Rabenfeder von abgemeldet (Aufzeichnungen eines Mannes, der nichts zu verlieren hatte...) ================================================================================ Kapitel 1: Der Schatten meiner Jugend ------------------------------------- Am besten sollte ich damit beginnen, wie aus mir der wahnsinnige Mörder wurde, der ich heute nunmal bin. Angefangen bei meiner Kindheit, kann man kaum etwas finden, dass darauf hinweisen könnte, was einmal mit mir geschehen sollte. Ich war so unauffällig wie jedes andere Kind, auch wenn ich damals lieber allein war und las, statt grundlos im Hof herumzutollen, nicht dass ich es nicht mochte, nein, ganz im Gegenteil! Ich liebte es, mit den anderen Kindern fangen zu spielen, ungewöhnliche Mutproben zu absolvieren, Spaß zu haben. Aber dennoch, die Bücher gaben mir etwas, das nicht mit dem kindlichen Angewohnheiten zu vergleichen wäre. Mit 12 Jahren fiel mir dann zum ersten Mal eine Geschichte von Edgar Allan Poe in die Hände, "The Fall of the House of Usher". Fasziniert las ich es mindestens ein dutzend Mal, bis ich einfach mehr lesen musste! Über die Jahre hinweg las ich so viel wie irgend möglich von meinem Idol, Edgar Allan Poe. Besonders "Ligeia" und "The Black Cat" hatten es mir angetan, den "Conqueror Worm" kannte ich bis in's kleinste Detail auswendig! Ja, ich war besessen! Doch meine Familie, engstirnig wie sie war, konnte meiner Leidenschaft einfach nichts abgewinnen. Sie hielten es für Verschwendung, sich solchen Fantastereien so hinzugeben. Sie hätten es lieber gesehen, wenn ich die Universität besuchen würde wie viele andere Söhne, deren Familien dem oberen Mittelstand angehörten. Und ja, ich besuchte mit 17 Jahren zum ersten Mal die Universität, jedoch nicht um mich den Regeln der Physik oder der Mathematik zu unterwerfen - was ohne Zweifel ein leichtes für mich gewesen sein könnte, den so viel zu lesen wie ich es in meiner Jugend tat, bringt durchaus seine Vorteile mit sich, denn Algebra und andere Themen waren ebenso von mir verschlungen worden wie Shakespeare's "Macbeth". Nein, ich studierte Kunst, und entschloss mich schließlich dazu, meinen Lebensunterhalt als Maler zu verdingen, was meine Familie nunmehr für eine verschwendung hielt und sich stetig weiter von mir distanzierte. Insbesondere die Motive meiner Malereien bedrückten sie - denn ich begann damit, Bilder zu malen, die meinen literarischen Vorlieben entsprachen. Ich malte Bilder die das brennende Haus Usher zeigten, das Pendel oder die Maske des roten Todes. Die Motive schreckten meine Familie, sie nannten mich lasterhaft, dem Wahnsinn verfallen - doch bei dem Himmel der über uns sich wölbt! Noch war ich nicht verrückt! Ich war jedoch wahrhaftig den Modellen meiner Bilder verfallen. Und nichts was meine Mutter oder meine Geschwister auch taten oder sagen mochten, nichts konnte mich von meiner Sucht befreien. Ich war süchtig, süchtig nach den düsteren Visionen, die das literarische Vermächtnis Edgar Allan Poe's in mir heraufbeschwor. Und warum hätte ich meiner Leidenschaft Abbruch tun sollen, wo sie mir doch weitaus bessere Werke zu erschaffen halfen, als es jegliches Konstrukt, jede Erscheinung, die mir die Natur böte, jemals könnte? Ich wurde also Künstler, und meine Bilder waren so gefragt, dass es mir ein Leichtes war, oft von süßen Weinen zu kosten und ein wohlhabendes Leben zu verbringen. Die Versuchung ein ausschweifendes Leben zu führen war einfach zu groß, als dass ich ihr hätte widerstehen können. Oftmals sahen mich meine Verwandten nun als dem Alkohol verfallen, sie entzogen mir fortwährend ihre schützende Präsenz. Früher als erwartet ließen sie mich das Familienanwesen ohne Wiederkehr verlassen, auf dass ich allein meinen Weg fände, aber vor allem, damit meine erdrückende Aura der Düsternis ihnen nicht weiter das Atmen schwer machte. Sie verstießen mich. Und dieser Umstand ließ mich lediglich noch weiter in den sozialen Abgrund rutschen. Nun war ich wirklich dem Alkohol verfallen, und erst der Tag, an dem ich meine zukünftige Gemahlin kennen lernte, lichtete sich meine Verlorenheit, meine Visionen klärten sich auf, und meine Bilder wurden freundlicher, um nicht zu sagen schön. Meine Geliebte inspirierte mich ebenso wie zuvor die Finsternis. Und dann, eines wunderschönen Tages, heiratete ich sie, meine Lichtgestalt, die meiner Sucht nach düsterer Literatur beinahe vollständig Einhalt gebot. Es dauerte keine zwei Jahre, und sie wurde schwanger. Ich konnte mein Glück kaum begreifen! Ich sollte Vater werden! Mein Leben wandelte sich, ich wurde höflich, dem Alkohol wandte ich den Rücken zu, ja, ich wurde ein guter Mensch, um nicht zu sagen ein tugendhafter! Tiefe Liebe erfüllte mich, und ich war geheilt... Doch ich musste schon viel zu früh begreifen, dass Glück vergänglich ist.. Dass Licht viel zu schnell von der Finsternis verschlungen wird.. Mein Glück sollte nicht andauern... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)