Der Tag, an dem die Welt zerbrach... von Neophyte5150 ================================================================================ Kapitel 1: Der Anfang vom Ende ------------------------------ Es war 17Uhr. Denise kam wie jeden Tag erschöpft und gestresst von der Arbeit nach Hause. Sie ließ die Wohnungstür ins Schloss fallen, hing ihre Jacke an den Haken und ging in ihre Küche. Ein Blick in den Kühlschrank: große Auswahl bestand nicht. Pizza, Wurst und Joghurt. Sie entschied sich für Ersteres. Während sie die Pizza in den Ofen schob, ging sie ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an-Werbung. Genervt ging sie ins Badezimmer, um sich kurz den Stress der letzten Tage abzuduschen. Sie wickelte ihr Handtuch um und ging zurück, um nach der Pizza zu sehen. Auf dem Weg zur Küche blieb sie plötzlich stehen. Ihr Blick fiel auf den noch immer angeschalteten Fernseher und den darin laufenden Bericht. Sie trat näher und ihre Augen weiteten sich, während die Reporterin verlas. "Vor wenigen Minuten ereignete sich auf der A9 zwischen München und Nürnberg ein schrecklicher Unfall. Ein LKW versuchte einen Bus zu überholen, kam aus bisher unbekannter Ursache ins Schleudern und prallte seitlich gegen den Bus. Dieser kam von der Fahrbahn ab und überschlug sich mehrmals." Sie erkannte den Bus sofort und wusste, wer sich darin befand. Tränen stiegen ihr in die Augen und ihr Mund öffnete sich leicht vor Fassungslosigkeit. Minuten verflogen... Denise sah noch immer geschockt auf die Bilder, die im Fernsehen gezeigt wurden. Tränen liefen über ihre Wangen, ihr Gesicht war blass und zeigte keinerlei Mimik. Sie stand noch immer mitten im Wohnzimmer-nur mit ihrem Handtuch bekleidet. Irgendwann merkte sie, wie ihre Beine unter ihr nachgaben und sie hart auf dem Boden aufschlug. Es schmerze sie, als ihre Knie auf dem Boden aufkamen. Aber sie verzog keine Miene. Den Geruch der verbrannten Pizza nahm sie schon lange nicht mehr wahr. Sie wusste nicht, wie lange sie in dieser Stellung vor dem Fernseher gekniet hatte. Sie wusste garnichts mehr. Sie hatte geweint...sehr viel. Sie weinte stumm. Ihr Handy musste unentwegt geklingelt haben, denn es wurden 27 Anrufe in Abwesenheit angezeigt. Nachdem sie langsam aufgestanden war, ging sie wie in Trance in die Küche, um den Ofen abzuschalten, indem nur noch ein verkohltes Stückchen Pizza lag. Sie schaltete den Ferneseher aus, ging ins Schlafzimmer und legte sich auf ihr großes Bett. Ihr Bett. Es war immer ihr Zufluchtsort in Situationen gewesen, in denen sie nicht mehr weiter wusste. In Sitationen wie dieser. Und doch war alles ganz anders. Ihr Handy ertönte erneut. Das Display zeigte den Namen ihrer Mutter. Sie wusste, dass ihre Mutter sich große Sorgen machte, so wie sie es immer tat. Das Handy verstummte nach einiger Zeit und Denise schaltete es aus. Auch die 31 Nachrichten blieben ungelesen. Es wurde langsam dunkel draußen und Denise lag noch immer auf ihrem Bett. "Was war passiert?" -ihre Frage blieb unerhört. Wieder liefen ihr Tränen über die Wangen. Die Stille wurde unerträglich. Irgendwann schreckte sie hoch. War sie eingeschlafen? War alles doch nur ein furchtbarer Traum? Sie sah auf die Uhr, es war kurz nach drei in der Nacht. Ihr war kalt, da sie nackt auf dem Bett lag, ihr Handtuch neben dem Bett. Sie stand auf und zog sich etwas an. Der Geruch verbrannter Pizza lag noch immer in der Luft. Sie öffnete ihr