Chrislatte Adrienato von Zuecho (Von Löchern und Latten) ================================================================================ schwimmende Vollhonks --------------------- „Aaaaaw! Guck mal!“ Unsanft stieß Adrien mir seinen Ellbogen immer wieder in die Seite. „Hmm“, gab ich von mir und nahm einen tiefen Zug von meiner Kippe, Adrien ignorierend. „Man, jetzt guck doch mal!“ Wieder rammte er mir seinen verdammt spitzen Ellbogen in die Seite, also ließ ich seufzend meinen Blick seinem ausgestreckten Arm folgen. Mo und Nick standen ein Stück von uns entfernt. Nick strich Mo sanft durchs Haar und sagte leise etwas zu ihm, was Mo rot werden, kichern und an Nicks Kleidung rumzupfen ließ. Nick lachte, nahm Mos Hände und küsste ihn zärtlich, was Mo bloß noch röter und mehr kichern ließ, also schlang Nick stattdessen die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. Da sprang Mo ihn geradezu an, Nick verlor das Gleichgewicht und sie stürzten zu Boden, wo sie sich aufeinander rumrollten und schließlich wieder küssten. Adrien seufzte sehnsüchtig neben mir und ich wandte mich ihn fragend zu. „Ich will auch.“, murmelte er und sah weiter zu den anderen beiden rüber, die ganz vertieft in den Kuss waren. „Wen denn? Gibt es jemanden den du küssen möchtest?“, fragte ich gespielt mäßig interessiert, als mir Glut von meiner Kippe auf die Hose fiel. „Scheißdreck!“ Fluchend sprang ich auf und klopfte mir die Hose ab. Na ja, eigentlich war das auch egal, die Hose war eh schon recht zerschlissen. Seufzend setze ich mich wieder hin, sah zu Adrien rüber. Der sah mich auf eine seltsam eindringliche Weise an, senkte nach einer Weile den Blick und fing an, in dem Brandloch, das die Asche hinterlassen hatte, zu pulen. Das war ein Tick von ihm. Wer mit Adrien befreundet sein wollte, durfte keine Angst vor Köperkontakt haben, denn Adrien suchte diesen permanent. Ständig musste er einen anfassen, an einem rumzupfen, -fummeln oder -sont-was-en. Er hatte bei manchen sogar bevorzugte Stellen. Bei Mo waren es Haare und Gesicht, bei Nick schloss er gerne den Reißverschluss seiner Jacken auf und zu, bis Mo Nick wegzog oder jemand ihn ablenkte und bei mir war er ständig an Armen, Händen und Beinen dran. Anfangs hatte es mich irritiert und schier wahnsinnig gemacht, inzwischen gehörte es dazu und ich vermisste es schon fast, wenn Adrien es mal nicht tat. Dass er allerdings so schweigsam an meiner Hose rumpulte, machte mir ein wenig Sorgen, denn normalerweise hatte er immer etwas zu erzählen. Und wenn es bloß darum ging, das er heute eine rote Paprika gegessen hatte, oder seine Nachbarin sich einen popelgrünen Nagellack aufgetragen hatte. Es war also nicht unbedingt wichtig, dass man ihm zu hörte, ein gelegentliches Brummen oder Nicken reichte meist schon aus. Aber aus einem bestimmten Grund hörte ich ihm tatsächlich jedes Mal zu und merkte mir auch noch, wovon er sprach. Der Grund war recht banal. Ich mochte Adrien. Nein, nicht so, wie ich Mo mochte. Nicht auf diese Beste-Kumpel-Schiene, sondern mehr auf die ‚Ich-wär-gern-der-den-du-küssen-möchtest’-Art. Punkt. Ein schweigender Adrien war also kein gutes Zeichen. Inzwischen