Was zur Hölle hat Draco Malfoy mit Harry Potters Nase zu schaffen!? von Nitschieh (Oder: Wie Word-Features Harry Potter und Draco Malfoy beeinflussen...) ================================================================================ Kapitel 8: Gedächtnis --> Undankbar ----------------------------------- Kapitel 8: Gedächtnis --> Undankbar (abgeleitet von „Schnöder Dank“... -.-) Malfoys Absturz ist mittlerweile ganze zwei Wochen her. Körperlich hat er sich erstaunlich gut erholt. Schade eigentlich. Aber sein Gedächtnis hat er trotz allem noch nicht wieder. Noch weiß niemand genau, warum er ausgerechnet diese zwei Tage vergessen hat, Miss Pomfrey hatte aber irgendetwas von einer temporären Amnesie erwähnt. Mir soll’s aber Recht sein, immerhin hat Parkinson das Schild am Tor zur Großen Halle abgehängt und ihren noch so jungen Club gleich wieder aufgelöst. Wenn man ihrem Gerede glauben darf. Den einen Tag mit Malfoy im Krankenzimmer habe ich auch überstanden. Man hatte mich vorsichtshalber ans andere Ende des Raumes gelegt. Wir hätten zwar keine Zeit gehabt, uns irgendwie an den Kragen zu gehen, da wir die ganze Zeit von Verehrerinnen belagert wurden, aber wir wären wahrscheinlich sowieso noch zu schwach gewesen. Aber die Sicherheit geht eben vor. Momentan sitze ich im Wahrsagenunterricht und lausche vollkommen desinteressiert einem Vortrag von Professor Trelawney. Da sie mich die ganze Zeit beobachtet, nicke ich dann, wenn Lavender und Parvati es auch tun. Seit einigen Minuten sitze ich wahnsinnig unbequem, da ich versuche Ron zu verstecken, der eingeschlafen ist. Kein Wunder, immerhin ist das Lesen aus Kaffeesätzen weder spannend, noch etwas Neues. Ich unterdrücke den Drang zu seufzen, sonst würde Professor Trelawney nur wieder auf mich aufmerksam werden und das will ich um jeden Preis verhindern. Aber da ich auch merke, dass ich mich nicht groß konzentrieren muss, lasse ich meinen Gedanken wieder ein wenig Freilauf. Und wie so oft in den letzten Tagen – ok, in den letzten zwei Wochen – landen sie bei dem Ekelpaket Malfoy. Immer wieder hält mir mein Gehirn diesen ungewollten Kuss vor Augen. Was soll das denn nur? Ich bin nur froh, dass ich den zweiten, den in der Hütte, nicht gesehen habe, sonst hätte ich auch davon Tagalbträume. Es ist eigentlich unfair, dass Malfoy das alles nicht mehr weiß. So bin ich zum eigentlichen Opfer geworden. Blöd nur, dass davon niemand weiß. Wobei es so besser ist, immerhin hätte ich Ron und Hermione einfach davon erzählen können, aber ich habe es nicht übers Herz gebracht. Warum weiß ich auch nicht. Wahrscheinlich weil ich auch mir selbst damit geschadet hätte, hab mich immerhin nicht gewehrt. Ich schrecke auf, als plötzlich alle aufstehen. Ich versuche durch unauffälliges Rütteln meinen besten Freund zu wecken, aber der ist ganz tief in seiner Traumwelt gefangen. Also piekse ich ihn einige Male mit meinem Zauberstab. Nach einer geschätzten Minute gibt er endlich ein Murren von sich. Also steche ich ihm die Spitze noch einmal in die Rippen und er versteht, dass er verlieren wird. Er öffnet die Augen und schreckt dann auf, als er merkt, dass wir die Einzigen sind, die noch nicht auf dem Weg nach draußen sind. Schnell steht er auf – zu schnell, da er sein Gleichgewicht fast wieder verliert, aber ich halte ihn fest – und begibt sich mit hastigen Schritten aus dem Raum heraus. Ich folge Ron und atme, genau wie er, erst einmal tief ein. Endlich ist dieser schreckliche Parfüm-Geruch verschwunden. Wenn man zu viel Zeit in diesem Raum verbringt, dann vernebeln einem diese Düfte noch den Verstand. Langsam schlurfen wir die Stufen nach unten. Ich merke, dass Ron am liebsten jeden Moment wieder einschlafen würde, also versuche ich ihn wachzuhalten, indem ich irgendein belangloses Gespräch anfange. „Was machst du eigentlich am Wochenende?“ Er schaut mich fragend an. „Was soll ich machen?“ „Naja, ist schließlich das erste Hogsmeade-Wochenende dieses Jahr.“ Und mit einem Mal ist Ron hellwach. „Wirklich!? Ist das schon diese Woche?“ Ich sehe ihn zweifelnd an. „Jaah, ist es.“ Und dann zählt er mir auf, was er alles erledigen will. Anfangs höre ich noch interessiert zu, aber als er anfängt, den ganzen Tag minutiös zu planen, klinke ich mich gedanklich aus. Ich hebe meinen Kopf und stocke kurz. Vor uns im Gang steht der Junge, der mir in letzter Zeit das Leben zur Hölle macht – ohne, dass er es weiß... Jetzt bleibt auch Ron stehen, sieht erst zu mir zurück, um herauszufinden warum ich stehen geblieben bin und folgt dann meinem Blick. Sein Blick verfinstert sich, doch Malfoy hat uns noch gar nicht bemerkt. Er scheint auf irgendjemanden zu warten. Nicht ganz geistesgegenwärtig schließe ich zu Ron auf. Auch der Slytherin scheint ein wenig abwesend zu sein. Ihn so von Weitem zu betrachten, ist nach den Ereignissen irgendwie ein eigenartiges Gefühl. *** Blaise lässt auf sich warten – wie so oft. Irgendwann lasse ich ihn in einer wichtigen Situation auch mal warten, nehme ich mir vor. Aber wahrscheinlich wird das mein Stolz nicht zulassen. Seit fünf Minuten stehe ich also hier in diesem Gang und das, obwohl er mich hierher beordert hat. Ich weiß gar nicht, was mit ihm los ist. Er hatte mich heute Morgen beim Frühstück gefragt, ob er mit mir reden könne – unter vier Augen. Wobei gefragt wahrscheinlich zu nett ausgedrückt ist, er hat mit einer Mischung aus Flehen und Befehlen zu mir gesprochen. Pansy hatte ihn dabei nur missbilligend angesehen. