Ich schulde dir ein Liebeslied von Ange_de_la_Mort (Axel/Demyx, Demyx/Xigbar) ================================================================================ Ich schulde dir ein Liebeslied ------------------------------ Finger. Schlank und feingliedrig. Die Finger eines Musikers. Sanft, streichelnd, beinahe sehnsüchtig glitten sie über die Seiten der Sitar, welche in seinem Schoße ruhte. Das Lied war melancholisch, voller Trauer und Unsicherheit. Es mischte sich mit den Tönen des Windes und den Klängen des Regens, die es hinaus in die Welt trugen, deren ewige Dunkelheit sie in jeder Sekunde ihrer Existenz begleitete. Dieser musikalische Hilferuf sollte nicht ungehört bleiben. Langam erklomm Axel die vielen Treppenstufen zum Dach und trat ins Freie, wobei sein Haar, das normalerweise wie Feuer leuchtete, durch die herabstürzende Armee an Wassertropfen sehr schnell aus ihrer gewohnten Form gebracht wurde und schließlich nass in seine Stirn und Augen hing. Als er schließlch daran dachte, seine Kapuze aufzusetzen, war es also bereits zu spät, um seine Frisur zu retten. Normalerweise hätte ihn das missmutig gestimmt, denn er tat viel dafür, dass seine Haare immer perfekt saßen, denn er war sicher, dass ein gepflegtes Äußeres auch einem Niemand nicht schaden konnte. In diesem Moment jedoch ... da war es ihm egal. Er spürte, dass etwas mit Demyx nicht in Ordnung war, dass der Musiker sich über irgendetwas den Kopf zerbrach und dafür eine Lungenentzündung in Kauf nahm. Wobei man sich wieder fragen musste, ob Demyx überhaupt krank werden konnte ... Bei seinem Element. Hm. Das wäre es wert, es einmal auszuprobieren. Doch nicht jetzt. "Du hast dir einen wundervollen Tag zum Spielen ausgesucht", kommentierte er sarkastisch, als er sich auf dem Boden neben dem anderen niederließ. "Oder hat dein Katzenjammer uns etwa diesen Regen beschert? Vielleicht solltest du zu den Indianern gehen und als Medizinmann Regentänze vollführen." Er lachte über seinen eigenen Witz, seufzte dann allerdings, als er die kummervolle Trauermiene sah, die Demyx aufgesetzt hatte. "Was ist? Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen?" Es dauerte ein paar Augenblicke, bis Demyx antwortete; seine Finger unterbrachen ihr Spiel dabei nicht. "Ich glaube, ich bin unglücklich", waren seine Worte. Axel nickte verstehend über diese Wortwahl. Er glaubte. Er wusste es nicht. Nicht bestimmt. Wie sollte er auch? Als Niemand konnte man nie mit Sicherheit sagen, was und ob man überhaupt fühlte. Schließlich hatten sie keine Herzen mehr und nur die Hülle, ihr Körper, war zurückgeblieben. Manchmal konnte sich Axel überhaupt nicht mehr daran erinnern, wie es war, als der pochende Muskel in seiner Brust seinen Körper mit Blut versorgt und - durch seinen ganz eigenen Rhythmus - seine Emotionen unterstrichen hatte. Manchmal sehnte sich Axel nach dieser Zeit. Daran, wie er weinen und lachen konnte, ohne dass es aufgesetzt wirkte, wie er hassen konnte, wenn er es wollte. Und natürlich daran, wie die eiskalte Hitze der Liebe mit ihrer starken Hand sein Herz oftmals umfasst hatte. Aber jetzt war nicht Zeit für Sentimentalitäten. "Was ist los?" "Er ist nicht hier." Er ... Axel lächelte schwach. "Xigbar wird bald zurück sein." Demyx' Augen weiteten sich und er sah Axel mit einem erschrockenen Blick an. "Woher weißt du, dass ich ihn meine?" Das war doch einfach. Dass Demyx auf Xigbar stand, war nicht gerade ein Geheimnis unter den Mitgliedern der Organisation. Die einzigen, die davon nichts zu wissen schienen, waren ausgerechnet Xigbar und Demyx. "Intuition", log er aus Höflichkeit. Der Musiker nickte und nahm die Melodie, die er für einen kurzen Schreckmoment unterbrochen hatte, wieder auf. "Es wäre schön gewesen ..." "Was?" "Wenn er hier gewesen wäre. Vorhin. Als ich von meiner Mission zurückgekommen bin." Ah. Darum ging es also. Demyx hatte sich in er Unterwelt nicht gerade mit Ruhm bekleckert und war nun auf der Suche nach jemandem, der ihn trösten könnte. "Willst du mir nicht erzählen, was passiert ist?" "Du wirst nur lachen." "Werde ich nicht. Versprochen." Und schließlich erzählte Demyx ihm, was ihm in Hades' Reich widerfahren war: Er war auf diese Mission geschickt worden, um dem Herren der Unterwelt sein Herz zu stehlen - immer vorausgesetzt, Hades besaß überhaupt