Die Abenteuer von Mr. Bär und Mr. Baguette von Wollfisch ================================================================================ Kapitel 17: Die Alternative --------------------------- Die Alternative 1. „Luke ich bin dein Vater.“ Der Satz stand in der Luft, gewann rasch an Gewicht und knallte tonnenschwer durch das Deck. Im übertragenen Sinne natürlich. Vor allem, weil das nicht wirklich gesagt worden war. Flip Flop starrte Kapitän Reißzahn an wie eine Eule. Mit weit aufgerissenen Augen. „... ich heiße nicht Luke... sagte er. Der Pirattenkapitän legte den Kopf schief und seine Schnurrhaare zitterten leicht. „Das hab ich doch auch gar nicht gesagt... ähm, oder doch?“ antwortete er. „Ich dachte ich hätte das verstanden................ SOHN???“ Flip Flop kippte nach hinten und verdrehte die Augen. „Hoppla! Jaaah, das kommt vielleicht etwas überraschend, nicht?“ lachte Reißzahn und schüttelte seinen Rattenjungen. „Es ist über 150 Jahre her, dass ich dich und deine Mutter zum letzten Mal gesehen habe. Ich wollte immer mal wieder nach euch sehen, aber irgendwie haben wir beim Plündern nie das richtige Dorf erwischt.“ „Diese Insel ist aber auch waaaaaahnsinnig groß.“ nuschelte Flip Flop und sah Sternchen. „Nicht wahr? Und unser Navigator ist schrecklich unfähig. Nun sei es drum, jetzt sind wir beide hier. Und wie es scheint, sind wir zur rechten Zeit am rechten Ort.“ Die riesige Ratte fixierte Onkel Dave mit einem so finsteren Blick, dass sich die Dunkelheit vor Schreck unterm Bett versteckt hätte. Davenirus wiederum lies sich nicht die Bohne beeindrucken. Er beobachtete anscheinend interessiert seine Fingernägel. „Ist was?“ lies er sich schließlich vernehmen. „Du wolltest meinen Sohn doch nicht etwa töten, oder??“ Mit der Schärfe in der Stimme hätte man ein mexikanisches Chilligericht würzen können. „Aber nicht doch. Ich hätte ihm bloß die Haut abgezogen. Das hat er sich eigentlich verdient. Und dann hätte ich seine Freunde gefressen.“ Flip Flop quietschte entsetzt. „Du hast doch sicher nichts dagegen, wenn ich mir diese Querulanten hier nehme und das Schiff verlasse? Deinen Rattenjungen kannst du von mir aus behalten.“ Mr. Baguette und Stanley standen direkt vor ihm und schluckten. Mr. Bär, immer noch gefesselt und geknebelt, verdrehte genervt die Augen. Bitte, soll der Typ es doch versuchen. „Ja, die kannst du von mir aus haben. Ich brauche niemanden mehr für meine Crew, abgesehen davon, dass der eine nicht mal nen Pelz hat.“ „Das kannst du nicht machen!! Das sind meine Freunde!“ Flip Flop erwachte schlagartig aus seinem Überraschungskoma und sprang auf und ab wie ein wütender Gummiball. Boing Boing. „Diese Typen? Findest du das nicht ein bisschen schräg?“ Der Pirattenkapitän musterte die Anwesenden. Ein dicker falscher Franzose der nach Knäckebrot roch, ein gefesselter Bär mit fiesen Augenbrauen, ein sabbernder Werwolf, ein kleiner rosa Seestern im Raumanzug und ein hübscher Hamster. Oh, dieses Hamstergesicht, es war fast so schön wie das von Blaah!s Mutter. Nur kleiner. Und haariger. „Du hast einen komischen Geschmack mein Junge.“ „Genau wie meine Mutter.“ Flip Flop blickte ärgerlich in die Augen seines Rattenvaters. „*Haha* Aber du bist genauso bissig wie dein alter Herr!!