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, machen mir beide Verhalten ein wenig Sorgen. Wenn ich auf meine innere Uhr vertrauen kann, dann sind weitere fünf Minuten vergangen. Blaise lässt sich wirklich Zeit. Jetzt ist es schon untypisch. Eine gesunde Unpünktlichkeit ist bei ihm ja normal, aber langsam wird es ungesund. Ich würde mir weitere Gedanken machen, wenn ich mich nicht beobachtet fühlte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen starre ich in den Gang vor mir, aber ich entdecke nichts Auffälliges. Da sind nur noch ein paar Schüler, die vom Wahrsagenunterricht kommen. Doch sie gehen alle weg von mir. Also wende ich mich um, um in die andere Richtung zu schauen. Das, was ich sehe, lässt mich eine Augenbraue nach oben ziehen. Potter und Weasley stehen da und starren mich an. Wobei mich das Wiesel eher verhasst ansieht, aber Potter definitiv starrt. Er ist schon seit einiger Zeit irgendwie komisch. Um genau zu sein seit diesem Vorfall mit meinem Gedächtnisverlust. So langsam macht es mich wirklich verrückt, dass ich nicht weiß, was passiert ist. Wenn sogar der ach so berühmte und mutige Harry Potter derart verstört ist, dann muss es wirklich- „Draco!“ Mitten in meinen Gedanken werde ich von meinem gerufenen Namen unterbrochen. Ich drehe mich in die Richtung, aus der es kam. „Sorry, dass ich so spät bin, ich-“ Er sieht Potter und Weasley und stoppt. Er scheint zu zögern und zu überlegen, reagiert dann aber nicht weiter. Stattdessen zupft er leicht an meinem Robenärmel und spricht leiser weiter: „Ich wurde... aufgehalten.“ Da er nichts weiter dazu sagt, frage ich nicht nach. Es ist wie ein ungeschriebenes Gesetz zwischen uns. Wir erzählen uns alles, aber wir entscheiden auch wann genau. „Also, was wolltest du von mir?“ Er wirft noch einen Seitenblick zu den Gryffindor, die sich keinen Zentimeter bewegt zu haben scheinen, dann spricht er zwar, antwortet aber nicht direkt auf meine Frage: „Können wir woanders hin?“ Ich werfe noch einen kurzen Blick auf Potter und das Wiesel, bevor ich mich wieder Blaise zuwende und leicht nicke. Sein Gesicht entspannt sich merklich und er atmet erleichtert aus. Er dreht sich um und zieht mich an meinem Robenärmel, den er noch immer festhält, hinter sich her. Blaise zerrt mich durch mindestens ein Dutzend Gänge, nach dem vierten habe ich die Orientierung verloren. Doch mein bester Freund scheint genau zu wissen, wo er ist und wohin er möchte. Ob er sich vorher extra einen leeren Raum gesucht hat? Endlich lässt er meinen Ärmel los. Dann öffnet er die Tür, vor der wir stehen, und tritt ein. Kurz zögere ich noch, aber nachdem keine weitere Reaktion seitens Blaise kommt, schließe ich zu ihm auf. Er bleibt mit dem Rücken zu mir stehen und wendet sich auch nicht um, als das Klicken des Schlosses erklingt. Noch einen kurzen Moment warte ich, dann frage ich: „Also, was ist nun?“ Ich klinge zwar genervt, aber eigentlich mache ich mir Sorgen. Blaise ist nicht oft so still. Wenn doch, dann ist meist irgendetwas passiert. Mit einem mulmigen Gefühl warte ich auf eine Reaktion. Doch sie bleibt noch immer aus. Langsam gehe ich zu ihm, stelle mich dann vor ihn. Was ich sehe, zerreißt mir schier das Herz. Direkt vor mir steht mein bester Freund mit Tränen in den Augen, die er mehr schlecht als recht versucht zu unterdrücken. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich ringe einige Sekunden mit mir, dann gehe ich noch einen letzten Schritt auf ihn zu und nehme ihn in den Arm. Leise frage ich ihn erneut: „Was ist los, Kumpel?“ Er schnieft einmal laut, hält mich dann wieder auf Armabstand. Kurz noch sieht er mich mit feuchten Augen an, dann antwortet er endlich auf meine Frage: „Wir haben uns gestritten...“ Ich sehe ich zweifelnd an. „Haben wir?“ Natürlich weiß ich, wen er meint, aber ich hoffe, dass er so wenigstens kurz wieder lächelt. Er tut mir diesen Gefallen, aber wirklich nicht lang. Dann fährt er fort. „Nein, du Blödmann. Pan und ich, wir haben uns gestritten.“ Eine Träne rollt über seine rechte Wange. Ich sehe ihr hinterher, bis sie von seinem Kinn tropft. Dann hebe ich meinen Blick wieder, schaue Blaise direkt in die Augen. „Was genau ist denn passiert?“ „Keine Ahnung.“ „Wie, keine Ahnung!? Du musst doch wissen, weshalb ihr euch gestritten habt.“ Er zuckt ein wenig zusammen, als ich so laut werde. „Naja, irgendwie ist das alles komisch.“ Ich sehe ihn erwartungsvoll an, als er keine weiteren Ausführungen macht. Er bemerkt meinen Blick, seufzt leise, dann spricht er weiter. „Also, es ist so: Du weißt doch, dass Pan diese Woche Geburtstag hat.“ Ich schlucke. Verdammt, den habe ich bisher völlig verdrängt. Blaise betrachtet mich skeptisch. „Sag bloß, du hast ihn vergessen?“ Ich schüttle energisch meinen Kopf. „Natürlich nicht. Aber jetzt erzähl erst mal weiter.“ „Okay, okay, ist ja gut. Wir sind uns nicht einig, ob wir hier bleiben wollen oder in Hogsmeade feiern.“ Ich ziehe meine linke Augenbraue nach oben. „Das ist alles?“ Er sieht mich enttäuscht an. „Ehrlich gesagt hätte ich etwas mehr Anteilnahme erwartet...“ „Anteilnahme? Weil ihr euch nicht einig werdet, wie schnell ihr euer Schäferstündchen haben wollt? Sorry, Blaise, aber dafür fühle ich mich nicht verantwortlich.“ „Bitte was!? Ich dachte, du wärst mein bester Freund.“ „Bin ich auch gerne wieder. Aber ich sehe nicht ein, warum ich dir sagen muss, was zu tun ist, um deine Freundin zufriedenzustellen.“ Er sieht mich betroffen an. „Mach doch einfach das, was sie wollte, dann musst du nicht einmal ein großes Geschenk besorgen.