Leitartikel von SummoningIsis (Küss mich bis zur Deadline) ================================================================================ Epilog: Ein Tag wie jeder andere (Epilog) ----------------------------------------- MICHAEL]/b] Natürlich kamen die erbärmlich kurzen und in einem Deutsch, was Jugendliche der jetzigen Generation wohl als „Grundschuldeutsch“ bezeichnet hätten, geschriebenen Texte zu spät. Die nur bis zu 500 Wörter langen Beiträge über die neuen, „hippen“ Läden der Stadt waren Praktikantenarbeit. Und da die Redaktion des „Fly“ ein kostenloses Heft publizierte, welches mehr aus Werbung, als eigentlichem journalistischen Inhalt bestand, legten die Herausgeber natürlich auch Wert auf billige Arbeitskräfte. Auf junge Menschen, die jeglichen Mist umsonst mitmachen würden und ihre Semesterferien opferten, um das meistens vom Studium vorgesehene Praktikum zu absolvieren. Die momentanen Praktikanten waren talentiert, engagiert und brachten einen angenehmen neuen Wind in die Redaktion. Karl, 22, und Martin, 20, waren schwul und hatten die erst vor kurzem beschlossene „Regenbogen“-Strecke im „Fly“ kurzerhand angefangen. Eine Rubrik, die sich über zehn Hefte mit Schwulenbars, empfehlenswerten, offenen Restaurants, Einrichtungen für Homosexuelle und Gay-Parties beschäftigte. Und zum ersten Mal verstand auch Michael, warum Sebastian das Heft so toll fand. Als die erste Ausgabe kam und eine Schaumparty empfahl, schleppte Sebastian den meckernden Journalisten mit. Und Michael erlebte den wohl heißesten Tanz seines Lebens. Und als die zweite Ausgabe mit der besagten Rubrik erschien, und der Schwarzhaarige das Rezept für ein erotisches Gericht entdeckte – denn die Zutaten waren natürliche Aphrodisiaka -, erkannte der Junge wohl ebenfalls sein tief verstecktes Talent fürs Kochen. Und Michael erlebte Ekstase. Er konnte sich nicht beschweren. Weder über seine Arbeit, die Entwicklung des „Fly“ in den letzten zwei Jahren und vor allem nicht über seine Beziehung. Michael blickte das alte Foto auf dem Schreibtisch an. So langsam müssten sie es wirklich erneuern. Ein Termin mit dem Fotografen stand Gott sei Dank bereits fest. Als er auf die Uhr linste, bevor er sich daran machte, die Pressemitteilungen durchzugehen, lächelte er leicht. Es war beinahe Mittag. Und heute waren sie verabredet zum gemeinsamen Essen. Seitdem Sebastian nicht mehr bei Starbucks arbeitete, waren Mittagspausen für Michael alles andere als spektakulär geworden. Und wenn er sich seinen Lieblingskaffee holte, der seit einiger Zeit ein Vanilla Latte mit Sojamilch und einem Spritzer Himbeersirup war, ergriff ihn sogar so etwas wie Sentimentalität, wenn er sich umsah und an Sebastians erste Anbaggerversuche dachte, an die Blicke, die sie später austauschten und das unbeschreiblich schöne Gefühl, den Schwarzhaarigen zu küssen, wenn er ihm den Kaffee reichte. Jetzt nahm er jedoch einen Schluck des schwarzen Redaktionskaffees, den Martin, das musste er zugeben, ganz passabel auf die Reihe bekommen hatte. Dass sich ein so guter Autor wie der jetzige Praktikant tatsächlich noch auffordern ließ Kaffee zu kochen... Michael grinste, musste an seine eigene Praktikumszeiten denken, in denen er so unsicher war, sich nicht viel zutraute und jedes negative Wort des Chefredakteurs ihn an seiner Wahl kurz zweifeln ließ. Und nun saß er hier, in seinem Büro und war die wohl wichtigste Person den Magazins, die weise Worte an angehende Schreiberlinge erteilte. Wohlig seufzend lehnte er sich in seinem Sessel zurück und starrte auf den Bildschirm, klickte sich durch die elektronisch gelieferten Pressemitteilungen und bemerkte erst gar nicht, wie sich jemand in den Raum schlich. Er erschrak sogar, als sich die beiden, mit schwarzem Stoff bedeckten Arme um ihn legten und ein leichter Kuss auf seinen Nacken gehaucht wurde. „Süßer!