Why can't I? von Seikara ([ReitaxUruha]) ================================================================================ Kapitel 6: Wenn die Anderen - Silbermond ---------------------------------------- 6. Kapitel Silbermond – Wenn die Anderen Danke erst mal an die Kommi schreiber. Wenn das nächste Mal wieder ein englischer Text ist, würde ich es machen wie Miyabilicious. Einfach anhören, vielleicht bei Youtube. Die Grundstimmung is wichtig für die Kapitel.^^ Oder vielleicht mal übersetzten. Auch wenn das nicht ganz so nötig ist. Ich zum beispiel gebe ehrlich zu meist The Fray dabei zu hören XDD. Gewitmed ist dieses Kapitel meinen Dresden Leute(Die haben mir das Wort Kirsche näher gebracht.XD)und nawa, weil man mit ihr so schön diskutiren kann.^^ Heute gehn wir aus uns raus Wir wissen noch nicht wohin Es sind alle mit dabei und wir mitendrin Wir wissen ganz genau Es wird ne lange Nacht Jetzt sind wir unter uns Und jetzt wird aufgewacht Wenn die anderen am Ende sind fangen wir erst an Wenn die anderen nicht mehr können fang' wir grade erst an unsre Augen bleiben wach wir haben den schlaf vertrieben Es gibt kein halten mehr wir sind nicht mehr zu kriegen Keine Ahnung wo das endet Denn heute gehn wir nicht mehr nach Hause Bis die Sonne wieder aufgeht machen wir keine Pause Wenn die anderen am Ende sind fangen wir erst an Wenn die anderen nicht mehr können fang' wir grade erst an Seid ihr schon am Ende oder fangen wir gerade erst an?... Es war mir schwer gefallen einfach den Kopf abzuschalten, als Kouyou meinte, heute würden seine Mütter zu Hause sein und mit uns zu Mittag essen wollen, wenn wir Zeit hätten. Irgendwie wirkte das Alles wie ein Schwiegerelterntreffen. Schon komisch. Ich war auch genauso aufgeregt. Zumindest glaubte ich, dass man sich fühlen müsste wenn jemand so einer Herausforderung bevor steht. „Jetzt mach dich locker. Das sind nur meine Mütter und nicht deine Stiefmütter oder Todesurteile.“, lachte mich Uruha aus, als wir die Omotesando[1] entlang liefen, um zu dem Restaurant zu kommen, in welchen Uruhas Eltern auf uns warteten. „Was soll ich machen? Sie sind extrem hübsch. Da flattern bei Männern nun mal die Nerven.“ Bei diesem Satz von mir schaute mich der Brünette von der Seite an, als er aus seiner Flasche Pfirsich-Tee trank, den er gerade aus einem Automaten gezogen hatte. Heute war es ungewöhnlich kalt für August und Kouyou trug seinen schwarzen Stoff-Trenchcoat, dessen Kragen er hochgestellt hatte. Ich mit meiner Lederjacke fand mich neben ihn ganz und gar nicht chic oder gar passend für den Anlass angezogen. „Ach, das geht in deinem pubertierendem Gehirn vor.“, piesackte mich der Größere und ich konnte beobachten, wie sich seine Mundwinkel leicht nach oben zogen während er noch an der Flasche mit den Lippen hing. „Ich bin 18, du Idiot.“, konterte ich ebenfalls grinsend und amüsierte mich über seine Art die Flasche zuzudrehen und die Finger nass zu machen. „Männer bleiben ewig in der Pubertät, falls dir das entgangen ist.“ „Ach, dann willkommen in der Pubertät Takashima-san.“ Ich hatte bei Niemandem bis jetzt beobachten dürfen, dass man seine nasse und kalte Flasche in ein Kopfschutzhandtuch[2] wickelte, anstatt in eine Tüte, wie jeder andere Japaner. „Ich hab mich noch nie dabei erwischt einer dreifachen Mutter hinterher zu sabbern.“ Er hatte mich in der Tasche und eiskalt erwischt. Es war wirklich entmutigend mit ihm zu diskutieren. Man verlor eh immer gegen seine schlagfertigen Argumente. Wir bogen ein in ein kleines Restaurant, was mir gar nicht aufgefallen wäre, wenn Kouyou mich nicht leicht zur Seite gedrängelt hätte. Es war modern eingerichtet und im hinteren Bereich hörte man einen kleinen Wasserfall in einen Teich plätschern. In Gedanken ging ich noch mal die Münzen und Scheine in meiner Jackentasche durch, um mir klar zu werden, dass dies hier meine Preisklasse sicherlich sprengte. Zielsicher lief der große Brünette auf einen Tisch zu, an denen sich zwei Frauen mittleren Alters leise unterhielten und ihre Hände ineinander verschlungen hatten. Von hinten flüsterte ich leise zu: „Ich glaub ich hab dafür nicht das passende Geld.“ Doch er ließ mich nicht fliehen, sondern räusperte sich kurz, um die Aufmerksamkeit der beiden Frauen auf sich zu lenken. „Schatz, da bist du ja endlich.“, erfreute sich die Frau mit sanfter Mähne und stand auf, um ihren Sohn in die Arme zu nehmen. Die andere, größere Frau stand einfach nur wortlos auf und reichte mir die Hand. „Du musst Akira sein.“ Ihre Stimme war anders als die anderen Frauen, nicht so hoch. Auch die andere schien mich nun zu bemerken. Auch sie lächelte und gab mir die Hand. Ihr Lächeln war so sanft und geschwungen, dass ich automatisch an Uruha dachte. „Uruha hat uns von dir erzählt. Und ich freue mich riesig endlich mal einen Freund kennen zu lernen.“ Überschwänglich schüttelte sie meine Hand durch und bemerkte nicht, wie ihr Sohn hinter ihr lächelte wie der Sonnenschein über ihr Verhalten. „Setzt dich doch, ihr müsst von der Schule ganz hungrig sein.