“ In Gedanken mache ich mir eine Memo, dass ich Mum noch einen Brief schreiben muss. Sie kennt Pansys Geschmack besser als ich, ist wohl so ein Weiberding... „Meinst du?“ Blaise scheint zu überlegen. „Vielleicht hast du Recht...“ „Natürlich habe ich das. Ich bin aber enttäuscht, dass du mich für diese simple Antwort gebraucht hast.“ Einen kurzen Moment herrscht Stille. „Und wo geht es nun hin?“ Er sieht mich fragend an. „Wann geht es wo hin?“ Ich stöhne genervt auf und halte meine rechte Hand an die dazugehörige Schläfe. „Oh man... Was möchte Pansy denn lieber? Nach Hogsmeade oder hier bleiben?“ „Ach so.“ Er lacht. „Sie möchte nach Hogsmeade.“ „Also werde ich hier bleiben...“, sage ich mehr zu mir selbst, als zu Blaise. „Wieso das?“ Ich schaue auf und merke, dass er mich scheinbar doch mitbekommen hat. „Meinst du, ich habe Lust auf zwei schwer verliebte Pubertierende neben mir? Macht ihr euch mal einen schönen Tag und versöhnt euch wieder.“ Ich grinse ihm zu. Freudestrahlend erwidert er es mit einem Lächeln und verlässt dann ohne ein weiteres Wort den Raum. Langsam begebe auch ich mich zur Tür. Als ich unter deren Rahmen stehe, stelle ich wieder fest, dass ich keine Ahnung habe, wo genau ich bin. *** Ron und ich sind mittlerweile wieder auf dem Weg nach unten. Nachdem sich Malfoy und Zabini verdrückt haben, sind wir in unseren Gemeinschaftsraum gegangen, doch schon nach kurzer Zeit trieb uns der Hunger wieder nach unten und wir machten uns auf den Weg zum Mittagessen. Und genau auf diesem befinden wir uns noch immer. Rons Magen meldet sich kurz lautstark zu Wort. Wir sehen uns kurz an und lachen dann. Am Fuß der Treppe, auf der wir uns gerade bewegen, wartet Hermione auf uns. Ich werfe einen kurzen Seitenblick zu meinem besten Freund. Als er mir vorhin von seinen Hogsmeadeplänen erzählt hatte, hatte er erwähnt, dass er mit ihr schön essen gehen wollte. In seinen Augen ist wirklich ein Leuchten zu sehen, wie man es nur in den Augen eines Verliebten finden kann. Ich frage mich, was wohl aus mir wird, wenn die beiden tatsächlich zusammenkommen sollten. Aber das wird sich schon zeigen, wenn dem wirklich so sein sollte. Nachdem sich die Treppe, als wir ungefähr bei der Hälfte waren, einmal nach links und dann wieder nach rechts gedreht hat, kommen wir endlich bei Hermione an. Sie grinst uns entgegen und wir überspringen die letzten Zentimeter, die uns von der Plattform trennen. Gemeinsam setzen wir dann unseren Weg in die Große Halle fort. „Sag mal, Mione...“ Ich sehe Ron von der Seite an. Hermione tut es mir gleich, jedoch von der anderen Seite. „Ja, Ron?“ „Was machst du denn dieses Wochenende?“ Auch in ihren Augen bemerke ich für einen kurzen Augenblick dieses Leuchten. Zusätzlich scheinen ihre Wangen einen leicht rosigen Touch angenommen zu haben. „Wieso fragst du?“ „Hey, man stellt keine Gegenfragen!“ Sie kichert. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. Ich sehe oder höre sie nicht oft kichern. „Schon gut. Bisher habe ich nicht viel vor. Ich werde mir in Hogsmeade ein paar neue Bücher kaufen, aber ansonsten nicht viel.“ Man sieht Ron an, dass er sich freut. Er zeigt es zwar nicht offensichtlich, aber man erkennt bei genauem Hinsehen erneut ein Leuchten in seinen Iriden, diesmal aber ein klein wenig anders. Eben ein Freude-Leuchten und kein Verknallt-Sein-Leuchten. Ich frage mich gerade, seit wann ich meine Mitmenschen so genau beobachte. Ich finde aber Gefallen daran. Allerdings überlege ich gerade, ob ich die beiden vielleicht allein lassen sollte. Oder wäre das zu auffällig? Doch etwas, das ich aus dem Augenwinkel wahrnehme, nimmt mir die Entscheidung ab. Ich bleibe stehen. Als sich Ron und Hermione umdrehen, um nach mir zu sehen, gebe ich ihnen mit einem Wink meiner Hand zu verstehen, dass sie vorgehen sollen. Zögerlich gehen sie meiner Aufforderung nach und wenden sich um. Ich sehe ihnen noch kurz hinterher und richte meine Konzentration dann wieder auf den Gang, in dem ich eine Bewegung wahrgenommen habe. Langsam bewege ich mich darauf zu. Normalerweise ist eine einfache Bewegung in einer Umgebung wie dieser sicher nicht ungewöhnlich, aber ich habe das Gefühl, dass die Person, die sich dort scheinbar versteckt hält – warum auch immer – , offenbar nicht von mir gesehen werden will. Ist im Normalfall der Grund, weshalb man sich versteckt. Aber ich finde auch nach längerem Überlegen keine Erklärung dafür, warum man sich vor mir verstecken sollte. Während mir also nichts einfallen möchte, habe ich den Gang schon erreicht und schaue mich um. Aus einer kleinen Nische lugt ein Zipfel einer Robe hervor. Grinsend nähere ich mich dem verräterischen Kleidungsstück. Ich staune schließlich nicht schlecht, als ein blonder Haarschopf durch die Dunkelheit leuchtet. Eigentlich will ich es nicht, aber ich schließe automatisch auf Malfoy. Auch wenn es vollkommen abwegig ist, was sollte der auch hier oben verloren haben, wenn es jetzt Essen gibt. Doch als ich schließlich direkt neben der Nische stehe, stellt sich meine gewagte Vermutung als richtig heraus. Ich bin selbst wahrscheinlich nicht weniger überrascht als er, doch schnell breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus. Gerade will ich ihn fragen, was er hier will, da stößt er mich zur Seite und läuft davon. Kurz sehe ich ihm mit gerunzelter Stirn hinterher, bis ich mich ihm schulterzuckend anschließe. Doch schon an der ersten Abzweigung bleibt er stehen und scheint auf mich zu warten. Ich halte auch kurz inne, dann legt sich erneut ein Grinsen auf meine Lippen. Er hat scheinbar wirklich keine Ahnung, wohin er muss. Neben ihm komme ich zum Stehen, sehe ihn von der Seite an. Malfoy weicht meinem Blick aus und inspiziert die Wand neben ihm. Ich bin gerade gut drauf und lasse deshalb jeden Kommentar einfach sein. Stattdessen gehe ich meinen gewohnten Weg zur Großen Halle und warte darauf, dass er mir in einigem Abstand folgt. Wir schweigen uns an, seit wir uns getroffen haben. Weder er noch ich haben ein Wort gesagt. Ich werde ein wenig langsamer. Ich mag es nicht, wenn ich schweigend zum Essen gehe. Er merkt die Geschwindigkeitsänderung scheinbar nicht, denn nach einiger Zeit läuft er neben mir. Kurz überlege ich noch, dann frage ich ihn schließlich: „Was hast du oben gemacht?