Late Walks von Rejah ================================================================================ Kapitel 1: Late Walks --------------------- Late Walks „Hey, pass auf! Hinter dir!“ Neji konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite springen, sonst hätte ihn das Shuriken, das nun zitternd in der Baumrinde hinter ihm steckte, wohl getroffen. Sie waren in ungewöhnlicher Konstellation unterwegs: Er, Ten-Ten und Kiba mit Akamaru. Ihr eigentliches drittes Teammitglied, Lee, hatte es geschafft, sich beim stundenlangen Training die Sehne im Knöchel zu überdehnen und lag zur Zeit im Krankenhaus von Konoha. Neji fixierte seinen Gegner mit scharfem Blick. Sie hatten den Auftrag bekommen, ein in der Nähe gelegenes Dorf von umher streunenden Shinobi zu säubern, doch offenbar hatte es einer von ihnen noch rechtzeitig geschafft und war geflohen, ohne dass sie es bemerkt hatten. Jetzt erst stand er ihnen gegenüber und Neji verstand nicht wieso. Wäre es nicht viel klüger gewesen, einfach das Weite zu suchen? Doch nun hatte er keine Zeit mehr darüber zu sinnieren. Das Shuriken hinter ihm vibrierte und riss sich so schnell aus dem Holz, dass er keine Chance hatte es davon abzuhalten, wieder zu seinem Besitzer zurückzukehren. Im Gegenteil zu ihnen war der Nuke-Nin keineswegs erschöpft. Dennoch hatte Neji dank seines Byakugans feststellen können, dass er über keine sonderlich große Menge Chakra verfügte, weswegen dieser Kampf ein leichter werdeb würde. Dennoch war Neji verletzt. Er zog schon seit den vergangenen zwei Stunden, nachdem sie ihre Mission als abgeschlossen empfunden hatten, hinkend ein Bein hinterher. Ein vergiftetes Kunai hatte sich dort in einem unachtsamen Moment seinerseits in seine Wade gebohrt, jetzt beeilten sie sich, wieder nach Konoha zurückzukehren – keiner aus dem Team war fähig, Neji zu helfen. Auch den fremden Shinobi hatte es getroffen; er blutete stark aus einer tiefen Wunde am Genick, wahrscheinlich Akamarus Werk. Der Wurf seines Shurikens hatte ihm offenbar alles abverlangt; jetzt schwankte er, sein Gesicht bleich wie das eines Toten. „Er ist nicht gefährlich.“ Kiba trat langsam an ihn heran, während Neji dasselbe vermutet hatte, es sich aber nicht selbst bestätigen wollte. Er war misstrauisch. „Komm ihm besser nicht zu nahe.“, sagte er deshalb, doch Kiba beachtete ihn nicht. „Ach was, der kippt ja gleich von alleine um!“ Er trat näher, tat noch einen Schritt und Akamaru folgte ihm. Plötzlich kam jedoch Leben in die Augen des vermeintlich Schwerverletzten; er hob das Shuriken, das bis jetzt nutzlos erscheinend in seiner Hand gehangen hatte und schleuderte es in Akamarus Richtung. Dann ging alles ganz schnell: Wie in Zeitlupe sah Kiba das Shuriken auf seinen Hund zufliegen; er sprang hoch und warf sich schützend vor ihn, dann bohrte sich etwas Schweres in seinen Rücken und ließ ihn aufkeuchen. Akamaru war sicher. Kiba sah ihn nur an – und kippte um. ~~~~~*~~~~~ Neji beobachtete Kiba schon seit geraumer Zeit. Sie befanden sich, sehr zu seinem Leidwesen, in einem Doppelzimmer im Krankenhaus von Konoha. Nachdem Kiba sich vor seinen Hund geworfen hatte, war auch die letzte Kraft aus ihrem Gegner gewichen und er war ebenso wie Kiba bewusstlos zusammengebrochen. Ten-Ten hatte ihn zum Verhör nach Konoha gebracht, während er, Neji, sich um Kiba hatte kümmern müssen. Das Gift in seinem verletzten Bein hatte sich während der schwierigen Aktion in seinem Körper ausgebreitet. Und nun lagen sie hier. In einem gemeinsamen Zimmer, was ihn wohl am meisten störte. Er hätte lieber seine Ruhe gehabt; schlimm genug, dass er überhaupt im Krankenhaus war, doch er musste zugeben, dass das Gift nicht ganz ohne Wirkung geblieben war. Kiba regte sich ein wenig, seine Nase zuckte, doch er wachte nicht auf. Es ging schon seit Stunden so. Wieso beobachtete er ihn überhaupt? Verärgert drehte er sich zur Seite, aktivierte sein Byakugan und versuchte die Vögel auf dem Baum neben dem Fenster zu zählen. Doch schon nach wenigen Minuten musste er aufgeben, sein Körper war einfach zu geschwächt. Draußen regte sich nichts, die Vögel konnte er nun auch nicht mehr sehen und so wälzte er sich abermals auf die andere Seite. Doch Kiba schien ebenfalls beschlossen zu haben ihn zu langweilen: Er lag da wie ein Toter. Neji überkam ein ungutes Gefühl, und so hielt er die Luft an und lauschte, bis er Kibas Atem hörte. So ein Idiot, dachte er sich, wenn er sich nicht vor den Köter geschmissen hätte, könnte er jetzt trainieren. Das Shuriken hätte Akamaru wahrscheinlich eh nicht getroffen; es war schlecht geworfen worden und Akamaru war unverletzt gewesen und hätte ohne Weiteres ausweichen können. Nur Kibas Dummheit war es zuzuschreiben, dass er nun hier liegen musste und die nächste Woche auch nicht entlassen werden würde. „Hatschi!“ Neji schreckte auf und stieß sich den Kopf am Bettgestell. „Was-“ Kiba war endlich aufgewacht und Neji war sich nicht sicher, ob er glücklich darüber sein sollte. Kiba streckte sich, zuckte kurz – wohl vor Schmerz – zusammen, gähnte und blinzelte, ehe er die Augen vollends öffnete und begann, sich in den schmalen Zimmer umzusehen, bis sein Blick auf Neji haften blieb. „Was machst du in meinem Zimmer?“ Neji ließ geknickt den Kopf hängen. Er wünschte sich mit jemand Intelligenterem hier gelandet zu sein. „Oh, das ist ja gar nicht mein Zimmer!“ „Wir sind im Krankenhaus.“, klärte Neji ihn mürrisch auf. Kiba stockte und sah sich um. „Hast Recht.“ „Hmpf.“ Neji sparte sich eine richtige Antwort und zog es vor, wieder aus dem Fenster zu starren. Hinter sich hörte er das Rascheln von Bettlaken und ehe er sich überrascht umgedreht hatte, hatte Kiba sich schon aufgesetzt und seine nackten Füße auf dem eiskalten Fliesenboden abgesetzt. „Wohin willst du?“ „Muss pinkeln ...“ Kiba rieb sich über die Augen, ehe er aufstand; er fasste sich an den Kopf, packte das Gestell seines Bettes und hielt sich wankend daran fest. „Oh scheiße“, murmelte er, „Kopfschmerzen.“ „Selber Schuld.“ Neji sah ihn missmutig an. Wäre Kiba nicht der Einzige, mit dem er hätte reden können, hätte er ihn ignoriert. „Was musstest du auch ins Shuriken springen.“ Kiba sah ihn wütend an. „Es hätte Akamaru getroffen!“ „Hätte es nicht.