Ajax - Victis Romanis von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Kapitel 7 Atlantis, Lantea, Jumper-Haupthangar über dem Kontrollturm (neunzehn Stunden bis Eintreffen von BC-304 USS Daedalus) Die vier Menschen, zwei Erdlinge und zwei Antikerinnen, trafen sich im Hangar, direkt hinter Jumper 14. Es war ein Kuriosum, wie der Name zustande gekommen war: Eigentlich wäre diese Maschine Jumper 13 gewesen, doch weil es sehr viele abergläubische und demnach auch der Zahl 13 nicht sehr angetane Leute in der Expedition gab, war Jumper 13 kurzerhand zu Jumper 14 geworden. Die Zählung ging weiter bis zu Jumper 25 – obwohl nur 24 vorhanden waren. „Also, mit wem haben wir das Vergnügen?“, fragte eine der beiden Antikerinnen, Optia Éva, Abteilung Spezialoperationen der Bodentruppen der Ajax, wenn Chuck sich richtig erinnerte. „Private Second Class Jonathan Hancock, Madam.“, antwortete der Soldat. Bei Chuck klingelte es: Die US Marines hatten einen der jüngsten Lieutenant Generals, die es momentan auf der Welt gab – Albert Hancock. Als der junge Soldat nach Atlantis gekommen war, hatte die Gerüchteküche dahingehend gegen ihn gebrodelt, dass sein Vater bei der Versetzung seine Finger im Spiel gehabt hatte. Daddy hätte wohl viel machen müssen, wäre der Junge nicht ein natürlicher Träger des ATA-Gens – des 'Ancient Technology Activators' – gewesen, zwar nicht so stark wie Sheppard, aber auch nicht so schwach wie der leider verblichene Doktor Beckett. Und „Der Junge hat verdammt viel Mumm!“, hatte Cadman ihre Entscheidung begründet, ihn mit zuschicken. Die beiden Antikerinnen waren recht schweigsam. Nach der kleinen Besprechung war Chuck sich umziehen gegangen und hatte auch sonst auch beim warten auf Hancock waren sie recht ruhig gewesen. Keine Fröttzeleien, kein Gerede, nichts. Die Begrüßung des Privates waren gerade die ersten Worte gewesen, seit der Besprechung gewesen, die Chuck von einer der beiden gehört hatte. „Wer hat das Kommando?“, fragte Éva und sah sich um. Die Antikerin neben ihr kam nicht in Frage, wenn der Kanadier sie richtig verstanden hatte, dann war Éva Lieutenant und die andere 'nur' Sergeant, wie er. „Hab nicht viel Erfahrung mit Torreisen.“, gab er aber trotzdem mit einem verlegenem Kratzen am Hinterkopf zu. „Seit drei Wochen in Atlantis, Madam, und dazu noch einfacher Soldat.“, antwortete Hancock und hielt sich weiter gerade wie der Atlantis-Kontrollturm. Die vergleichsweise jung aussehende Frau zog die Augenbraue hoch, frei nach dem Motto 'Und das ganze bleibt mal wieder an mir kleben...' „Dann werde ich das wohl machen. Einwände?“ Alle schüttelten den Kopf. „Also, alles einsteigen!“ Die Reise dauerte nicht sehr lange, obwohl die beiden Erdlinge schon ganz hippelig, es war schließlich ihre erste Jumperreise und das zweite mal durchs Tor. Vielleicht fühlte es sich genau so an, wenn man wusste, dass man gleich in seine subatomaren Einzelteile zerlegt, quer durch die Galaxis geschickt, gekaut, verdaut, ausgekotzt, zusammen gewischt und wieder neu geflickt zu werden. Das tolle war jedoch, dass das ganze innerhalb weniger Sekunden passierte! Bevor sie realisierten 'Aha, wir sind drin' kamen sie auch schon wieder raus – nur, dass die Umgebung sich so sehr von der Lanteas unterschied wie ein Apfel von einer Ananas. Abgestorbene Bäume ragten hoch und mahnend wie die