Reich & Schön ! von thelastbird (Haussklaven haben es nicht leicht . [ Zorro x Sanji. ]) ================================================================================ Kapitel 4: Robotboy, do you need a friend?! ------------------------------------------- ~ Reich und Schön! ~ N0. 5 – Robotboy, do you need a friend? Mein Herz raste in meiner Brust, als ich zum zweiten Mal an diesem Tag vor der verhängnisvollen Tür stand und den Klingelknopf drücken wollte. Ich hatte mich etwas rabiat von Frankie verabschiedet, hatte zu viel im Kopf gehabt um weiter mit ihm reden zu können. Ich wusste gar nicht so genau, wieso ich aufgeregt war, einen wahren Adrenalinrausch hatte. Den ganzen Rückweg zum Hochhaus hatte ich leise Verwünschungen gemurmelt und mir geschworen, diesem Kerl all die Frechheiten irgendwann Heim zu zahlen, aber je näher ich diesem Höllenschlund gekommen war, desto kribbeliger war ich geworden. Mein Herz pumpte unaufhaltsam Blut in alle Bereiche meines Körpers, meine Finger kitzelten unangenehm und mein Magen versuchte sich an einigen Purzelbäumen. Aber ich konnte jetzt nicht mehr kneifen. Ich hatte einfach keine Wahl. Ich betete kurz, das sich Nami davon gemacht hatte, dann drückte ich todesmutig die Klingel. Ich zuckte leicht zusammen, als ein nerviges Surren im Inneren der Wohnung erklang. Kein Wunder, das der Kerl so schlecht gelaunt war bei dem Geräusch, da würde ich auch zu viel bekommen. Ich hörte Schritte und ohne das ich meine Gliedmaßen richtig steuern konnte schob ich die Hände tief in die Hosentaschen und legte den Kopf ein Stück zurück. Ich musste mich verdammt nochmal beruhigen, bevor der Kerl die Tür aufmachte! Ich wollte nicht das er etwas von meiner Nervosität merkte. Absolut nicht. Ich wusste ja noch nicht mal, wieso ich so aufgekratzt war! Das war doch alles total absurd. Ich hörte die Klinke, öffnete die Augen wieder und blickte keine Sekunde später direkt in Sanjis leicht genervtes Gesicht. Na das fing ja super an. Er hatte ein Telefon in der Hand, trug keine Schuhe mehr und sein Hemd war zerknittert und ein Stück geöffnet. Er wirkte ein bisschen wahnsinnig, wie er mich mit seinen schwarzen Augen anstarrte und den Hörer wie eine Mordwaffe erhoben hatte. Ich überlegte, bei Seite zu springen, weil ich einen Schlag oder einen Wurf mit dem Telefon erwartete. Aber nichts dergleichen passierte. Sanji trat bei Seite und machte ein paar hektische Bewegungen, die mich dazu bringen sollten, einzutreten. „Beweg deinen Arsch, Salatkopf.“ knurrte er und ich war augenblicklich dazu verleitet wieder um zukehren, aber die Höhle des Löwen saugte mich auf wie ein schwarzes Loch. Kaum das ich mich versah stand ich schon mitten in seinem Wohnzimmer. Ich staunte nicht schlecht, als ich mir einmal um meine eigene Achse drehte. Der Raum war verdammt groß, größer als ich ihn geschätzt hatte. Die Wände waren in weiß, allerdings hingen schon recht viele Bilder und Gemälde daran, die sich perfekt zum schwarzen Ledersofa und dem schicken Breitbildfernseher ergänzten. Ein großes Bücherregal stand an der rechten Seite, darin befanden sich wie ich flüchtig bemerkte hauptsächlich Bildbände mit Fotos von Models. Links ging ein Flur ab, der führte dann wohl zu den restlichen Räumen. Ich rührte mich vorerst nicht, blieb einfach stehen und bestaunte diese Möbelauswahl. Das war nicht mehr schick. Das war extravagant... und ganz sicher nicht billig. Vor allem das Sofa sah nach einem Designerstück aus. Ich drehte den Kopf und sah kurz zu Sanji – der schien aber gerade gar keinen Nerv für mich zu haben. Er ging an mir vorbei, das Telefon wieder am Ohr, und sprach wieder in dieser unglaublich schnellen, aggressiv klingenden Sprache. Ich beschloss, mich