Unbreakable von Jefferson (The life of a marine) ================================================================================ Kapitel 7: Outburst ------------------- Alles was er um sich herum wahr nahm, war Dunkelheit. Fetzen von Erinnerungen, seiner Vergangenheit. Wie sich alles scheinbar unendlich schnell vor seinem Auge wiederholte, wie alles plötzlich Sinn ergab. Das Verhalten seiner Eltern, seines Großvaters, einfach alles. Nur verstand er nicht, wie seine Großmutter noch immer so freundlich sein konnte! Bei all dem Schmerz, den ihre Tochter durch ihn erlitten hatte… Abrupt wurde er aus seinen Gedanken gerissen. „Will!“ Er hob hastig den Kopf, blickte nach oben. Smoker spürte, wie sein Gesicht mit Tränen verschmiert war, vermutlich waren seine Augen gerötete, vielleicht auch sein ganzes Gesicht. „Was tust du denn da?!“ Die Stimme seiner Mutter klang panisch, doch für ihn hörte sich alles an, als wäre er in dicke Watte gepackt. Alles wirkte unreal, verzerrt. So, als wäre er auf einmal aus seiner Welt herausgerissen worden und musste sich nun in einer anderen zurechtfinden. „Komm schon! Steh auf! Hast du etwa gelauscht?!“ Seine Großeltern standen irgendwo im Hintergrund, vielleicht war es sein Großvater, der seiner Mutter die Hand auf die Schulter legte. Smoker wusste es nicht. Er spürte nicht einmal, wie ihn jemand am Oberarm packte, ihm aufhalf. Oder ihn einfach hoch zerrte? Es war ihm egal. Er schien einfach nicht verarbeiten zu können, was er gehört hatte. Irgendwann spürte er dann, ganz weit entfernt, wie sich der Griff um seinen Oberarm löste, ihn jemand in den Arm nahm. Er erkannte den Geruch… es war seine Großmutter. Und in diesem Moment fiel alles von ihm ab, jede Zurückhaltung die er wahren wollte um seine Mutter nicht zu verletzen, um sich selbst zu schützen. Hemmungslos liefen die Tränen über seine Wangen hinunter, immer wieder schluchzte er auf, die Finger in den Pullover seiner Großmutter vergraben. Diese strich ihm immer wieder beruhigend durchs Haar, ganz vorsichtig. „Will… wenn es dir dadurch besser geht, wein ruhig. Es ist nicht falsch.“ Er hörte ihre Worte kaum, schluchzte und schniefte vor sich hin. Und irgendwann, da schien er in die Dunkelheit zu stürzen. Es war angenehm. Er nahm nichts mehr um sich herum wahr. Weder Stimmen, noch Hitze, noch Wärme. Smoker spürte einfach nichts mehr, es war als wäre er in einen tiefen Schlaf gefallen. Als er wieder zu sich kam, spürte er wie er in einem großen Bett lag. Es war jedenfalls nicht sein Eigenes. Doch in dem Moment in dem er sich aufsetzte, bemerkte er auch, dass er nicht allein war. Seine Mutter saß dort. Und fast augenblicklich senkte der Junge den Kopf wieder, starrte verbissen auf die dünne Decke, die über ihm ausgebreitet war. Bis zu einem gewissen Grad war er wütend auf seine Mutter. Er konnte doch nichts für all diese Dinge die geschehen waren! Er hatte seine Mutter beschützen wollen! „Will… es tut mir so Leid…“ Ihre Stimme war nichts als ein Flüstern. Aber Smoker konnte ihr nicht glauben. Nicht, nach allem was er gehört hatte. Ohne ein Wort zu sagen, stand er auf, kämpfte sich aus den Laken und Decken und trat zum Fenster hinüber. Nur zu genau spürte er den Blick seiner Mutter in seinem Rücken. Es war ihm egal. Um wenigstens ein wenig beschäftigt zu wirken, öffnete er das Fenster – besser gesagt, er stieß es auf. Und mit einem Mal überwältigte ihn der Zorn. Er wühlte in seiner Hosentasche, zog eine zerknitterte Zigarette heraus und ein paar Streichhölzer. Noch bevor seine Mutter reagieren konnte, hatte er sie entzündet, warf die verkohlten Streichhölzer aus dem Fenster und steckte den Rest wieder ein. „Will!“ Tatsächlich hörte seine Mutter sich entsetzt an. Doch es bereitete ihm Genugtuung. „Leg die Zigarette weg!“ „Warum?“ Er war erstaunt, wie gelassen er sich selbst anhörte. Wie einfach es war, sie gelassen anzusehen. „Weil es schädlich ist? Ist doch egal. Ich bin ohnehin nur eine… unangenehme Nebenwirkung.