hatte er aus dem kleinen Brandloch ein großes Loch gemacht und ich konnte seinen Fingernagel auf meiner Haut rumkratzen spüren, was nicht gerade angenehm war. „Adrien“, murrte ich also und schob seine Hand zur Seite, was Adrien dazu brachte einen Schmollmund zu ziehen. Darin war er besonders gut und wenn man ihm nicht nachgeben wollte, war es das Beste ihn und seinen verdammt süßen Schmollmund zu ignorieren. Also wandte ich den Blick wieder ab, zog ein letztes Mal an meiner Kippe, die inzwischen fast ganz abgebrannt war und schnippte sie zu Boden. „Du solltest dir das Rauchen abgewöhnen“, meinte Adrien zum ungefähr 8128. Mal und trat den noch glühenden Stummel aus. Ich ging nicht weiter darauf ein, das Thema hatten wir schon zu oft durchgekaut. „Wir sollten mal wieder feiern gehen“, meinte Adrien plötzlich und nahm meine nun freie Hand in seine beiden. „Und mit wem? Die anderen haben doch alle keine Zeit mehr in den nächsten paar Wochen“, erinnerte ich ihn. Während Mo, Adrien und ich unsere Klausurphase schon hinter uns hatten, lag dem Rest unserer Clique dieser Teil noch vor. Nick würde seine diese Woche abschließen. Das war auch der Grund, warum wir nur zu viert hier saßen. „Ach ja stimmt“, murmelte Adrien. „Dann eben nur wir vier. Genau wir könnten doch feiern, dass Nick es nun schon einen Monat mit Mo ausgehalten hat.“ „Das hab ich gehört!“, kam es empört von Mo, der sich nun aufrappelte und auf uns zu schritt, um Adrien zur Rechenschaft zu ziehen. Nick folgte ihm und hielt ihn davon ab, Adriens Haare zu misshandeln. Irgendwie ging Mo davon aus, dass, weil ihm seine Haare wichtig waren, jedem die seinen genau so wichtig waren. Adrien stellte sich dennoch vorsichtshalber hinter mich und begann nun an meinen Haaren rumzuzupfen. „Aber das wär doch ein guter Grund, euer Einmonatiges zu feiern. Wir könnten…wir könnten…“ Ich konnte spüren wie er fragend mit den Schultern zuckte. „Zum Loch gehen!“, warf Mo begeistert ein. „Es ist arschkalt, Mo. Nicht die richtige Jahreszeit fürs Loch.“ Das Loch war das stadtnahe Baggerloch, das zum Badeloch freigegeben worden war und einem im Sommer mit seinem sandigen Ufer wenigstens ein bisschen Urlaubsgefühl vermitteln konnte. „Wir könnten es uns dort doch einfach am Ufer gemütlich machen“, fuhr Mo unbeirrt fort. „Was zu Essen mitnehmen und so.“ „Au ja! Und was zu trinken!“, begeisterte sich Adrien für den Vorschlag. „Können wir? Können wir?“ Mo setzte bei Nick große fragende Augen ein. Und Adrien bei mir seinen Schmollmund. Ich hatte also verloren. „Von mir aus“, murrte ich und zog schnaufend meine Zigarettenpackung aus meiner Jackentasche. *~*~*~* Samstagabend war es also soweit. Wir hatten Glück gehabt mit dem Wetter. Es war kalt, aber nicht arschkalt, also sehr gut auszuhalten. Es war schon dunkel und wäre wohl auch stockfinster gewesen, wenn nicht Vollmond gewesen wäre und dieser das ganze Baggerloch in ein sanftes Licht tauchte Mit einer Tüte Mixgetränke und einem Sixpack Bier bewaffnet suchten Adrien und ich schon mal ein schönes Plätzchen, was nicht schwer war, da zu dieser Jahreszeit eh niemand herkam und wir uns so die schönsten Fleckchen selbst belegen konnten. Mo