“ Neji genoss das darauf folgende Schweigen. Schließlich sagte er: „Dein Hund hat Beine, weißt du. Der wäre schon rechtzeitig zur Seite gesprungen.“ „Und wenn nicht? Dann wäre Akamaru jetzt verletzt! Oder – oder noch schlimmer-“ „Und du wärst nicht verletzt.“ Kibas Hände begannen zu zittern. „Wie kannst du so was sagen?“ Vorsichtig ließ er das Gestell los und machte einen Schritt auf ihn zu. Doch er sackte sofort weg und fand sich auf dem Boden wieder. „Verdammt!“ Neji beobachtete ihn bewegungslos, nur ein Finger tippte im Sekundentakt auf sein Bettlaken. Kiba rappelte sich mühsam wieder auf. „Idiot!“, fauchte er. „Wenn's mir besser ginge, dann würde ich dich jetzt-“ „Geht's dir aber nicht und jetzt sei still.“ Er beobachtete ihn, wie er seine Hände kurz zu Fäusten ballte, dann ging Kiba tatsächlich. Wenn auch immer noch wankend. Als die Tür zum Badezimmer zu fiel, atmete Neji auf. Er hatte wirklich nicht viel Lust auf einen Streit, erst recht nicht auf einen mit Kiba. Warum, wusste er selbst nicht. ~~~~~*~~~~~ „Neji! Hey, hörst du mir überhaupt zu?“ Kiba hatte den Rest des Tages damit verbracht, auf Neji einzureden. Nur einmal war er für längere Zeit verschwunden, Neji wusste nicht, wohin, und das war auch das Einzige, was Kiba wenigstens für ein paar Minuten zum Schweigen bringen konnte. „Neji! Ignorier mich nicht!“ „Jetzt halt doch endlich mal die Klappe!“, fuhr Neji auf. „Ich ertrage dein Gejammer nicht mehr!“ Er fasste sich an die Stirn. „Mann“, sagte er, diesmal ruhiger, „es ist schon spät und ich will schlafen.“ Er drehte sich um und schlug sich die Decke über den Kopf. „Neji“, maulte Kiba gedehnt, „mir ist langweilig ...“ „Dann schlaf!“ „Ich – ich bin nicht müde.“ Neji ignorierte den unsicheren Ton in Kibas Stimme. „Egal, versuch's trotzdem – wirst du nicht vom Quatschen müde?“ „Vom ewigen Herumliegen aber sicher nicht.“ Neji drückte sich ins Kissen. Und sagte nichts mehr. Die Stille war wohltuend. „Neji, schläfst du?“ Neji fuhr auf. „Nein, verdammt! Lass mich endlich!“ Er warf sein Kissen nach ihm; Kiba, der anscheinend hellwach war, fing es mit Leichtigkeit und legte es auf seinem Schoß ab. Er grinste. Neji sah ihn genervt an. „Gib mir das Kissen wieder.“ „Nö. Hol's dir doch.“ Neji kniff, mittlerweile wütend, die Augen zusammen – doch er bewegte sich keinen Zentimeter. Den Teufel würde er tun und nur wegen Kiba aufstehen. „Schlaf ich halt ohne Kissen.“ Er legte sich wieder hin und drehte Kiba den Rücken zu. Endlich Ruhe. Plötzlich traf ihn etwas am Kopf, er schreckte hoch und bekam sein Kissen zu fassen. Kiba hatte es nach ihm geworfen. Reflexartig wollte er es zurückwerfen, hielt dann jedoch inne, legte es ordentlich auf seine Matratze zurück und vergrub sich unter der Bettdecke. Eine Weile lang herrschte Ruhe. Dann hörte er ein Tapsen auf sich zukommen. Er schlug die Bettdecke zurück und starrte geradewegs in die Augen von Kiba, der direkt vor seinem Bett stand. „Verdammt, was willst du?“, knurrte er. Kiba wankte. „Leg dich wieder in dein Bett! Ich will schlafen und das solltest du auch!“ „Mann, ich kann nicht einschlafen!“ Kiba war auf einmal auch gereizt und Neji fiel wieder ein, dass er eben irgendwie nervös gewirkt hatte. „Wieso nicht? - Wenn du endlich mal die Klappe halten würdest, könntest du auch schlafen!“ „Nein, das ist es nicht.“ Kibas Hand verkrampfte sich an dem Bettgestell. Er sah zur Seite. „Hast du Heimweh oder was?“ „Nein ... ich-“ „Hey, du bist 14, also reiß dich mal zusammen!“ Kiba sah ihn nur weiterhin an, sein Blick wirkte irgendwie gequält, fiel Neji auf, doch es lag noch etwas Anderes darin. Schließlich seufzte er. „Also gut. Was willst du?“, fragte er, in der Hoffnung, bald schlafen zu dürfen. Kiba wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als sie ein schnelles Getrippel hörten. Sie erstarrten und lauschten, während das Geräusch immer lauter wurde, als es sich mit rasender Geschwindigkeit der Tür näherte, und schließlich wieder leiser wurde. „Das meinte ich.“ Kiba schluckte. „Ich habe es eben schon gehört.“ Nejis Augen huschten zwischen ihm und der Tür hin und her. Es war mitten in der Nacht, wer rannte dort draußen herum? Jetzt, wo er darauf aufmerksam gemacht worden war, konnte er auch nicht mehr schlafen. Er hatte es vorher nicht gehört. „Du hattest die Decke über'm Kopf.“, klärte Kiba ihn auf, doch er schien nervös. „Verstehst du jetzt, wieso ich nicht schlafen kann?“ „Weichei“, grummelte Neji, doch er musste sich eingestehen, dass ihm die Sache nicht ganz geheuer war. ~~~~~*~~~~~ Am nächsten Morgen fühlten sich beide wie gerädert. Die Geräusche waren wiedergekehrt und hatten sie wach gehalten; Kiba hatte es Neji nachgemacht und sich die Decke über den Kopf gezogen, um sie nicht hören zu müssen. Doch die unnatürliche Stille, vermischt mit dem Geräusch ihres Atems und des Blutes in ihren Ohren war auch nicht besser gewesen. Neji hatte sich irgendwann auf den Rücken gelegt, die Tür zum Flur angestarrt und seinen Körper immer wieder angespannt, wenn das Geräusch wiederkehrte. Vom starren Liegen in nur einer Position war Nejis Körper nun steif und schmerzte; er zwang sich dazu aufzustehen und als er an das Fenster trat, kam er sich dumm vor – er hatte Angst gehabt. Es tat ihm sicherlich nicht gut, so viel Zeit mit Kiba zu verbringen. Kiba hinter ihm grummelte, gähnte, dann hörte er das Rascheln der Bettdecke, als er aufstand, und das Getapse nackter Füße, als er ins Bad schlurfte. Neji seufzte; sie waren zwar schon halbwegs wieder fit, doch die Ärzte wollten sie beide unbedingt noch im Krankenhaus behalten, 'zur Beobachtung', wie man ihnen gesagt hatte. Er lehnte die Stirn an die kühle Glasscheibe. „Morgen.“ Neji antworte nicht, als Kiba ihn grüßte. Die ganze Situation, der Zwang, hier zu bleiben, Kiba ertragen zu müssen und noch nicht einmal trainieren zu können, da er noch zu schwach war, um sein Byakugan zu benutzen – all das kotzte ihn regelrecht an. Kiba sollte ihn bloß in Ruhe lassen. „Hast du schlechte Laune?“ Neji knirschte mit den Zähnen und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was draußen lag. Kiba trat neben ihn, blickte kurz aus dem Fenster hinaus und fragte: „Willst du nicht mit mir reden?“ Neji sandte ihm einen giftigen Blick. „Konntest du eigentlich nicht schlafen, du weißt schon, letzte Nacht? Also, ich fand es ziemlich unheimlich, aber auch ... spannend! Stell dir vor, hier würde ein Geist-“ „Halt die Klappe!