“ Während Uruhas Mutter ihm seinen Trenchcoat abnahm und anhing, setzte ich mich auf einen der freien Stühle. Komisch den Blicken der beiden Frauen ausgeliefert zu sein und nicht genau zu wissen, was sie über mich dachten. Denn ich war so anders als ihr Sohn und seine Freunde. Sie waren schön und wirkten gebildet, sehr erhaben. Und ich… na ja, ich war halt Reita. Und sie waren wohl die hübschesten Frauen, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. Auf den Fotos wirkten sie schon erschreckend schön, aber nun wollte ich gar nicht glauben, dass ich vor ihnen saß. Das glänzende lockige Haar seiner Mom wirkte, wie aus einer Shampoo-Werbung und die Mutter mit ihren katzenhaften Augen schien eher aus einem Film zu stammen. „W-Wenn ich fragen darf, wo sie arbeiten?“ Vielleicht wirkte diese schnelle Frage sehr unüberlegt und auch unverschämt, aber es ließ mich nicht los. „Ähm…“ Ja es schien sehr peinlich zu sein, wenn Jemand mit der Tür ins Haus fiel. „Wieso ist das wichtig?“, fragte mich Kouyous Mutter und schaute ein wenig skeptisch. Wer konnte es ihnen verübeln? „Na ja, ich möchte ausschließen sie schon mal im Fernsehen gesehen zu haben.“ Mit hochrotem Kopf senkte ich meinen Blick auf die Karte, die vor mir auf dem Tisch lag. Es war für mich nicht üblich so etwas zu sagen und die Blöße zu geben. „Das ist ja wirklich das Niedlichste, was mir Irgendjemand gesagt hat.“ Die Langhaarige war hin und weg und mir krampfte es im Magen. Niedlich? Das war ja ein wirklich guter Anfang. Ich hatte wohl schon jetzt einen Stein im Brett. „Also ich bin Sekretärin in einer Immobilienfiliale und meine Frau arbeitet in einem Lokal.“, fuchtelte die kleine Lockige umher. Perfekt ausgespart in was für einem Lokal sie arbeitete, wenn ich so bedachte, dass Kouyou mal erwähnt hatte, dass seine Mutter in einer Lesben-Bar gearbeitet hatte. So wie ich die Situation einschätzte, arbeitete sie immer noch da. Diese eine Stunde war eine der wohl informativsten und auch komischsten Stunden, die ich je mit einem Pärchen verbracht hatte. Besonders, da ich noch nie mit einem Homopärchen zu tun hatte und ihre normale Art nicht von der zweier Freundinnen unterscheiden konnte. Vielleicht gab es so viele Homopärchen und man sah sie bloß nicht, weil sie sich, beispielsweise, wie ich und Ruki verhielten… oder Uruha und ich? Irgendwie war mir nach dem Gespräch mit meinen Müttern und Reita ziemlich komisch. Es war eigenartig, so als würde meine Mom mir bei jeder Geste zuschauen, die ich tat und Reita wirkte eher eingeschüchtert. War vielleicht alles doch keine so gute Idee gewesen. Der Schwarzblondhaarige war lieber noch mal nach Hause verschwunden bevor wir uns trafen und ich war mit meinen Müttern von dannen spaziert. Doch irgendwas schien zu drücken, sich von hinten anzuschleichen. Als wir zu Hause angekommen waren, kam ich nicht ohne hin das Telefon zu nehmen und den Schwarzblonden sofort zu kontaktieren. Sicherlich war er schon zu Hause. Er hatte mir gesagt, dass er es vom Cafe aus nicht allzu weit hatte nach Hause zu kommen. Wir hatten durch das Nachhausespazieren genau eine dreiviertel Stunde verplempert. Nach genau 3 Mal Tuten ging die bekannte Stimme ans Telefon. „Ja?“ Ohne es zu merken grinste ich über seine Unwissenheit und flötete noch, während ich im Flur stand fröhlich in die Muschel: „Hier ist ihr Nachhilfelehrer. Wo haben Sie gesteckt. Ich wollte noch mit Ihnen für den Mathetest lernen.“ Meine Eltern schauten mich mit einem Mischmasch aus Überraschung und Besorgnis an. Besonders meine Mom hob die linke Augenbraue an. Das war wohl so eine blöde Macke von ihr, die sie einfach nicht lenken konnte. „Boah, bitte erinnern mich nich heut dran. Heut is Fete.“ maulte er ungehalten, dass es meine Mütter noch verstanden. „Kouyou? Kann ich mal ganz kurz mit dir reden?“, fragte mich meine Mom vorsichtig. Das war wirklich ein ungünstiger Moment, den sie sich ausgesucht hatte. „Mom, ich telefonier grad mit Akira.“, versuchte ich sie abzuwimmeln, was mir schon fast leid tat. „Um den geht’s.“ Mit diesen Satz hatte sie mich aus meinem Lächeln gerissen und mich zu einer fragenden Miene gezwungen. Es war komisch über Jemanden zu reden, der gerade an der Leitung hing. Meine Mutter hingegen verkrümelte sich wohl wissend und ich fand es sehr ungerecht, dass sie wieder mehr als ich wusste. Grummelnd schaute ich ihr hinterher. „Warte mal kurz, Rei.“, murmelte ich in den Hörer und hörte trotz Entfernung das Gezeter, weil ich ihn sonst so nie nenne. Vorsichtig legte ich den Hörer auf die Kommode im Flur. „Was ist denn los?“ Das Gefühl ließ mich nicht los, dass sie irgendwas bedrückte. Und dass sie das ausgerechnet jetzt loswerden wollte kam mir absolut gar nicht entgegen. „Es geht um…“ Sie zeigte mit ihren Blick auf den Hörer, den ich abgelegt hatte, da ich es sehr unhöflich fand mit Jemandem ein Gespräch zu führen und gleichzeitig das Telefon umklammert zu halten, so als wolle man unbedingt von dem Gespräch fliehen. Ich folgte ihren Blick eher unmissverständlich. „Akira? Was ist denn mit ihm?“ Wenn sie was gegen ihn gehabt hätte, hätte sie es mir doch bestimmt sofort gezeigt, oder? Sie hatte sich doch gut mit ihm verstanden. Oder hatte ich etwas übersehen? „Ich weiß nicht so recht. Willst du mir nichts Genaueres über eure… Beziehung…. zueinander erzählen?“ Wieder nur ein unverständlicher Blick und ich fragte mich, was für Aliens meine Mom gesehen hatte. Was genau wollte sie jetzt von mir hören? Ich versuchte es auf die scherzende Art. „Mom, ich hab ihn dir gerade mal vorgestellt und du fragst mich gleich so verzweifelt, als wollest du von mir hören, dass wir verlobt sind.