“ Von der Seite sehe ich, dass er seine Augenbrauen ein wenig zusammenzieht. Sicher fragt er sich gerade, genau wie ich, was mich das eigentlich angeht. Aber zu meiner Überraschung bleibt diese Frage aus. „Ich habe mich mit Zabini unterhalten.“ Ich lächle leicht. Manchmal vergesse ich für kurze Zeit, dass er die Ereignisse von vor zwei Wochen vergessen hat. Er hatte immerhin aufgegeben, seine Freunde beim Nachnamen zu nennen. „Was ist?“ Nun sieht er mich eindeutig fragend an. Ich lächle nur weiter und bleibe ihm eine Antwort schuldig. „Hey, hör auf so zu grinsen!“ Er hält mich an meinem Ärmel fest und zieht mich in seine Richtung. Ich bin ein wenig überrascht, habe ich doch nicht mit einer solchen Reaktion gerechnet. Malfoy selbst merkt wahrscheinlich gerade auch, dass er ein wenig überreagiert hat, denn er sieht betreten zu Boden. Ich ziehe meine Hand zurück, er lässt meine Robe los. Doch nur einen Augenblick später greift er plötzlich doch wieder zu und fixiert mich mit ernstem Blick. „Du wirst mir jetzt sagen, was passiert ist!“ Ich lege meinen Kopf leicht schief. Um ihn zu ärgern, frage ich: „Wovon sprichst du?“ Mein Frage hat die gewünschte Wirkung, denn seine Wangen färben sich vor Wut leicht rot. Ich muss ein weiteres Grinsen stark unterdrücken. Unerwartet packt er dann meine Oberarme und kommt meinem Gesicht langsam näher. Vor Angst, dass das Gleiche wie vor zwei Wochen passieren könnte, kneife ich meine Augen zu. Doch es passiert nichts. „Du weißt genau, wovon ich rede.“, zischt er mir dann ins Ohr. Ich weiß nicht warum, aber ich bekomme eine leichte Gänsehaut. Dann drückt er mich wieder von sich. „Also, wirst du nun reden oder nicht?“ Ich sehe ihn ein wenig verwirrt an. Ich überlege, ob er das wirklich so ernst meint, wie er aussieht. Aber ich entscheide mich dazu, auch weiterhin meine Klappe zu halten. „Glaub mir einfach, wenn ich dir sage, dass du es nicht wissen willst...“, sage ich also ganz einfach. Und es stimmt ja auch, was ich da von mir gegeben habe. Er will ganz sicher nicht wissen, dass er mich geküsst hat. Bei dem Gedanken werden meine Wangen leicht rot, das spüre ich. Leider hat auch Malfoy es scheinbar bemerkt, denn als ich unauffällig den Boden betrachte, um mich nicht rechtfertigen zu müssen, erkenne ich aus dem Augenwinkel, dass er eine seiner Brauen nach oben gezogen hat. Sobald ich der Meinung bin, dass meine Haut wieder ihre übliche Farbe angenommen hat, sehe ich wieder auf. Noch immer sieht er mich zweifelnd an, doch ich gehe nicht weiter darauf ein. Schlafende Hunde soll man ja bekanntlich nicht wecken. Mit einem leichten Grinsen im Gesicht mache ich mich wieder auf den Weg zum Essen. Nach einigen Momenten höre ich, dass sich zu meinen Schritten seine gesellen, aber ich drehe mich nicht noch einmal um. *** Mit etwas Verspätung tauche auch ich beim Abendessen auf. Blaise, Pansy, Vincent und Gregory scheinen in irgendein Gespräch vertieft zu sein, denn als ich mich zu ihnen setze, erhalte ich jeweils nur ein Nicken zur Begrüßung. Ich nicke zurück, doch außer Blaise bekommt das niemand mehr mit. Während ich mir ein Brötchen nehme um es zu beschmieren, schnappe ich einige Wortfetzen auf. Scheinbar geht es um das anstehende Hogsmeade-Wochenende. Ob Blaise wohl schon mit ihr darüber gesprochen hat? Wenn ich es richtig verstehe, muss Pansy für alle Ausgaben Vinces und Gregs aufkommen. Ich will eigentlich gar nicht wissen, wie es dazu kommen konnte, aber mir bleibt nichts anderes übrig, da Pansys Stimme bekanntlich nicht die leiseste ist. Also erfahre ich etwas über eine Abmachung, die scheinbar auch mit einem Zaubertränke-Aufsatz zu tun hat, den wir vor zwei Wochen hatten anfertigen müssen. Und erneut kommt ein gewisses Foto zur Sprache. Gerade will Pansy irgendwelche Einzelheiten dazu äußern, doch Blaise schneidet ihr entschieden das Wort ab: „Also, Pan, was hältst du davon, wenn wir es uns irgendwo in Hogsmeade gemütlich machen, hm?“ Ich rolle leicht mit den Augen. Ich habe mittlerweile verstanden, dass ich nichts Genaues von diesem Foto wissen soll, aber es immer so offensichtlich zu machen, ist für meinen besten Freund sehr untypisch. Oder versucht er etwa, mich extra neugierig zu machen? „Du hast dich also doch endlich dafür entschieden!?“, ruft Pansy dann ohne Vorwarnung. Kurz will sie sich Blaise anscheinend an den Hals werfen, stoppt aber im letzten Moment. „Wie lang wollen wir dieses Schauspiel eigentlich noch spielen?“ Diese Frage meinerseits scheint niemand geahnt zu haben, denn auf mir ruhen plötzlich vier verwirrte Blicke. „Was ist denn?“ „Ist dir denn egal, was aus deinem Ruf wird, wenn die Verlobung sich als Lüge herausstellt?“ „Sie ist eine Lüge, wir sind schließlich nur dank unserer Eltern verlobt.