Wetterfühligkeit von Trollfrau ================================================================================ Kapitel 1: Mistwetter --------------------- Schon eine ganze Ewigkeit regnete es, wie es Logan vorkam. Er stand am Fenster und blickte missmutig aus den kleinen Glasquadraten hinaus, aus denen es bestand. Nur zu gerne hätte er mal wieder eine seiner unerlaubten Touren auf seinem nicht eigenen Motorrad gemacht, aber bei dem Wetter? Er lauschte kurz in den Gang und wand den Blick abermals dem Park zu. Dieses Wetter konnte unmöglich normal sein. Hatte Storm möglicherweise etwas damit zu tun? Vielleicht sollte er sie einfach einmal suchen gehen, doch jetzt war gerade Unterricht, also schlich er durch einen Menschenleeren Flur. An der Küche bog er jedoch ab. Sein weiterer Weg führte ihn zum großen Kühlschrank, in dem er auch jetzt kein Bier ausfindig machen konnte, also nahm er sich eine Cola. Mit der bloßen Hand befreite er die Glasflasche von ihrem Verschluss und nahm einen großen Schluck, während er den Kronkorken mit der freien Hand bis zur Unkenntlichkeit verbog. Er ließ diesen mit einem geschickten Wurf im Mülleimer verschwinden und schwang sich auf einen der Barhocker. Vor sich hin sinnierend bemerkte er gar nicht, wie die Zeit nur so verflog. Logan starrte auf den Hals der Flasche, als im Gang endlich Schritte und Stimmen laut wurden. Ein wildes durcheinander, welches ihn zusammenfahren ließ und er augenblicklich vom Hocker aufsprang. Er würde noch eine Weile warten. Wenn derartiger Trubel in den Gängen aufkam, wurde er schnell nervös und suchte lieber das Weite. Also würde er noch einen Augenblick in der Küche stehen bleiben, bis es genügend Schüler hier her zog und es ihn schließlich vertrieb. Logan trat erneut an ein Fenster um sich vom schlechten Wetter selbst noch ein Stück herunterziehen zu lassen. Er warf einen kurzen Blick zu den Wolken. Zogen diese sich gerade etwa noch mehr zusammen? Genervt schniefte er, dass die Scheibe beschlug und wand sich schließlich zum gehen. Noch immer war auf dem Gang wildes Treiben, doch sein Wunsch, jetzt mit einer bestimmten Person zu sprechen, war größer, als die Abneigung zu der Masse. Seine Schritte blieben gemächlich. Mit der Hand erhoben, in der er noch immer die Flasche hielt, bahnte er sich den Weg, durch die ihm entgegen kommenden Schüler. Das Biologiezimmer war von seinem momentanen Standpunkt aus gesehen, noch drei Türen weiter, also musste er noch ein paar Meter durchhalten. Als er das Klassenzimmer betrat, befanden sich nur noch eine Hand voll Schüler darin, die nun eilig ihre Sachen zusammenpackten und natürlich Storm. „Hi“, gab Logan knapp von sich und wartete auf eine Antwort und darauf, dass die letzten Schüler sie endlich allein ließen. Ororo schwieg, doch als Logan sich nicht wegbewegte, blickte sie wenigstens auf. „Mistwetter heute, nicht?“, machte er einen auf unschuldiger Schuljunge und begann sie genau zu beobachten. Ihre Miene war tatsächlich dem heutigen Wetter mehr als angemessen und ihre Augen wirkten irgendwie trüb. „Was willst du?“, gab sie brummig zurück. „Fragen, wie es dir geht?“ Storm packte anstatt einer Antwort ihre Bücher zusammen, um diese wieder im Regal verschwinden zu lassen. Dabei trat Wolverine ganz nah hinter sie und legte ihr seine freie Hand auf die Schulter. „Ich merke doch, dass etwas nicht stimmt“, flüstere er unruhig und stellte die halbvolle Flasche auf dem Pult ab. Ororo blickte ihm stumm in die Augen. Das dieser unrasierte Kerl so nah neben ihr stand, machte sie unsagbar nervös und sagte ihr nicht im geringsten zu. „Mit mir ist nichts“, gab sie schließlich mit einem Seufzen an. „Sicher?“, hakte Logan nach. „Sieh dir dieses Mistwetter an. Auf dem ganzen Schulgelände regnet es sein Tagen in Strömen und in der Ferne bin ich der Meinung, einen klaren Himmel sehen zu können. Du hast wirklich nichts damit zu tun?“ Schnell nahm er die Hand von ihrer Schulter, weil er mittlerweile bemerkt hatte, dass ihr diese Berührung nicht zusagte. Storm blickte ihn an, als wollte sie ihm doch eine Erklärung geben, aber sie schloss die Lippen wieder, presste sie fest zusammen und schüttelte den Kopf. „Ich wollte so gerne eine Runde mit dem Motorrad drehen“, gab ihr Logan mit trauriger Stimme zu verstehen. „Aber du hast doch gar kein Motorrad!“ Er setzte ein hinterhältiges Grinsen auf. „Ach was. Ich organisiere mir dann schon eines.“ Wolverine zwinkerte ihr zu, doch auch jetzt hatte Ororo nur ein Kopfschütteln für seine Worte übrig. „Du solltest Scott nicht ständig seine HARLEY stehlen! Er hängt doch so an diesem Ding.“ „Ich borge sie mir doch nur - unbemerkt. Ich kann dich auch gerne einmal mitnehmen...