Fenster und ein kühler Windhauch durchfuhr sie. Sie fuhr zusammen und ging ins Wohnzimmer. Da stand er noch immer, der Fernseher. War das alles wirklich passiert? Sie nahm die Fernbedienung in die Hand und schaute sie an. Ein Drücken auf den Knopf und das Zimmer erhellte sich. Es liefen die nächtlichen Quizshows. Denise zappte weiter auf den einschlägigen Nachrichtenkanal. Dort stand es wieder. Schwarz auf weiß. Es war kein Traum, es war wirklich geschehen. Sofort stiegen ihr wieder Tränen in die Augen. Sie schaltete den Fernseher aus und ging in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Dabei fiel ihr Blick auf ein Foto an ihrer Pinwand, welches sie mit ihrer Freundin Serena zeigte. Denise lächelte bei der Gedanken daran, wie und wo dieses Foto entstand. Und dann war da noch dieser Bus im Hintergrund.... Sie räusperte sich und goss den heißen Kaffe in die Tasse. Sie ging zurück ins Wohnzimmer und setzte sich auf ihre Couch, den Kaffee stellte sie vorsichtig auf den kleinen Tisch vor sich. Sie sah sich in ihrem Wohnzimmer um. Blickte auf CDs, Hefte, Schallplatten. Sie war stolz auf ihre Sammlung. Aber in jenem Moment machte es sie traurig. Als sie ihr Handy wieder anschaltete, waren aus den 27 Anrufen 53 geworden und aus den 31 45 Nachrichten. Größtenteils von ihren besten Freunden, ihrer Mutter und diverser Bekanntschaften, die sie in den letzten Tagen gemacht hatte. Sie hatte ein mulmiges Gefühl beim Öffnen ihres SMS-Einganges. Alleine Serena hatte ihr 17 Nachrichten gesendet. Als sie ihre Worte las, rann ihr eine Träne die Wange hinunter. Da war es wieder, das Gefühl von vorhin. Das Gefühl des Schmerzes, der Leere. Sie antwortete weder auf die Nachrichten, noch auf die Anrufe. Als sie gegen 10Uhr morgens durch die Türklingel geweckt wurde, lag sie auf der Couch. Ihr Kaffee stand noch immer unberührt auf dem Tisch. Sie schüttelte sich, da das Fenster noch immer geöffnet war und der ganze Raum mit einer unheimlich kühlen Luft gefüllt war. Sie überlegte, ob sie die Tür öffnen sollte, beschloss aber, es zu lassen. Ihr Handy zeigte wieder viel zu viele Anrufe und Nachrichten an. Aber ihr war nicht nach Reden. Sie schaute erneut ihre Sammlung an, betrachtete die Poster mit den gutgelaunten Typen darauf und dachte über den letzten Satz der Reporterin nach: "Die Insassen des Busses konnten als Jan Vetter, Dirk Felsenheimer und Rodrigo Gonzalez identifiziert werden, welche als "Die Ärzte" gerade auf Deutschland-Tour waren und auf dem Weg von München Richtung Kassel fuhren. Es kam leider jede Hilfe zu spät, die drei Männer verstarben noch am Unglücksort." Kapitel 2: Das Foto ------------------- Das Vibrieren ihres Handys brachte Denise zum Aufwachen. Sie tastete danach und sah auf das Display: Serena. Eh sie überlegen konnte, ob sie rangehen sollte, drückte sie schon auf den grünen Knopf, um die besorgte Stimme am anderen Ende zu hören: "Denise? Bist du da?" "Ja", antwortete sie nach ein paar Sekunden mit leiser Stimme. "Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht, als du weder auf meine Nachrichten, noch auf meine Anrufe reagiert hast." Denise antwortete nicht. Sie sah betrübt zur Zimmerdecke und seufzte. "Wie geht es dir?", durchbrach die besorgte Stimme die Ruhe im Raum. Denise antwortete nicht. Was sollte sie auch sagen? Dass sie die letzten Stunden damit verbracht hatte, zu weinen und nur noch ein Häufchen Elend war? "Was