noch ein wenig weiter umzusehen, trat in den Flur und betrachtete staunend die Türen, die links und rechts abgingen. Sie öffnen wollte ich nicht – Sanji hatte sicher einen Grund gehabt, sie zu schließen. Aber wenn man weiter durch ging kam man in die Küche, und ich konnte es mir nicht nehmen lassen dort mal einen Blick hinein zu werfen. Mein Kiefer klappte nach unten, als ich die Hochglanzküche sah, die sich vor meinen Augen erstreckte. Sie war verdammt groß, schien wie aus einem Guss und glänzte so sehr, das ich das Gefühl hatte die Augen zukneifen zu müssen. Ich runzelte die Stirn. Dieser Raum passte zu Sanji. Teuer und extravagant, aber so kalt wie ein Eisberg. Ein Schauer lief meinen Rücken hinunter. Nein, das war definitiv keine Einrichtung für mich. „Na, gefällt sie dir?“, erklang Sanjis belustigte Stimme hinter mir und ich fuhr erschrocken herum. „Es geht.“ gab ich knapp zurück. Diese Antwort schien dem Blondschopf nicht sonderlich zu gefallen, aber er sagte nichts weiter dazu. „Ich hab ne spannende Aufgabe für dich.“ teilte er mit einem Grinsen mit, das mir rein gar nicht gefiel. Ich beschränkte mich aufs Schweigen, das schien mir am klügsten. „Setz dich einfach da hin.“ Er deutete an den kleinen Tisch, der irgendwie unproportional zum Rest der Küche war, an einer Wand stand und auf die Benutzung wartete. Ich zwängte mich auf den Metallstuhl und erschauderte ein weiteres Mal. Man konnte davon ausgehen, das einem der Hintern nach einer halben Stunde sitzen wegfror. „Du darfst das zusammen basteln, was du vorhin kaputt gemacht hast.“ Ich hob die Augenbrauen und betrachtete Sanji, der sich an die Wand mir gegenüber gelehnt hatte und mich auffordernd ansah. Ich allerdings wusste nicht mal was er meinte, deswegen starrte ich ziemlich verwirrt zurück. Der Blonde verdrehte die Augen, dann deutete er ohne ein Wort zu sagen neben mich. Ich senkte den Blick zu Boden und erkannte den Grund meines Sturzes, den ich vor wenigen Stunden erlitten hatte. Die kleine, braune Kiste stand da und schien mich wie ein fieser Feind anzustarren und auszulachen. Ich schloss kurz die Augen, um ein deprimiertes Seufzen zu unterdrücken. Das würde sicherlich spaßig werden. „Mach sie auf und guck dir die Bescherung an.“ sagte Sanji mit einer fast zu gut gelaunten Stimme, und ich folgte seiner Anweisung, schließlich wollte ich auch wissen was ich da zerstört hatte. Eine Vase hatte ich zerschmettert, außerdem etwas, was wohl einmal eine Spieluhr gewesen war, jetzt aber in seine Einzelteile aufgeteilt war. Ich hob den Kopf, betrachtete eher missbilligend den Blonden, der offensichtlich einen Heidenspaß an der Sache hatte. „Okay.“ knurrte ich, auch wenn mir ganz andere Aussagen auf der Zunge lagen, und begann, die einzelnen Vasenstücke aus dem Karton zu fischen. Sanji machte ein paar Schritte auf einen Schrank zu. „Hier hast du Kleber, Sekundenkleber, ein bisschen Werkzeug... wenn du noch irgendwas brauchst, findest du das ziemlich sicher in dieser Schublade hier. Zu Trinken steht im Kühlschrank da vorn, wenn du Hunger hast kannst du dir ein Brot machen oder so.“ Ich nickte langsam und betrachtete hilflos die kleinen bist Kleinstteile der Vase. Wie sollte ich die denn bitte wieder ordentlich zusammen flicken?! Bevor ich mir darüber eingehend Gedanken machen konnte, lehnte sich der Blondschopf mit einer Hand auf den Tisch und betrachtete mein Gesicht eingehend. Seine Augen musterten mich und ich fühlte mich so durchschaut und ertappt, das ich ein wenig rot wurde. Es war als würde er jeden meiner Gedanken, jeden Wunsch und jedes Geheimnis sofort erkennen, das ich in mir verbarg. „Ich muss jetzt noch mal los. Ich bin nicht lange weg, und wenn ich wieder komme will ich Ergebnisse sehen. Sollte mir auffallen, das irgendwas fehlt, kannst du davon ausgehen das ich dich hier arbeiten lasse und dir trotzdem den Arsch wegklage.