und Nick kamen, als wir schon zwei Decken ausgebreitet, alles ausgepackt und uns niedergelassen hatten. Sie hatten eine Tasche voll Essen, aber hauptsächlich Süßkram dabei. Mo, unser Schussel, hatte sein Limozeug vergessen und weigerte sich hartnäckig vom Alk mitzutrinken. Er wollte sich nicht wieder vor Nick blamieren. Nach einer Packung Salzstangen, einer Dose gesalzener Erdnüsse und einigen Chips riss er Nick dann aber doch die Bierflasche aus der Hand und leerte sie auf Ex. Danach sah er so aus, als wäre ihm leicht schlecht, aber weil er eben Mo war schaufelte er weiter salzige Sachen und nahm dankend die Mixgetränke an, die Adrien ihm reichte. Es dauerte nicht lange und die beiden waren ordentlich abgefüllt. Adrien begann wieder ohne Unterlass zu reden und Mo wurde hibbelig und kicherte in einem durch. Nick nippelte an seinem dritten Bier und ich war nach zwei Mixgetränken auch dazu übergegangen Bier zu trinken. Adrien öffnete sich eine weitere Flasche, nahm einen Schluck und sprang plötzlich hoch. Mit der Flasche auf Nick zeigend und leicht schwankend stand er da. Mo unterbrach seine Kicherorgie und sah interessiert zu Adrien auf. Auch Nick, der einen Arm um Mo gelegt hatte und ich sahen Adrien fragend an. „Nick!“, rief Adrien, mit der Flasche rumfuchtelnd. „Nick!“ Und noch einmal: „Nick!“ Mo begann begeistert zu klatschen und brachte Adrien so dazu seiner eindrucksvollen Rede noch etwas hinzuzufügen. „Nick!“ Nach einem weiteren Schluck, begann Adrien dann endlich wieder in ganzen Sätzen zu sprechen. „Du hast uns unser Baby genommen!“, begann er noch erstaunlich klar sprechend und seine Flasche nun auf den noch immer Applaus spendenden Mo richtend. „Und hältst es nun schon seit einem Monat mit ihm aus! Es ist an der Zeit dich mit einem kleinen Ritual in unserer Mitte willkommen zu heißen!“ „Au ja!“, begann Mo zu jubeln. Ich war gespannt. Von was für einem Ritual sprach Adrien da? Ich kannte jedenfalls keins. „Es beginnt damit, dass…“ Adrien anscheinend auch nicht, denn er sah sich Hilfe suchend um. Sein Blick legte sich auf Mo, der versuchte sich seine Jacke auszuziehen und sich hoffnungslos verhedderte, so dass Nick ihm helfen musste. „Dass derjenige, der ein neues Mitglied in die Gruppe bringen möchte und ein anderes Mitglied nackt den Ritualstanz aufführen müssen!“ Er zog den verwirrten Mo, der endlich von seiner Jacke befreit war, zu sich hoch. Aber Mo sah Adrien nur fragend und schwankend an. „Wir müssen uns jetzt ausziehen und tanzen.“, erklärte Adrien ihm also noch mal. „Oh, okay.“ Ohne sein sonstiges Schamgefühl begann Mo sich seelenruhig auszuziehen und Adrien folgte seinem Beispiel. Da die beiden aber, dank des Alkohols, recht große Koordinationsschwierigkeiten hatten, wurde statt eines sexy Strips, mehr so etwas wie eine Strampel- und Fluchaktion daraus. Nick und ich versuchten recht erfolglos unser Lachen zu unterdrücken. Schließlich plumpste Adrien zu Boden, bekam endlich seinen Kapuzenpulli und sein T-Shirt ausgezogen und nahm erleichtert einen Schluck aus seiner Flasche, die er zuvor irgendwo in den Sand gelegt hatte. Mo hatte es mittlerweile auch geschafft seinen Oberkörper von seinen Klamotten zu befreien und ließ sich nun zu Adrien in den Sand fallen, nahm ihm die Flasche ab und trank selbst daraus. Dann begannen sie fast synchron sich ihre Hosen runterzuzerren. Adrien war als erster fertig und rappelte sich wieder auf. Mo zog sich schon außer Atem an ihm hoch. „Finale, oho!