erwartest du für eine Antwort?", fragte Denise ihre Freundin mit gereiztem Unterton. "Kann ich später vorbeikommen?" -Denise schloss die Augen und überlegte. Wollte sie ihre beste Freundin wirklich sehen? Sie litt wahrscheinlich genauso wie sie selbst. Waren sie doch die letzten Wochen zusammen auf Konzerten der Band, welche gestern... "Denise? Kann ich nun vorbeikommen?" , unterbrach Serena ihre Gedankengänge. Sie nickte leicht und sagte "Ja, sei um 15Uhr hier." Denise hatte noch ein wenig Ordnung gemacht, bevor es Punkt 15Uhr an der Tür klingelte. Auf Serena war Verlass, nach ihr konnte man die Uhr stellen. Das war auch eine der Eigenschaften, welche sie so an ihrer Freundin mochte. Sie öffnete die Tür und erschrack. Sie blickte in die verweinten Augen ihrer Freundin und erkannte, wie sehr auch sie gelitten haben musste. Sie nahm ihre Freundin in den Arm. Minutenlang standen sie so da. Irgendwann löste sich Denise aus der so herzlich und doch traurig anmutenden Umarmung und bat Serena herein. Ihre Blicke fielen wie jedes Mal, als sie ihre Freundin besuchte, auf deren Sammlung, auf welche ihre Freundin so stolz war. Doch diesmal wirkten die Sachen nicht wie sonst. Sie wirkten ausdruckslos, kühl. "Möchtest du was trinken?", fragte Denise ihre Freundin aus der Küche. "Ein Tee wäre schön", antwortete sie und ging in Richtung Küche, als sie am Fernseher vorbeilief und geschockt stehen blieb. Sie starrte das Gerät an und wusste nicht, ob sie etwas sagen sollte und was hier geschehen war. Sie sagte nichts und ging zu ihrer Freundin, die schon mit dem fertigen Tee auf sie wartete. Sie setzten sich in die kleine Küche an den Tisch, an dem sie vor drei Wochen noch ihre "Bekloppten on Tour"-Tour zusammen geplant hatten. Das stundenlange Lachen war längst verhallt und erstickte in Totenstille. Die Blicke der zwei Freundinnen fielen fast zeitgleich auf das Foto an der Pinwand. Beide lächelten leicht und sahen sich an. Sie brauchten nichts sagen; sie wussten, dass jedes Wort in diesem Moment zuviel wäre. "Weißt du schon was Neues?", fragte Denise ihre Freundin, während sie zum Trinken ihres Kaffees ansetzte. "In 6 Tagen ist in Berlin die Beerdigung.", antwortete Serena leise mit zitternder Stimme. "Was ist mit dem LKW-Fahrer passiert?", entgegenete Denise und versuchte, ihre Tränen nach der Aussage ihrer Freundin zurückzuhalten. "Er hat einen Schock, hat aber nur ein paar Prellungen und Schnittverletzungen. Beteuert aber seine Unschuld." Denise stand auf und verließ fluchtartig die Küche, sie wollte nichts mehr hören. Sie konnte diese Worte nicht länger ertragen. Warum musste das geschehen? Warum jetzt? Sie brach in Tränen aus und sackte auf dem Fußboden zusammen. Serena kam aus der Küche zu ihr gelaufen und setzte sich zu ihr auf den Boden. So hatte sie ihre Freundin noch nie gesehen. Sie war immer die Stärkere von beiden gewesen. Die, die nie Gefühle zeigte, außer, wenn sie von dieser Band sprach. Dann bemerkte man immer dieses Funkeln in ihren Augen. Dieses Funkeln, welches jetzt durch Tränen erstickt wurde. "Wir haben sie doch vor ein paar Tagen noch gesehen, sie hatten soviel Spaß auf der Bühne! Soviel Spaß daran, ihre Fans glücklich zu machen. Wieso musste das passieren? Wieso...." Die Frage blieb ungeklärt im Raum stehen. Es wurde still und die beiden Freundinnen saßen noch schier ewig auf dem Boden und hielten sich im Arm. "Wieso musste es sie treffen, wieso gerade sie...", sagte Denise leise. "Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht....", sagte Serena und schloss die Augen, da ihr ihre eigenen Worte so weh taten.... Kapitel 3: Gedanken ------------------- Es waren 5 Tage vergangen, seit der Nachricht. 