Crisis Core II von Noel_Kreiss (Zack's Überleben) ================================================================================ Kapitel 6: Gedanken ------------------- Der Wall Markt. Der wohl einzigste Ort in den Slums, der im Vergleich zu den restlichen Sektoren einige gute Annehmlichkeiten bieten konnte, die an das Niveau von den Sektoren auf der Platte herankommen konnten. Es war hier ziemlich gut beleuchtet und auch nicht so verdreckt, wie es in den Slums üblich war. Es gab ein Hotel mit enorm billigen („Nur 10 Gil pro Kopf? Das ist das billigste Hotel auf der ganzen Welt!“, war Zacks Kommentar dazu gewesen.) , aber guten Zimmern, in dem Zack, Cloud und Cissnei für heute übernachten wollten; ein Sushi-Restaurant, das momentan noch Gutscheine für die Apotheke verteilte; eine Bar, in der allerdings das Klo offenbar immer belegt war; ein Kleidergeschäft, das bei Bedarf womöglich selbst Frauenklamotten für Männer herstellen würde, wenn man genug Geld dafür zahlte, da es den Besitzer mal nach etwas ausgefallenem dürstete(„Wer kommt schon auf so eine Schnapsidee, als Mann ein Kleid oder so anzuziehen...“, hatte Cloud mit Kopfschütteln gesagt.); es gab einen Waffenladen, dessen Besitzer Schrott auf einem in der Nähe liegenden Schrottplatz sammelte und daraus seine Waren herstellte; und da gab es noch das Gasthaus zur Honigbiene, etwas für Männer, die sich gerne in ‚amüsante‘ Gesellschaft begaben(„Weitergehen, Jungs...“, hatte Cissnei gesagt und die anderen Beiden resolut weitergeschoben, als sie den Weg zu diesem Gasthaus einschlagen wollten.). All das stand unter der Kontrolle von dem als Dilletant bekannten Don Corneo, der in seiner prunkvollen Villa am oberen Ende vom Wall Markt residierte. Zack hatte den Namen irgendwo schon einmal gehört, er meinte, damals hätte ihn ein kleiner Junge erwähnt, mit dem sich in den Slums von Sektor 5 unterhalten hatte, aber sicher war er sich da nicht mehr. Dennoch war in dieser Ecke der Slums wohl keine hübsche Frau vor ihm sicher, laut Gerüchten hatte Corneo schon viele Mädchen gehabt und die, die er nicht mehr wollte, seinen Bediensteten zum Vergnügen gegeben. Er ließ gehörige Summen Gil für die springen, die ihm ein schönes Mädchen brachten, aber auch die Mädchen bekamen reichlich Geld für ihre ‚Dienste‘. Momentan suchte er offenbar nach einer festen Frau und wählte sich jeden Tag eine von Dreien aus, um dann mit ihr zu...... Zack hoffte mit allen Mitteln, das Aerith nie im Leben den Weg hier her gefunden hatte, oder ihn jemals finden würde... vor allem als einige Typen auf der Straße Cissnei dazu geraten hatten, sich beim Don vorzustellen, wo sie garantiert heftig absahnen würde, als die Drei durch den Wall Markt gegangen sind, war sich Zack sicher, dass er jeden, der so etwas Aerith in seiner Gegenwart hinterherrufen würde, sofort mit seinem Schwert in den Lebensstrom befördern würde. Aber Cissnei hatte diese Sprüche, sehr zu Zacks und Clouds leichter Belustigung, bravurös mit sarkastischen Kommentaren ausgekontert. Und jetzt lag Zack in einem gerade mal 10 Gil teuren Bett im Hotel, neben ihm in einem anderen lag Cloud und schlief schon, Cissnei war in einem anderen Zimmer, und nun schweiften Zacks Gedanken umher... und landeten bei dem Menschen, der ihm am wichtigsten war... Aerith... er war ihr so nahe, nur einen relativ kurzen Wegmarsch von der Kirche entfernt, wo sie sich oftmals aufhielt und die Blumen pflegte, die da aus irgendeinem Grund einfach aus dem Boden sprossen und blühten. Bestimmt waren es viel mehr Blumen, als damals vor vier Jahren, sie hatte ihm ja in ihrem ‚letzten‘ Brief geschrieben, dass es den Blumen gut gehen würde... das es vier Jahre her war, seit er fortgegangen war... das sie 88 Briefe an ihn geschrieben hatte, die er niemals bekommen hatte... nur der Letzte, gebracht von der gutmütigen Angeal-Replik... Aerith schrieb, es wäre ihr letzter Brief... „‘Ich hoffe inständig, das dieser letzte Brief dich erreicht...