“ Natürlich war ich nicht dumm. Meine Mom fragte nicht umsonst und ich merkte ihre Zweifel. Doch ich verstand nicht, wie sie denken könnte, dass ich ihr gerade meinen ‚Freund’ vorgestellt hatte. „Kouyou!“, tadelte sie mich leicht und schnalzte mit der Zunge. „Du hast mir noch nie einen einzigen Freund von dir vorgestellt. Was meinst du, wie das wirkt?“ Da war sie. Die Frage nach Freunden, die ich auch besaß, aber mich nicht traute sie ihnen vorzustellen wegen der Angst vor dem Spot. Ich konnte so erwachsen auf Akira wirken, wie ich wollte, genau diese Angst ließ mich so demütig wie ein Kind wirken. Meine Eltern hielten mich erwachsen genug, dass ich zu ihnen stand. Und das tat ich… bis zu einem gewissen Grad. „Die waren ja auch blind und zu blöd die Augen aufzumachen.“ Shou und Kai waren auch schon in dieser Wohnung gewesen und keiner von beiden hatte gemerkt, dass hier zwei Frauen hausten mit ihrem Sohn. Meine Mom verstand meine Aussage auch ohne große Erklärung. Ich war halt ihr Sohn. Die Erklärung, dass ich es sie lieber selbst herausfinden lassen wollte was bei mir vorging und es mir in gewisser Weise die Hände band, dass ich den Leuten nicht all zu nah kam. Sie lächelte nur ihr berühmtes Mutter-Lächeln, das so wissend war, dass ich mich so klein fühlte. Sie durchschaute mich in Allem. „Na dann will ich euch nicht stören. Deine Mutter und ich gehen noch zu einem Freund. Ich hoffe du machst mir auch heute keinen Grund zur Sorge.“ Ich konnte nichts Anderes machen außer Nicken und das Telefon wieder zu nehmen. „Ich werd schon kein Mädchen schwängern.“, grinste ich schief. „Na, ich bin mir sicher, dass du Leona das nicht antun willst.“ An sie hatte ich, um ehrlich zu sein, am wenigsten gedacht in der letzten Zeit. Sie würde es mir schon verzeihen. Sie war kein besonders anklagender Mensch. Ein letztes Lächeln und ich legte den Hörer wieder an mein Ohr, als ich in mein Zimmer flüchtete, um nicht mitzubekommen, wie meine beiden Müttern die Wohnung verließen. „Bin wieder dran.“, meinte ich nur knapp und hörte schon das ungeduldige Murren von der anderen Seite. „Hab schon gedacht du bist duschen oder so gegangen und hast mich vergessen.“, brummte er so, dass ich schon das Gefühl hatte gleich würde durch die tiefe Frequenz die Leitung flackern. „Nein, meine Mutter hat nur kurz mit mir über dich geredet.“ Gerade war ich dabei meinen Kleiderschrank zu durchforsten, als ich inne hielt und die Idee ihm davon zu erzählen, gar nicht mehr so gut fand. „Wieso?“ Wieso hatte ich nicht voraus gedacht? Wenn ich ihm jetzt davon erzähle, was meine Mom über uns denkt, würde er sicherlich zurück stecken. Mein Kopf ratterte wie ein eingerostetes Zahlenschloss. „Wegen dem großen Sahnetorten- und Colaverbrauch. Unserer Hochzeit steht nichts mehr im Wege. Sie hat eingewilligt.“ Geschickt ein wenig die Wahrheit anders verpackt. Auf scherzende Art konnte man irgendwie das Peinlichste oder Unangenehmste gut kaschieren. „Sicher, wenn du nur noch deinen Kleidungsgeschmack änderst.“ Er hatte nichts bemerkt, wirklich vorteilhaft. „Du spinnst doch. Was ist an mir auszusetzen?“ Unsicher blickte ich in die Tiefen meines Kleiderschranks, die wirklich tief waren. Bis jetzt war ich mit jedem Stück Stoff zufrieden. „Nicht viel. Nur diesen hässlichen Pullunder und Pullover mit Karos. Bitte tu mir einen gefallen und zieh keine Karos heute an. Nur Karo-Hosen. Die sind cool.“ Na da hatten wir ja das erste Mal eine Unstimmigkeit wegen des Aussehens. So dachte ich eigentlich, dass er an mir alles akzeptierte. Mit einer Hand in die Hüfte gestemmt starrte ich den Kleiderschrank an und flüchtete ins Bad. „Ich zieh doch keine Karohosen an. Sieht doch hässlich aus.“ „Was? Die sind geil.“ Ich hingegen seufzte nur einmal und meinte keck: „Du wirst schon noch erwachsen.“ „EEEEEYYY!!!!“ Ich fing lieber mit etwas an, wo ich anscheinend zufriedenstellend aussah. Mit Haaren und Gesicht. Zumindest war ich vor einer Sekunde in dem Glauben. Nun vor dem Spiegel plagten mich Zweifel. Die Leute, mit denen Reita sonst so zu tun hatte waren meist auffällig geschminkt. Manche sogar sehr feminin. „Über Geschmack lässt sich streiten. Aber bitte keine Karos.“, flehte er weiter ins Telefon und es machte mir böse Gedanken. Wenn ich so bedachte, was so in meinem Schrank hing. Was ausgehtauglich war. Definitiv unten durchgefallen. Kurz schaute ich mich im Bad um, ob mir etwas helfen würde alle meine Defizite auszubügeln. In meinem Blick war nur die Waage, die mir nur noch mehr Magenschmerzen verursachte. Wie lange war ich schon nicht mehr drauf gewesen? Aus Angst sie konnte mir etwas zeigen, was mir absolut nicht gefiel. Irgendwann musste ich es eh ausprobieren, also wieso nicht jetzt? „Was soll ich denn anziehen, wenn du es so gut weißt?“ Mit vorsichtigem Fuß stupste ich kurz die Fläche an, auf die ich mich stellen sollte. Ich kannte die Prozedur und stellte mich lieber schnell rauf und starrte geradeaus aus dem Fenster, um die Digitalanzeige nicht sehen zu müssen. „Ich hab dir doch letztens eine Jacke dagelassen, weil es so warm war.“, hörte ich Reitas Stimme aus dem Telefon. „Du meinst die Sweat-Jacke mit dem Toten-Schädel hinten und den gekreuzten Pistolen vorne?“ Es war alles viel einfacher, wenn ich mit ihm sprach. „Nimm einfach die und ne Jeans. Nen gutes T-Shirt wirst du ja schon haben. Hast ja nen großen Schrank.