“ Mr. Bär verdrehte im Hintergrund so sehr die Augen, dass sie ins Innere seines Schädels blicken konnten. Viel gab’s da allerdings nicht zu sehen. Diese ganzen Verwandtschaftsbeziehungen waren ihm schon immer ein Dorn im Auge gewesen. Wenn es nach ihm ginge, dann wäre die ganze Welt ein Waisenhaus in dem sich niemand ausstehen konnte. Was wäre das so schön. Glücklicherweise ginge es nicht nach ihm. Kapitän Reißzahn lachte immer noch schallend und verkündete, dass sie ab sofort doch ein paar neue Crewmitglieder hatten. „Nein! Wir wollen bloß wieder von der Insel runter, das ist alles!“ rief Flip Flop „... und ich will meine Vampirgestalt zurück!!“ setzte er trotzig hinterher. Er hasste es eine Ratte zu sein, das nervte. „Solange du auf diesem Schiff bist, wirst du eine Ratte bleiben!“ lies sich Davenirus vernehmen. Keiner hatte ihn gefragt, aber plötzlich hören ihm alle zu. Es war sowieso taktisch unklug ihn aus den Augen zu lassen. „Du verstehst es wohl nicht, was lieber Neffe? Die Atmosphäre des Schiffes, dieser gelbe Nebel, der ähnelt in seiner Zusammensetzung dem ordinären Tageslicht. Du bist eine niedere Kreatur bei Tageslicht und auf diesem Schiff wirst du für immer so bleiben!“ Er lachte dröhnend. Die Schadenfreude hätte Flip Flop ihm nur zu gerne aus dem Gesicht gewischt. Aber das schien egal in welcher Form nicht möglich. Sein Onkel Dave war nun mal einer der ganz alten und mächtigen Vampire. Und er war keineswegs so taktvoll wie die Typen in den aktuell sehr weit verbreiteten Romanen. Er war einfach ein fieser Typ. Aus Überzeugung womöglich. „Wenn du noch einmal einen Fuß auf transblubbischen Grund setzt, dann...“ Weiter musste er gar nicht sprechen. Jeder an Bord hatte genau verstanden was er meinte. Außer Mr. Baguette und Stanley. Die trauten sich aber nicht irgendwas zu sagen. Flip Flop zischte verärgert auf der Hand seines Vaters, der wiederum die andere Hand drohend die Faust hob. „Wenn du es wagst meinem Sohn auch nur ein Schnurrhaar zu krümmen, dann..." Auch er brauchte den Satz nicht zu beenden. „Du hast 150 Jahre lang das Dorf in dem meine Schwester lebte nicht gefunden und glaubst, du könntest mich innerhalb von einer Nacht ausfindig machen? Du bist ein Verlierer, ein Irrtum der Evolution und du hast kein Geld für ein Navigationsgerät.“ Onkel Dave blickte vom Kapitän Reißzahn in die Runde. Er begann bei Flip Flop und endete bei Mr. Baguette. „Solltet ihr es dennoch wagen, die Insel wieder zu betreten... ich finde euch.“ Mit diesen Worten verwandelte er sich zurück in die riesige Fledermaus und sprang von Bord. Mr. Baguette, Stanley und der Pirattenkapitän rannten zur Reling und starrten ihm hinterher. Sie sahen wie er auf dem Boot „Graf Bluttrinker“ landete und beherzt in die Ölleitung biss. Dann flog er mit imposanten Flügelschlägen davon. 2. Flip Flop hockte auf der Brüstung des Schiffes und starrte verärgert hinunter. Dieser Bastard von Onkel! Wenn sie nicht innerhalb der nächsten 10 Minuten mit dem Boot zurück an Land fuhren, war das Benzin alle. Wenn sie warteten bis sein Vater mal wieder an Land plündern wollte, dass konnte JAHRE dauern... selbst wenn er den Entschluss sofort fasste. Jahrelang in der Rattengestalt? Nein, dass ging auf keine Kuhhaut. „Oh mon diöö, was tuen wir jetzt?