Chroniken des gefallenen Engels von uron (Der Exodus) ================================================================================ Kapitel 1: I. Kapitel - Erinnerungen (1. Teil) ---------------------------------------------- I. KAPITEL - Erinnerungen Gierig zog das reptilienartige Raubtier seine Beute aus dem Sand. Ab und zu blieben nach den häufigen Sandstürmen Kadaver von unglückseligen Kreaturen, die es nicht geschafft hatten rechtzeitig Schutz zu finden, im Wüstensand übrig. Heute hatte das Untier Glück. Der etwa menschengroße Körper würde es zumindest ein paar Tage sättigen und ihm Kraft für die Jagd geben. Prüfend schnupperte das Wesen an dem Leichnam, um so festzustellen, ob sein Futter womöglich erkrankt und schließlich verendet war oder ob es tatsächlich einfach nur vom Sand erstickt worden war. Doch die Kreatur roch nichts dergleichen. Die Gier nach frischem Fleisch wurde immer größer und Speichel tropfte aus dem Maul des Jägers, welches so groß war, dass es mühelos ein komplettes Schwein hätte verschlingen können. Doch die Gier machte den Räuber blind für andere Gefahren. Langsam schlich sich eine zweite Bestie in seinem Rücken an und war nur noch wenige Meter entfernt. Die gelben Augen mit dem schlangenartigen schwarzen Strichen auf den unvorsichtigen Artgenossen und nicht auf dessen Beute gerichtet. Vorsichtig setzte sie einen klauenbewehrten Fuß nach dem anderen auf den heißen Wüstensand, der nahezu widerstandslos nachgab, und die Kreatur einen halben Fuß tief einsinken ließ. Der Neuankömmling bewegte sich fast völlig geräuschlos und schien ein weitaus erfahrener Jäger als die aufgeregte erste Kreatur zu sein. Doch dann drehte der Wind. Erschrocken schreckte die erste Bestie auf, als sie den Geruch des Artgenossen aufsog. Sprungartig wand es sich dem Neuankömmling zu und stellte sich schützend vor seine Beute. Wenn es ihm das Fleisch streitig machen wollte, würde es mit ihm darum kämpfen müssen. Trotz des verlorenen Überraschungsmomentes blieb der erfahrenere Jäger vollkommen ruhig, die gelben Augen nicht von dem Gegner abgewandt, während dieser laut zu zischen und zu fauchen begann. Keinen Lidschlag später griff das unerfahrene Tier an. Mit weit aufgerissenem Maul stürmte es auf den Kontrahenten los und gab so einen Blick auf die eindrucksvollen Reißzähne frei. Noch immer regte sich die andere Kreatur nicht, denn sein Herr, welcher in dem ledernen Sattel auf seinen Rücken saß befahl es ihm nicht. Erst als der anstürmende Gegner die beiden fast erreicht hatte, ließ er sein Tier mit einem kurzen Sprung zu Seite ausweichen. Der Reiter zog unvermittelt einem im Sonnenlicht glänzenden Gegenstand über die Flanke des unerfahrenen Raubtiers. Sofort trat dunkelrotes Blut aus der langen Schnittwunde und floss in langen Strömen über die beigefarbene Schuppenhaut der Bestie. Ein schriller Schmerzschrei ertönte und der Reiter wusste, dass er dem Gegner einen vernichtenden Schlag zugefügt hatte. Würde die Kreatur nicht in diesem Kampf umkommen, so würden sie schließlich der Blutverlust und die Gluthitze der Wüste niederstrecken. Der Kampf war somit entschieden, auch wenn das verwundete Scheusal nicht daran dachte aufzugeben. Ohnmächtig vor Wut und Schmerz griff es immer wieder und wieder an, ohne dabei auf seine Verletzung zu achten, aus der unentwegt roter Lebenssaft quoll und den trockenen Wüstenboden tränkte. Der Reiter