‘“, murmelte Zack, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und gegen die Decke des Zimmers starrend. „Dein letzter Brief... du... du wirst mich doch wohl nicht aufgeben, oder? Glaubst du, ich wäre absichtlich so lange fortgeblieben? Was denkst du, Aerith...?“ Er seufzte leise. Hier lag er im Hotel vom Wall Markt in seinem Zimmer im Bett und seine Gedanken schweiften weiter ab zu jenem Blumenmädchen mit den braunen Haaren, dem bezaubernden Gesicht und den schönen grünen Augen, in dessen Garten er einst nach seinem Sturz vom Mako-Reaktor 5 gelandet war, die ihn mit einigen Hallos aufgeweckt hatte... „Der Himmel?“ „Nicht ganz. Eine Kirche in den Slums.“ „Ein Engel?“ „Nein, ich bin Aerith. Du bist durchs Dach gefallen, hast mich ganz schön erschreckt.“ Wo war sie jetzt wohl gerade? Man sah hier unten zwar keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht, da die Sonne hier nicht hinunterschien, aber laut Uhrzeit war es jetzt Nacht. Ob sie wohl in der Kirche war um diese Uhrzeit? Nein, bestimmt war sie Zuhause und schlief friedlich in ihrem Bett. Dabei fiel Zack ein, er war nie bei ihr Zuhause gewesen, wusste nicht genau, wo sie wohnte, nur, dass sie in den Slums lebte und sich oft in der Kirche aufhielt. Ihr Zuhause oder Familie war nie ein Gesprächsthema gewesen, genau wie ihre Herkunft... zum Teufel, er wusste nicht einmal ihren Nachnamen! Was... was wusste er eigentlich über sie? Aerith wurde von den Turks überwacht, er selbst, Zack, hatte Tseng vor seiner Abreise nach Nibelheim gebeten, auf sie aufzupassen. Im Nachhinein betrachtet, war das doch sowieso der Job des Turks gewesen, wie er selbst gesagt hatte, und vermutlich auch immer noch war. Aerith gehörte laut seinen Worten zum Alten Volk, aber Aerith hatte es gegenüber Zack niemals erwähnt und er hatte darüber geschwiegen, dass Tseng es ihm gesagt hatte. Sie war wichtig für Shinra, aus welchem Grund auch immer. Aber Zack war sich sicher, da sie wichtig für Shinra war, würden sie ihr nichts tun... aber... Je länger er in dieser unmittelbaren Nähe von ihr war, desto schwerer fiel es ihm, nicht einfach alles stehen und liegen zu lassen und sofort zu ihr zu gehen, aller Vorsicht zum trotz. Das die Turks ihn vielleicht entdecken würden und Shinra dann wüsste, dass er noch lebte... das war nur der weitaus kleinere Teil seiner Furcht vor dem Wiedersehen mit seiner geliebten Aerith... Er war vier Jahre weg gewesen, als er sich aus dem Behälter in der Shinra-Villa befreit hatte und anschließend mit Cloud den ganzen Weg nach Midgar zurückgelegt hatte, dabei am Cosmo Canyon vorbeifuhr, an Gongaga einen kurzen Stopp einlegte, nur um dann nach Banora zu brausen und dort den Entscheidungkampf mit Genesis auszutragen und schließlich per Schiff von Costa del Sol nach Junon gefahren war, in direktes Feindesgebiet, wo er Cloud dann weitergeschleppt hatte, an Fort Condor vorbei durch die Mithril-Mine, wo sie auf der anderen Seite fast von dem Midgar-Zolom im Sumpf gefressen worden waren und dann schließlich per Anhalter von der Chocobo-Farm erst nach Kalm und dann Richtung Midgar fuhren, wo sie kurz vor dem Ziel von der Shinra-Armee aufgehalten wurden, wo Zack beinahe sein Leben gelassen hatte und nur durch einen glücklichen Zufall überlebt hatte und jetzt hier war, wo er war, nicht im Lebensstrom bei Angeal, sondern hier... hatte Zack das nicht alles nur geschafft, weil er Aerith wieder sehen wollte? Oder weil er das Richtige tun wollte? Weil er Cloud helfen wollte? Waren das seine Gründe? Sie kamen ihm schwach vor, er wusste nicht, wie er Aerith gegenübertreten sollte. Alles in allem, war er nur wegen der S-Zellen noch hier, die ihn gerettet hatten... Man musste sich das vor Augen führen und er tat es jetzt schon zum dritten Mal, während er hier schlaflos dalag und die dunkle Zimmerdecke anstarrte, dem gedämpften Lärm des Nachtlebens auf dem Wall Markt und Clouds gleichmäsigen und ruhigen Atem neben ihm nicht zuhörend. Sie war vier Jahre lang, vier ganze Jahre, im Ungewissen über ihn gewesen, hatte ihm sage und schreibe 88 Briefe geschickt und zu keinem eine Antwort erhalten. Kein Lebenszeichen von ihm gesehen, er war einfach weg gewesen. Vielleicht hatte sie mit ihm abgeschlossen, aus welchem Grund auch immer hatte er sie schließlich alleingelassen. Zack entsann sich an den Zettel, auf dem ihre 23 Wünsche zu einem einzigen zusammengefasst gestanden hatte. „Ich möchte gern mehr Zeit mit dir verbringen.