Das Herz klopft nur solange es kann von Jeannyyy (Von einer Entführung und Liebe auf Umwegen) ================================================================================ Kapitel 7: Die Wahrheit ----------------------- 7. Die Wahrheit Nein, das konnte unmöglich er im Spiegel sein. Diese vom Weinen angeschwollene Gesicht konnte nie und nimmer ihm gehören. Das ausgelaugte Keuchen und Stöhnte konnte einfach nicht seines sein. Und doch war es seins. Denn da waren sie, die Erinnerungen. Er konnte nicht reden. Er konnte nicht nach Hause. Und wieder hatte er Angst. Joey brach zusammen. Er hatte nicht eine Sekunde lang schlafen diese Nacht. Die Sorge um Seto Kaiba brachte ihn um diesen Schlaf. Doch war es wirklich Kaiba, an den er sich da plötzlich so klammerte? Nein. Es ging nicht um Kaiba. Es ging um die Vergangenheit. Und doch ging es irgendwie auch um ihn. Durch ihn konnte der Blonde so oft das Elend vergessen, die Unsicherheit, den Schmerz. Niemand würde ihm glauben. Warum auch. Und niemand wird das je erfahren. Nicht, solange es nicht vorbei ist. Aber es kann nicht vorbei sein. Wenn er wieder Zuhause ist, geht alles wieder von vorne los. Erschrocken über sich selbst stellte er sich unter die kalte Dusche. Vorher schaltete er das Licht wieder aus. Er wollte sich nicht nochmal besorgt im Spiegel betrachten müssen. Das kalte Wasser prasselte auf seinen eiskalten Körper hinab. Er dachte an nichts, starrte nach vorne. Warme Tränen vermischten sich mit den eisigen Tropfen der Dusche. Wie er solche Momente hasste, in denen er an das denken musste. Nein, er muss jetzt stark sein. Joey stieg aus der Dusche, suchte sich ein Handtuch und besah seine Silhouette im Spiegel. Nachdenklich fuhr er jeden einzelnen Schatten an seinem Körper nach. Er seufzte, zog sich an und ging, um Mokuba zu wecken. "Mokuba, nun wach endlich auf. Mokuba! Wir müssen bald los!" "Wie? Was? Hab ich verschlafen???" "Nein, es ist alles in Ordnung." "Oh... hast du geweint, Joey?" "Ach Quatsch!" "Hm, na gut!" Für einen Moment vergaß Joey seine Sorgen, als er in das unschuldige Gesicht Mokubas schaute. Auch er hatte viel durchgemacht. War mit Seto in einem Heim gewesen, hat Mutter und Vater verloren und wurde mit "Zuckerbrot und Peitsche" erzogen. Ganz klar war dieses Leben auch kein einfaches gewesen. Aber ihm ist wenigstens nicht das wiederfahren, was Joey all die Jahre durchmachen musste und noch immer durchlebte. Doch daran durfte er jetzt nicht denken. Er musste Seto retten. Und nichts lag ihm jetzt näher als dieses. Wer waren wohl diese Entführer? Würden sie wirklich ihr Versprechen halten und Seto gegen Geld freigeben? Diese Fragen werden wohl erst in einer Stunde beantwortet werden können. "Joey, du wirkst nachdenklich. Was ist los?" "Oh, es ist nur wegen deines Bruders. Ich mache mir Sorgen, weißt du." "Wir schaffen das schon, Joey!" Mokuba lächelte den Größeren mit einem seiner breitesten Lächeln an. Joey konnte kaum glauben, dass der Jüngere der Kaibas so optimistisch dem gegenüber stand. Joey zerriss es innerlich. Vielleicht sah er Seto nie wieder... Nein, so durfte er nicht denken, noch nicht! Es war noch nichts entschieden! Er würde kämpfen, würde dafür kämpfen, dass Seto da raus kam! Auf dem Weg zur Bank war ihm kalt, sehr kalt. Er hatte mehr Angst, als er dachte. Und noch immer ließ ihn das Gefühl nicht los, dass da noch etwas anderes eine Rolle spielt. Warum sollte jemand Seto Kaiba entführen? Wegen des Geldes? Spielt Geld denn wirklich so eine große Rolle? Joey ist schon immer mit wenig ausgekommen. Sein Lebensmotto: Weniger ist mehr. Und weniger von gewissen Dingen wäre auch gut... aber bis er auszieht, würde er das wohl noch mitmachen. Das Geld ist besorgt, und sie standen auf dem Bahnhof, starrten den Koffer mit der Kohle an, ja hypnotisierten ihn förmlich. Seit wenigen Minuten stand er da und noch war nichts passiert. Doch da bewegte sich etwas. Ein Mann trat auf den Koffer zu. Er öffnete ihn gekonnt und überschlag das Geld. Natürlich war es genug. Fast unmerklich nickte er und legte einen Zettel an die Stelle, an der eben noch der schwarzer Lederkoffer voller Geld stand. Ein kleines Steinchen drauf und schon flog er nicht weg. Erst als der Mann verschwunden war, wachten Mokuba und Joey aus ihrer Starre auf. Da auch die nächsten Minuten nichts passierte, ging Joey auf langsamen Sohlen dem Zettel entgegen. Er wusste doch, da war was faul. "Mokuba, komm her. Das solltest du dir anschauen." Mokuba las den Zettel und seine Augen weiteten sich. "Hör zu", begann Joey, "ich tue jetzt, was auf dem Zettel steht. Du gehst