selbst startete nicht eine einzige weitere Attacke. Er ließ sein Reittier stets ausweichen, so dass all die Angriffe des Feindes ins Leere gingen. Bereits nach wenigen Sekunden war der einst weiße Wüstensand blutig rot und vollkommen aufgewühlt. Das verwundete Biest konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und keuchte schmerzerfüllt. Zeit für den Gnadenstoß. Entschied der Reiter schließlich. Er ließ seine Kreatur langsam antraben, hob seinen Säbel kampfbereit und hielt genau auf das verwundete Scheusal zu. Als der Angriff erfolgte, war der verwundete Feind unfähig sich zu wehren. Sauber durchtrennte der Stahl die Nackenwirbel des Tieres, was daraufhin vollends erschlaffte und tot zu Boden ging. Der Berittene entfernte sich ein Stück von dem besiegten Feind und umrundete den Kadaver. Erst nach dem etwas Zeit verstrichen und sich der Besiegte nicht mehr gerührt hatte, näherte er sich wieder dem Leichnam. Jetzt wo er sich sicher war, dass die Kreatur sich in Folge eines letzten unerwarteten Kraftschubes erheben würde, stieg er von seinem Reittier ab, um mit den Vorbereitungen zum Abtransport des Fleisches zu beginnen. In einer lebensfeindlichen Region wie der Wüste von Iriniham war jede Nahrung kostbar und durfte nicht verschwendet werden. Aus den Satteltaschen des exotischen Reitsitzes nahm er lange Seile und wickelte diese um die vorderen Beine des toten Biests. Sein eigener Begleiter spähte derweil aufmerksam in die Gegend um nicht selbst Opfer eines plötzlich auftauchenden Feindes zu werden. Doch die einzigen, die sich langsam aber sicher näherten, waren die am Himmel kreisenden Geier, die ebenso wie der Reiter um die Kostbarkeit von Nahrung in dieser Region wussten. Plötzlich gab das Reittier des Mannes einen schrillen Schrei von sich, was den Mann unverzüglich den Säbel aus der Scheide an seinem Gürtel ziehen ließ. Mit raschen Schritten begab er sich zu seiner Kreatur und tätschelte lobend dessen Seite. Allein würde er nicht lange hier draußen überleben, das wusste er. Ohne die extrem scharfen Sinne seines Gefährten, würde er von den zahllosen Räubern der Wüste einfach aus dem Hinterhalt angegriffen und getötet werden, so wie all die Unvorsichtigen, die sich nicht auf den Rücken einer solchen Bestie wagten. „Gutes Asza!“, beruhigte er die Kreatur, die daraufhin ein leises Geräusch von sich gab, das entfernt an ein Klicken erinnerte. „Was hast du gesehen mein Freund?“ Als ob das Wesen genau wusste, was sein Herr ihn fragte, setzte es sich langsam in Bewegung. Der Mann folgte dem Tier, auf dessen Sinne er sich stets verlassen konnte, die Waffe dabei stets kampfbereit in der Hand. Was hatte den Asza in Aufruhr versetzt? Normalerweise konnten nichts und niemand seinen langjährigen Begleiter aus der Ruhe bringen. Viel zu lange hatte er es für den Kampf und das Überleben in der Wüste abgerichtet. Es konnte also nur etwas sein, das der Kreatur gänzlich unbekannt war. Schließlich blieb das Asza stehen und senkte den großen Reptilienkopf in den Wüstensand, ehe es aufgeregt im Kreis um etwas herum lief. Der Reiter zog eine Augenbraue nach oben. Ein so seltsames Benehmen hatte er noch nie bei einem Asza beobachtet. Die Neugier packte ihn. Was auch immer die Kreatur gefunden hatte, es musste äußerst interessant sein. Vorsichtig näherte er sich der Stelle, die von seinem Reittier so interessiert umrundet wurde. Was er sah