Die Abenteuer von Mr. Bär und Mr. Baguette von Wollfisch ================================================================================ Kapitel 1: Der Stand der Dinge ------------------------------ Die Sonne glitzerte auf dem Meer wie das Nest einer ambitionierten Elster. Mr. Bär und Mr. Baguette, ihres Zeichens die nautische Version von Ernie und Bert, jedoch zumindest zur Hälfte mit besser gepflegten Augenbrauen, saßen an Deck ihres Schiffes namens Kieselstein. Das „Schiff“ wies eine erstaunliche Ähnlichkeit mit einem einfachen Ruderboot auf, was Größe und Komfort anging... und zwei Paddel hingen dröge ins Wasser. „Seit TAGEN habe isch keinen HÜbschen HIntern mehr gesehen“! rief Mr. Baguette und schlug die Hände über seiner Baskenmütze zusammen. Sein langer geringelter Schnurrbart zitterte empört. „Seit wann interessierst du dich für Hintern“? fragte Mr. Bär gelangweilt. Er wollte die Antwort eigentlich nicht hören. „Gansss ehrlisch Mr. Bär... im Augenblick würde isch misch sogar für Europäische Gewerkschaften interessieren...“ „So schlimm“? „Ouwie, Schlimmer... und sieh nur, jetzt ist uns sogar noch der Käse ausgegangen.“ 3 Tage früher: Mr. Baguette war ein 42 Jahre alter Mann mit Bauchansatz und einem ewig langen Schnurrbart der, gegen jeden Widerstand der Schwerkraft erhaben, sich hin und wieder wie ein Schweineschwänzchen gen Himmel rollte und dabei so manche vorbeigehende Leute mit seinem auf und abwippen hypnotisierte. Mr. Baguette hielt sich für einen waschechten Franzosen und kleidete sich auch dementsprechend. Er sah aus wie ein wandelndes Klischee und die Personifizierung von „politisch unkorrekt.“ Selbst seine Eltern hatten es niemals gewagt ihm zu sagen, dass er eigentlich aus Hessen stammte. Natürlich wusste er es... aber er hatte sich ebenfalls bisher nicht getraut es sich zu sagen. Zurzeit stand er in einer Schlange eines großen Supermarktes, umklammerte einen großen Haufen verschiedenster Käsesorten und betrachtete mit mäßigem Interesse die Leute um sich herum. Vor ihm stand ein junges Mädchen das ein Netzhemd trug, das ihre Bauchspeckfalten so richtig schön zur Geltung brachte. Er fragte sich, ob sich auch bei ihr sich niemand getraut hatte ihr zu sagen, dass sie grässlich aussah. Hinter ihm stand ein älterer Herr, der unaufhörlich vor sich hin murmelte. Mr. Baguette glaubte zwischendurch Worte wie „Misskredit – Bankenkrise – Hihi“ zu hören wollte es aber nicht genauer wissen. Die Leute um ihn herum waren schrecklich uninteressant. Selbst das junge nackte Paar das draußen im Auto sein Unwesen trieb hätte ihn in diesem Moment nicht interessiert. Dafür aber einen älteren Herrn der die langen wirbelnden Haare der junge Frau sah und zu seinem Eheweib sprach: „Sieh mal, da ist ein Hund drin“ und sich näher zur Scheibe beugte. Gleichzeitig, am anderen Ende des Supermarktes, in der Kleintierabteilung, die zwar faktisch nur in Baumärkten vorhanden ist, aber das soll uns jetzt mal nicht stören, da spielte sich in einem Plastikbecher folgendes ab: „Es fehlen dir 4 Stimmen“! sagte ein Heimchen zu einem anderen, das sich überhaupt nicht von ihm unterschied. Weil es eben Heimchen sind. „Das kann nicht sein“!! rief es zurück und hüpfte im zickzack durch den Plastikbecher. Dabei schreckte es all seine Heimchenkollegen auf und der Plastikbecher kippte aus dem Regal. Der Deckel sprang auf und ärgerlich hüpfte „Das kann nicht sein“-Heimchen in die Freiheit. „Das werdet ihr noch büßen!!! Wenn ich erstmal die Welt regiere, dann werdet ihr unbedeutende kleine Hofdiener werden die von Nichts ne Ahnung haben... ach nein, ihr seit ja jetzt schon blööööde“!! Es hüpfte davon. „Glaubst du es kommt irgendwann zurück“? fragte Heimchen Nr. 2 „Um auch verfüttert zu werden... ne, so bescheuert ist doch keiner“! (Heimchen Nr. 24) „Wieso wollte es zum König der Plastikschale gekrönt werden“? (Heimchen Nr. 5) „Gehört wohl zu der Sorte Leute die immer den Bauch gepinselt haben wollen selbst wenn sie ne absolute Hohlfrucht sind.“ (Heimchen Nr. 24) „Du meinst so wie diese unbegabten Leute bei diesen Fernseh-Sing-Casting-Sendungen“? (Heimchen Nr. 5) „Wir sind Heimchen, woher wissen wir denn DAVON“?? (Heimchen Nr. 13) Kurz darauf betrat ein gewisser Mr. Bär den Supermarkt. Niemand schien Notiz von ihm zu nehmen. Zumindest nicht aus seiner Perspektive heraus. Wenn man ein 1,75 m großer Teddybär mit dicken Augenbrauen und Matrosenkleidung ist, dann ist man es gewöhnt, dass die Leute nur HINTER einem herstarren. Die Leute vor ihm betrachteten energisch unauffällig die Obstkörbe und sahen teilweise so aus, als ob sie das erste Mal in ihrem Leben eine Kiwi sehen würden. Mr. Bär war davon ziemlich genervt. Mr. Baguette war wieder zu Hause angekommen. Er stellte seine Einkäufe, die tatsächlich ausschließlich aus Käse bestanden, auf den Küchentisch und ging ins Wohnzimmer. Dort in einen Käfig rannte eine Hamsterdame namens „Cremé Brühlee“ in ihrem Rad herum. Sie war so schnell, dass die Scharniere bereits qualmten, aber das verfluchte Ding wollte sich einfach nicht aus seiner Halterung lösen. Panisch glotze Cremé Brühlee nach rechts und links. „10345... eine ungerade Umdrehungszahl... noch eine und noch eine und noch eine... Schnürschuh“ geisterte es durch ihren neurotischen Hamsterverstand. Im Supermarkt hüpfte unterdessen ein Heimchen an Mr. Bär hinauf und kroch in eines seiner flauschiges Ohren. Eigentlich wollte es ja doch noch zu den Anderen zurückkehren, hatte den Weg aber nicht gefunden. Da es aber eh alle anderen Heimchen außer sich selbst blöd fand war das eh unwesentlich. „Oh non, isch habe dein Füüütter vergessen“! Mr. Baguette schaute seine Hamsterdame entschuldigend an, drehte sich um und zog die Tür hinter sich zu. Er eilte die Straße hinunter und traf im Eingangsbereich des Supermarktes... Mr. Bär, der gerade wieder gehen wollte. Sie starrten einander an wie Rehe mitten in der Nacht auf der Fahrbahn ein Auto angestarrt hätten. Sie kannten sich nicht. Sie wussten rein gar nichts voneinander. Der Gott der Handlung hatte es so gewollt und die Luft wurde spürbar kühler. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)