“ Ich stocke kurz. Das ist eine Tatsache, die ich meinem Vater und meiner Mutter nie verzeihen werde. „Außerdem ist eine Verlobung kein Verpflichtung oder so. Es ist ein Versprechen und ihr wisst genau, wie häufig diese gebrochen werden.“ Kurz herrscht Stille. Dann jauchzt Pansy noch kurz, bevor sie sich Blaise an den Hals wirft. Genau wie unsere Hauskameraden zeige ich einen erschrockenen Blick – und zwar nicht nur, um das Bild zu perfektionieren... Erst nach einigen Sekunden bemerke ich, wie still es mittlerweile geworden ist. Beinahe die Hälfte der in der Halle anwesenden Personen starrt unsere Gruppe an. Auch ein gewisser junger Zauberer mit Augen wie Smaragde sieht uns, wie zu Stein erstarrt, mit fragendem Blick an. Leicht amüsiert sehe ich dem Stück Belag hinterher, das von seinem Brötchen fällt – ich tippe auf Schinken. Allmählich erwachen die Anwesenden in der Halle zu neuem Leben und setzten fort, was auch immer sie gerade unterbrochen hatten. Der Geräuschpegel steigt schnell an. Langsam gleitet mein Blick wieder höher, bis er auf seinem Gesicht hängen bleibt. Er scheint ziemlich verwirrt zu sein. Normalerweise sollte man meinen, dass der Anblick der beiden dunkelhaarigen Jugendlichen neben mir diesen Effekt hervorrief, doch sein Blick ruht eindeutig auf mir. So als würde er sich die Frage stellen, die Pansy eben geäußert hat. Was allerdings voraussetzen würde, dass er von der Beziehung der beiden wüsste. Absolut unmöglich. In Gedanken versunken widme ich mich wieder meinem Essen, das noch immer belegt werden möchte. Abwesend greife ich zum Schinken. Als ich in mein Brötchen beiße, starre ich irgendeinen Punkt im Raum an. Der Blick Potters lässt mich einfach nicht los. Ich beginne, mich erneut zu fragen, was vor zwei Wochen passiert ist. Weiß er vielleicht doch etwas? Ich will verdammt noch mal diese blöde Amnesie loswerden! „Draco, ist alles in Ordnung?“ Fragend sehe ich auf. Blaise und Pansy sehen mich besorgt an. Wobei sich ihre Blicke eher weiter unten aufhält. Ich folge diesen und bemerke, dass ich die Teigware in meiner Hand bis zur Unkenntlichkeit zerdrücke. Zögernd hebe ich meinen Kopf wieder, um Blaise nun anzusehen. Dieser mischt zu seinem besorgten Blick etwas Fragendes, indem er eine Augenbraue hebt. Innerlich protestiere ich, dass er sich einfach meines Markenzeichens annimmt. „Also, was ist los?“ Ich ringe um eine Antwort, denn ich weiß, dass ich keine Informationen erhalten werde. Ich entscheide mich erst einmal dazu, mich dumm zu stellen. „Was meinst du?“, frage ich mit der gleichgültigsten Stimmt, die ich zustande bringe. Blaises Blick wird zweifelnd. „Ähm, hast du dir dein Brötchen nicht eben selbst angesehen? Ich denke nicht, dass du bei diesem Anblick noch versuchen musst, dich dumm zu stellen.“ Ich fühle mich ein wenig durchschaut und wende meinen Kopf zur Seite um Blaise nicht weiter ansehen zu müssen. „Ich... ähm...“ Verzweifelt überlege ich, wie ich die Wahrheit am besten so verpacke, dass sie alles und nichts bedeuten könnte und er aber auch keine weiteren Fragen stellt. „Ich habe nur etwas gesehen, dass mich zum Nachdenken angeregt hat.“ Innerlich stöhne ich aufgrund meiner eigenen Unfähigkeit. Natürlich, mit dieser Aussage kann alles gemeint sein, aber die zweite, von mir selbst gestellte Bedingung habe ich wohl nicht wirklich erfüllt... „Ah ja. Und was?“, mischt sich nun auch noch Pansy in das Gespräch ein. Immerhin hatte so Blaise keine weitere Frage gestellt. „Nichts, was euch angehen sollte.“ Empört holt das Mädchen Luft, doch ihr Freund legt seine Hand beruhigend auf ihre Schulter und schüttelt leicht den Kopf. Ich bin zum einen erstaunt, zum anderen aber auch wahnsinnig dankbar. „Manchmal muss sich ein Mann erst selbst über seine Gefühle klar werden, bevor er darüber reden kann.“, äußert Blaise mit gleichgültiger, doch belehrender Stimme. Nun steht mir der Mund offen. Wie auch immer er es immer wieder schaffte mich von einer Gefühlslage zur nächsten zu katapultieren, wusste ich nicht, doch er hat es erneut geschafft. Denn nun bin ich ihm mehr als undankbar. Und das fette Grinsen auf seinem Gesicht macht es nicht besser. Beleidigt drehe ich mich zur Seite, wende mich wieder meinem Essen zu. Das arme.. Ding in meiner Hand sieht wirklich aus, als hätte man es stundenlang malträtiert. Trotzdem beiße ich hinein, als wäre es das Normalste der Welt. Noch einmal hebe ich meinen Kopf. Automatisch suche ich den schwarzen Schopf des Goldjungen aus Gryffindor, was nicht viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich weiß nicht, ob es Absicht ist, aber er sitzt mit direkt gegenüber - die Tische zwischen uns einmal außer Acht gelassen. Aber so ganz ohne Hintergedanken scheint es nicht wirklich gewesen zu sein, denn er sieht mir auch direkt in die Augen. Seine grünen Iriden strahlen mich förmlich an. Warum habe ich nur das Gefühl, dass diese Augen in letzter Zeit eine größere Bedeutung für mich hatten? Plötzlich spüre ich einen leichten Schmerz in meiner Schläfengegend. Mit Hoffnung auf Linderung schließe ich meine Augen und prompt ist der Schmerz verschwunden. Ich habe keine Ahnung, was das Ganze zu bedeuten hat, aber ich beschließe, dass Potter Schuld daran ist. Als ich nämlich erneut nach oben und zu ihm schaue, spüre ich dieses Stechen schon wieder. Schließlich entscheide ich mich dazu zu essen. Aus meinem Augenwinkel heraus erkenne ich, dass Blaise mich zum einen verwirrt, zum anderen besorgt, aber auch irgendwie... wissend ansieht. Was mich wiederum ein