Das Herz klopft nur solange es kann von Jeannyyy (Von einer Entführung und Liebe auf Umwegen) ================================================================================ Kapitel 5: Aspiration --------------------- 5. Aspiration Auch der nächste Tag war nicht viel leichter als der letzte. Joey stand schon sehr früh auf, er konnte einfach nicht mehr liegen bleiben. Er ging zu einem Fenster und öffnete es. Der Ausblick, der sich ihm bot, war wunderschön: Der riesige Garten blühte in allen ihm erdenklichen Farben, durch den leichten Wind wurden die Baumkronen mit den tiefgrünen Blättern und den vielen, verschiedenen Früchten hin- und hergeschaukelt und die schon aufgegangene Sonne spiegelte sich im bläulich schimmernden Wasser des Pools, der sich länglich im Garten erstreckte. Der Blondschopf bettete seinen Kopf schwermütig und müde in seine Hände, während er seine Ellenbogen auf das Fensterbrett legte. Seufzend ließ er seinen Gedanken freien Lauf. Diese schöne Aussicht ist so anders als das, was ich jetzt denke, dachte er. Das Problem mit meiner Wohnung ist zwar geregelt, aber ich habe im Moment durchaus größere Probleme als das. Ich würde so gerne mit jemandem außer Mokuba darüber sprechen, doch das darf ich nicht. Kaiba wäre sonst unnötig in Gefahr, das darf ich auf keinen Fall zulassen, schon um Mokubas Willen. Irgendwie müssen wir ihn doch da rauskriegen. Er muss uns mehr Tipps geben. Seine letzte Nachricht hat mich so verwirrt. Was meinte er denn mit „dunkel und doch so hell“? Ich würde gerne wissen, wo er jetzt ist. Ist er überhaupt noch in Domino? Hm... wahrscheinlich nicht, das wäre doch echt krass. Seine Entführer wären ja bescheuert. Warum mache ich mir nur so viele Sorgen? Joey wurde aus seinen Gedanken gerissen, als das Handy, das er die ganze Zeit über in der Hand gehalten hat, zu klingeln begann. Schreckhaft wie sonst nie machte er einen kleinen Sprung zur Seite und ließ selbiges fast zu Boden fallen, doch er raffte sich schnell zusammen und las die Sms, welche nur von Seto Kaiba sein konnte. Nur noch 13 Tage bis Geldabgabe Hilf mir Spiel Domino mit Moki Danke Joey Pass gut auf dich auf Ich schaff das schon Seto Joey bemerkte erst gar nicht die Tränen, die ihm die Wangen hinunterflossen. Kaiba ist so stark, dachte der Junge, und ich? Ich sitze hier und heule. Das ist alles zu viel für mich! „Aber Joey, was hast du denn?“, fragte Mokuba noch verschlafen, weil er bis gerade eben noch schlief, doch von Joeys Schluchzern erwacht ist. „Dein Bruder hat geschrieben“, antwortete der Blondhaarige und gab Mokuba das Handy. Dieser las mit großem Interesse die Nachricht, die sie von Seto bekommen hatten. Verwirrt schaute der Schwarzhaarige Joey an. „Und warum weinst du jetzt?“ „Wenn ich das wüsste“, flüsterte er. „Gib mir bitte das Handy, ich werd ihm gleich zurückschreiben.“ „Alles klar, aber kannst du meinen Namen bitte auch darunterschreiben?“ Mit einem Lächeln im Gesicht und sich die Tränen wegwischend, nickte Joey und bekam das Handy. „Gib schon her, was hast du denn geschrieben?“ Mokubas Neugierde hielt sich kaum in Grenzen, und mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen ließ Joey den Kleineren lesen. Bleib stark wie immer Übrigens ich nehme deine Entschuldigung an :-) Vertrau mir nur dieses eine Mal Wir werden dich finden Joey+Moki „Das hast du schön geschrieben“, sagte Mokuba, nachdem er die Nachricht gelesen hatte. Joey nickte bloß zur Antwort. „Ich weiß jetzt übrigens, dass er sich noch in Domino befindet“, erklärte der Blonde. „Ach, und woher?“, fragte Mokuba und seine Neugierde wurde wieder von Neuem geweckt. „ ,Spiel Domino mit Moki', das hat mich darauf gebracht. Er würde sicher nicht so etwas hinschreiben, wenn es nicht ein Wink mit dem Zaunpfahl wäre.“ „Stimmt, ich mag nämlich gar kein Domino!“, erwiderte Mokuba mit all seiner kindlichen Naivität. Joey strich ihm sanft über die Haare und sagte: „Wir finden deinen Bruder, doch er muss uns noch weiter helfen, und das weiß er auch. Sag mal, hast du schon in der Schule angerufen?