Die Prophezeiung von maidlin (SPOILERS!!!!) ================================================================================ Kapitel 26: Ängste ------------------ Es ist vollbracht! Und es ist schlecht! Finde ich zumindest... aber ich glaube, das ist keine gute Eröffnung eines Kapitels. XD Also lasst euch nicht abschrecken und bildet euch euer eigenes Urteil. Ich wünsch euch schon mal viel Spaß. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ängste Langsam drehte sich Kaname um und blickte Yuki kalt, aber doch sichtbar überrascht an. Sie wagte es!!! „Bring sie nach oben, Zero.“, sagte Yuki, ließ ihren Bruder aber nicht aus den Augen. Zero zögerte einen Moment. Es war sein Kampf, dachte er. Er sollte dort stehen und nicht sie, das wusste er. Genauso wie er wusste, dass sie es bitterlich bereuen würde. „Zero.“, sagte Herr Sayuka eindringlich und ein kurzer Blick auf Ai genügte, um ihn eine Entscheidung treffen zu lassen. Yuki wusste, was sie tat. Er musste ihr Vertrauen. Er würde nicht richtig kämpfen können, wenn er in Gedanken immer bei seinem Mädchen war. Und Yuki wusste es ebenso. Zero betrat das Gasthaus und brachte Ai nach oben. „Es tut mir leid.“, flüsterte Yuki leise. Unter Kanames Blick wollte sie nichts lieber tun, als sich auf die Knie werfen und ihn um Verzeihung anflehen. Er hatte so viel für sie getan, hatte ihr so viel gegeben und sie erhob eine Waffe gegen ihn. Sie war furchtbar, undankbar und verabscheuungswürdig. Sie hasste sich selbst für ihre Tat aus tiefstem Herzen. Aber sie konnte nicht zulassen, dass er Zero daran hinderte Ai zu versorgen. Ai brauchte Zero und Zero brauchte sie. Sie hatte sich dafür entschieden, die beiden zu beschützen und das würde sie auch, ganz gleich wie. Auch, wenn sie es für immer bereuen würde. „Warum tust du das?“, fragte Kaname kühl. „Ich will sie beschützen. Es ist nicht richtig. Sie sind unschuldig, alle beide. Warum denkst du, dass sie uns schaden kann? Warum versuchst du nicht das Gute in ihr zu sehen?“, fragte sie und war den Tränen nahe. „Woher willst du wissen, dass das Gute tatsächlich da ist? Du kennst sie gerade einmal ein paar Tage.“ „Ich vertraue ihnen. Ich glaube an sie.“ Stumm sah Kaname sie einen Moment an. Sein Blick war so intensiv, dass Yuki eine Gänsehaut bekam. Sie konnte nicht sagen, was geschehen würde, ob es wirklich zum Kampf kommen würde und das ließ sie unheimlich nervös, aber vor allem ängstlich werden. Was würde er tun?, fragte sie sich still. Würde er sie wirklich angreifen? Noch nie hatte er das getan. Immer war er nur liebevoll und zärtlich zu ihr gewesen. Doch sie hatte sich ihm nicht nur wiedersetzt, sondern ihn auch vor den anderen bloßgestellt. „Dann zeige mir, wie weit du für dieses Vertrauen bereit bist zu gehen.“, wisperte er bedrohlich. Yuki konnte es gar nicht so schnell realisieren, wie es geschah. Nur schemenhaft nahm sie war, wie er sich blitzschnell bewegte und auf sie zusprang. Sie riss Artemis nach hinten und schaffte es mit einem Sprung zur Seite ihm auszuweichen. Kaname landete direkt an der Stelle, an der sie zuvor noch gestanden hatte. Die Erde unter ihm bebte und ein Riss bildete sich im Pflaster der Straße. Sie mussten in den Wald zurück, dachte Yuki, während sie gleichzeitig versuchte ihren panischen Herzschlag zu ignorieren. In der Nähe der Stadt war die Gefahr einfach zu groß, dass sie jemanden verletzten oder gar die Stadt selbst zerstörten. Sie sah zu Kaname und wusste, dass er ihren Blick verstand. Yuki drehte sich um und rannte in den Wald zurück. Es war ein leichtes für Kaname sie erst einzuholen und dann zu überholen. Vor einer Gruppe von Kiefern wartete er auf sie. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt, sein Blick war kalt aber vielleicht auch abschätzend. Er würde nun keine Gnade mehr kennen. Kaum war sie ihm nah genug, sprang er bereits nach vorn und griff sie mit einer Art Kraft an, die sie nicht einmal sehen konnte. Sie spürte nur den Druck des Angriffes und konnte ihm nur knapp ausweichen. Dennoch war der Luftzug, der sie streifte, wie eine Klinge selbst und hinterließ einen Kratzer auf ihrer Wange. Es brannte stechend. Kaname ließ ihr keine Zeit, sonder griff sofort erneut an. Dieses Mal gelang es ihr seinen Angriff mit Artemis zu parieren. Eine schwarze Ladung an Energie schoss gerade auf sie zu, als sie Artemis gerade noch rechtzeitig herumriss und somit einen direkten Treffer verhindern konnte. Trotzdem raubte ihr das Zusammentreffen der zwei Kräfte den Atem. Der Aufprall war so heftig, dass Yuki erschrocken zurückwich. In ihrem Körper vibrierte es. Es dauerte einen Moment, ehe sie sich davon erholte, doch Kaname nahm keine Rücksicht. In diesem kurzen Augenblick ihrer Unachtsamkeit hatte sich Kanames Hand in eine riesige, schwarze Sense verwandelt, die sie bisher nur einmal gesehen hatte. Damals hatte sie auch gesehen, was sie vermochte. Kalte Schauer liefen ihr über den Rücken. Ihr Fluchtinstinkt wuchs. Sie wusste, dass sie Kaname unterlegen war, in Technik und auch Erfahrung. Dennoch wollte sie nicht aufgeben. Sie wollte ihm zeigen, wie ernst es ihr war, selbst wenn er sie dafür bestrafen würde. Sie hatte es einmal begonnen und würde es auch beenden, dachte sie. Die Spitze der schwarzen Klinge fuhr direkt auf sie herab und Yuki schwang Artemis über ihren Kopf und wehrte Kaname somit von oben ab. Dabei ließ sie ihren Körper ungeschützt. Kaname ergriff die Gelegenheit und stieß sie mit meiner einzigen Handbewegung nach hinten. Die Energie, die sie direkt traf, war so stark, dass sie mehrere Meter nach hinten gewirbelt wurde. Einzig dem dichten Schnee verdankte sie es, dass sie sich keine schlimmeren Verletzungen zuzog. Aber er schmolz um sie herum und als sie sich wieder hochrappelte, hinterließ sie ein großes Loch an der Stelle, an der sie gelegen hatte. Kaum stand sie, setzte Yuki zum Angriff an. Sie sprang weit nach vorn und holte gleichzeitig mit Artemis aus. Aber auch dieses Mal überwand Kaname sie mühelos. Er sprang hoch nach oben, schlicht über Yuki hinweg. Noch in ihrem eigenen Sprung versuchte Yuki Artemis eine andere Richtung zu geben. Es gelang ihr, aber es lag nicht genügend Kraft darin. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht wich Kaname ihr aus und stieß sie mit einer weiteren Demonstration seiner Kraft in den Rücken. Dennoch ließ sie sich davon immer noch nicht entmutigen. Ohne richtig nach Kaname zu sehen und sich nur auf ihre Instinkte verlassend, drehte sich Yuki um und schwang die Sense nach vorn, auf die Stelle zielend, an der sie Kaname vermutete. Kanames Hand hatte sich indessen wieder in die schwarze Klinge verwandelt und noch bevor Yuki einen Treffer erlangen konnte, hatte er sie erneut ausmanövriert. Dieses Mal kam Yuki der Aufprall noch heftiger vor und ihr Griff um Artemis verkrampfte sich, damit die Waffe ihr nicht aus der Hand fiel. Ihre Sicherheit schwand. Vielleicht hätte sie es doch mit Worten versuchen sollen, dachte sie, während die Angst ihren Rücken hoch kroch. Das Gesicht ihres Bruders war zu einer Maske erstarrt. Nichts erinnerte an das liebevolle Gesicht, dass sie zärtlich angeblickt hatte. Kaname strahlte nur noch Autorität und Macht aus, furchteinflößend und gnadenlos. Seine dunkle Aura drückte auf ihre Seele und das Atmen fiel ihr schwer. Dennoch vergrub sie die Füße noch etwas fester im Schnee, um ihren Stand zu sichern. Yuki versuchte ihre eigene Energie zu nutzen und diese auf ihre Waffe zu übertragen. Sie wusste dass sie dazu in der Lage war und Kaname hatte auch einmal mit ihr darüber gesprochen, aber bisher musste sie es nie anwenden. Es war ein schlechter Zeitpunkt für einen ersten Versuch, aber sie hatte keine andere