Silvesterlisten von bells-mannequin ([Ino-centric, Team-Zehn-versiert]) ================================================================================ Kapitel 1: Die Welt dreht sich weiter ------------------------------------- Silvesterlisten ~ Der Jubel über den Jahreswechsel ist auch ziemlich banal - schließlich kommt ein neues Jahr jedes Jahr wieder. Jahre sind eine ziemlich solide Ware. Sie werden pünktlich geliefert, und jedes hält, was es verspricht: Genau ein Jahr, keine Sekunde mehr, aber auch keine Sekunde weniger ~ Woher kommt es eigentlich? Der Wunsch, zu feiern? Ich mein, es ist nichts Besonderes, in ein neues Jahr zu starten, findet ihr nicht? Es ist ein Akt von Neuanfang und von Ich-wünsche-mir-was und von Nächstes-Jahr-wird-alles-besser – aber ich schwöre euch: Ich habe zweiundzwanzig Silvester erlebt, und es gibt nun mal nichts, was sich von einem zum nächsten Tag verändert, absolut gar nichts. Vorletztes Jahr wurde Sasuke-kun wieder aufgenommen. Aber es war irgendein Oktobertag, den mir Sakura-chan genau datieren könnte, wenn sie jetzt hier wäre und nicht bei Sai-kun und Naruto-usuratonkachi, keine Silvesternacht oder was auch immer. Die Welt dreht sich weiter, stimmt’s? Es gab eine Zeit, da stand ich auf Sasuke-kun und auch jetzt kann ich nicht bestreiten, würde ich nicht bestreiten, dass ich ihn von der Bettkante schubsen würde (falls und wenn er jemals auf die Idee kommen würde, mit mir zu schlafen, was irgendwie bedenkenswert ist). Er sieht gut aus, hat dieses Charisma, das ihn unwiderstehlich sein lässt – aber er ist auch ein Egomane, ein riesiges Arschloch, das über die Leichen seiner beiden besten – und, nun, man bedenke, einzigen – Freunde gegangen wäre, um seinem Ziel näher zu kommen. Wie schon gesagt. Die Welt dreht sich weiter. Shikamaru sagt, ich bin leichtlebig, aber das glaube ich nicht. Schließlich ist nicht jeder auf dieser großen, weiten Welt dazu geschaffen, sieben Jahre auf den besten Freund und die große Liebe zu warten, nach ihm zu suchen und so weiter; das überzuckerte Zeug, von dem die meisten Leute wohl denken, dass es romantisch ist, aber wenn sie dann sahen, wie Naruto und Sakura nach einer ihrer monateandauernden Sasuke-Such-Touren heimkamen – dann vergaßen sie Romantik echt schnell, denn es ist nicht Romantik, die einen am Leben erhält. Aber vielleicht bin ich auch wegen Sakura voreingenommen. Zumindest wäre es für mich zu mühsam. Und sieben Jahre… nun, es gibt einen Grund, warum sie sich Team Sieben nannten, und wir uns Team Ino-Shika-Cho. Und es muss schließlich auch Leute wie mich geben, die nicht zehn Stunden über einem einzigen Shogi-Zug sitzen können. Solche Leute sind verrückt. Ich bin es nicht. Einfach. Choji sagt sich jedes verdammte Jahr, dass er ab Neujahr anfangen wird, abzunehmen, so lange, wie wir uns schon kennen, und vielleicht ist er in all dieser Zeit nicht viel dicker geworden, aber dünner auch nicht. Und ich habe es nach den ersten fünf Jahren aufgegeben, ihn zu rügen. Choji ist, wie er isst, und ich liebe ihn dafür wie einen Bruder, wie einen Teddybären, wie einen warmen, vertrauten, grauen Stein, den man jahrelang in der gleichen Tasche hat und auf den Verlass ist, weil er wie ein Fels in der Brandung ist. Eigentlich ist Neujahr der beschissenste Tag überhaupt. Ich kann mich zumindest an keins erinnern, das gut war. Weil, nun, man hat sich die Nacht zuvor vollgesoffenen, vollgefressen, man ist aufgedunsen und fühlt sich beschissen. Das Wetter ist immer