“, rief Adrien und sie zerrten den letzten Rest Stoff von sich, den sie noch trugen. Ihre Boxershorts. „Wuhuuu!“ Adrien riss seine Arme in die Luft und schleuderte die Unterhose mit dem Fuß zur Seite. Als Mo versuchte seine möglichst weit weg zu werfen, konnte Nick nicht mehr und fing laut an zu Lachen, denn die Unterhose schaffte es nicht mehr als einen Meter und sank dann zu Boden. Adrien und Mo besahen uns mit strafenden Blicken und stemmten die Hände in die Hüften. „So und jetzt?“, fragte Mo Adrien schließlich interessiert. „Jetzt müssen wir tanzen.“ Ein wenig unschlüssig standen sie herum, bis Mo einfiel das er gar nicht tanzen konnte. „Oh. Ich auch nicht.“ Nachdenklich kratzte sich Adrien am Kopf und sah sich wieder um. „Neue Regel“, meinte er dann und wies auf das Badeloch. „Statt zu tanzen werden wir nackt baden!“ Noch bevor wir ihn aufhalten konnten, hatte er Mos Hand gepackt und lief schreiend auf den See zu. Mo stimmte in das Geheule ein, während ich und Nick aufsprangen und ihnen brüllend hinterher jagten. „Nicht! Adrien, das ist viel zu kalt!“ „Bleibt stehen! Mo! Adrien!“ Zu spät, die beiden hatten das Wasser schon erreicht und liefen hinein, nun um einige Oktaven höher kreischend. „Es ist so kalt!“, quietschte Mo und rutschte aus, flog rückwärts ins Wasser. „Gute Idee, Mo!“, kreischte Adrien und warf sich ebenfalls ins Wasser. „Verdammt!“, motzte ich und hielt am Wasser an. Prustend und schnaufend tauchten die beiden wieder auf. Das Wasser ging ihnen inzwischen bis zur Hüfte. „Kommt da wieder raus! Es ist gefährlich-…“ Nick wurde von einem Schwall kaltem Wasser, den die beiden uns schickten, unterbrochen. Ich konnte mich noch retten, aber Nick bekam einiges ab. „Hiermit heißen wir dich herzlich in unserer Gruppe willkommen, Nick!“, brüllte Adrien und warf sich noch einmal ins Wasser. „Genau!“, quiekte Mo und tat es Adrien nach. „Schön, dann könnt ihr ja jetzt wieder rauskommen!“, brüllte ich zurück. „Honulululululu!“, stimmte Adrien eine Art Kriegsgeheul an, in das Mo wieder einstimmte. Dann begannen die beiden Idioten doch tatsächlich hin und her zu schwimmen. „Mo, wenn du jetzt raus kommst dann…dann bekommst du einen Kuss!“, versuchte Nick Mo wieder an Land zu holen. Und tatsächlich hielt Mo inne und schien zu überlegen. „Komm schon, Mo.“, lockte Nick weiter und hatte Erfolg. Mo watete aus dem Wasser und warf sich in seine Arme. Armer Nick, jetzt war er ganz nass. „Adrien! Jetzt komm auch raus!“, brüllte ich ihn wieder an. „Dann will ich aber auch einen Kuss“, teilte er mir mit, die Hände wieder in die Seiten gestemmt. Ich warf einen Blick zu Mo und Nick rüber. Die beiden hielten sich eng umschlungen und waren in ihrem Kuss vertieft. „Nick ist beschäftigt“, rief ich ihm also zu und war ein wenig angesäuert. „Doch nicht von Nick, du Idiot!“ Adrien klang irgendwie wütend. „Von wem denn dann? Mo ist auch-…“ „Na, von dir, du Vollhonk!