Die Wahrheit von einfach_Antonia ================================================================================ Kapitel 5: Von Vater und Tochter -------------------------------- Kapitel 5: Von Vater und Tochter Es war still. Absolut still. Nichts regte sich in dem Zimmer. Lautlos fielen Tränen auf den Boden. Ebenso lautlos wurden sie vergossen. Emjanas Hände zitterten, sie ballte die Hände zu Fäusten. Leise flossen die Tränen über ihr Gesicht. Ihr Blick ruhte auf der Leiche ihrer Mutter. Sie hatte es wirklich getan. Sie hatte ihre eigene Mutter getötet. Mit einem tiefen Schluchzer fiel sie auf die Knie, das blutverschmierte Schwert fiel ihr aus der Hand und ihr Widerstand brach endgültig zusammen. Emjana konnte nicht mehr. Sie ließ die Tränen fließen, unterdrückte nicht länger die Schluchzer. Emjana war am Ende ihrer seelischen Kräfte, in diesem Moment kam alles zusammen. Die Erinnerungen ihrer Mutter, die so kräftezerrend gewesen waren. Der schmerzhafte Keil, den ihrer Mutter zwischen Emja und ihren Vater getrieben hatte. Die Zweifel, die ihre Mutter ihr eingeredet hatte und die Gewissheit, dass ihre Mutter sie jederzeit getötet hätte. Und die Gewissheit, dass sie, Emjana, vor wenigen Augenblicken ihre Mutter getötet hatte. Das alles und der Ringkrieg belasteten das junge Mädchen. Es konnte nicht mehr. Das Limit war erreicht, Emja wusste das sie anfangen musste mit jemanden über ihre Mutter zu reden. Der Mord, den sie begangen hatte, war mehr als Emja verkraften konnte. Emjana, Tochter Aragorns, wusste nicht ob sie noch die Kraft dazu hatte wieder aufzustehen und diesen Krieg weiterzuführen. Vielleicht war es besser wenn sie aufgab, wenn sie jetzt zu Sauron ging und sich ergab, wenn sie aufhörte sich zu wehren. Wäre ihr Leben dann besser? Es klopfte. Emjanas Kopf fuhr ruckartig in die Höhe. "Herrin? Ist alles in Ordnung?" Das war einer der Uruk-Hai. Was nun? "Herrin? Sollen wir reinkommen? Brauchen sie Hilfe?" Emjana räusperte sich und antwortete: "Nein, es ist alles in Ordnung." Fieberhaft überlegte Emjana was sie tun sollte. Wenn die Uruks die Leiche fanden, war sie dem endgültigem Tod geweiht. Emjana hatte nicht darüber nachgedacht, wie sie von hier fliehen sollte. Sie hatte gewusst, dass sie ihre Mutter töten musste um zu fliehen. Aber wie sollte sie fliehen? "Herrin, seid Ihr sicher?" "Ja", antwortete Emjana gereizt. Das war die Idee! Jeder sagte ihr wie ähnlich sie ihrer Mutter sah. Emjana stand auf, wischte sich mit ihren Ärmeln über die geröteten Augen, dann ging sie zur Zimmertür und öffnete sie. Verwundert blickten sie die Uruk-Hai an. Kalt blickte Emjana zurück. "Macht mir ein Pferd fertig. Ich habe noch etwas zu erledigen." "Aber, warum...", begann der eine. Emjana warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Tu es! Und sag mir dann bescheid." "Wie Ihr wünscht, Herrin." Laut knallte Emjana die Tür zu. Sie atmete tief ein und aus. Gut, der erste Schritt war getan. Emjana blickte auf. Sah die Leiche ihrer Mutter. Sie musste sie verstecken, zumindestens solange bis sie fliehen konnte. Emjana sah sich um, wo konnte man sie verstecken? Die Nische. Während sie die Leiche ihrer Mutter in die Nische zog, stellte Emjana fest wie nüchtern