“ Seine Stimme hörte sich sehr zufrieden an. Ich kämpfte hingegen gerade mit mir selbst, um auf die Digitalanzeige zu schauen. Nur kurz schaute ich an mir hinab auf die Zahl, die dort stand, um sofort wieder aufzuschauen und mit einem Zwinkern die Flüssigkeit zu verdrängen. 2 Kilogramm weniger…. Ich war stark. Sehr stark. Das sagten mir meine Eltern jeden Tag wieder aufs Neue. Ich musste ihnen glauben. „Man Kou, du siehst auch so gut aus. Ich heirate dich auch mit Karo-Anzug wenn’s sein muss.“ Noch wusste ich nicht, ob ich mich freuen sollte oder im Erboden versinken, als Reita gemeint hatte, dass wir mit seinen Freunden zu einer Party gingen. Ich hasste Partys mit unausstehlich besoffenen Leuten und geschmackloser Musik. Rei konnte das seine Laune ja nicht trüben lassen und grinste weiter wie ein Honigkuchenpferd. Ich fühlte mich total unpassend gekleidet, als ich die Leute schon von Weitem auf der besprühten Wand sitzen sah, wie sie lachten und scherzten. Einer auffälliger als der Andere. Mir hatte ein wenig Make-Up für Unebenheiten und schwarzer Kajal, um die Augen ein wenig zu umranden, gereicht. Ich hatte mich nie wirklich mit Schminke versöhnen können, nachdem mich mal meine Schwester verunstaltet hatte. Und nun sah ich so kunstvoll bearbeitete Gemälde vor mir, die mich ein wenig fragend musterten. Unter ihnen konnte ich den kleinen Blonden erkennen, mit dem Reita immer im Unterricht zusammen saß. Er unterhielt sich mit einen großen Schwarzhaarigen, der irgendwie nicht ganz so asiatische Züge hatte. Hinter ihren hin- und herschwankenden Beinen, die weit entfernt vom Boden waren, prangerte in großer und verschnörkelter Schrift ‚Streetstyle’. Der Schriftzug war anschaulich geschmückt und ließ mich immer wieder aufschauen, wenn ich dran vorbei lief. Die Gestalten, die immer auf ihr saßen, taten ihr Übriges. „Die beißen nicht.“, murmelte der Schwarzblondhaarige noch ein mal an mich, während er den Schwarzhaarigen, mit dem sich Ruki unterhielt, am Bein zog. Ich hätte niemals an den zerfledderten Chucks gezogen, aus Angst er könnte mir den Schuh ins Gesicht hauen. Der überhebliche Blick, den er auf uns hinab sinken ließ, reichte mir zu genüge. „Schau nicht so bescheuert, Tora. Sieht aus als hätte ich Scheiße im Gesicht.“, nörgelte Reita ungewohnt barsch. Ich schaute sehr begeistert zu einem Jungen, den ich schon einmal auf unserer Schule gesehen hatte. Dessen blondes Haar war formvollendet verwuschelt, das Piercing blitze an den vollen Lippen und seine Beine hatte er mit Stoff großzügig ausgespart. Solche Jungs sah man oft in Harajuku sitzen. Ich hatte sie oft gesehen, wenn ich mit der Familie oder Freunden zum Yoyogi-Park geschlendert war. „Ich dachte zuerst es wäre Scheiße, aber es ist nur dein dämlicher Nasentanga.“, lachte die brummige Stimme dieses Toras. Ich selbst hielt mich ganz distanziert zu den Blicken des Schwarzhaarigen und seinen freizügigen gekleideten Kumpel neben sich. Reita fühlte sich anscheinend wie zu Hause und ließ den schlanken Mittelfinger prangern. „Den kennst du doch sicherlich.“, grinste er schelmisch und ließ sich nicht beeindrucken von den Blicken. Der kleine Blonde lachte ungehalten und ließ den Kopf in den Nacken sinken. Diese Umgangsformen unter Freunden war mir unverständlich, doch niemanden hier schien es zu stören. Sie alle grinsten vor sich her. Da hatte ich mir nette Gesellschaft gesucht für heute Abend. Tora sprang währenddessen von der Mauer hinunter und landete neben mir wie eine Katze und stürzte sich auf meine Begleitung. „Pass mal auf, dass ich dir DEN nicht in den Arsch stecke du Rotzgöre.“, meckerte er lachend und beide fingen an sich zu kabeln, wie man es nur von kleinen Jungs kannte. „Das will ich sehen, du Bastard.“ Wieder ein allgemeines Auflachen. Ich fühlte mich zwischen all dem nicht wirklich sicher. War es gut, dass mich keiner beachtete oder sollte ich mir Sorgen machen? Fürs Erste entschied ich mich damit zufrieden zu sein, bis man mir auf die Schulter tippte und ich mich erschreckt umdrehte. Die Person, die meine Aufmerksamkeit für sich gewinnen wollte, war ein wenig kleiner als ich und hatte relativ zarte Züge. Das blauschwarzkarierte Flanellhemd sah an seinem schmalen Körper sehr groß aus und die Krawatte hatte etwas peppiges an den sonst irgendwie schüchtern wirkenden Jungen. „Hallo Kouyou, ich hätte nicht gedacht dich hier zu sehen.“, freute sich aufrichtig das ungewöhnlich zarte Stimmchen. Mein Blick hingegen war eher fragend. „Ich will ja nicht unhöflich sein… aber kennen wir uns?“ So wirklich konnte ich den Jungen nicht zuordnen in meinen Gedächtnis. Hübsch war er ja, aber nicht, dass ich mich an so eine Persönlichkeit erinnern könnte. Der kleine Brünette räusperte sich nur leicht und versuchte damit seine rosig werdenden Wangen zu kaschieren. „Ich bin Takumi. Ich sitze in Geschichte rechts neben dir. Du fragst mich immer nach Patronen.“ Patronen? Geschichtsunterricht? In Geschichte saß ich neben diesen süßen Mädchen, das immer eine pinke Rilakuma-Federtasche hatte. Wie konnte das zusammenpassen? Mein Gesicht zeigte meine Verunsicherung umso deutlicher. „Ähm… Rilakuma-Federtasche? Gestern hatte ich die blau-weiß karierte Pumphose und die weiße Rüschenbluse an.“ Meine Gedanken wurden immer konfuser und ich war peinlich berührt, als mir langsam in den Geist sickerte, was das alles bedeutete. „Ich hatte zwei Zöpfe.