wenig verwirrt, doch ich lasse mich vor allem in den letzten zwei Wochen nicht von seinen undurchsichtigen Gesichtsausdrücken verunsichern. Glaube ich zumindest... *** Ich spüre, wie mich Hermione und Ron ansehen, aber ich versuche es zu ignorieren und so zu tun, als merkte ich es nicht. Ich weiß, dass sie sich fragen, warum ich mit einem widerlichen Grinsen die Gruppe der Slytherins mir gegenüber anstarre und ehrlich gesagt frage ich mich das selbst auch. Eigentlich war ich doch wahnsinnig erstaunt, als Parkinson plötzlich diesem Zabini um den Hals fiel, obwohl ich wusste, was da vor sich ging. Doch seit diesem... Vorfall vor zwei Wochen bin ich sowieso nicht mehr ernst zu nehmen. Natürlich finde ich es gut, dass Malfoy sich an nichts mehr erinnern kann, immerhin erspart das uns allen so einigen Ärger, aber irgendwie komme ich wohl nicht damit klar, dass ich der Einzige von uns beiden bin, der nun vor allem mit dem zweiten Kuss umgehen muss. Bei dem Gedanken daran merke ich, wie meine Wangen ein wenig Farbe annehmen. Warum zur Hölle bekomme ich dieses Bild nicht aus meinem Kopf? Ich habe ihn nicht einmal gesehen und trotzdem kann ich mir ganz genau vorstellen, wie er und auch ich in dieser Situation ausgesehen haben müssen. Doch wie bereits festgestellt, bin ich der Einzige, den eben dieses Bild quält. Ich seufze und widme mich schließlich wieder meinem Essen. Fragend sehe ich den Schinken auf meinem Teller an. Hatte ich den nicht schon auf mein Toast gelegt? Schulterzuckend lege ich ihn an seinen angestammten Platz und beiße langsam aber genüsslich ab. Ich überlege, wie ich mich nun beim Essen beschäftigen soll, als mein Blick ohne mein Zutun automatisch wieder zum Slytherintisch schweift. Und dort sieht mir ein Blondschopf direkt in die Augen. Warum sitze ich ihm überhaupt direkt gegenüber? Nach wenigen Sekunden wendet er seinen Blick ab und greift sich unauffällig an den Kopf. Das hat er vorhin schon getan, nachdem er mich angestarrt hatte, stelle ich in just diesem Moment verwundert fest. Er sieht fast so aus, als hätte er Schmerzen. Während ich meinen nächsten Bissen nehme, dämmert mir, was los sein könnte. Was wenn er sein Gedächtnis zurück bekäme, jedes Mal, wenn er mich ansieht? Das wäre nicht gut - gar nicht gut! Für mich heißt das in diesem Moment, dass ich mich schnellstmöglich wegdrehe, mich in das hiesige Gespräch über eine Verwandlungs-Hausaufgabe einklinke und versuche, nicht weiter daran zu denken. Natürlich haben wir den selben Fall wie immer und ich kann von diesem Moment an nichts anderes mehr tun. Ich male mir aus, wie Malfoy wohl reagieren würde, wenn er sich daran erinnerte, dass er mich mitten in der Nacht mitten im Verbotenen Wald im Schlaf geküsst hat. Schon wieder merke ich, wie ich rot werde. Und was würde er sagen, wenn er wüsste, dass von ihrem ersten, unfreiwilligen Kuss - an den er sich ja auch erst wieder erinnern würde - sogar Fotos im Umlauf waren. Nicht wenige Fotos! Ein wenig wütend beiße ich von meinem Toast ab. Ich weiß. dass ich Ron und Hermione von dem Kuss im Wald erzählen könnte, aber irgendwie bringe ich es nicht übers Herz. Nach all den Jahren, die Malfoy mich bis hin zu gedemütigt hat, schaffe ich es nicht, ihm es auch nur einmal wirklich heimzuzahlen. Wahrscheinlich sollte ich mich fragen, warum, aber ich habe wohl selbst vor der Antwort Angst. Und vor diesem Gedanken. "Alles okay, Harry?" Ich sehe zur Seite. Hermione sieht mich mit besorgtem Blick an. Ich blicke ihr fragend in die Augen. "Was sollte sein?" "Ich weiß nicht..." Meine beste Freundin hebt als erste Reaktion nur ihre Augenbrauen, bevor sie weiterspricht: "Du starrst seit mindestens zehn Minuten herüber zum Slytherintisch und dein Toast fällt dir gleich zum vierten Mal aus der Hand." Mit dieser Aussage stürzt das genannte Nahrungsmittel seine stolzen 15 Zentimeter in die Tiefe auf meinen Teller. Mit geübter Schnelligkeit greift Ron, der mir gegenüber sitzt, danach und legt es wieder in meine Hand. Ich sehe dem Schauspiel fragend zu und drehe mich anschließend wieder meiner besten Freundin zu. Sie sieht mich noch immer verwirrt an, wozu sie dieses Mal leicht den Kopf schüttelt. "Du kannst das Ganze von vor zwei Wochen nicht wirklich vergessen, oder?", fragt sie schließlich mit undefinierbarer Stimme. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich darauf reagieren soll. Wie bei Merlin sollte ich das vergessen können? Aber andererseits macht mir auch der Unterton in ihrer Stimme Angst. „Kannst du mir vielleicht sagen, wie ich das vergessen soll?“ Betreten sieht sie zur Seite. Natürlich kann sie es mir nicht sagen, keiner kann mir helfen diesen … Vorfall zu vergessen, schließlich können wir nicht... Wir können. Verdammt, wir können zaubern. „Hermione?“ Ich lehne mich zu ihr herüber, damit nur sie mich versteht. Zusätzlich scheint Ron sehr interessiert, denn er kommt mir ebenfalls ziemlich nahe. „Könntest... Könntest du einen Obliviate-Zauber anwenden?“, flüstere ich. Erschrocken zuckt sie zurück und schlägt eine Hand vor ihren Mund. Dann lehnt sie sich wieder vor. Genauso leise antwortet sie: „Aber ich habe noch nie einen angewandt. Was wenn etwas schief geht?“ „Was soll denn schon schief gehen?“, fragt Ron, sehr zu meiner Überraschung. „Oh, ich weiß nicht... Du könntest dein gesamtes Gedächtnis verlieren, du könntest dich an Dinge erinnern, die nie passiert sind, du kön-“ „Ist ja gut, ich hab's kapiert. Vergiss es einfach. Tu so, als hätte ich nie gefragt.