sie gerade über die Situation dachte. War sie schon so abgestumpft? War ihr emotionaler Zusammenbruch von eben ihr letzter gewesen? War sie jetzt ebenfalls gefühlskalt, so gefühlskalt wie ihre Mutter? Angewidert ließ Emjana die Arme ihrer Mutter los. Gut, was jetzt? Emjana sah an sich herunter. Sie musste etwas an ihrem Aussehen ändern. Wieder sah sie sich um und erblickte eine Schüssel Wasser auf dem Nachttisch. Sie wusch sich das Gesicht und die Hände, holte ihr Schwert und säuberte es ebenfalls. Dann öffnete sie den Kleiderschrank. Sie musste etwas finden in dem man bequem reiten konnte. Doch sie wurde enttäuscht. Ihre Mutter schien nur Kleider zu besitzen. Seufzend besah sich Emja die Kleider. Irgendeins musste doch geeignet sein. Emjana blieb an einem knielangen Sommerkleid hängen. Wenn sie ihre Hose anbehielt, dann könnte es gehen. Sie zog es aus dem Schrank und stellte fest, dass das Kleid eine Kapuze hatte. Seufzend zog Emjana ihr eigenes Oberteil aus und das Kleid über. Gerade als Emjana überlegte was sie mit ihrem Schwertgurt machen sollte, klopfte es. Achselzuckend band sie ihn sich um und ging zur Tür. Als sie die Tür öffnete stand vor ihr der Uruk-Hai. "Euer Pferd steht bereit", sagte er. Emjana unterdrückte den Würgreiz, der in ihr aufstieg als sie den Atem des Uruks roch. "Gut, ich komme gleich." Emjana schloss die Tür noch einmal. Mit dem Rücken lehnte sie sich dagegen und schloss die Augen. Sie atmete noch einmal tief durch und dachte: "Hoffentlich wird alles gut!" Sie öffnete die Augen , zog sich die Kapuze tief ins Gesicht und verließ das Zimmer. Der Uruk-Hai sah sie fragend an. "Was ist mit dem kleinen Miststück?", fragte er. Nur mit Mühe konnte Emjana sich beherrschen. Lauter als nötig schloss sie die Tür hinter sich und antwortete mit gepresster Stimme: "Lasst sie einfach in Ruhe und achtete darauf, dass sie das Zimmer nicht verlässt." "In Ordnung. Ich werde Euch zu Eurem Pferd bringen." Emjana nickte. "Dann geh." Der Uruk-Hai setzte sich in Bewegung und Emjana folgte ihm. Sie gingen viele Treppen hinunter, Emjana hatte nicht gedacht, dass das Zimmer ihrer Mutter soweit oben lag. "Emjana?" Das Mädchen zuckte ertappt zusammen und blieb ruckartig stehen. Sie drehte sich um. "Saruman?", fragte sie. Der verräterische Zauberer kam näher und musterte sie kritisch. "Was hast du mit dem Schwertgurt deiner Tochter vor?", fragte er misstrauisch. Emjana legte eine Hand auf ihr Schwert und blickte den Zauberer nervös an. Was sollte sie ihm antworte? Welche antwort war logisch? Was konnte sie ihm antworten? Ihre Hand krampfte sich um ihren Schwertknauf, dann sagte sie: "Das geht dich gar nichts an. Das ist meine Sache." Für einen kurzen Moment flammte Verwunderung in den Augen Sarumans auf, doch dann meinte er: "Nun gut. Wie du meinst. Ich wollte dir nur die Neuigkeiten mitteilen." Verblüfft sah Emjana ihn an. "Ja?", fragte sie. "Théoden und sein Volk haben Helms Klamm erreicht." So weit waren sie schon? "Gut. In Ordnung. Ich muss jetzt gehen. Ich habe noch etwas zu erledigen." "Viel Vergnügen", sagte Saruman und ging weiter. Emjana blickte ihm hinterher. Hatte er wirklich nichts bemerkt? Hatte sie ihre Mutter wirklich so gut