“ Er brauchte nicht weiter zu erklären, was nur allzu offensichtlich war, nur für mich anscheinend nicht. „Ich dachte immer du bist ein Mädchen.“, entfleuchte es mir erschreckt. Das waren ja wirklich komische Leute, die sich als Mädchen verkleideten. Zugeben musste ich schon, dass die Täuschung verblüffend war. „Es tut mir aufrichtig leid.“, meinte ich, während ich mir die Hand vor dem Mund hielt. Es war eine dumme Angewohnheit, die ich mir von meiner Mutter abgeschaut hatte. „Is ja kein Ding. Is ja genau das, was ich damit bezwecken will.“ Sein Lächeln bei dieser Aussage war mir unerklärlich. Meine Wenigkeit wäre total entrüstet, wenn man mich mit einem Mädchen verwechseln würde. „Sag mir mal, was du da für ein wohlerzogenes Ding angeschleppt hast.“, hörte ich es hinter mir außer Atmen schnorren. Als ich mich umdrehte, strahlte mir das fertige Grinsen dieses Toras entgegen, der kumpelhaft den Schwarzblondhaarigen einen Arm um die Schulter gelegt hatte. Dieser war nicht minder außer Atem. „Das is Uruha. Wollte ihn ma zeigen, wie nett ihr seid.“ Also, als nett empfand ich ihren Umgangston nicht. Und auch seiner ließ zu wünschen übrig, seit er hier war. Aber ich hatte ja erfolgreich gelernt, dass Gruppendynamik entscheidend war für jedes einzelne Gruppenmitglied. In jeder anderen Gruppe nahm man eine andere Rolle ein. „Der redet ja wie meine Mutter.“, kicherte der Junge mit den nackten Schenkeln und konnte mir gerade den Gedanken verkneifen, dem Anderen den REST seiner Hose runterzureißen. „Wenigstens mal jemand, den man auch versteht unter euch Hohlköpfen.“, verteidigte mich Reita ritterlich und ließ den Großen neben sich strahlen. „Du hast recht. Vielleicht färbt seine Intelligenz auf die Anderen ab.“ Kurz schaute mich der Schwarzhaarige fest an und ich hielt den Blick stand. Es schien mir wichtig zu sein. Und mir war auch klar, dass dieser Junge wusste, zu welcher Gruppe ich wirklich gehörte. „Er ist heute unser Gast, Leute. Ich hoffe ihr seid freundlich. Vielleicht will er uns ja öfter besuchen und da möchten wir ihn doch nicht heute schon unangenehm erschrecken.“ Schnell analysierte ich die Runde um mich herum. Wenn es so was wie eine Rangfolge in dieser Gruppe gab, dann war dieser Tora eindeutig der Anführer. Oder spielte er sich nur heute so auf? „Denkst du nicht, dass die Anderen ihn rumschupsen werden?“, fragte der Junge mit den verstümmelten Hosen. „Das ist doch ne ganz andere Welt als die, die er kennt.“ Mir wurde klar, dass sie alle wussten wer ich war. Warum sah man mir das verflucht noch mal an? Und seit wann waren diese Gruppenverhältnisse so prägnant? „Da wird ihn keiner rumschubsen, Saga. Wir sind ja noch da.“, kam es von Ruki, der auch vom Mauervorsprung runtersprang und neben den Anderen landete. Reita schien das als Aufforderung gesehen zu haben, den Kleineren genauso mit seiner Raufboldart zu umarmen und durchs Haar zu wuscheln. „Genau. Is halt so was wie unser kleines Küken.“ Also dieser Vergleich mit einem Küken von Reita wollte mir so gar nicht gefallen. Aber mir fiel auf, dass die Art der Leute wirklich besser war, als die meiner Leute gegenüber den Schwarzblonden. „Wie kommen wir eigentlich zu dieser Ehre?“ Ich kannte diesen langhaarigen Typen. Er ging auch in meine Klasse und hieß Aoi. Mensch, was man so für Gesichter traf. „Ich war mal bei seiner Gruppe und nun will ich die Gastfreundlichkeit meiner Gruppe beweisen.“, grinste mein Projektpartner vor sich hin und beförderte mich ungeahnt auf Glatteis. Wie würden sie reagieren, wenn sie wüssten, dass meine Leute gar nicht so gut auf ihn zu sprechen waren? Dieser Saga war mit wachen Augen von der Mauer geklettert und stand nun mit ernster Miene nah bei Reita. „Haben sie dich denn gut behandelt?“, wollte er mit sanfter Stimme wissen. Irgendwie war dieser Junge komisch, ich konnte es mir nicht erklären. War er Schwul oder war es wirklich Mitgefühl? „Na ja, es hielt sich in Grenzen. Deshalb will ich, dass ihr es besser macht.“ Für eine kurze Zeit war es ruhig und ich hatte mich noch nie unwohler Gefühlt in meiner Haut. Er hatte mich auflaufen lassen in gewisser Art und Weise. Wenn meine Freunde gewusst hätten, dass es sich um einen Wettstreit handelte, wären sie sicher auch höflicher gewesen. „Na dann lasst uns mal los. Die warten sicher nicht auf uns.“ Der Eindruck war erschlagend von der gesamten Veranstaltung. Vor einer großen Mauer hatten sich ein Dutzend Leute versammelt. Sie hatten Fackeln aufgestellt und laute Musik angemacht, die mal Hip Hop und mal Rock aus den Boxen dröhnen ließ. Hier ging es aber nicht um Musik, sondern um die Kunst mit Sprühdosen Kunstwerke zu schaffen. So in etwa hatte es mir Reita versucht zu erklären. In einem Atemzug hatte er mir erklärt, das hier die komischsten Leute rumliefen und ich mich lieber an die Anderen halten sollte. Nachdem mich Saga aber so liebevoll beäugt hatte, war das eher uneinladend für mich gewesen. Es war bereits fast 00.00 Uhr Morgens und doch schienen hier erst richtig die Leute wach zu werden. Reita begrüßte immer wieder verschiedene Leute und balgte immer wieder mit seinen Leuten, wenn er sie kurz sah. Ich hingegen hielt mich zurück und fühlte mich nicht wohl unter so vielen Leuten und dem Zigarettenqualm des Schwarzblondhaarigen. Heute rauchte er verdammt viel – dafür, dass ich ihn sonst fast nie rauchen sah. Es gefiel mir um ehrlich zu sein nicht so wirklich. Gerade kamen wieder Ruki und Tora mit dem kleinen Takumi aus der Gruppe, als wir uns weiter vorne hingestellt hatten, um den Sprayer-Wettbewerb zu beobachten. Ruki war gut aufgelegt und pokte Reita leicht zur Seite. „Ey Reita. Ich wollte dich ja schon vorhin fragen, aber es is fast Null Uhr und du bist noch nich sturzbetrunken. Is alles okay mit dir?