Panzersperren und Rommelspargel an den Stränden der Normandie aus der Erde, der Himmel war dunkel wie bei einem schweren Sturm. Nirgends das kleinste Anzeichen von Leben, doch trotzdem flog die Pilotin, Immuna Atalánte, unbeirrt weiter, über abgestorbene Wälder und verwaiste Täler. Chuck und Hancock dachten sich, dass so vielleicht einmal die Erde aussehen würde, wenn sich die Menschen gegenseitig vernichteten – tot, wüst, leer. Einer der Biologen hatte Hancock aus Zufall, wegen einer Nichtigkeit, an seinem dritten Tag gesagt „Egal wo man ist, ob in der kältesten Eiswüste oder im heißesten Vulkan – man findet immer Leben. Man muss nur wissen wo und wie man danach suchen muss...“ Der Mann sollte recht behalten. Sie flogen gerade über die Ruinen einer Großstadt, die durch heftiges orbitales Waffenfeuer zerstört wurde, als sie hart Backbord wendeten und eine gigantische, vollkommen intakte Festung in Sicht kam. Sie war schlicht gigantisch, thronte auf einem Hügel und überblickte die komplette Ebene, wo einst eine Stadt mit Millionen und Abermillionen von Einwohnern gelebt haben mussten. Wie auf Kommando zuckte ein Blitz in einen der Türme und erhellte die Anlage – die komplett aus dunklem, fast schwarzen Stein gebaut schien. „Ich hab ein ganz mieses Gefühl...“, gab Éva von sich und befahl: „Laut den Aufzeichnungen soll es irgendwo innerhalb dieser Wehranlage einen Landeplatz geben – suchen und landen!“ „Jawohl.“, bestätigte die Pilotin und ließ den Jumper nach rechts abfallen. Das HUD aktivierte sich und zeigte die optimale Flugroute zu der kleinen Landeplattform, die sich zwischen mehreren Türmen in einen kleinen Hof schlängelte. Da die Jumper Senkrechtstarter waren, war es ein leichtes zwischen den vier begrenzenden Wehrtürmen und der Mauer zu landen. Hätten wir eine Black Hawk, dachte sich Chuck, könnten wir das richtig machen... „Sir?“, fragte Hancock von hinten, „Kommt es ihnen auch komisch vor, dass wir bisher keine Anzeichen von Leben gefunden haben, ob intelligent oder nicht?“ „Er hat recht.“, meinte Éva, „Keine Lichter in den Fenstern, keine Wachen auf den Mauern, noch nicht mal Fahnen sind aufgezogen!“ „Sie scheinen eine klare Vorstellung davon zu haben, wie eine Burg auszusehen hat.“, witzelte Chuck, was ihm nur einen sauren Blick seitens Atalánte einbrachte, die sich sofort wieder auf ihre Arbeit konzentrierte. „Wir haben auf unserer Odyssee mehrere mittelalterliche Gesellschaften gesehen, einige friedlich, andere weniger. Einige haben sogar sehr großen Gefallen an uns gefunden...“, antwortete die Optia, worauf die Pilotin sehr errötete und irgendwas von „Wen interessieren denn noch diese alten Geschichten?!“ murmelte. Die beidem Erdlinge versuchten ein Lachen mehr oder weniger zu unterdrücken, Éva hielt sich wacker beim Grinsen auf. „Wir sind da!“, meinte die Pilotin und setzte auf – etwas heftig, was wohl Absicht war, um sich leicht an ihnen zu rächen. „Ich lasse das Shuttle auf Stand By, dann können wir notfalls schnell abhauen.“ „Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt. Private, sie haben das Schnellfeuergewehr, sie sind der erste, er Sergeant und ich kommen nach, dann Atalánte.“ Alle nickten, der Marine ging nach hinten und lud das große Maschinengewehr noch einmal durch. „Bereit.