nach Hause. Lass dich ^fahren, dir kann nichts passieren. Bitte, tu mir den Gefallen, ich krieg das hin." Mit einem Nicken verschwand Mokuba. Joey atmete tief durch. "Okay, ihr Super-Entführer, jetzt könnt ihr mich erleben." Von plötzlicher Panik ergriffen, rannte Joey wie wild durch die Straßen. Er rempelte Leute an, lief bei rot über die Ampel und es war ihm egal. Denn er musste so schnell wie möglich zu Seto. Diese beschissenen Entführer hatten sich nicht an ihr Wort gehalten und Joey stattdessen zum alten Busbahnhof beordert. Was er da sollte, erschien ihm noch wie ein Buch mit sieben Siegeln. Als er endlich – schnaufend und noch immer panisch – am Zielort war, war dort nichts. Stille. Ruhe. Vereinzelt ein paar Bäume und Büsche. Viel Asphalt. Und, ja und dieses kleine Häuschen. Joey näherte sich dem kleinen Gebäude so leise er konnte. Nurnoch zehn Meter etwa stand er davon entfernt, bis plötzlich Seto auf der Bildfläche auftauchte. "Gott sei Dank! Geht es dir gut?", rief Joey, lächelte, wollte auf ihn zulaufen, doch da erschien hinter Seto eine andere Gestalt. Die Gestalt seines Vaters. "Dad? Was machst du hier?" Joey wurde wütend. Ihn hatte er hier nicht erwartet. Die Erinnerungen von heute morgen kamen wieder hoch. Er versuchte sie zu verdrängen, aber es klappte nicht. Denn immer, wenn er in sein Gesicht sah, erkannte er sie. Die Wahrheit. "Was glaubst du denn, was ich hier mache?", antwortete sein Vater. Und da wurde ihm alles klar. "Du bist der Entführer?" Ein Nicken. "Warum hast du das getan? Reicht es dir nicht, wenn du mich so quälst? Musst du andere da auch mit reinziehen?" "Ich hab mir das nicht ausgesucht. Du hast doch alles verraten müssen." "Dad, ich habe niemandem etwas gesagt, kein Sterbenswörtchen!" "Ach wirklich? Das sieht dieser Mann hier ganz anders." "Was? Ich habe Seto Kaiba gegenüber nicht mal das Thema erwähnt! Bitte, Dad, ich habe nichts gesagt, ich..." Bevor Joey seinen Satz beenden konnte, wurde er mit einer Ohrfeige zu Boden gezwungen. "Lüg mich nicht an, du verdammter Bastard! Herr Kaiba hat vor drei Wochen bei uns angerufen. Er hat mir gesagt, dass er mich anzeigen will, weil er sich sicher sei, dass ich dich vergewaltige und missbrauche. Woher soll er das haben wenn nicht von dir?" "Dad, ich habe nichts gesagt!!!" "Du bist ein verdammter Lügner! Und dafür wirst du jetzt büßen. Und nicht nur du, auch er. Es muss ja außer uns keiner erfahren." "Jetzt reicht's! Ich habe niemandem was gesagt! Selbst wenn ich was gesagt hätte, dann hätte es nichts daran geändert, dass du mich quälst! Du schlägst mich, vergewaltigst mich, und warum das alles? Warum machst du das denn nur? Ich kann das einfach nicht verstehen!" Mit Tränen in den Augen steht Joey wieder auf. "Na los, lass mich büßen. Für etwas, das ich nicht begangen habe. Das bin ich all die Jahre gewohnt. Schlimmer als der Tod kann es nicht sein. Ich verabscheue dich, Vater. Das einzige, was mich am Leben gehalten hat, war dieser Mann hinter dir, Seto Kaiba. Ja, ich habe mich mit ihm gestritten. Oft und mehrmals am Tag. Und das war eine großartige Ablenkung. Ablenkung von dem, was mich Zuhause erwartete. Also, tu was du nicht lassen kannst, ich werde mich nicht wehren. Nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr." Und bevor Joey noch irgendwas sagen konnte, zielte sein Dad, der nun wieder etwas weiter hinten stand, direkt auf sein Herz. Mit einer Pistole. Doch als es -Bumm- machte und Joey eigentlich von etwas hätte getroffen werden sollen, liegt er schon am Boden und merkt, dass es ihm gut geht. Hatte er verfehlt? Was wurde getroffen? Oder wer? Als er seine Augen wieder öffnete, wurde ihm einiges bewusst. Seto Kaiba. "Was..." "Sht... du bist dumm, Hündchen. Ganz dumm." Der erste Bluttropfen landete in Joeys Gesicht. Er weitete die Augen und konnte einfach nicht fassen, wie das alles enden sollte. ~~~ Noch n kleines Nachwort: Ich hab mich ziemlich doll heute Abend mit Kindesmissbrauch beschäftigt, habe Bilder von toten Kindern und Telefonate sterbender gehört (ich verweise auf YouTube). Außerdem habe ich mich mit meiner eigenen Vergangenheit auseinander gesetzt, meine eigenen Erfahrungen zu diesem Thema beigetragen. Es ist eines der emotionalsten Kapis, die ich jemals geschrieben habe. Es tut mir leid, wenn es lange dauert, bis ich eins geschrieben habe. Ich will einfach, dass da wirklich ne Idee drin steckt, und nich einfach mal so dahin geschrieben is. Ich hoffe, ihr versteht das. Das nächste Kapitel wird nochmal sehr emotional, denke ich. Bis dann ^.~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)