“ Ron zögert einen Augenblick, bevor er hinzufügt: „Ich würde das Angebot trotzdem gern annehmen...“ „Ron!“ Hermione scheint entsetzt zu sein, obwohl sie es hätte wissen müssen. „Harry ist derjenige, der am meisten durchmachen muss nicht du, als reiß dich zusammen.“ Ron's Anblick erinnert mich ein bisschen an den eines Hundes, der gerade ausgeschimpft wird. „Ist ja gut..“, nuschelt er noch, bevor er sich wieder seinem Essen widmet. Wahrscheinlich sollte ich das auch tun, aber durch das gerade stattgefundene Gespräch ist der Drang nach Malfoy zu schauen in mir noch stärker als vorher. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich mich selbst für verknallt erklären. Aber ich weiß es ja Gott sei Dank besser... Ich schaue also wieder zu ihm. Wie jedes Mal – auch das ist irgendwie verdächtig – sind auch seine Augen auf mich gerichtet. Er scheint nachzudenken, wenn man den Falten auf seiner Stirn irgendetwas entnehmen kann. Doch wieder bricht er den Blickkontakt schon nach wenigen Momenten und reibt sich stattdessen kurz die Schläfen. Vielleicht habe ich ja tatsächlich Recht mit meine Vermutung, vielleicht erhält er tatsächlich sein Gedächtnis zurück, wenn er den Grund für den Verlust ansieht. Oder den Bestandteil der vergessenen Erinnerungen... Egal was genau es ist, ich beschließe ganz einfach ihm nicht weiter in die Augen zu schauen – und ziehe das Ganze auch mit erstaunlicher Hartnäckigkeit durch. *** Drei Tage, nachdem die Kopfschmerzen das erste Mal aufgetaucht sind, lassen mich meine zwei besten Freunde allein um Pansy's Geburtstag in Hogsmeade zu feiern. Sogar mein Geschenk kam noch pünktlich an – Mum hatte ihr Ohrringe in Schlangenform gekauft, die ihr offensichtlich auch gefielen, denn sie hat sich sofort entschieden sie heute zu tragen. Jetzt auf jeden Fall sitze ich allein am Schwarzen See. Ich genieße einen der letzten warmen Tage des Jahres. Wenigstens habe ich meine Ruhe, da fast alle Schüler in Hogsmeade sind. Der Rest sitzt wahrscheinlich in den jeweiligen Gefilden und macht Hausaufgaben. Vielleicht sollte ich meine Zeit auch sinnvoller nutzen, aber ein bisschen Ruhe tut auch mal ganz gut. Plötzlich höre ich ein leises Rascheln hinter mir – so viel zur Ruhe. Ich drehe mich nicht um, sondern reagiere erst, als sich der Unruhestifter neben mir niederlässt. Erstaunt stelle ich fest, dass es Potter ist. Wie kommt der auf die Idee sich neben mich zu setzen? Eine Weile schweigen wir uns einfach nur an, bis er es offensichtlich nicht mehr aushält: „Wieso bist du nicht in Hogsmeade?“ Ich frage mich zum einen, was ihn das angeht und zum anderen, warum ich wirklich darüber nachdenke ihm zu antworten. Stattdessen entscheide ich mich im Endeffekt jedoch dafür ihm die Gegenfrage zu stellen: „Und was machst du hier?“ Er lächelt leicht. „Ron und Hermione haben ein Date und ich habe keine große Lust dabei zu sein. Außerdem würde ich nur stören.“ Ich sehe ihn erstaunt an. „Weasley und Granger!? Wirklich? Verdammt, dann schulde ich Pansy drei Galleonen...“, murmle ich mehr zu mir selbst aber doch irgendwie laut genug. „Ja, die beiden haben es tatsächlich geschafft. Eigentlich ganz schön deprimierend, dass ich allein bin...“ Wieder schweigen wir uns an. „Und Zabini und Parkinson sind wohl auch zusammen weg?“ Ich sehe ihn fragend an. Woher weiß er davon? Doch dann fällt mir doch noch Pansy's unumstritten übertriebene Reaktion beim Essen ein. Natürlich weiß es die ganze Schule. „Ja, Pansy hat Geburtstag, sie sind zusammen essen.“ Ich frage mich, warum ich ihm im Endeffekt doch geantwortet habe. Nach einer Weile kichert er leise. Fragend drehe ich mich zu ihm um, er schaut in meine Richtung. „Sollten wir nicht eigentlich diejenigen sein, die jetzt in Hogsmeade ein Date haben?“ Erschrocken sehe ich auf. Wir sollten ein Date haben? Wir- Ich bemerke meinen Irrtum, dass er sicher nicht uns zwei gemeinsam gemeint hat und würde jetzt wohl abfällig reagieren, wenn mich nicht der Rotschimmer in seinem Gesicht verwirren würde. Ich weiß nicht, ob ich wissen will, was ihn so verlegen macht, aber mir fällt plötzlich auf, dass dies eigentlich die perfekte Möglichkeit ist herauszufinden, was vor drei Wochen passiert ist. Offensichtlich bemerkt er den Umschwung in meiner Stimmung, denn er steht ohne Vorwarnung auf und entschuldigt sich mit den Worten: „Ich muss dann jetzt wirklich noch was für Kräuterkunde machen.“ Doch ich lasse ihn nicht gehen. Ich will endlich wissen, was bei Merlin passiert ist, das so schrecklich ist, dass es mir niemand sagen will. Ich springe also auf und versuche, sein Handgelenk zu packen. Irgendwie schaffe ich es aber, ihm dabei einen Schubs zu geben, sodass er rücklings auf den See zufällt. Auch wenn es noch warme Tage sind, weiß ich, dass der See mittlerweile viel zu kalt zum Schwimmen ist. Er weiß das offenbar auch, denn er versucht verzweifelt in gekonnter Sucher-Manier irgendwo Halt zu bekommen. Die nächste Möglichkeit dafür ist meine Hand, die ihn gerade festhalten wollte. Leider bin ich keine allzu gute Stütze, wie sich herausstellt, denn er zieht mich einfach gnadenlos mit sich. Wie erwartet ist das Wasser wahnsinnig kalt. Es ist schon schwer genug wieder aufzutauchen. Die Tatsache, dass ich das Gefühl habe, ein Déja-Vu zu durchleben macht das Ganze nicht wirklich einfacher. Auch nicht, dass sich Potter immer noch krampfhaft an meiner Hand festklammert. Als unsere Köpfe wieder über Wasser sind, zieht er sich noch näher an mich heran, wahrscheinlich immer noch auf der Suche nach Halt. Nicht nur dass