“ fragte Mr. Baguette und schlug die Hände überm Kopf zusammen. „Das gibt doch eine Ölpest vor der Küste, oh noo, die armen Fische!“ Stanley starrte ihn an. Dann schaute er zum Boot. Eine winzige Menge gelber Brühe ergoss sich ins Meer. Es sah aus, als hätte jemand hineingepinkelt. “Das reicht doch nicht für eine Ölpest. Das reicht um ein paar Pommes zu frittieren!“ meinte er und lachte schief. *Wenn die Fische schon ölig sind, dann braucht man sie nur noch zu braten.* dachte Mr. Bär. Sprechen konnte er ja immer noch nicht. Dr. Seestern, der sich bisher dezent im Hintergrund gehalten hatte, meinte: „Wollt ihr wissen wie Ölpest funktioniert? Da bohrt jemand ein Loch in den Boden und da kommt dann doppelt so viel Öl raus, wie diejenigen zugeben wollen. Das ist dann echt die Pest.“ „Wirklisch??“ „Hallo?? Darum geht es nicht! Wenn wir nicht schleunigst ins Boot steigen und an Land fahren, dann müssen wir vielleicht jahrelang hierbleiben!“ rief Flip Flop und rannte überdreht hin und her. Stanleys Kopf folgte seinen Bewegungen und... schnappte zu. „Muldige, Meflex!“ sagte er mit vollem Mund und spukte die kleine Ratte wieder aus. Die Pirattenkapitän schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hinterkopf. „Aua, wofür war DIE denn??“ winselte der Werwolfvampir und verwandelte sich in seine halbmenschliche Gestalt um sich an den Hinterkopf greifen zu können. Er ertastete eine dicke Beule. „Wenn du noch einmal versuchst meinem Sohn zu fressen, dann...!!!“ „Ich wollte ihn nicht fressen, das war bloß ein Reflex!! Klein, pelzig, ist gerannt... Haps!“ verteidigte er sich. „Ich geb dir gleich HAPS!“ rief Reißzahn. „Oh no, nischt streiten, ouwie? Wir sind doch alle s’ivilisierte PersOnen, nes pas?“ Er blickte sich um. Er sah sehr viele riesige haarige Ratten, die ihn angeiferten als wäre er ein Stück Putenfilet... Er hielt sich nämlich nicht für ein Stück Schweinebraten. „Wir sollten darÜber abstimmen, ob wir das Schiff verlassen, nischt? Es ist swar sehr gastfreundlisch hIer, aber wir wollen diese hErzlische AtmosphEre doch nischt überstrapazieren, nes pas?“ Er sah sich auf einem Teller liegen. Garniert mich etwas Sauerkraut. Wie unfranzösisch! Stanley nickte eifrig... und kriegte Kopfschmerzen. Mr. Bär im Hintergrund murmelte so laut wie eine Waschmaschine in vollem Gange. Mr. Baguette ging vorsichtig durch die Pirattencrew und entfernte den Knebel seines fusseligen „Freundes.“ „Oh, ihr wollt euch also aussaugen und fressen lassen? Ich bin dabei!“ rief er unangebracht motiviert und wand sich dabei immer noch in seinen Fesseln. Mr. Baguette beeilte sich ihn loszubinden. Als Mr. Bär seine Bewegungsfreiheit zurück erlangt hatte, schwang er sich nicht sehr stilvoll, aber schnell über die Reling. Da er aus Plüsch war, machte ihm der Aufprall auf Graf Bluttrinker nichts weiter aus. „Kommt schon, ihr lahmen Socken! Wir wollen doch nicht zu spät zu eurer Beerdigung kommen, das Öl reicht nicht mehr lange!!“ „Warum hast du ihn freigelassen??“ fragte Flip Flop und starrte Mr. Baguette an, der zweifelnd nach unten schaute. „Glaubst du, er mag uns wirklisch nischt?“ Er zog eine Augenbraue nach oben. „Nein, ich bin davon überzeugt!!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)