“ Ich konnte nichts anderes tun als zu nicken. Aus meinem Mund wollte kein Wort entweichen. „Gut. Dann verstehen wir uns ja.“ Er richtete sich wieder auf und verschwand in Richtung Flur. „Viel Spaß.“ Ich wär ihm für seinen belustigten Tonfall gern an die Kehle gesprungen. Aber bevor ich diesen Plan in die Tat umsetzen konnte hörte ich auch schon die Wohnungstür. Ich war allein. Ein wunderbares Gefühl der Freiheit beschlich mich, ein Gefühl das mich lächeln ließ, worauf hin ich mich ein wenig hibbelig erhob. So mussten sich damals die Sklaven gefühlt haben, wenn sie von ihrem Herrn in die Freiheit entlassen wurden. Ich sah mich ein zweites Mal eingehend in der Küche um, konnte aber absolut keinen Fleck auf den wie geleckten Arbeitsplatten entdecken. Entweder der Typ hatte einen Putzfimmel oder eine gute Putzfrau. Mir war es gleich – diese Wohnung steckte voller ungeklärter Geheimnisse und ich würde es als mutiger Höllenforscher wagen, sie aufzudecken. Ich trat in den Flur und entschied mich spontan für die erste Tür links. Ich fand das Bad vor, das mich allerdings noch mehr blendete als die Küche. Dieser Kerl hatte einen Tick, einen Glanztick, das war klar. Die zweite Tür links führte in ein etwas kleineres Zimmer, das ich als Arbeitsraum identifizierte. Ein großer, moderner Schreibtisch mit einem Computer und jeder Menge Terminkalendern stand darin, es war ein kleines Ledersofa vorhanden und auch ein Fernseher hing an der Wand. Ich fragte mich, wofür er den brauchte, wenn er hier arbeiten wollte. Konnte man sich denn beim Fernsehen schauen konzentrieren? Ich jedenfalls konnte es nicht. Der rechte Raum entpuppte sich als Schlafzimmer der extraklasse. Es war genau so groß wie das Wohnzimmer, an der Wand platziert stand ein wunderschönes, japanisch angehauchtes Doppelbett mit dunkelrotem Bezug. Der Kleiderschrank im Raum war genau wie das Bett in dunklem Holz, die Wände hatten eine gewisse Tonfarbe, außerdem hingen viele Bilder mit japanischen Schriftzeichen daran. Fast bewundernswert, wie schnell sich dieser Kerl häuslich eingerichtet hatte. Auch das Wohnzimmer bekam eine zweite Chance und ich schlenderte langsam an den großen Panoramafenstern vorbei, die hinter dem Sofa waren, so groß waren wie ich und den Blick über die Dächer unserer Stadt freigaben. Ich betrachtete nachdenklich den Himmel und stellte fest, das sich die dunklen Wolken ein gutes Stück geklärt hatten und ab und an die Sonne zwischen ihnen hindurch schien. An der Wand unter dem Breitbildfernseher stand ein Musikanlage, deren Boxen durch den ganzen Raum verteilt waren. Mich lockte die Vorstellung der kompletten Beschallung, und so kniete ich mich vor dem Elektrogerät hin und untersuchte die vielen Schalter und Knöpfe. Schnell war der Einschaltknopf gefunden und auch die Abspieltaste war recht unkompliziert gedrückt. Ein paar Minuten herrschte Stille im Raum, ich wollte das Gerät schon wieder abstellen und nachsehen ob eine CD drin war, doch dann erklangen die ersten Töne eines Instuments, das ich nicht direkt einordnen konnte. Doch nach wenigen Sekunden wusste ich, was ich da hörte. Der Mann hinter diesem unsagbar romantischen Sound war Yann Tiersen, und das Lied das gerade abgespielt wurde nannte sich „La Noyée“. Es war ein Musikstück ohne Gesang, leicht klassisch angehaucht, und doch so frisch und neu wie eine Brise. Ich kannte diesen Künstler, ich hatte mich oft mit seiner Musik aus einander gesetzt wenn ich fotografiert hatte, da ich seine Klänge am inspirierendsten fand. Das durfte natürlich niemand