“ Storm blickte den Kerl, aus dessen Händen Adamantiumkrallen herausbrechen konnten, eine Weile nachdenklich an, dann lief sie jedoch zur Tür. „Ich denke, ich werde mich eine Weile hinlegen“, sagte sie, als sie im Rahmen noch einmal stehen blieb, sich jedoch nicht zu Logan umwand. Dann verschwand sie. Wolverine atmete tief durch. Er war zwar keinen Schritt weiter gekommen, doch seine Vermutung hatte sich soeben bestätigt. Kapitel 2: Wetterumschwung -------------------------- Mit einem letzten großen Schluck leerte er den Rest des Flascheninhaltes und stellte diese wiederum auf dem Lehrerpult ab, dann verließ auch er das Zimmer. Kinderlachen erfüllte den Flur, als Logan ihn endlich ebenfalls erneut betrat. Sollte er Ororo jetzt nacheilen? Vielleicht jemanden Anderen um Rat fragen? Während er ihr langsamen Schrittes doch folgte, zog er eine Zigarre hervor. Beim anzünden dieser, blieb er jedoch stehen und prompt rauschte jemand von hinten gegen ihn. Logan ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Genüsslich zog er an seinem Kraut, bis es anständig brannte und erst dann wand er sich nach dem um, wer ihn eben angerempelt hatte. Es war Scott. „Na? In Gedanken gewesen?“ „Verdammt Logan!“, fauchte ihn dieser jedoch an. „Hast du die Hausordnung immer noch nicht gelesen?“ „Wieso?“ „Weil du schon wieder auf dem Flur rauchst! habe ich dir nicht bereits zum wiederholten Mal klar zu machen versucht, dass in diesem Gebäude rauchen verboten ist!?“ „Ja, ich weiß, aber Professor X hat es mir...“ Doch Scott ließ ihn gar nicht ausreden. „Und warum tust du es dennoch?“ „Weil ich…“ Wolverine brach ab und lugte an Cyclops vorbei aus dem Fenster der Tür, welche zum Park führte. „Von wegen, ein bisschen hinlegen…“, dachte er laut, dann blickte er wieder zu Scott. „Genau darüber wollte ich mit dir reden.“ Er deutete nach draußen. „Sieh dir das an.“ „Was?“ Scott wand sich ebenfalls um. „Storm. Sie steht da draußen im Regen und das, obwohl doch laut Wetterbericht die Sonne scheinen sollte. Irgend etwas stimmt nicht mit ihr.“ „Woher willst du denn wissen, dass es gerade ihr zu verdanken ist? Als ob die Wettervorhersagen immer stimmen würden…“ Logans fester Blick fiel auf Scotts rote Brillengläser. „Sieh dir doch mal ihr Gesicht an. Wenn ich das schon merke, muss es doch wohl offensichtlich genug sein!“ „Ein bisschen Regen hat noch niemandem geschadet“, gab Scott jedoch uninteressiert zurück. Er schob Logan aus dem Weg und wollte an ihm vorbei. „Ein Bisschen? Ich glaube, ich höre nicht richtig! Es regnet seit fasst drei Wochen - durchgehend! Außer in der Nacht, wenn Storm schläft. Es sei denn, sie hat wieder einen dieser Träume. Wie viele Bäume im Park soll der Blitz denn noch treffen?!“ Logan ballte die Fäuste. Scott blieb mit gesenktem Blick stehen. „Wenigstens ein Grund weniger für dich, mein Motorrad zu stehlen…“ Er setzte den Weg fort, doch Wolverine war sofort hinter ihm. „Wie kannst du in diesem Augenblick nur so selbstsüchtig sein?!“ Er hielt ihn an der Schulter an und wand Cyclops zu sich um. Seine Miene war wie aus Stein. „Was denkst du wohl wie ich mich fühle? Denkst du wirklich, es geht an mir völlig spurlos vorbei?“ Er schniefte, als er Logan endlich wieder in die Augen sah. „Rede mit ihr, bitte.“ Wolverines Stimme wurde überraschend einfühlsam. „Ich brauche wirklich wieder einmal Ausgang. Ich werde hier sonst noch verrückt.“ Scott blickte seinen Gegenüber eine Weile stumm an. „Dann gehe ich eben trainieren…“ Wie Logan Gefühlsduselei hasste. Jetzt war er es, der Scott aus dem Weg schob. Ohne ein weiteres Wort stapfte er davon. All das Geschehene brannte in ihm doch nicht weniger Bitter. Scott blickte ihm ratlos hinterher. Wolverine hatte Recht. Das wusste er. Das wusste der Professor. Im Grunde wussten es alle, nur wagte es keiner, Ororo darauf anzusprechen. Vielleicht war er doch der Richtige, für diese Aufgabe… Scott blickte abermals durch das Fenster in den Park. Storm stand mit den Händen in den Taschen, neben einer Parkbank und ihr trüber Blick hin in den finsteren Regenwolken. Ororos weißes Haar klebte nur so an ihr. Cyclops atmete noch einmal tief durch, um sich selbst zu beruhigen. „Na schön…“ Mit der Lederjacke und einem Schirm bewaffnet trat er schließlich hinaus. Das Trommeln der Tropfen, auf der gespannten Schirmhaut über ihm, war nahezu unerträglich laut. Mit schnellen Schritten trat er hinter Storm und hielt den Schirm über sie, dass sie nicht noch nasser wurde. „Bist du scharf auf eine Erkältung?“, fragte er ruhig. Ororo blickte ihn nicht an. Stattdessen starrte sie weiterhin nach oben. Scott blieb einige Augenblicke wortlos hinter ihr stehen, bis er sich doch dazu durchringen konnte, ihr seine Hand auf die durchgeweichte Schulter zu legen. „Komm doch bitte wieder mit rein. Ich möchte nicht, dass du noch krank wirst. Wer soll denn bei unserem nächsten Einsatz den Flieger steuern…“ Storm wand sich mit einer ruckartigen Bewegung zu ihm um. Ihre weißen Augen ließen Scott zusammenfahren. „DU! Du kannst ihn doch fliegen! Oder Logan! Ihr habt doch alle den Pilotenschein…“ Verbittert senkte sie den Blick und ließ weiterhin zu, dass Scott den Schirm über sie hielt. Doch dann blickte sie ihn geradewegs an. Der Regen wechselte in Wind und der Wind in Sturm. Er wurde so stark, bis er Scott schließlich den Schirm aus dem Fingern riss und dieser ihn mit sich nahm. „Was soll das Oro?