“ Neji schnellte herum und packte ihn an den Schultern, die Grimasse, die Kiba eben noch geschnitten hatte, verblasste. „Hey, hey, Neji-“ „Sei endlich still und nerv mich nicht!“ Er ließ Kiba los, so plötzlich, dass dieser den Halt verlor und beinahe stürzte; er konnte sich gerade noch am Fensterbrett festhalten. „Mensch, Neji, was ist los mit dir?“ „Was los ist? Du machst mich wahnsinnig, das ist los! Lass mich einfach in Ruhe, okay?“ Kiba sah ihn einen Augenblick an, gekränkt, wie Neji nur kurz dachte, den Gedanken jedoch sofort wieder verwarf. Es war etwas Anderes. Kiba tat nur so, als hätte es ihn verletzt. Er fragte sich noch, was dieser im Schilde führte, als Kiba sich plötzlich aufrappelte. „Kein Wunder, dass du keine Freunde hast.“, sagte Kiba kalt. Das ging zu weit! Neji starrte ihn wütend an. „Das hat dich nichts anzugehen.“ Eigentlich war es nicht das gewesen, war er hatte sagen wollen. Wütend über sich selbst wandte er sich wieder dem Fenster zu. Und kurze Zeit später hörte er, wie sich die Tür zum Krankenzimmer schloss. ~~~~~*~~~~~ Als Kiba nach Stunden immer noch nicht zurückgekehrt war, musste Neji sich zähneknirschend eingestehen, dass er sich nicht nur furchtbar langweilte, sondern sich auch Sorgen machte. Ein bisschen. Anfangs hatte er gedacht, dass Kiba es endlich eingesehen hätte, dass er nicht mit ihm reden wollte und sich woanders eine Beschäftigung gesucht hätte. Doch dafür war er schon viel zu lange weg; auch als eine Medic-Nin kam, um ihnen das Abendessen zu bringen, und fragte, wo er sei, war er noch nicht wiedergekommen. Jetzt bereute es Neji, dass er sie angelogen und gesagt hatte, dass Kiba im Bad sei. Es war schon spät am Abend, als Neji es nicht mehr aushielt. Er hatte die letzte halbe Stunde auf das leere Bett Kibas gestarrt. Er stand auf, abrupt, und blieb stehen. Wieso, bei allen Hokages, machte er sich Sorgen? Er sollte froh sein, dass Kiba fort war und nicht mit dem Gedanken spielen ihn zu suchen. Wie sollte er ihn in diesem riesigen Krankenhaus überhaupt finden? Neji biss sich auf die Lippe. Er würde Ärger bekommen, wenn herauskam, dass er die Medic-Nin belogen hatte. Vor allem sein Onkel würde ihn das spüren lassen – und was wäre, wenn Kiba etwas zugestoßen war? Er hatte bei Weitem noch nicht danach ausgesehen, als könnte er den ganzen Tag herumlaufen. Wie hypnotisiert starrte er die Tür an. Konnte sie sich nicht einfach öffnen und dieser verdammte Kerl dahinter stehen? „Der macht nur Ärger ...“, zischte Neji genervt, strich sich die Haare zurück und begann seine Suche. ~~~~~*~~~~~ Zu dieser späten Stunde waren die Gänge kalt und leer. Auch die abstoßend helle Beleuchtung war der Dunkelheit der Nacht gewichen, weshalb Neji sich die Wände entlang tastend zurechtfinden musste. Es war still; er war sicher, dass er der Einzige war, der noch wach war. Und Kiba natürlich. Es sei denn – und dieser Gedanke kam ihm erst jetzt – dass er sich schon längst nicht mehr im Krankenhaus befand, sondern schon vor Stunden nach Hause oder sonst wohin gegangen war. Er hielt an und drückte die Handfläche gegen die Wand. Sollte er es sich gewagt haben! Er suchte sicher nicht umsonst nach ihm! Stück für Stück tastete er sich weiter vor. Er verfluchte es, dass er noch zu wenig Kraft hatte, um dauerhaft sein Byakugan zu benutzen und so musste er sich blind fortbewegen, während seine Augen sich nur langsam an die Dunkelheit gewöhnten, bis er schwache Konturen ausmachen konnte. Nach wenigen Minuten hatte er sich in die Cafeteria geschlichen. Doch auch diese schien wie ausgestorben. Er wollte sich gerade wieder umdrehen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Reflexartig wollte er aufschreien, doch sofort hielt ihm eine weitere Hand den Mund zu. Er ahnte schon, wer hinter ihm stand, und ließ die Anspannung von seinem Körper fallen. Kiba tauchte vor seinem Gesicht auf. „Na?“ „Was soll das heißen, 'na'?“, fauchte Neji zurück, schlug sich jedoch sofort die Hände vor den Mund und lauschte. „Keine Sorge, du hast schon keinen geweckt.“ Neji sah ihn wütend an. „Was machst du hier, verdammt nochmal?“ „Geister jagen.“ Kiba lachte, als er Nejis perplexen Gesichtsausdruck sah, wurde dann jedoch am Kragen gepackt. „Sag schon, was hast du den ganzen Tag gemacht?“ „Ähm ... Kuchen gegessen.“ „Bitte was?“ „Jedenfalls bin ich danach zurückgegangen“, fuhr Kiba fort, „aber du warst nicht da und weil es schon so spät war, bin ich dich suchen gegangen.“ Neji starrte ihn ungläubig an. „Wir haben uns gegenseitig gesucht?“ „Hast du mich etwa gesucht?“ „Ich – äh-“ Neji hob abwehrend die Hände, Kiba jedoch begann zu grinsen. „Oh Mann, du bist ja doch nicht so ein Arsch, wie ich immer dachte!“ „Kiba ...“ Neji wollte Kiba gerade eine runterhauen, als er mitten in der Bewegung inne hielt. Da war es wieder: Das Geräusch, dass sie nachts zuvor wach gehalten hatte, kam trippelnd näher, aus der Richtung, aus der Neji selbst gekommen war – der Eingang zum Treppenhaus – und verschwand so schnell, wie es gekommen war. „Das war schon das zweite Mal.“, flüsterte Kiba ihm ins Ohr. Warmer Atem strich an ihm vorbei. Neji wich ein Stück zurück, leicht verwirrt. „Ja, wie letzte Nacht-“ „Nein, ich meine – ich habe es eben auch schon gehört. Genau von dort.“ Neji drehte sich zu ihm um und wischte Kibas Hand von seiner Schulter. Kiba sah ihn grinsend an. „Ich glaube nicht an Geister.“, meinte er kühl. „Bist du dir da sicher?“ Kiba versuchte einen verschwörerischen Gesichtsausdruck aufzusetzen. „Ach, halt einfach den Rand.“ Neji schob sich die Hände in die Hosentaschen seines Schlafanzugs und wandte sich um. „Mir egal, was du machst, ich geh jedenfalls jetzt schlafen. Ich will keinen Ärger bekommen, also lass dich bloß nicht erwischen, du Geisterjäger!“ Er achtete nicht weiter auf Kiba und betrat das Treppenhaus. „Siehst du, hier gibt es keine-“ Etwas zischte an ihm vorbei, so schnell, dass er es gar nicht richtig wahrnehmen konnte. Er war wie zur Salzsäule erstarrt. Kiba näherte sich ihm vorsichtig. „Also, wenn du mich fragst, war das gerade schon ziemlich unheimlich.“ „Ich frage dich aber nicht!“ Neji biss die Zähne zusammen, als er das Treppenhaus emporblickte. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich wieder in sein Zimmer zu kommen. „Was ist?“ Kiba lehnte sich lässig an das Geländer. Dass er sich ein Grinsen kaum verkneifen konnte, war nicht zu übersehen. „Ich dachte, du wolltest zurück.“ „Ich hab's mir anders überlegt.“ „Gib doch zu, dass du Angst hast.“ „Hab ich nicht, verdammt!“ Neji beobachtete wütend, wie Kiba weiterhin vor sich hin grinste – und dass er tatsächlich Angst hatte, ärgerte ihn am meisten. „Es gibt sicher eine ganz natürliche Erklärung dafür.“ Er sagte es mehr, um sich selbst zu beruhigen, als Kiba davon zu überzeugen. „Sicher.“ „Nimm mich gefälligst ernst!“ „Tu ich doch.“ Neji konnte sich gerade noch zurückhalten, Kiba erneut eine giftige Antwort entgegen zu schleudern – stattdessen wandte er sich wieder der Treppe zu. „Ich gehe jetzt.“ „Viel Spaß.“ „Hmpf.“ Neji starrte hinauf. Es gab keine Geister. Das von eben musste einfach eine Einbildung gewesen sein, hervorgerufen durch seine Müdigkeit. - Doch Kiba hatte es auch gesehen. Neji bemerkte, dass er ihn immer noch ansah. Vielleicht war es nur ein Luftzug gewesen. „Ich dachte, du wolltest gehen.“ Kiba hatte die Arme verschränkt. „Mach ich auch. Aber nur mit dir.“ „Also hast du Angst, alleine zu gehen?“ „Quatsch! Ich will nur keinen Ärger bekommen!“ Kiba erwiderte nichts darauf, doch sein Blick sprach Bände: Er glaubte ihm nicht. Und im Grunde genommen, so musste Neji sich eingestehen, glaubte er sich selbst nicht. Daher wollte er auch zuerst seinen Augen nicht trauen, als Kiba sich plötzlich von der Wand abstieß und sich vor ihm auf die erste Treppenstufe stellte. „Okay, ich geb' mich geschlagen.“, meinte er. „Lass uns zurückgehen.“ „Ist das dein Ernst?“ Doch Kiba begann ohne zu zögern die Treppe herauf zu steigen. Es klang unangenehm laut in Nejis Ohren, als er ihm folgte. Im dritten Stockwerk verließen sie das Treppenhaus wieder. Gesprochen hatten sie kaum ein Wort miteinander und Neji hatte das seltsame Gefühl, etwas, Falsches getan zu haben. Sie waren jedoch noch keine zwei Schritte vom Treppenhaus entfernt, als sie es wieder hörten. Neji war herum geschnellt, war – rein instinktiv – wieder zurück gelaufen und hatte um die Ecke gelugt – doch nichts war mehr zu sehen gewesen. „Vielleicht sollten wir den Weg versperren.“, meinte Kiba hinter ihm und trat an ihn heran. „Was?“ „Na ja, es sieht so aus, als würde es hier öfter vorbeikommen. Was auch immer es ist, es wird dagegen laufen oder wenigstens aufgehalten werden.“ „Ich dachte, es sei ein Geist.“ „Und ich dachte, du glaubst nicht an Geister.“ „Tu ich auch nicht, aber – ach, vergiss es!“ Neji sah sich suchend um. „Sag mir lieber, wie wir den Weg versperren sollen.“ Kiba, begeistert von Nejis plötzlichem Sinneswandel, war sofort Feuer und Flamme und machte auf dem Absatz kehrt, um etwas Passendes zu finden. Neji wartete scheinbar geduldig, entfernte sich vorsichtshalber jedoch vom Treppenhaus, und noch ein wenig mehr, als das Geräusch plötzlich wiederkehrte und genauso schnell wieder verschwand. Was, bei allen Hokages, konnte es sein? Es gab keine Geister! Es gab sie nicht! Wenige Minuten kam Kiba wieder. Er hatte drei Stühle aufeinander gestapelt und zog sie hinter sich her. „Scheinst ja wieder bei Kräften zu sein.“, merkte Neji an, weniger, weil das ihm aufgefallen wäre, als vielmehr zu verbergen, dass ihm immer noch Schauer über den Rücken liefen. „Ein Zimmer war nicht abgeschlossen. - Komm, mach mal.“ „Was soll ich machen?“ „Na, die Stühle aufstellen. Komm schon, ich hab sie schon hierher geholt!“ Neji bedachte ihn zwar mit einem genervten Blick, machte sich dann aber an die Arbeit, lugte um die Ecke in das Treppenhaus hinein und zog, nachdem er die Situation als sicher befunden hatte, die Stühle mit hinein. „Das sollte reichen.“, sagte er, als er die Stühle aufgestellt hatte, zwei nebeneinander, einen quer darüber liegend. „Schön gemacht, Neji.“ „Halt die Klappe.“ „Sicher, dass das hält?“ Neji antwortete ihm nicht. „Na ja ... mir fällt gerade ein, wenn es wirklich ein Geist ist, bringt die Absperrung gar nichts.“ „Halt die Klappe, Idiot!“ Neji wandte sich ab. Was machte er eigentlich? Er spielte hier Geisterjäger, und das auch noch zusammen mit Kiba, der mindestens ein genauso großer Angeber wie Naruto war. Er sollte gehen, einfach zurückgehen. Doch sein Körper gehorchte ihm einfach nicht. Er stand nur da und beobachtete Kiba und wie er das Treppenhaus observierte. Irgendwie konnte er nicht gehen. Und wenn er erwischt würde? Neji biss sich auf die Lippe. Lächerlich, dass er sich auf all das eingelassen hatte. „Neji.“ Kiba starrte in das leere Treppenhaus, eine Hand am Türrahmen. „Was?“ „Es kommt nicht.“ „Hä? Wie jetzt?“ Neji überwand sich und stellte sich neben Kiba, um über seine Schulter hinweg in das Treppenhaus zu blicken. Nach einer Weile drehte er den Kopf zu ihm. „Jetzt echt?“, fragte er fassungslos. Kiba nickte. „Verdammt!“ Ohne darauf zu achten, was er tat, trat er gegen die wacklige Konstruktion aus Stühlen. Ein ohrenbetäubender Lärm hallte durch das Treppenhaus. Kiba starrte ihn geschockt an. „Scheiße.“ Neji sah den Gang hinunter, doch noch war niemand zu sehen. „Lass uns abhauen!“, zischte er. Kiba nickte und sie liefen schnell, aber auf Zehenspitzen, das Treppenhaus hoch. Neji hatte ein seltsames Gefühl dabei, schalt sich aber gleichzeitig einen Dummkopf, dass er immer noch an den vermeintlichen Geist dachte. „Halt!“ Kiba hielt abrupt an und Neji, der sich direkt hinter ihm befunden hatte, rannte in ihn hinein. „Was-“ „Pssst!“ Erst jetzt bemerkte auch Neji die Medic-Nin, die eilig den Gang, auf den sie gerade hinauslaufen wollten, entlang ging. Kiba drückte sich noch ein wenig mehr in das Dunkel des Treppenhauses und damit auch an Neji, der nicht wagte, auch nur einen Atemzug zu machen. Und dabei war es nicht nur die Angst, entdeckt zu werden, die ihn sprachlos machte. Kiba war einfach zu dicht bei ihm. Sein warmer Rücken presste sich unabsichtlich an seine Brust, doch Neji konnte einfach nicht zurückweichen. Direkt hinter ihm befand sich die nächste Treppenstufe und er konnte sich nicht bewegen, ohne ein Geräusch zu machen. Es war so schon schwierig genug, nicht zischend einzuatmen. „Die Luft ist rein.