“ Galt das immer noch? Wollte sie ihn überhaupt sehen, wenn er nach vier Jahren einfach wieder vor ihr stand? Vielleicht dachte sie am Ende noch, er hätte sich mittlerweile sonstwo niedergelassen und sich eine Andere gesucht, denn das er früher vor Angeals Tod mehr oder weniger ein Weiberheld gewesen war, wurde ja, wenn Zack es nüchtern betrachtete, schon damals bei ihrer ersten Begegnung deutlich. „Als Belohnung das du mir geholfen hast schlage ich ein Date mit mir vor, wie wäre das?“ Ob er das wirklich gesagt hatte, war er sich nicht mehr wirklich sicher, aber etwas in der Art war es wohl schon gewesen. Aber konnte Aerith ernsthaft glauben, nach allem würde er sie nicht lieben? Sie war doch diejenige gewesen, die nach Angeals Tod für ihn dagewesen war, ihm Trost gespendet hatte, ja eigentlich immer so etwas wie eine Art Quell von Zuversicht und Glück für ihn gewesen war... Zack spürte das jähe Verlangen, Aerith zu sehen, sie zu umarmen, ihre Wärme zu spüren, und zeitgleich fürchtete er sich, ihr zu begegnen, fürchtete sich auf ihre Reaktion, wenn er nach vier Jahren plötzlich wieder vor ihr stand. Ob sie seine Gründe verstehen würde, sie glauben und nicht sogar als faule Ausrede abtun würde? Menschen änderten sich und vier Jahre waren eine lange Zeit... er selbst hatte sich nicht sehr verändert, glaubte er jedenfalls. Äußerlich sah er immer noch so aus, wie er damals gegen Sephiroth gekämpft hatte... er war in der Zeit, in der er in diesem Behälter gesteckt hatte, körperlich um keinen Tag gealtert, einzig seine geschwächten Kampffähigkeiten hatten sich bemerkbar gemacht, schon als er gegen die ‚Waschlappen‘ von Shinra-Infanteristen in Nibelheim bei der Flucht gekämpft hatte... aber sein Charakter? Ihm war seine Lebensfreude nie ganz abhanden gekommen, aber nach Angeals Tod und der kapitalen Veränderung seiner Haare in diese Zackenfrisur, die er trug, war er doch weitaus ernster geworden. Ernst, aber dennoch mit einem gewissen Maß an Lebensfreude und einer kleinen Portion des alten Zack... war er immer noch so? Er kannte sich, irgendetwas von ihm war gestorben, als er von den Infanteristen vor Midgar niedergeschossen wurde, nachdem er sich nochmals verzweifelt aufgerappelt hatte. Er wusste immer noch nicht, was es war, aber er fühlte, dass etwas in ihm fehlte... Er wollte es nicht wirklich zugeben, aber er hatte mehr Angst davor, von Aerith eine abweisende Reaktion zu bekommen, als dass die Turks ihn entdecken würden. „Ich muss sie sehen... ich scheiß auf Shinra, irgendwann werden sie eh merken, dass ich noch lebe... aber ich habe Aerith lange genug warten lassen... ich muss es ihr erklären. Hoffentlich kann sie mir verzeihen, aber eigentlich konnte ich doch wirklich nichts dafür... wenn Hojo mich und Cloud nicht als eines seiner ‚Versuchstiere‘ gehalten hätte...“, dachte Zack bitter und beim Gedanken an den irren Shinra Wissenschaftler, den er schon bei seiner Zeit bei SOLDAT noch nie hatte leiden können, kochte unterschwellig Zorn in ihm hoch. Hojo war die Person, der er es heimzahlen wollte, wegen diesem Wahnsinnigen war er erst vier Jahre lang eingesperrt gewesen. Wenn er nicht irgendwann das Bewusstsein zurückerlangt hätte, wäre er wohl immer noch das Subjekt von Mako-Experimenten, obwohl diese auf seinen Körper nur negative Reaktionen hervorgerufen hatten. Zack handelte eigentlich nie aus Rache, aber bei diesem Psychopath konnte er mal eine Ausnahme machen, wie er fand. Um Shinra selbst konnte sich ja größtenteils diese Avalanche-Gruppe kümmern, von der Cissnei ihm und Cloud vorhin erzählt hatte. Diese Gruppe wurde auch allgemein, besonders von Shinra, als Terroristen bezeichnet, sie selbst bezeichnete sich als ‚Retter des Planeten‘. Wenige Tage zuvor hatten sie versucht, einen Mako-Reaktor in die Luft zu jagen, allerdings hatte die Bombe eine Fehlzündung und so war nicht viel zu Schaden gekommen, auf der Platte sollen überall Graffiti auf Wände gesprüht worden sein. Dinge wie ‚Shinra zerstört unseren Planeten!