“ Cyclops legte ihr die Hände auf die Schultern, ohne Chance für sie, sich augenblicklich davon zu befreien. „Ist es wegen Jean? Sollte ich vielleicht auch anfangen, hier alles abzufackeln? Sie war auch meine Freundin!“ Scott schniefte herzzerreisend und gab sie schließlich frei. „Sie… war … auch meine Freundin…“ Er wand sich ab und versuchte gegen den Wind kämpfend, wieder das Haus zu erreichen. „…Sie war auch ein Teil von mir…“ Rouge und Bobby waren gerade auf dem Weg zum Aufenthaltsraum. Sie hatten noch ihr Rematch im Tischfußball auszufechten. Hand in Hand schlenderten sie über den Gang - den schützenden Handschuh steht’s über ihren Fingern - als ihnen ein völlig zerzauster und durchgeweichter Scott entgegen eilte. Er hatte mit einem Ruck die Tür aufgerissen, wieder zugeschlagen und stürzte jetzt zwischen den Beiden hindurch, so dass sie ihren Griff nur noch lösen konnten, wenn sie nicht unbedingt mitgerissen werden wollten. „Ich kann das nicht...“ gab er mit weinerlicher Stimme von sich und entfernte sich schnell. Die beiden jungen Leute blickten ihm besorgt hinterher. „Was hat er denn jetzt?“ Maria lief zur Tür und warf einen prüfenden Blick nach draußen. Dort stand noch immer Ororo im starken Wind. Bobby trat hinter sie und blickte ebenfalls hinaus. „Ich denke, das Match verschieben wir besser.“ Rouge wand sich zu ihrem Freund um und strich ihm liebevoll über den Arm. „Ich werde versuchen mit ihr zu reden.“ Der Iceman nickte knapp. „Und du solltest vielleicht Scott folgen. Möglicherweise kannst du ihn ein bisschen beruhigen.“ Als Bobby loseilen wollte, fasste Rouge jedoch erneut seine Hand und hielt ihn an. Dann gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Kapitel 3: Auflockerung ----------------------- Mit einem mehr als unguten Gefühl trat Rouge nach draußen. Der starke Wind erfasste sofort ihr Haar und ließ ihre weiße Strähne tanzen. Fest schlag sie die Arme um sich, währen sie sich Storm näherte. Diese stand ihr zwar abgewandt, doch sie bemerkte ihre Anwesenheit sofort. „Schickt dich Logan?“, bekam Maria sogleich an den Kopf geworfen. „Ähm“, stammelte sie und rieb sich dabei die Schultern. Der starke Wind lies es ihr erheblich kälter erscheinen, wie es eigentlich war. „Nein, wohl eher Scott.“ „Werden mir jetzt nacheinander alle auf den Hals gehetzt?“ Ororo wand sich endlich doch zu ihr um. „Die Jungs machen sich eben Sorgen…“, gab Rouge betroffen zurück. „Und das zu Recht, wie auch ich finde.“ Mit einem zaghaften Lächeln, versuchte sie beruhigend zu wirken. Storm ließ sich auf der zunächst noch nassen - jetzt jedoch wieder trockengewehten - Bank nieder und rieb sich das Gesicht. „Das war in letzter Zeit einfach zu viel für mich.“, flüsterte sie und nahm die Hände vor die Augen. Der eisige Wind schwächte augenblicklich zu einem kühlen Lüftchen ab. Rouge ließ sich neben ihr auf der Bank nieder. Sie wusste nicht was sie sagen sollte, also legte sie Storm die Hand auf die Schulter. „Das, was mit Jean passiert ist, ist wohl das schlimmste, was ich mir überhaupt denken kann“, begann sie zaghaft. Auf keinen Fall wollte sie, dass Storm wieder ausbrach. „Keiner verkraftet diese Sache. Nicht einer hier. Was denkst du, wie sich Scott und der Professor fühlen müssen?“ Ororo blickte sie mit nassen Augen schweigend an. „Lass uns drinnen reden, ja? Mir ist es hier draußen echt zu ungemütlich.“ Ein kurzer Augenblick verstrich und sie ließ sich erweichen. Rouge hakte sich bei ihr ein, als sie das Haus betraten. Auf dem Flur war jetzt niemand zu sehen. Kein Bobby, kein Scott und auch kein Logan, der vielleicht nur sofort wieder dumme Fragen gestellt hätte. Alles wirkte ruhig, bis auf die Geräusche des Fernsehers, welche aus einer offenen Tür heraustraten. Auch jetzt zappte wieder jemand wild durch die Kanäle. „Vielleicht sollten wir in mein Zimmer gehen“, schlug Maria vor. Ororo nickte einverstanden. Dieses Zimmer war von hier aus am nächsten und sie wollte jetzt, dass ihr so wenig wie möglich Bewohner über den Weg liefen. „Mach es dir schon mal bequem“, sagte Rouge, während sie jedoch in der Tür stehen blieb. „Ich hole uns beiden noch einen Tee, einverstanden?“ Storm nickte und trat schließlich vollends ein. Marias Zimmergenossin war noch im Hause unterwegs, also hatte sie jetzt hier erst einmal ihre Ruhe. Ruhe, bis Rouge zurück war und ihr vielleicht Fragen stellte, die sie gar nicht hören und schon gar nicht beantworten wollte. Ororo fiel sofort die Wand mit den ganzen Zeichnungen und Bildern auf. Sie war noch nie so recht in diesem Zimmer gewesen und nutzte von daher diese Chance alles einmal genauer zu betrachten. In aller Ruhe wanderten ihre Augen über alles was hier aufgehängt war, bis ihr Blick an einer Zeichnung hängen blieb. Einer Karikatur von Maria und Bobby. Rouge hatte dieses Bild einfach in der Mitte der Wand irgendwo oben drauf mit einer Nadel festgesteckt. Storm zog diese heraus, während sie das Bild an sich nahm, doch als sie sich umwand, stand Rouge bereits hinter ihr. „Wer hat denn diese Zeichnung gemacht?