“ Endlich tat Kiba den erlösenden Schritt von ihm weg und ging voraus auf den Gang. Neji folgte ihm, mit den Gedanken völlig woanders. ~~~~~*~~~~~ Neji schloss die Tür zu ihrem Zimmer hinter seinem Rücken und atmete erleichtert aus. „Das war knapp.“ Kiba nickte zustimmend. Nejis Blick verfinsterte sich. „Das war deine verdammte Schuld.“ „Hä? Wieso das denn?“ „Wenn du nicht verschwunden wärst, hätte ich nicht nach dir suchen müssen!“ Neji bemerkte kaum, dass seine Stimme lauter wurde. „Du hättest ja nicht nach mir suchen müssen!“ „Klar, und dann stellst du wieder irgendwas an!“ „Das geht dich doch 'nen Dreck an!“ „Ach ja? Und ich bekomm' wieder den Ärger!“ „Oh, wie schrecklich! Wer ist hier jetzt das Weichei?“ „Ach, halt gefälligst die Klappe!“ „Fällt dir nichts mehr ein oder wie?“ Neji hatte die Hände zu Fäusten geballt, er zitterte vor Wut, doch er sagte nichts mehr. Er sah, wie Kiba den Mund öffnete, um ihm noch etwas entgegen zu schleudern, es sich im letzten Moment anders überlegte und ebenfalls nichts mehr sagte. Sie schwiegen sich an. Eine peinliche Stille entstand. Nejis Hände lockerten sich. „Tut mir Leid. Es war nicht so gemeint.“ Er hatte den Kopf gesenkt, als er an Kiba vorbei zu seinem Bett ging und sich hinlegte. Auf einmal war er so müde, dass er auf der Stelle eingeschlafen wäre – hätte Kiba nicht immer noch geschwiegen. Er sah auf. „Kiba?“ Er drehte ihm immer noch den Rücken zu. „Hey, hör mal, es war nicht so gemeint. Oder ... na ja, eigentlich war es schon so gemeint, aber nur in dem Augenblick, ich – ich war wütend, ich hab nicht gewusst was ich sag' und ... es tut mir wirklich Leid. Bitte nimm meine Entschuldigung an.“ Er sah, wie sich Kibas Schultern hoben, als er tief einatmete. „Neji.“ „Ähm ... ja?“ „Du bist echt ein Vollidiot.“ Stille. „Kiba, ich – ich habe mich gerade entschuldigt und du-“ „Halt die Klappe!“ Neji war viel zu perplex, um zu widersprechen. Kiba atmete heftig aus. „Ich weiß echt nicht, woran ich bei dir bin. Du – erst beleidigst du mich, dann entschuldigst du dich – glaubst du, man kann alles einfach so durch Entschuldigungen lösen?“ „Klar.“ „Idiot!“ Kiba kam auf ihn zu und baute sich vor ihm auf. „Kann man eben nicht! Und erst recht nicht, wenn du dich nur entschuldigst, um dich nicht weiter zu streiten, und – und es tut dir doch gar nicht Leid.“ „Und wenn schon.“ „Neji, suchst du etwa Streit?“ Kiba ballte die Fäuste. „So langsam kotzt du mich wirklich an!“ „Das kann mir doch egal-“ Doch bevor er weiterreden konnte, holte Kiba aus und gab ihm eine Ohrfeige. Sein Kopf flog zurück und sofort spürte er den brennenden Schmerz auf seiner Wange. „Spinnst du?“ Kiba antwortete ihm jedoch nicht, sondern wandte ihm den Rücke zu, doch Neji ließ die Ohrfeige nicht auf sich sitzen: Er packte Kiba an den Schultern und schubste ihn vorwärts, von sich weg. Kiba jedoch stolperte, griff im Fall nach Neji, erwischte das Hemd seines Schlafanzugs und riss ihn mit zu Boden. Neji öffnete die Augen, die er beim Fall zusammengekniffen hatte. Er sah direkt in Kibas Gesicht. Was ihm jedoch viel mehr auffiel, war die Tatsache, dass er der Länge nach auf ihm lag und sein Hemd beim Fall nach oben gerutscht war. Er spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. In diesem Moment dachte er kein bisschen mehr an ihren Streit. Und er stand nicht auf. Denn er hatte Angst davor, Kiba so vor ihm liegen zu sehen. Kibas Hand war immer noch in sein Hemd gekrallt. Er spürte die Wärme seiner Haut am ganzen Körper. Und für einen Moment war es ihm egal, was Kiba dachte und was passieren würde. Er beugte sich vor und küsste ihn. Doch noch im gleichen Moment, in dem sich ihre Lippen berührten, durchfuhr ihn ein Schock und ihm wurde bewusst, was er da tat. So schnell er konnte löste er sich von ihm, sprang auf und starrte mit geweiteten Augen auf Kiba hinunter. Dieser sah ihn ebenso an: Geschockt, vollkommen verwirrt. Und er sah unglaublich sexy aus. Neji schlug sich gegen die Stirn, um diesen unsinnigen, unnatürlichen Gedanken zu vertreiben, löste sie beide damit jedoch aus ihrer Starre. „N-Neji ...“ Kiba rappelte sich auf, sein Hemd war zerknittert, seine Wangen rot wie Feuer. Neji brachte vor Scham kein Wort heraus. Seine Körper hatte zu zittern angefangen. Langsam bewegte er sich Richtung Tür. „Hey, warte!“ Hätte Neji in diesem Moment nicht solche Angst gehabt, Kiba zu berühren, hätte er sich einfach an ihm vorbei schieben und gehen können. Fliehen. Doch so blieb er stehen, sah jedoch zur Seite, während er sich verlegen das Hemd glatt strich. Kiba räusperte sich, mindestens genauso verlegen. „Du – äh ... ich-“ „Tut mir Leid.“ Neji kniff die Augen zusammen und wartete auf eine weitere Ohrfeige. Er hatte sie verdient. Er hatte Kiba geküsst, einen Jungen! Was war nur in ihn gefahren? „Bist du schwul?“ Kibas Frage kam ganz ruhig und sachlich. „Was? Nein!“ Neji wich einen Schritt zurück. „Ich hab noch nie – ich mein', ich bin noch nie-“ Es musste ja so aussehen. Neji biss sich auf die Lippe und hoffte, dass es bald vorbei sein würde. Dass Kiba ihn schlagen würde. Oder ihn anschreien oder weggehen. Irgendwas! Doch als sich Kiba nach endlosen Minuten wieder bewegte, schlug er nur seine Bettdecke zurück und legte sich schlafen. ~~~~~*~~~~~ Der nächste Tag war der pure Horror für Neji. Sie beide versuchten sich so gut es ging aus dem Weg zu gehen, doch das fiel schwer, wenn man das selbe Zimmer teilte. Neji konzentrierte sich wieder darauf, die Vögel draußen zu zählen, oder versuchte es zumindest, denn ab und zu huschte sein Blick doch zu Kiba, der mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf dem Bett lag und an die Decke starrte. Und er konnte noch nicht einmal von sich behaupten, ihn unabsichtlich zu beobachten. Kiba dagegen schien ihn völlig zu ignorieren. Kein Wort hatten sie miteinander gesprochen, kein einziges Mal hatte er ihn angesehen. Die Medic-Nin, die im Laufe des Tages zu ihnen gekommen war, um sich nach ihrem Befinden zu erkunden, hatte sich, nach sie die düstere Stimmung bemerkt hatte, sehr schnell wieder aus dem Staub gemacht. Neji seufzte innerlich. Was war nur in ihn gefahren?, fragte er sich nicht zum ersten und auch nicht erst zum zweiten Mal. Er hätte sich diese Frage noch ein Dutzend Mal stellen können, er wäre ebenso zu keiner Antwort gekommen. Zu keiner, außer der, die die einzig richtige und doch so falsche Lösung