imitiert? "Herrin?" "Was?", fuhr Emja den Uruk an. "Euer Pferd wartet." "Dann beweg dich." Emjana konnte es kaum erwarten von hier weg zu kommen. Nach einem scheinbar endlosem Marsch erreichten sie endlich die Ställe. Dort stand auch schon ein weiterer Uruk-Hai mit einem schwarzen Pferd am Zügel. Demütig senkte er das Haupt und übergab Emjana die Zügel. Während sie in den Sattel stieg fragte der Uruk-Hai, der sie geführt hatte: "Wann können wir Euch zurückerwarten?" "Das weiß ich noch nicht." Sie wollte gerade losreiten als sie sich noch einmal an den Uruk-Hai wandte: "Wenn es einer wagt in mein Zimmer zu gehen, werde ich ihn höchstpersönlich dafür bestrafen." "Jawohl, Herrin." Emjana wandte sich ab, dann ritt sie los, in einem angenehmen Tempo. Schließlich durfte sie kein Aufsehen erregen. Als sie Isengard verlassen und einige Meilen hinter sich gebracht hatte, gab sie ihrem Pferd die Sporen. Sie musste so schnell wie möglich zu ihrem Vater und ihren Freunden. Emjana hatte noch immer nicht begriffen, dass sie wirklich frei war. Hatte sie ihre Rolle wirklich so gut gespielt? Sollte sie ihre Mutter ähnlicher sein als gedacht? Emjana schüttelte den Kopf. Nein, sie war nicht wie ihre Mutter, sie war anders. Komplett anders. Wenn es um ihren Charakter ging war sie ihrem Vater ähnlicher. Sie glaubte an das Gute in den Menschen, manchmal war das ein Fehler, wie Emjana festgestellt hatte und sie gab nicht so leicht auf. In diesem Moment fasste Emjana einen Entschluss. Sie würde nicht aufgeben, sie würde weiterkämpfen, sie würde alles daran setzten, dass ihr Großvater diesen Krieg nicht gewann. Emjana würde nicht aufgeben. Die Prinzessin Gondors würde für Mittelerde kämpfen und zwar mit all ihrer Macht. Emjana wusste nicht wie lange sie geritten war. Sie wusste nicht, wie lange sie ihr Pferd im gnadenlosen Galopp angetrieben hatte, ohne ihm eine Pause zu gönnen. Doch endlich erschienen vor ihr die Mauern von Helms Klamm. Erleichtert atmete sie aus und ließ das Pferd langsamer laufen. Sie lächelte. Schon bald würde sie ihre Freunde wiedersehen und ihren Vater. Emjana war noch zu weit weg um die Wachen auf der Mauer zu erkennen, doch die Wachen hatten das Mädchen bereits gesichtet. Nervosität machte sich unter ihnen breit. Ein schwarzer Reiter auf dem Weg nach Helms Klamm. War es ein Bote Sarumans oder ein Spitzel, der auf ihrer Seite stand? Man beschloss abzuwarten. Als Emjana die Tore Helms Klamms erreicht hatte, schlug die Kapuze zurück und blickte den Wachen entgegen. Das Tor wurde einen Spalt breit geöffnet und ein Soldat kam heraus. Als Emjana ihm direkt in die Augen sah, wich dieser verblüfft einige Schritte zurück. Emjana bemerkte dies gar nicht. "Ich bin Emjana, die Tochter Aragorns. Bitte lasst mich das Tor passieren!", sagte sie. Der Soldat brauchte nur wenige Augenblicke um sich von seinem Schrecken zu erholen, was auch immer ihn erschreckt hatte. Er nickte und stieß das Tor weiter auf. Das Tor war noch nicht ganz hinter ihr geschlossen, da sprang Emjana schon von ihrem Pferd und lief los. "Vater? Wo bist du?" Emjana rannte eine Treppe hoch. "Vater? Legolas? Hört ihr mich? Ich bin es, Emjana!" Jemand packte Emjana am Arm und zwang sie stehen zu bleiben. "Hey