“ Maria schnaubte gereizt und drückte Storm eine der Tassen in die Hand. „Peter, dieser Witzbold!“ Sie nahm Ororo Zeichnung und Nadel ab und reichte ihr auch noch die zweite Tasse. Storm warf ihr einen überraschten Blick zu. „Peter?“ „Dieses Bild habe ich zufällig in seinen Matheaufzeichnungen gefunden und kurzerhand eingezogen.“ Mit einem mehr als genervten Blick pinnte sie es wieder zurück an die Wand. Sie hätte es auch einfach wegschmeißen können, oder zumindest in einem Schrankfach weit, weit unten verstecken können, aber nein, sie heftete es an die Wand zurück. „Auch wenn ich es nicht im geringsten witzig finde, gefällt es mir irgendwie…“ Sie strich mit der Fingerspitze über die starr abstehenden Bobby-Haare auf der Bleistiftzeichnung. „Hat Bobby es auch schon gesehen?“ „Ja, und er hat Peter auch rund gemacht, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es genauso ist…“ Rouge ließ sich auf ihr Bett plumpsen, während ihr Blick noch immer an der Zeichnung hing. „Soll ich mit ihm darüber reden?“ Storm reichte ihr eine der Tassen. Jetzt war sie es wieder, die Fürsorglichkeit an den Tag legte. „Nein, ich denke, dass ist nicht notwendig“, gab Rouge jedoch zurück und wärmte die Finger an der Tasse. „Es tut mir leid, dass ich nichts für dich tun kann.“ Storm lies sich ebenfalls nieder. „Es ist eben nicht zu ändern.“ Schnellstens trank Maria einen Schluck Früchtetee. „Aber wollten wir nicht eigentlich über dich reden?“ Ororo zuckte zusammen. Sie hatte derartige Fragen befürchtet. „Besser nicht.“ Sie schwieg kurz. „Scott gibt sich alle Mühe, sich zusammenzureißen und ich…“ Ein dumpfes, alles erdrückendes Schweigen erfüllte den Raum. „Gibt es vielleicht noch etwas anderes, was dich quält? Möglicherweise ist es dir ja nicht einmal selbst bewusst, dass es dich quält. Warst du schon einmal bei Professor X? Er könnte deine Gedanken lesen und…“ „Nein, das… das will ich auf keinen Fall.“ Ororo trank einen großen Schluck und warf einen Blick aus dem Fenster. „Warum nicht? Vielleicht kann er dir ja helfen.“ „Vielleicht bin ich einfach schon viel zu lange allein…“ Storm trank ihre Tasse leer und erhob sich wieder. „Ich denke, ich sollte jetzt wieder gehen.“ Sie warf Rouge einen warmen Blick zu. „Vielen dank für den Tee.“ „Sicher, kein Problem. Für dass heiße Wasser danke dem Wasserkocher.“ Ein Schmunzeln huschte über Ororos Lippen. „Das werde ich bei Gelegenheit tun.“ „Storm?“ Sie blieb erneut an der Tür stehen und blickte zu Maria zurück. „Versprich mir, dass du kein weiteres Unwetter heraufbeschwörst. Die Kinder hier, hatten zeitweise furchtbare Angst.“ „Versprochen.“ Dann fiel die schwere Tür bereits ins Schloss zurück. Rouge starrte an die ihr gegenüber liegende Wand. Irgend etwas bedrückte Storm zusätzlich und ließ ihre Selbstkontrolle, die sie an ihr so bewunderte, im Nebel verschwinden. Irgend etwas, wovon möglicherweise keiner hier eine Ahnung hatte. Denkbar, dass sie selbst auch keine Ahnung hatte. Vielleicht sollte sie den Professor einfach selbst darauf ansetzten, Ororos Gedanken zu lesen, auch wenn ihr das ganz gewiss nicht Recht war. Kapitel 4: Ruhe nach dem Sturm ------------------------------ Ororo trat auf den Gang und zog erleichtert die nach altem Haus riechende Luft tief ein. War sie also um eine unnötige Fragerei noch einmal herumgekommen. Mit einem Kopfschütteln dachte sie jedoch sofort wieder an diese Zeichnung, an Roges Wand. Wie konnte Peter nur! Vielleicht sollte sie ihn in den Unterrichtsstunden einfach ein bisschen härter herannehmen... Ihr Weg führte sie stattdessen in die Küche. Sie wollte die Tasse zurückbringen, selbst auf die Gefahr hin, dass ihr jetzt doch jemand über den Weg lief, den sie jetzt lieber gemieden hätte. Die zunächst für rein gehaltene Luft, sollte sich jedoch wenige Augenblicke später bereits als wesendlich alkoholhaltiger entfalten. Als Ororo an die Spüle trat, fühlte sie sich noch unbeobachtet. Es brannte kein Licht in diesem Raum, also nahm sie an, dass sie alleine war. Sie selbst hatte es beim betreten jedoch auch nicht eingeschaltet. Doch dann hörte sie etwas verdächtiges. Mit einer zügigen Bewegung wand sie sich danach um und sofort fiel ihr die Silhouette eines Männerkopfes auf. Sie konnte nur ein Stück seines Kopfes ungenau erkennen, da der sich hier Befindende auf dem Boden hockte und ihn der Schein der Straßenlampe nur knapp traf. Mit schnellen Schritten war sie heran, doch abrupt kam sie wieder zum stehen. „Scott?“ Der angesprochene blickte nicht auf. „Was sitzt du denn hier im dunkeln auf dem Boden?