Wetterfühligkeit von Trollfrau ================================================================================ Kapitel 5: Sternenklare Nacht ----------------------------- Wehmütig dachte sie an Scotts momentanen Zustand, als sie erneut die Treppe nach unten schritt. Er war völlig am Ende. Auch der Professor hatte seine manchmal recht unterhaltsame, amüsante Art abgelegt. Hatte er doch so viel auf Jean gehalten. Sie war seine beste Schülerin. Ohne Zweifel hing er an ihr am meisten. Zu Beginn hatte Storm diese Begebenheit ziemlich geschmerzt, doch das hatte sich recht bald gelegt und jetzt? War sie es nicht, die seit geraumer Zeit für das schlechte Wetter verantwortlich gemacht werden konnte. Sah sie sich jetzt plötzlich wieder als außenstehende, wenn sie das ganze Leid und die Traurigkeit der Anderen wahrnahm. War sie jetzt die jene, die das Trösten übernahm, jetzt, wo es Jean nicht mehr tat? Sie war jetzt die einzige weibliche Lehrkraft hier. Und sie war einen Rang gestiegen, wie es schien, aber wollte sie das noch? Ororo trat erneut nach draußen auf die Terrasse und blickte in den, mit niedrigen Hecken, Rasen und Blumen angelegten, Park. Sie saß gerne hier, auch wenn sie es nur hin und wieder tat, um mit dem Wetter zu spielen. Storm zog tief die kühle Luft ein, doch Stimmen aus dem Gebäude hinter ihr ließen sie zusammenfahren. Kurz schweifte ihr Blick zurück, bis sie sich wieder den Wolken widmete. Ein paar Kinder waren über den Gang gelaufen und verbreiteten kurz Lärm. Wie gut hier doch alle untergebracht waren, dachte sie sofort mit einem kurzen Lächeln voller Zufriedenheit. Wenn sie dabei an ihre Anfangszeit hier dachte... Es war zu Beginn nicht leicht gewesen und auch jetzt und selbst in fernerer Zukunft gab es noch Probleme und würde es auch weiterhin geben, aber die Situation schien sich zu bessern. Zu bessern? Solche Gedanken, nach dem, was hier vorgefallen war? Unwillig, ihrer eigenen Gedanken wegen, schüttelte sie den Kopf. Im Augenblick komme es wohl gerade kaum schlimmer sein. Die Aufräumarbeiten im Gebäude schienen zudem ewig gedauert zu haben, weil keiner auch nur Ansatzweiße bei der Sache gewesen war. Ororo schniefte und betrat den Park jetzt doch über die breite Rampe, neben der Treppe welche eigens für den Professor hier angelegt worden war. Auf dem Weg nach unten kamen ihr auch hier noch eine Hand voll Kinder lärmend entgegen. Wie unbefangen Kinder doch sein konnten. Mit einem gewissen Maß an Neid blickte sie ihnen kurz nach, bis sie ihr Weg wieder zu der Bank fürchte, auf der sie vor geraumer Zeit noch mit Rouge gesessen hatte. Storm ließ die Hände in den Taschen verschwinden, ließ sich nieder und starrte abermals gen Himmel. Ihre Wolken hielten sich auch weiterhin hartnäckig über dem Schulgelände. Es war erst 18:00 Uhr und doch wirkte es, als wäre es bereits tiefste Nacht. Dennoch gelang es ihr nicht, die Wolken verschwinden zu lassen. Zu tief getroffen war auch sie, nach all dem, was hier geschehen war. Ein paar dunkele Rauchschwaden hingen kurz über der schmalen Treppe, die zu einem der Seiteneingänge hinauf führte und leise Schritte näherten sich daraufhin der massiven Tür. Nur sehr langsam drückte er die Klinke der alten Tür herunter und das Quietschen, welches dabei entstand, klang dadurch nur noch gruseliger. Er trat ein und blickte sich unruhig um. Um diese Uhrzeit herrsche heute hinter diesen Mauern bereits eine Stille, die es hier schon fast unerklärlich gespenstig machte. Er ließ die Tür wieder ins Schloss zurückfallen und setzte seinen Weg über den schwach beleuchteten Gang fort. Kinderlachen hinter verschlossenen Türen ließen seine Schritte schneller werden. Dann