“, sagte er. Sein erster Pegasus-Einsatz, und gleich sowas..., dachte der Kanadier hinter ihm, der seine M-16 in die Schulter presste aber nach unten hielt, bevor ihm klar wurde, dass es ihm eigentlich genauso ging. Éva drehte sich um und nickte der Pilotin zu, die die Rampe am Ende des kleinen Fahrzeugs sinken ließ. Sofort stürzte der Marine vor, ging in die Hocke und sah an beiden Seiten des Jumpers vorbei. „Gesichert!“, meldete er, als er wieder auf die Ausstiegsluke zu kam. „Hier ist so viel los wie in einer texanischen Salatbar...“ Der Rest der Gruppe verließ das kleine Gefährt. „Wir sollten uns hier mal umsehen. Sergeant, sie kommen mit mir, Private, Immuna Atalánte, sie beide zusammen. Kontakt alle zehn Minuten. Los!“, kommandierte Éva und sie machten auf den Weg. Der Gang lag dunkel vor ihnen, doch Hancock hielt sein MG weiterhin im Anschlag, die taktische Lampe spendete Licht. Neben ihm ging 'seine' Antikerin, auch sie hatte eine Art Gewehr in der Hand, doch ohne taktische Lampe. Die roh beschlagenen Steine waren schienen feucht zu sein, sie reflektierten das Licht der bedächtig hin und her wandernden Lampe. Beide waren sie nervös, und wenn sie ehrlich waren, zuckten sie bei jedem Blitz und jedem zu lauten Schritt zusammen. „Sie machen das wohl zum ersten Mal, Private.“, meinte Atalánte in die Stille, mehr geflüstert, als gesprochen, aber dennoch verständlich. „Nennen sie mich John, und ja, das ist das erste mal, dass ich auf einem anderen Planeten durch eine komplett leere mittelalterliche Festung laufe, Immuna.“, antwortete dieser in eben dieser Lautstärke und tat noch zwei Schritte vor. „Ata. Atalánte ist einfach zu lang für den praktischen Feldeinsatz. Auch mein erstes mal einer solchen Operation!“, flüsterte sie zurück. Der Marine hob die Faust. „Was?“ „Stopp!“ Die Antikerin blickte ihn verwirrt an, schaltete dann aber. Normalerweise verwendeten die Elite-Bodentruppen eines größeren Kreuzers – und das gehörten die Typ-5er zweifellos dazu – eine Art Kampfrüstung, zu der auch ein halb geschlossener Helm gehörte, der mit einem Kommunikationsgerät ausgestattet war. Diese Helme waren alle an die Landungstruppen auf Victis Romanis ausgegeben worden – weder Éva noch Atalánte hatten einen. Dieser Befehl zum Stoppen wäre bei ihnen über die Funkgeräte gelaufen, nicht über simple Handzeichen. Der Soldat neben ihr setzte kurz dazu an mit der Hand zu fuchteln, ließ es dann aber sein. „Biegung vor uns, sie sind direkt hinter mir, okay?“, fragte er und zielte mit seinem Schnellfeuergewehr auf den Punkt. „Ja.“ Atalánte wusste zwar nicht, was 'okay' bedeutete, aber es war relativ irrelevant. Sie pirschte einfach vor, sich der Tatsache bewusst, dass der Mann vor ihr sie innerhalb von Sekunden mit seinem Schnellfeuergewehr in Stücke schießen konnte. Etwa einen halben Meter vor der Biegung blieb sie stehen und sah zu dem Marine – er schaltete die Lampe an seiner Waffe aus und kam zu ihr, stellte sich vor sie, immer noch der Wand zugewandt. Dann hörte sie ihn nur zwei Worte murmeln, deren Bedeutung sie nicht verstand: „Let`s rock!“ Dann preschte er vor, mit aufflammender taktischen Lampe und dem angelegten Schnellfeuergewehr, den ganzen Gang vor ihnen ausleuchtend und nach Feinden suchend. Doch er fand niemanden. „Gesichert!“, meinte er mit einem Seitenblick zu ihr. „Texanische Salatbar, sagte ich doch!