Die Höhle von GeZ ================================================================================ "Und, was ist? Traust du dich nicht?" fragte sie mit einem hämischen Grinsen. Da brach die Erkenntnis über mich. Wie ich sie doch hasste, vor allen dieses fiese, herausfordernde Lächeln. Warum nur hatte ich mich überreden lassen. Warum nur hatte ich nicht von Anfang an NEIN gesagt? Der Eingang zur Höhle klaffte wie ein finsteres Loch vor mir auf. Vielleicht sollte ich es doch lieber lassen? Kalter Schweiß trat mir aus allen Poren. "Was ist denn nun? Soll ich hier Wurzeln schlagen, oder was?" Unverkennbar - sie wurde langsam sauer. Welche zehn Pferde hatten mich auch geritten, vor ihr zu prahlen, ich hätte vor Nichts Angst? Ich habe da einen gewissen Grundsatz, was Gruben, Höhlen, Bergwerke, Grotten und Ähnliches angeht: Ich will erst unter die Erde, wenn ich tot bin! Vor diesem Tor in eine, wie mir schien, Hölle, kamen Visionen vom lebendig Begrabensein in meinen unruhigen Geist. "Ich dachte du hast keine Angst?" stellte sie schon beinah spöttisch fest. Und dann ungeduldiger "Hol mir doch bitte endlich meinen Schlüssel." Ich nahm mir vor, meinem kleinen Bruder gründlich die Leviten zu lesen, wenn ich aus der Sache heil rauskäme. Schließlich war dieses Ass für meinen Schlamassel mitverantwortlich, da er ihren Schlüssel in die Höhle geworfen und sich dann davongemacht hatte. Und sie hatte ihre guten Schuhe an, weshalb sie nicht in "diese eklige, dunkle Höhle" gehen konnte. Sie schien zu ahnen, dass ich Angst hatte, denn als sie mich bat, den Schlüssel aus der Höhle zu holen, muss ich wohl ganz blass geworden sein, so schnell pochte mein armes Herz auf einmal. Und dann hatte sie mich mit ihrem hämischen Grinsen, das ich so an ihr hasse, gefragt, ob ich mich nicht trauen würde. Irgendwie brachte ich ein zittriges "Du hast den Schlüssel gleich wieder." raus, bevor ich meinen ganzen Mut zusammen nahm und mich von der Dunkelheit verschlucken ließ... Mein Herz begann noch schneller zu schlagen und mein Hemd klebte schweißgetränkt an meiner Haut. Immer wieder musste ich Nein, Nein, Nein denken, doch ich wusste es gab kein zurück. Ein Zucken durchfuhr meinen Köper, von dem ich nicht sagen konnte, ob es von der Kälte der Höhle oder wohl doch eher von meiner Angst herrührte. Und wieder schlug mein Herz schneller, sodass es mir fast weh tat. Es wurde immer dunkler um mich herum, je tiefer ich in das finstre Felsengrab ging. Meine Beine wurden wacklig, als ob sie aus Pudding bestünden. Einen unsicheren Schritt nach dem anderen setzend tastete ich mich in die ungewisse Finsternis vor und rutschte prompt auf dem glatten Felsengrund aus. Mit einem dumpfen Geräusch landete ich unsanft auf meinem Hintern. Etwas Gutes hatte das Ganze - ich war nun mit einem Mal so wütend, dass ich meine Angst vergaß. Ich setzte mich in die Hocke und breitete meine Arme um mich aus. Hier muss der verdammte Schlüssel ja irgendwo sein, dachte ich mir, während meine Hände über den Steinboden glitten. Plötzlich hörte ich einen merkwürdigen Laut, der wie Meeresrauschen an mein Ohr drang. Ich erstarrte und horchte, es schien Stunden zu dauern bis das Wellenspiel nachließ. Meine Wut verrauchte so rasch, wie sie gekommen war und ich bekam es wieder mit der Angst zu tun, als das Geräusch eines fernen Donners einsetzte. Und wieder schlug mein Herz so schnell, dass ich meinte, es könne jeden Augenblick in tausende Teile zerbersten. Mir wurde in einem letzten klaren Augenblick bewusst, dass ich kurz davor war, in Panik zu verfallen und ich versuchte mich mit aller Macht dagegen zu wehren, indem mich zum ruhigen Atmen zwang und mir ständig sagte, es gäbe nichts in dieser furchtbaren Höhle, das zum Fürchten wäre. Doch als das infernalische Piepen begann, verlor ich alle Beherrschung und rannte schreiend auf den Höhlenausgang zu... Völlig aufgelöst und wirres Zeug redend kam ich bei ihr an. Sie schaute nur verwundert auf mich, als ob sie mich nicht verstünde. Ich packte sie am Arm und schleifte sie hinter mir her. Erst vor ihrer Haustür wagte ich es, eine Atempause einzulegen. "Mensch, was ist denn mit dir los?" fragte sie mich besorgt. Unter erschöpftem Keuchen erzählte ich ihr von den unheimlichen Geräuschen. Ich hasse sie. Ich hasse sie wirklich. Schmerzvoll klingt ihr heiseres Lachen noch heute in meinen Ohren nach. Verständnislos blickte ich sie an, als sie auf meinen Bericht in Lachen ausbrach. "Oh Mann, du bist echt blöd." kicherte sie und konnte sich kaum noch einkriegen. Dann erzählte sie, dass sie meinen Sturz gehört und sich erkundigt hatte, ob es mir gut ginge, was ich als Meeresrauschen wahrnahm. Als sie keine Antwort erhielt, wollte sie mir die Suche vereinfachen. Ihr Schüssel, teilte sie mir mit, habe so ein komisches Ding, das piepen würde, wenn man in die Hände klatschte. Nun konnte ich mir auch den Donner und den hohen Ton erklären. Ich fragte sie, was denn jetzt mit dem Schlüssel wäre. Sie zuckte die Schultern und meinte, sie würde ihn schon finden. Ich erinnerte sie daran, dass sie doch ihre guten Schuhe anhätte. Sie drehte mir den Rücken zu und sagte nichts. Mir wurde klar, dass ich mich entschuldigen musste. Ich hatte gelogen. Ich hatte ihr nicht helfen können. Bevor ich dazu kam, blickte sie mich über ihre Schulter an und schenkte mir ein erstes, liebevolles Lächeln. "Danke, dass du versucht hast, für mich deine nicht vorhandene Angst zu überwinden.", sagte sie und ging Richtung Höhle. Eigentlich mag ich sie doch ganz gern. Und irgendwann werden wir vielleicht eine Höhlenwanderung zusammen machen... Nur anlügen sollte ich sie nie mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)