ich mich ein klitzekleinwenig unwohl fühle mit dieser Nähe – auch wenn sie erstaunlich gut wärmt – mein Kopf fängt auch wieder an höllisch zu schmerzen. Wahrscheinlich habe ich irgendwie aufgestöhnt oder irgendein ähnliches Geräusch gemacht, denn er sieht mich fragend an. Ich kneife meine Augen zusammen, hoffe dass die Dunkelheit hilft. Ich muss so verdammt schwach aussehen... Doch je mehr ich mir bewusst werde, dass Potter in meiner Nähe ist, desto schlimmer werden die Kopfschmerzen. Bis ich es nicht mehr aushalte und meine Hände an den Kopf reiße, mir die Haare raufe, einfach nur hoffe, dass der Druck irgendwie nachlässt. Benommen bemerke ich, dass er mich an der Hüfte packt und versucht, wieder ans Ufer zu schwimmen. Ich weiß, dass es unwahrscheinlich schwierig sein muss, mit mir als Last durch das kalte Wasser zu schwimmen, aber ich habe momentan wirklich andere Probleme als mir über Potters heroische Anwandlungen Gedanken zu machen. Als er das Ufer endlich erreicht, bringe sogar ich noch meine letzten Kräfte auf um mich an Land zu ziehen. Schwer atmend fallen wir beide auf das Gras neben dem See und holen tief Luft. Ich würde mich gern endlich entspannen, doch meine Kopfschmerzen wollen einfach nicht nachlassen. Erst als Potter seinen Arm von mir nimmt – hatte er den die ganze Zeit über an meiner Hüfte liegen!? - schwächen sie langsam ab. So langsam beginne ich, ein Muster in diesen Kopfschmerzen zu entdecken: Sie setzten immer genau dann ein, wenn ich in seiner Nähe bin. Was genau das zu bedeuten hat, weiß ich allerdings nicht... Vielleicht sollte ich Severus fragen, ob er eine Idee hat. Andererseits will ich mir diese Blöße auch nicht geben und selbst das Geheimnis lüften. Während ich so in meine Gedanken versunken bin, merke ich gerade noch, wie Potter aufsteht und sich in Richtung Schloss bewegt. „Hey!“, rufe ich ihm hinterher. Ohne sich umzudrehen antwortet er, dass auch ich schnell wieder ins Trockene kommen und mich irgendwo aufwärmen solle, bevor er seine Schritte beschleunigt und bald aus meinem Blickfeld verschwunden ist. Verwundert sehe ich ihm nach. Hat er sich etwa gerade tatsächlich Sorgen um mich gemacht? Verdammter Weltretterkomplex. Im Endeffekt jedoch hat er Recht, muss ich feststellen. Also erhebe ich mich vorsichtig – immer noch auf der Hut, falls meine Kopfschmerzen doch schlimmere Ausmaße haben sollten – und folge Potter mit einigem Abstand ins Schloss. Eigentlich habe ich geistig schon mit dem See abgeschlossen, als ich etwas aus dem Augenwinkel sehe, das meine Aufmerksamkeit auf sich zieht: Im Wasser schwimmt ein Blatt Papier, das vorhin definitiv noch nicht da war. Ich muss es wissen, ich habe schließlich eine ganze Weile auf die Wasseroberfläche gestarrt. Da es noch in Reichweite ist, knie ich mich noch einmal ans Ufer und strecke meine Hand aus. Irgendeine Stimme in meinem Hinterkopf sagt mir, dass dies keine gute Idee ist, doch ich greife trotzdem danach. Immerhin könnte Potter es verloren haben und es könnte mir helfen ihn zu erpressen oder so. So könnte ich herausfinden, was vor drei Wochen passiert ist. Als ich das Blatt jedoch herumdrehe um zu sehen, was sich auf der Rückseite befindet, denke ich mir, dass ich lieber auf mein Gewissen gehört hätte. Es ist nicht einfach irgendein Blatt, es ist ein Foto. Vermutlich das Foto, von dem die letzten Wochen kontinuierlich nicht gesprochen wurde, das jedoch immer wieder in einem Gespräch aufkam. Ein Foto, das mich und Potter unter einem Baum zeigt. Das zeigt, wie ich ihm die Nase zuhalte und wie er erschrocken aufspringt. Ein Foto, das zeigt, wie Potter und ich uns küssen. Sicher, es ist kein richtiger Kuss, eher ein Unfall von berührten Lippen, aber trotz allem berühren sich unsere Lippen, was in der heutigen Gesellschaft wohl unter 'Kuss' zu verstehen ist... Plötzlich fühlt es sich an, als würde mein kompletter Schädel auf mein Gehirn drücken. Ich kauere mich zusammen – habe ich vielleicht sogar kurz geschrien? - und hebe meine Hände wieder an meinen Kopf. Dieses Mal ist es noch viel unerträglicher als je zuvor in den letzten Tagen. Heißt das vielleicht, dass ich mein Gedächtnis wieder bekomme? Hat mein Kopf deshalb immer so geschmerzt? Weil der Kontakt zu Potter mich an diesen Vorfall erinnerte? Das letzte, was ich mitbekomme, bevor ich ohnmächtig werde, sind dumpfe Schritte im Gras, die sich schnell auf mich zu bewegen. Irgendetwas in mir hofft, dass es Potter ist, doch auch diesen Gedanken kann ich nicht mehr ganz greifen. Dann ist es wieder schwarz und still. ~To be continued~ +#+#+#+#+ Glaubt es oder nicht, ich habe ein Kapitel fertig :D Seit einem halben Jahr ._. Sorry, habe irgendwie vergessen es zu posten. Und habe auch überlegt, ob ich das überhaupt tun sollte, da ich momentan auch nicht weiterschreibe. Aber da es nun mal vorhanden ist, dachte ich mir es kann ja nicht schaden. In der Hoffnung also, dass irgendjemand noch mal den Stoff von vor zwei Jahren noch einmal aufarbeit mag... Außerdem ist das Ganze hier nicht geeditet oder sonst was, ich bin unglaublich faul ._. Die FF wird also erst einmal auf pausiert bleiben, vielleicht hab ich ja irgendwann mal wieder Lust daran weiterzuschreiben. Falls jemand an anderen Fanfictions von mir interessiert ist (allerdings auf englisch...), kann gern hier mal vorbeischauen: http://archiveofourown.org/users/nitschieh Ansonsten wünsche ich euch allen eine schöne Zeit und Happy Helloween ;D Liebe Grüße, Nitschieh Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)