“ Die Antikerin sah ihn nur mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Was ist bitte eine 'texanische Salatbar'?“, fragte sie verwirrt. Er benutzte den Ausdruck schon zum zweiten mal, beim ersten mal hatte sie schlicht keine Gelegenheit gehabt, ihn zu fragen. „Ähm, das ist ein Ausdruck um zu verdeutlichen, dass an einem Ort nichts los ist – in jedem Sinne.“ Er stotterte sich nichts zusammen, das musste man ihm lassen, aber er wirkte mit seiner Aussage auch nicht sonderlich sicher. „Wir sollten vielleicht unsere Vorgesetzten verständigen...“, meinte er noch, bevor er nach dem Funkgerät an seiner Weste langte und anfing: „Sergeant, hier Hancock, wir haben eine Abzweigung nach rechts genommen, bisher kein Kontakt mit irgendwem!“ „Danke, Private, wir ebenso wenig. Nächster Kontakt in fünfzehn Minuten. Suchen sie weiter diese ZPMs!“, befahl der Kanadier via Funk. Seine Stimme klang nervös. Offenbar schlug ihm die nicht vorhandene Action gegen das Gemüt – und Hancock passierte das selbe. Er war noch aus seiner 'Feld-Zeit' im Irak Action gewohnt, zumindest bis er versetzt wurde und bald meinte, dass er seine Kameraden zurück und im Stich gelassen hatte, als er die tiefsten Abgründe der Hölle im Mittleren Osten verlassen hatte. „Verstanden, Sir. Hancock Ende.“, bestätigte er und wandte sich wieder der Antikerin zu. Doch sie beachtete ihn nicht, eher etwas hinter ihm – auch er drehte sich um und blickte in die Fratze eines Skelett-Kopfes – mitsamt den restlichen Knochen. Déjà-vu, schoss es ihm durch den Kopf und neben ihm stand nicht mehr Immuna Atalánte vom Antikerkreuzer Ajax sondern Corporal Elisabeth Johnson, er trug keine M-249 SAW sondern das M-16 und er war gekleidet in Wüstentarn – der Irak hatte ihn. Die Lehmhütte, in dem sie beide, er und Elisabeth, die zwei Wochen später mit einem Lungenschuss und dem Purple Heart nach Hause geflogen worden war, ihre erste Leiche gesehen hatten, auch wenn er schon nur noch ein Skelett war. Es war nichts, worauf er stolz gewesen war, er hatte sich sogar ein paar Tage später vorgenommen, mit seinem Vater darüber zu reden – doch Lieutenant General Albert Hancock war während seiner kompletten Zeit im Irak unabkömmlich gewesen und auch nachdem er zu einem kleinen Gespräch mit einem Major General Jack O`Neill von der Air Force gebeten worden war, hatte er den General – seinen Vater – nicht erreichen können. Der Kolben eines Gewehrs stieß leicht gegen seine Schulter, Hancock wurde aus seinen Gedanken gerissen. Er war wieder in der Pegasus-Galaxie, 3,3 Millionen Lichtjahre vom Irak entfernt. „Sie waren wie weg getreten, John. War was?“, fragte die Soldatin besorgt. Bei den Antiker-Bodentruppen gab es eine goldene Regel: Erst das Schiff, dann der Mann neben dir und wenn dann noch Platz ist du selbst. Wer nicht danach lebte, starb. Und der Erdling, so komisch er auch sprach und so manches mal aberwitzig vorging war doch der Mann neben ihr. Sie wusste irgendwie – vielleicht aus Blauäugigkeit, vielleicht aus Vertrauen oder auch aus einem unbestimmten Gefühl, dass es ihm ebenso ging. Sie zuckte zusammen, als er sie an stupste. „Jetzt waren sie wie weg getreten, Ata. Lassen wir es bei einem Patt bleiben?“, fragte er und grinste sie an, wie nur ein Soldat einen anderen angrinsen konnte – immer auf der Hut, immer in Bereitschaft. „Ja.