dreckig und die Menschen sind eher damit beschäftigt, die Straßen zu reinigen als sich ihrer Silvestervorgaben anzunehmen. Und dann ist der erste Tag des neuen, ebenso verkackten Jahres vorbei und man hat keinen Antrieb mehr, verschiebt alles auf den nächsten Tag, so lange, wie das Jahr eben andauert. Und es kommt das nächste Silvester. Sakura sagt permanent, ich bin zu pessimistisch, aber sie hat gut reden. Seit die Kleine sich in Obhut Tsunade-samas begeben hat, zerschlägt sie alles, was ihr nicht gefällt, killt Leute mit irgendwelchen kranken Drogen, die ich einfach niemals herstellen werden kann, und versetzt sich dank Kurenai-senseis Nachhilfeunterricht in hübsche Genjutsus, wenn’s ihr beschissen geht. Außerdem hat sie Uzumaki. Und der ist wie ’n Aufputschmittel auf zwei Beinen. Was man von Choji und Shikamaru nun wirklich nicht behaupten kann. Ich glaub, es gab eine Zeit, da war ich anders. Ein bisschen mehr Mädchen, ein bisschen mehr Träumerin, ein bisschen mehr gutgläubig. Ich gebe zu, die mädchenhafteste bin ich immer noch, aber die Mädchenauswahl in unsrer Generation ist schließlich auch ernüchternd. TenTen pimpt eher ihre Waffen auf als sich selbst, Sakura ist zwar gewachsen (Vorbau, Arsch, Geistreichigkeit, ihr wisst schon), aber sie ist wohl der bessere Ninja als ich. Versierter, sagen die meisten. Und Hinata ist immer noch schüchterner als alles andere zusammen. Ich weiß nicht, ob mich das freuen soll oder nicht, denn ich weiß genau, was für eine gute Figur sie hat. Eine bessere als ich zumindest. Aber ich bin Ino. Einfach nur Ino. Und ehrlich? Damit bin ich voll zufrieden. Die anderen können mich mal. Shikamaru guckt schon komisch. Aber er guckt eh immer komisch, das eine Auge immer auf der Suche nach Wolken, selbst, wenn wir in geschlossenen Räumen sind (es gab eine Zeit, da dachte ich, deswegen ist er ein guter Stratege – damit er es so schnell wie möglich hinter sich hat, so schnell wie möglich wieder offenen Blick auf den Himmel hat. Diese Zeit ist noch nicht vorbei), das andere Auge müde und genervt und sehr, sehr aufmerksam. Aufmerksamer als sonst, aber das ist nichts Besonderes, wenn man bedenkt, dass ich schon seit geraumer Zeit nichts mehr von mir gegeben habe. Und dabei ist es Chojis zwölfte Portion Ramen in einer vertrauten, zwielichtigen Bar. Ich schüttle den Kopf, hole einen Block und Stift aus meiner Tasche und sage: „Zehn Vorlagen von jedem, meine Herren.“ Als sie fertig mit Schreiben sind, packe ich unsere jeweiligen Blätter in ein Briefkuvert. „Asuma-sensei ist bestimmt stolz, dass wir das immer noch machen“, murmelt Choji mit vollem Mund. „Einzige mistige Angewohnheit, die Team Ino-Shika-Cho pflegt. Verdammte beste Angewohnheit“, erwidert Shikamaru. Gut, dass ich das nicht vergessen habe. 5. Shikamaru und Choji sagen, dass ich sie liebe. „Euch ist klar, dass wir nie und nimmer all diese Sachen erfüllen werden?“ Shikamaru grinst müde: „Kann schon sein. Wir machen das seit beschissenen neun Jahren und ich hab gerade mal einen nervigen Punkt von verdammten neun Listen wegbekommen.“ „Und das wäre?“ Choji lacht. „Wetten, ich weiß es?“ Er stopft sich eine Hand voll Chips in den Mund. „Ein Mal Sakura küssen!“, grinst er. „D-du wolltest – hast?! – Sakura geküsst!!“ Shikamaru verdreht genervt die Augen. „Mendokuse!“ Ich wende meinen Kopf ab, damit sie nicht sehen, wie sehr ich mir das Lachen verkneifen muss. „Wer ist dieses Jahr dran?