“, rief er aus, als die Arme verschwanden und Michael sich in seinem Stuhl herumwirbelte, um in die dunklen Kristalle seines Freundes zu blicken, der ihn angrinste. Dem Blonden gefiel, was er sah. Sebastians Haare, die nun die Hälfte seines Rückens bedeckten, waren in einen festen, geflochtenen Zopf gebunden. Der silberne Stecker in der Augenbraue war wie fast jeden Tag nicht mehr an seinem Platz, der schwarze, gut gebügelte Anzug kontrastierte fast heftig mit der immer noch blassen Haut des Mannes, der mittlerweile 28 Jahre alt war. Die goldene Krawatte war nicht gebunden und auch die ersten drei Knöpfe des weißen Hemdes waren lose, entblößten etwas Haut. Überhaupt hatte Sebastian sein Hemd aus der Hose gezogen, wie er es immer in der Pause machte, oder wenn er sich auf dem Weg nach Hause befand. Das würde sich wohl nie ändern. „Na, wie geht’s meinem fleißigem Hasen?“, fragte Sebastian ihn. Auch dieser Kosename hatte sich nicht verändert. Und Michael selbst hatte Brummer, das mittlerweile ziemlich alte aber immer noch energische Kaninchen, wirklich ins Herz geschlossen. Schließlich war Brummer seit 1,5 Jahren auch sein Haustier. Seit dem Tag, an dem Sebastian bei ihm eingezogen war und sich das Gästezimmer in das Zocker- und Kaninchenreich des Schwarzhaarigen verwandelt hatte... Entschlossen zog Michael seinen Freund auf den Schoß und küsste ihn innig, denn die Reaktionen seiner Kollegen interessierten ihn wirklich nicht mehr. Und wenn sie über ihn reden wollten, dann sollten sie dies ruhig tun. Vor allem die neidischen Blicke der beiden Praktikanten empfand Michael als ziemlich belustigend. Und er war mächtig stolz, Sebastian an seiner Seite zu haben. „Wie war dein Tag?“, fragte der Blonde seinen jüngeren Partner. Dieser zuckte mit den Schultern und fing an, ein wenig mit Michaels Haaren zu spielen. „Viel los, irgendwie checken grad super viele Gäste ein. Wir sind total ausgebucht. Sind echt schon ein paar schräge Gestalten dabei. Geben aber viel Trinkgeld“, antwortete er dann und blickte dem Älteren tief in die Augen. „Schräger als du?“, feixte Michael. Sebastian presste seine Lippen einfach auf die seines Freundes. Der Schwarzhaarige arbeitet jetzt schon fast ein ganzes Jahr im Hotel „Frizzante“, ein junges Designer-Hotel, welches durch seine doch nicht ganz konventionelle Ausstattung, die sehr futuristisch und gleichzeitig gemütlich gehalten war, und seine zentrale Lage auffiel. Und natürlich die relativ günstigen Preise, die jedermann anzogen. Das „Fly“ hatte über die zukünftigen Übernachtungsmöglichkeit berichtet, schon lange vor der Eröffnung. Und Michael hatte frech gefragt, ob sie Sebastian nicht eine Chance geben wollten. Er konnte sich noch dran erinnern, wie aufgeregt der Schwarzhaarige gewesen war, als er zum Bewerbungsgespräch losging. Zurück kam er mit zwei gefüllten Starbucksbechern und einem breiten Grinsen. „Kein lecker Kaffee mehr von mir für dich. Sagen wir, nur noch im privaten Rahmen...“, hatte er damals gesagt. Und er war immer noch zufrieden. „Wollen wir?“, fragte der Hotelfachmann ihn und leckte frech über Michaels Lippen, als dieser nicht antwortete. Der Blonde grinste daraufhin und packte Sebastian an dessen Zopf und zog ihn ein wenig unsanft in einen dominierenden Kuss, denn auch diese Rollenaufteilung hatte sich nicht wirklich verändert. Und weder Michael noch Sebastian hatten daran etwas auszusetzen. „Wohin geht’s denn?