“ „Ja, habe ich, und auch in der Firma. Ich hab gesagt, er ist krank und auch seine Stimme ist entfallen, sodass niemand Verdacht geschöpft hat“, erklärte Mokuba. „Schön“, antwortete Joey. „Aber was wollen wir denn jetzt machen?“ Mokuba zuckte mit den Schultern. Plötzlich traten ihm Tränen in die Augen und Joey wusste nicht, warum, doch nach einigen Momenten rief er sich die jetzige Situation ins Gedächtnis zurück, dann umarmte er den Kleineren. „Sh..ganz ruhig. Wir finden deinen Bruder. Wir haben doch noch so lange Zeit. Kopf hoch!“, versuchte er Mokuba zu trösten. Doch dieser war schon seit einigen Augenblicken in Joeys Arm eingedöst und letztendlich auch eingeschlafen. Nachdem Joey Mokuba ins Bett gelegt und zugedeckt hat, klingelte überraschend das Handy. Der Blonde sprintete hin, sah auf das Display und sah auch Kaibas Handynummer darauf erscheinen. Mit zittriger Hand drückte er auf den grünen Hörer, hauchte ein flüsterndes „Ja?“ ins Telefon und wartete auf eine Antwort. Doch statt Kaibas Stimme erwartete ihn eine computerverzerrte, männliche Stimme, die sprach: „Wir kürzen die Zeit. Das Geld ist übermorgen am Bahnhof von Domino, Gleis 8, da lässt du den Koffer an einer Bank stehen. Und mach keine Mätzchen, keine Bullen, klar?!?“ „Aber...“, sagte Joey, doch da ertönte schon das Piepen. Er hatte aufgelegt. Oh Gott, dachte er, was soll ich nur tun? Wie soll ich das Moki beibringen? Der wird total hysterisch! Tja, wer würde es ihm verübeln? Nein, ich lasse ihn jetzt erst noch schlafen, wenn er aufwacht, werde ich es ihm sagen müssen. Es geht hier schließlich um seinen Bruder. Wir müssen ihn verdammt noch mal finden! Kaiba, wo bist du nur? Und plötzlich klingelte es wieder. Joey rannte zum Telefon. Er zitterte wie Espenlaub. Und das wirkte sie auch auf seine Stimme aus. Stotternd nahm er ab: „Ja, verdammt, ja!“ „Joey, ich bins.“ „Kaiba?“ „Ich kann nicht lange, die Entführer schlafen. Sie haben mich durchsucht und Pillen gefunden – meine Schlafpillen. Woher soll ich wissen, dass die die gleich schlucken?“ „Das ist dumm, das stimmt. Aber umso besser. Wie geht es dir?“ „Es geht. Ich blute, irgendwo, ich weiß nicht mehr, wo. Es tut auch nicht mehr weh.“ „Verdammt...“ „Es geht mir gut. Wie sieht es bei euch aus?“ „Nach dem Telefonat gerade dachte ich, ich muss sterben...“ „Warum das?“ „Woher sollen wir bitte das Geld so schnell auftreiben?“ „... meinst du das ernst? Da sieht man mal wieder, dass du eben doch nur ein dummer Köter bist...“ „Hey, was soll der Scheiß? Ich versuche dich zu retten, und du machst mich nieder! Eingebildeter Fatzke!!!“ „Ist ja schon gut, beruhige dich. Ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du das machst. Ich gebe es nicht gern zu, aber das rechne ich dir hoch an.“ „Solltest du auch...“ Joey schnaufte. „Okay, geh zu meiner Bank und heb das Geld ab. Moki hat die Nummer. Und dann bringst du es den Idioten von Entführern.“ „Moki meinte zu mir, du hast gar nicht so viel Geld...“ „Auch nicht auf meinem regulären Konto, nein, auf dem anderen Konto, das der Firma überschrieben ist.“ „In Ordnung. Wir holen dich da raus.“ „Wenn nicht, könnt ihr was erleben.“ „Boah du...!“ „Schon gut schon gut! Wir sollten in der Situation nicht streiten!“ Joey beruhigte sich ein bisschen. Er überlegte, was er als nächstes sagen sollte. Ach ja, da gab es noch etwas zu klären. „Übrigens, wegen dir bin ich meinen Job los, du Idiot!“ „Na und? Dann such dir einfach nen neuen. Mein Gott, glaubst du, ich hab gerade keine anderen Probleme?“ „Klar hast du die, aber du könntest dich wenigstens bei mir entschuldigen!“ „Können wir die Sache vielleicht auf eine Zeit verschieben, in der ich NICHT in einer Zelle sitze und hoffen muss, dass ich überlebe?