen grünen Augen, die ihn verzaubert hatten und die federleichte Berührung, die ihn so unmittelbar aus den Latschen gehauen hatte und er befand, dass kein Zungenkuss der Welt, nicht mal einer mit Sebastian ihn so hätte umhauen können. „Dann lass uns weiter arbeiten.“, hörte er Undertaker sagen. Wieder nickte Grell und Undertaker setzte sich zurück an den Schreibtisch. „Mit so einem guten Ergebnis hab ich nun wirklich nicht gerechnet.“, murmelte er erstaunt. Grell bekam das schon gar nicht mit. Er erhob sich zitternd, setzte sich auf seinen Platz und fing stillschweigend an zu arbeiten. Eine volle Stunde lang hörte man nichts mehr von ihm. Kapitel 8: Special Mission -------------------------- Undertaker schlug die Augen auf. Und sah direkt in das friedlich schlafende Gesicht eines gewissen Rotschopfes. Ein seeliges Lächeln lag auf dessen Lippen. Was er wohl träumte? Leise richtete Undertaker sich auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Seufzend schüttelte er den Kopf, als er an die Nacht zurückdachte. Manchmal fragte er sich, was dieses fröhliche Energiebündel für ein Spielchen mit ihm trieb. Und dann wiederum fragte er sich, warum er sich darauf einließ. Jetzt hatte ihn Grell schon so weit gebracht ihn zu küssen. Und noch viel schlimmer: Nicht, dass der Rotschopf ihm gesagt hätte, dass man ihn mit einem Kuss zum Schweigen bringen könnte- nun gut, er hatte es angedeutet... Aber Undertaker ertappte sich jetzt im Nachhinein, dass sein Blick, noch während der Andere geredet hatte, auf dessen Lippen gefallen war und auf dessen spitzen Zähnchen, die bei dem Grinsen seines Gegenübers zur Schau gestellt wurden. Grells ausgesprochene Provokation hatte ihn schon etwas gereizt auf sein Spielchen einzugehen. Und so hatte er nicht viel überlegt. Eine Berührung der Lippen, was war das schon? Wenn er Grell damit gab, was er wollte und der andere dann leise weiterarbeiten konnte. Als Grell sich jedoch einfach auf den Boden plumpsen lassen und so geschockt ausgesehen hatte, da hatte es Undertaker schon fast leidgetan. Vielleicht war er zu weit gegangen und Grell wollte wirklich nur spielen. Vielleicht hatte er Spaß am Flirten, wollte aber eigentlich gar nicht, dass es ernst wurde. Undertaker fragte sich schon, was über ihn gekommen war und ob er den Rothaarigen damit verschreckt hatte. Diese Bedenken hatten sich aber nicht wenig später in Luft aufgelöst. Nämlich als Grell ihm nach der Arbeit einfach ins Schlafzimmer gefolgt war. Etwas zu schamlos für Undertakers Geschmack- gut, vielleicht war er etwas bieder, schließlich war er ein Gentleman vom alten Kaliber- hatte Grell sich die Klamotten abgestreift. Undertaker hatte es dabei belassen, sich mit dem Rücken zu dem Anderen zu drehen und ungelenk seine Kleidung abzulegen und ordentlich über das Bettende zu hängen. Als er sich, nur noch in Boxershorts und Unterhemd bekleidet, wieder rumdrehte, um sich ins Bett zu legen, wartete jedoch eine Überraschung auf ihn. Grell hatte ebenfalls seine Kleidung ausgezogen und stand da, gekleidet nur in einem engen Höschen- und Höschen war schon großzügig an Stoff bemessen- und einem sehr kurzem Nachthemd aus rotem, durchsichtigem Stoff. Ohne etwas dagegen tun zu können, hatte Undertaker ihn angestarrt. Grells Brustwarzen schimmerten durch den Stoff hindurch und auch der Inhalt seiner Hose ließ nicht wirklich viel Fantasie zu. Undertaker war etwas baff über Grells Aufzug, schluckte und hob eine Augenbraue an. „Schläfst du immer in so 'nem Fummel?“ Er stellte sich das ganz schön ungemütlich vor. Aber es zeigte, was Grell hatte. Undertaker gab zu, Grell war ein attraktiver Mann. Aber wieso der Andere auf Damenreizwäsche stand, war ihm schleierhaft. „Wieso? Gefalle ich dir so etwa nicht?“, fragte Grell enttäuscht und zog einen Schmollmund. Etwas verzweifelt zuckte Undertaker mit den Schultern. Auf den Körper des Anderen hatte er bisher nicht geachtet. Hatte er auch nicht wirklich für nötig gehalten. Grell war ja nun mal auch ein Mann wie er, da konnte er noch so viel Frauenbekleidung anziehen. Auch wenn es irgendwie auch so seinen gewissen Reiz hatte. Der Grauhaarige seufzte, ehe er leicht lächelte. „Mich musst du so nicht beeindrucken. Ich finde deinen Anzug auch recht ansehnlich.“ Grell klimperte mit den Wimpern und grinste. „Heißt das, du stehst drauf?“ „Na ja... Ich würde ihn auch anziehen, wenn rot zu mir passen würde. Aber das ist nun mal wirklich deine Farbe, das muss nicht erst ausdiskutiert werden.