“, hakte Michael nach, als er seine Jacke schnappte und seinem Freund aus der Redaktion folgte. Mittlerweile kannten Sebastian alle. Sybille winkte ihnen zu und Florian bekam das immer noch ab und an aufkommende Zwinkern Sebastians zu spüren. Der CvD grinste. „Ich hab uns einen Tisch bei diesem neuen Italiener hier um die Ecke reserviert“, sagte Sebastian, als sie auf Michaels Wagen zugingen. Der Schwarzhaarige besaß immer noch diesen uralten Golf, der hin und wieder seinen Geist aufgab. Der Journalist hatte ihm schon die ganze Zeit ins Gewissen geredet, ein neues Auto zu besorgen, schließlich hatte der Junge eine feste Arbeitsstelle, war kreditwürdig und Michael selbst hätte ihm ohne zu Zögern auch noch etwas dazu gelegt. Aber sein Freund konnte sich einfach nicht von diesem weißen Opa von Auto trennen. Wenn sie zu zweit unterwegs waren, nahmen sie immer Michaels Lady, die zwar ebenfalls als Omi bezeichnet werden konnte, aber nicht nach einer aussah. Schließlich pflegte er sie wie ein Baby. „Mhhmm, italienisch“, raunte Michael, als er den Wagen startete. „Und ich lade dich ein“, fügte Sebastian hinzu. Der Blonde lächelte. Sie wechselten sich nun immer mit dem Bezahlen ein, wobei Michael immer darauf bestand, die wirklich teuren Restaurants zu bezahlen. Und mehr Miete. Und mehr der Einkäufe zu bezahlen. Im Grunde genommen, sah er das von ihm und Sebastian verdiente Geld eh als „ihr“ Geld an. „Du kannst nichts dagegen tun!“, ermahnte der Schwarzhaarige ihn, denn der Journalist lehnte solche Einladungen öfters ab und zückte sein eigenes Portemonnaie. Aber heute nicht. „Ich lasse mich gern von dir ausführen, Süßer“, sagte er. „Das will ich hoffen“, entgegnete Sebastian grinsend. „Wie geht es eigentlich Torsten? Hast du nicht gestern Abend mit ihm telefoniert?“, fragte Michael plötzlich. „Als du schon ruhig vor dich hingeträumt hast?“, bemerkte Sebastian frech. Der Blonde grinste. „Dem geht es wunderbar. Und Timo zieht nächste Woche irgendwann fest bei ihm ein.“ „Ach, also haben sie sich doch vertragen.“ „Nach dem Vortrag, den du Torsten gemacht hast, ist das kein Wunder, Hase. Und ich bin froh, dass du mit ihm geredet hast.“ Torsten, Sebastians Ex-Mitbewohner und immer noch enger Freund, der des Öfteren bei ihnen zu Gast war, wie auch alle anderen Männer, die er durch Sebastian kennengelernt hatte, hatte sich endlich „für eine Seite“ entschieden. Er hatte Timo, einen DJ, bei einem Konzert kennen und lieben gelernt. Der Anfang der beiden war nicht unbedingt leicht gewesen. Torsten hatte ab und zu mit irgendwelchen Damen geflirtet, was seinen Liebsten nicht gerade glücklich machte. Zudem war Timo neun Jahre älter... Als es nach einem Aus aussah, hatten Michael und Sebastian sich eingemischt. Und diese Einmischung schien Früchte zu tragen. „Das freut mich für die beiden“, sagte er nun. „Ja, mich auch!“, fügte Sebastian enthusiastisch hinzu. „Bei uns hat es ja auch geklappt, als Sabine sich mehr oder weniger eingemischt hatte. Ach! Bevor ich das vergesse, Biene hat uns eingeladen. Ihr Weiberabend wurde abgesagt und sie hat jetzt so viel Essen über, wir sollen als Mülleimer herhalten.“ „Mülleimer“, wiederholte der Blonde das Wort lachend. Ja, „Biene“ und Sebastian konnte man fast schon als gute Freunde beschreiben. Auch wenn sie es immer noch vorzogen, sich lauthals vor der gesamten Familie anzukeifen, wenn ihnen etwas nicht passte. Allerdings entschuldigten sie sich dann auch lauthals und fast schon lächerlich und theatralisch wirkend vor ihrem Publikum. Theoretisch könnte man diese Situationen auch als witzig beschreiben. Auch wenn die Idee Sebastians, Michaels Neffen Martin das Saufen beizubringen, nicht gerade als die Beste bezeichnet werden konnte. Markus hatte das mit Humor genommen, Sabine hätte den Schwarzhaarigen fast umgebracht - Wäre Michael nicht dazwischen gegangen und hätte die beiden Streithähne auseinander gedrückt. Sebastian hatte er dazu verdonnert ein großes Entschuldigungsdinner aufzutischen, als sie Michaels Schwester und deren Mann zu sich eingeladen hatten. Schließlich einigten sich die beiden: Martin würde sicherlich nicht mehr so schnell zum Bier greifen und letztendlich war dies als sehr