“ Adrien funkelte mich wütend an. „Oh“, machte ich. „Okay.“ Mein Mund war auf einmal ganz trocken. Da hüpfte Adrien geradezu aus dem Wasser. ‚Nur ein kleiner Kuss’, dachte ich, zog Adrien zu mir und legte meine Lippen sanft auf seine. Ich hatte die Rechnung aber ohne Adrien gemacht, der seine Arme um mich schlang und seine Zunge frech durch meine Lippen schob. Ich hätte diesen Kuss nur zu gern intensiviert, aber Adrien zitterte und schlotterte so sehr, dass ich glaubte seine Knie klappern zu hören. Also schob ich Adrien sanft von mir, sah ihm in die Augen. „Wir gehen jetzt“, meinte ich und wies zu unseren Sachen. Adrien machte sich tatsächlich auf den Weg und ich sah noch mal zu Mo und Nick. Diese hatten inzwischen ihren Kuss abgebrochen, denn Mo rollte sich über den Sand, wovon Nick ihn verzweifelt abzuhalten versuchte. „Kommst du klar?“, fragte ich ihn mitleidig und er sah kurz auf. „Ja, geht schon. Aber du solltest lieber mal Adrien nach!“ Verwirrt sah ich zu Adrien und mir entfloh ein: „Shit!“ Dieser Idiot war doch tatsächlich an unseren Sachen vorbeigelaufen und machte sich gerade schwankend und nackt auf den Weg zur Bahn. „Adrien!“, brüllte ich, aber er ignorierte mich. Ich lief zu unseren Sachen und sammelte alles ein, was einem von uns beiden gehörte und rief ein „Sorry, wir sehen uns!“ zu Nick rüber, der Mo zwar dazu bekommen hatte sich nicht mehr rumzurollen, aber ihn nun vom Sandburgen bauen wegbekommen musste. Dann setzte ich Adrien nach. „Verdammt, Adrien! Warte!“ In einem Wahnsinnssprint, bei dem meinem Sportlehrer wohl die Augen aus dem Kopf gefallen wären und er sich das mit meiner schlechten Note wohl doch noch mal überlegt hätte, holte ich Adrien ein, der summend weiter stapfte und hielt ihn am Arm fest. Keuchend drückte ich ihm seine Klamotten in die Arme. „Was sollte das? Wieso hast du dich nicht angezogen? Wieso bist du einfach gegangen?“, meckerte ich noch immer außer Atem. Adrien sah mich verwirrt an. „Aber du hast doch gesagt, dass wir jetzt gehen würden.“ „Ja, aber doch nicht nackt!“ Erstaunt sah Adrien an sich runter. „Oh, du hast Recht. Hab ich gar nicht bemerkt.“ „Dir muss doch kalt sein!“, rief ich fassungslos und sah seine von Gänsehaut überzogenen Arme und die blauen Lippen an. „Ja, aber du hast mich so…’so’ angeguckt, das ich’s vergessen hab“, murmelte Adrien und wurde gegen Ende immer leiser. „’So' angeguckt’? Wie hab ich dich denn angeguckt?“, fragte ich, nun verwirrt. „Na ’so’ eben!“, fauchte Adrien, riss sich los und stapfte weiter. Ich bekam sein Handgelenk zu fassen. „Du musst dich anziehen. Es ist viel zu kalt!“ „Will nicht“, schmollte Adrien. „Komm schon, dir ist doch kalt.“ „Nein.“ Trotzig schob er seine Unterlippe vor und ich hätte ihn jetzt nur zu gerne geküsst, aber erstens zitterte Adrien wie Espenlaub und zweitens hätte uns ein Kuss bestimmt noch länger aufgehalten. Aber andererseits konnte ich es ja vielleicht verbinden… „Wenn du dich jetzt anziehst…bekommst du was.“ Interessiert sah Adrien auf. „Und was?“ „Einen Kuss.“ Er sah mich nachdenklich an und schüttelte schließlich den Kopf. „Nein.