enttäuschte ihn ein wenig. Das Asza hatte lediglich den Leichnam eines Mannes gefunden, dessen zerschlissene Kleidung darauf vermuten ließ, dass er schon einige Zeit durch die Wüste gewandert war. Erst als er genauer hinsah, fielen ihm zahlreiche Besonderheiten auf. Vorsichtig kniete er sich neben den Toten. Mit den Fingern fuhr er prüfend über den Stoff des Mantels. Dieses Material war ihm fremd. Um was auch immer es sich handelte es stammte nicht aus den Weberein, wie er sie kannte. Es war weich und besonders fein gearbeitet. So etwas konnte man aus den Fällen der hiesigen Tiere nicht herstellen. Als nächstes betrachtete er das Gesicht des Fremden. Unter der angetrockneten Sandkruste schimmerte helleweiße Haut. Kein Mensch, der hier in der Wüste lebte hatte eine derartige Hautfarbe. Die meisten hatten einen bräunlichen oder fast schon schwarzen Teint. Als er mit den Fingern die Kruste aufbrach, konnte er zahlreiche Narben auf dem Gesicht des Mannes ausmachen, es handelte sich also womöglich um einen Kämpfer. Seine Waffe musste er vermutlich in einem Sandsturm verloren haben. Das war wohl sein Todesurteil. Ohne eine Waffe, waren die Überlebenschancen hier draußen äußerst gering. Manchmal war eine Waffe sogar mehr wert als ein Wasserschlauch. Kopfschüttelnd erhob sich der Reiter wieder. Auch wenn der Fremde zu Lebzeiten äußerst interessant gewesen wäre und ihm sicher zahlreiche Geschichten hätte erzählen können, tot war er wertlos. Die einstige Neugier wurde zu Frustration. Nie würde er erfahren, wer der Fremde war, wo er herkam und was er hier suchte. „Komm Skarr!“, rief er sein Asza, was ungehorsam bei dem Leichnam verharrte und wieder aufgeregte Geräusche von sich gab. Erkannte das Biest mehr als er? Noch einmal wand er sich um. Der Reiter staunte nicht schlecht, als der vermeintliche Tote plötzlich ein Geräusch von sich gab. Es war nicht mehr als ein leises gequältes Keuchen, das genau so von einem Sterbenden stammen konnte, doch noch lebte der Fremde. Grund genug, um sein Überleben zu kämpfen. Die Neugier des Reiters flammte erneut auf. Rasch griff er in die Satteltaschen seines Reittiers und nach wenigen Augenblicken hielt er einen Wasserschlauch in der Hand den er behutsam an die Lippen des Fremden setzte. Er musste aufpassen, zu viel Wasser könnte ihn in dieser Situation sogar töten. Nach dem der Unbekannte notdürftig versorgt worden war, wurde der schlaffe Körper vorsichtig auf den Rücken des Asza gehievt, ehe der Reiter selbst aufsetzte. Er ließ sein Reittier noch einmal zum Kadaver des erschlagenen Aszas traben, über den sich bereits die ersten hungrigen Geier hermachten. Mit lauten Rufen und dem Fauchen seines Begleiters konnten die Aasfresser jedoch mühelos verscheucht werden. Skarrs Kopf senkte sich zu Boden und die starken Kiefer schlossen sich um Seile an denen die Vorderbeine der toten Bestie gebunden waren. Mit einem sanften Stoß in die Flanken des Aszas signalisierte der Reiter seinem Tier, dass es in einen schnellen Lauf verfallen sollte. Und Skarr gehorchte. Unerwartet schnell rannte es trotz der zusätzlichen Last seiner Beute los und warf den Sand um sich herum meterweit hoch. Eine gigantische Staubwolke entstand und der Reiter zog seinen Mundschutz weiter nach oben. Mit etwas Glück würde er schon heute Abend mehr über den Fremden in Erfahrung bringen können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)