stürmte jedoch eine Gruppe von Kindern plötzlich aus einer der Türen heraus und er brachte sich mit einem flinken Sprung an die Decke in Sicherheit, bevor sie ihn umrennen konnten. Abrupt hielten die Kinder an und alle wanden sich um, als der Nightcrawler vor ihren Füßen wieder auf dem Boden landete. „Schönen guten Abend alle zusammen“, brachte er auf seine überaus freundliche Art hervor. Dennoch waren einige von ihnen sofort zu Salzsäulen erstarrt. Sie tauschten erschrockene Blicke untereinander aus. Widerstrebend betrachtete er ihr Gesichter. Hatte er nicht einige von ihnen aus der Gefangenschaft befreit? Hatten sie ihn vergessen? Einer der Jungen trat doch endlich mit einem Lächeln auf ihn zu. „Du bist wieder zurück, Kurt?“ Schnell hockte sich der angesprochene auf den Boden und schloss Artie fest in die Arme. „Ich muss doch kontrollieren, ob hier auch alles Glatt läuft. Wie geht’s dir, Kleiner?“ „Ganz gut“, gab dieser zurück und befreute sich aus der Umarmung, um sich zu seinen Freunden umzuwenden. „Das hier ist Kurt“, stellte er ihn vor. „Er hat uns befreit, als unsere Schule überfallen wurde, wo ihr euch hier mit Peter verstecken musstet.“ Mit einem gewissen Maß an Stolz, erhob sich der Nightcrawler wieder. Ein zaghaftes Lächeln der anderen waren die Antwort auf seine Worte. Sie schienen ihn wirklich noch nicht zu kennen. Unruhig begann sich Artie jedoch umzublicken. „Wir müssen los“, gab er schließlich an, währen sich der Rest schon davon machen wollte, doch der Nightcrawler hielt ihn erneut kurz an der Schulter an. „Weist du, wo ich Storm finde?“ Artie verzog säuerlich das Gesicht und wartete einen Augenblick, bis der Rest seiner Freunde außer normalmenschlicher Hörweite waren. „Sie war vorhin noch bei Rouge, aber ich denke, sie ist wieder im Park, aber sie...“ Er brach unruhig ab. Kurt erhob sich dennoch. Er wollte sich keineswegs abhalten lassen sie zu sehen, doch eine kleine Hand fasste nach seinem Arm. „Du solltest sie in Ruhe lassen. Es geht ihr nicht so gut. Seit Tagen macht sie hier schlechtes Wetter, musst du wissen. Es regnet immer nur und Abends ist manchmal sogar Gewitter.“ Der Nightcrawler hockte sich abermals vor Artie auf den Boden. „Es ist lieb von dir, dass du dir Sorgen machst, Kleiner, aber ich denke, ich komme mit ihr zurecht.“ Mit einem vertrauensvollen Lächeln im Gesicht strich er dem Jungen kurz über die Schulter, dann erhob er sich erneut und atmete tief durch. „Ich denke, ich lasse es einfach drauf ankommen.“ Während er sich wiederum erhob, hatte Artie bereits die Beine in die Hand genommen, um die Anderen einzuholen. Kurt blickte ihnen noch so lange nach, bis sie schließlich in einer der Türen verschwunden waren, dann erst wand er sich ab, um die nächste Tür zu finden, welche in den Park führte. Sich einfach hinauszuteleportieren wäre zwar um einiges einfacher gewesen und schneller gegangen, aber er war im Augenblick so nervös, dass er sich erst einmal wieder beruhigen musste. Langsamen Schrittes folgte er dem Gang, doch Professor Xaviers Blick, der ihn für einen Augenblick traf, bis er sich wieder unauffällig in sein Zimmer zurückzog, bemerkte er nicht. Als Kurt endlich die nächste Tür zum Park erreicht hatte, blieb er tief einatmend davor stehen. Er blickte unsicher hinaus, konnte von hier aus jedoch niemanden erkennen. Unruhig bewegte er einige Male seinen markanten Schwanz hin und her, erst dann wagte er sich hinaus. Von einem Unwetter war jedoch auch auf dieser Seite des Hauses nichts zu merken. Mit einer Aufregung, die ihn innerlich fast verbrannte, trat er an die steinerne Brüstung heran und bereits jetzt konnte er Ororos weißes Haar leuchten sehen. „Storm?