Lost Memory von abgemeldet (Kampf um die Erinnerungen) ================================================================================ Kapitel 1: Der Alltag --------------------- Jeanne schwebte über den Wolken. Ziellos irrte sie umher, ohne zu wissen wohin sie sich wenden sollte. Vorsichtig sog sie den längst bekannten Duft von Feuchtigkeit und Regen ein. Obwohl sie schon so oft hier gewesen war, kam ihr alles doch so fremd vor. Wie lange würde es noch dauern? Wie lange würde sie noch suchen müssen? Sie seufzte. Es war jedes Mal dasselbe, und doch hatte sie das Gefühl, das dieser Traum wichtig war. Sie seufzte erneut. Jede Nacht war es derselbe Traum. Jede Nacht fand sie sich schwe-bend über den Wolken und suchte sie. Jede Nacht brauchte sie – so schien es ihr – Stun-den, um sie wiederzufinden. Obwohl sie schon so oft hier gewesen war, konnte sie sich den Weg zu ihr nicht merken. Jeanne stoppte mitten im Flug. War sie gestern hier auch vorbeigeflogen? Warum konnte sie sich nicht erinnern? Sie kratzte sich ärgerlich am Kopf. Es war geradezu lä-cherlich! Sie war schon so oft hier oben gewesen und konnte sich nicht mal daran erin-nern, hier vorbeigeflogen zu sein. War das überhaupt noch normal? „Ich sollte mal eine Karte zeichnen...,“ dachte sie zerknirscht. Vielleicht wäre das keine so schlechte Idee gewesen, wenn sie nicht das Gefühl gehabt hätte, dass die Wege jede Nacht anders waren. Genau wie bei dem Spiel Das verrückte Labyrinth, das sie schon oft genug auf die Palme brachte. Sie fasste sich an ihren Gürtel, um sicherzugehen, dass ihr Schwert noch daran befes-tigt war. Trotz ihrem guten Umgang mit den verschiedensten Waffen hatte sie sich für die Schwertkunst entschieden. Dieses Schwert hatte sie von ihr bekommen. Hier oben. Über den Wolken. Im Traum! Vermutlich hätten die anderen sie ausgelacht. Wie kann man denn etwas im Traum überreicht bekommen? Aber so war es passiert. Sie hatte das Schwert im Traum überreicht bekommen und als sie am nächsten Tag aufwachte, hielt sie die Schwertscheide samt Schwert fest in der Hand. Dasselbe Schwert, das sie im Traum bekommen hatte. Und nun lernte sie nachts bei ihr die verschiedensten Techniken und den richtigen Um-gang mit dem Schwert. Wenn sie nur nicht immer so lange brauchen würde, um den richtigen Weg zu finden... Jeanne flog weiter. Irgendwie würde sie schon den Weg zu ihr finden. Zu der Person, die sie zwar nicht kannte, aber die ihr doch ein vertrautes Gefühl gab. Doch an wen erin-nerte sie sie bloß?? Plötzlich lichtete sich die Sicht vor ihr und die Wolken bildeten langsam den Umriss eines gigantischen Schlosses: Sie hatte ihren Trainingsort endlich erreicht!! Erfreut er-höhte sie ihr Tempo, als sie ihre Meisterin schon von weitem sah. Eigentlich hatte sie schon einen Meisterin, aber wer sagt denn, dass der Meisterin, den sie nur im Traum traf, auch wirklich existiert? Jeanne landete neben ihr und begrüßte sie. „Tut mir Leid, dass ich so spät dran bin, aber ich hab mich wieder verirrt...,“ entschuldigte sie sich sofort. „Schon okay, Jeanne. Du bist immerhin pünktlicher als gestern da!“, meinte ihr Meiste-rin lächelnd. „Mir kam es aber doppelt so lang vor wie gestern...,“ entgegnete Jeanne und kratzte sich am Kopf. „Das hat schon seine Gründe.“ „Hä?“ „Du wirst es noch früh genug erfahren.“ „Okay...“ „Kannst du schon die Technik der Schwalben-Klingen?“ „Leider noch nicht so gut, weil ich beim Meisterin noch was zu tun hatte...“ „Das ist nicht gut. Gar nicht gut, Jeanne. Denn diese Technik ist sehr wichtig, weil sie eine der wichtigsten Grundlagen der Phönix-Technik ist.“ „Ja, tut mir Leid...“ „Naja, dann bring ich dir eine weitere Grundlage bei: Die Schlangen-Technik. Aber auf das nächste Mal kannst du beide Techniken, klar?“ „In Ordnung.“ „Sehr gut.“ „Aber wieso ist die Schlangen-Technik bei der Phönix-Technik so wichtig?“ „Also: Bei der Phönix-Technik bündelst du hauptsächlich deine Energie in dein Schwert, um diese dann auf deinen Gegner zu schleudern. Doch dabei kann das Schwert sehr leicht aus deiner Hand geschlagen werden, weil dir das Schwert wegen deiner Konzentra-tion, die Energie zu bündeln, sehr schwer vorkommt und dein Tempo sich drastisch ver-ringert. Die Schlangen-Technik dient dazu, deine Geschwindigkeit und Reaktion zu trai-nieren.“ „Mit anderen Worten: Je schneller ich das Schwert bewegen kann, desto wirkungsvoller ist die Schlangen-Technik?“ „Genau!“ „Das ist ja praktisch! Denn so kann ich diese Technik auch dazu nutzen, den Gegner zu verwirren, oder?“ „Richtig.“ „Aber wird das nicht noch schwieriger, meine Energie auf etwas zu bündeln, dass sich so schnell hin- und herbewegt wie eine Schlange? Außerdem wird diese Technik die meis-ten Krieger nur vorerst überraschen, denke ich, denn sie sind bestimmt nicht so langsam, oder?“ „Du denkst weit voraus, Jeanne! Kluges Mädchen. Die beiden Antworten auf deine Fra-gen wirst du demnächst erfahren!“ „In Ordnung.“ „Gut, dann zeige ich dir erstmal, wie die Schlangen-Technik ungefähr aussieht!“ Ehe Jeanne sich versah, hielt ihr Meisterin schon ein Schwert in der Hand. Aber das überraschte sie nicht sonderlich. Immerhin war es schon merkwürdig genug, im Traum Unterricht zu bekommen... „Jetzt pass genau auf!“ Es ging blitzschnell und Jeanne konnte nicht mal reagieren. Ihre Meisterin bewegte ihr Schwert blitzschnell hin und her und das Schwert war mal in der linken, mal in der rech-ten Hand, mal auf der linken, mal auf der rechten Schulter. Trotz ihrer Konzentration kam Jeanne mit dem Tempo nicht mit. Nach einer Weile hörte ihre Meisterin auf. „Und, alles verstanden?“, fragte sie grinsend. „Äh, nicht wirklich. Es ging viel zu schnell für mich.“ „Das hat seine Richtigkeit. Aber beim zweiten Mal gewöhnt man sich dran. Soll ich es nochmal vorführen?“ „Wäre nicht schlecht!“ „In Ordnung.“ Jeannes Meisterin wiederholte die Technik noch einige Male, bis diese es dann zum größten Teil verstand. „Gut, dann übst du es so, wie du es verstanden hast, und führst sie mir nächstes Mal vor. Wenn du Fehler machst, korrigiere ich dich dann.“ „Wach ich wieder auf?“, fragte Jeanne überrascht. Ihre Meisterin grinste. „Nicht ganz; du wirst in 20 Sekunden von deiner Freundin ge-weckt...“ Das stimmte. Plötzlich löste sich das Schloss auf und Jeanne wurde zurückgezogen. Dann verschwand alles vor ihren Augen. Sie stürzte und fiel – direkt in die Tiefen der Dunkelheit. Ihr wurde schwarz vor den Augen... Irgendjemand rüttelte grob an ihr. „Jeanne, wach auf!“ „Hm...?“ „Jeanne! Mach deine Augen endlich auf! Wir müssen heute das Frühstück vorbereiten, schon vergessen?“ Jeanne grummelte etwas Unverständliches und drehte ihrer Freundin den Rücken zu. „Jeanne! Mir reicht’s! Wenn du nicht innerhalb von 10 Sekunden aufstehst, hole ich einen Eimer eiskaltes Wasser aus den Brunnen und kipp es über dich! Dann darfst du das Frühstück vorbereiten, ohne dich vorher abzutrocknen!“, drohte ihre Freundin. Jeanne regte sich nicht. „Ich zähle bis zehn! Wenn du dann nicht aufstehst...“ Jeanne vergrub ihren Kopf unter ihrem Kopfkissen. „Eins...zwei...drei...vier...fünf...sechs...sieben...acht...neun...“ Jeanne schlug die Decke über ihren Kopf. „9 ¼...9 ½...9 ¾...Zehn! Das reicht, Jeanne! Ich hab dir genug Zeit gegeb-“ Weiter kam ihre Freundin nicht, weil ihr ein Kopfkissen mitten ins Gesicht flog. „Musst du morgens immer so laut sein, Navena?“, fragte Jeanne und raufte sich müde ihre langen, rotbraunen Haare, auf die sie besonders stolz war. Sie schaute ihre Freundin mit ihren rubinroten Augen verschlafen an. „Ha, ha! Wie witzig! Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich ganz bestimmt nicht geweckt, Jeanne!“, rief Navena und schmiss das Kissen wieder zurück. Ihre hellgrünen Haare mit dunkelgrünen Strähnchen hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebun-den. Sie trug ein grünes, ärmelloses Oberteil mit einer dunkelbraunen Hose. Ihre sma-ragdgrünen Augen schauten Jeanne streng an. „Und jetzt beeil dich, wir sind schon ziem-lich spät dran!“, ermahnte sie ihre Freundin nochmals. „Achja? Wir sind nämlich genau richtig! Du hast mich bestimmt wieder einmal 10 Minu-ten früher als sonst geweckt, oder?“, bohrte Jeanne weiter und spielte mit einer Haar-strähne, die sie sich um den Finger wickelte. „Nein, hab ich nicht! Und jetzt beeil dich!“ „Navena!“ „Das ist die Wahrheit!!“, versicherte ihre Freundin. „Naja, dann macht es ja nichts, wenn ich noch 1, 2 Minuten schlafe...“, meinte Jeanne und legte sich wieder hin. Das half immer, damit Navena endlich mit der Wahrheit her-ausrückte – auch dieses Mal wieder. Diese gab sich geschlagen. „Okay, okay, du hast gewonnen! Wir sind genau richtig! Aber jetzt beeil dich bitte!“ „Dann geh du zuerst ins Bad. Ich zieh mich erst um, “ schlug Jeanne vor und stand auf. „Okay.“ Jeanne stand seufzend auf und ließ ihren Blick durch ihren Schrank wandern. Neben ihren Klamotten und Kampfanzügen standen da noch Bücher über Kampfkunst und Magie. Doch in der hintersten Ecke ihres Schrankes hatte sie ihr Schwert versteckt. Nur sie und Navena wussten davon. Ein Blick auf die Wanduhr riss sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Schnell suchte sie sich was zum Anziehen aus und zog sich um. Gerade rechtzeitig, denn 2 Sekunden später kam Navena wieder zurück ins Zimmer. „Das Bad ist frei.“ „Okay. Dann geh du schonmal runter. Falls noch Zutaten fehlen, kannst du sie schon mal kaufen gehen, während ich dann mit dem Frühstück anfange, nachdem ich mich ge-waschen hab, “ schlug Jeanne vor. Sie trug ein dunkelrotes, ärmelloses Oberteil mit ho-hem Halskragen und dazu eine schwarze Hose. „Hatte ich sowieso vor“, meinte Navena und schritt aus dem Zimmer. Jeanne richtete noch ihr Bett zurecht, bevor sie anschließend ins Bad ging. Nach dem Waschen ging sie dann runter in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten. Käse-Omelett. Wie jeden Morgen. Sie fragte sich, wann sich ihre Meisterin daran sattes-sen würde, denn sie hatte schon nach drei Tagen genug davon gehabt. Den anderen ging es nicht anders. Am Anfang hatten sie alle gehofft, dass der Meisterin zwei, drei Tage später mal etwas anderes zum Frühstück wollte, aber inzwischen hatten sie die Hoffnung schon längst aufgegeben. Jeanne schnürte sich ihre rotbraunen Haare mit einem Band zu einem Zopf zusammen, während sie nachdachte. Wie viele Leute waren eigentlich noch da, abgesehen von denen, die nicht da sind, weil sie was zu erledigen hatten. „Also, Navena...ich...Saya...Yuki...Shadow...und Meisterin Hikari natürlich! Also 6 Por-tionen. Haben die anderen ein Glück, dass sie nicht da sind! Denn die müssen jeden Mor-gen bestimmt nicht immer dasselbe essen..., “ murmelte Jeanne vor sich hin und machte sich auf den Weg in den Keller, um die benötigten Zutaten zu holen. Sie hasste es, dort hinunterzugehen. Die Kälte lähmte ihre Sinne und schwächte au-ßerdem einen Teil ihrer Kräfte. Yuki hatte dieses Problem nicht. Im Gegenteil: Die Kälte verstärkte seine Fähigkeiten. Jeanne beeilte sich, alles Nötige schnell zusammenzusu-chen und schleunigst wieder den Keller zu verlassen, bevor sie dann sogar noch vergaß, was sie hier unten machte und später dann nochmal runterkommen musste. Zum Glück lag zum Teil alles griffbereit. Jeanne dankte ihrer Freundin im Stillen, denn diese wusste, dass die Kälte ihre Schwäche war. Kaum hatte sie den Keller verlassen, hörte sie plötzlich jemanden schreien. „Du doofe Katzendämonin!! Gib mir gefälligst meine Sachen zurück!!“ Jeanne starrte aus dem Fenster, wo zwei Sekunden später eine Gestalt vorbeisprang. Dicht gefolgt von Navena, die diese Gestalt wütend verfolgte. Schnell stellte sie die Sa-chen auf den Küchentisch ab und rannte hinaus, um nachzusehen, was geschehen war. „Navena?! Was ist denn passiert??“, fragte Jeanne erstaunt, als sie ihre Freundin end-lich eingeholt hatte. „Diese Diebin hat mir meinen Bogen geklaut! Mit dem Köcher, wo ich meine neuen Pfeile drin hatte!“, regte sich Navena auf. „Was nimmst du zum Einkaufen auch deine Waffen mit?“ „Ich hab meinen Bogen zur Reparatur abgegeben und gleichzeitig neu anstreichen las-sen, weil die alte Farbe schon zum größten Teil abgeblättert war. Und kaum bin ich wei-ter, wurde ich bestohlen!“, erzählte Navena entrüstet. „Dann schnell hinterher!!“, meinte Jeanne seufzend und rannte der Diebin hinterher. Navena folgte ihr. „Bist du dir sicher, dass es eine Katzendämonin war?“, fragte Jeanne nach einer Weile. „Ja, aber nicht irgendeine! Die wird schon seit Monaten gesucht, weil sie schon einige Leute beklaut hat, “ erklärte ihre Freundin. „Na, toll!“, entfuhr es Jeanne. „Hä?“ „Katzendämonen sind sehr schnell! Es wird eine Weile dauern, bis wir sie dann erwischt haben!“ „Oh, nein! Das heißt, bis dahin sind die anderen wach und wir haben das Frühstück noch nicht fertig!“, fiel Navena ein. „Ganz genau!“ „Oh, oh! Hikari wird toben vor Wut...“ „Jetzt spar dir die Puste und renn!“ „Wer redet hier denn?“, regte Navena sich auf. Jeanne setzte ihre Unschuldsmiene auf. „Ähm, du?“ Navena blieb stehen. „Ha, ha! Und du nicht, oder was?“ Jeanne stoppte ebenfalls mit-ten im Rennen. „Ich hab nicht gesagt, dass ich nicht rede!“ „Aber gedacht!“ „Musst du mir immer widersprechen?“, fragte Jeanne. „Musst du immer das letzte Wort haben?