darstellte. Er, Neji, begabtester Shinobi des Hyuuga-Clans, Meister des Byakugans, schnellster Denker seines Teams, der demütigst sein Schicksal akzeptierte – war schwul. Schwul! Neji wollte sich die Haare raufen oder sich in den Arm kneifen, in der Hoffnung, all das sei ein Traum, denn dieses Schicksal wollte er ausnahmsweise nicht annehmen. Was war das nur für ein grausamer Scherz? Er zuckte zusammen, als Kiba aufstand, um ins Bad zu gehen. Was sollte er nur tun? Sein Verstand schrie ihn regelrecht an, bloß nicht das zu tun, woran sein Körper gerade und auch den ganzen Morgen über dachte. An Kiba, und daran, ihn noch einmal zu berühren, nur noch mehr, viel mehr, er spürte seine Lippen wie Feuer brennen. Nebenan hörte er das Wasser der Dusche brausen. Er musste hier raus. Sonst würde noch etwas passieren, das er nicht wollte. - Nein, falsch. So etwas war bereits passiert. Mit trockener Kehle sprang er auf und rannte regelrecht aus dem Zimmer. Erst in der Cafeteria kam er wieder zur Besinnung. Keuchend blieb er stehen, sich der vielen Patienten, die um ihn standen, saßen und gemeinsam lachten, nicht bewusst. Er war geflohen. Vor Kiba! Was für ein Idiot er doch war. Wie Kiba es am Tag zuvor getan hatte, oder es zumindest behauptet hatte, ließ er sich auf einen der Stühle nieder, doch kraftlos und erschöpft. Den ganzen Vormittag hatte er gegen sich gekämpft. Und hatte den Ort des Geschehens verlassen, um nicht zu verlieren. Verloren. Die Einsicht nagte an Nejis Stolz. Was hatte er eigentlich hier unten verloren? Er musste dringend das gestern Geschehene klären, er würde es sonst nicht ertragen können. Wie sollte Kiba auch nur den kleinsten Funken Respekt vor ihm haben? Jetzt, wo er sich so lächerlich gemacht hatte. Er stand auf, ruckartig, und warf dabei fast den Tisch um, doch das störte ihn nicht weiter. So schnell er konnte stürmte er aus der Cafeteria. Als er durch das Treppenhaus die drei Stockwerke nach oben und durch die Gänge rannte, überlegte er sich, was er sagen könnte: Sorry, Kiba, dass ich dich geküsst habe, war ein Unfall – öhm – irgendwie sind wir ja aufeinander gefallen und – ähm – also, was ich eigentlich sagen wollte, ich, also – ääähm – es war keine Absicht! Oder so ähnlich. Neji riss die Tür zu ihrem Zimmer auf und öffnete schon den Mund, um zu einer Entschuldigung anzusetzen, da wurde sein Kopf regelrecht leergefegt. Kiba war anscheinend gerade aus der Dusche gekommen, denn er stand direkt vor ihm, die Haare nass und mit nichts als einem schmalen weißen Handtuch bekleidet. Und er starrte ihn direkt an, mindestens genauso geschockt wie er selbst. Neji konnte kein Wort herausbringen, stattdessen wanderte sein Blick ungewollt nach unten und umso schneller wieder nach oben, in Kibas Gesicht. Er schluckte. „Woher kommst du denn?“ Kiba hatte anscheinend nicht gemerkt, dass er das Zimmer verlassen hatte. „Hey! Hey – Neji?“ Neji war damit beschäftigt, nicht die Beherrschung zu verlieren. Gerade wollte er die Augen schließen, um Kiba nicht weiterhin anstarren zu müssen, da kam eben jener auf ihn zu. Einfach so, halbnackt. „Wir sollten das von gestern endlich mal klären, Neji. Ich mein', was sollte das? War das irgendeine Strafe für etwas, was ich getan habe? Was ist bloß-“ Es war einfach zu viel. Nejis Verstand schaltete sich wie schon am vorigen Tag aus, mit dem Unterschied, dass er ihn nicht wieder nach einer Sekunde zurück erlangte. Er packte Kiba an den Schultern, zog ihn an sich und küsste ihn und diesmal wusste er genau, was er tat, doch es war ihm herzlich egal; alles was zählte war, dass er Kiba spürte, seinen Körper, den er mit seinen Armen festhielt, seinen Atem, der ihm über die Lippen strich, und das leichte, doch immer stärker werdende Zittern seiner Knie. Er drückte sich gegen ihn und ihn damit gegen die Wand neben der Badezimmertüre. Kibas Hände hatten sich auf seine Schultern gelegt und versuchten ihn weg zu schieben, doch er packte sie und drückte sie neben Kibas Kopf an die Wand, bis die Kraft aus ihnen wich. Als schließlich auch Kibas Beine nachgaben, nutzte Neji die Chance, um ihn herunter zu drücken und ihn bestimmend auf den Boden zu befördern, die Handgelenke immer noch festhaltend. Seine Lippen wanderten über Kibas Gesicht, dann zu dessen Ohr, in das er kurz die Zähne versenkte, und verharrten schließlich an seinem Hals. Den schwachen Widerstand, den er endlich wieder in Kibas Händen spürte, ignorierte er nicht nur, sondern umfasste beide Handgelenke mit einer Hand. Die andere berührte selbstsicher und doch vorsichtig Kibas Haut über dem Schlüsselbein. Erst da schaffte Kiba es, Nejis Griff zu lösen, stemmte ihn weg und rammte ihm sein Knie in den Bauch. „Bist du völlig durchgeknallt?“ Er strampelte sich seinen Weg frei, trat, schlug, und bespuckte Neji, obwohl soviel Gewalt gar nicht nötig gewesen wäre, da Neji immer noch nach Luft japste und sein Verstand außerdem wieder vollständig in ihn zurückgekehrt war und er geschockt auf den Boden schaute. Er hatte völlig die Kontrolle über sich verloren. Bei allen Kages, hätte Kiba sich nicht gewehrt, er wäre wohl zum Äußersten gegangen. Er rang um seine Fassung. „N-Neji?“ Kiba klang zum ersten Mal unsicher, und das gab ihm Mut. „Sorry.“ Er war heiser und peinlich berührt wurde ihm bewusst, dass das vom Küssen kommen musste. Er wollte am liebsten wieder gehen, doch Kiba versperrte ihm den Weg zur Tür. Neji starrte nur einen Augenblick auf dessen nackten Oberkörper, dann wandte er den Blick ab. Er wollte nicht zweimal den gleichen Fehler begehen. Wie hatte sein Verstand eben nur so aussetzen können? Nein – er erinnerte sich. Sein Verstand war sofort da gewesen, kristallklar wie immer. Und doch war es ihm egal gewesen, er hatte auf die möglichen Folgen gepfiffen. Also musste er jetzt damit leben. Und doch konnte er nur Eines denken: Verdammt, verdammt, verdammt! „Ich-“ Neji schluckte abermals. Es gab keine Entschuldigung für das, was er getan hatte. „Bitte ... sag das nicht den Anderen.“ „Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“ Neji schwieg. „Du Idiot!“, fuhr Kiba ihn an. „Was soll das Ganze? Du – warum machst du das? Fährst du irgendwie auf mich ab oder so?