“ Das hörte sich ja vielversprechend an, bemerkte ich ironisch und vermied es die Anderen anzuschauen. Reita hingegen brubbelte so etwas wie: „Ich muss ja noch zu gebrauchen sein, wenn ich antreten will.“ „Du willst da mitmachen?“, fragte ich leicht erstaunt und unerfreut. „Ja, wieso?“ Mein Verhalten schien ihn ein wenig fragwürdig und das erste Mal merkte ich, dass ich gerade nicht so schöne Seiten von ihm kennen lernte und er von mir. Seiten, die uns zeigten, dass alles nicht ganz so einfach lief, wie bei mir im Wohnzimmer. „Was soll ich denn dann hier machen?“, fragte ich leicht verzweifelt. Ich selbst hatte noch nicht wirklich Anschluss gefunden und würde es wohl auch nicht so schnell. „Na mit den Anderen reden. Es dauert doch nur 20 Minuten.“, versuchte er mich zu beruhigen und beschwichtigen. Ich schaute kurz zu den anderen Dreien und merkte, dass Takumi nur ansatzweise für mich in Frage käme für ein vernünftiges Gespräch. Ich nickte kurz, um ihm zu zeigen, dass ich einverstanden war. „Es ist ja wirklich nicht lange und danach tanzen wir.“ Tanzen. Das klang in meinen Ohren komisch. Ich konnte mir Reita beim tanzen, wie ich es kannte, nicht vorstellen. Als der Sprayer vorne fertig wurde, bewegte sich Reita sofort zu der Hälfte, die noch nicht besprüht war und zwinkerte mir zu, bevor er selbst unter Zeitdruck stand. Neben mir reichte mir Tora ein Bier und ich beäugte es erst mal genau, bevor ich es trank. Bier mochte ich eigentlich nicht sonderlich, aber ich musste mich ein wenig aufheitern, um das Alles nicht zu eng zu sehen. Es sah geübt aus, wie der Schwarzblonde die Flasche balancierte und benutze, sodass ich mir vorstellen konnte, dass einige Krakeleinen und Schriftzüge auf den Betonmauern Tokios bestimmt von ihm stammten. „Sag mal, wie kommt es eigentlich, dass du dich dazu bereiterklärt hast mit zu dieser Feier zu kommen?“, wollte Takumi wissen und auch Tora schien von einem Gespräch mit mir nicht abgeneigt zu sein, denn er schaute von der Seite zu uns beiden. „Weil ich Vorurteile hasse und wir die beseitigen wollten, wenn wir miteinander arbeiten wollen.“ Diese Antwort entsprach nicht ganz der Wahrheit. So ganz hatten wir das ja nicht geklärt. Aber ich glaubte mit dieser Erklärung auch Reita zufrieden stellen zu können, wenn er daneben gestanden hätte. „Du hattest Vorurteile?“, fragte mich dieser kleine Brünette in so einer naiven Art, dass es mir das Herz regelrecht aufgehen ließ. „Ich glaube jeder Mensch hat Vorurteile. Das glaubte ich zumindest.“ Reita hatte mich durchaus überzeugt, dass er keine Vorurteile mir gegenüber zu haben schien. Und wenn er welche gehabt hatte, so hatte er sie erfolgreich versteckt. „Ich hoffe es waren nicht allzu böse.“ Nicht allzu böse? Ich konnte mich kaum dran erinnern. Das Einzige, was uns glaube dazu brachte ein mal nachzudenken, war der Glaube die andere Gruppe wäre nicht so nett zu den jeweiligen Anderen. „Nein, waren sie nicht. Aber ihr seid schon ein wenig komisch.“, gab ich zu und beobachtete jede Armbewegung von Reita, wie er die Wand immer mehr mit Farbe besprühte, während ich weiter an dem Bier nippte. Bestimmt war das hier alles so gar nicht legal. „Wieso komisch? Wir sind genau wie die Anderen auf der Schule.“, brüstete sich Takumi und steckte die kleinen Händchen in seine Hosentasche. „Also ich find es schon komisch sich in der Schule wie ein Mädchen zu kleiden und in der Freizeit ganz normal zu kleiden. Ich versteh das nicht so ganz. Aber du wirst deine Gründe haben.“ Hatte ich nicht gerade vor 2 Sätzen gemeint, dass Vorurteile scheiße waren? Bei all dem versuchte ich mir keine Vorurteile zu machen. Auch nicht bei dem rüpelhaften Verhalten von Tora und die freizügige Art von diesem Saga und den Satz von Ruki über Reitas sonstigem Bezug zu Alkohol. Das Alles dürfte mich nicht Böses denken lassen. Das war wirklich schwer, denn das war für mich alles so abstrakt. „Also ehrlich gesagt würde ich mich hier gerne auch so kleiden, wenn ich nicht wüsste, dass ich dadurch ganz schon uncharmante Jungen auf den Plan rufen würde.“ Bei diesem Satz ließ ich den Blick durch die Menge schweifen. Es waren wirklich viele zwielichtige Gestalten, besonders Männer. Da hätte es wirklich unangenehm werden können für einen zerbrechlichen kleinen Jungen wie ihm. „Is alles nur Voraussicht.“ Takumi vergaß beim Sprechen das ‚t’ beim ist, was mich sofort an Reita denken ließ. Bei ihm war das Standart und ich sah keinen Sinn ihn da zu erziehen. Es war einfach eine Eigenart des Schwarzblonden, die ich akzeptierte. Genauso wie die Gegend, in der er sich umgab und den Leuten, mit denen er zu tun hatte. Ich erinnerte mich an das Gespräch mit Leona, die gemeint hatte, dass ich schnell die Lebensart Anderer adaptierte und auf mich übertrug. Dieser Lebensstil würde definitiv nie meiner werden. Ich fühlte mich unwohl, besonders mit diesem komischen Typ hinter mir, der mich so sonderbar beobachtete. Ich hatte ja schon oft gehört, dass diese Leute sehr unangenehm werden konnten. Also verkniff ich mir ihm klar zu machen, dass er mir unangenehm war und er das Starren sein lassen sollte. Ob man wirklich mit diesen Leuten richtig reden konnte? Als hätte Tora meine Gedanken gemerkt während seines stummen Zuhörens bei unserem Gespräch zuvor, stellte er sich provokant hinter mich und drängte den fremden Mann ein wenig unsanft von mir weg. „Lass deine Glubschen bei dir, du Spasst.