“ Auch sie lächelte ihren Kontrapart an und sah ein weiteres Mal zu dem Skelett. „Er scheint uns beide ziemlich aus der Fassung gebracht zu haben...“ „Sie.“ Die Antikerin blickte ihn verwirrt an, er erwiderte. „Er war mal eine Sie. Erkennt man am Beckenknochen, der männliche ist nämlich viel enger.“ „Woher wissen sie das?“ „Ich hatte mal ne Freundin, die war Medizin-Studentin. Ein sehr nettes Mädchen.“ Mit einem ziemlich süffisantem Grinsen sah er wieder runter auf das Skelett, wo ihm plötzlich etwas ins Auge sprang – eine Art Buch. Schnell hob er es auf und schlug es auf. Eine Menge Leere zierte die letzten Seiten, die der Marine im Licht seiner abmontierten taktischen Lampe besah, doch dann stieß er auf einen Vermerk etwa hundertfünfzig Seiten vor dem Schluss. Geschrieben in ihnen beiden unbekannten Symbolen stand gab es auf dieser Seite mehrere Textpassagen, die wie hin gekritzelt aussahen. Je weiter sie vor blätterten, desto ordentlicher wurde die Schrift. „Wir nehmen es für die Archäologen mit.“, beschloss der Marine kurzerhand. Er hatte innerhalb dieser Zunft ein paar nette Damen ausgemacht, da würde ein kleines Geschenk nicht schaden – ein antikes Buch hatte vielleicht nicht den Charme eines Strauchs frisch geschnittener Rosen, aber dennoch würden sie sich vielleicht drüber freuen. „Hat irgendwer von euch daran gedacht, mich zu fragen?!“, meinte hinter den beiden eine Stimme, weiblich, aber kalt. Auf die Schultern der beiden legte sich je eine Hand – eine Knochenhand. Victis Romanis, Wrack von BC-304 USS Apollo (achtzehn Stunden, sechsundzwanzig Minuten bis Eintreffen von BC-304 USS Daedalus über Lantea) Sie wusste, dass, was sie sehen würde, wäre für sie nicht erfreulich. Trotzdem öffnete sie die Augen, auch um nach einem Ort zu suchen, wo sie dem kalten Wind entgehen konnte. Sie wusste außerdem, dass Ellis sie umbringen würde – sie hatte sein Schiffchen zerbrochen, abschießen lassen, bruchgelandet und konnte es ihm auch nicht einfach so in dem Zustand, fast fabrikneu, zurückgeben, wie sie es bekommen hatte. Manchmal fragte sie sich, was er mehr liebte: Seine Frau oder sein Schiff. Er war aber wahrscheinlich tot, gefallen beim Absturz als sich die Strukturen der Ventralpanzerung durch den Aufprall durch die unteren Decks gebohrt hatten – und auch durch die Brigg. Ein paar der Träger waren auch durch den oberen Rumpf gebrochen, dass wusste Carter noch, bevor sie mit annähernd vierfacher Schallgeschwindigkeit die Erde des Planeten zerpflügend gegen eine Felswand gedonnert waren. Der Aufprall hatte sie aus dem Kommandosessel gerissen und gegen seine der Streben der Brückenfensters knallen lassen, Kopf voran – Schwärze hatte sie sofort umfangen. Dort lag sie jetzt, in Embryohaltung auf der zerstörten Brücke eines ehemals ruhmreichen Schlachtschiffes der Erdenflotte. Es gab nichts, was ihr nicht weh tat, aber trotzdem versuchte sie sich in eine liegende Position zu bringen – was ihr auch unter Ächzen und Stöhnen gelang. Beinahe automatisch sackte ihr Kopf auf die rechte Seite, in Richtung der restlichen Brücke – die Waffenfrau hing blutüberströmt über ihrer Konsole, ihrem Kollegen hatten Splitter des Brückenfensters den Oberkörper und Kopf zerfetzt, und das auch nur, weil er angeschnallt gewesen war. In ihrem Stuhl saß eine eindeutig nicht menschliche Gestalt – blutrote Augen blickten sie an, fixierten sie. Der Sessel war außerdem