“ Neji ertrug es. Schweigend. Er schämte sich zu Boden wegen dem, was er getan hatte und dennoch konnte er es nicht bereuen. Er bereute es tatsächlich nicht. Und obwohl er Kiba nicht ansah, reichte allein das Wissen, dass er nur mit einem Handtuch bekleidet war, aus, um ihn beinahe wieder all seine Prinzipien vergessen zu lassen. Was war nur mit ihm los? Kiba war inzwischen verstummt. Zögernd ging er schließlich an ihm vorbei, als er merkte, dass Neji nicht mehr antworten würde, und zog sich an. Die Luft war schwer wie Blei. In Nejis Kopf brannten die Gedanken. Wie Pfeile schossen sie ihm nacheinander hinter den Augen. Dass er Kiba anziehend fand, war gar keine Frage. Und er hatte es genossen, ihn zu küssen. Hatte es genossen, ihn zu berühren. Und er wollte mehr. Das Einzige, was ihn aufhielt war Angst. Er war sich dessen bewusst, denn er war schon immer ehrlich zu sich selbst gewesen. Doch was war es? Er hatte Kiba früher nie mit solchen Blicken angesehen. Lag es etwa an der gemeinsamen Zeit, die sie gezwungenermaßen im Krankenhaus hatten verbringen müssen? Und was bedeutete es? Dass er dringend eine Freundin brauchte? Nein, er wollte Kiba. Nur ihn. Neji hielt zitternd im Denken inne. Ja, er war ehrlich zu sich selbst. Und er musste es auch zu Kiba sein. Er drehte sich zu ihm um, als Kiba sich gerade das Krankenhaushemd über den Kopf zog. „Kiba. Ich muss dir was sagen.“ Seit Naruto ihn damals besiegt hatte, war er ein Mensch der Taten geworden. Was brachte es ihm schon ein, die ganze Angelegenheit totzuschweigen? Kiba sah ihn abwartend an. „Ich – also – weißt du noch, du hast mich eben etwas gefragt.“ Neji war froh, einen Anfang gefunden zu haben. „Ob ich ... schwul bin. Na ja, eigentlich ... bin ich das auch nicht. Aber“, er holte tief Luft, tat ein Atemzug, als ob es sein letzter wäre, „bei dir hat das Schicksal wohl eine Ausnahme gemacht.“ Kiba starrte ihn an, als wäre er der Geist, der sie verfolgt hatte. Neji sprach das Unausweichliche aus, abgehackt, aber deutlich genug: „Ich – ich möchte dich küssen.“ Natürlich war Kiba geschockt. Er brachte kein Wort heraus. Neji stand nur da, die Arme schützend vor sich verschränkt und das Unbehagen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Es war verdammt schwer gewesen, diese Worte zu sagen, noch schwerer war jedoch der Kloß in seinem Hals, der ihm das Atmen noch weiter erschwerte. Er sollte etwas sagen. Kiba sollte unbedingt etwas sagen, denn die Stille erdrückte ihn am meisten. „Das hast du schon getan.“, waren die erlösenden Worte. „Was?“ „Mich ... geküsst.“ Kiba versuchte vergeblich, Blickkontakt mit ihm zu halten, wich aber immer wieder aus. „Sag mir nicht, das hätte dir gefallen.“ „Dir etwa nicht?“ „Ich-“ Kiba stockte und verstummte. Als er seine Augen endgültig von ihm abwandte, wusste Neji, dass er log. Noch einmal nahm er all seinen Mut zusammen. „Mir – mir hat es gefallen.“ „Also bist du doch schwul.“ „Nein, verdammt!“ „Ich bin aber ein Junge, falls dir das noch nicht aufgefallen sein sollte!“ „Das ist mir doch egal, ich-“ Er sprach nicht weiter. „Was?“, fragte Kiba schneidend. „Ich ... eben, da wollte ich mich entschuldigen, aber – aber du kamst gerade aus der Dusche heraus und ich – ich konnte nicht mehr-“ „Sag bloß, du warst so scharf auf mich, dass du dich nicht mehr beherrschen konntest!“ Neji schwieg eine Weile. „So könnte man es ausdrücken ...“, nuschelte er schließlich. „Ach du heilige Scheiße.“ Kiba ließ sich auf das Bett fallen. Nach einigen, endlosen Minuten sprach er weiter. „Also, um alles nochmal zusammenzufassen: Du sagst, dass du irgendwie ... auf mich stehst und dass du mich küssen willst?“ „Ähm ... ja.“ Kiba schüttelte den Kopf. „Du hast sie echt nicht mehr alle.“ „Tut mir Leid.“ „Die Entschuldigung kauf ich dir ausnahmsweise ab.“ „Danke.“ Kibas Mundwinkel zuckten. „Du kannst ja sogar 'Danke' sagen.“ „Wieso sollte ich das auch nicht?“, brummte Neji gereizt. „Na ja, sonst bist du immer ein eingebildeter, beschränkter, einzelgängerischer, hochnäsiger-“ „Hey, hey, hey, hey! Mach mal halblang!“ Neji hatte mit zwei Schritten das kleine Zimmer durchquert und sich vor ihm aufgebaut, die Hände in die Seiten gestemmt, doch da verstummte er plötzlich. Kiba sah von unten zu ihm herauf. Sie beide waren sich der Situation vollkommen bewusst. Er sah, wie Kibas Kehlkopf zuckte, als er schluckte. „Okay ... du darfst.“ Kiba klang unsicher. „Ich möchte etwas ausprobieren.“ „Ähm – jetzt – jetzt echt?“ Neji war einen Schritt zurückgewichen, nicht weil er dem abgeneigt war – natürlich nicht – sondern, weil er es nicht glauben konnte. Kiba hatte ihm doch nicht etwa gerade die Erlaubnis gegeben, ihn zu küssen? Ihn zu berühren, zu liebkosen, all die Sachen, die er sich mit ihm vorgestellt hatte – nein, er musste etwas falsch verstanden haben. Doch obwohl er diese Zweifel hegte, überwog doch der Wunsch, ihn wieder zu küssen. Er trat den einen Schritt wieder hervor und beugte sich zu ihm herunter. Seine Hand hob sich, wie von Geisterhand geführt, strich über Kibas Wange und er traute sich, ihm in die Augen zu sehen. Er musste sich trauen, denn er wollte sichergehen, nichts Falsches zu tun. Kibas Augen schlossen sich nicht, sondern beobachteten ihn wachsam. Nejis Lippen berührten sanft die seinen, ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Er war erstaunt über seine eigene Zurückhaltung und noch mehr darüber, dass Kiba nicht vor ihm zurückwich. Vorsichtig ging er weiter, berührte mit der Zungenspitze Kibas Lippen, fuhr sie entlang und merkte, wie sein Verstand sich immer mehr verabschiedete. Wenn er nicht aufhörte, dann – doch er konnte nicht, seine Hände vergruben sich in Kibas Haaren, sein Kuss wurde stürmischer, fordernder und als er urplötzlich Kibas Zunge an seiner spürte, war es um ihn geschehen. Er begriff noch nicht einmal, was wirklich passierte, was in Kiba vorging, doch er spürte eine Hand in seinem Rücken, dann eine zweite, die ihn näher zog, und alles, was er spürte, war Wärme, Hitze, die seinen ganzen Körper in Brand zu setzen schien, die kühlen Hände, die ihm fahrig über die Schultern strichen, wie eine sanfte Erholung. Die Luft wurde ihm knapp, doch das war egal, er brauchte nur das hier. Als er sich schließlich doch von Kiba lösen musste, hatte dieser die Augen geschlossen. Irgendwann, im Eifer des Gefechts, mussten sie quer über das Bett gefallen sein, Kiba unter ihm. Ihre Hemden waren zerknittert, ihre Wangen gerötet und ihr Atem ging keuchend. Langsam ließ Kiba seine Hände von Nejis Schultern sinken, hinab auf das durchwühlte Laken. Sie starrten sich gegenseitig an. „Ähm, Kiba ...