“, meinte Undertaker und setzte sich aufs Bett, legte seine Brille auf den Nachttisch. Hinter sich hörte er Grell genervt seufzen. Wahrscheinlich hatte er etwas anderes hören wollen. Undertaker legte sich hin und deckte sich zu. Grell schnaubte. „Ich rede nicht vom Anzug, verdammt, ich rede von mir! Findest du mich attraktiv?“, brach es schließlich aus ihm heraus. „Natürlich bist du attraktiv. Aber was tut das zur Sache? Ist Aussehen für dich so wichtig?“, gab der Grauhaarige zurück und hielt sich die Hand vor den Mund, als er gähnen musste. Ihm gefiel das Thema ihrer Unterhaltung rein gar nicht. Ehrlich gesagt, hatte er auch keine Lust mehr darüber weiter nachzudenken und so schloss er die Augen. Nach einigen Sekunden merkte er, wie das Bett sich leicht senkte und plötzlich spürte er warmen Atem im Gesicht. Leise grummelnd öffnete Undertaker seine Augen wieder und sah in Grells Gesicht. Der Andere hatte sich einfach auch auf die Seite neben ihm gelegt und war so dicht zu ihm gerückt, dass ihre Nasen sich beinahe berührten. Undertaker sah Grell in die Augen. „Also wenn du mir so nah bist, kann ich nun wirklich nicht schlafen.“, meinte er grinsend. Grell lachte. Undertaker seufzte, als Grell ihm nur erwartungsvoll in die Augen sah. Er hatte grade nicht wirklich Lust auf Spielchen. Es war mitten in der Nacht und wenn sie aufstanden, wartete viel Arbeit auf sie. „Gute Nacht.“, sagte der Grauhaarige schließlich, legte die Decke über Grell und drehte sich mit dem Rücken zu ihm. Grell machte einen Protestlaut. „Man, du bist echt kalt!“, jammerte er, aber Undertaker ignorierte es einfach. Grell erwachte langsam und streckte sich erst mal ausgiebig. Danach sah er neben sich. Undertaker war anscheinend schon auf. Der Rothaarige seufzte. Undertaker war echt kein einfacher Mann. Zwar ging er meistens auf seine Flirtereien ein, ihn um den Finger zu wickeln, war jedoch trotzdem keine leichte Angelegenheit. Grell stand auf und fischte nach seiner Kleidung. Vielleicht war das aber auch besser so gewesen. Er sollte nicht gleich alles überstürzen, immerhin waren sie ja grade mal seit ein paar Tagen Partner. Und um zu sich selbst ehrlich zu sein, er war gestern auch müde gewesen und eigentlich hätte er auch gar nicht gewusst, wie er hätte reagieren sollen, wenn Undertaker auf ihn eingegangen wäre. Sein primäres Ziel war erst einmal nur, dass Undertaker sich in ihn verliebte. Der Rothaarige überlegte. Dafür ging er die Sache wahrscheinlich ein wenig zu direkt an... Was hatte Undertaker noch mal gesagt? Er fand ihn attraktiv. Das war zwar nicht ganz das, was Grell hatte hören wollen, aber schon mal ein guter Anfang. Aber wahrscheinlich musste er den grauhaarigen Todesgott eher mit seinem Charakter beeindrucken als mit seinem Körper überzeugen. Wenn er das wusste, dann war er doch schon ein ganzes Stück weiter. „Oh man, was für ein tiefgründiger Mann...“ Aber vielleicht mochte er ihn gerade deswegen. Nachdem Grell angezogen war und sich gewaschen hatte, begab er sich in die Küche. Dort fand er auch Undertaker, der gedankenverloren am Tisch saß, eine Tasse Tee vor sich gestellt. „Guten Morgen~“, flötete Grell fröhlich. Undertaker sah auf und Grell war sich sicher, dass er kurz gelächelt hatte. „Guten Morgen.“, gab der Grauhaarige zurück. „Es ist noch heißes Wasser im Kessel, falls du einen Tee möchtest.“, meinte er. Grell schmunzelte. „Habe ich überhaupt noch Zeit für Tee? Wieso hast du mich nicht geweckt? Es ist doch schon so spät.“ Undertaker lächelte. „Du hast so friedlich geschlafen, da wollte ich dich nicht stören... Außerdem war William hier, während du geschlafen hast. Wir haben heute nicht allzu viel zu tun, dafür aber einen Spezialauftrag.“, informierte er seinen Partner. „Einen Spezialauftrag?!“ Sofort war Grell hellhörig. Er grinste. „Na endlich mal etwas Action.“, meinte er. Aber Undertaker schien das wohl nicht so zu sehen. Der Grauhaarige legte seine Hände nachdenklich zusammen. „Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll.“, murmelte er. „Und noch viel weniger, was du davon halten wirst...“ „Was ist das denn für ein Auftrag?“, fragte Grell schließlich nach. Was spannte ihn der Andere so auf die Folter? Spezialaufträge waren doch sicher spannender als das alltägliche Einsammeln von Seelen. Undertaker seufzte. „Wir werden dem Earl Phantomhive und seinem dämonischen Butler einen Besuch abstatten müssen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)