“, frage ich, obwohl ich weiß, dass sie wissen, dass ich weiß, dass ich dran bin. „Du“, sagen sie im selben genervten Ton. „Ziemlich beschissen“, lächle ich. „Ich mein, das ist doch nervig! Wir könnten das genauso gut an jedem andren Tag machen. Erster April, oder so.“ „Deswegen nennt man es Angewohnheit, Ino“, nervt Shikamaru. „Wir machen es zwei Tage vor Silvester, damit einer von uns es Punkt Mitternacht aufmacht und dann die zwei anderen auslacht und sie umarmt und denkt, dass das neue Jahr zwar genauso beschissen ist wie das alte, aber dass man zumindest einander hat.“ Shikamarus Intelligenz beeindruckt mich öfter, als er es glaubt, aber dieser eine Satz hat sich selbst in meinen Kopf geprägt, so dass ich ihn im Kampf gegen dreißig Sound-nin aufsagen könnte. Es waren Asuma-senseis Worte und es war das erste Mal, dass ich ihn als Sensei wirklich akzeptierte. Ich zucke die Schultern: „Ich weiß.“ °°° Silvesterabend. Es ist immer wieder witzig, was ein paar Tropfen Ethanol mit Zucker, Wasser und noch einigem chemischen Zeug zusammengemischt, mit Kerlen wie Rock Lee oder Naruto machen. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, es ist der Ententanz, den sie gerade veranstalten. Vielleicht soll es auch Schwanensee darstellen… aber – hoffen wir, dass dieses Getorkel nicht Schwanensee darstellen soll (außer, sie mimen den sterbenden Schwan, aber dies setzt voraus, dass sie überhaupt wissen, was Schwanensee ist, und irgendwie gelingt es mir nicht, mir vorzustellen, wie Naruto und Lee sich weinend ein Balett anschauen). Hinatas Kopf ist dauerrot und der Grund, weshalb ich genau weiß, dass der Alkohol keine Schuld daran trägt, ist, dass ich einmal gegen sie gebechert habe. Mann, die im Hyuga-Clan haben’s echt drauf. Wahrscheinlich bereut sie’s mittlerweile doch, mit Uzumaki zusammen zu sein. Wenn man bedenkt, wie Kiba brav in der Ecke hockt und mit Choji und Shino pokert (ist das Glas in seiner Hand Wodka oder Wasser?)… TenTen hat ein sportliches Kleid an, was mich irgendwie irritiert, denn ein Kleid hat nun mal weiblich zu sein, mit schönem Schnitt und Ausschnitt, aber es war klar, dass das Mädchen ohne Nachnamen irgendwie in solchen Sachen noch ein bisschen weiter hinten ist – obwohl sie doch eineinhalb Jahre älter ist als ich. Und Neji, der neben ihr sitzt – na ja, es tut mir leid, aber er scheint… nicht sehr angetan von ihr. Und irgendwie kann ich’s ihm nicht verübeln. Jetzt steht er auf (wetten, dass er sagen wird: ‚Ich hol mir ’nen Drink. Willst du auch was?’ und sie wird ‚Nein’ sagen und er wird den restlichen Abend bei irgendeiner anderen Tusse verbringen) und geht aus dem Zimmer. Schwupp, und weg ist deine Chance auf ’nen netten Abend mit Knutschen und Abstellkammer. Für einen Moment beißt sie sich auf die Unterlippe, dann steht sie auf und läuft zu mir. Sie geht nicht, sie schreitet nicht, sie trippelt nicht – sie läuft. Glaubt ihr, sie würde es mir übel nehmen, wenn ich „Hör auf, so zu trampeln, wir sind auf keinem Wanderausflug und auf keiner Mission.“ sagen würde? Uh. Mal sehen. „Hilf mir, auszusehen wie ein Mädchen, Yamanaka“, erwidert sie nur und ich ziehe eine meiner (perfekt gezupften) Augenbrauen hoch. Respekt, Mädchen. Stil hat sie schon mal. Dann ziehe ich sie mit mir ins Badezimmer, nehme im Vorbeigehen meine Handtasche und verschwinde in dem weitläufigen, gefliesten Raum. „Du hast ein gutes Gesicht zum Schminken, TenTen“, sage ich, während ich Wimperntusche, Kajal und Lippenstift aus meiner Handtasche krame. Symmetrische Lippen, mandelförmige, rehbraune Augen, gerade Nase, schmale Augenbrauen. Während ich sie schminke, frage ich sie: „Warum erst jetzt?