“ Endlich hob er doch den Blick und Storm fiel eine verdächtige Flasche in seiner Hand auf. Sie bückte sich danach und bekam diese sogar zu fassen, ohne dass er Gegenwehr leistete. Es war eine Flasche Jack Daniels. Ein gutes drittel des Inhaltes fehlte bereits. „Kannst du mir erklären, was du hier tust?“ Vorwurfsvoll blickte sie zu ihm hinab. Scott antwortete nicht. Er legte sich stattdessen die Hände über den Kopf, krallte sich an seinen Haaren fest und senkte den Blick. Ororo ließ sich neben ihm auf dem Boden an der Wand nieder. „Wo hast du dieses Zeug her?“ „Aus dem Supermarkt!?“, war seine überraschend prompte Antwort. Eine Whiskyfahne wehte ihr entgegen. „Wie kannst du nur! Bist du nicht gerade einer von denen, der sich steht’s an die Regeln hält? Wie war das noch gleich: Kein Alkohol auf dem Schulgelände?“ Scott wollte sofort wieder nach der Flasche in ihrer Hand greifen, doch geschickt brachte sie diese aus seiner Reichweite und stellte sie auf dem Boden ab. „Ich denke, du hattest genug.“ Ihr unruhiger Blick fiel auf sein verzerrtes Gesicht. „Ich hätte dich vorhin keinesfalls so behandeln dürfen“, brachte sie wehmütig hervor und fasste nach seiner Hand. „Ich hatte wirklich nicht das Recht dazu.“ Cyclops Lippen zitterten, als er sie direkt ansah und eine Träne rollte ihm über die Wange. „Ich halte das alles nicht mehr aus.“ Seine Stimme versagte ihm bei diesen Worten fast. „Ich weiß nicht, wie ich dass durchstehen soll...“ Scott nahm die Brille ab und rieb sich die fest geschlossenen Lider. Welche Feuerkraft sich dahinter verbarg, wusste er nur zu genau. Auch sein Gesicht befreite er noch von den ihm entwichenen Tränen um die Brille schnellstens wieder an seinen angestammten Platz zurückkehren zu lassen. Dann erst blickte er Ororo wieder direkt an. Sie hatte die ganze Zeit schweigend neben ihm gesessen und erst als sie sein Blick erneut traf, schien sie wieder zum sprechen in der Lage zu sein. „Ich kannte sie mindestens genauso lange wie du“, begann sie zögernd und griff wiederum seine Hand. „Auch wenn ich sie ganz sicher nicht genau so gut gekannt habe wie du.“ Scott lehnte den Kopf an die Wand und starrte an die Decke, während ihm ein lautes Schluchzen entfuhr. „Vielleicht solltest du dich hinlegen, Scott.“ Storm strich ihm behutsam die völlig wild abstehenden Haare ein bisschen zurecht, doch sie unterließ das schleunigst, als er ihr den Blick erneut zuwandte. „Ich bring dich in dein Zimmer.“ Sie erhob sich und half ihm auf. Cyclops ließ dies bereitwillig mit sich geschehen. Um alleine stehen geschweige denn laufen zu können, reichte es jetzt bei ihm nicht mehr, also hackte sich Storm bei ihm ein. Nur langsam schafften sie den Weg über den Gang. Dank der Begebenheit, dass sein Zimmer im ersten Obergeschoss war, mussten sie jetzt auch noch die Treppe überwinden. Der Fahrstuhl wäre zwar auch noch eine Möglichkeit gewesen, doch Storm entschied sich kurzerhand dagegen, da er hier wenigstens an der frischen Luft war. Scotts Knie zitterten, als er sich von seiner weiblichen Begleitung nahezu die Treppe hinaufgetragen fühlte. Sollte er sein Bett noch erreichten, würde er sicherlich bewegungslos darauf zusammenbrechen. So fest es ihm möglich war, klammerte er sich an den Handlauf, um ihr wenigstens etwas Hilfeleistung entgegenzubringen. Oben angekommen umschlang sie wieder fest seine schmale Hüfte. Als sie ihm einen prüfenden Blick zuwarf, musste sie feststellen, dass er mit gesenktem Kopf noch um einiges gebrochener wirkte. „Diese Schule braucht dich, Scott. Die Schüler, Professor Xavier. Nun, Logan vielleicht nicht unbedingt, aber ich.“ Cyclops blickte kurz zu ihr hinüber und für einen Augenblick huschte ihm ein Lächeln über die Lippen. Vor der Zimmertür angekommen, musste sie ihm erneut fest greifen, da er sonst womöglich weggekippt wäre. Scott fasste sofort nach der Türklinke. „Kommst du von hier ab allein zurecht, oder muss ich dich auch noch zu Bett bringen?“ Ororo versuchte ihn jetzt unbedingt aufzumuntern, auch wenn ihr keineswegs nach Lachen zu Mute war. Scott hingegen nickte nur, mit zusammengepressten Lippen. „Vielen Dank, Oro“, entwich es ihm kleinlaut und er senkte erneut den Blick, während er seine Finger nicht von der Klinke nahm. Storm strich ihm beruhigend über die Schulter, während sie ihn genau musterte, dann schloss sie ihn, ohne länger darüber nachzudenken, in die Arme. „Wir stehen das durch! Mach bitte keinen Mist.“ Scott schwieg erneut nur auf ihre Worte. „Versprich mir das!“ Ororos Blick hing fest an seinen Gläsern. Ein knappes Nicken war jedoch seine einzige Antwort darauf. „Ich hoffe nur, ich bin morgen nüchtern genug, den Unterricht abzuhalten“, lenkte er stattdessen ab. Storm gab ihren Freund schließlich aus der Umarmung frei. „Vielleicht solltest du dir morgen frei nehmen. Dich ein bisschen ausruhen“, doch Cyclops unterbrach sie, sich weigernd. „Wenn ich zu viel Zeit für mich habe, denke ich nur wieder zu sehr über alles nach…“ Dann siegte schlagartig seine Müdigkeit. „Ich gehe zu Bett.