“, fauchte der Schwarzhaarige vernichtend und in diesem Moment dankte ich Buddha für Toras ruppige Art, denn dieser Fremde war mir nicht geheuer. „Vielen Dank.“, flüsterte ich dem Größeren zu, doch er winkte ab, als würde diese Höfflichkeit beleidigen. „Den Fatzken mochte ich eh nich.“, wehrte er ab und beobachtete weiter seinen Kumpel beim Zerstören fremdem Eigentums. Vielleicht kam ich mit diesen Leuten doch besser klar, wenn ich ihre Beweggründe und ihre Art besser verstand. Sie waren ja nicht schlecht. „Wir haben nen Sieger.“, schrie ein Mann von der Mauer über die Menge und jemand streckte den dünnen Arm Reitas in die Höhe - wie beim Boxen. Jetzt hatte ich nicht mitbekommen, wie sie so schnell den Sieg vergaben, denn ich war viel zu sehr in meinen Gedanken gewesen, als hätte ich weiter beobachten können, was vor mir geschah. Ich sah nur ein kleine Karikatur von einer kleinen Figur mit übergroßer grüner Sweat-Jacke, dessen Kapuze er über den Kopf gezogen hatte. Um seinen Hals hing eine übertrieben große Proll-Kette mit einen Peace –Anhänger, welche die gesamte Größe seines Körpers einnahm und einen riesigen Joint im Strichmund. Erinnerte mich ziemlich an South Park oder solche Cartoons, den die Jugend von heute sahen. Dass er damit einen Künstlerwettbewerb gewann war mir unerklärlich, doch ich kannte die Gesichtpunkte der Richter auch nicht wirklich. Noch einmal gaben sich die beiden Männern an der Wand die Hand, bevor Reita das Feld verließ und wieder zu uns kam, mit einem übergroßen Grinsen. Hinter mir dröhnte sofort die Stimme Toras. „Stimmt, im besoffenen Zustand hättest du so was nich gebracht.“, lachte er und hielt seine Hand hin, um mit meinem Projektpartner einzuklatschen. „Halts Fressbrett, Stubenkater.“, konterte er unverschämt und führte mit Ruki und dem kleinen Takumi einen Freudentanz auf. Gerade erinnerte er mich wieder an diese kleinen Jungs im Kindergarten, die umhertollten und einfach zu niedlich waren, dass ihre Mütter immer mit Stolz behaupten, dass es ihr Junge war. „Pass nächstes Mal besser auf deine Kirsche auf. Ich will nicht immer Türsteher spielen.“, holte der Schwarzhaarige den Anderen wieder zurück zu den Tatsachen. „Was’n? Ich hab doch gar keine Freundin.“, fragte er verwirrt und beobachtete die Leute um sich, besonders den Menschen hinter Tora, der den Großen wohl am liebsten den Kopf absäbeln wollte für seine unverschämte Art. „Mr. Wunderschön hat schon die ersten Leute am Hintern hängen.“ Wie konnte dieser Kerl so was sagen? Es war doch gar nichts passiert, oder hatte ich mich getäuscht? „Ach, die sind doch immer aufdringlich.“, raunte er und schaute über Toras Schulter hinweg vernichtend den Typen an, der sehr wohl unser Gespräch verfolgte. „Gibt’s was zu glotzen, du Idiot?“, schnarrte Reita unbarmherzig und ich hatte Mühe, ihn nicht sofort zu kneifen. Ich hasste diese Art so sehr an Menschen. Konnten sie es nicht gut sein lassen? „Rei, der tut doch nichts.“, fauchte ich kurz und ich tat wieder etwas, was ich sonst noch nie in seiner Nähe getan hatte. Ich wurde gnadschig. Auch Reita schaute mich ungläubig an und ich wollte mich sofort schlagen. Vor einigen Worten hatte ich genau diese Situation in Worte gepackt. Jungs verhielten sich in ihren Gruppen anders, als wenn man mit ihnen alleine ist. Und ich mochte den Reita definitiv lieber, der in meinem Wohnzimmer saß und mit mir über Sachen aus der Schule lachte. Der sich höflich die Schuhe auszog, anstatt sie abzustrampeln und nie die Stimme zu sehr erhob. „Diese Leute hier haben ein größeres Ego und kennen keine Grenzen.“, versuchte er sich zu wehren. „Tora hat ihn die Grenze gezeigt.“, meinte ich knapp und trank mein Bier aus. Es schmeckte so scheußlich. Hier passte ich wirklich nicht hin, wie ich fand. Reita hatte sich schnell gefangen und hielt mir die Hand hin. Zuerst schaute ich ihn verwirrt an und dann die Hand. Hinter mir konnte ich nur ‚Zicke’ von Saga verstehen, doch es war mir egal, so verdammt egal. „Wir wollten doch noch tanzen.“ Ich wollte im Boden versinken, als mich Uruha angefaucht hatte und ihn das erste Mal wirklich verstimmt gesehen hatte. Und er hatte verdammt recht gehabt. Warum musste er auch scheiße noch mal so recht haben und so erwachsen sein, dass ich mich so minderbemittelt fühlte vor ihm? Er hatte mich vor den Jungs angepfiffen und ich wusste nicht, ob es mir peinlich war oder ich gar wütend war. Ich wusste nur, dass ich ein unangenehmes Ziehen im Brustkorb hatte, als er mich so vorwurfsvoll anschaute. Niemand ging auf diese Sache ein und auch Uruha hatte wortlos meine Hand genommen nach einer kleinen Pause. Ich zog ihn ein wenig dichter zu mir, als ich merkte, wie die Menge sich auflöste und die Musik lauter gestellt wurde. „Tut mir leid. Sei nicht böse.