“ Oh, es fühlte sich fantastisch an, keine Gefühlsregung zu zeigen, einfach nur hier zu stehen, die Zigarette zwischen den Fingern geklemmt und seine Mutter provozierend anzusehen, ihr genau zu sagen, was er gehört hatte. Mit zwei, drei Schritten war sie bei ihm, wollte ihm die Zigarette entreißen. Doch soweit kam es nicht. Smoker wich ihr aus, knurrte böse. „Lass es mich erklären!“, startete sie einen erneuten Versuch. „Erklären?!“, höhnte ihr Sohn darauf aber nur. Es gab nichts zu erklären in seinen Augen. „Hört doch auf, mich zu verarschen! Dir liegt genauso wenig etwas an mir, wie sich mein Vater um mich schert!“ Ohne noch weiter darüber nachzudenken, war er an seiner Mutter vorbeigestürmt. Es interessierte ihn noch nicht einmal, dass Tränen über ihre Wangen liefen. Stattdessen polterte er die Treppe hinunter, den Gang entlang um dann das Haus zu verlassen. Er wollte jetzt einfach allein sein und über all das nachdenken, was passiert war. Was er gehört hatte, das was er seiner Mutter entgegen geschrieen hatte. Seufzend stieß Smoker den Rauch aus, verzog dabei allerdings das Gesicht. Nun, da er allein in einer abgelegenen Ecke des Hafens saß und nachdenken konnte, fühlte er sich schon gar nicht mehr so gut. Wut stieg in ihm auf – doch das Ziel waren er selbst und sein Vater. Weil dieser seiner Mutter all das angetan hatte und weil er selbst seiner Mutter das Ganze zum Vorwurf gemacht hatte. Was seine Großeltern wohl sagen würden, was sie nun von ihm dachten? „Ach, verdammt!“ Er warf den Rest seiner Zigarette ins Hafenbecken, dann rappelte er sich auf. So gerne er auch allein war und die Dinge allein schaffen wollte – hin und wieder fehlte ihm doch ein Freund. Ein Mensch, dem er vertrauen konnte, der hinter ihm stand. Jemand, der es auch wagte ihn hin und wieder zu kritisieren, wenn es sein musste. Wenn er die Dinge falsch anpackte. Schwach schüttelte der Junge den Kopf, dann stützte er die Hand auf dem grob gehauenen Stein ab, stand auf. Vielleicht sollte er nach Hause gehen. Langsam wurde es dunkel. Und eigentlich hatte er noch immer Arrest, durfte sein Zimmer nicht verlassen. Vermutlich würde seine Mutter schon längst krank vor Sorge sein. Denn nachdem er nun so lange hier allein gesessen hatte und nachdenken konnte, war zumindest der Zorn auf seine Mutter verflogen, soweit es ging. Selbst, wenn es ihre Schuld war – sein Vater sollte sie nicht wieder schlagen. Nicht wegen ihm. Die untergehende Sonne warf lange Schatten. Es würde nicht mehr lange dauern, ehe sie endgültig am Horizont versunken war. Besser, er beeilte sich auf dem Heimweg. Sein Vater würde ihm sonst mehr als nur die Hölle heiß machen, sollte er nicht vor diesem zuhause sein. Doch mit jedem weiteren Schritt, widerstrebte es dem jungen Smoker mehr, nach Hause zu gehen. Weder war er erwünscht, noch willkommen. Trotz allem aber war es der einzige Ort, an den er gehen konnte. Er musste nicht einmal darüber nachdenken, seine Beine hatten ihn ganz von allein hier her getragen. Nur eines war sich Smoker ganz sicher: er konnte nicht einfach weglaufen. Seine Mutter würde darunter leiden. Stumm klopfte er an die Haustür, genauso stumm öffnete seine Mutter ihm. Ohne sie anzusehen oder etwas zu der Situation an diesem Tag zu sagen, schlüpfte er ins Haus, an ihr vorbei und huschte die Treppe hinauf in sein Zimmer. Würde seine Mutter nichts erzählen, würde William wohl nie wissen, dass sie fort gewesen waren, dass er auf eigene Faust verschwunden gewesen war. Regungslos starrte er aus dem Fenster nach draußen, in den leichten Nieselregen der inzwischen eingesetzt hatte. Irgendwie spiegelte er seine Laune wieder. Auch, wenn es fast ein wenig zu schön aussah, mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages. Zumindest hatte er noch ein klein wenig Zeit, ehe sein Vater nach Hause kam. Vermutlich würde er nicht vor Mitternacht zurück kommen. So, wie immer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)