“ TenTen will die Schultern zucken, aber ich zische warnend. Sie sagt: „Neji scheint nicht zu kapieren, dass ich eine Frau bin und bei dir riecht man zehn Meilen gegen den Wind, dass du irgendwie… na ja, weiblich bist.“ Ich nicke, überprüfe den Lidstrich und mache mich an die Lippen. „Ich hab nichts gegen Ehrgeiz“, erkläre ich, „aber an den richtigen Stellen. Das ist wie beim Schminken. Deine Augen dürfen nicht zu stark betont werden, weil du sonst aussehen würdest wie Rock Lee. Und du darfst kein Lipgloss benutzen, es passt nicht zu dir passt und ließe dich absolut albern aussehen – wie ein Clown. Und du – na ja, bist ehrgeizig beim Shinobi-sein, aber du vergisst, du bist eine Kunoichi, eine Frau, und du kannst die Reize, die dir die Natur geschenkt hat, auch im Beruf anwenden. In der Spionage ist dieser Grundsatz das erste, was wir lernen.“ TenTen seufzt, während ich ihr dunkelgrünes Kleid ein wenig zurechtrücke, ein schwarzes Band unter ihren Busen anbringe und dann selbstzufrieden lächle. „Fertig“, sage ich, wuschle ihr einmal durch die dunkelbraunen Haare und schiebe sie vor den Ganzkörperspiegel. Sie reißt ihre Augen auf, beginnt dann zu strahlen und fällt mir um den Hals. „Danke, Ino! Ich bin dir was schuldig.“ „Ich brauch neues Mascara.“ Sie erwidert meinen Blick verständnislos. „Wimperntusche.“ „Oh.“ TenTen wird rot. „Ähm. Okay – w-wir sehen uns, ja?“ Sie saust aus dem Bad. Ich muss grinsen, tusche ich mir die Wimpern nach und lächle mich im Spiegel selbst an. Du hübsches Ding, du!, denke ich spöttisch. Die meisten da draußen glauben, ich bin oberflächlich. Ich wette, TenTen ist da nicht anders. Das süße, blonde Püppchen, das genügend Ahnung von Schminke und Mode hat, dass es mir helfen kann. Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass sie das denkt. Aber ich bin Spionage-Ninja. Versteckspiele und Dramaturgie gehören zu meinem Leben – denn ich weiß, dass Auffälligsein die beste Art ist, sich unsichtbar zu machen. Image, heißt es. Einmal Image, immer Image. Menschen sind so einfältig. „Ino!“ Sakura, allein neben Sasuke-kun sitzend, der einfach nach draußen starrt, winkt mir zu, und ich weiß, sie ist erleichtert, dass jemand wie ich die Situation auflockern kommt. Nicht, dass Sasuke und ich irgendwie auf gutem Fuß stehen würden (sie denken alle, ich bin oberflächlich, aber indem sie das denken – wie kommen sie da auf die Idee, sie sind anders?), aber ich bin eben ein kleiner Sonnenschein – so muss das sein. „Wo hast du Shikamaru-kun gelassen, Ino?“ Sakura ist die Höflichkeit in Person. Ich weiß es, muss es wissen. Böse Zungen behaupten, sie macht das, um seriöser rüberzukommen, aber so ist Sakura nun mal. Sie hat eine komische Logik von ‚Je-näher-du-mir-kommst-desto-unhöflicher-werde-ich’ und vielleicht ist das bei mir ja genauso. Sie nennt Leute wie ihren besten Freund Naruto einfach nur ‚Naruto’, weil sie weiß, er weiß, sie liebt ihn wie einen Bruder – wozu also das dumme ‚-kun’, hm, Ino? In ihrem Fall gibt es drei Ausnahmen für ihr Umfeld. Einmal Hinata, weil jeder sie ‚Hinata-chan’ nennt (außer Neji mit seinem dämlichen Hinata-sama – aber… okay, lassen wir das…), dann Sasuke, ich weiß nicht, vielleicht, weil sie ihn immer noch liebt, vielleicht auch, weil Sasuke-kun eh schon so unfreundlich und grantig ist und Sasuke allein diesen Eindruck noch verstärken würde? Ich weiß es nicht. Und als drittes natürlich mich. Wir