“, entgegnete Navena. Nun war es Jeanne, die sich aufregte. „Waaas?! Wer hat hier das letzte Wort?“ „Ähm, du?“, fragte Navena und setzte ebenfalls ihre Unschuldsmiene auf. „Ha, ha! Das sagt gerade die Richtige!“, meinte Jeanne spöttisch. „Das ist mein Spruch!“, beschwerte sich Navena. „Pech!“ „Wenn ihr dann fertig seid, sagt mir Bescheid, ne?“, ertönte es über ihnen. Jeanne und Navena hörten sofort mit ihrem Streit auf und schauten nach oben. Da saß die Katzendämonin und begutachtete gerade den Bogen, den sie gerade von Navena ge-klaut hatte. Die langen, blauweißen Haare gaben einen guten Kontrast zu ihren schwar-zen Klamotten. Ihre bernsteinfarbenen Augen schauten die beiden Streithähne halb inte-ressiert, halb belustigt zu. „Hey! Du Diebin! Wer bist du eigentlich?“, rief Navena wütend. „Ich? Die Katzendämonin, die seit Monaten gesucht wird, “ entgegnete diese gelang-weilt. „Du...“ „Was denn? Das ist die Wahrheit!“ „Sie wollte eigentlich wissen, wie dein Name lautet!“, mischte sich Jeanne ein. Navena wollte sich beschweren, doch Jeanne unterbrach sie flüsternd. „Überlass sie mir.“ „Namen hab ich viele. Und alle könnt ihr euch eh nicht merken. Manche nennen mich so und andere so.“ „Und wie wirst du von den meisten genannt?“ „Tsuyu. Tsuyu, die Katzendämonin.“ „Gut, also Tsuyu! Wieso hast du Navenas Waffen geklaut?“, fragte Jeanne. „Das ist ganz einfach. Ich sammle alle Sachen, die glitzern,“ erklärte Tsuyu und schwenkte dabei lässig mit dem Bogen, welches wegen der neuen Farbe in der Sonne glänzte, „so zum Beispiel auch das Taschenmesser, das du bei dir trägst!“, fügte sie hin-zu und sprang vom Baum, um Jeanne das Taschenmesser zu entreißen. Doch diese wich mit Leichtigkeit aus. Tsuyu knurrte wütend. „Ich mach dir einen Vorschlag: Ich gebe dir mein Taschenmesser und du gibst Navena dafür ihre Waffen zurück, “ schlug Jeanne vor. Tsuyu lachte spöttisch. „Ich tausche nicht. Wenn ich etwas will, dann bekomme ich es und gebe es auch nicht mehr zurück!“ „Tut mir leid, dass ich damit nicht einverstanden bin!“, meinte Jeanne und wich der weiteren Attacke von Tsuyu aus. Diese knurrte wütend. „Gib mir das Taschenmesser!!“, rief sie drohend. „Wenn Navena ihre Waffen zurückkriegt.“ „Niemals!!“ „Tja, dann sag ich nur: Selber Schuld!“ Tsuyu verlor allmählich die Geduld. Wütend riss sie ihr Schwert aus der Schwertscheide. „Ich frage dich noch ein letztes Mal: Gibst du mir dein Taschenmesser?“, fragte sie zornig und richtete ihr Schwert auf Jeanne. Jeanne tat so, als ob sie überlegen muss. „Hey, Navena!“, flüsterte sie ihrer Freundin zu, wobei sie ihre Lippen kaum bewegte. „Deine Waffen müssten auf dem Baum liegen! Ich kämpf gegen Tsuyu und lenk sie ab, während du dir deine Waffen wieder zurückholst, okay?“ „In Ordnung!“, flüsterte diese zurück. „Und? Wie sieht es aus?“, fragte Tsuyu nochmal. „Nein, mein Taschenmesser ist mir viel zu wertvoll, um es dir einfach so zu überlas-sen!“ „Gut, dann eben auf die harte Tour!!“ Tsuyu setzte zum Sprung an und griff Jeanne mit dem Schwert an. Diese konnte den Hieb zwar noch abwehren, merkte aber zugleich, dass Tsuyu keine leichte Gegnerin war. Unterdessen schlich sich Navena zu dem Baum, auf dem Tsuyu vorhin saß, heran. Und tatsächlich: Da lagen Köcher und Bogen, heil und unversehrt. Schnell schaute sie nach, ob auch kein Pfeil fehlte, bevor sie sich den Köcher um die Schulter warf. Dann blickte sie wieder hinüber zu Jeanne und stellte fest, dass Tsuyu langsam, aber sicher die Oberhand gewann. Ohne zu überlegen schoss sie einen Pfeil ab, der haarscharf an Tsuyus Gesicht vorübersauste. „Was...?“ „Gib lieber auf, Katzendämonin! Wir sind beide bewaffnet und du hast nur deine stumpfen Krallen! Du hast keine Chance!!“, rief Navena und spannte einen zweiten Pfeil, den sie auf Tsuyu richtete. „Pah, sei dir da nicht so sicher, Druidin!“, meinte Tsuyu nur. „Wie meinst du das?“ „Ach, verdammt! Navena! Sieh zu, dass du dich in Sicherheit bringst! Außerdem hat sie noch ein Schwert, wenn du blind bist!“, rief Jeanne wütend dazwischen und griff Tsuyu an. Diese sprang geschickt zur Seite und wehrte den Angriff so ab, dass Jeanne selbst verletzt wurde. „Na, was ist? Ich wusste gar nicht, dass die Schüler von Hikari so schwach sind!“, meinte Tsuyu spöttisch und machte sich für den nächsten Angriff bereit. Jeanne lächelte kühn. „Ich glaube, da hab ich dich gewaltig unterschätzt, Tsuyu!“, meinte sie keuchend und blickte sich zu Navena um. „Bist du taub? Du sollst zusehen, dass du dich in Sicherheit bringst!“, flüsterte sie ärgerlich. „Kommt nicht in Frage!“, kam es von Navena zurück. „Sturrkopf...“ „Wie bitte?“ „Ähm, hallo? Seid ihr bald fertig? Ich hab heute nämlich noch Einiges zu tun, statt hier zuzuschauen, wie ihr euch streitet! Inzwischen hätte ich bestimmt schon ganz viele Sa-chen erbeutet, “ rief Tsuyu dazwischen. Keine Antwort. Jeanne und Navena stritten sich weiter, als ob es gerade nichts Wichtigeres gab. Tsuyu schaute noch eine Weile verdutzt drein, zuckte dann aber nur mit den Schultern und sprang davon. Die beiden Streithähne hatten natürlich nicht mitbekommen, dass Tsuyu schon längst über alle Berge war, und stritten sich immer noch. „Navena! Jetzt hau schon ab! Tsuyu ist- Wo ist sie eigentlich?“ „Hä?“ Erst jetzt bemerkten die beiden, dass Tsuyu spurlos verschwunden war. „Öh, und was jetzt?“, fragte Jeanne ihre Freundin und schaute recht verdattert rein. „Ähm, schnell zurück und das Frühstück vorbereiten?“, schlug Navena mit einem schie-fen Lächeln vor. „Na endlich! Da seid ihr ja!“, rief Ritchie erleichtert, als sie Jeanne und Navena schon von Weitem sah. Wie immer trug sie ihren Kimono und hatte ihre silberweißen Haare – abgesehen von einigen langen Strähnen – zusammengesteckt, was ihr ein nobles Ausse-hen verlieh. „Hallo Ritchie! Du bist aber schnell von deiner Erkundung zurück, “ begrüßte Navena ihre Freundin. „Ja, es ging schneller, als ich es gedacht habe! Und ich konnte alles besorgen, was Hi-kari wollte, “ entgegnete diese lachend. „Und Hanako ist auch zurück?“, fragte Jeanne. „Ja, “ antwortete Ritchie. „Oh, nein! Jetzt ist es aus mit der Ruhe...“, stöhnte Navena auf. „Wisst ihr eigentlich, dass wir uns zu Tode gesorgt haben?“, mischte Saya sich ins Ge-spräch ein. Ihre langen, leicht gewellten schwarzen Haare hatte sie – genau wie Navena – zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Seit dem Tod ihrer Eltern trug sie dunk-le, bevorzugt schwarze Sachen; als Zeichen der Trauer. Doch im Laufe der Zeit hatte sie sich auch daran gewöhnt und sah schwarz als ihre Lieblingsfarbe an. „Saya, dir traue ich das auch total zu!“, meinte Jeanne spöttisch und knuffte dieser freundschaftlich in die Seite. „Das war ironisch gemeint!“ „Ebenfalls.“ „Jeanne!! Navena!! Hab ich euch vermisst!!“, ertönte eine Stimme hinter ihnen und Navena wurde zu Boden gerissen. „Wie gesagt, jetzt ist es vorbei mit der Ruhe...,“ meinte Navena nur. „Äh, hi Hanako! Auch schon zurück?“, fragte Jeanne. „Natürlich! Aber wo wart ihr denn? Wir haben uns halb zu Tode gesorgt! Wir wollten schon Hikari aufwecken, um euch zu suchen!“, erzählte Hanako. Ihre blonden Haare wa-ren mit Spangen und Klammern zusammengesteckt und mit Blumen geschmückt worden. „Also wirklich, Hanako! Übertreiben darf man schon, aber du übertreibst ja maßlos!“, mischte sich Nela nun ebenfalls in das Gespräch ein. Ihre kurzen braunen Haare hatte sie gerade noch zu einem Pferdeschwanz binden können, was sie allerdings äußerst selten macht, weil Saya den Zopf immer als „Pinsel“ bezeichnete. Sie trug ein ganz normales T-Shirt mit einer langen schwarzen Hose. „Wir erzählen euch alles, wenn wir das Frühstück fertig haben, “ versprach Jeanne. „Dann könnt ihr es auch jetzt! Saya und Nela haben’s nämlich schon fertig!“, meinte Ritchie. „Echt? Vielen Dank, ihr beiden!“ „Gern geschehen.“ „Also? Was ist passiert? Ich platz schon vor Neugier!“, rief Hanako dazwischen. Und so erzählten Jeanne und Navena ihren Freundinnen alles, was passiert ist. „Das heißt, ihr seid dieser Diebin begegnet und habt gegen sie gekämpft?“, fragte Saya. „Ne, Jeanne hat gegen sie gekämpft. Ich hab sie dann nur fast mit einem Pfeil getrof-fen, “ verbesserte Navena. „Oje, das ist gar nicht gut...“, seufzte Nela besorgt. „Wieso?“, fragte Jeanne stirnrunzelnd. „Katzendämonen können sehr nachtragend sein! Und diese Tsuyu soll schon mehrere Clane ausgerottet haben!“, erzählte Ritchie. „Und woher weißt du das?“, fragte Navena. „Hanako und ich wurden geschickt, um herauszufinden, warum in letzter Zeit so viele Clane ausgelöscht worden sind, “ begann Ritchie. „...und?“, fragte Navena. „Es soll eine Katzendämonin gewesen sein, und zwar eine sehr geschickte noch dazu. Sie hat die Clane immer mitten in der Nacht angegriffen und die Kirits überrascht. Da-durch waren sie im Nachteil und diese konnte ihnen ihre heiligen Waffen entreißen und die Clane so auslöschen, “ erzählte Hanako. „So nebenbei: Kirits sind Menschen, in denen zur Hälfte das Blut eines Tieres fließt, sodass sie von klein auf auch schon besondere Fähigkeiten haben. Ein Wolfskirit hat zum Beispiel einen viel ausgeprägteren Geruchssinn, “ erklärte Nela. „Aha. Und ihr meint, dass es Tsuyu gewesen ist?“, meinte Jeanne nachdenklich. Keine Feststellung. Eine Frage. Ein Wunsch, weil sie nicht hoffte, dass Tsuyu diese Kiritjägerin ist. „Nun, es könnte schon so sein, oder?“ „Ja, schon, aber dafür gibt es noch keine Beweise! Sie hat viele Menschen im Dorf be-raubt, klar. Aber hat sie auch nur irgendjemanden geschadet?“, entfuhr es Navena. Jeanne stimmte ihrer Freundin zu. „Navena hat vollkommen Recht! Moment! Ich weiß, was ihr sagen wollt. Mich hat sie angegriffen. Aber dieser Sprung hätte keinen Menschen umgebracht! Außerdem wusste sie, dass Navena und ich Kampfsport können, sonst hätte sie nicht gekämpft!“ „Jeanne, Navena! Ihr seid viel zu gutmütig, wisst ihr das?“ „Wir sind nicht zu gutmütig! Wir wollen nur nicht Leute zu irgendetwas beschuldigen, nur weil sie leicht in Verdacht kommen!“ „Was ist das für ein Radau so früh am Morgen?“, ertönte plötzlich eine strenge Stimme hinter ihnen. „Meisterin!!“, rief Saya erschrocken und verbeugte sich schnell. Die anderen taten es ihr gleich. „Also, wirklich! Habt ihr wirklich nichts Besseres zu tun, als euch früh am Morgen zu streiten?“, fragte Hikari. Der Wind spielte durch ihre goldblonden, gelockten Haare und sie trug noch immer ihren Morgenmantel. „Also, was ist? Yuki und Shadow warten schon am Tisch auf euch! Jetzt beeilt euch, damit wir endlich frühstücken können – Käse-Omeletts!“, fügte sie noch grinsend hinzu. Die anderen stöhnten leise auf. Kapitel 2: Aufbruch ------------------- Alle hatten schnell ihr Frühstück runtergeschlungen und machten sich daran, ihre Zeit zu vertreiben. Hanako, Nela, Saya und Ritchie beschlagnahmten die Trainingshalle für den ganzen Vormittag fürs Training, während Yuki und Shadow im Wald Kräuter sam-meln gingen. Jeanne und Navena gingen in die Stadt, um die Einkäufe von Hikari zu erle-digen. Stumm machten sie sich auf den Weg. „Stimmt etwas nicht?“, fragte Jeanne ihre Freundin nach einer Weile. Keine Antwort. „Ähm, Navena?“ „Hm?“, kam es geistesabwesend zurück. „Ich hab gefragt, ob mit dir alles okay ist, “ wiederholte Jeanne ihre Frage. „Ja, eigentlich schon...“ „Lügnerin! Ich sehe es dir doch an, wenn mit dir etwas nicht stimmt! Also, was ist los?“ „Es ist nichts!!“ erwiderte Navena ungeduldig. Doch Jeanne blieb weiterhin hartnäckig. „Navena! Wir kennen uns von klein auf und haben bis jetzt noch keine Geheimnisse voreinander gehabt. Und jetzt willst du mir ehr-lich weismachen, dass mit dir alles okay ist? Hallo?! Seit wann läufst du todernst durch die Straßen und hörst einem nicht zu, hä? Sonst regst du dich im Unterricht bei Hikari immer auf, wenn ich dich was frag, weil du unbedingt zuhören willst! Aber jetzt stimmt da wohl was nicht! Du hältst es normalerweise mindestens nur 10 Sekunden aus, nix zu sagen – ich hab nämlich die Zeit gemessen, und 10 Sekunden war der Rekord und...“ „Du hast was gemacht?“, unterbrach Navena sie wütend. „Ups, verplappert...“ „Wie war das mit ‚Zeit messen’ und ‚Rekord’??“, fragte Navena ihre Freundin drohend. „Äh, wovon redest du...?“, fragte Jeanne und grinste scheinheilig. Sicherheitshalber lief sie ein bisschen schneller – wer weiß, wie ihre Freundin jetzt reagiert! „JEANNE!!!! Das gibt Rache!“, entfuhr es Navena. Jeanne machte, dass sie sich in Si-cherheit brachte und Navena verfolgte ihre Freundin lachend und drohend zugleich. Unterdessen wurden im Zentrum die neusten Berichte aus den verschiedenen Nach-bardörfern ausgehängt. Sogleich drängten sich die Leute an der Anschlagetafel, um das Neuste zu erfahren, und es war fast unmöglich, einen Bericht auch nur in Ruhe durchle-sen zu können, ohne auch nur irgendwie seinen Kommentar abzugeben. Bald schon ver-breiteten sich Gerüchte, sodass keiner mehr genau wusste, was stimmte und was nicht... Mittlerweile erreichten auch Jeanne und Navena das Zentrum und schnappten hier und dort etwas auf. „Sieht aus, als wurden die Berichte inzwischen schon ausgehängt, “ meinte Jeanne. „Ja, aber was meinen die mit ‚Mörderelfin’ und ‚Dämonengefahr’, oder so?“, erwiderte Navena nachdenklich. Jeanne seufzte. „Weißt du was? Am Besten gehen wir zuerst zur Anschlagetafel und lesen uns erstmal die Berichte durch, bevor wir die Einkäufe erledigen.