viel zu groß für 'das Ding', seine dreigliedrigen Arme hingen an den Seiten herunter. Einer der Arme trug eine 'normale' menschliche Hand am Ende, die andere eine Art Schwert, fest integriert. Major Lornes Team war vor Monaten auf eine kleine Zivilisation getroffen, die schon seit Jahrhunderten von einem Wesen terrorisiert wurde, was in einem Wald lebte und jeden, der sich dem Revier näherte, auf nimmer Wiedersehen verschwinden ließ. Die ersten Erkenntnisse ließen auf einen Wraith schließen, doch nach der Beschreibung eines Mannes, dessen Jagdgruppe als Mutprobe hin gegangen war und als einziges Überlebt hatte, war es eindeutig eher eine Art Roboter gewesen, der ebenso wie der auf dem Kommandosessel aussah. Die Eingeborenen hatten ihm auch einen Namen gegeben: Azrael. „Es mag vielleicht nur Zufall sein, doch im arabischen Kulturkreis wird der Name Azrael als der des Todesengels überliefert.“, merkte Lorne am Ende des Berichtes an. Es war nie ihre Art gewesen, einfach einen losen Happen Information zugeworfen zu bekommen und damit basta – sie hatte die elektronische Bibliothek studiert, die sie – auch zur Erweiterung der Daten von Großen Bibliothek von Atlantis – mitgenommen hatten und hatte sich daran gesetzt. Sie fixierte die beiden Augen des Roboters, der sich aus dem Sessel erhob und langsam auf sie zu schritt. „Hi. Kommst du, um mich mitzunehmen?“, fragte sie in einem Anflug von Selbstironie. Sie war weder Christin von Muslimisch, sie war Einsteinistisch, sie glaubte nur an die Wissenschaft. Die Maschine reagierte nicht, wie denn auch. Er beugte sich hinab und packte sie mit der menschlichen Hand am Hals um sie hochzuziehen. Dort baumelte sie, den Kopf im Nacken, aber trotzdem an dem Arm entlang die Augen fixierend. Sie strahlten nur Licht aus, nicht die Wärme oder Kälte menschlicher, organischer Augen. Es hieß immer, dass im Angesicht des Todes sich vor den Augen das eigene Leben noch einmal abspielen würde wie ein Film – ein Hollywood-Mythos, wie Carter heraus fand. Sie sah nur die beiden Augen in dem metallischen Schädel, der einem menschlichen Schädelknochen nachgebildet war. Plötzlich spürte sie einen stechenden Schmerz in ihrem Brustkorb, direkt unter dem Brustbein, der genauso schnell wie er gekommen war, wieder verschwand. Doch ein dumpfes Pochen blieb, gepaart mit dem Gefühl, als ob ein zähe Flüssigkeit über ihren Bauch floss. Der Roboter ließ sie los, ihre Beine gaben augenblicklich nach. Sie fixierte noch einmal den Roboter, von dessen Schwert ihr Blut tropfte. So ging es also zu Ende... die Goa`uld besiegt, die Replikatoren vernichtet, je eine Reise in ein Paralleluniversum und in die Vergangenheit unternommen, die Asgard mehrmals gerettet, Planeten befreit, Sonnensysteme gesprengt, eine Galaxie von der Tyrannei einer fanatischen Religion und ihrer jugendlichen Anführerin befreit – nur am Ende auf der Brücke eines Schlachtschiffes zu sterben, das eigentlich nicht unter ihrem Kommando stand, auf einem unwirtlichen Felsbrocken mitten in der Pegasus-Galaxie. Das Schicksal hat einen schwarzen Humor..., war Samantha Carters letzter Gedanke, bevor Dunkelheit und Stille sie umfingen. Dunkelheit die fast sofort einer gewissen innerlichen Wärme Platz machte, und Stille, die durch das Pfeifen eines Dudelsacks ersetzt wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)