“ Joey stockte der Atem. Natürlich hatte Kaiba recht. Er musste die Fassung bewahren. Sie waren beide angespannt. Und Kaiba zudem noch verletzt. Ruhig bleiben ist angesagt! Joey machte der Satz irgendwie Angst. Ob er das überlebt... natürlich! Kaiba ist stark, der überlebt das! Ihm wurde schwindelig und er lies sich an einer Wand fallen. Er positionierte seinen Kopf auf seinen Knie, denn er saß nun. Und er seufzte. „Hey, was ist los?“, frage Kaiba. „Ich habe Kopfschmerzen. Und ich bin ratlos. Ich glaube nicht, dass das alles in zwei Tagen geschafft ist. Da wird doch sicherlich ein ganz anderes Spiel gespielt.“ „In dem Fall können wir nichts machen. Und schalt nicht die Polizei ein, sonst bin ich mausetot. Verstanden, Wheeler, keine Polizei!!!“ „Ja, ich habs ja verstanden!“ „Noch was...“ „Ja?“ „Sagst du... sagst du Moki bitte, ich hab ihn lieb?“ „Wow, so sentimental kenn ich dich gar nicht, Seto Kaiba!“ „Halt die Klappe, du dreckiger Köter!“ „Ist in Ordnung, ich mache das. Gibt es sonst noch was, was wichtig wäre?“ „Ich muss sagen, ich finde es doof, dir die ganze Verantwortung zu geben.“ „Achso? Das klang aber in den Nachrichten ganz anders! Ich bin der Einzige, der dir helfen kann und so!“ „Einem anderen trau ich es nicht zu! Und einem anderen kann ich nicht vertrauen.“ Joey sog scharf die Luft ein. Er vertraute ihm? Ein komisches Gefühl... „Aber warum gerade ich?“ „Moki ist zu jung, um das ganze selber zu managen. Und all die anderen haben nicht den Grips.“ „Hä? Jetzt bin ich total verwirrt. Du sagst doch immer, dass ICH der Dumme bin!“ „Hündchen, das sage ich, wenn wir uns streiten. Natürlich haue ich dir da Dinge an den Kopf, die dich provozieren. Ich hätte gedacht, du hast das längst durchschaut. Und aus deinen Antworten kann man teilweise erkennen, dass du doch nicht so doof bist, wie ich eigentlich anfangs noch dachte. Mit dir habe ich in der Schule sogar geredet. Na ja, eigentlich nur gestritten, aber egal. Niemand anders kennt mich überhaupt.“ „Aber durch die Streitereien kenne ich dich doch überhaupt nicht! Ich kenne nur einen Kaiba, den du vorgibst zu sein, aber nicht den richtigen Seto Kaiba.“ Kaiba ist still. Dazu kann er einfach nichts sagen. Hatte er ihn doch durchschaut? Joey dachte indessen schon, dass die eigentlich außer Gefecht gesetzten Entführer aufgewacht sind. „Hey, alles okay bei dir?“ „Ja, es ist nichts.“ „Gut“, sagte Joey und atmete erleichtert auf. „Wieso, macht sich das Hündchen etwa Sorgen um mich?“ „Quatsch, mir ist doch egal, was aus dir wird, aber Mokuba nicht. Genau, ich mache das alles nur für Mokuba.“ Innerlich wusste Joey, dass es nicht so war. Er mochte den verletzlichen Kaiba. Am Anfang des Telefonats klang es auch so, als ob er endlich mal sein wahres Ich zeigen konnte, aber nein, jetzt spielte er wieder den Mann, der er eigentlich nicht ist. So typisch Seto Kaiba. Und das in dieser Situation... Kaiba lachte nur kurz als Antwort. Aber Joey wusste, dass Seto etwas anderes in ihm verborg. Jemanden, der verletzlich war, der Hilfe brauchte. Das konnte man in seinen Nachrichten lesen. „Aber ich werde schon noch den wahren Seto Kaiba finden...“, dachte Joey laut, und das auch noch in das Mobiltelefon! „Was?!“ „Äh, ach nichts. Es ist gut, dass du angerufen hast. Schreib morgen wieder eine Sms, so wie du es darfst. Moki und ich werden antworten. Wie immer. Viel Glück, und pass auf dich auf...“ „Ich versuche es. Viel aufzupassen ist da ja nicht. Jedenfalls... danke.... Joey. Ich muss auflegen, die wachen sicher bald wieder auf. Und bitte, bitte hol mich hier raus.“ „Mach dir keine Sorgen, in zwei Tagen kannst du wieder ruhig in deinem Bett schlafen. Obwohl du es eigentlich gar nicht verdient hast.“ „Bitte was? Du...“ Joey lachte. Kaiba war gerade genau das, was er war. Nämlich ein junger Mann, dem geholfen werden musste. Genau das meinte Joey mit „sein wahres Ich“. Er musst nur versuchen, es aufrecht zu erhalten. Dachte er das wirklich gerade?! Das brauch er nicht! Der Braunhaarige kann ihm doch total egal sein! Er macht das ja alles nur für Mokuba!!! „Machs gut, Kaiba. Und keine Sorge, Moki kriegt die Nachricht.“ „Danke.“ Tut – tut – tut Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)