“ Navena war damit einverstanden und so machten die beiden erstmal einen Umweg zur Anschlagetafel. „Ob das stimmt?“ „Keine Ahnung...“ „So jung und so brutal! Unglaublich!“ „Die Jugend von heute halt.“ Navena hörte das Gemurmel schon von weitem und näherte sich stirnrunzelnd. Als die Leute diese erblickten, wichen sie erschrocken zurück. Schon nach kurzer Zeit stand niemand mehr vor der Anschlagetafel. „Öh, was war denn das?“, fragte Jeanne erstaunt. Navena zuckte nur verwundernd die Schultern und schritt zur Anschlagetafel. Und erstarrte. Zwischen den Berichten hing ein Bild. Aber nicht irgendein Bild. Ein Bild von ihr!! Und daneben der Bericht. Mörderelfin schlägt erneut zu!!, stand da als Überschrift. Wie konn-te das sein? Schnell überflog sie den Bericht und wunderte sich nur noch mehr. Im Nach-bardorf, das ziemlich weit entfernt von hier ist, soll diese Mörderelfin am vorherigen Tag Leute umgebracht haben. Und diese Mörderelfin sieht genauso aus wie sie. „Navena?“ Navena wurde aus ihren Gedanken gerissen. Erschrocken schaute sie sich um. Es war Jeanne, die ihre Freundin besorgt anschaute. „Hey! Alles okay?“, fragte Jeanne ihre Freundin unsicher. Navena nickte zwar zögernd, wirkte aber nicht gerade überzeugend. „Wer kann das bloß sein? Welche Person sieht mir denn ähnlich?“, überlegte sie laut. Jeanne schaute Navena an. „Hey, zerbrich dir darüber nicht den Kopf, okay? Wir be-sorgen schnell die Einkäufe und gehen dann heim, um Hikari um Rat zu fragen!“, schlug sie vor. Navena zögerte kurz, stimmte aber dann ihrer Freundin zu. Unterdessen trainierten Nela, Saya, Ritchie und Hanako hart. Naja, alle außer Hanako. Diese saß auf dem Boden und japste nach Luft. „Hey, Hanako! Jetzt sei nicht so faul!“, rief Saya keuchend, während sie sich auf den Barren schwang. „Ich und faul?? Saya, ich bin 5 Runden gerannt!!“ „Nur 5 Runden?? Das ist jetzt schon meine 35. Runde, Hanako!“, ertönte es von Ritchie, die gerade an Hanako vorbeilief. „Genau! Alle trainieren fleißig, Hanako. Und du hockst nur auf dem Boden und keuchst wegen den schlappen 5 Runden!“, stimmte Nela ebenfalls zu. „Ihr seid mal wieder voll nett zu mir, wisst ihr das?“, schmollte Hanako. Gerade in diesem Moment hörten sie Stimmen im Flur. Es waren Jeanne und Navena. „Hey, die sind ja schon zur-, “ begann Ritchie, wurde aber von Nela unterbrochen. „Psst, seid mal still!“ „Was hatte das zu bedeuten? Wieso gelte ich über Nacht plötzlich als Mörderel-fin?!“ Navena zog ihre Schuhe aus und schmiss sie wütend in eine Ecke. „Das hast du mich jetzt schon zum 100. Mal gefragt, Navena! Und ich hab dir auch ab und zu eine Antwort gegeben. Aber genau weiß ich es auch nicht. Wir sollten Meisterin Hikari fragen!“, schlug Jeanne ihrer Freundin vor. „Nein!“ „Muss ich den Grund wissen...?“ „Das hier ist meine private Angelegenheit und ich hab keine Lust, dass es jetzt jeder hier erfährt!“, erklärte Navena. „Okay, aber dieses Mal waren wir mit den Einkäufen dran, Navena! Das nächste Mal müssen das die anderen erledigen! Irgendwann finden sie das heraus!“ „Bis dahin ist alles nur noch Geschichte.“ „Du weißt genau, dass das nicht so schnell geht!“ „Achja? Und woher willst du das wissen??“ „Navena!!“ „Ach, lass mich doch ganz einfach in Ruhe!!“, schrie Navena wütend und rannte hoch in ihr Zimmer. Jeanne schaute ihrer Freundin noch eine Weile hinterher, seufzte dann kurz und ging dann in den Stall. „Was war denn mit den beiden los?“, platzte es aus Hanako heraus. „Hä? Wie meinst du das denn wieder?“, bemerkte Saya. „Wie oft kann man schon sehen, dass Navena und Jeanne sich mal richtig streiten? Und wie oft sieht man Navena, wenn sie gereizt ist und Jeanne zusammenstaucht?“, mischte sich Ritchie ein. „Hey, stimmt! Navena ist sonst immer die Ruhe selbst! Nur Jeanne regt sich immer so leicht auf, wenn ich sie ärgere!“, bemerkte Hanako. „Wer ärgert hier wen??“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Die vier zuckten erschrocken zusammen und schauten zur Tür. Jeanne lehnte sich ge-rade an den Türpfosten und hatte ihre Arme vor ihrer Brust verschränkt. „Ähm, bist du nicht in den Stall gegangen?“, fragte Nela erschrocken, um Jeanne vom Thema abzulenken. „Bin ich, aber ich musste nochmal zurück, weil ich was vergessen hatte, “ meinte Jeanne. „So...,“ kam es von Saya, die hoffte, dass Jeanne dann wieder gehen würde. Eine kurze Weile sagte niemand was. Doch dann... „Ihr habt alles gehört, hab ich Recht?“, fragte Jeanne plötzlich. Ritchie seufzte. „Ja, Jeanne, wir haben ungewollt euer Gespräch gehört. Und das mit Navena tut uns echt leid...“ „Schon okay, das solltet ihr lieber Navena erzählen und nicht mir. Schließlich ist sie es, die davon betroffen ist“, meinte Jeanne nur und verließ die Trainingshalle. „Ich glaube, da muss ich ihr ausnahmsweise zustimmen...,“ murmelte Saya. Im Eifer des Gespräches hatten sie nicht bemerkt, dass sie jemand am Fenster die ganze Zeit belauscht hatte... Navena lag auf ihrem Bett und starrte an die Decke, während sie nachdachte. Sie ka-pierte es einfach nicht. Jeder in der Stadt wusste, dass sie eine Schülerin von Hikari war und dass ihre Schüler niemals andere Leute umbringen würden. Keine guten und un-schuldigen Menschen. Dafür mussten sie einen Eid ablegen, damit Hikari sie als ihre Schüler akzeptierte. Also müssten die Leute das wissen! Doch wieso? Wieso denken jetzt alle, dass sie diese Leute im Nachbardorf umgebracht hatte? Das Nachbardorf ist viel zu weit entfernt! Wie hätte sie in einer so kurzen Zeit es schaffen können, geschwind hinzulaufen, ein paar Menschen umbringen und schnell wie-der zurückzugelangen? Sie verstand es wirklich nicht. Konnte es möglich sein, dass es eine Person gab, die ihr bis aufs Haar glich? Navena verwarf den Gedanken gleich wieder. Das ging nicht! Das wäre kein Zufall mehr! Nur Geschwister könnten sich so sehr ähneln. Doch was wäre, wenn sie Geschwister hätte...? Navena wurde aus ihren Gedanken gerissen, weil jemand klopfte. Stirnrunzelnd schau-te sie zum Fenster. Und erstarrte. Vor dem Fenster stand eine Elfin mit hellgrünen Haa-ren und dunkelgrünen Strähnchen, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Ihre tiefgrünen Augen schauten Navena halb belustigt, halb interessiert an. Navena stockte den Atem. Diese Elfin war sie selber?! „Wer bist du?“, fragte Navena die Elfin unsicher. Diese lachte nur und deutete ihr mit einer Geste an, das Fenster aufzumachen. Navena tat es widerwillig. „Also, wer bist du?“, wiederholte sie ihre Frage. Die Elfin lachte erneut. „Kannst du es dir denn nicht denken? Gib es doch zu, Navena! Du ahnst schon, wer ich bin“, antwortete sie. „Schon möglich. Aber ich wünschte, dass ich es nicht ahnen würde!“ „Hat dir eigentlich schon jemand gesagt, wer deine Eltern sind?“, fragte die Elfin weiter. „…wieso willst du das wissen?” „Ich bin nur neugierig, das ist alles!“ „So! Dann muss ich dir es ja nicht sagen, oder?” Die Elfin seufzte. „Du weißt es also nicht.” „Doch, aber ich sag es dir nicht!”, kam es nur spöttisch von Navena zurück. Nach einer Weile fragte sie: „Wie heißt du überhaupt?“ „Gwenwin.“ Navena starrte die Elfin entgeistert an. Das kann doch nicht sein, oder...? „Nun, ich bin gerade nicht wirklich ich! Ich bin ein Teil meiner Seele, die aus meinem Körper entkommen ist, Navena. Und nun bin ich hier, um dich um Hilfe zu bitten...“ „Nein, ich werde dir ganz bestimmt nicht helfen! Du warst es, die so viele unschuldige Menschen getötet hat. Glaubst du allen Ernstes, dass ich dir wirklich helfen würde? Einer Mörderin??“, entfuhr es Navena wütend. „Ich war es nicht, Navena…“ „Achja, und wer dann?“ Währenddessen hatte Jeanne schon die Einhörner gestriegelt und ihnen das Futter be-reitgestellt. Jetzt mistete sie eine Box nach der anderen aus. Doch sie war unkonzentriert. Immer wieder musste sie an den Moment zurückdenken, als sie in der Stadt den Bericht auf der Anschlagetafel gelesen hatten, wie Navena zu Hause ausgeflippt ist und sich die beiden gestritten hatten. Trotz allem konnte Jeanne ihrer Freundin nicht sauer sein, obwohl sie allen Grund dazu hatte. Sie verstand sie und wollte ihr helfen. „Glaubst du allen Ernstes, dass ich dir wirklich helfen würde? Einer Mörderin?“, ertönte es plötzlich schreiend aus ihrem Zimmer. Erschrocken schaute Jeanne auf das Fenster von ihrem Zimmer, konnte aber nichts erkennen. „Ich glaube, es wäre am Besten, wenn ich die Tür benutze…,“ dachte sie bei sich und rannte ins Haus. „Natürlich, du warst es nicht, sondern ich, oder was?“, meinte Navena spöttisch. „Nein, Navena! Es war mein Körper, den meine finstere Seele besetzt hat…, “ erklärte Gwenwin traurig. Navena starrte sie entgeistert an. „Hä?!“ Inzwischen erreichte Jeanne Navenas Zimmer und wollte gerade hineinstürmen, als sie dann inne hielt. Vielleicht wäre es besser, wenn sie draußen zuhörte, worum es geht, statt einfach hineinzustürmen? Sie entschied sich dafür und presste ihr Ohr gegen die Tür... „Jeder Mensch hat seine guten und bösen Seiten. Meistens ist der finstere Teil der See-le sehr klein, sodass er keinen Schaden anrichten kann. Aber je nachdem kann dieser Teil wachsen und so die Oberhand über den guten Teil gewinnen, sodass der gute Teil langsam aus dem Körper verschwindet. Bei mir war es so. Ich bin in die Lehre von dem Schattenmagier Yami eingetreten – ein Fehler, den ich vermutlich nie wieder gutmachen kann! Er brachte mir die finstere Magie bei, die mich Stück für Stück beeinflusste. Mein finsterer Teil gewann irgendwann die Oberhand und bannte mich, die gute Hälfte, aus dem Körper, sodass ich nun als verlore-ne Seele auf dieser Welt herumirre und jemanden suche, der mir vielleicht helfen konn-te…“ Jeanne stand draußen vor der Tür und hielt sich vor Entsetzen die Hand vor den Mund. Gwenwins Erklärungen hallen immer wieder in ihrem Ohr. „Jeder Mensch hat seine guten und bösen Seiten... seine guten und bösen Seiten... seine guten und bösen Seiten...“ „Und du hast dann zufällig mich gefunden oder was?“, kam es von Navena spöttisch. „Ja, ich hatte gehofft, dass du mir helfen könntest, weil du mein- ... ich meine, weil du auch eine Elfin bist, genau wie ich.“ „Nur, weil ich eine Elfin bin? Gwenwin! Du verheimlichst mir doch irgendwas!“, meinte Navena misstrauisch und schaute der Elfin tief in die Augen. Die schaute rasch zur Seite. „Nein... wie kommst du darauf?“ Navena schaute Gwenwin – oder ihre Seele – prüfend an. Irgendwas hat sie ihr nicht erzählt, das spürte sie genau. Sonst hätte sie sich nicht so schnell zur Seite gedreht und hätte auch ganz bestimmt nicht so knapp geantwortet. Doch das war im Moment nicht so wichtig. Sie hatte einen Entschluss zu fassen. Sollte sie ihr nun helfen oder nicht? Stattdessen fragte sie stirnrunzelnd: „War dieser Schattenmagier Yami nicht mal ein Schüler von Meisterin Hikari?“ Die Frage sollte so beiläufig wie möglich klingen. „Ja, aber weil er sich dann nur noch auf die finstere Magie konzentriert hatte, wurde er von Hikari aus der Lehre entlassen, “ erzählte Gwenwin und hoffte insgeheim, dass Na-vena ihr helfen würde. „So...“ Jeanne sackte auf die Knie und blieb erschrocken sitzen. Was sie gerade eben gehört hatte, war zu viel! Hikari hatte einen Schüler aus ihrer Lehre verbannt. Gwenwin war der gute Teil ihrer Seele und gleichzeitig eine Elfin, die Navena um Hilfe bat, weil diese auch eine Elfin war. Aber wie soll Navena Gwenwin denn helfen? „Und wie soll ich dir helfen? Und überhaupt, wobei soll ich dir helfen?“, fragte Navena. „Ich habe dich gesucht, um dich zu bitten, mir dabei zu helfen, dass ich wieder in mei-nen Körper komme und die Oberhand über den bösen Teil meiner Seele gewinne.“ Jeanne runzelte die Stirn und presste sich weiter an die Tür, um die beiden besser hö-ren zu können. Wie würde sich ihre Freundin entscheiden? Würde sie einer fremden Per-son bzw. Seele helfen? „Nicht, dass ich dir nicht helfen will... nur, wie kann ich dir helfen? Wie soll ich es schaffen, dass du wieder in deinen Körper gelangst und dann noch gewinnst?“, fragte Navena verwundert. „Oh, das muss ich alleine tun. Aber dazu darf ich nicht gestört werden. Ich will, dass du Yami ablenkst, damit ich ungestört in meinem Körper gelangen kann, “ erklärte Gwenwin. Navena überlegte kurz, dann stimmte sie zu. „Gut, ich werde dir helfen!“, rief sie ent-schlossen. Gwenwin lächelte erleichtert. „Gut, aber ich muss jetzt gehen, weil ich noch was zu erledigen hab. Wir werden uns bestimmt noch treffen. Doch es wäre am Besten, dass du zuvor noch Informationen sammelst. Der beste Weg wäre, wenn du im Sternengebirge, beim Kristallfluss und im Schattenwald einen längeren Halt machen würdest. Denn die Clane bzw. Schulen dort wissen genau über den Schattenmagier Yami Bescheid und werden dir sicher helfen!“ „Gut, mach ich!