waren früher sehr, sehr eng befreundet. Sie war mein kleines Anhängsel. Ich habe sie gemocht, sie hat mich bewundert. Sasuke hat uns auseinandergebracht und wieder zusammengeklebt, alles, ohne es zu wissen, und dieses Zusammenkleben – ich weiß nicht, es ist irgendwie gut. Wir sind keine besten Freundinnen mehr, aber wir sind auch nicht mehr so oberflächlich wie früher. Deswegen nennt sie mich Ino, obwohl ich den Grund dafür nicht ganz verstehe. Aber ich nenne sie schließlich auch Sakura. Das passt schon. „Bei Sai-kun“, sage ich zu Sakura. Ich lächle Sasuke an. „Hallo, Sasuke-kun.“ Er hmpft in meine Richtung, dann schaut er wieder nach draußen. Erst jetzt fällt mir auf, dass eines der Fenster offen steht. Es ist wohl doch nach all den Jahren immer noch sein Zuhause, dieses riesige, geisterhafte Anwesen. Ich wüsste nicht, wie man eine dieser riesigen Luken öffnen kann. Und ich kann mir vorstellen, wie nervenaufreibend es für Sakura gewesen sein muss, ihn zu dieser Feier zu überreden, alles allein zu organisieren, Einladungen zu verschicken, und zu lächeln, lächeln, lächeln. (Wer ist hier Schauspieler?) Der verdammte Baka kann froh sein, dass Sakura all die Jahre an ihn geglaubt hat, er kann froh sein, dass sie jetzt bei ihm sitzt und nicht irgendwo mit irgendeinem Typen flirtet. Sakura tut mir leid. Selbst Hinata hatte es nicht so schwer mit Naruto. „Sakura, wie geht’s eigentlich deinem Bruder?“ Sasukes Kopf ruckt hoch, er schaut Sakura unauffällig von der Seite an. Huch. Offensichtlich hat er keine Ahnung. Sasuke-kun ist ja auch der langsamste Typ, den ich jemals kennengelernt habe, Ino! Selbst Naruto ist nicht so ein Baka! „Es geht ihm… gut?“ Sakura hat nicht den leisesten Hauch einer Ahnung, warum ich das frage. Sie schwärmt mir jeden Tag mindestens eine halbe Stunde etwas von Yasuo-chan vor, wie süß es ist, wenn er sich (plus seine große Schwester) vollsabert, wie süß es ist, wenn sie nur dank ihrer Ninjafähigkeiten seinem… Urinstrahl ausweichen kann, wie unglaublich knuffelig es ist, wenn er sein Gesicht verzieht und losheult, weil er gefüttert werden will (es ist ohrenbetäubend, so laut schreit der Knirps). Anfangs musste er im Krankenhaus bleiben, weil es eine Frühgeburt war, es hat Sakura beinahe permanent um den Schlaf gebracht, doch jetzt, ein paar Monate später, sieht die Welt ganz anders aus. Vor allem für Uchiha. „Stillt deine Mutter ihn noch?“ Sakura runzelt die Stirn. „Ja. Er ist doch erst fünf Monate alt.“ Sie hakt noch nach: „Ino, geht’s dir gut?“ Ich werfe lachend den Kopf in den Nacken. „’türlich geht’s mir gut, Süße!“ Dann schaue ich auf die Wanduhr. „Oje. So spät schon? Ich muss – äh… los!“ „Ino, das hier ist eine Silvesterparty… und es ist erst halb zwölf!“ „Nein, ich meine zu Shikamaru! Und so! Also! Uh… wir sehen uns morgen beim Aufräumen, ja?“ Ich wende mich von ihnen ab und tänzle wieder ins Erdgeschoss. „Das Mädchen hat echt ’ne Meise“, höre ich Sasuke noch. Und dann leise Sakuras Stimme. Und Sasukes. Immer wieder. Lasst uns ein bisschen beten, ja? Für meine kleine Sakura und für diesen Volldeppen von Uchiha, der niemals eine bessere als Haruno finden wird. Und hey – das ändert kein bisschen was an meiner Silvester-Meinung! Es wird sich nichts innerhalb eines Tages, innerhalb einer Sekunde ändern! Sakura hat auf diese Nacht ungefähr… nun, sechzehneinhalb Jahre warten müssen und das hat nun wirklich wenig mit Neujahrsumschwung zu tun, huh? Gewonnen. Unten ist das erste, was ich sehe, Neji, der seine