“ Nejis Wangen wurden noch eine Spur röter. „Hab' ich dich jetzt irgendwie ... überfallen?“ Zuerst antwortete Kiba nicht. Er leckte sich unsicher über die Lippen. „Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Die letzten beiden Male, da hast du mich überfallen. Und jetzt ...“ Neji kam der Gedanke, dass es besser wäre aufzustehen, doch als er dies in die Tat umsetzen wollte, hielt Kiba ihn fest. „Jetzt ist es anders.“, fuhr er fort. „Ich – ich habe keine Ahnung, was passiert ist, aber ich – ich finde es nicht mehr so schlimm. - Nein, das ist die falsche Formulierung, ich – versteh mich nicht falsch, ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich bin definitiv nicht ... schwul“, er sprach das Wort immer noch mit einem gewissen Ekel aus, „trotzdem ... ähm, war es ... diesmal besser.“ Unsicher sah er zu Neji. „Verstehst du, was ich dir damit sagen will?“ Neji war noch immer verwirrt, vollkommen unfähig zu sprechen. Alles erschien ihm wie in einem Traum, doch er war sich nicht sicher, ob es ein schöner Traum oder ein Alptraum war. „Neji, jetzt sag endlich was.“ Neji setzte sich auf, und diesmal hielt Kiba ihn nicht fest, und setzte sich neben ihn, den Rücken an die Wand gelehnt, die Knie angezogen. „Warum hast du das getan?“, fragte Neji schließlich. „Hab ich dir doch gesagt: Weil ich etwas ausprobieren wollte.“ „Und was?“ Neji bereute es schon, die Frage gestellt zu haben. „Ob es mir auch gefallen würde, wenn – na ja, wenn ich weiß, was du vorhast.“ Neji schwieg. „Willst du nicht wissen, ob es mir auch gefallen hat?“ Doch. Und wie er das wissen wollte. Ihm hatte es gefallen, sehr sogar, und wenn da nicht dieses unangenehme Ziehen in seiner Brust gewesen wäre, hätte er einfach wieder da angesetzt, wo sie eben aufgehört hatten, oder er hätte zumindest die Frage gestellt, die ihm auf der Zunge brannte wie die Küsse, die sie ausgetauscht hatten. „Neji“, Kibas Stimme klang ungeduldig, „was ist mit dir los? Eben warst du noch – und jetzt bist du-“ „Ja, ich weiß. Tut mir Leid.“ Er stand auf. „Es tut mir wirklich alles Leid. Ich werde das nie wieder machen.“ Er wollte gehen, hatte jedoch kaum einen Schritt getan, als er eine Hand an seiner spürte. Ungläubig drehte er sich um. Was sollte das jetzt noch? „Neji, du bist echt ein Vollidiot.“ Das hatte er schon oft gesagt. „Du kapierst einfach nicht, was ich dir sagen will!“ Kiba zog sich an Nejis Hand hoch. „Dann werde ich es dir eben zeigen.“ Die Hand, die er festgehalten hatte, wurde hoch gerissen und hinter Neji an die Wand gedrückt, sodass dieser stolperte und hingefallen wäre, hätte Kiba ihn nicht aufgefangen. Erst im nächsten Moment realisierte er die weichen Lippen Kibas auf den seinen. Er war zu perplex, um zurück zu küssen und so trennte Kiba sich nach einigen Sekunden von ihm. Viel zu früh, wie er empfand. Neji betastete seine eigenen Lippen, als könnte er nicht fassen, dass das Kribbeln, das er immer noch spürte, von einer echten Berührung stammte. „Hast du es jetzt kapiert?“ Kibas Gesicht war ihm viel zu nahe. Er konnte seinen Atem auf seinen Wangen spüren. Sein Herz klopfte wie wild geworden, als er zitternd eine Hand grub und, seine Finger in Kibas Haare schob und ihn bestimmend zu sich zog. Keiner von beiden wehrte sich. ~~~~~*~~~~~ Später lagen sie auf Kibas Bett, ineinander geschlungen wie zwei Schlangenmenschen und Näheres sollte an dieser Stelle gar nicht erst beschrieben werden. Neji seufzte. „Ich versteh' es immer noch nicht.“, sagte er. Daraufhin stützte Kiba sich auf den Ellbogen auf und starrte ihn zweifelnd an. „Das ist doch jetzt nicht dein Ernst, oder?“ „Doch.“ „Und wie – was glaubst du, warum ich dich geküsst habe?“ „Das ist ja eben das, was ich nicht verstehe!“ Neji beugte sich vor und küsste ihn noch einmal, so, wie er es in der letzten halben Stunde getan hatte. Oder war es eine ganze gewesen? Oder gar zwei? „Ich habe dich schon vorher zweimal ... geküsst und du hast dich gewehrt und es hat dir nicht gefallen! Wieso jetzt?“ „Weil du mich die ersten zwei Male total überrumpelt hast, natürlich! Du kannst doch nicht glauben, dass du mir aus heiterem Himmel deine Zunge reinstecken kannst und mir das auch noch gefallen würde!“ „Und die anderen Male-“ „Die waren besser, weil ich wusste, was passieren würde! Oh, Neji, du hast echt kein Gefühl für sowas!“ Neji wich seinem Blick aus. „Und ... noch was.“ Jetzt hörte sich Kibas Stimme nicht mehr wütend an. Eher, ja, eher schuldig, stellte Neji überrascht fest. „Also ... weißt du ... letztens, als ich aufgewacht bin und du so sauer auf mich warst, weil ich Akamaru gerettet habe-“ „Was ja auch selten dämlich war.“ „Neji! Wie kannst du-“ „Ist doch wahr! Mensch, Kiba, sieh es doch mal rein rational, wenn du dich nicht vor Akamaru geworfen hättest-“ „Rein rational, ja? Und was ist dann das hier? Wieso liegen wir hier, wieso haben wir uns geküsst? Was ist daran rational? - Neji, verstehst du nicht, dass Menschen nie rein rational denken? Ich hatte immer gedacht, du wärst da eine Ausnahme, aber zum Glück habe ich mich geirrt.“ Das nahm Neji den Wind aus den Segeln. „Also ...“, wechselte er schließlich das Thema, „du – du wolltest doch etwas sagen, oder?“ Er würde zwar nicht zugeben, dass Kiba Recht hatte, doch dass er ihm nicht widersprach, würde hoffentlich ausreichen. „Ja ... ich – ähm ...“, druckste Kiba herum. „Was?“ „Also – ich – es geht um den Geist.“ Wieso sprach er ausgerechnet dieses Thema an? Er war jetzt definitiv nicht in der Stimmung, um sich zu gruseln. „Kiba ... muss das jetzt sein?“ Er zog ihn zu sich hinunter und vergrub seine Nase in Kibas Halsbeuge. „Ich könnte mir jetzt was Schöneres mit dir vorstellen ...“ „Aber-“ „Mhm ... sei still ...“ Er nahm Kiba die Möglichkeit weiter zu sprechen. Und so würde er wohl nie erfahren, dass Kiba sich an Neji hatte rächen wollen und deshalb den Patienten Lee gebeten hatte, schnell wie der Wind durch das nächtliche Krankenhaus zu rennen. Denn irgendwie musste er Neji ja die Menschlichkeit beibringen, die er bisher nie besessen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)