Wahl. Yuki konzentrierte sich so gut sie konnte. Kleine Funken stoben aus Artemis Griff. Als sie das Gefühl hatte, dass es genug sei, griff sie Kaname erneut an. Dieser versuchte nicht einmal ihr auszuweichen. Yuki sah wie die Klinge ihrer Sense in seinen Körper fuhr und dieser sich plötzlich in tausende von Fledermäusen aufzulösen begann. Verwirrt blickte sie den schwarzen Tieren hinterher, die sich nach und nach wieder auflösten. Hastig drehte sie sich um und versuchte Kaname zu entdecken, doch er schien verschwunden. Ihr Herz klopfte laut und schnell. Hatte sie ihn besiegt? Hatte sie ihn vernichtet? Das war unmöglich, dachte sie. Das konnte sie nicht getan haben. „Wo schaust du hin?“, fragte er plötzlich direkt hinter ihr und hielt ihr seine eigene Klinge unter den Hals. Yuki schluckte vor Überraschung und Angst. Die Waffe schnitt ihr in den Hals. Von ihrem Blut angelockt beugte sich Kaname nach unten. Seine Lippen strichen über ihren Hals und er konnte ihren rasenden Puls hören. Doch er war noch nicht fertig. Noch hatte sie ihre Lektion nicht gelernt. Seine andere Hand legte er in Yukis Rücken und entließ einen solchen Energieschub, dass Yuki erneut durch die Luft geschleudert wurde. Ein Baumstamm fing sie ab, der durch die Wucht des Aufpralls knickte und nach hinten stürzte. Einen Moment war Yuki nicht in der Lage sich zu rühren. Regungslos lag sie auf dem Boden, während sich ein Prickeln durch ihren Körper ausbreitete. Schnell wich es Schmerzen und sie konnte ein kleines Aufstöhnen nicht unterdrücken. Langsam drehte sie sich auf den Bauch und erhob sich zitternd. Kaname stand immer noch an der gleichen Stelle wie zuvor und trotz der großen Entfernung die zwischen ihnen lag, konnte sie ein kleines Lächeln sehen, das seine Mundwinkel umspielte. Yuki fluchte innerlich. Natürlich hatte sie gewusst, dass er so viel stärker war als sie, aber das ihre Angriffe keinerlei Wirkung bei ihm hinterließen, frustrierte sie. Sie kam sich vor, wie ein dummes, kleines Kind, dem eine Lektion erteilt wurde. Eine, die sie wohl niemals vergessen würde. Doch sie würde sich erst geschlagen geben, wenn sie ihn dazu gebracht hatte seine Meinung zu überdenken. Sonst hörte er ihr doch auch zu. Sie konnte und wollte einfach nicht glauben, dass es jetzt anders sein sollte. Möglicherweise war es auch wirklich ihre Schuld. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn sie nicht mit Ai davon gelaufen wäre. Eventuell hätte sie ihn auch so umstimmen können. Hastig schüttelte sie den Kopf. Es war längst zu spät darüber nachzudenken und eigentlich hatte sie das doch auch schon lange akzeptiert. Außerdem war es ihr zu diesem Zeitpunkt als das einzig richtige erschienen. Sie stand auch jetzt noch dazu. Noch in ihren Gedanken bemerkte sie nicht, wie Kaname abermals zum Angriff ansetzte. Sie blinzelte kurz, doch dann war er wieder weg. Dieses Mal beginn sie nicht den Fehler und sah sich um, sondern versuchte ihn so zu erspüren. Deswegen schloss sie die Augen und konzentrierte sich einzig auf die Geräusche und versuchte sie zu unterscheiden. Da war das Rascheln der Bäume, Schnee der von den Ästen fiel und sogar einige Vögel konnte sie leise hören. Da! Plötzlich konnte sie Kaname hinter sich spüren, ein leichter Luftzug hatte ihn verraten. Sie wirbelte augenblicklich herum und hielt Artemis aus einem Reflex heraus nach oben. Wie durch ein Wunder gelang es ihr so ihn abzuwehren. Dieses Mal sah Kaname ein wenige überraschter aus und Yuki nahm es mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis. Sie wollte diesen Moment nicht ungenutzt verstreichen lassen und griff augenblicklich noch einmal an. Mit aller Kraft wehrte Kaname ihren Angriff ab und verwandelte seine Verteidigung in einen Gegenangriff. Die Erschütterung, die daraufhin folgte, war heftiger und lang anhaltender, als die