“ Kapitel 5: Sternenklare Nacht ----------------------------- Wehmütig dachte sie an Scotts momentanen Zustand, als sie erneut die Treppe nach unten schritt. Er war völlig am Ende. Auch der Professor hatte seine manchmal recht unterhaltsame, amüsante Art abgelegt. Hatte er doch so viel auf Jean gehalten. Sie war seine beste Schülerin. Ohne Zweifel hing er an ihr am meisten. Zu Beginn hatte Storm diese Begebenheit ziemlich geschmerzt, doch das hatte sich recht bald gelegt und jetzt? War sie es nicht, die seit geraumer Zeit für das schlechte Wetter verantwortlich gemacht werden konnte. Sah sie sich jetzt plötzlich wieder als außenstehende, wenn sie das ganze Leid und die Traurigkeit der Anderen wahrnahm. War sie jetzt die jene, die das Trösten übernahm, jetzt, wo es Jean nicht mehr tat? Sie war jetzt die einzige weibliche Lehrkraft hier. Und sie war einen Rang gestiegen, wie es schien, aber wollte sie das noch? Ororo trat erneut nach draußen auf die Terrasse und blickte in den, mit niedrigen Hecken, Rasen und Blumen angelegten, Park. Sie saß gerne hier, auch wenn sie es nur hin und wieder tat, um mit dem Wetter zu spielen. Storm zog tief die kühle Luft ein, doch Stimmen aus dem Gebäude hinter ihr ließen sie zusammenfahren. Kurz schweifte ihr Blick zurück, bis sie sich wieder den Wolken widmete. Ein paar Kinder waren über den Gang gelaufen und verbreiteten kurz Lärm. Wie gut hier doch alle untergebracht waren, dachte sie sofort mit einem kurzen Lächeln voller Zufriedenheit. Wenn sie dabei an ihre Anfangszeit hier dachte... Es war zu Beginn nicht leicht gewesen und auch jetzt und selbst in fernerer Zukunft gab es noch Probleme und würde es auch weiterhin geben, aber die Situation schien sich zu bessern. Zu bessern? Solche Gedanken, nach dem, was hier vorgefallen war? Unwillig, ihrer eigenen Gedanken wegen, schüttelte sie den Kopf. Im Augenblick komme es wohl gerade kaum schlimmer sein. Die Aufräumarbeiten im Gebäude schienen zudem ewig gedauert zu haben, weil keiner auch nur Ansatzweiße bei der Sache gewesen war. Ororo schniefte und betrat den Park jetzt doch über die breite Rampe, neben der Treppe welche eigens für den Professor hier angelegt worden war. Auf dem Weg nach unten kamen ihr auch hier noch eine Hand voll Kinder lärmend entgegen. Wie unbefangen Kinder doch sein konnten. Mit einem gewissen Maß an Neid blickte sie ihnen kurz nach, bis sie ihr Weg wieder zu der Bank fürchte, auf der sie vor geraumer Zeit noch mit Rouge gesessen hatte. Storm ließ die Hände in den Taschen verschwinden, ließ sich nieder und starrte abermals gen Himmel. Ihre Wolken hielten sich auch weiterhin hartnäckig über dem Schulgelände. Es war erst 18:00 Uhr und doch wirkte es, als wäre es bereits tiefste Nacht. Dennoch gelang es ihr nicht, die Wolken verschwinden zu lassen. Zu tief getroffen war auch sie, nach all dem, was hier geschehen war. Ein paar dunkele Rauchschwaden hingen kurz über der schmalen Treppe, die zu einem der Seiteneingänge hinauf führte und leise Schritte näherten sich daraufhin der massiven Tür. Nur sehr langsam drückte er die Klinke der alten Tür herunter und das Quietschen, welches dabei entstand, klang dadurch nur noch gruseliger. Er trat ein und blickte sich unruhig um. Um diese Uhrzeit herrsche heute hinter diesen Mauern bereits eine Stille, die es hier schon fast unerklärlich gespenstig machte. Er ließ die Tür wieder ins Schloss zurückfallen und setzte seinen Weg über den schwach beleuchteten Gang fort. Kinderlachen hinter verschlossenen Türen ließen seine Schritte schneller werden. Dann stürmte jedoch eine Gruppe von Kindern plötzlich aus einer der Türen heraus und er brachte sich mit einem flinken Sprung an die Decke in Sicherheit, bevor sie ihn umrennen konnten. Abrupt hielten die Kinder an und alle wanden sich um, als der Nightcrawler vor ihren Füßen wieder auf dem Boden landete. „Schönen guten Abend alle zusammen“, brachte er auf seine überaus freundliche Art hervor. Dennoch waren einige von ihnen sofort zu Salzsäulen erstarrt. Sie tauschten erschrockene Blicke untereinander aus. Widerstrebend betrachtete er ihr Gesichter. Hatte er nicht einige von ihnen aus der Gefangenschaft befreit? Hatten sie ihn vergessen? Einer der Jungen trat doch endlich mit einem Lächeln auf ihn zu. „Du bist wieder zurück, Kurt?“ Schnell hockte sich der angesprochene auf den Boden und schloss Artie fest in die Arme. „Ich muss doch kontrollieren, ob hier auch alles Glatt läuft. Wie geht’s dir, Kleiner?“ „Ganz gut“, gab dieser zurück und befreute sich aus der Umarmung, um sich zu seinen Freunden umzuwenden. „Das hier ist Kurt“, stellte er ihn vor. „Er hat uns befreit, als unsere Schule überfallen wurde, wo ihr euch hier mit Peter verstecken musstet.