“ Es versetzte mir einen leichten Stich in der Brustgegend, mein Herz schien kurz auszusetzen, aber ich ignorierte es und setzte zum Sprechen an, doch Adrien kam mir zuvor. „Ich möchte für alles, was ich anziehe, einen Kuss. Für jedes einzelne Teil. Für die rechte Socke einen, für die linke einen, für-…“ „Okay, okay, ich hab’s kapiert!“ Es polterte und rummste heftig in meiner Brust, mein Herz schien wieder angesprungen zu sein. „Aber nur kleine, sonst dauert das zu lange und du erfrierst noch.“ Adrien fing wieder an zu schmollen, doch dann hellte sich sein Gesicht auf. „Okay, aber dafür bekomm ich am Ende einen richtigen Kuss.“ „Einverstanden. Und jetzt zieh dich an.“ Adrien nickte, drückte mir seine Klamotten zurück in die Hand und wühlte nach seiner Boxershorts. Fand sie, zog sie sich über und sah mich mit funkelnden Augen erwartungsvoll an. Ich beugte mich zu ihm runter und küsste ihn. Ich mochte es Adrien zu küssen. Und ich hatte das Gefühl, je mehr Adrien anhatte, desto länger wurden unsere Küsse. Endlich, oder leider, wie man’s nimmt, hatte Adrien auch sein letztes Kleidungsstück an. Diesmal wirkte Adrien fast schüchtern, als er ganz zart meinen Kuss zu erwidern begann. Und statt wie eben am Strand die Arme um meinen Hals zu schlingen, krallte er nun seine Hände in meinem Kragen fest. Den Kuss beenden wollte er aber dennoch nicht freiwillig und ich musste ihn wieder von mir schieben. Was ich nur ungern tat, aber Adrien war nun mal klatschnass in seine Klamotten gestiegen und zitterte immer noch. „Adrien wir müssen.“ Drängte ich zum gehen, aber Adrien bewegte sich nicht vom Fleck, hielt die Hände immer noch in meinen Kragen gekrallt. „Ich will mehr!“, jammerte er und ich musste schmunzeln. „Wir müssen jetzt“, wiederholte ich und Adrien zog seinen Schmollmund. „Aber es hat nach Chris geschmeckt. Und ich mag Chris.“ Damit hätte er mich fast rumgekriegt. Aber wahrscheinlich schmeckte ich eher nach Bier und sonstigem und nicht nach mir. Außerdem war ich mir noch nicht wirklich so sicher, ob Adrien es auch so meinte, wie ich es meinte, oder ob er eben nur besoffen war. Also löste ich vorsichtig seine Hände von meiner Jacke und zündete mir stattdessen eine Kippe an. „Komm jetzt“, mahnte ich ihn und ging schon vor. Ich konnte nicht hören, ob er mir folgte und als ich mich schon nach ihm umdrehen wollte, legte sich ganz sanft eine Hand in meine. Schweigend gingen wir zur Haltestelle. Wir hatten Glück, genau in dem Moment, in dem wir ankamen, fuhr unsere Bahn ein. Wir setzten uns auf einen Vierer, ich legte gerne meine Beine auf den gegenüberliegenden Sitzen ab. Adrien lehnte sich an mich und schlang seine beiden Arme um meinen, umarmte meinen Arm also sozusagen. Vorsichtshalber rief ich Nick an, um zu fragen, wie es mit Mo lief. Ich konnte ihn schwer seufzen und Mo im Hintergrund ein Lied grölen hören, wobei grölen noch ganz nett ausgedrückt war, als er abnahm „Alles klar bei euch? Hast du Mo angezogen bekommen?“ „Ja, aber erst musste ich mit ihm die Sandburg fertig bauen. Wir machen uns jetzt auf den Weg zur Bahn.“ „Könnt euch Zeit lassen, sie ist grad weg.“ „Oh, Mist. Na ja, dann…Mo! Komm da runter! Ich muss Schluss machen, Mo klettert grad einen Baum hoch.