wissen. Keiner meiner Freunde und auch keiner meiner Verwandten wusste, das ich solche Musik hörte. Die würden mich doch ohne großes Gerede steinigen. Meinen Ruf wollte ich nicht verlieren und meinen Kopf vor der Enthauptung schützen. Ganz nebenbei wars mir außerdem höllisch peinlich. Aber diese Beschallung von allen Seiten war so überwältigend, das ich mich nicht dazu durchringen konnte wieder auf Pause zu drücken. Ich erhob mich wieder, stand einfach im Raum, schloss die Augen und genoss das Gefühl, das die Musik in mir auslöste. Ich fühlte mich auf eine eigenartige Art glücklich, befreit, fast wie unsichtbar. Und manchmal war das wirklich ein Segen. Als mir klar wurde wo ich mich gerade befand, schüttelte ich schnell den Kopf, bückte mich und drückte auf „Aus“. Ich spürte die Röte in mein Gesicht schießen, obwohl mir das wirklich vor niemandem peinlich sein musste. Vielleicht übertrieb ich nur. Ich musste mir keine Sorgen machen, Sanji war weg und auch die Anderen war nicht da. Niemand würde jemals davon erfahren. Ich schlenderte mit einem seltsamen Gefühl zurück in die Küche, konnte mich aber nicht von dem Wunsch losreißen noch einmal den Suround-Sound zu genießen, gemeinsam mit den Klängen von Yann Tiersen. Aber ich wusste nicht, wann Sanji zurück kommen würde. Also ließ ich es besser bleiben. Ich betrachtete nachdenklich die Vasenteile, dann begann ich sie in mühsamer Kleinstarbeit zusammen zu setzen. Ich wollte sie erst später kleben, ich war mir ja nicht so ganz sicher wo was hingehörte. Nur wollte mir dieses Lied einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen, worauf hin ich es leise vor mich hin summte, während ich prüfend die zusammen passenden Verzierungen betrachtete. Irgendwie wollte diese Vase nicht so wie ich wollte, und ich vermutete das es eiskalte Rache von ihr war. Dafür, das ich sie zerschmettert hatte. Da hast du's Arschloch. Haha. Als ob Vasen sich was dabei dachten, wenn sie sich nicht zusammen setzen ließen. Das war einzig und allein der liebe Gott im Himmel, der seine sadistische Ader entdeckt hatte und sie an mir aus testete. Ich hörte die Tür nicht. Nein, ich hörte sie wirklich nicht, als sie geöffnet und wieder ins Schloss fallen gelassen wurde. Ich war vollkommen konzentriert, in meinem Kopf das Bild der Vase, in meinen Ohren „La Noyée“. Es war nicht nur so das ich es schaffen musste, ich wollte es auch schaffen. Ich mochte anspruchsvolle Aufgaben und das hier war definitiv eine für mich. Mit meinen nicht gerade zärtlichen Arbeiterhänden war das eben kein Zucker schlecken. Ich hörte seine Schritte nicht. Ich summte das Lied weiter vor mich hin, wurde ab und an lauter, dann wieder leiser, fühlte mich gut so allein in dieser schönen Wohnung, auch wenn ich gar nicht mehr allein war. „Du magst Yann Tiersen?“ - „AAAAH!“ Vor lauter Schreck drehte ich mich so heftig auf dem Metallstuhl herum, das der ins Wanken geriet, ich noch ein paar Minuten haltlos mit den Armen in der Luft wirbelte und dann rückwärts auf dem gefließten Boden aufschlug. Es war schon fast wieder eine Leistung, so viel Unglück zu haben, fand ich, als ich Sanji von unten her ins Gesicht starrte und das amüsierte Lachen vernahm. „Kein Grund, im Erdboden zu versinken.“ teilte der Blonde mit und kniete sich neben mich, während ich ziemlich erfolglos versuchte, meinen immer noch vor Schreck zitternden Körper in die Senkrechte zu bringen. Er schüttelte demonstrativ den Kopf. „Erst machst du mein Klavier kaputt, dann zerstörst du meine Vase... und jetzt zerkratzt du meinen Boden.“ Ich starrte ihm, in der Bewegung verharrend, vollkommen perplex ins Gesicht. „Das willst du mir doch jetzt nicht ernsthaft als Arbeitszeit anrechnen?!