vorherigen. Aber es gelang Yuki noch sich auf den Beinen zu halten. Auf einmal hörte sie ein ohrenbetäubendes Grollen, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Nie würde sie dieses Geräusch vergessen, nie vergessen wie sie um ihr Leben gerannt waren, wie knapp sie dem weißen, kalten Tod entkommen waren. Gänsehaut breitete sich auf ihrem Körper aus, doch dieses Mal aus anderen Gründen. Kurz sah sie zu den Spitzen der Berge. Noch immer lag ein dichter Nebel drum herum, so dass sie sie kaum ausmachen konnte. Doch es war wieder passiert. Ihr Kampf hatte eine neue Lawine ausgelöst. Um das zu wissen, brauchte sie es nicht einmal zu sehen. Sie mussten aufpassen, dachte sie noch, doch da war es zu spät. Dieses Mal hatte sie ihren Gegner zu lang aus den Augen gelassen. Kaname hatte diesem Moment genutzt, um sich ihr zu nähern. Yuki bemerkte ihn erst, als er vor ihr stand und Artemis mit seinen Händen packte. Sie versuchte noch sich gegen ihn zu stemmen und zog selbst fest an der Waffe, doch nur ein einziger Ruck genügte und Kaname hielt sie in der Hand. Dann holte er weit damit aus und schwang sie in ihre Richtung. Yuki warf sich in den Schnee und schaffte es so, der Waffe auszuweichen. Doch gleichzeitig wurde sie sich immer mehr bewusst, dass es nur noch wenige Sekunden dauern würde, bis er sie vollkommen überwältig hatte. Die Klinge fuhr auf sie herab. Mit einem Satz nach oben schaffte sie es knapp auszuweichen. Durch den Schnee konnte sie die Umgebung jedoch nur schlecht einschätzen und sie landete so unglücklich, dass sie ausrutschte und fiel. Kaname kannte keine Gnade und schlug erneut zu. Yuki rollte sich zur Seite, doch die Spitze der Klinge traf ihren Mantel und er zerriss ihn. Gleichzeitig hatte sich Kaname nach vorn gebeugt und packte sie nun mit der anderen Hand um den Hals. Yuki bewegte den Kopf zurück, versuchte so seinem eisigen Griff zu entkommen, doch ihr Bruder drückte nur noch fester zu. Als sie merkte, dass sie ihm nicht mehr entkommen konnte und wie langsam die Kraft aus ihrem Körper wich, akzeptierte sie ihr Schicksal. Er würde sie töten und das würde ihre gerechte Strafe sein. Sie wollte es wenigstens mit Würde tragen. Entschlossen blickte sie ihm schließlich in die Augen. Ein kleiner Teil von ihr hoffte jedoch, dass sie ihn vielleicht so doch noch erreichen könnte. „Warum tust du das?“, fragte Kaname sie noch einmal, so als hätte er es immer noch nicht verstanden. „Ich will das richtige tun.“, krächzte sie und Kaname lockerte seinen Griff ein wenig, damit sie besser sprechen konnte. „Sie ist ein Kind, Onii-sama, kein Monster. Zero will sie bloß beschützen und ist auch bereit all eure Fragen zu beantworten. Es ist falsch sie einfach so zu verurteilen. Du kennst Ai nicht… und du kennst Zero nicht.“, fügte sie nach kurzem Zögern hinzu. Sie hatte nichts mehr zu verlieren. Kaname sah sie unverwandt an. Er hasste es, wenn sie so von diesem nichtsnutzigen Mann sprach und ihr Blick dabei so voller Vertrauen und Zuneigung war. Sie kannte ihn doch genauso wenig, hatte ihn jahrzehntelang nicht gesehen. Wie konnte sie trotzdem so sehr an ihn glauben? „Onii-sama, bitte.“, versuchte es Yuki von neuem, dieses Mal war ihre Stimme sanfter, aber immer noch eindringlich. „Lass Ai gesund werden und lass Zero sich um sie kümmern. Er liebt dieses Mädchen so sehr. Er würde niemals etwas tun, was ihr schaden könnte, selbst wenn das bedeutet, sich dem Senat und den Huntern unterzuordnen.“ Yuki schluckte erneut. Sie hatte das zwar gerade gesagt, aber Zero hatte so etwas nie angedeutet. Sie konnte es nur vermuten, aber sie war sich beinah sicher. Sie hoffte es, denn sonst wäre alles umsonst gewesen und ein Kampf auf Leben und Tod wirklich unvermeidlich. „Ai ist etwas besonderes, ohne Zweifel, aber auf eine ganz andere Art und Weise, wie du das glauben willst. Lern sie erst einmal kennen und triff dann deine Entscheidung.