“ Eine Männerstimme riss sie sofort aus den Gedanken. Sie kannte diese Stimme. Sie war ihr vertraut. Dennoch war es nicht die raue Stimme Wolverins, der doch nur wieder um besseres Wetter bettelte und es war auch nicht Scott. Dieser schlief mittlerweile hoffendlich tief und fest. Hastig sprang sie von der Bank auf und wand sich nach der Stimme um. Was sie sah war ein strahlendes Lächeln, welches schneeweiße Zähne preisgab, umgeben von einem dunkelblauen Gesicht. „Kurt?“ Ororos Blick hellte sich schlagartig auf. „Du bist zurück?“ Sie konnte es einfach nicht fassen. Mit flinken Bewegungen schritt er die Treppe herunter. Er hätte sich abermals Teleportieren können, doch es zog es jetzt erst recht vor, die Dimension keinesfalls zu wechseln. Er musste diesen Augenblick auskosten. Dennoch hatte er sie zügig erreicht und vor ihr stehend, fehlten ihm, wie zu erwarten, die Worte. Ungläubig blickte Ororo ihn an und beobachtete seinen Versuch, die richtigen Worte zu finden, ganz genau, bis sie es schließlich war, die nach seinen Händen fasste. Doch dann umarmte sie ihn einfach, als es ihr Mut endlich zuließ. Kurt schmuste sich so eng an sie, wie er konnte und strich ihr dabei mit der Hand liebevoll über ihr weißes Haar. „Ich freue mich so, dass du wieder zurück bist. Wo bist du nur gewesen, Kurt?“ „Ich musste nachdenken und ich habe mich verabschiedet“, gab er ihr jetzt schnellstens zur Antwort. Mit fragendem Blick sah ihm Storm in die Augen. „Ich war noch einmal im Zirkus. Ich habe mich nun restlos von diesen Leuten dort verabschiedet. Ich musste es einfach tun. Ich weiß selbst nicht warum. Wo sie mich doch dort wie den letzten Dreck behandelt haben...“ Ororo strich ihm mitfühlend über den Rücken, woraufhin er sie wieder direkt anblickte. Es gelang beiden nicht, sich aus ihrer Umarmung zu befreien. „Und ich war noch einmal in Boston, in der alten Kirche. Ich habe noch ein paar Sachen geholt, doch dann kam mir etwas in die Finger und ich musste sofort an einen bestimmten Menschen denken. Ein Gedanke, der mich nicht los ließ, bis ich an nichts anderes mehr denken konnte.“ Nach diesen Worten brachte der Nightcrawler eine weiße Rose mit dem Schwanz hervor, deren Stiel er mit seinem markanten Körperteil einige Male umschlungen hatte. Ororos Augen wurden groß und ihre Unterlippe begann zu zittern. Da sie jedoch nicht danach fasste, war es Kurt selbst, der sie in die Hand nahm. „Du hast mich von Anfang an keine Angst vor meiner Erscheinung spüren lassen“, brachte er es sofort auf den Punkt und blickte ihr fest in die Augen, dann senkte er jedoch den Blick und starrte auf die Rose in seiner Hand. „Keiner fürchtet sich hier vor dir“, widersprach Ororo schnellstens, während sie nach seiner Hand fasste, welche noch immer verkrampft die Rose hielt. „Oh doch. Einige der Kinder fürchteten mich und einige von ihnen tun es auch jetzt noch, als ich vorhin das Schulgebäude betrat.“ „Sie kennen dich eben nicht. Wenn sie dich kennen würden, wüssten sie, dass du…“ „Du kanntest mich doch auch nicht, als wir uns in Boston das erste mal begegnet sind. Ich war beeindruckt, als ihr völlig ohne Angst in die alte Kirche eingedrungen seid. Beeindruckt von euch beiden. Das mit Jean tut mir so furchtbar leid.“ Er senkte betroffen den Blick. Ororo jedoch heftete ihren Blick fest gen Himmel und ihre Augen verfärbten sich weiß. Daraufhin verzogen sich sofort die Wolken und die Sicht auf die unzähligen Sterne wurde frei. Als sie Kurt wieder ansah, lag scheu in seinen Augen. „Aber du scheinst mich zu fürchten...