“, kam es von Navena. Dankbar lächelnd schwang sich Gwenwin aus dem Fenster und war im nächsten Moment auch schon verschwunden. Navena stand noch eine Weile am Fenster und blickte lange in die Richtung, in der Gwenwin verschwunden war. Sie war überrascht, dass sie einer fremden Person so schnell zugesagt hatte, ihr zu helfen. Normalerweise wäre sie ganz anders vorgegangen. Sie verstand nicht, wieso, doch hatte sie das Gefühl, Gwenwin von früher zu kennen… Jeanne lächelte still. Es war ihr klar, dass Navena ohne zu zögern Gwenwin helfen woll-te – dazu kannte sie ihre Freundin einfach zu gut. Und vermutlich würde sie nachts heim-lich weggehen, ohne Hikari oder ihr und den anderen Bescheid zu sagen. Sie atmetete tief durch und fasste einen recht gewagten Entschluss… Es war Nacht geworden und alle schliefen. Fast alle. Navena schwang sich ihren Köcher auf den Rücken und nahm die vollgestopfte Satteltasche, um heimlich in den Stall zu schleichen, was ihr auch recht gut gelang. Liebevoll streichelte sie ihr Einhorn über die Mähne. „Keine Angst, Silivren, ich bin es nur, “ flüsterte sie ihr beruhigend zu. Silivren wieherte leicht. Schnell band sie ihrem Einhorn Sattel, Zaumzeug und Satteltasche um und führte es so leise wie möglich aus dem Stall. In der Eile hatte sie nicht bemerkt, dass die Box von Crystal, Jeannes Einhorn, leer stand... „Ruhig, Crystal, “ flüsterte Jeanne ihrem Einhorn beruhigend zu. „Navena und Silivren müssten jederzeit kommen!“ Crystal lief unruhig ein paar Schritte zurück „Nein, Crystal! Sonst sehe ich nicht, ob sie kommen!“, sagte Jeanne und streichelte es, damit es sich endlich beruhigt. Seufzend schaute sie wieder zurück auf den Weg, der als einziger aus der Schule von Hikari führt. Ob Navena es auch geschafft hatte, sich hinauszuschleichen? Sie hoffte es. Crystal schnaubte leise und stellte ihre Ohren auf... „Super, Silivren! Wir sind aus der Schule raus!“, freute sich Navena, als sie die Schule hinter sich gelassen hatten. Silivren wieherte nur und verlangsamte ihr Tempo. „Silivren, was...?“, wunderte sich Navena, als eine Gestalt aus dem Gebüsch trat. „Jeanne??“, rief Navena erstaunt auf. „Ich hab mir schon gedacht, dass du nachts heimlich aufbrichst, “ meinte Jeanne grin-send. „Du hast uns heute Morgen belauscht!“, stellte Navena fest und tat so, als ob sie sich darüber empörte. „Das könnte man auch schonender sagen... aber: Ja, ich habe euch belauscht. Tut mir Leid, “ fügte sie noch hinzu und senkte ihren Kopf. „Lass mich raten: Die anderen wissen alle Bescheid und erwarten uns gleich in den nächsten 5 Metern?“, entgegnete Navena schmunzelnd. „Hältst du mich zufällig für Hanako?“, meinte Jeanne spielend entrüstet. „Bei dir weiß man nie...,“ kam die spöttische Antwort von Navena fies grinsend zurück. „Wie nett.“ „Ich bin immer nett!“ Jeanne seufzte. „Schon gut, ich ergebe mich. Aber wir sollten lieber zusehen, dass wir hier wegkommen! Falls Hikari wach wird und registriert, dass wir nicht da sind... oh, oh... böse Vorstellung...“ „Da hast du mal ausnahmsweise eine gute Idee gehabt!“, entgegnete Navena grinsend. Hikari hatte währenddessen alles durch ihre Lichtkugel beobachtet. Ein leichtes Lächeln huschte über ihrem Mund. Mit einer kurzen Handbewegung ließ sie die Lichtkugel wieder verschwinden. „Das war mal wieder typisch für die beiden, einfach heimlich aus der Schule zu schlei-chen, ohne mir Bescheid zu sagen...“, murmelte sie leise. Kapitel 3: Informationen... --------------------------- „Hey, Navena! Warte mal!!“, rief Jeanne ihrer Freundin zu. „Was ist denn?“, fragte diese leicht gereizt. Jeanne zeigte mit ihrem Finger in die Ferne. „Da! Ist dort nicht das Sternengebirge, von dem Gwenwin dir gestern erzählt hatte?“, fragte sie. „Ja, da ist das Sternengebirge! Aber wir müssen erstmal hier den Berg hinunter, um überhaupt hinüberzukommen, oder?“ „Woher sollte ich denn wissen, dass du sie schon entdeckt hattest?“ „Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“ Jeanne wollte was sagen, hielt sich jedoch zurück. Seitdem Navena die Nachricht mit der Mörderelfin gelesen hatte, hatte sie sich vollkommen verändert. Sie war oft gereizt und meckerte über jede Kleinigkeit. Jeanne seufzte. Sie hoffte, dass dieses Verhalten nur vorübergehend war und nicht für lange Zeit anhalten würde. Denn wenn Navena mal schlecht gelaunt ist, ist es für die Menschen in ihrem Umfeld dir reinste Hölle... „Sag mal, träumst du oder warum beeilst du dich nicht ein bisschen? Wir haben schließlich nicht den ganzen Tag Zeit!“, ertönte Navenas Stimme. Jeanne versuchte, sich zu konzentrieren und folgte ihrer Freundin. „Hey, Jeanne! Kannst du vorne schon etwas erkennen?“, fragte Navena und duckte sich erneut, damit sie keinen Ast ins Gesicht geschleudert bekam. Jeanne schaute angestrengt nach vorne. „Nein, nichts als Bäume und Gebüsche!“, meinte sie. „Ach, verdammt! Wieso hab ich eigentlich zugesagt, Gwenwin zu helfen?“, beklagte sich Navena – und wich gerade rechtzeitig einem Ast aus. „Na, na, willst du jetzt etwa umkehren?“, fragte Jeanne grinsend – und bekam einen Ast ins Gesicht. „Autsch!“ „Haha! Selber Schuld! Das kommt davon, wenn man beim Reiten nicht nach vorne schaut!“, kam es von Navena lachend zurück. Jeanne verdrehte die Augen. Wenn sie sich blamierte, schaffte sie es immer, Navena zum Lachen zu bringen – auch wenn das mit dem Ast nicht wirklich von ihr geplant war... „Glaubst du, wir schaffen es vor Tagesanbruch, das Sternengebirge zu erreichen?“, fragte Navena ihre Freundin, nachdem sie sich beruhigt hatte. Diese zuckte die Schultern. „Da fragst du die Falsche, Navena. Ich war dort nämlich noch nie...“ Stunden später brach der neue Morgen an und Jeanne und Navena erreichten endlich ihr Ziel: Das Sternengebirge. „Puh, das wurde aber auch Zeit!“, rief Navena erleichtert. „Ja, und ich glaube, dass mir ein paar Stunden Schlaf fehlen. Ich bin sowas von müde!“, meinte Jeanne und gähnte zur Demonstration. „Wenn ich mich nicht täusche, befindet sich im Sternengebirge eine Schule...,“ erzählte Navena und kratzte sich nachdenklich am Kopf. Jeanne lachte. „Und ich glaube, dass du damit gar nicht so falsch liegst!“, sagte sie und zeigte in die Ferne. Dort stand eine gigantische Burg, dessen Oberfläche in der Sonne zu schimmern schien. „Siehst du die Flaggen? Dort ist das Wappen von der Schule der Ster-ne drauf! Schau mal genau hin!“ Navena schaute genauer hin, schüttelte aber dann den Kopf. „Ich kann nicht wirklich was erkennen – die Sonne blendet mich, “ meinte sie. Dann schaute sie ihre Freundin überrascht an. „Wieso kannst du was erkennen, obwohl dich die Sonne genauso blenden müsste?“, fragte sie Jeanne erstaunt. „Gute Frage! Die Welt ist voller Rätsel... Vielleicht hat es ja mit meinem Element zutun? Wie auch immer... Lass uns dorthin reiten! Crystal und Silivren sind sicher auch total er-schöpft. Wir sollten den beiden einmal eine Pause gönnen!“, schlug Jeanne ihrer Freundin vor. „Na, dann los!“, rief Navena und die beiden ritten um die Wette Richtung Schule der Sterne. Jeanne stieg leicht keuchend von Crystal ab. Wieder einmal hatte sie gegen Navena verloren und hatte gerade erst ihr Ziel erreicht. Navena und Silivren erwarteten die bei-den schon. „Na, endlich da?“, fragte Navena ihre Freundin grinsend. Silivren wieherte und schaute Jeanne und Crystal an, als ob sie die beiden auslachte. „Sieht... sieht so aus..., “ meinte Jeanne atemlos und japste nach Luft. Auch Crystal schnaubte erschöpft. Bevor Navena noch was erwidern konnte, wurde das Tor von der Schule der Sterne aufgeschlossen. Ein junges Mädchen mit langen dunkelblauen Haaren trat heraus. Über-rascht erblickte sie den beiden erschöpften Freundinnen ins Gesicht. „Oh, wer seid ihr denn?“, fragte sie erstaunt. „Ich bin Navena und das ist meine Freundin Jeanne. Und Crystal und Silivren, unsere Einhörner, die uns hierher gebracht haben, “ erklärte Navena. „Und wer bist du eigentlich?“, fragte Jeanne. „Ich heiße Sirius, und bin eine Schülerin von dieser Schule, “ antwortete diese. Sie trug eine Schuluniform, auf deren linken Brusthöhe das Wappen von der Schule der Sterne abgebildet war. „Wäre es möglich, dass wir bei euch eine kleine Rast einlegen würden?“ „Klar, kein Problem. Folgt mir!“ „Hey, Hanako! Aufstehen!!“, rief Nela ihrer Freundin zu. Diese murmelte irgendetwas Unverständliches und rieb sich müde die Augen. Nela lachte. „Ich bin zwar auch müde, aber es hilft nichts, Hanako! Vergiss nicht, dass heute die Prüfungen sind und...“ Mit einem Schlag war ihre Freundin hellwach. „Was?? Die Prüfungen? Oh, nein! Wir sind viel zu spät dran!! Wie soll ich in dieser kurzen Zeit denn alles vorbereiten?? Nur 10 Minuten!! Das ist nicht wahr! Wieso ist die Welt nur so ungerecht?“, rief sie erschrocken, nachdem sie einen Blick auf ihren Wecker geworfen hatte. Während sie sich über jede Kleinigkeit aufregte, sprang sie aus dem Bett und begann, sich umzuziehen und zugleich ihre Haare zu kämmen. Nela stand grinsend daneben und beobachtete ihre Freundin. Das war mal wieder ty-pisch Hanako. Sobald es um Prüfungen geht, ist sie sofort hellwach und könnte tagelang ohne Schlaf auskommen – Hauptsache, sie kriegt eine Note, die ihrer Meinung nach gut genug ist... In diesem Moment klopfte es an ihrer Zimmertür. „Hanako? Nela? Seid ihr wach?“, er-tönte es von Ritchie. Nela lief zur Tür und öffnete sie. Saya begrüßte die beiden gut gelaunt. „Guten Morgen zusammen! Na, gut erholt?“, fragte sie sogleich. „Ich ja, aber Hanako...“ Nela schaute grinsend zu Hanako rüber, die sich gerade ihr Hemd zuknöpfte und ihren Kamm zwischen den Zähnen festhielt. Ein komischer Anblick, bei dem sich Nela beherrschen musste, nicht einfach loszulachen. „Morgen, Hanako! Wie geht’s?“, fragte Saya ebenfalls grinsend. Der verschwörerische Blick von Nela hatte ihr verraten, was momentan vorging, und so spielte sie einfach mal mit. „Guch. Ich much mich halch beeichen, “ kam es von Hanako, die es schließlich endlich geschafft hatte, ihr Hemd zusammenzuknöpfen und zog sich in Rekordsgeschwindigkeit noch ihre Schuhe an. „Aha, alles verstanden...“, kam es von Saya. „Wieso muss du dich beeilen??“, fragte Ritchie und tat verwundert. „Prüchungen, chon vergechen?“, versuchte Hanako zu erklären – immer noch mit dem Kamm zwischen den Zähnen und eifrig dabei, ihre Schnürsenkel zusammenzubinden. Doch als sie aufschaute, bemerkte sie die grinsenden Gesichter ihrer Freundinnen und runzelte nachdenklich die Stirn. Hatte sie was falsch gemacht? „Also seid ihr beide Schülerinnen von Meisterin Hikari von der Schule des Lichts?“, frag-te Sirius erstaunt. Navena nickte und wölbte stolz ihre Brust, was Jeanne ein wenig über-trieben und zugleich irgendwie peinlich fand. „Und wieso seid ihr jetzt hier? Wollt ihr die Schule wechseln?“ „Das bleibt vorerst noch geheim!“, meinte Jeanne nur und grinste ihrer Freundin ver-schwörerisch zu. „Stimmt, was nicht, Hanako?“, fragte Nela und versuchte, sich das Grinsen zu verknei-fen. Saya und Ritchie hatten vor Anstrengung schon ganz rote Gesichter, stellte Hanako besorgt fest. „Saya, Ritchie... alles okay mit euch? Ihr seid so rot im Gesicht... habt ihr Fieber?“, fragte sie. Das war zu viel. Die drei Freundinnen prusteten gleichzeitig los und mussten sich ge-genseitig stützen, damit sie nicht vor Lachen umfielen. Hanako sah nur irritiert von einer zur anderen und verstand nicht, was los war. „Ähm, geht’s euch noch gut??“, fragte sie unsicher. Saya hatte sich als Erste wieder gefangen. Bemüht, nicht zu lachen, versuchte sie Ha-nako die Situation zu erklären. „Also, Hanako, jetzt hör mir mal gut zu: Wir schreiben heute weder einen Test noch haben wir eine mündliche Prüfung bei Hikari. Du verstehst?“ Die arme Hanako schaute zuerst noch stirnrunzelnd in die Runde, als es dann endlich bei ihr machte. Sofort beschwerte sie sich. „Was fällt euch ein, mich so zu er-schrecken?? Wisst ihr, dass ich 1000 Tode gestorben bin wegen euch??“, entkam es ihr halb lachend, halb verzweifelt, während sie mit ihren Armen rumruderte. Die Freundin-nen sahen zu, dass sie außer Reichweite kamen, um so nicht getroffen zu werden. „Schon. Aber dadurch bist du immerhin wach geworden, oder?“, meinte Ritchie nur lachend, wodurch sie eine spöttischen Blick von Hanako erntete. „Jetzt ist es aber genug! Wir wollten doch mit Jeanne und Navena trainieren gehen! Wahrscheinlich liegen die beiden immer noch in ihre Betten! Kommt! Wir wollen sie we-cken gehen!“, schlug Nela fies grinsend vor. Die anderen stimmten ihr begeistert zu. „Eure Namen... sind das nicht gleichzeitig auch Sternnamen?“, fragte Jeanne Sirius, die ihr und Navena eine Liste mit allen Schülerrinnen der Schule zeigte. Ihre Freundin schau-te sie erstaunt an. Was die mal wieder alles wusste an Stelle vom Unterrichtsstoff. Sirius nickte anerkennend. „Nicht schlecht. Aber es ist kein Zufall. Die Leute, die kei-nen Sternnamen haben, bekommen hier einen und werden dann auch so genannt. Das ist eine der Vorschriften an dieser Schule, “ erklärte sie. „Und wetten, dass ihr nur bestimmte Kleidungen tragen dürft?“, meinte Navena nun grinsend. Sirius sah Navena an, als ob sie sich gerade als Außerirdische entpuppt hat. „Sag mal, woher wisst ihr das alles? Ihr könnt einem echt Angst einjagen!!“ „Tja...“ „Kannst du uns vielleicht zu deiner Meisterin führen? Wie heißt die denn nochmal?“, mischte sich Jeanne ein. „Polaris. Und ja, ich kann euch hinführen. Aber erst, wenn sie wach ist. Mit anderen Worten: Ihr müsst euch noch ein paar Stündchen gedulden!“, erklärte Sirius. „Kein Problem.“ „Vielleicht könntest du uns ja mal ein Zimmer anbieten, wo wir uns ausruhen können, da wir bestimmt für längere Zeit hier bleiben werden, “ schlug Navena grinsend vor. „Hm... kein einziges Schnarchgeräusch... ob die schon wach sind?