Zunge in TenTens Mund rammt. Keine Ahnung, ob er auf sie schon früher stand oder ob ihm wirklich gerade zum ersten Mal auffällt, dass er keine zwei Teamkollegen hat oder ob er einfach Bock drauf hat. Oder einfach besoffen ist. Das nächste ist Naruto, der gerade mit Hinata tanzt. Sie schaut ziemlich glücklich und ich wette, Sakura hat überall ihre berühmt-berüchtigten Kräuterdrinks verteilt. Schmeckt nach Wodka, hat aber ungefähr die gleiche Wirkung wie eine kalte Dusche und das Getobe einer wütenden Hokage-sama. Ernüchtert einen binnen einer Viertelstunde (Mann, bin ich neidisch auf Sakuras Medizintalent. Ich bin froh, wenn ich ’nen Verhütungstrank hinkrieg!). Ich fühle mich zwar schwummerig, aber ich hab nur ein zwei, drei Gläser was-auch-immer getrunken - und ich weiß genau, dass nicht der Alkohol dran Schuld ist – das wird mich wohl nicht umbringen, zumal all die Leute neben mir aussehen, als würden sie gleich umkippen. Shikamaru redet mit gelangweiltem Ausdruck mit einer der Chunins, die aus Sunagakure angereist sind (peace, love and respect), ich bin mir nicht mehr so sicher, wie sie heißt. Irgendwas mit M, glaub ich. Megumi? Mayumi! Oder doch Matsuri? Das Mädchen lacht. Hm. Es gab auch eine Zeit, in der ich in Shikamaru verliebt war, direkt nach der Sasuke-kun-Zeit, aber mittlerweile… es käme mir vor wie Inzest, etwas mit ihm anzufangen, obwohl ich ganz genau weiß, dass er auch mal auf mich stand. Aber es war ihm zu mühselig, ich ihm vielleicht auch ein bisschen zu oberflächlich, und sowieso war damals alles noch ganz anders. Shikamaru ist mein Zwilling. So unterschiedlich wir uns auch sind, es kann nichts anderes sein, und da ich weder eine kleine Schwester (mit all den Nesthäkchengeschichten), noch eine große Schwester (mit der beschissenen Verantwortung) sein will – sind wir halt Zwillinge. Zweieiig. Und Choji ist unser Blutsbruder, unser Cousin. Gleiches Alter, enger, als all die Familienverbände auf der großen, weiten Welt. Sieht man ja bei den großen Clans, was aus Familie wird (Neji voller Hass auf seine Familie, Sasuke ohne Familie…). Ich glaube allerdings nicht, dass er irgendwie auf dieses Suna-Mädchen steht. Und das ist sie. Noch ein kleines Kind. Sieht nicht intelligent genug aus. Hey – ich als Schwester habe das Privileg, mich wie eine eingebildete Glucke zu benehmen. Choji kommt angerollt. Ich mein, na ja, also wirklich. Irgendwie hat er’s im besoffenen Zustand geschafft, sein Baika no Jutsu anzuwenden. Ich muss einfach lachen. Shikamaru lächelt das süße Mädchen noch mal müde an, dann schlendert er zu Choji, um ihm zu helfen. Das nennt man Blutsbrüderschaft. „Zwölf!“, fängt plötzlich irgendjemand an, als die große Uhr anfängt, das erste laute Dong von sich zu geben. Ich springe auf. „Elf!“ Ich haste in den Flur, der jetzt absolut unbegehbar ist, weil alle nach draußen wollen, um sich die Böller um die Ohren fliegen zu lassen, und hole meine Tasche. „Zehn!“ „Neun!“ „Acht!“ Endlich hab ich die Umschläge! Ich benutze meine Ellenbogen, um mich durch die Menge zu rammen. „Sieben!“ „Sechs!“ „Fünf!“ „Vier!“ „Drei!“ „Zwei!“ „Eins!“ Ich fühle beinahe die angespannte Stille, selbst drei Stockwerke höher, im alten Schlafzimmer Uchiha Itachis. Alle Fenster stehen offen. „GUTEN RUTSCH!!!