“ Sie wusste nicht so recht, ob sie auf seine jetzige Reaktion mit einem Lächeln antworten sollte, oder nicht. „Ich bin ein gottesfürchtiger Mann und du ... du kannst das Wetter beeinflussen. Das macht dich in meinen Augen Göttergleich. Nie bin ich einer Frau wie dir begegnet...“ Ororo strich ihm liebevoll übers Haar. Kurts Herz raste, doch ihr ging es keineswegs anders. Sie musste ihn jetzt einfach küssen. Sie war ihm so dankbar, für all die netten Worte, die er ihr eben gesagt hatte. Der Nightcrawler schloss sofort die Augen, als er Storms Vorhaben registrierte. Er konnte sein Glück kaum fassen. Willenlos klammerte er sich an sie. Diese Frau hatte sein Herz erobert, noch bevor er sich selbst im Klaren war, dass das jemals geschehen konnte. Kurts Nähe zu spüren, tat ihr gut. Dabei vergaß sie alles um sie herum. Sie würde diesen Mann nicht wieder ziehen lassen. „Du wirst jetzt hoffentlich bleiben?“, fragt sie ihn plötzlich völlig unerwartend und sah ihm fest in die Augen. „Einen wie dich können wir bei den X-Men nur zu gut gebrauchen.“ Der Nightcrawler biss sich kurz auf die Lippen. „Ich kann nur hoffen, dass das nicht der einzige Grund ist, weshalb ich bleiben soll...“ Doch diese Angst nahm ihm Storm mit einem Kopfschütteln und einer erneuten festen Umarmung. „Vielleicht sollten wir jetzt endlich rein gehen“, schlug sie vor und entließ ihn aus ihrer Umarmung. Kurt nickte und fasste nach ihrer Hand, als sie die Treppe zurück nach oben auf die Terrasse betraten. „Wo ist eigentlich dein Zimmer?“ Sein suchender Blick fiel unruhig über die Hausseite, an der sie sich jetzt befanden. „Gleich da oben“, gab Storm sofort an und deutete mit dem Finger in die besagte Richtung. Kurt setzte ein schelmisches Grinsen auf. „Dann werde ich uns mal reinbringen.“ Mit diesen Worten umarmte er Ororo wieder eng um ihre Hüfte. Diese klammerte sich an ihrer weißen Rose fest, die sie ihm zuvor doch endlich abgenommen hatte. „Bist du sicher, dass du das wirklich hinbekommst?“ Ihr verunsicherter Blick fiel ebenfalls nach oben. „Bis acht Meter stellt es kein Problem dar. Vertrau mir, Ororo.“ „Aber natürlich vertraue ich dir. Das solltest du mittlerweile wissen.“ Ein kurzer Luftzug umfuhr ihre beiden Nasen und schon standen sie eine Etage höher auf dem kleinen Balkon. Kurt antwortete mit einem charmanten Lächeln, als er bemerkt hatte, das Storm vor Schreck die Luft angehalten hatte. „Alles in Ordnung mit dir?“ Ororo nickte hastig und warf einen kurzen Blick nach unten. Wirklich bemerkenswert, dachte sie sich im stillen, doch dann war sie es, die ein Lächeln auf den Lippen hatte, während sie an der Rose roch. „Für gewöhnlich schließe ich meine Balkontür ab, wenn ich mich nicht in meinem Zimmer aufhalte...“ „Du solltest wissen, dass ich auch damit kein Problem habe. Immerhin kann ich hineinsehen und weiß, was sich auf der anderen Seite befindet...“ Abermals zog er sie liebevoll an sich und keinen Augenblick später befanden sich beide auf der anderen Seite der Hauswand. „Habe ich schon erwähnt, dass ich deine Gabe unheimlich schätze?“ Ororo sah Kurt tief in die Augen. „So direkt hast du dass noch nicht erwähnt, nein.“ Sein darauffolgendes Grinsen zauberte auch Storm ein Lächeln ins Gesicht. Unruhig begann er plötzlich mit einem seiner ungewöhnlich aussehenden Füßen auf dem Boden zu scharren. „Ist es überhaupt um diese Zeit noch möglich, dass ich hier ein Zimmer bekommen kann? Ich meine, ich bin ja nicht einmal angemeldet und es weiß auch kaum einer, dass ich hier bin.“ Sein fragender Blick fiel kurz zur Tür und anschließend wieder auf Storms Gesicht. „Ich denke schon, dass das möglich sein würde, aber ... ich könnte dich ebenso gut fragen, ob du mir vielleicht auch diese Nacht Gesellschaft leisten würdest... ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)