“, murmelte Saya und schaute Nela fragend an. „Weiß nicht. Aber das wär’ eigentlich ein Wunder, denn die beiden sind eigentlich Lang-schläfer! Das weißt du doch, Saya, “ meinte Nela flüsternd zurück. „Aber du weißt genauso gut wie ich, dass die beiden normalerweise schnarchen.“ „Das stimmt nicht ganz!“ „Hä?“ „Jeanne schnarcht. Navena redet im Schlaf, weißt du nicht mehr?“ „Du meinst, als wir Skifahren waren? Da weiß ich nur noch, dass Jeanne schnarchend neben mir lag und ich jedes Mal gedacht hab, dass sie Bäume fällt!“, meinte Saya und rieb sich ihren rechten Arm, als ob es erst gestern passiert war, als Jeanne sich an daran geklammert hatte. Nela lachte. „Stimmt ja. Das war vielleicht was. Und Navena hat im Schlaf gesprochen. Da kam ein >Yeah! ... nenenenenee<, dicht gefolgt von ’nem Schmatzer. Wir haben sie doch verdächtigt, dass sie geheime Vorräte an Süßigkeiten unter ihrem Kissen versteckt hat, schon vergessen?“, fragte Nela grinsend weiter und musste lachen. „Aha... und das weißt du noch alles?! Hey, Hanako! Hörst du, ob sie schon wach sind?“, fragte Saya Hanako, die mit Ritchie den Anfang bildete. Diese schüttelte gerade den Kopf, als ihre Freundin die Tür von Navena und Jeannes Zimmer mit einem Ruck aufriss. „Jeanne! Navena! Zeit zum Aufste-“, rief sie munter, als sie sich mittendrin unterbrach. „Ritchie? Ist was passiert?“, fragte Nela, als sie Ritchies erschrockenen Blick sah. Als diese nicht antwortete, drängte sie sich energisch an Hanako vorbei und warf einen Blick ins Zimmer. Keine Spur von Jeanne und Navena... „Was ist denn los?“, ertönte Hanakos besorgte Stimme aus dem Hintergrund. „Eine Sensation! Die beiden sind schon wach!“, meinte Nela und ließ ihr Blick nochmals im Zimmer schweifen. Irgendwas stimmte hier nicht, das sagte ihr Gefühl. „Eeecht?!“, kam es von der überraschten Hanako. Saya blieb vor Staunen der Mund offen stehen. „Ja, die beiden müssten inzwischen schon wach sein. In ihrem Zimmer sind sie jeden-falls nicht, “ kam es von Ritchie. „M-hm“, machte Nela nur und blickte sich immer noch im Zimmer um. „Na, wenn das so ist, sollen wir die beiden nicht suchen gehen?“, schlug Hanako vor, die sich allmählich von ihrem Schock erholt hat. „Gute Idee!“, meinte Ritchie und die beiden ließen Saya und Nela alleine, um Navena und Jeanne zu suchen. Währenddessen schweifte Nelas Blick ziellos im Raum umher, als ihr Blick an einen dunkelroten Briefumschlag auf Jeannes Schreibtisch hängen blieb. Mit einigen Schritten war sie dort und begutachtete den Umschlag, auf dem mit säuberlicher Schrift geschrieben stand. „Hey, Saya! Hier ist ein Brief von Jeanne an uns beide geschrieben!“, rief Nela ihrer Freundin zu. Saya schaute verblüfft auf den Umschlag in Nelas Hand. „An uns?“, fragte sie erstaunt. Nela nickte. Mit schnellen Schritten lief Saya zu ihr und schnappte sich den dunkelroten Briefum-schlag. „Du hast Recht! Aber bist du dir sicher, dass er von Jeanne ist? Was ist, wenn es eine Falle ist?“, fragte Saya unsicher. „Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass er von Jeanne ist. Sie benutzt doch immer nur dunkelrotes Briefpapier mit dunkelroten Umschlägen, schon vergessen? Außerdem würde ich ihre Schrift im Dunkeln wiedererkennen! Nur sie schreibt so sauber!“, erklärte Nela. „Navena hat auch eine saubere Schrift!“, versuchte Saya zu widersprechen. „Stimmt, aber sie benutzt nur grünes Briefpapier mit grünen Umschlägen! Und ihre Schrift ist nicht sauber, ihre Schrift ist cool!“, meinte Nela grinsend. „Sei froh, dass ich gerade die einzigste Zeugin bin...“, kam es von Saya grinsend zu-rück. „Tja! Darf ich jetzt den Brief aufmachen?“, fragte Nela ungeduldig. „Von mir aus!“ Neugierig riss Nela den Briefumschlag auf und entfaltete ein dunkelrotes Papier, auf der Jeannes säuberliche Handschrift zum Vorschein kam. Sie strich es glatt und breitete es auf Jeannes Schreibtisch aus. Die beiden beugten sich über das Papier und begannen zu lesen. Hi Saya! Hallo Nela! Wundert euch nicht, weil ich euch plötzlich einen Brief schreibe. Es bot sich leider keine Gelegenheit, euch die Sachen zu erzählen, die gerade eben passiert sind, als ihr trainiert habt. Also erzähle ich euch jetzt alles ganz grob: Eine Elfin namens Gwenwin, die Navena zum Verwechseln ähnlich sieht, hat sie um Hilfe gebeten. Nicht wirklich sie, sondern der gute Teil ihrer Seele, der aus ihrem Körper verbannt wurde, weil der böse Teil die Oberhand gewonnen hat. Gwenwin will wieder in ihren Körper zurück, doch dabei darf sie nicht von Yami, ihren Meisterin, gestört werden. Und Yami ist ein verbannter Schüler von Hikari!! Nun, wie auch immer, Gwenwin hat Navena also um Hilfe gebeten, und ihr könnt euch denken, was Navenas Reaktion war – sie hat versprochen, ihr zu helfen. Und, naja, ich habe das Gespräch ungewollt mitbekommen und auch sofort beschlos-sen, sie auf der Reise zu begleiten. Wir werden vermutlich heute Nacht heimlich aus der Schule schleichen und unsere Einhörner mitnehmen, damit wir nicht so lange unterwegs sind. Hikari werden wir nichts erzählen. Nun habe ich eine Bitte an euch: Kommt uns bitte, sobald es möglich ist, nach. Navena soll Yami ablenken, während Gwenwin dann versucht, ihren bösen Teil zu besiegen und in ihren Körper zu gelangen. Den Gerüchten zufolge soll Yami sehr stark und nicht so leicht zu täuschen sein. Deshalb glaube ich auch kaum, dass Navena und ich es auch schaffen werden. Bitte, kommt uns so schnell wie möglich nach, wenn ihr könnt! Und erzählt Hikari bitte nichts von der Sache!! Unser erster Halt ist die Schule der Sterne im Sternengebirge. Danach führt unser Weg weiter zum Kristallfluss bzw. in die Schule der Kristalle. Wenn wir dort genug Informationen über Yami gesammelt haben, wird unser Weg zum Schat-tenwald weiterführen. Dort wird es am schwierigsten sein, um an Informationen zu kommen, da es dort weder Schulen noch Clane gibt und kaum jemand, den man nach Schattenmagier Wami fragen kann. Nicht weit entfernt wird dann vermutlich die Festung von Yami sein. Bitte kommt uns nach, sobald ihr könnt! Und erzählt niemanden von dieser Sache und diesem Brief! Wir werden bei der Schule der Kristalle auf euch warten! Viel Glück! Liebe Grüße, Jeanne Saya schaute Nela verdutzt an. „Ähm, heißt der Magier jetzt Yami oder Wami??“, fragte sie verdutzt. „Ich denk mal, dass Jeanne sich mal wieder verschrieben hat und der Magier Yami heißt, “ meinte Nela und las sich den Brief noch einmal durch. „Und was machen wir jetzt?“, fragte Saya. Nela sah ihre Freundin grinsend an und steckte den Brief zurück in den Umschlag. „Jetzt? Jetzt packen wir alle nötigen Sachen für unsere Reise heute Abend zusammen!“ Inzwischen hatte Sirius Jeanne und Navena ihre Zimmer gezeigt und auch passende Kleidung bereit gelegt. „Für alle Fälle! Falls Polaris gerade schlechte Laune hat, müsst ihr euch ebenfalls an die Regeln halten!“, hatte sie erklärt. Jetzt waren die drei auf dem Weg zu Polaris. „Navena? Hast du eine Idee, was wir Polaris sagen sollen, falls sie uns fragt, warum wir für eine Weile hierbleiben wollen?“, fragte Jeanne ihre Freundin flüsternd. „Sagen wir mal so... wenn ich dir die Aufgabe geben sollte, sämtliche Antworten parat zu halten, würdest du dich vermutlich vor lauter Nervosität verplappern!“, flüsterte Na-vena zurück und lief sicherheitshalber ein bisschen schneller. „So? Wenn du der Meinung bist, dann überlasse ich alles dir!“, antwortete Jeanne schnippisch. „Ähm, wenn ich euch unterbrechen darf, ihr zwei... Wir sind da!“, unterbrach Sirius die beiden Streithähne. Die beiden hörten augenblicklich auf mit ihrer Zankerei. Sie waren an einer Tür ste-hengeblieben, die mit Sternen und Sternschnuppen bemalt war. „Also, bist du soweit?“, fragte Jeanne Navena seufzend. „Klar! Jederzeit!“, kam es von Navena grinsend zurück. Jeanne unterdrückte sich ihr Grinsen und klopfte an die Tür. „Herein!“, ertönte es von innen. Navena atmetete noch einmal tief ein, bevor sie die Tür öffnete und eintrat. Jeanne und Sirius folgten ihr. Eine Frau saß am Schreibtisch und schrieb gerade etwas auf ein Stück Pergamentpa-pier. Ihre langen blauen Haare waren kunstvoll mit goldenen Haarnadeln zusammenge-steckt und einzelne Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Endlich legte sie ihre Feder beiseite und schaute auf. „Nanu? Sirius? Was machst du denn hier? Solltest du nicht lieber für die Prüfung mor-gen trainieren?“, fragte die Frau überrascht. „Das stimmt, Meisterin! Aber als ich heute Morgen das Tor öffnete, standen diese bei-den hier davor und baten mich, sie zu Euch zu führen. Sie haben extra so lange gewartet, bis ich sicher war, dass Ihr auch bestimmt schon wach seid, “ erzählte Sirius höflich. „Hast du unseren Besuch wenigstens ein geeignetes Zimmer gezeigt?“ „Jawohl, Meisterin!“ „Sehr gut. Dann darfst du dich jetzt entfernen, Sirius!“ „Jawohl.“ Sirius verbeugte sich und verließ dann den Raum. Die Frau wandte sich lächelnd Navena und Jeanne zu. „Erstmal herzlich willkommen in der Schule der Sterne! Ich bin Polaris und leite diese Schule hier im Sternengebirge. Ihr wolltet mich sprechen?“, fragte sie und ihre blauen Augen schauten die beiden Freunde freundlich an. Navena nickte. „Es stimmt, Meisterin Polaris. Wir sind Schülerinnen von der Schule des Lichts, die von Meisterin Hikari gegründet worden ist. Mein Name ist Navena und das ist meine Freundin Jeanne.“ Polaris lächelte. „So. Und warum wolltet ihr mich so dringend sprechen?“ Navena zögerte. Sollte sie der Gründerin der Schule der Sterne den wahren Grund ver-raten? Fragend schaute sie zu Jeanne rüber – und nickte ihr dann kurz zu. Diese verstand und wandte sich an Polaris. „Wir wollten Sie fragen, ob Sie etwas über den Schattenmagier Yami wissen.“ Navena schaute Jeanne erstaunt an. Sie hatte eigentlich erwartet, dass sie auch die Sache mit Gwenwin verraten würde, aber wie sich herausstellte, war Jeanne doch schlauer, als sie manchmal vorgab... Polaris’ Lächeln erstarrte. Entsetzt schaute sie die beiden Freundinnen an. „Was...? Wieso...? Warum wollt ihr was über einen... einen Magier aus einer Legende erfahren? Es gibt ihn gar nicht!“, brachte sie dann stockend hervor. Navena setzte ihr unschuldigstes Lächeln auf. „Wir haben nur gehört, dass er einmal ein Schüler von Meisterin Hikari war, Meisterin Polaris. Aber so, wie wir Menschen sind, wird Meisterin Hikari uns bestimmt nichts über einen Schüler verraten, den sie damals aus ihrer Lehre verbannt hat. Deshalb haben wir die Idee gehabt, dass wir euch fragen, Meisterin Polaris, “ erzählte sie. „Mich?“, fragte diese, bemüht, überrascht zu klingen. „Ja, Sie, Meisterin Polaris. Sie sind doch sehr gut mit Meisterin Hikari befreundet!“, fuhr Jeanne hastig dazwischen. Polaris überlegte kurz. „Nein, tut mir leid, dass ich euch nicht helfen kann. Aber ich weiß auch nur, dass Yami von Hikari aus der Lehre verbannt wurde, weil er anfing, dunk-le Magie zu gebrauchen. Also, wenn sonst nichts weiter ist, dann dürft ihr jetzt gehen. Ich habe zu tun!“ Und mit diesen Worten wurden Jeanne und Navena aus Polaris’ Büro „vertrieben“. Nela kramte in ihrer Kommode nach und suchte verzweifelt nach ihrem Buch Zauber-sprüche – für Zuhause und unterwegs, was sie vermutlich verlegt hatte. Gerade in diesen Moment stürmte Saya ins Zimmer. „Nela? Was machst du da??“, fragte Saya, als sie den Chaos in ihren Zimmer sah. Nela grummelte etwas, was sie nicht verstand. „Ich hab gerade unseren Einhörnern genügend Futter bereitgestellt. Heute Nacht kön-nen wir dann aufbrechen, “ erzählte Saya. Endlich schaute Nela mal hoch und zog triumphierend ihr Buch aus den Klamotten-Stapeln. „Na endlich! Das Buch such’ ich schon seit Stunden!“, rief sie glücklich und packte es sogleich in die Satteltasche. Dann endlich wandte sie sich Saya zu. „Das ist gut. Ich hab auch alles Nötige zusam-mengepackt. Und unsere Waffen tragen wir ja immer bei uns.“ Saya nickte zustimmend. „Sollten wir unsere Kampfanzüge nicht mitnehmen?“, fragte sie nachdenklich. „Stimmt!“, entfuhr es Nela und sie schnippste mit den Fingern. „Aber die Taschen sind schon voll... Am besten, wir ziehen sie gleich an. Nachts kann es in den Wäldern sehr unangenehm werden!“ „Gute Idee!“ „Also, nach dem Abendessen brechen wir auf.“ „Was war denn das?“, fragte Jeanne verdutzt, als sie vor dem Büro standen. Navena deutete ihr mit einer Geste an, das sie nachdachte. Jeanne konnte die einzelnen Zahnrä-der förmlich in Navenas Kopf sehen, die sich rasend schnell drehten und bedrohlich laut knatterten und knirschten. „Polaris hat uns nicht die Wahrheit erzählt, “ entfuhr es Navena plötzlich. Jeanne schaute ihre Freundin noch verdutzter an. „Hä?“ Navena sah Jeanne gereizt an. „Hast du nicht gesehen, wie ihr Lächeln mittendrin er-starrte, als du von ihr verlangt hast, dass wir Informationen über Yami sammeln wollen? Sie war so entsetzt, dass sie sogar stotterte, weil sie dachte, dass... ach, was weiß ich! Weil sie dachte, dass wir uns für schwarze Magie interessieren oder sonst sowas in der Art!“, erklärte Navena Jeanne ungeduldig. „Deswegen hat sie uns wahrscheinlich auch rausgeschmissen. Vermutlich misstraut sie uns jetzt.“ Jeanne sah besorgt drein. „Das wäre gar nicht gut...“ „Nichts zu machen. Wir hätten uns gleich denken sollen, dass das keine so gute Idee war, “ meinte Navena seufzend. „Und jetzt? Wie sollen wir an Informationen über Yami kommen?