“ Hastig wurde aufgelegt. Unwillkürlich musste ich grinsen. Typisch Mo. Armer Nick. Als wir an Adriens Haltestelle ankamen sah ich ihn fragend an, aber er schüttelte nur den Kopf. Also würde er mit zu mir kommen. Nichts Ungewöhnliches. Eher das Gegenteil, Adrien schlief so oft bei mir, dass meine Mutter mich morgens verwundert ansah, wenn ich alleine runterkam und mich fragte wo Adrien denn geblieben war. Anfangs hatte ich arge Probleme damit gehabt, wenn Adrien bei mir schlief oder ich bei ihm, denn dann begann sein Körperkontakttick erst richtig. Er konnte nämlich nicht alleine schlafen. Selbst wenn er denn mal bei sich zu Hause war, konnte er es nicht und holte sich immer seinen Hund mit ins Bett, was der aber nicht wirklich so toll fand, weil Adrien einen im Schlaf immer sehr einengte, geradezu umklammerte. Ich hatte mich nicht nur daran gewöhnt, ich mochte es sogar sehr, denn dann konnte ich mir einbilden, Adrien würde es eben nicht nur wegen seines Ticks machen. Da meine Haltestelle nur zwei nach Adriens kam, stiegen wir recht bald aus. Da wir noch zehn Minuten zu gehen hatten, zündete ich mir eine neue Kippe an und ging dann erst los. Adrien nahm wieder meine Hand. Er war wieder so schweigsam, was mich doch recht verwirrte. Gerade wenn er getrunken hatte, war er eigentlich noch redseliger als auch so schon. Das Schweigen war eher mein Part. „Alles klar?“, fragte ich also, aber Adrien gab nur ein undefinierbares Geräusch von sich und zuckte mit den Schultern. Also wollte er nicht reden. Ich war irgendwie erleichtert, als wir es bis zu mir geschafft hatten und schloss schnell die Haustüre auf. Adrien zog sich die Schuhe aus und begann dann polternd das Badezimmer aufzusuchen. Ich folgte seinem Beispiel, ging aber in mein Zimmer, statt ins Bad und bereitete das Bett schon mal vor. Dann ging ich auch zum Bad und fand Adrien schlafend in der Badewanne vor. Wie hatte er das denn jetzt wieder hingekriegt? Aber bevor ich ihn weckte, machte ich erst mal mich fertig. Dann beugte ich mich über ihn und schüttelte ihn sanft wach. Murrend drehte Adrien sich um und knallte in der engen Wanne gegen die Wand. Ich grinste, Adrien warf mir einen bösen Blick zu und stieg dann doch mit meiner Hilfe aus der Wanne. „Komm.“ Ich nahm seine Hand und führte ihn in mein Zimmer, drückte ihn aufs Bett. Adrien wollte sich wieder einfach hinlegen, aber vorher musste er aus seinen recht nassen Klamotten raus, fand ich. Als er aber trotz mehrfacher Aufforderung dem nicht nachkam, musste ich ihn ausziehen. Nicht dass es mir etwas ausmachen würde, aber es war doch recht schwierig ihn so gut wie ohne Hilfe da rauszuschälen. Auch seine Boxershorts zog ich ihm aus, denn diese war am meisten nass. Ich hatte schon einen kuscheligen Pyjama und eine frische Unterhose für ihn bereitgelegt, denn er schlief zwar sonst immer nur in Unterwäsche, aber da er so lange nass im Kalten gewesen war, hielt ich den Pyjama für angebrachter. Das Anziehen war beinahe noch schwieriger, denn inzwischen schlief Adrien fast schon und half nun gar nicht mehr. Aber auch das hatte ich dann endlich geschafft und nachdem ich ihn