Schwarz/Weiß von Neophyte5150 ================================================================================ Kapitel 9: Tränen, Blut, Vergeltung ----------------------------------- Beinah brach er vor mir zusammen. Es freute mich. Es freut mich so sehr, ihn leiden zu sehen. Ich hasste ihn. Als ich ihn in die Küche zerrte, wimmerte er nur noch. Ich schleuderte ihn gegen den Schrank und sah ihn an. Erschrocken blickte er in mein hasserfülltes Gesicht. Ich zielte mit der Waffe genau auf sein Herz. Ich würde treffen, wenn ich wollte. Er wäre sofort tot. Ich will es nicht. Ich will, dass er leidet. Ich hasse ihn. Ich blicke ihn an und sage ihm, dass er mir gefälligst in die Augen sehen soll. Er sieht hin. Ich blicke ihn an. Sein verheultes Gesicht. Ich hasse ihn. Ich frage ihn, wie es sich anfühlt, seine Familie verloren zu haben. Er bricht noch mehr in Tränen aus und stammelt immer wieder irgendwas von wegen es tue ihm leid, was passiert wäre. Ich gehe einen Schritt näher auf ihn zu und frage noch einmal, wie es sich anfühlt, seine scheiß Familie verloren zu haben. Er sieht mich an. Er hat Angst. Panische Angst. Es erfreut mich. Ich hasse ihn. Ich sage nichts mehr, blicke ihn nur an. „denk noch mal an mich“. Ich denke an Dirk und mein Hass steigt wieder. Ich gehe noch einen Schritt näher, sodass meine Waffe genau auf seinem Herz liegt. Es wäre nur ein Schuss. Vergeltung. Erleichterung. Hass. „Lass los.“ Er sieht mich an, sagt aber nichts. Er weiß, dass er keine Chance hat und er weiß, dass er hier nicht lebend rauskommt. Ich frage ihn, ob er einen Job hat und er verneint. Hätte Schulden und ist arbeitslos seit ein paar Jahren. Könnte ich lächeln, würde ich es tun. Ich kann es nicht. Sein erbärmliches Leben erfreut mich. Er hat nichts zu verlieren. Alles, was er hatte, liegt im Wohnzimmer auf dem Boden und versaut den Teppich mit Blut. Ich frage ihn erneut, wie es sich anfühlt, alles verloren zu haben, was er liebte. Er schluckt und schaut mir in die Augen. Es wäre furchtbar sagt er mir. Und dass er so nicht weiterleben kann. Ohne sie. Ich hebe eine Augenbraue und sage ihm, dass dies das erste richtige wäre, was er an diesem Abend gesagt hat. An diesem schwarzen Abend im Juli. Ich sage ihm, dass ich ihm helfen könne. Ich wusste, dass er ein gläubiger Mensch war. Ich sagte ihm, dass es nur eine Möglichkeit gäbe, sich von seinen Sünden zu befreien und diesen ganzen Quatsch. Christen sind naiv. Sie glauben an sowas. Also erzählt man ihnen, was sie hören wollen. Er sieht mich an. Ich blicke ausdruckslos zurück. Er weiß, was ich damit sagen will. Er schaut auf meine Waffe, die ich noch immer auf sein Herz gerichtet habe. Falls er eines besitzen sollte. Er nickt leicht und ich hasse ihn. Mehr als je zuvor. Er wird es tun. Er muss es tun. Wie verabscheuungswürdig er ist. Ich hasse ihn. Ich sage ihm, dass wenn ich ihm die Waffe jetzt gebe, es keinen Zweck hätte, auf mich zu schießen. Er nickt und weint. Ich hasse ihn. „Denk noch mal an mich“ Ein Schub durchfährt meinen Körper als der Schuss fällt. Er sackt zu Boden. Ich sehe ihn an, wie er da in seinem Blut liegt und die wunderschöne Küche versaut. Ich sehe ihn mir noch lange an. Sein Lack wird nicht zu ersetzen sein. Ich hasse ihn noch immer. Und lächle. Lächle über dieses jämmerliche Bild, was er abgibt. Wie er hier liegt. In seinem eigenen Blut. Ich lege ihm die Waffe wieder in die Hand. Sie ist ihm beim Abdrücken aus der Hand gefallen. Dieser Vollidiot, denke ich. Es befinden sich nur seine Fingerabdrücke auf der Waffe. Durch meine Handschuhe stehe ich auf der sicheren Seite. Langsam spüre ich den Schmerz in meinem Arm und sehe, dass ich noch immer etwas blute. Ich verbinde meine Wunde grob und gehe zur Tür. Ich blicke noch einmal auf seine Frau und seinen Sohn, der nur einen halben Meter neben ihr liegt. Ich lobe mich, weil ich so gut getroffen habe. Ich bin ein guter Schütze. Als ich die Tür öffne, blicke ich mich noch einmal im Haus um. Der Fernseher ist noch immer an. Kein Lachen mehr. Keine Familie. Alles ist schwarz. Als ich vom Haus weggehe, sehe ich das Auto von ihm. Er hat so einen lächerlichen Aufkleber an der Heckscheibe. Und ich weiß jetzt, wie sein Sohn hieß. Ich schüttel den Gedanken an ihn ab und lächle. Ich konnte es wieder. Ich lächelte. Es gab wieder etwas, wofür es sich lohnte. „Denk noch mal an mich.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)