“ Kaname funkelte sie an, bevor er mit fast gleichgültiger Stimme sagte: „Das wollte ich, aber sie war plötzlich verschwunden.“ Yuki wurde heiß und kalt zugleich. War das alles also wirklich ihre Schuld? Hätte es einen ganz anderen Ausgang gehabt, wenn sie nicht einfach mit ihr davon gelaufen wäre? Sie würde es nie erfahren. Die Waffe, die Kaname bisher immer noch bedrohlich in der Hand gehalten hatte, verwandelte sich in den Stab zurück, den Yuki sonst immer bei sich trug. Dann betrachtet er Yuki noch einen Moment bevor er auch seine andere Hand zurückzog. Jeden anderen hätte er für diesen Verrat schon längst getötet, aber nicht sie, dachte er. Er konnte es einfach nicht. Er schaffte es nicht ihr zu wiederstehen. Dieses Wesen vor ihm war zu gutherzig, zu gutgläubig und zu ehrlich. Sie würde immer zuerst an das Gute glauben, bis etwas anderes bewiesen war. Erst wenn Zero sie verraten würde, würde sie aufwachen. Doch auch das würde nicht geschehen, dann dafür hatte er die Gefühle in dem ehemaligen Menschen zu leicht lesen können. Nicht nur die für das Kind, sondern auch jene für Yuki. Doch nichts würde ihn, Kaname, davon abhalten, das zu tun, was er für richtig hielt. Dennoch würde er sich beugen, fürs erste. Er konnte später immer noch rechtzeitig handeln. Er reichte seiner Schwester die Hand. Einen Augenblick lang sah sie ihn unsicher an, griff dann aber danach und Kaname half ihr auf. Er zog sie in seine Arme und umarmte sie fest. „Ich will nur, dass du vorsichtig bist, verstehst du das nicht?“, flüsterte er gegen ihr Ohr. „Du vertraust anderen zu leicht. Ich will nicht, dass dir etwas geschieht.“ „Ich weiß.“, antwortete sie und erwiderte seine Umarmung. Aus ihrer Stimme war kein Groll zu hören. „Aber du musst mir vertrauen. Ich weiß, was ich tue und wenn die Ai wirklich kennst, wirst auch du so denken, davon bin ich überzeugt.“ „Dir vertraue ich, aber ihm nicht.“, erwiderte Kaname und dieses Mal war seine Stimme schon wieder ein Spur kälter. „Was wirst du jetzt tun?“, fragte er sie im Anschluss, ohne ihr die Gelegenheit zu geben, etwas darauf zu sagen. „Ich werde zu Ai gehen. Ich möchte wissen, wie es ihr geht.“ „Und dann?“ Yuki schüttelte unsicher den Kopf. „Ich weiß noch nicht. Vielleicht erlaubt mir Zero zu bleiben.“ Sie wusste, dass er besser gewesen wäre, das zu sagen, was Kaname hören wollte: nämlich, dass sie hinterher sofort zu ihm kommen würde. Aber Yuki wusste ganz genau, dass sie dann mit ihren Gedanken immer nur bei Ai sein würde. Ständig würde sie sich fragen, wie es ihr ging und keine Ruhe finden. Außerdem wollte sie für Zero da sein. Kaname erwidert nichts und hielt sie weiter in seiner Umarmung. Yuki begann sich leicht unwohl zu fühlen, doch sie verhaarte in der gleichen Position. Ein anderer Teil von ihr wollte jedoch sofort zu Ai rennen. Dennoch wusste sie, dass sie nicht so einfach gehen konnte. Es würde die Sache zwischen ihnen nur verkomplizieren. Plötzlich küsste Kaname sie. Sein Kuss war hart und leidenschaftlich. Yuki versuchte ihn zärtlicher zu erwidern, ihm etwas von der Angst und Misstrauen zu nehmen, die sie glaubte daraus zu schmecken. Trotzdem konnte sie nicht leugnen, dass er anders schmeckte als die vorherigen. Etwas war anders zwischen ihnen geworden. Dieses Mal konnte sie es stärker spüren, als beim letzten Mal. Sie versuchte es zu ignorieren und zu verdrängen, doch es ließ einen bitteren Beigeschmack. Dann löste sich Kanames Mund von ihrem und wanderte ihren Kiefern entlang, den Hals hinab. Yuki erschrak: Würde er sehen, was sie getan hatte? Das wollte sie nicht. Es war zu beschämend, zu persönlich, zu intim, dachte sie hastig und auch mit ein wenig Angst. Aber wenn sie ihn zurückstieß, würde sie alles zerstören. Sie hörte wie ihr Bruder den Mund öffnete und erwartete seinen Biss jeden Augenblick. Doch dann hielt Kaname widererwartend inne. „Nein.