“ Das meinte der Blondschopf doch nicht ernst. Das konnte er einfach nicht ernst meinen! Der hatte einfach viel zu viel Spaß daran, andere Menschen zu quälen und fertig zu machen. Endlich hatte ich meinen Körper wieder im Griff, ich richtete mich auf und auch Sanji erhob sich wieder. „Unsinn. So unmenschlich bin ich dann doch nicht. Ich wollts nur mal höflicherweise erwähnt haben.“ Auf eine Höflichkeit scheiß ich, danke. „Lass stecken.“ knurrte ich, stellte den Stuhl wieder hin und sah in der Spiegelung des Tisches, wie Rot mein Gesicht wieder war. Scheiße. „Du hast mir meine Frage nicht beantwortet.“ - „Welche Frage?“ Natürlich wusste ich was er meinte. Als ob ich seine dumme Frage vergessen könnte. Aber vielleicht kaufte er mir ja die Konzentration ab, die ich spielte, nachdem ich mich wieder auf den Stuhl gesetzt und tief durch geatmet hatte. ... Nein, er tat es nicht. „Komm Lorenor. Du weißt was ich meine. Yann Tiersen. Magst du ihn?“ Ich wog den Kopf hin und her, dachte erst angestrengt über eine neutrale aber für ihn zufrieden stellende Antwort nach. „Ich find ihn ganz gut.“ teilte ich schließlich recht knapp mit. „Du kennst eines seiner Lieder. Aus einem romantischen Film ist es... ''Amelie'', soweit ich mich erinnern kann.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Hab das Lied halt mal irgendwo gehört.“ knurrte ich. „Den Film kenn ich nicht.“ Das war diesmal nur halb gelogen und darauf war ich ein wenig stolz. Denn den Film hatte ich nie gesehen, obwohl ich den Soundtrack dazu in und auswendig kannte. „Ah, okay.“ Er war mal wieder mit meiner Message nicht zufrieden gewesen, sagte aber nichts weiter dazu. „Muss dir außerdem nicht peinlich sein. Ich find die Musik auch toll.“ Kann schon sein, Blondie, du bist aber auch eine Schwuchtel höchsten Grades und damit aus der Wertung ausgenommen. Konnte man eine Schwuchtel sein und trotzdem mit Frauen schlafen? Ging das... also rein anatomisch? „Hast du Hunger?“ Ich sah nicht auf, wagte es nicht diesem verdammten Mistkerl in die Augen zu sehen. „Ein wenig.“ gestand ich, da sich das Magenknurren nicht verleugnen ließ. „Ich wollte mir eh einen Salat machen.“ Und so wuselte Sanji neben mir geschäftig in der Küche herum, während ich mich versuchte auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ich fühlte mich wie ein kleines armes Hausmädchen, das durch Arbeit versuchte an etwas Essbares zu kommen. Aber ich hatte wirklich Hunger. Auch wenn Salat nicht gerade zu meinen Lieblingsspeisen gehörte. „Soll ich Yann Tiersen anmachen?“ fragte der Blonde vollkommen scheinheilig, während er an einem Salatkopf herumschnibbelte und dabei zu meiner Überraschung keinen einzigen Flecken hinterließ. Ein ''Ja gern!'' wäre absolut nicht angebracht gewesen,und ein ''Nee, lass mal'' wahrer Masochismus. „Mach was du willst.“ war da am diplomatischsten und kam mir am leichtesten über die Lippen. „Tu ich eh.“ teilte Sanji mit einem Nicken mit, verschwand kurz im Wohnzimmer und kam mit entspannenden Klängen im Gepäck wieder zurück. Eine gute halbe Stunde arbeiteten wir so still neben einander, vollkommen im Einklang mit der Musik und unserer Aufgabe. Ich hatte schon zu kleben begonnen, als Sanji den Tisch deckte und mich fragend ansah. „Kannst du das vielleicht so lange weg tun? Ist irgendwie ungemütlich.“ Ich nickte, stand auf, stellte mein bisheriges Meisterwerk auf eine Arbeitsplatte und räumte die restlichen Scherben vorsichtig daneben. Erst als ich mich wieder sinken ließ und mit wachsender Freude den Salat betrachtete, bemerkte ich, das wir uns wie ein altes Ehepaar benahmen. 