“ Jeanne schnippste grinsend mit den Fingern – ein Zeichen dafür, dass sie eine gute Idee hatte. „Ich hab’s! Ich könnte heute Abend schon zu Informationen kommen, wenn alles gut läuft!“, sagte sie triumphierend. Jetzt war es Navena, die verdutzt reinschaute. „Hä?“ „Mann, bin ich voll!“, rief Hanako heraus und gähnte hinter ihrer Hand. „Müde?“, fragte Nela geistesabwesend. „Na klar! Ich hab gestern immerhin nur 5 Stunden geschlafen.“ „Soll das irgendeine Anspielung sein?“, mischte sich Ritchie in das Gespräch ein. „Nö... wie kommst du drauf?“, fragte Hanako scheinheilig. „Naja, Nela und ich wollten noch ein wenig üben gehen. Also lassen wir euch mal allei-ne. Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen…“, bemerkte Saya seufzend und lief mit Nela in ihr Zimmer, Hanako und Ritchie hinter sich lassend, die viel zu sehr in ihr Gespräch vertieft waren, um zu merken, dass sie alleingelassen wurden. Als Navena in ihr Zimmer trat, lag Jeanne schon in ihrem Bett und schlief, wobei sie die Nachttischlampe angelassen hatte, die das Zimmer in einem matten Gelbton erhellte. Sie beobachtete ihre schlafende Freundin grinsend. Dann blieb ihr Blick an einem golden ver-zierten Buch hängen, in dessen Seiten ein Lesezeichen eingeklemmt war. Neugierig nahm sie das Buch in die Hände und betrachtete es. Auf dem Einband war der Titel Mythen und Legenden eingeprägt. Das Interesse geweckt, blätterte Navena ein paar Seiten durch, wobei sie sich auf Jeannes Bettkante niederließ. Nicht lange und sie wurde von der Welt der Mythen und Legenden gefesselt. Zur gleichen Zeit sattelten Saya und Nela ihre Einhörner und befestigten daran ihre Satteltaschen. Lautlos führten sie diese dann aus der Schule und ritten sogleich Richtung Kristallfluss, um dort auf Jeanne und Navena zu treffen. „Glaubst du, dass wir heute noch ankommen?“, fragte Nela Saya. „Schwer zu sagen. Aber ich denke, dass wir so gegen Morgengrauen beim Sternenge-birge ankommen werden, “ vermutete Saya. „Das wäre nicht schlecht. Vielleicht sind Jeanne und Navena ja noch da und wir können anschließend gemeinsam zum Kristallfluss reiten!“, meinte Nela hoffnungsvoll. Saya lachte. „Je mehr Narren, desto besser das Lachen, oder wie auch immer? Du hast Recht. Zu viert wird so ’ne Reise bestimmt viel lustiger!“ Unterdessen befand sich Jeanne in der „Traumwelt“ und irrte mal wieder ziellos umher. Sie wollte so schnell wie möglich ihre Meisterin finden, weil sie auf die Idee gekommen war, diese nach Informationen zu fragen, denn sie vermutet, dass diese etwas wusste. „Hoffentlich, “ dachte sie, „hoffentlich kann sie mir auch dieses Mal helfen!“ Zu ihrem Glück fand sie das Wolkenschloss schneller als sonst. Ihre Meisterin trat ge-rade heraus. Diese war überrascht, als sie ihre Schülerin so früh schon sah. „Nanu? Jeanne! Was machst du denn so früh schon hier?“, fragte sie verdutzt. „Meisterin! Bitte! Ich habe eine ganz dringende Frage!! Hoffentlich könnt Ihr mir hel-fen!“ Diese schaute Jeanne verwundert an. Das war das erste Mal, dass sie Jeanne so aufge-regt erlebt. „Meisterin! Wisst Ihr vielleicht etwas über den Schattenmagier Yami?“, fragte Jeanne. Genau wie bei Polaris erstarrte Jeannes Meisterin von einer Sekunde zur anderen. „Was?? Aber... Jeanne! Wieso fragst du mich plötzlich solche Sachen? Und... woher weißt du etwas von einem Schattenmagier namens Yami? Wer hat dir das erzählt?“, fragte sie entsetzt. Jeanne trat ungeduldig von einem Bein aufs andere. „Meisterin, bitte! Die Zeit drängt! Ich will nur einer Freundin von Navena helfen, die sie um Hilfe gebeten hat! Und dazu benötigen wir alle möglichen Informationen über Yami! Bitte, Meisterin! Ihr wisst doch ganz bestimmt etwas!“, drängte sie. Diese schaute Jeanne mit besorgter Miene an. „Jeanne. Ich bin nicht die Richtige, die dir darüber was erzählen kann, aber... ich werde dir helfen. In der Schule der Sterne gibt es eine Sternenbibliothek. Dort kannst du in den Büchern Zaubersprüche und Flüche, Magier, Krieger und Dämonen, Mythen und Legenden und Dörfer und Clane etwas über ihn herausfinden. Doch wo genau diese Bücher stehen, das kann ich dir nicht sagen. Und sei vorsichtig! Die Sternenbibliothek ist groß und man verirrt sich da leicht! Markiert euch euren Weg am besten!“, riet diese ihr. „Aber Meisterin, wo...?“ Weiter kam Jeanne mit ihrer Frage nicht, denn wie einige Tage zuvor löste sich das Schloss plötzlich auf und sie wurde zurückgezogen. Dann sank sie in die Finsternis... „Jeanne! JEANNE!!! Wach auf, verdammt nochmal!!“ Navena rüttelte grob an Jeannes Schulter und versuchte ihr Möglichstes, um ihre Freundin aufzuwecken, als diese sich mit einem Mal kerzengerade aufrichtete und verwirrt vor sich hinstarrte. „Jeanne! Hörst du mich?“, fragte Navena unsicher. Keine Antwort. „Jeanne??“ Endlich drehte sich Jeanne zu Navena um – und blickte ihr wütend ins Gesicht. „Was hab ich denn gemacht? Ich hab dich doch nur geweckt!“, verteidigte Navena sich er-schrocken. „Genau! Du hast mich geweckt! Und zwar gerade dann, als ich von meiner Meisterin wissen wollte, wo die Sternenbibliothek ist, in der wir dort dann Informationen zu Yami finden können!!“, rief Jeanne wütend. „’Tschuldigung, konnte ich ja nicht wissen!“, meinte Navena und seufzte. Jeanne schnaubte wütend „Echt, Jeanne! Das wollte ich nicht. Aber ich hab hier in deinem Buch auch etwas Inte-ressantes herausgefunden.“ Mit einem Schlag war Jeannes Wut verflogen. „Mein Buch?? Bist du dir sicher? Ich hab nämlich keine Bücher mitgenommen!“, meinte sie und schaute Navena verwundert an. Nun war es Navena, die Jeanne erstaunt anstarrte. „Was?! Aber... das Buch lag hier auf deinem Nachttisch! Und dein Lesezeichen steckte drin!“ „Zeig mal her!“, forderte Jeanne ihre Freundin auf. Navena reichte Jeanne das Buch in die Hand. Diese las sich den Titel durch und schaute ihre Freundin dann fröhlich an. „Navena! Du bist spitze!!“, entfuhr es ihr. „Hä?“ „In diesem Buch können wir etwas über Yami herausfinden!! Das hat mir mein Meiste-rin erzählt!“ „Deswegen hab ich dich aber nicht geweckt, Jeanne, “ sagte Navena und nahm Jeanne das Buch aus der Hand. „Was...?“ Navena schlug eine bestimmte Seite auf und zeigte auf ein Bild. „Schau dir das mal an. Ist das nicht zufällig dein Schwert?“, fragte sie ihre Freundin. Jeanne schaute sich das Bild genauer an. „Ja, schon. Und weiter?“ „Bist du dir wirklich sicher, dass es dein Schwert ist?“ „Ja.“ „Wirklich total sicher? Also, ich meine, ohne jeglichen Zweifel und so?“ „Ja, verdammt!! Wieso fragst du? Du erkennst mein Schwert doch auch leicht wieder, oder? Also, was soll die ganze Fragerei??“ „Ist ja gut, beruhig dich wieder. Ich zeig es dir... auf ’ner anderen Seite ist die Be-schreibung... gefunden! Hier, lies mal!“ Das Phönix-Schwert Das Phönix-Schwert ist eine der heiligen Waffen. Seit Anbeginn der Zeit hatte es der O-berhäuptin des Phönix-Clans gehört, die als eine der mächtigsten Kriegerinnen galt. Doch vor einigen Jahren wurde der Phönix-Clan ausgelöscht und nur wenige Phönix-Kirits über-lebten. Auch das Phönix-Schwert verschwand und niemand weiß, was heute daraus ge-worden ist. Gerüchten zufolge soll die Oberhäuptin überlebt haben und nach einer eben-bürtigen Erbin suchen, die mit dem Schwert umgehen kann, ohne beim Anfassen des Schwertes sofort zu Staub zu zerfallen. Soweit die Information stimmt, war die letzte Oberhäuptin Kajika. Jeanne schaute nochmals auf das Bild. Kein Zweifel. Das abgebildete Schwert war ihr Schwert. Kein Wunder, dass ihre Meisterin sie beim ersten Mal fürsorglich gewarnt hatte, nicht jedem das Schwert zu zeigen. Aber woher hatte ihre Meisterin das Schwert gehabt? Wenn die Gerüchte wirklich stimmten, dann würde dies heißen, dass ihre Meisterin die Oberhäuptin des Phönix-Clan war - Kajika! Sie schüttelte entschlossen den Kopf. Das konnte nicht sein! Oder doch? Aber das wä-ren doch viel zu viele Zufälle auf einmal! Wieso sollte die Oberhäuptin Kajika ausgerech-net sie, Jeanne, ein junges, naives Mädchen im Alter von sechzehn Jahren, als Erbin an-sehen? Und wer sagte denn, dass ihr Schwert wirklich das Phönix-Schwert war? „Hey, Jeanne! Alles okay?“, fragte Navena ihre Freundin und schaute sie besorgt an. Jeanne seufzte. „Nein, nichts ist okay! Mein Kopf platzt gleich wegen den vielen Fragen, die mir keiner beantworten kann!“, meinte sie und ließ sich auf ihren Kissen fallen. Sie fühlte sich auf einmal total erschöpft und hatte gerade überhaupt keine Lust, über Yami oder ihrem Meisterin oder das Phönix-Schwert nachzudenken. „Vielleicht sollten wir uns erstmal ausruhen und morgen weiter darüber reden, “ meinte Navena und löschte das Licht. Kapitel 4: Der erste Kampf -------------------------- Als der neue Morgen anbrach, kamen Saya und Nela dann endlich im Sternengebirge an. Saya war wieder einmal „sehr gesprächig“, weil sie so müde war, dass sie jederzeit auf ihrem Einhorn einschlafen konnte. „Was meinst du? Sollen wir uns ein bisschen in der Schule der Sterne ausruhen?“, frag-te Nela und gähnte. „Mhm...“, meinte Saya nur geistesabwesend. „Mann, bist du gesprächig...“ Als Saya und Nela an der Schule der Sterne ankamen, machte gerade ein kleines Mäd-chen mit blau-grünen, langen Haaren das Tor auf. Sie erblickte die beiden Freundinnen, die vor Müdigkeit jederzeit vom Einhorn runterfallen könnten. „Nanu? Wer seid ihr denn?“, fragte sie. „Ich bin Nela. Und das hier ist meine Freundin Saya, “ stellte Nela sich und Saya vor. „Mhm...“ „Aha!“, machte das Mädchen nur. „Ich bin Antares.“ „Wir sind Schülerinnen von der Schule des Lichts und... äh... und machen einen Aus-flug. Da wir aber schon ziemlich lange unterwegs waren, wollten wir fragen, ob wir hier ’ne kurze Rast einlegen können, “ erzählte Nela. „Mhm...“ Das Mädchen schaute skeptisch zu Saya rüber. „Sag mal, ist deine Freundin immer so gesprächig?“, fragte es. „Nein. Eigentlich nur, wenn sie müde ist, “ meinte Nela entschuldigend. „Mhm...“ Unterdessen kam Navena gerade zurück in ihr Zimmer. „Hey, Jeanne! Zeit zum Aufste- Oh! Du bist schon wach?!“, fragte sie erstaunt. „Schlimm?“, murrte Jeanne fragend und steckte sich ihre Haare hoch. „Nö, nur ungewöhnlich!“, meinte Navena lächelnd. „Komm’ schon! Ich will den Unter-richt nicht verpassen! Vor allem nicht Zaubertränke!“ „Magische Kunst ist mir irgendwie lieber..., “ meinte Jeanne und schnappte sich einige Pergamentblätter und Federstifte. „Lass uns los!“ „Waas?! Ihr habt jetzt das Fach Magische Kunst?? Da will ich hin!“, rief Nela heraus. „Was ist denn das für ein Fach?“, fragte Saya und rieb sich müde die Augen. „Das ist ein Fach, wo man lernt, magische Tiere und Pflanzen abzuzeichnen!“, erklärte Antares lachend. „Hm... ist nichts für mich. Ich mag Zaubertränke lieber!“, meinte Saya. „Hast wohl zu viel Harry Potter gelesen?“, rief Nela lachend. Saya steckte ihr die Zunge raus. „Hey, hört doch auf! Und was Zaubertränke angeht... wir haben dieses Fach wirklich!“, unterbrach Antares die beiden Streithähne grinsend. Saya und Nela starrten Antares erstaunt an. „Echt jetzt??“ Navena schlenderte die Flure entlang und schaute sich suchend um. Irgendwie hatte sie sich verlaufen und fand den Raum nicht, wo das Fach Zaubertränke unterrichtet wer-den sollte. Sie hielt inne und kratzte sich nachdenklich am Kopf. War sie hier nicht schonmal vor-beigelaufen? Ach, es war zum Kotzen! Wieso sehen in der Schule der Sterne auch alle Gänge und Flure genau gleich aus?? Wütend lief sie weiter. Ob es Jeanne geschafft hatte, sich im „Labyrinth“ zurechtzufinden...? Plötzlich hielt sie an einer seltsamen Tür inne. Sie hatte die Form eines Sterns und war mit kleinen, einzelnen, glitzernden Sternen verziert worden. Neugierig öffnete Navena die Tür und schaute hinein – und hielt vor Erstaunen den Atem an! In dem Raum türmten sich die Regale voller Bücher! Das reinste Paradies für jemand, der gerne liest. Sie hatte die Sternenbibliothek gefunden! Bewundernd trat sie in den Raum hinein und lief zu einem Regal, um die Titel anzu-schauen, als sie plötzlich eine Bewegung neben sich wahrnahm. Stirnrunzelnd schaute sie in die Richtung, konnte allerdings nichts Verdächtiges entdecken. „Wahrscheinlich hab ich mir bloß was eingebildet...“, dachte sie bei sich und wandte sich wieder den Büchern zu. Inzwischen saß Jeanne im Hof auf dem Rasen und zeichnete gerade ihr Einhorn Crystal ab. Schon von klein auf zeichnete sie sehr gerne, weil sie sich dabei am besten von Ge-schehnissen ablenken konnte, die sie schwer mitnahmen. Von klein auf? Sie hörte kurz auf zu Zeichnen. Wenn sie genauer nachdachte... Sie wusste nicht einmal, wie sie in die Schule des Lichts gekommen ist! Komisch, wieso ist sie nicht früher auf den Gedanken gekommen? Erst jetzt kam ihr der Gedanke, dass sie überhaupt nichts über ihre Herkunft und Vergangenheit wusste! Was hatte das denn zu bedeuten? „Jeanne?“ Jeanne drehte sich erschrocken um. „Nela?!“, rief sie erstaunt, als sie ihre Freundin entdeckte. „Was machst du denn hier?“, fragte sie überrascht. Nela schaute empört rein. „Also, hör mal! Du hast Saya und mir doch einen Brief hin-terlassen und uns gebeten, zu kommen! Aber dass du noch hier bist... ich dachte, wir wollten uns in der Schule der Kristalle treffen!