positiv zu bewerten. Überhaupt war momentan eigentlich alles als positiv zu bewerten. Natürlich stritten Michael und Sebastian sich ab und an. Der Schwarzhaarige liebte es dann, Türen knallen zu lassen und zu brüllen und er schaffte es auch, Michael aus seiner Reserve zu locken. Aber im Durchschnitt gelang es ihnen, sich wie zwei Erwachsene an den Tisch zu setzen und ihre Differenzen einfach auszudiskutieren, bevor sich daraus überhaupt ein Problem entwickeln konnte. Sebastian war ihm treu, und anders herum war es genauso. Michael konnte sich ein Leben ohne den Schwarzhaarigen gar nicht mehr vorstellen. Als Tim nach einem Jahr, nach diesem „überraschenden“ Besuch, erneut aufgetaucht war, musste der Blonde beinahe lachen, als sein Ex-Freund ihn fragte, ob sie es nicht erneut versuchen könnten. Wahrscheinlich war seinem Verflossenen diese Veränderung, die er nie bei ihm vorrufen hatte können, aufgefallen. Aber es war ganz genau Sebastian, der diese herbeigerufen hatte. Und es war auch nur Sebastian, den Michael an seiner Seite haben wollte. Und auch wenn sie erst drei Jahre zusammen waren fühlte es sich länger und vertrauter an, als es jemals mit Tim gewesen war. Vielleicht, weil sie es geschafft hatten auch den Alltag wunderschön zu gestalten...? Wer konnte das schon genau erklären. Und wer verlangte überhaupt nach einer Erklärung? „Süßer“, sagte Michael, als sie nach dem wunderbaren Essen wieder am Zentrum ankamen. „Hm?“, kam es von dem Jüngeren, der sich mittlerweile wieder zugeknöpft hatte, seinen Anzug hergerichtet hatte. „Wollen wir am Wochenende an die Nordsee?“ „Einfach so?“ Der Schwarzhaarige sah seinen Freund mit hochgezogener Braue von der Seite an. „Ja, einfach so.“ „OK“, antwortete der strahlende Sebastian. „Das ist auch einer der Gründe, warum ich dich so lieb hab!“, fügte er grinsend hinzu und küsste Michaels Ohr. „Du hast mich nur lieb?“, hakte der Blonde belustigt nach und zog einen Schmollmund. „Nein, du Idiot“, entgegnete der Schwarzhaarige lachend. Dann blickte er seinen Freund an und strich behutsam über dessen Gesicht, als hätte er Angst, er könnte ihn zerbrechen, würde er zu viel Druck mit seinen Fingern ausüben. „Wow...“, sagte er dann. „du bist fast 40.“ „Na, vielen Dank für diese Erinnerung!“, schnaubte Michael. Sebastian grinste. „Bitte gerne doch, die kannst du jeden Tag haben. Morgens, abends und ich kann dir sogar noch SMS schicken!“ Der Blonde blickte seinem Freund in die Augen. „Weißt du, ich kenne jemanden, der stark auf die 30 zugeht...“, sagte er dann grinsend und der Schwarzhaarige gab ihm einen spielerischen Klaps auf den Oberschenkel. „Du Schwein!“, sagte er nicht ernstgemeint. „Ich dachte, ich bin ein Hase?“, kam es von Michael. „Dann bist du eben beides, eine Schweinshasenmischung.“ „Oh, das möchte ich mir eigentlich nicht so gern vorstellen...“ Die beiden grinsten. „Ich muss jetzt echt weiter“, sagte Sebastian dann, als sie aus dem Wagen stiegen. Ein weiteres Mal ging er auf den Älteren zu. Sie küssten sich. Ganz sanft. Michael musste lächeln. „Bis heute Abend, Süßer“, hauchte er ihm noch ins Ohr. Und dann sah er ihm nach, wie er zu seinem Golf ging. Er sah so erwachsen aus, und dennoch war er immer noch so wild und verspielt und spontan und liebevoll. Michael liebte diesen Mann, dem er hier gerade nachblickte. Ob Sebastian wohl auch so einen Anzug bei seiner Hochzeit tragen würde? Da war es wieder. Dieses Wort. Dieser Gedanke. Hochzeit. Ob er wohl...? Hach, sein Herz machte einen Sprung wie nie zu vor. Ein Jahr würde er noch warten. Ja, genau. Und dann... Dann würde er ihn fragen. Er liebte diesen Mann. Wer hätte das gedacht... ENDE - - - - - - - - Ein gaaaaaaaaaaaaanz großes Dankeschön an ALLE Leser, für all die Favoeinträge und für all die Kommentare :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)