“, flüsterte er gegen ihre Haut und Yuki wusste nicht, ob er mit ihr sprach oder mit sich selbst. Dann löst er sich ganz von ihrem Hals und küsste sie abermals auf die Lippen. Zärtlich streichelten seine Finger über ihre Wange. „Wir warten bis es ihr besser geht, doch sobald dies der Fall ist, wird Zero Rede und Antwort stehen und sie ebenso. Wir haben Zimmer im Hotel ‚Koritokái‘. Ich erwarte, dass du heute Abend dort hinkommst. Aidou wird dich begleiten. Offenbar seid ihr euch ja beide einig, was das Kind angeht.“, sagte er dann und seine Worten ließen keinen Raum für Widersprüche. Also versuchte sie es gar nicht erst, sondern nickte stumm. „Geh.“, sagte Kaname anschließend. Einen Augenblick lang sah sie ihm noch in die Augen, dann dreht sie sich um und ging zur Stadt und zum Gasthaus zurück. Seines Blickes in ihrem Rücken war sie sich nur zu bewusst. Zuerst ging sie nur langsam und zögerlich, doch dann beschleunigten sich ihre Schritte wie von selbst, bis sie rannte. Als sie das Gasthaus betrat fand sie noch alle anderen vor. Jinmu lehnte gegen den Tresen. Dahinter stand Herr Sayuka. Die anderen Hunter und Vampire hatten die Tische in Beschlag genommen. „Ist der Arzt schon da?“, fragte sie Herr Sayuka, doch dieser schüttelte nur kurz mit dem Kopf. Einen Moment sah er sie verwundert an. Yuki dachte kurz daran, wie sie wohl nach ihren Kampf mit Kaname aussah, doch im nächsten Augenblick stand sie bereits an der Treppe und alles andere war vergessen. „Du kannst ruhig hochgehen.“, sagte Herr Sayuka, als sie einen Moment zögerte. „Wo ist Kaname?“, fragte Jinmu sie, als sie schon die ersten Stufen nach oben nahm. „Er kommt gleich.“, rief sie ihm zu und lief die wenigen Schritte den Flur entlang. Leise öffnete Yuki die Tür, die zu Zeros und Ais Wohnung führte und hörte Frau Sayuka und Zero leise miteinander sprechen. Ihre Stimmen führten sie zu Ais Zimmer, dessen Tür sie vorsichtig öffnete. Zero sah sie nur flüchtig an, wandte sich dann aber wieder Ai zu. Yuki sah kurz, dass sie ihr andere Sachen angezogen hatten, bevor Zero die Bettdecke über sie legte. Im Mund hatte das Mädchen ein Fieberthermometer und Yuki hoffte, dass es weniger anzeigen würde, als die letzten Stunden. Langsam wagte sie es einen Schritt nach vorn zu gehen, auf einmal nicht mehr so sicher, dass ihre Anwesenheit erwünscht war. In diesem Augenblick nahm Zero das Thermometer aus ihrem Mund und warf einen kurzen Blick darauf. Sie hörte ihn kurz ausatmen und wusste nicht, ob es gut war oder schlecht. „Das Fieber ist nicht weiter hochgegangen.“, sagte er dann und sprach sowohl zu Yuki, als auch zu Frau Sayuka. Doch statt erleichtert zu sein, glaubte sie aus seiner Stimme eine wachsende Verzweiflung zu hören. „Der Arzt wird bald hier sein und ihr etwas geben, damit das Fieber sinkt.“, versuchte Frau Sayuka ihm Mut zu machen und Zero nickte automatisch. Nur zehn Minuten später kam Aidou mit dem Arzt tatsächlich zurück. „Man hat mir bereits gesagt, was los ist. Ein Wunder, dass sie das überhaupt überlebt haben.“, sagte der Arzt, als er Zero gleichzeitig die Hand gab. Dieser nickte nur kurz und führte ihn in Ais Zimmer. „Wann haben sie das letzte Mal Temperatur gemessen?“ „Vor zehn Minuten. Es ist immer noch über 40°C.“, antwortete Zero leise. Kurz nickte der Mediziner, doch sein Gesicht verrieten seine Gedanken nicht. „Ich werde sie untersuchen, bitte verlassen sie den Raum.“ „Aber-“, setzte Zero an, doch der Arzt unterbrach ihn. „Ich weiß, sie wollen gern dabei sein. Aber ich kann meine Arbeit besser machen, wenn ich mich konzentrieren kann und das geht nicht, wenn sie mir dabei über die Schultern schauen. Ich kann sie verstehen, glauben sie mir, aber im Moment können sie wirklich nicht helfen. Trinken sie einen Tee, sie sehen aus, als hätten sie es nötig. Wenn sich irgendetwas an ihrem Zustand ändern sollte, werde ich ihnen natürlich sofort Bescheid sagen.