100 Themes Challenge von CrackpotCity (every day is writing day) ================================================================================ Kapitel 22: #22 [Mother] ------------------------ Toast > Pizza "Nichts da, Kaffee und Zigaretten. Ihr setzt euch an den Tisch und frühstückt richtig!", schimpfte sie und scheuchte ihren Bruder aus dem Wohnzimmer, der schon wieder verdächtig nach etwas Ausschau gehalten hatte. Pascal bedachte sie mit mürrischen Blicken, während er selbst der Aufforderung gerne nachkam. Rauchen war für seine Lungen momentan sowieso nicht drin und er fühlte sich von seinem Körper aufgefordert, endlich mal wieder ein paar Kohlenhydrate ranzuschaffen. "Für dich hab ich nen Tee, die Toasts sind schon im Toaster und lasst euch bitte Zeit beim Essen. Jeder kriegt ein Aspirin zum Nachtisch und falls Lucca es irgendwann runterschafft, schmiert ihm halt einer ein Brötchen, okay? Ich bin nochmal kurz in der Stadt." Fehlt noch das Mobiltelefon am Ohr; ansonsten hat sie definitiv das Zeug zum multitaskenden Chef. Fleißig wie ein Bienchen, erklärte, packte irgendwelche Tüten zusammen und zog sich die Jacke an, warf ihnen gleichzeitig liebevolle (in seinem Fall) und strenge (die waren an ihren Bruder gerichtet) Blicke zu, ohne dabei im Mindesten gestresst zu wirken - was bei einem solchen Bruder wie Pascal, um den man sich mit aller Kraft kümmern musste, schon wirklich eine Kunst war. Ergeben ließ er sich auf dem Küchenstuhl nieder, schnüffelte eine Nase voll Kräutertee, während die Haustür ins Schloss fiel. Pascal folgte ihm nach ein paar hadernden Sekunden, in denen er wohl überlegt hatte, ob er sich aus Trotz dem Willen seiner Schwester widersetzen sollte. Er schien darauf gekommen zu sein, dass sie es wohl doch nur gut mit ihm meinte und dass sich ein knurrender Magen für den Rest des Vormittags nicht lohnte, nur um irgendwelche Prinzipien durchzuboxen. Na, jedenfalls war er ganz froh, dass er nicht alleine frühstücken musste; das war irgendwie so ungemütlich. Wenn er nicht grade kalte Pizza vom Vorabend vertilgte, nebenbei auf der Couch beim Fernsehen. So richtig frühstücken mit allem drum und dran, das war für ihn schon fast ein kleines Event. Und wenn es nur Butter mit Marmelade war. Er erinnerte sich noch lebhaft an das Frühstück vorgestern, als sie alle zusammen am Tisch saßen wie eine kleine Familie, mit einem gutgelaunten Lucca, der seinen Bruder anviechte, einer schlichtenden Maria und einem sich hinter der Zeitung versteckenden Pascal. Hah, unfair. Pascal nahm auf dem Weg zum Tisch gleich die fertigen Toasts mit, die geräuschvoll ausgespuckt worden waren, sah aber wie immer nicht sehr begeistert aus. Wunderte ihn sowieso, dass der Kerl sich wirklich mal was sagen ließ. Aber gut, war ja auch Maria. Wer lässt sich denn von Maria nichts sagen. Er summte leise, als er sich dem Kräutertee näherte, der allerdings doch noch zu heiß zum Trinken war und nahm vorsorglich die Lippen von der Tasse, als Pascal sich an den Tisch setzte. "Das hat sie eindeutig von unserer Mutter", knurrte der, was aber nicht sehr genervt klang, eher wie eine ihn manchmal noch verwirrende Tatsache. Die zwei Toasts wurden brüderlich auf ihre Teller verteilt und er musste grinsen. "Sei froh, dass überhaupt mal jemand nach der mütterlichen Seite schlägt. Väterlicherseits sind ja bislang