“ „Es kam alles doch ein bisschen anders, “ meinte Jeanne entschuldigend und umarmte ihre Freundin. „Aber ich bin froh, dass du hier bist! Wo ist Saya?“ „Beim Unterricht für Zaubertränke, “ erzählte Nela und setzte sich neben Jeanne auf den Rasen. „Echt? Navena auch!“ „Tja, dann werden die beiden sich wohl ebenfalls getroffen haben!“, meinte Nela la-chend. „Wahrscheinlich.“ „Also habt ihr jetzt schon eine Spur?“, fragte Nela. Jeanne nickte. „Ja. Aber dazu müssen wir erstmal die Sternenbibliothek finden.“ „Wenn ihr wollt, können wir euch ja nach dem Unterricht dann helfen!“, schlug Nela vor. „Gerne! Wer hat euch beiden eigentlich hier reingelassen? Sirius?“, fragte Jeanne Nela. „Wer ist Sirius?“, wollte diese wissen. „Ein Mädchen mit langen, dunkelblauen Haaren. Sie hat uns reingelassen und uns ein Gespräch mit Meisterin Polaris ermöglicht,“ erklärte Jeanne. Sie wollte ihrer Freundin gerade von den Ereignissen, die am Tage zuvor passiert waren, erzählen, als sie plötzlich von grünem Licht umgeben wurde. Nela sah entgeistert rein. „Jeanne? Was...?“ Jeanne versuchte, ruhig zu bleiben. „Ich... ich weiß nicht. Vielleicht... bittet Sirius um Hilfe... und sucht die Sternenbibli-“ Weiter kam sie nicht, denn das grüne Licht ver-schluckte sie und ließ die immer noch verblüffte Nela alleine auf der Wiese zurück. Navena schaute stirnrunzelnd vor sich. Komisch... sie hatte doch alles richtig gemacht! Wieso ist Jeanne denn immer noch nicht hier? Sicherheitshalber schaute sie nochmal im Buch nach, konnte sich jedoch nicht denken, was falsch gesagt zu haben. Sie wollte den Teleportierzauber gerade erneut sprechen, als hinter ihr ein lautes Krachen und Poltern zu hören war, dicht gefolgt von einem lauten Aufstöhnen und Fluchen. „Autsch! Verdammt, wo bin ich hier?“, ertönte es. Navena brauchte noch einige Sekun-den, um aus ihrem Schrecken zu erwachen, lief dann aber erleichtert in die Richtung, aus der die Stimme kam. „Jeanne, alles okay?“, fragte sie sogleich ihre Freundin, die inmitten von Büchern und umgekippten Regalen lag, und half ihr auf. „Klar, alles okay! Ich bin ja nicht plötzlich von einem Ort zum anderen teleportiert wor-den und wurde auch nicht plötzlich in der Höhe von 10 Metern von der Magie losgelassen und bin auch nicht so auf den Regalen gefallen, dass die umgekippt sind und ich von 1000 Büchern begraben wurde!“, kam es wütend von Jeanne, die sich immer noch ihren schmerzenden Rücken rieb. „Tut mir leid. Ich hatte es eigentlich so geplant, dass du da vorne an der freien Stelle auftauchen solltest, “ entschuldigte Navena sich. Jeanne grummelte nur ein wenig. „Wo sind wir hier eigentlich?“, fragte sie dann. „In der Sternenbibliothek.“ Jeanne schaute sich um. Die Bibliothek sah ganz anders aus, als sie sich vorgestellt hatte. Viel größer, schöner... und unübersichtlicher! „Wie soll man hier überhaupt ein Buch finden?“, fragte sie sich. Navena musste lachen. „Was hat nochmal deine Meisterin erzählt? Man verläuft sich ziemlich leicht in dieser Bibliothek. Und so wie es aussieht, hat sie wohl Recht! Ich bin gespannt, wie lange wir brauchen werden, um die Bücher zu finden. Hast du was dabei, damit wir unseren Weg markieren können?“ „...willst du die Wahrheit hören?“ „...lieber nicht...“ „Warte mal, vielleicht hab ich ja doch was...?“, meinte Jeanne und kramte in ihrer Ho-sentasche. Nach einer Weile zog sie ihr Taschenmesser hervor. „Tadaa! Damit müsste es eigentlich auch gehen!“, rief sie triumphierend. Navena schaute ihre Freundin anerkennend an. „Wie gut, dass du ihn immer dabei hast! Lass uns mit der Suche beginnen, “ schlug sie vor. Inzwischen waren schon die ersten beiden Unterrichtsstunden aus und Nela fand Saya in ihrem Zimmer vor. „Hey, Saya! Na, wie war denn Zaubertränke?“, fragte sie sogleich. Saya schaute ihre Freundin gut gelaunt an. „Super! Das war echt voll interessant! Mein einzigstes Problem: Ich hab vielleicht nur die Hälfte davon verstanden...“ Nela lachte. „Immerhin bist du wieder bestens gelaunt, woraus ich schließen kann, dass du nun hellwach bist, “ meinte sie. Saya streckte ihr die Zunge raus. „Hast du eigentlich Navena getroffen?“, fiel Nela dann ein. Saya schaute ihre Freundin verblüfft an. „Nein. Wieso...? Hätte ich sie treffen sollen?“ „Eigentlich schon! Ich hab Jeanne nämlich in Magische Kunst getroffen und sie hat ge-sagt, dass Navena ebenfalls in Zaubertränke ist!“ „Du hast Jeanne getroffen??“ „Ja.“ „Und? Hat sie dir sonst noch etwas erzählt? Haben sie schon eine Spur?“ Nela seufzte. „Weißt du was? Das Beste wäre, wenn ich dir erstmal ausführlich erzähle, was passiert ist in der Zeit, wo ich mich mit Jeanne unterhalten habe...“ „Hey, Jeanne! Hast du schon irgendeine Spur?“, fragte Navena, während sie seufzend ein weiteres Buch zuklappte. Jeanne seufzte. „Schön wär’s! Ich hab bestimmt schon so um die 20 Bücher durchge-blättert, aber nicht einen einzigen Hinweis von Yami! Das ist echt zum Kotzen! Wieso gibt es auch zu jedem Buchtitel an die 100 verschiedenen Bücher??“, regte sie sich auf. Navena seufzte ebenfalls. „Tja. So, wie es aussieht, wurde jedes Jahr ein neues Buch geschrieben zu den Titeln, weil es wirklich jährlich die interessantesten Neuigkeiten gab! Und natürlich war es einigen Leuten so langweilig, dass sie diese Sachen auch noch fest-halten mussten!!“ Beide seufzten. „Ich frage mich echt, wie lange wir beide brauchen werden, um alle Bücher zu durch-blättern, “ meinte Jeanne schließlich. „...sie hat gesagt, dass wir Sirius um Hilfe bitten und die Sternenbibliothek suchen sol-len. Und dann wurde sie von diesen grünem Licht verschluckt, “ erzählte Nela. „Sirius? Wer ist das?“, fragte Saya nachdenklich. „Das ist ein Mädchen mit langen, dunkelblauen Haaren, die Jeanne und Navena gestern hier reingelassen hat.“ „Geht’s vielleicht noch ein bisschen genauer? An dieser Schule gibt es schließlich viele Leute, die lange, dunkelblaue Haare haben!“ „Tja, mehr weiß ich leider auch nicht...“ „Na, toll! Und jetzt?“, fragte Saya. „Wieso fragste mich das?“, entgegnete Nela. „Weil du einen IQ von 140 hast und ich nur einen von 127!“ „Als ob das jetzt in unserem Fall so entscheidend wäre!“ „Ist es etwa nicht?“ Genervt klappte Jeanne ein weiteres Buch zu. Es war einfach hoffnungslos! Sie hatten beide zusammen vielleicht noch nicht einmal einen Viertel von den vielen Büchern durchwälzt – geschweige denn das Glück, nur einen kleinsten Hinweis über Yami zu fin-den. Missmutig packte sie den dicken Wälzer zurück ins Regal, um den nächsten Wälzer runterzunehmen und durchzublättern. Sie seufzte. So ging das bestimmt schon seit Stunden! Sie fragte sich, wie lange sie noch brauchen würden... „Hey, Navena! Hast du schon was gefunden?“, fragte sie nach einer Weile ihre Freundin. Navena schüttelte enttäuscht den Kopf. Jeanne seufzte erneut. „Wenn Saya und Nela und doch endlich finden würden...“ Navena horchte auf. „Saya? Nela? Hier? Wie kommst du denn darauf?“, fragte sie stirn-runzelnd. „Ich hab dir doch erzählt, dass ich den beiden in einem Brief alles grob erklärt und sie gebeten habe, dass sie nachkommen, “ fing Jeanne an. „Ja, und weiter?“ „Nunja, die beiden sind heute Morgen schon angekommen. Hast du Saya nicht in Zau-bertränke getroffen?“ „Nein, ich war da nicht mal, weil ich mich verirrt und den Raum nicht mehr gefunden hab, stattdessen aber die Sternenbibliothek!“, erklärte Navena. „Wie auch immer, die beiden sind hier und suchen wahrscheinlich schon die Sternen-bibliothek.“ „Und woher wissen die davon? Wir wussten doch auch erst hier davon!“ „Ich hab Nela in Magische Kunst getroffen und konnte ihr noch davon erzählen, bevor du mich... Hey! Das ist die Idee!!“, rief Jeanne plötzlich heraus. Navena fiel vor Schreck vom Stuhl. „Sag mal... könntest du vielleicht so nett sein und mich nicht immer zu Tode erschrecken, wenn du ’ne Idee hast?“, empörte sie sich. „Navena! Wenn du es geschafft hast, mich hierherzuteleportieren, dann müsstest du es doch auch bei Saya und Nela schaffen, oder?“, rief Jeanne strahlend heraus. „Ähm, nein!“, kam es von Navena. Jeanne stand die Enttäuschung im Gesicht geschrieben. „Und wieso nicht?“, fragte sie. „Weil du mich so sehr geschockt hast, dass ich mich vor Schreck gar nicht mehr kon-zentrieren kann für den Rest meines Lebens!“, meinte Navena grinsend. Dann musste sie wegen Jeannes komischen Gesichtsausdrucks lachen. „Klar kann ich das. Und ich muss schon sagen: Es kommt selten vor, dass du so gute Ideen hast!“ „Tja!“, kam es von Jeanne, die ihr die Zunge rausstreckte. „Und was jetzt?“, fragte Saya seufzend. Nela zuckte die Schultern. „Wir könnten ja mal Sirius suchen gehen, “ schlug sie dann vor. Saya seufzte nochmals. „Du hast Recht. Vermutlich ist es das einzig Sinnvolle, was wir momentan tun können...“ Nela lachte. „Na, dann lass- Was geht hier vor??“, rief sie erschrocken, als Saya und sie von grünem Licht umgeben wurden. „Keine Ahnung! Aber hast du nicht gesagt, dass Jeanne ebenfalls von grünem Licht umgeben wurde?“, fragte Saya. „Worauf willst du hinaus?“, entgegnete ihre Freundin panisch. „Vielleicht werden wir ja zu ihr gebracht?“ Jeanne schaute sich prüfend um. „Bist du dir sicher, dass du nichts falsch gemacht hast?“, fragte sie ihre Freundin schließlich, die immer noch im Schneidersitz auf den Bo-den saß. Navena ignorierte sie. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn und sie hatte immer noch ihre Augen geschlossen, damit sie konzentriert blieb. Doch ein lautes Rumsen – dicht gefolgt von lauten Schreien – ließ sie aufschrecken. „Was war das?“, fragte Jeanne erschrocken und schaute in die Richtung, aus der die seltsamen Geräusche kamen. Navena rappelte sich auf und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn. „Wenn alles geklappt hat, müssten es eigentlich Saya und Nela sein, die gerade eben hierhertelepor-tiert wurden“ erklärte sie grinsend. „...lass mich raten: Du hast sie ebenfalls aus einer Höhe von 10 Metern fallen gelassen, sodass sie auf den veralteten Regalen voll Bücher gekracht sind – genau wie ich??“ „Jop.“ Jeanne stöhnte bei den Gedanken daran und rannte schnell in die Richtung, dicht ge-folgt von Navena, die wegen dem Zauber immer noch leicht außer Atem war. „Saya? Nela? Seid ihr das?“, fragte sie sogleich. „Jeanne?“, kam es von Nela. „Navena?“, kam es von Saya. „Seid ihr okay?“, fragte Jeanne besorgt. Die beiden nickten bloß und rieben sich ihren schmerzenden Rücken. „Tut mir leid“, entschuldigte sich Navena und kratzte sich verlegen am Kopf. Nela schaute Navena überrascht an. „Du warst das? Ich hätte das eher Jeanne zuget-raut!“ „Wie nett von euch.“ „’Tschuldigung. Kommt nicht wieder vor. Versprochen!“ „Das wollen wir mal hoffen!“, meinte Saya schmunzelnd. „Stellt euch halt an wie Mädchen!“, entgegnete Navena frech grinsend. „Wo sind wir hier eigentlich?“, unterbrach Nela die beiden. „In der Sternenbibliothek.“ „Das heißt, ihr habt uns hierher geholt, damit wir euch helfen, Informationen zu su-chen?“, fragte Nela. „Du hast es erfasst.“ „Warum überrascht mich das nicht...“ Mit einem lauten Seufzer machten sich die vier daran, weiterhin die übrigen Bücher zu durchblättern. Stunden vergingen, und dennoch haben die vier nicht mal die Hälfte der durchzublät-ternden Bücher durch. Draußen war es bereits tiefe Nacht, als Jeanne gähnend ein weite-res Buch zuklappte und fragte: „Wollen wir nicht mal eine Pause machen? Es ist schon spät! Wir können morgen ja wiederkommen!“ Navena schaute von ihrem Buch hoch. „Und was ist, wenn wir morgen nicht mehr hier-her finden?“, fragte sie. „Wir könnten doch hier schlafen!“, schlug Saya vor. „Auf den Boden, oder wie?“, meinte Jeanne leicht spottend. „Wozu gibt’s Bücher?“ „Das nimmst du zurück, Saya!!“, mischte sich Nela ein. „War doch nur ’n Witz!“ „Also? Wie machen wir es jetzt?“, fragte Navena. Jeanne und Nela schauten sich nachdenklich an. „Wie wäre es, wenn zwei von uns jetzt erstmal zurück auf unsere Zimmer gehen, alle nötigen Sachen zusammenstellen und Navena die beiden dann wieder herteleportiert?“, schlug Saya vor. Jeanne stöhnte. „Und wer darf ein zweites Mal wieder in einer Höhe von 10 Metern fallengelassen werden und für den Rest ihres Lebens Rückenschmerzen haben?“, fragte sie und rieb sich ihren immer noch schmerzenden Rücken. Navena schaute ihre Freundin grinsend an. Diese verdrehte theaterisch ihre Augen. „Warum überrascht mich das nicht! Und wer begleitet mich?“ „Hm... ich kann dich schlecht begleiten, da ich euch ja dann herteleportieren muss. Aber ich fände es gerecht, wenn Nela mitgehen würde, denn Saya hatte schließlich die Idee und sich deshalb eine ‚Belohnung’ verdient, “ meinte Navena. „Von mir aus...“ „Dann denke ich, dass wir jetzt erstmal gehen, “ schlug Jeanne vor. „Wie lange braucht man von hier bis zu unseren Zimmern?“, fragte Nela. „...vielleicht ’ne Viertelstunde, “ meinte Navena nachdenklich. „Gut, dann teleportiere uns in einer Dreiviertelstunde wieder hierher – wer weiß, was dazwischen kommen könnte!“ „Okay.“ „Was meinst du? Ob Jeanne und Nela inzwischen schon unsere Zimmer gefunden ha-ben?“, fragte Saya Navena einige Zeit später, während sie einen dicken Wälzer zuklappte. Navena schaute nachdenklich auf. „Ich weiß nicht, Saya. Ich hab heute Morgen die Sternenbibliothek schließlich auch nur durch Zufall gefunden. Du hast ja selbst gemerkt, dass die Gänge hier identisch sind, sodass es nahezu unmöglich ist für uns, sich nicht zu verlaufen. Außerdem könnten sie unterwegs auf Meisterin Polaris treffen, und die ist nicht gerade gut auf Jeanne und mich zu sprechen...