“ Damit schloss sich die Tür vor Zeros Nase. Er drehte sich um und Yuki tat einen Schritt zurück. Nur flüchtig sah er sie an und bemerkte, dass ihre Sachen zerrissen waren. Er wollte wissen, was mit Kaname passiert war, doch er hatte nicht einmal zum Fragen Kraft. „Yuki, komm. Ich gebe dir von mir ein paar Sachen, während das Teewasser kocht.“, hörte Zero Frau Sayuka noch sagen, bevor er sein eigenes Schlafzimmer betrat. Auch hier war jemand gewesen, fiel ihm als erstes auf. Man hatte ihre Wohnung durchsucht, genauso wie er es erwartet hatte, dachte er träge. Wahrscheinlich waren sie enttäuscht gewesen, als sie nicht so viel gefunden hatten. Die Bluttabletten in der Küche vielleicht, aber das war ihm auch egal. Wie in Trance zog er sich um und konnte das Geschehene und das was Geschah nicht glauben. Es kam ihm so unwirklich vor. Alles schien langsamer zu geschehen oder als würde er es durch einen Schleier sehen. Er fühlte sich, als wäre er nur ein Beobachter und gar nicht wirklich dabei. Gerade als er fertig war, betraten Frau Sayuka und Yuki die Wohnung wieder. Yuki trug eine neuen Pullover und eine Hose, die ein wenig merkwürdig an ihr wirkte, doch er sagte nichts. Es hatte sich so viel in den letzten Stunden verändert, dass ihn nichts mehr wunderte. Frau Sayuka bereitete den Tee und Zero setze sich zu ihnen. Er rührte jedoch nicht einmal die Tasse an. Steif saß er auf dem Stuhl und versuchte zu erahnen, was wohl im Nebenzimmer vor sich ging. Das Ticken der Uhr klang unnatürlich in seinen Ohren, während keiner von ihnen sprach. Aus den Augenwinkeln sah Zero zu Yuki. Ihre Hand lag um die Tasse, aber auch sie hatte noch nichts getrunken. Sie wirkte blass und müde und einmal mehr fragte er sich, was im Wald geschehen war. Doch abermals fragte er nicht danach. Er würde dem jetzt nicht genügend Aufmerksamkeit schenken können. Es dauerte eine halbe Stunde, ehe der Arzt Ais Zimmer verließ. Zero brauchte ihn nicht einmal nach den Ergebnissen seiner Untersuchung zu fragen, denn dessen Gesicht sagte genug, „Ich will ehrlich sein: Es sieht nicht gut aus. Ich denke sie hat eine akute Tracheobronchitis. Ohne eine Untersuchung im Krankenhaus kann ich das nicht genau sagen, aber es sieht sehr danach aus. Wahrscheinlich trägt sie es schon seit mehreren Tagen in sich, der Zusammenbrauch neulich, könnte schon ein erstes Anzeichen gewesen sein. Ich habe ihr ein starkes Medikament gegeben, das eigentlich nur bei Erwachsenen angewandt wird. Ich hoffe es schlägt an.“ „Sie hoffen es?“, fragte Zero mit kratziger Stimme. „Sie müsste eigentlich ins Krankenhaus, aber ich will kein Risiko eingehen. Wie ich sagte, es steht schlecht um sie.“ „Hätten wir dort bleiben sollen? Wäre es ihr besser gegangen, wenn ich nicht...“ „Nein, auf keinen Fall.“, unterbrach er ihn gleich. „Hier kann man sie wenigstens behandeln, dort wäre es noch unmöglicher. Sie hätten auf keinen Fall die richtigen Medikament gehabt.“ „Aber es war zu wenig, nicht wahr?“, fragte Zero leise und Yuki machte sein starrer Blick ein wenig Angst. „So dürfen sie das nicht sehen. Ich werde aus dem Krankenhaus einen Tropf bringen lassen, sowie ein mobiles Atemgerät. Es wird ihr die Sache leichter machen.“ „Besteht überhaupt eine Chance, dass sie es schafft?“, fragte Zero mit trockenem Mund. Er fürchtete sich vor dieser Antwort mehr, als alles andere. Der Arzt atmete einmal scharf aus und Zero war es, als würde er noch einmal in dieses tiefe, schwarze Loch stürzten, aus dem Ai ihn herausgeholt hatte. Als würde er noch einmal jemanden verlieren, der ihm so viel bedeutet. Dabei hatte er sich doch geschworen, dass er es nie wieder zulassen würde. „Das kann ich ihnen nicht beantworten. Es gibt Patienten, die sich von so einer schweren Krankheit wieder erholt haben, aber sie ist noch ein Kind. Darüber gibt es keine positiven Berichte. Die nächsten 24 bis 48 Stunden werden es zeigen.