Mädchen!" Emjana wurde von einer alten Frau angesehen. "Ich weiß nicht wer dein Vater ist, aber der Herr Legolas ist dort oben. Bei dem König." Die alte Frau deutete nach oben. Emjanas Augen weiteten sich vor Freude. Dort oben war Legolas. Und wo Legolas war, war auch ihr Vater. Sie lächelte und sagte: "Vielen Dank!" Die Alte nickte, ließ Emjas Arm los und wandte sich ihrer Beschäftigung zu. Emjana rannte wieder los. Sie wurde immer schneller, konnte es kaum erwarten ihre Freunde wieder zusehen. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Keuchend blieb sie stehen und sah sich um, dann endlich: "Legolas! Gimli!" Der Elb und der Zwerg sahen sich geschockt an, das war Emjanas Stimme gewesen. Sie drehten sich um, in Erwartung niemanden zu sehen. Doch tatsächlich: Es war Emjana die auf sie zugerannt kam. "Emjana!", riefen sie beide und liefen los. Auf halben Wege trafen sie aufeinander. Emjana schlang die Arme um Legolas Hals und Legolas drückte sie fest an sich. "Ich kann nicht glauben, dass du hier bist. Wir dachten du bist tot!", sagte er. Das Mädchen löste sich von Legolas und lächelte. "Das war ich auch", sagte sie. Verständnislos sah Legolas Emja an. "Wie meinst du das?" "Das erklär ich dir später." Sie blickte zu Gimli. "Gimli, weinst du etwa?", fragte sie gerührt. Der Zwerg wischte sich über die Augen. "Nein, ich hab nur was im Auge", sagte er. Emjana lächelte und drückte den Zwerg an sich. "So, wo sind die anderen?", fragte sie nachdem sie sich von Gimli gelöst hatte. "Merry, Pippin, Gandalf und mein Vater", lächelte sie. "Merry und Pippin wurden von Uruk-Hai entführt und sollten nach Isengard gebracht werden, doch durch eine glückliche Fügung trafen sie auf Gandalf und Baumbart. Es geht ihnen gut", erklärte Legolas. "Woher weißt du, das Gandalf wieder lebt?", fragte Gimli und sah sie fragend an. "Von Boromir." "Was? Aber Boromir ist tot!", sagte Gimli geschockt. Emjana lachte. "Es ist etwas kompliziert. Aber wo ist Gandalf nun?" "Wir wissen es nicht genau. Er ist vor wenigen Tagen fortgeritten." Verwundert blickte Emjana Legolas an, dann schüttelte sie den Kopf. Gandalf war schon damals unverständlich gewesen. Emjana konnte sich gut vorstellen, dass dies, nun wo Gandalf mächtiger war, noch schlimmer war. Sie lächelte. "Und wo ist mein Vater? Wo ist Aragorn?" Emjana wusste nicht, ob ihr Vater ihren Freunden alles gestanden hatte, aber es war ihr auch egal. Sie wollte keine Lügen mehr in ihrem Leben, sie hatte genug Lügen gehört und aufgedeckt. "Wo ist er? Sagt es mir doch!" Emjana konnte es kaum erwarten ihren Vater wiederzusehen. Sie hatte ihm soviel zusagen. So viele Dinge die er erfahren musste und die zwischen ihnen geklärt werden mussten. In freudiger Erwartung blickte das Mädchen den Elb und den Zwerg an. Als es Gimlis Blick begegnete spürte sie seine Trauer und Enttäuschung. Ihre Augen weiteten sich. "Was ist passiert?", flüsterte sie. Legolas räusperte sich: "Auf dem Weg hierher wurden wir angegriffen. Aragorn hat es leider nicht geschafft." Legolas wich Emjas Blick aus. "Was soll das heißen?", hauchte sie. Mit dem Blick auf dem Boden antwortete Gimli: "Emja, dein Vater ist tot!" 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