‘ oder ‚Die Mako-Energie hält nicht mehr lange vor, weil Shinra dem Planeten die Lebenskraft entzieht!‘ oder auch ‚Shinra ist das Böse, wir, Avalanche, werden den Planeten retten!‘. Zack konnte sich nicht davon überzeugen, ob das was Cissnei erzählt hatte stimmte, schließlich kam man nur mit dem Zug und einem gültigen Ausweis auf die Platte und den hatten sie nicht. In Zacks Gehirn gärten einige unausgefeilte Pläne darüber, was er nun eigentlich vor hatte. Aerith treffen gehörte zu den wenigen Plänen, die er mittlerweile fest gefasst hatte. Er würde ihn nicht mehr lange aufschieben, dass schwor er sich. Der andere gefasste Plan war der, sich um Hojo zu kümmern und Shinras Computersystem dabei vielleicht zum Komplettabsturz zu bringen, denn ohne die gewaltigen Datenmengen würde die Firma ernsthaften Problemen gegenüberstehen, da war er sich sicher, schließlich war Shinra mittlerweile, bis auf wenige Ausnahmen, auf der ganzen Welt präsent. Zudem könnte er dann gleich nachsehen, was mit Kunzel geschehen war. Dann aber... was sollte er danach tun? Auf dem Wagen nach Midgar hatte er dem noch vom Mako-Einfluss beeinträchtigten Cloud erzählt, er würde Söldner werden und Cloud aber trotzdem nicht hängen lassen, sie könnten ja zusammen Söldner werden... er könnte mit Aerith Blumen verkaufen oder, wie er in einem kurzen Anflug von Belustigung überlegte, auf der ganzen Welt Blumenparadiese errichten. Sie würde die Blümlein hegen und pflegen und er würde sie verkaufen. Bei dem Gedanken musste er kurz lachen. O ja, Zack, der Blumen-SOLDAT, komischer Gedanke. Aber eines wusste er sicher... Er wollte Freiheit. Und Freiheit konnte er nur erlangen, wenn niemand mehr hinter ihm her war, oder hinter denen, die er mochte. Auf der Liste dieser Personen standen momentan nur wenige, Cloud, Aerith, Kunzel, von dem Zack hoffte, dass er nicht wie er zu Experimenten missbraucht wurde, weil er sich Shinra wiedersetzt und aus SOLDAT austreten wollte, und Cissnei auch noch. Sein Misstrauen gegenüber der Ex-Turk würde so schnell nicht abflauen, aber wie schon gesagt, solange sie ihm keinen guten Grund lieferte, würde er ihr gegenüber keine feindliche Absichten ergreifen... Sobald er diese Vier Personen in Sicherheit wusste und sie es auch irgendwie schafften, irgendwo außerhalb dem Einflusskreises Shinra Unterschlupf zu finden... dann würde er sich frei fühlen. Aber einen Ort auf der Welt, wo Shinra nicht früher oder später aufkreuzen würde... gab es das? Nein, Freiheit gab es nur in einer Welt, in der es niemanden gab, der sich als Herr aufspielte. Und da Shinra praktisch die Welt mit ihrer bequemen Lebensweise durch Mako Energie unter der Knute hatte, war Freiheit wohl nur Wunschdenken. Lief es doch darauf hinaus, dass er, Zack, Shinra selbst vernichten musste? Als kleine Gruppe gegen so einen Riesenkonzern mit der höchsten militärischen Macht war das doch ein schlechter Scherz... „Vielleicht sollte ich nicht so weit vorausdenken... eins nach dem Anderen“, murmelte er und drehte sich in dem durchaus bequemen Bett auf die Seite und schloss die Augen. Morgen, oder spätestens übermorgen, würde er ohne Umwege zu Sektor 5 marschieren und dann würde er sehen, wie Aerith, falls sie überhaupt da war, auf ihn reagieren würde. Er sah ihr strahlendes Gesicht vor seinem inneren Auge und langsam schlief er ein... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)