5 Tage, in denen Denise zu Hause war. 5 Tage voller Schmerz, Trauer und Einsamkeit. 5 Tage ohne sie. Bei dem Gedanken an den nächsten Tag überkam sie eine Gänsehaut. Sie lag zusammengekauert auf ihrem Bett. So wie die letzten beiden Tage auch. Sie stand nur auf, um auf die Toilette zu gehen und um etwas zu Trinken. Essen konnte sie schon lange nichts mehr. Sie dachte nach-über die letzten Wochen. An die Tage, an denen sie noch glücklich war. An die Tage, an denen sie Stunden vor Konzertbeginn schon mit Serena vor dem Eingang saß und so viele Leute kennenlernte. Soviele, welche jetzt ihr Schicksal teilten. Sie drehte sich zur anderen Seite um und blickte in das Gesicht des blonden Gitarristen, welcher auf dem Poster gerade mal 25 Jahre alt war. Sein Lachen würde sie nie wieder hören, seine Stimme würde nie wieder erklingen. Diese Stimme, welche sie oft zum Weinen gebracht hatte, als er ihr mit seinen Worten so sehr aus der Seele sprach. Nie wieder würde er auf seiner Gitarre spielen, nie wieder auf der Bühne stehen.. Nie wieder. Am darauffolgenden Tag stand Denise um 7Uhr in der Früh auf. Ihr ging es nicht gut, was man ihr auch an den Augenringen und der Körperhaltung ansah. Jedoch hatte der schlimmste Tag in ihrem Leben gerade erst begonnen... Um halb neun klingelte es an ihrer Tür. Sie blickte auf, als sie gerade dabei war, sich einen Kaffee zu machen. "Sie ist wieder überpünktlich", sagte sie leise und musste grinsen. Sie öffnete die Tür und ihre Freundin betrat etwas schockiert, wegen dem Anblick ihrer Freundin deren Wohnung. Denise sah Serena nicht mal an, sondern ging zurück in die Küche. Serena senkte den Kopf und folgte ihr. In ihrem Augenwinkel sah sie den Ferseher, der ihr noch immer Gänsehaut bescherte. "Du, Denise...", sagte sie zögerlich. "Hm?" "...was ist mit deinem Fernseher passiert?", fragte Serena zögerlich und kleinlaut. "Der ist kaputt.", entgegenete ihr ihre Freundin. Und damit war das Thema für sie auch schon abgeschlossen. Als Serena gerade ansetzen wollte, um sie weiter danach zu fragen, kam ihr Denise zuvor und fragte sie, ob sie noch etwas trinken möchte, bevor sie losfuhren. Serena schüttelte den Kopf und setzte sich auf den Stuhl in der Küche, während Denise ihren Kaffee trank. "Weißt du noch...", sagte Serena. Ihr Blick fiel auf das Foto an der Pinwand, "...wie geil es in Koblenz war?" Sie sah Denise an, aber diese starrte nur auf ihren Kaffee. "Es wird nie wieder so werden, oder?", sagte sie, obwohl sie wusste, dass sie keine Antwort darauf bekommen würde. Ihr Blick senkte sich traurig. An Serena's Auto angekommen, betrachtete Denise wie jedes Mal die ganzen Aufkleber am Auto. Sie stand da und hielt kurz Inne, eh sie ihre Tasche in den Kofferraum legte. Die ganze Fahrt über schwiegen sie sich an. Beide waren mit den Gedanken eh woanders und man sahen ihnen an, wo sie gerade waren. Nach 5 Stunden Fahrt kamen sie in der Landeshauptstadt an. Überall parkten schon Autos mit ähnlichen Aufklebern, wie Serena sie hatte. Normalerweise hätten sich die beiden darüber gefreut. Jedoch war heute alles anders.... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)