“, antwortete er langsam. Yuki erstarrt. Im der nächsten Sekunde, wich das Gefühl purer Übelkeit. Hastig rannte sie aus der Küche in das Badezimmer und würgte. Erfolglos. Sie wusste, dass nichts kommen würde. Sie hatte nicht genug dafür im Magen. Und selbst wenn, würde es ihr danach nicht besser gehen, das wusste sie. Das was sie gerade gehört hatte, war einfach... Tränen stiegen in ihr auf und ein Schluchzen entrann ihrer Kehle. Sie biss sich auf die Lippen, um es zu unterdrücken. Sie konnte jetzt nicht weinen. Sie durfte jetzt nicht weinen. Sie wischte eine einzelne Träne weg und vermied es in den Spiegel zu schauen. Sie drehte den Wasserhahn auf und spritze sich eiskaltes Wasser ins Gesicht. Zero... wie musste er sich fühlen? Sie konnte es sich nicht einmal annähernd vorstellen. Sie fühlte sich bereits, als würde plötzlich alles keinen Sinn mehr machen. Was musste er erst empfinden? Er hatte doch bereits jemanden verloren. Wie sehr liebte er dieses Kind? Sie konnte es nicht einmal in Worte fassen. Und Frau Sayuka erging es nicht viel anders. Yuki hörte die Tür im Flur aufgehen und Schritte. Frau Sayuka geleitete den Arzt hinaus, dachte sie. Sie drehte den Wasserhahn ab, atmete noch einmal durch. Am liebsten würde sie davon laufen. Doch sie wusste, dass es jemand gab, der sie brauchte. Die Erde hatte plötzlich aufgehört sich zu drehen. Es musste so sein, denn wie konnte sich die Erde weiterdrehen, wenn doch seine eigene Welt gerade aufgehört hatte zu existieren. Er hatte unbewusst wahrgenommen, wie Yuki nach draußen gerannt war, wie Frau Sayuka den Arzt nach unten brachte. Doch nichts davon erschien ihm wirklich. Als würde all das in einer anderen Welt geschehen, zu der er nicht mehr gehörte. Zero bemerkte auch nicht, wie Yuki in die Küche zurückkam und ihn aus verweinten Augen ansah. Noch nie hatte sie Zero so gesehen. Starr blickte er nach unten, alles Leben schien aus seinem Körper gewichen. Nur seine zitternden Schultern verrieten ihn. Vor ihr saß ein gebrochener Mann, dessen Qualen in seine Seele eingebrannt waren. Zögerlich trat Yuki auf ihn zu. Sie wollte etwas tun, aber sie wusste nicht was. Noch nie war sie in so einer Situation gewesen. Worte des Trostes wollten ihr nicht einfallen. Gleichzeitig wusste sie, dass nichts ihn trösten konnte. Schließlich legte sie vorsichtig eine Hand auf die seine. Erschrocken zuckte er zusammen. Er hatte ihre Anwesenheit nicht einmal bemerkt. Sie drückt seine Hand so fest sie konnte. Er war nicht allein. Zero hob den Kopf und sah sie aus glasigen Augen an. Plötzlich zog er sie am Arm, so dass Yuki den Halt verlor. Doch statt zu stolpern oder zu fallen, fing Zero sie auf und zog sie an sich. Auf einmal saß sie auf seinem Schoß. Die Arme hatte er fest um ihren Körper geschlungen und drückte sie an sich. Im ersten Augenblick war sie so perplex, dass sie nicht wusste, wie sie reagieren sollte. Dann jedoch legte sie die Arme um seinen Hals und erwiderte die Umarmung. „Ich habe Angst.“, wisperte er heißer. „Was, wenn sie...“ Yuki schluckte heftig und kämpft erneut mit den Tränen. Es war ein kurzer Kampf, den sie verlor. „Ich weiß.“, unterbrach sie ihn. „Ich auch.“ Noch in der gleichen Nacht wurde Ai an einen Tropf und ein Beatmungsgerät angeschlossen. Außerdem an Maschinen, die ihren Puls und die Herzfrequenz überprüften. Zu sich kam sie jedoch nicht mehr. Die Medikamenten würde dies verhindern, hatte er Doktor ihnen erklärt, doch Zero beruhigte das keineswegs. Immer wieder dachte er an die letzten Worte, die sie zu ihm gesagt hatte. Sie hatte ihn gefragt, wer er war. Sie hatte ihn nicht erkannt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)