eher.. mehr oder weniger bizarre Geschöpfe entstanden", krächzte er, noch etwas heiser so früh am Morgen. Aber wenigstens hielt sich mittlerweile der Husten in Grenzen. Er klammerte sich an die Tasse, die gerade so heiß war, dass er nicht nicht daran die Finger verbrannte und pustete den aufsteigenden Dampf weg. "..da hast du nicht ganz Unrecht", gestanden die vernebelten Brillengläser von gegenüber, die in einem Anfall von letztem Trotz zuallererst den Kaffeebecher in Angriff genommen hatten, statt sich um den Toast zu kümmern. Pascal schien gedanklich kurz abzudriften und er vermutete, dass dieser sich grade vorstellte, wie sein Leben ohne Maria und stattdessen mit noch einem verrückten Bruder abgelaufen wäre. Die Vorstellung schien ihn zu überfordern, eine verirrt-gewellte Steilfalte bildete sich zwischen seinen Brauen. Kunststück. Ihm würden in dem Fall wohl ein paar wichtige Eigenschaften fehlen, die ihn von den anderen beiden Monstern unterschied, die diese krude Familie hervorgebracht hatte. Mh.. er fragte sich, wie eine einzige Mutter mit drei solchen verdrehten Kerlen zurechtkommen konnte - insbesondere mit Vincent. So eine.. Kreatur konnte doch nichtmal die eigene Mutter lieben. "Dass du sie zur Schwester hast, ist allerdings schon beneidenswert. Wenn deine Mutter so ist wie Maria, dann würde ich sie wohl auch mögen." Allerdings bezweifelte er stark, die werte Dame einmal persönlich kennenzulernen. Er hatte da so ein Bild vor Augen, das ihm sehr sympathisch war - eine kochlöffelschwingende, immerzu auf Italienisch schimpfende kleine Frau mit viel Herz und Durchsetzungsvermögen, was wohl auch Grundvoraussetzung war in einer Position, in der man eine solche Familie zusammenhalten musste. Was für eine herrliche Vorstellung. Klischee, aber dennoch. Alle verrückten und mafiösen Kerle zusammen an einem großen Esstisch, laut und heftig über Unmengen selbstgemachter Spaghetti Carbonara gestikulierend und Mamma Santargo dazwischen zetert mit einem harten Akzent (für den Pascal ihm spontan eine scheuern würde): "Keine Gessäfte beim Essen!" Eine Familienfeier mit allen Verwandten und engen Freunden artete wohl regelmäßig in einem unvorstellbar lauten Chaos aus. Das er ja zu gerne mal miterleben würde. Da Pascal nichts auf seine lauten Gedanken erwidert hatte und sich stattdessen gerade die Butter angelte, fuhr er fort mit seinem Kopfszenario. "Ob sie mich wohl auch mögen würde? Was meinst du? So als-" Im gleichen Moment fühlte er sich unangenehm angestarrt und hatte das Gefühl, als wollte Pascal ihm ein Loch in den Schädel brennen. Vielleicht hätte er es auch geschafft, wenn er ein paar Superman-Gene abbekommen hätte. "Wenn du dich an meine Schwester ranmachst, muss ich dich leider umbringen." "..schon klar, Häuptling Großer Bruder. Aber darf ich dich daran erinnern-" "Umbringen!", wiederholte sich Pascal, während er ihm todernst mit seiner Toastkante über den Tisch hinweg drohte. Seine Schultern zuckten schon verräterisch und er klemmte sich an seine Tasse Kräuterwasser, um nicht laut loszuprusten. Er fing sich trotzdem einen Tritt unterm Tisch ein, verbrannte sich die Lippen am Tee und fing sofort an zu schimpfen, während Pascal zufrieden grinsend in seinen Toast biss. Ach ja. Viel besser als kalte Pizza auf der Couch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)