“ Mit einem gewissen Maß an Stolz, erhob sich der Nightcrawler wieder. Ein zaghaftes Lächeln der anderen waren die Antwort auf seine Worte. Sie schienen ihn wirklich noch nicht zu kennen. Unruhig begann sich Artie jedoch umzublicken. „Wir müssen los“, gab er schließlich an, währen sich der Rest schon davon machen wollte, doch der Nightcrawler hielt ihn erneut kurz an der Schulter an. „Weist du, wo ich Storm finde?“ Artie verzog säuerlich das Gesicht und wartete einen Augenblick, bis der Rest seiner Freunde außer normalmenschlicher Hörweite waren. „Sie war vorhin noch bei Rouge, aber ich denke, sie ist wieder im Park, aber sie...“ Er brach unruhig ab. Kurt erhob sich dennoch. Er wollte sich keineswegs abhalten lassen sie zu sehen, doch eine kleine Hand fasste nach seinem Arm. „Du solltest sie in Ruhe lassen. Es geht ihr nicht so gut. Seit Tagen macht sie hier schlechtes Wetter, musst du wissen. Es regnet immer nur und Abends ist manchmal sogar Gewitter.“ Der Nightcrawler hockte sich abermals vor Artie auf den Boden. „Es ist lieb von dir, dass du dir Sorgen machst, Kleiner, aber ich denke, ich komme mit ihr zurecht.“ Mit einem vertrauensvollen Lächeln im Gesicht strich er dem Jungen kurz über die Schulter, dann erhob er sich erneut und atmete tief durch. „Ich denke, ich lasse es einfach drauf ankommen.“ Während er sich wiederum erhob, hatte Artie bereits die Beine in die Hand genommen, um die Anderen einzuholen. Kurt blickte ihnen noch so lange nach, bis sie schließlich in einer der Türen verschwunden waren, dann erst wand er sich ab, um die nächste Tür zu finden, welche in den Park führte. Sich einfach hinauszuteleportieren wäre zwar um einiges einfacher gewesen und schneller gegangen, aber er war im Augenblick so nervös, dass er sich erst einmal wieder beruhigen musste. Langsamen Schrittes folgte er dem Gang, doch Professor Xaviers Blick, der ihn für einen Augenblick traf, bis er sich wieder unauffällig in sein Zimmer zurückzog, bemerkte er nicht. Als Kurt endlich die nächste Tür zum Park erreicht hatte, blieb er tief einatmend davor stehen. Er blickte unsicher hinaus, konnte von hier aus jedoch niemanden erkennen. Unruhig bewegte er einige Male seinen markanten Schwanz hin und her, erst dann wagte er sich hinaus. Von einem Unwetter war jedoch auch auf dieser Seite des Hauses nichts zu merken. Mit einer Aufregung, die ihn innerlich fast verbrannte, trat er an die steinerne Brüstung heran und bereits jetzt konnte er Ororos weißes Haar leuchten sehen. „Storm?“ Eine Männerstimme riss sie sofort aus den Gedanken. Sie kannte diese Stimme. Sie war ihr vertraut. Dennoch war es nicht die raue Stimme Wolverins, der doch nur wieder um besseres Wetter bettelte und es war auch nicht Scott. Dieser schlief mittlerweile hoffendlich tief und fest. Hastig sprang sie von der Bank auf und wand sich nach der Stimme um. Was sie sah war ein strahlendes Lächeln, welches schneeweiße Zähne preisgab, umgeben von einem dunkelblauen Gesicht. „Kurt?“ Ororos Blick hellte sich schlagartig auf. „Du bist zurück?“ Sie konnte es einfach nicht fassen. Mit flinken Bewegungen schritt er die Treppe herunter. Er hätte sich abermals Teleportieren können, doch es zog es jetzt erst recht vor, die Dimension keinesfalls zu wechseln. Er musste diesen Augenblick auskosten. Dennoch hatte er sie zügig erreicht und vor ihr stehend, fehlten ihm, wie zu erwarten, die Worte. Ungläubig blickte Ororo ihn an und beobachtete seinen Versuch, die richtigen Worte zu finden, ganz genau, bis sie es schließlich war, die nach seinen Händen fasste. Doch dann umarmte sie ihn einfach, als es ihr Mut endlich zuließ. Kurt schmuste sich so eng an sie, wie er konnte und strich ihr dabei mit der Hand liebevoll über ihr weißes Haar. „Ich freue mich so, dass du wieder zurück bist. Wo bist du nur gewesen, Kurt?“ „Ich musste nachdenken und ich habe mich verabschiedet“, gab er ihr jetzt schnellstens zur Antwort. Mit fragendem Blick sah ihm Storm in die Augen. „Ich war noch einmal im Zirkus. Ich habe mich nun restlos von diesen Leuten dort verabschiedet. Ich musste es einfach tun. Ich weiß selbst nicht warum. Wo sie mich doch dort wie den letzten Dreck behandelt haben...“ Ororo strich ihm mitfühlend über den Rücken, woraufhin er sie wieder direkt anblickte. Es gelang beiden nicht, sich aus ihrer Umarmung zu befreien. „Und ich war noch einmal in Boston, in der alten Kirche. Ich habe noch ein paar Sachen geholt, doch dann kam mir etwas in die Finger und ich musste sofort an einen bestimmten Menschen denken. Ein Gedanke, der mich nicht los ließ, bis ich an nichts anderes mehr denken konnte.