'Räum doch bitte die Zeitung beim Essen weg.' - 'Ja, Schatz.' Ein wenig peinlich berührt starrte ich auf den gemischten Salat. Tomate, Gurke, Kopfsalat, Mais, Dressing. Alles war vorhanden und ich wagte einen ersten Bissen, nachdem Sanji auch begonnen hatte. Ich hatte ja nicht ahnen können, das diese Gabel voll Salat so ein Feuerwerk in meinem Mund auslösen konnte. Eine gute Minute saß ich einfach nur kauend da, die Augen weit aufgerissen, vollkommen verdattert. Auch als Sanji mich mit einem „Was ist los?“ ansprach, reagierte ich nicht. Wie gesagt, ich war nie ein großer Freund von Salat gewesen. Doch das was da auf meinem Teller lag war kein Salat mehr. Das war eine vom Himmel gesandte Speise zur erquickung meiner Lebensgeister. Quasi als Wiedergutmachung für all das Leid, das ich hatte ertragen müssen. Augenblicklich verzieh ich dem Allmächtigen. „Das...“ brachte ich schließlich hervor, doch mein offener Mund erinnerte mich daran das keine Gottesspeise mehr darin war und sofort schaufelte ich die nächste Gabel hinein. Ich setzte mehrmals zum reden an, doch immer wieder wurde ich von meiner eigenen Gier unterbrochen. Als schließlich nichts mehr vorhanden war und ich ein wenig traurig auf meinen Teller starrte, fiel mir Sanji wieder ein, der mir gegenüber saß und mich ein wenig verstört betrachtete. „Was... ist denn mit dir los?“ fragte er vorsichtig. Er hatte wohl Angst, das nach seinem Salat er der nächste sei, der in meinem Mund verschwinden würde. Das Lob, das die ganze Zeit versucht hatte über meine Lippen zu kommen, blieb mir jetzt im Hals stecken. Keine Frage, dieses Essen hatte mehr als ein Lob verdient. Es hatte mindestens 4 Sterne verdient. Aber... ich konnte es nicht sagen. Es ging nicht, es wollte nicht aus mir heraus, als ich in seine Rabenaugen sah und mich daran erinnerte, wo ich war und wer da mit mir aß. „War lecker.“ murmelte ich schließlich ein wenig verwirrt über mich selbst. Sanji nickte langsam. „Na, dein guter Appetit ist wohl das Beste Lob für einen Koch. Vielen Dank.“ Er stand auf, ich sah ihm nach wie er die Salatschüssel wegräumte und ich fühlte mich dazu gezwungen, ihn bei Seite zu schubsen und die letzten Reste auf zu lecken, die sich noch in der Schüssel befanden. Das es vorbei war – das nichts mehr da war – war fast so enttäuschend wie ein verlorenes Glücksspiel oder eine gescheiterte Liebe. Ich fühlte mich zutiefst betroffen, doch zugleich hoffte ich bald auf mehr. „Ich mach mal weiter.“ Ich erhob mich schließlich auch, und während Sanji die Teller ab wusch legte ich meine Arbeitsmaterialien wieder auf den Tisch und arbeitete weiter. „Bis wann soll ich bleiben?“ fragte ich leise, als Sanji an einer Arbeitsplatte herum wusch, auf der ich absolut keinen Fleck mehr entdecken konnte. Also war Vermutung Eins richtig gewesen. Er hatte nen Putzfimmel. „Wann du willst. Wenn ich ins Bett geh will ich dich hier nicht mehr sitzen sehen, der Rest ist mir egal.“ murmelte er abwesend. „Und wann geht klein Sanji ins die Heia?“ fragte ich mit einem leichten Grinsen, für das ich einen bösen Blick erntete. Ich mochte seine bösen Blicke rein gar nicht. „Recht früh. Um 9 denke ich. Denn im Gegensatz zu anderen sich im Raum befindenden Menschen habe ich einen Job, für den ich früh aufstehen muss. Oder sagen wir es so. Ich HABE einen Job.“ Mit diesen Worten verließ er die Küche und ich starrte ihm nach. In meiner Fantasie bohrten sich viele kleine Messer in seinen Rücken, streckten ihn nieder. Der Gedanke seines baldigen Ablebens beruhigte mich allerdings kein bisschen, viel mehr war es die Musik die mich wieder vernünftig denken ließ. Ich konzentrierte mich wieder auf die Vase und bat sie in Gedanken, sich nicht mehr so zu sträuben. Ich wollte schließlich morgen auch fit sein – mein Praktikum wartete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)