“, höre ich da Naruto unten grölen, bevor die ersten, unglaublichen Feuerwerkskörper in den dunklen, klaren Himmel stieben. Alle staunen darüber und unter dem Geknalle und Gezische erinnere ich mich daran, wie Sakura mir erzählte, dass Sasuke sich mit Pyrotechnik auskennt. Klar, mit all den Katon-Jutsus… Ich ziehe mit zitternden Händen den ersten Zettel aus dem Kuvert. Es ist Shikamarus Schrift. Irgendwie klein, platzsparend, aber länglich. Selbst seine Schrift drückt ihn aus. 1. Mehr schlafen. 2. Weniger Zeit mit Schlafen verbringen. 3. Den Tag (~ 50 h) länger machen. 4. Shogi mit Schwester von Gaara-sama spielen. 5. Kaa-san gegen Genervtheit desensibilisieren. 6. Rauchen aufgeben. 7. Asuma öfter besuchen. 8. Alle verdammten Idioten aus der Welt schaffen. 9. Choji danken. 10. Ino um Verzeihung bitten. Alles, was ich tun kann, ist unter Tränen zu lachen. Asuma-sensei wäre stolz auf dich, Shikamaru. Ich bin mir ganz sicher. Chojis Schrift ist rundlich, aber schön. Sehr schön sogar. 1. Weniger essen. 2. Oder doch nicht. Gesünder essen. 3. Ein Restaurant eröffnen. 4. Alle Wolken dieser Welt malen. 5. ‚Wie mühsam’ abschaffen. 6. Zum Friseur gehen. 7. Naruto in den Hintern treten, weil Hinata so ein süßes Mädchen ist. 8. Akamaru auf den Schwanz treten. 9. Ino um ein Date bitten. 10. Shikamaru im Shogi schlagen. Ich höre Schritte hinter mir, schwere und schleppende, leichte und abrollende, und ich weiß, es sind die besten Freunde, die ich haben könnte. Ich springe den beiden in die Arme und lache und weine und versuche zu reden, alles gleichzeitig. Shikamaru ist ausnahmsweise mal nicht genervt und Chojis Mund ist absolut ohne Essen. Ich gebe Shikamaru wortlos Chojis Zettel und Choji Shikamarus, nachdem ich mich wieder halbwegs eingekriegt habe. Dann krame ich meine eigene Liste hervor: 1. Sakura und Uchiha verkuppeln. 2. Aus TenTen ein Mädchen machen. 3. Für einen Tag mit Shikamaru und Choji fasten und nichts sagen. Gar nichts. 4. Endlich einen Kerl finden, mich verkuppeln lassen. 5. Shikamaru und Choji sagen, dass ich sie liebe. 6. An einem Tag so viele Chips essen wie Choji. 7. Sein, wie ich bin. Kein Image, keine Oberfläche. 8. Perfekt Ikebana beherrschen. 9. Sakuras Rezept gegen Kater klauen (ggf. mit S.s und C.s Hilfe). 10. Shikamaru im Shogi schlagen. „Gaaras Schwester heißt Temari, Baka“, sage ich. Und: „Natürlich gehen wir aus, Choji.“ Ich grinse. „Wenn du mich gefragt hast.“ „Ts. Dann heißt sie halt Temari. Und welchen Typen hast du im Visier?“ Choji lacht: „Ich würd sagen, Sai oder einen der Jonins. Aber erst, nachdem ich das Date hatte, klar?“ Shikamaru legt mir einen Arm um die Schulter. „Weißt du was, Yamanaka?“, murmelt er, während er auf das Feuerwerk schaut, „Irgendwie hab ich das Gefühl, dass die Silvestersache bei uns doch irgendwie eingeschlagen hat.“ „Vielleicht, weil Jubiläum ist“, rät Choji. „Zehn Jahre sind ziemlich lang, findet ihr nicht?“ Ich schüttle den Kopf. „Wir können von Silvestergefühlen reden, wenn es fünfzig Jahre sind, Jungs!“ Und wisst ihr was? Ich glaube nicht, dass es einen Neuanfang gibt. Oder, dass alles besser wird. Ich wünsche mir auch nichts. Ich glaube, es geht weiter. Und das ist mehr, als ich erwarten kann. __________________________ Wer mich kennt, weiß, dass ich Weihnachten irgendwie... naja, verabscheue. Keine Ahnung, wieso. Oder doch, hab ich, aber so wichtig ist das ja auch nicht. Ich mag Silvester viel, viel, viel lieber. Und weil ich's mag, muss ich mich damit auseinandersetzen. Mein erster, größerer Shot zu Team 10. Ich hoffe, ich hab sie gut getroffen^^ bells Ach ja: Kommentare und Kritik und Lob und all das Zeug sind natürlich immer gern gesehen :P Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)