ein Herz. Natürlich hatte es sich so ergeben, dass der Schlüsselträger ebenfalls in die Unterwelt aufgebrochen war ... und Sora hatte nicht gerade viel davon gehalten, dass Demyx in den Olymp geschlichen war und den Stein gestohlen hatte, der Soras Freund Herkules gehörte. Den Rest konnte man sich denken. Demyx kam, wurde gesehen, und kroch mit versohltem Hintern ins Schloss zurück. Hier sollte man wahrscheinlich einen Witz darüber machen, wie leichtgläubig Sora war, wie schnell er 'Freunde' fand, und wie groß die Wahrscheinlichkeit war, dass er irgendwann einmal an die falschen Leute geriet; an Leute, die ihm nur Schaden zufügen wollten, an Leute wie die Organisation. Doch es war keinem von ihnen nach Witzen zumute, als das nasse Wasser in ihre Krägen lief und sie bis auf die Knochen durchnässte. "Ich habe versagt", hauchte der Musiker und ließ den Kopf hängen. Axels Finger fanden Demyx' Schulter. "Es ist nicht deine Schuld", sagte er leise. "Und wessen Schuld ist es dann?" "Niemandes Schuld." "Sehr lustig." Demyx schüttelte den Kopf und schob Axels Hand von sich. "Ich meine es ernst. Du bist nicht schwach. Nicht unkräftig. Aber jetzt, da Sora seine gesamte Stärke wiedergefunden hat, ist es wohl nicht einfach, ihn zu besiegen ..." "Ja ... Jetzt, da Roxas sein Herz zurück hat ..." Er brach ab und warf Axel einen entschuldigenden Blick zu. "Tut mir leid", sagte er leise, "ich weiß, dass es für dich schwer sein muss, schließlich wart ihr beste Freunde." Axel zuckte mit den Schultern. "Ich werde es überleben. Ich hab ja nicht das Herz, um deswegen traurig zu sein." Natürlich war das Lüge. Natürlich zerfraß es Axels Innerstes, wenn er daran dachte, dass derjenige, dessen Gesellschaft ihn davon abgehalten hatte, die Organisation schon vor langer Zeit zu verlassen, gegangen war. Doch jetzt ... gab es einen anderen, der ihn hier hielt. Sein Blick wanderte nach rechts zu Demyx' unglücklichem Gesicht. Dummerweise wollte derjenige nicht ihn, sondern einen anderen. Das Leben war unfair, und die herzlose Existenz war die Hölle. Zumindest, wenn er sich danach sehnte, zu lieben und geliebt zu werden. Inzwischen liefen Tränen über Demyx' Wangen und er ließ die Sitar verschwinden. Sie löste sich in einer Vielzahl von Wasserblasen auf. "Wenn man traurig ist, dann manchmal tröstet man einen doch", sagte der Musiker mit tränenerstickter Stimme, ohne auf seine Grammatik und seinen Satzbau zu achten, was Axel doch ein amüsiertes Lächeln entlockte. "Soll ich dich trösten?", fragte Axel mit einem undefinierbaren Unterton in der Stimme. "Und wie willst du das tun?" Er hatte da seine ganz eigenen Methoden ... Vorsichtig strich er Demyx durch das nasse Haar und beugte sich zu ihm, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Lass uns erst einmal ein Glas trinken gehen. Dann sieht die Welt schon ganz anders aus", versprach er und erhob sich, streckte Demyx die Hand und einen metaphorischen Strohhalm hin, an dem er sich festklammern konnte. Trösten konnte er ihn sogar. Fröhlich wurde Demyx für eine kurze Zeit, denn aus einem Glas wurden zwei, aus zweien drei - und aus dreien viele mehr. Doch er fragte nicht nach, was der Kuss zu bedeuten hatte. Er nahm es wohl nicht einmal war, dass Axels Finger über seinen Rücken strichen und dessen Augen über Demyx' nasses, an seinem Körper klebendes Shirt. Seine Gedanken und seine Worte waren immer nur bei Xigbar; dabei, wie er ihn hoffentlich mitfühlend in den Arm nahm und ihm gut zuredete. Axel seufzte leise, während er nur lächelte und dem Musiker zuhörte, während seine Finger über den Rand seines eigenen Drinks strichen und während er seine Zuneigung zu Demyx langsam einschläferte. Das Herz hatte er und gleichsam die Hoffnung verloren, diese innere Leere durch etwas, durch jemanden zu füllen. Aber was für ein Freund wäre er gewesen, wenn er sein eigenes Glück über das eines Freundes gestellt hätte? Und so hörte er zu und half und schwieg, wenn es angemessen war, und freute sich, als Demyx und Xigbar zueinander fanden. Für ihn jedoch ... und das wusste er ... für ihn gäbe es von nun an nichts, was ihn noch in der Organisation halten würde. Und dabei hätte er sich nur einmal gewünscht, dass ein Liebeslied erklang, das nur für ihn gespielt wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)