“ Nach diesen Worten brachte der Nightcrawler eine weiße Rose mit dem Schwanz hervor, deren Stiel er mit seinem markanten Körperteil einige Male umschlungen hatte. Ororos Augen wurden groß und ihre Unterlippe begann zu zittern. Da sie jedoch nicht danach fasste, war es Kurt selbst, der sie in die Hand nahm. „Du hast mich von Anfang an keine Angst vor meiner Erscheinung spüren lassen“, brachte er es sofort auf den Punkt und blickte ihr fest in die Augen, dann senkte er jedoch den Blick und starrte auf die Rose in seiner Hand. „Keiner fürchtet sich hier vor dir“, widersprach Ororo schnellstens, während sie nach seiner Hand fasste, welche noch immer verkrampft die Rose hielt. „Oh doch. Einige der Kinder fürchteten mich und einige von ihnen tun es auch jetzt noch, als ich vorhin das Schulgebäude betrat.“ „Sie kennen dich eben nicht. Wenn sie dich kennen würden, wüssten sie, dass du…“ „Du kanntest mich doch auch nicht, als wir uns in Boston das erste mal begegnet sind. Ich war beeindruckt, als ihr völlig ohne Angst in die alte Kirche eingedrungen seid. Beeindruckt von euch beiden. Das mit Jean tut mir so furchtbar leid.“ Er senkte betroffen den Blick. Ororo jedoch heftete ihren Blick fest gen Himmel und ihre Augen verfärbten sich weiß. Daraufhin verzogen sich sofort die Wolken und die Sicht auf die unzähligen Sterne wurde frei. Als sie Kurt wieder ansah, lag scheu in seinen Augen. „Aber du scheinst mich zu fürchten...“ Sie wusste nicht so recht, ob sie auf seine jetzige Reaktion mit einem Lächeln antworten sollte, oder nicht. „Ich bin ein gottesfürchtiger Mann und du ... du kannst das Wetter beeinflussen. Das macht dich in meinen Augen Göttergleich. Nie bin ich einer Frau wie dir begegnet...“ Ororo strich ihm liebevoll übers Haar. Kurts Herz raste, doch ihr ging es keineswegs anders. Sie musste ihn jetzt einfach küssen. Sie war ihm so dankbar, für all die netten Worte, die er ihr eben gesagt hatte. Der Nightcrawler schloss sofort die Augen, als er Storms Vorhaben registrierte. Er konnte sein Glück kaum fassen. Willenlos klammerte er sich an sie. Diese Frau hatte sein Herz erobert, noch bevor er sich selbst im Klaren war, dass das jemals geschehen konnte. Kurts Nähe zu spüren, tat ihr gut. Dabei vergaß sie alles um sie herum. Sie würde diesen Mann nicht wieder ziehen lassen. „Du wirst jetzt hoffentlich bleiben?“, fragt sie ihn plötzlich völlig unerwartend und sah ihm fest in die Augen. „Einen wie dich können wir bei den X-Men nur zu gut gebrauchen.“ Der Nightcrawler biss sich kurz auf die Lippen. „Ich kann nur hoffen, dass das nicht der einzige Grund ist, weshalb ich bleiben soll...“ Doch diese Angst nahm ihm Storm mit einem Kopfschütteln und einer erneuten festen Umarmung. „Vielleicht sollten wir jetzt endlich rein gehen“, schlug sie vor und entließ ihn aus ihrer Umarmung. Kurt nickte und fasste nach ihrer Hand, als sie die Treppe zurück nach oben auf die Terrasse betraten. „Wo ist eigentlich dein Zimmer?“ Sein suchender Blick fiel unruhig über die Hausseite, an der sie sich jetzt befanden. „Gleich da oben“, gab Storm sofort an und deutete mit dem Finger in die besagte Richtung. Kurt setzte ein schelmisches Grinsen auf. „Dann werde ich uns mal reinbringen.“ Mit diesen Worten umarmte er Ororo wieder eng um ihre Hüfte. Diese klammerte sich an ihrer weißen Rose fest, die sie ihm zuvor doch endlich abgenommen hatte. „Bist du sicher, dass du das wirklich hinbekommst?“ Ihr verunsicherter Blick fiel ebenfalls nach oben. „Bis acht Meter stellt es kein Problem dar. Vertrau mir, Ororo.“ „Aber natürlich vertraue ich dir. Das solltest du mittlerweile wissen.“ Ein kurzer Luftzug umfuhr ihre beiden Nasen und schon standen sie eine Etage höher auf dem kleinen Balkon. Kurt antwortete mit einem charmanten Lächeln, als er bemerkt hatte, das Storm vor Schreck die Luft angehalten hatte. „Alles in Ordnung mit dir?“ Ororo nickte hastig und warf einen kurzen Blick nach unten. Wirklich bemerkenswert, dachte sie sich im stillen, doch dann war sie es, die ein Lächeln auf den Lippen hatte, während sie an der Rose roch. „Für gewöhnlich schließe ich meine Balkontür ab, wenn ich mich nicht in meinem Zimmer aufhalte...“ „Du solltest wissen, dass ich auch damit kein Problem habe. Immerhin kann ich hineinsehen und weiß, was sich auf der anderen Seite befindet...“ Abermals zog er sie liebevoll an sich und keinen Augenblick später befanden sich beide auf der anderen Seite der Hauswand. „Habe ich schon erwähnt, dass ich deine Gabe unheimlich schätze?“ Ororo sah Kurt tief in die Augen. „So direkt hast du dass noch nicht erwähnt, nein.“ Sein darauffolgendes Grinsen zauberte auch Storm ein Lächeln ins Gesicht. Unruhig begann er plötzlich mit einem seiner ungewöhnlich aussehenden Füßen auf dem Boden zu scharren. „Ist es überhaupt um diese Zeit noch möglich, dass ich hier ein Zimmer bekommen kann? Ich meine, ich bin ja nicht einmal angemeldet und es weiß auch kaum einer, dass ich hier bin.“ Sein fragender Blick fiel kurz zur Tür und anschließend wieder auf Storms Gesicht. „Ich denke schon, dass das möglich sein würde, aber ... ich könnte dich ebenso gut fragen, ob du mir vielleicht auch diese Nacht Gesellschaft leisten würdest... ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)