noch richtig ins Bett gelegt hatte, konnte ich mich nun selbst umziehen. Kaum hatte ich das Licht gelöscht, mich neben Adrien gelegt und die Decke über uns gezogen hatte, drehte Adrien sich zu mir um, schlang die Arme um mich und kuschelte sich an mich. Und dass obwohl er schon schlief. *~*~*~* Am nächsten Morgen weckten mich zwei wesentliche Gründe. Zum einem meine Morgenlatte. Und zum anderen Adriens. Die beiden schienen sich nämlich gerade guten Tag zu zuflüstern, so eng wie die da… Es war ja nichts Ungewöhnliches, dass einer von uns eine Morgenlatte hatte, aber das wir beide gleichzeitig eine hatten und diese sich auch noch so nah… das war noch nicht vorgekommen. Mich räuspernd versuchte ich mich von Adrien zu entfesseln, der hatte sich nämlich geradezu um mich geknotet. Adrien murrte und drückte sich noch enger an mich, wenn das überhaupt noch ging. „Adrien“, krächzte ich heiser und wurde ein wenig grober. Adrien knurrte, ließ aber von mir ab. Gähnend setzte er sich auf und rieb sich die Augen. „Was ist denn?“, murmelte er heiser und sah mich an. „Hmm…Ich…Du…und…“, stotterte ich rum und fuchtelte ein bisschen mit der Hand in Richtung seines Schrittes rum. „Morgenlatte“, brachte ich schließlich raus. Verdammt, das war mir doch sonst nicht so peinlich. Adrien folgte meinem Rumgefuchtel zu seinem Schritt. „Und?“, murrte er. „War doch sonst auch immer egal. Und außerdem ist das keine Morgenlatte, sondern eine Chrislatte.“ „Eine Chrislatte?“ Verwirrt sah ich ihn an. „Ich kriege keine Morgenlatten. Ich kriege nur Chrislatten. Weil ich immer nur von Chris träume und nie von wem anders. Okay, einmal hab ich von dem Typen von ‚Blau und schlau’, oder wie das heißt, geträumt, aber sonst immer nur von dir.“, erklärte er mir seelenruhig und sah mich dabei ernst an. „Oh.“, machte ich „Wie meinst du das? Meinst du das, so wie ich meine, dass du das meinst, oder meinst du das doch ganz anders?“ „Wie sollte ich es denn anders meinen, als du es meinst?“ Stirnrunzelnd sah Adrien mich an und wir schwiegen einen Augenblick. „Okay“, meinte ich dann, mir die Schläfen massierend „Wie wär’s, wenn wir Klartext reden?“ „Gerne…Also was denkst du denn, wie ich das meine?“ Fragend sah Adrien mich an. Er saß auf seinen Beinen, die Hände auf dem Schoß. Ich saß ihm im Schneidersitz gegenüber. „Nun…dass du mich so sehr magst, wie ich dich mag“, erklärte ich. „Und wie sehr magst du mich?“ „Na…so wie Mo eben Nick sehr mag.“ Adrien seufzte schwer. „Ich hab dich eben verdammt gern“, warf ich schnell hinterher. „Warum sagst du nicht einfach das L-Wort?“ „Weil es nicht zu mir passt.“ „Nicht zu dir passt?“ „Ja. Es ist nicht so meine Art, es zu sagen.“ „Aber kannst du es mir sagen?“ Adrien beugte sich vor, legte eine Hand auf mein Knie und sah mir in die Augen. Ich schluckte. „Ich kann’s ja versuchen“, krächzte ich wieder heiser und Adrien lächelte. „Dann versuch es.“ „…Ich…Ich liebe dich, Adrien“, stotterte ich und spürte wie mir die Röte vom Nacken über die Ohren ins Gesicht zog. „Hah!“, machte Adrien und lachte, zog mein Gesicht zu sich und küsste mich. „Ich lieb dich auch, Chris.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)