“ Er lächelte nur wieder dieses unverschämt schöne Lächeln, dass nur er zu haben schien. „Ist schon okay, ich wollte ja auch nicht so aus der Haut fahren.“, flüsterte er mir so leise zu, dass ich Schwierigkeiten hatte es zu verstehen. Vielleicht zeigte mir diese Situation, dass Uruha nicht geschaffen war ein Kumpel auf dieser Ebene zu sein. Vielleicht zeigte es mir aber auch einfach nur mein niveauloses Verhalten, was ich an den Tag legte. Uruha konnte das wohl gut übersehen. Oder machte er mir nur vor, dass er das konnte? „Lass uns tanzen.“, meinte er nur und zog mich weiter zu der Menge, die sich zu irgendeinen Hip Hop Lied von Timbaland bewegten. Meine Musik war es nicht, aber zum Tanzen war sie gut genug. Uruha schien nichts dagegen zu haben, schaute mich nur fragend an. „Kannst du überhaupt tanzen?“, fragte er mich unsicher und ich fühlte die Hitze ungewöhnlich in mein Gesicht steigen. „Kommt drauf an, wie du tanzen siehst.“, brachte ich gerade so, ohne Holpern, heraus, als er mich so durchbohrte mit Blicken. Hatte ich wieder etwas Falsches getan? Er trat einen Schritt nach vorne, ich machte ihm Platz, und er zeigte mir, was er unter tanzen verstand. Die Art, wie er sich bewegte kannte ich von den Jungs, die in einer Disko locker ein paar Mädels abschleppten und nicht wie Schwule oder übermäßige Tänzer aussahen. Das im Takt Hin- und Herwiegen des Oberkörpers mit der Hüfte konnte ich nicht beschreiben. Dazu fehlte mir der Wortschatz. Es war eleganter, als bei einer Frau, aber doch nicht weibisch. Niemals meine Liga, niemals auch nur ansatzweise mein Stil. Er lachte auf, als er mein Gesicht sah und nahm meine Hand, um mich an sich zu ziehen aber sich doch an mir vorbei zu winden. „Lieber doch Diskofox?“, fragte er mich lachend und ich merkte, dass meine Gesichtzüge entgleisten. „Vergiss es.“, brummte ich und mir war klar, dass ich mich gerade wieder zum Depp machte. „Gib doch zu, dass du Justin Timberlake Fan bist.“, witzelte ich und blieb unverändert stehen. „Ja, er ist toll. Ich war mal auf einem Konzert.“, griente er mich an. Wieder einmal hatte er mich eines Besseren belehrt. Es war alles anders, als du denkst. „Das ist doch nicht dein Ernst.“ Wenn sich nicht sofort ein Loch aufmachte, wo ich reinspringen konnte, zerfloss ich vor Komplexen. Zum Glück spielten sie ein anderes Lied, was schon eher mein Geschmack war: Blur – Song 2!!! Ich schaute den Brünetten an und stieß mich leicht von ihm ab um ihm zu zeigen, wie ich tanzte. Ich merkte schon hinter mir, wie Ruki angerannt kam. Das war unser Song. Wir sprangen, hüpften, hielten uns an den Armen fest, fuchtelten mit den Armen und grölten mit zum Text. Ohne zu fragen zog ich den Anderen mit und er hatte gar keine andere Wahl, als mitzumachen. Leider war das Lied nur sehr kurz und wir danach ziemlich fertig. Aber Uruha schien den gerade eben überwundenen Schock schnell überwunden zu haben und grinste mich total beduselt an. „Das ist auch mal eine Art zu tanzen.“, pflichtete er mir bei und ich nahm wieder seine Hände. Die Lieder waren zwar nicht so impulsiv, aber fanden immer wieder eine Einigung. Wir hoben die Arme und schwenkten sie hin und her, wir schunkelten wie Matrosen und twisteten wie in den 60ern. Es sah wahrscheinlich keiner lustiger aus, als wir und hatten auch nicht mehr Spaß als wir. Trotzdem lenkte etwas den Brünetten immer wieder ab. Immer wieder schaute er hinter mir oder weiter an die Seite, wenn wir uns drehten. „Sag mal, ich kenn dich jetzt 2 Monate und du hast nie Andeutungen gemacht, aber sind Tora und Saga ein Paar?“ Das war ja wohl der Witz des Jahrtausends. Nur, weil wir dieses Thema behandelten, konnten wir doch nicht alle als schwul abstempeln. „Quatsch! Tora is niemals Schwul.“, versuchte ich abzuwinken, doch Uruha schien ziemlich hartnäckig. „Dafür hält er Saga aber ziemlich… na ja… fest im Arm.“ Sofort hielt ich inne und drehte mich verwirrt zu dem Spektakel, das der Andere die ganze Zeit betrachtete. Da tanzte wirklich einer meiner besten Freunde ziemlich ‚nah’ mit Saga. Warum musste sich plötzlich diese beschissene Welt auch durch Kouyou Takashima so drastisch ändern? Ich hasste Veränderungen! Und ich würde einen Teufel tun, dort jetzt hinzugehen. Tora stand mir nah genug, es mir selber zu sagen, wenn da etwas war. „Ach, is doch nichts. Dann wären wir ja auch schwul.“ Sein schüchternes Lächeln füllte einen mit Sonne, seine dunklen Augen funkelten, sein Haar schimmerte schon in diesem dunklen Licht wie in der Sonne und sein dünnes Handgelenk, das gerade den Lichtschalter betätigte, war so zerbrechlich, wie feine Feenflügel. [1] Omotesando – Eine der Nobeleinkaustraßen in Tokio, die Shibuya und Harajuku miteinander verbindet. [2] Kopfschutzhandtuch – Wenn ihr euch immer gefragt habt, was diese schmalen Handtücher, die sie bei Konzerte öfter verkaufen, sein sollen: Das sind Kopfschutzhandtücher für den Sommer, wenn die Sonne mal ganz unbarmherzig ist. Dann wickeln sich die Leute das über den Kopf. *verbeug*^^ Eigentlich sollten es zwei Kapitel werden, aber ich hab mich dagegen entschieden. Ich hoffe es gefällt und ist nicht zu viel Information auf einmal. Danke für die vielen Lieben Kommentare.^^ MFG Seika P.S.: Das Kapitel scheint nicht so gut anzukommen.>_< Weiß nicht woran es liegt, aber ich hoffe das nächste wird besser. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)