“ Saya lachte. „Das heißt mit anderen Worten: Die haben die Zimmer noch nicht gefun-den!“ „Jop.“ Doch Navena irrte sich. Nela und Jeanne hatten schon längst die Zimmer gefunden und packten momentan getrennt alle nötigen Sachen zusammen. Jeanne überlegte gerade, was sie wohl noch brauchen würden, als es an ihrer Zimmer-tür klopfte. „Komm einfach rein, Nela! Ich hab momentan andere Sorgen, “ rief sie und wandte der Zimmertür ihren Rücken zu. „Jeanne? Was machst du da?“, ertönte eine vertraute Stimme hinter ihr. Überrascht drehte die Angesprochene sich um. „Sirius?! Was...? Ist was passiert?“, fragte sie erstaunt und schob ihre vollgestopfte Tasche unter ihren Bett, was Sirius na-türlich nicht entging. „Ich glaube, dass ich dich dasselbe fragen könnte!“, meinte diese und hob ihre Augen-brauen. „Äh...“ „Wieso packst du mitten in der Nacht deine Taschen?“, fragte Sirius. „Ähm... damit ich mich nicht so hetzen muss, falls wir spontan abreisen wollen...“, ver-teidigte Jeanne sich. „Ihr wollt gehen?“ „Nein, noch nicht...“ „Und wo ist eigentlich Navena?“ „Die... ist gerade auf der Toilette...“ „Von dort bin ich gerade erst gekommen, Jeanne! Also rück’ jetzt mit der Wahrheit raus oder ich melde alles Meisterin Polaris!“ Das ging zu weit. Jeanne schmiss wütend das Buch Mythen und Legenden, das sie ge-rade in ihre Tasche packen wollte, aufs Bett. „Jetzt mach mal halblang, ja? Wir werden wohl noch ein bisschen Privatsphäre haben dürfen! Oder steht es irgendwo in euren Re-geln geschrieben, dass wir den Mitgliedern der Schule alles berichten müssen? Und selbst wenn, wieso sollte ich euch dann was sagen?? Meisterin Polaris will uns ja nicht helfen, also müssen wir wohl selber zusehen, wie wir an Informationen kommen! Und wenn du uns an sie verpetzen willst, dann geh ruhig! Aber eins kann ich dir jetzt schon sagen, Sirius: Selbst wenn wir aus der Schule geschmissen werden, wir werden nicht eher aufgeben, bis wir die benötigten Informationen alle zusammen haben!!“, ent-fuhr es ihr. In diesem Moment ging die Zimmertür auf und Nela kam – mit Taschen beladen – her-ein. „Jeanne? Alles okay?“, fragte sie stirnrunzelnd. Diese nickte nur leicht und packte die restlichen Sachen in ihre Tasche. „Könnte ich hier vielleicht mal erfahren, was für Informationen ihr genau sucht?“, frag-te Sirius die beiden, als sie die „Rede“ von Jeanne verdaut hatte. „Ich kann euch ja hel-fen, “ fügte sie hinzu. „Du würdest alles Polaris melden – das passt eher!“, meinte Jeanne giftig. „Jeanne, jetzt bind’ dir mal einen Knoten in die Zunge!“, mischte Nela sich ein. Diese grummelte etwas Unverständliches, schwieg dann aber. Nela seufzte und schaute auf die Uhr. Sie hatten noch 20 Minuten, bis sie dann von Navena wieder in die Sternenbibliothek teleportiert werden würden. Sollten sie nun das Risiko eingehen und Sirius einweihen? „Wie lange haben die noch?“, fragte Navena gähnend und schleppte einen weiteren Stapel Bücher zurück zum Bücherregal, um sich die nächsten Bücherstapel mitzunehmen und durchzublättern. Saya schaute auf ihre Armbanduhr. „Etwas weniger als 20 Minuten, “ antwortete sie. „Sollen wir uns eine kleine Pause gönnen?“, fragte Navena nach einer kurzen Weile. „Gerne! Wir können uns ja ein bisschen umschauen!“, entgegnete Saya begeistert. Unterdessen hatte Nela Sirius alles erklärt, während Jeanne immer noch auf ihrem Bett saß und so tat, als wäre sie gerade beschäftigt damit, das Buch Mythen und Legenden durchzustudieren. „Verstehst du jetzt? Wir wollen nur jemanden helfen!“, erzählte Nela. „Jetzt verstehe ich, warum Navena heute nicht in Zaubertränke war, “ meinte Sirius nachdenklich. „Hast du überhaupt zugehört?“ „Klar! Und ich werde euch helfen!“ „Ähm... wie soll ich das verstehen?“, fragte Nela verblüfft. „Ich werde euch auf eurer Reise begleiten, “ meinte Sirius. Jeanne schaute erstaunt von ihrem Buch hoch und ihr Blick traf sich mit dem von Nela. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte sie dann Sirius. Diese grinste die beiden Freundinnen entschlossen an. „Nee, oder?“, entfuhr es Nela und Jeanne wie aus einem Mund. In der Zwischenzeit liefen Saya und Navena staunend zwischen den Regalen und riesi-gen Bücherstapeln umher und markierten sich den Weg mit Jeannes Taschenmesser. „Es ist erstaunlich, wie viele Bücher es hier gibt!“, meinte Saya staunend. „Es ist noch viel erstaunlicher, wie gut diese Bücher hier erhalten sind! Sie müssten zum Teil bestimmt schon mehrere hundert Jahre alt sein!“, entgegnete Navena. Saya stimmte ihrer Freundin lachend zu. „Hast Recht! Nur schade, dass wir nicht genug Zeit haben, um länger hierzu-“ Plötzlich brach sie mitten im Satz ab. Navena schaute ihre Freundin besorgt an. „Saya? Was...?“, begann sie, doch diese un-terbrach sie und deutete ihr mit einer Geste an, still zu sein. Navena tat es ein wenig widerwillig. „...hier ist noch jemand außer uns, “ flüsterte Saya Navena nach einer Weile zu. Diese schaute ihre Freundin entgeistert an. Ihr Blick verriet sofort, was sie dachte: Das kann doch gar nicht sein! Doch Saya ließ sich nicht beirren. Sie konnte schon von klein auf die unterschiedlichs-ten Auren den Elementen zuordnen und konnte sie gut wahrnehmen, wofür andere wie-derum hart trainieren mussten. Sie schloss ihre Augen und konzentrierte sich. „Dieses Lebewesen benutzt das Element Finsternis und greift mit Feuer-Attacken an...“, erzählte sie dann. Navena schaute ihre Freundin besorgt an. Feuer-Attacken! Feuer war ihre Schwäche, das wusste Saya so gut wie Jeanne und Nela. Sie bezog ihre Kraft von Pflanzen, die je-doch sehr leicht vom Feuer ausgelöscht werden können. Sie war noch tief in ihren Ge-danken versunken, als sie wieder in die Wirklichkeit zurückbefördert wurde. „Sollten wir auf es treffen, dann werde ich ihn eine Zeitlang hinhalten können, während du dich dann beeilst, um Jeanne und Nela hierherzuteleportieren,“ schlug Saya vor. „Aber das ist gefährlich! Ich kann dich doch nicht alleine kämpfen lassen und mich daneben hinsetzen, um die beiden hierherzubefördern!“, widersprach Navena. „Wenn du es nicht tust, haben wir gar keine Chance mehr, Navena! Dieses Lebewesen hat das Element Finsternis! Das heißt, dass der größte Teil meiner Attacken, die dem Element Dunkelheit zugeordnet werden, von ihm absorbiert werden und somit wirkungs-los sind! Und da es noch Feuer-Attacken beherrscht, hast du genauso keine Chance! Deswegen sind Jeanne und Nela unsere einzige Hoffnung! Jeanne machen Feuer-Attacken gar nichts aus und Nela kann durch ihre Magie das Feuer auch gut abwehren! So haben wir eine viel bessere Möglichkeit, um diesem Lebewesen zu entkommen oder es zu besiegen – je, nachdem, wie’s kommt, “ erklärte Saya. „Aber...“, versuchte Navena zu widersprechen, doch sie wurde unterbrochen. „Kein aber!! Wenn du dich jetzt nicht beeilst, findet das Viech uns und selbst wenn du dann die beiden um Hilfe bitten willst, hast du keine Möglichkeit mehr dazu! Also fang jetzt schon mal an. Du brauchst doch allein, um dich zu konzentrieren, 5 Minuten, oder nicht?“ Navena sah ein, dass es nicht weiter half, sich mit Saya zu streiten und lief einige Re-gale weiter, wo sie selber nicht gesehen werden, jedoch Saya im Blick behalten konnte. Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und versuchte sich zu konzentrieren, in-dem sie nach den Auren von Jeanne und Nela suchte, um die beiden dann – samt den Sachen in ihren Umkreis von 2 Metern – in die Sternenbibliothek zu holen. Saya schaute nochmal zu Navena, bevor sie dann vorsichtig weiterging und sich ge-naustens umschaute, ob sich zwischen den Bücherstapeln auch nicht Verdächtiges be-fand. Seltsam... vorher hatte sie die Aura eindeutig in diesem Bereich gespürt, doch jetzt scheint sie verschwunden zu sein. Ob sie sich das zuvor nur eingebildet hat...? Nein, das konnte nicht sein!! Ihr Sinn, Auren zu spüren, war viel zu ausgeprägt, als dass sie sich irren könnte. „Aber wenn ich’s mir nicht eingebildet habe... heißt das, dass dieses Lebewesen seine Aura unterdrücken kann, sodass man ihn nicht bemerkt?“, dachte sie verwundert und suchte alles weiterhin genau ab. Doch sie konnte nichts Verdächtiges entdecken. „Ko-misch...“ Jeanne schaute ein weiteres Mal auf ihre Armbanduhr. „Seltsam... Navena wollte uns doch schon vor 5 Minuten zurück in die Sternenbibliothek teleportieren? Ob was dazwi-schen gekommen ist?“, murmelte sie besorgt. Sirius hörte dies. „Nun beruhig dich erstmal, Jeanne. Vermutlich haben die beiden ein-fach nicht mehr auf die Zeit geachtet und sind zu sehr in den vielen Büchern vertieft, sodass sie momentan vollkommen vergessen haben, euch zu holen, “ versuchte sie Jeanne zu beruhigen. Doch auch Nela war sich da nicht so sicher. „Hoffentlich hast du Recht...“, meinte sie. Doch es klang so, als ob sie sich selber damit beruhigen wollte... Navena hatte ihre Augen fest zusammengekniffen und versuchte sich schon seit eini-gen Minuten, sich zu konzentrieren. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Endlich hatte sie die Auren von Jeanne und Nela geortet. Aber da war noch eine dritte Aura dabei, die sie dem Element Wasser zuordnete. Was nun? Sollte sie jetzt alle drei Personen hierherbefördern? Das würde beim Kampf gegen dieses Lebewesen helfen, da diese dritte Person ja das Wasser beherrschte! Aber was, wenn diese Person ihnen nicht half, sondern dieses Lebewesen unterstützen wird? Dann hätten sie ein noch größeres Problem! Sie musste sich entscheiden. Alarmiert drehte sich Saya um und sah einen Schatten blitzschnell an ihr vorbeihu-schen. „Also ist hier doch noch jemand!“, dachte sie und lächelte zufrieden. Sie hatte sich also doch nicht geirrt. Aber dann wurde sie wieder ernst und schloss ihre Augen, um sich auf ihr Gehör zu verlassen. Durch die Schnelligkeit des Gegenübers wurde sie verwirrt und es war daher unmöglich, ihn weiterhin mit den Augen zu verfolgen. Sie konzentrierte sich. Hier und da vernahm sie ein kurzes Treffen von den Füßen des Gegners mit den Fußbo-den und Bücherregalen. „Er ist schnell...“, dachte sie bei sich. Doch dann fiel ihr auf, dass der Gegner immer nur an bestimmten Stellen in dem Be-reich auftrat, um so Schwung zu holen für den nächsten Schritt. „Hm... er benutzt immer nur dasselbe Muster und denselben Rhythmus bei der Schat-tenkörpertechnik. Wenn er glaubt, mich so verwirren zu können, dann hat er sich aber gewaltig unterschätzt!“, dachte Saya und ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Blitzschnell holte sie einen Wurfstern aus ihrer Hosentasche und schleuderte ihn rechts von sich. Das wirkte. Der Gegner konnte zwar gerade so Rins Angriff ausweichen, kam jedoch aus seinem Rhythmus raus und konnte die Schattenkörpertechnik nicht mehr wei-terführen und kam zum Stillstand – ein Ninja. „Oh, Mann! Wieso haben die uns immer noch nicht hinteleportiert?“, rief Jeanne inzwi-schen schon zum x-ten Male. Die Besorgnis in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Schon seit einiger Zeit lief sie im Zimmer auf und ab, sodass Nela und Sirius sich auch langsam, aber allmächtig Sorgen machten. „Jeanne, jetzt setz dich erstmal hin! Wenn du die ganze Zeit auf und ab läufst, hilft uns das auch nicht weiter!“, versuchte Nela ihre Freundin zu beruhigen. Jeanne wollte was erwidern, als die drei von grünem Licht umgeben wurden. Sie grinste Nela an. „Hm... scheinbar hat’s doch ein wenig geholfen!“, meinte sie la-chend und die drei wurden, mitsamt den zusammengepackten Sachen, zurück in die Sternenbibliothek teleportiert. „Der Ninja... der kommt mir irgendwie bekannt vor. Aber wieso kann ich mich nicht erinnern?“, dachte Saya verwirrt, als sie sich zum Kampf bereitstellte und auf die Bewe-gungen des Gegners achtete. Dennoch war sie schon nach kurzer Zeit mit ihren eigenen Gedanken so sehr beschäftigt, dass dies vom Gegner ausgenutzt wurde. Der Gegner griff sie mit mehreren Feuerkugeln an. Saya konnte die hinterhältigen An-griffe des Gegners eine Weile abwehren, war jedoch schon bald am Ende ihrer Kräfte, sodass ihre Schutzbarriere zusammenbrach. Mit Mühe gelang es ihr, den Attacken aus-zuweichen, wobei sie viele Streifwunden abbekam. Doch dann holte ihr Gegner zum nächsten Angriff aus und schleuderte ein riesiges E-nergiebündel auf sie. Mit letzter Kraft errichtete Saya noch ein Schutzschild, bemerkte aber mit großem Entsetzen, dass der Energiebündel nur ein Trugbild war, das sich in vie-le Wurfmesser zerteilte. Diese durchbohrten ihr Schutzschild. Saya versuchte, auszuwei-chen, doch es klappte nicht ganz. Die Wurfmesser bohrten sich tief in ihren linken Arm hinein, sodass sie vor Schmerz aufschrie. Saya versuchte tapfer, sich auf den Beinen zu halten, doch ihr Gegner schleuderte wei-tere Feuerbälle auf sie, sodass sie vor Schmerz nochmals aufschreiend gegen den nächs-ten Bücherstapel krachte. Navena atmete erleichtert auf, als in der Nähe von ihr ein lautes Poltern ertönte, dicht gefolgt von einem Aufstöhnen, das sie nur zu gut von Jeanne kannte. Schnell erhob sie sich und lief in die Richtung, aus der sie die Geräusche wahrgenommen hatte, als ein Schrei aus der anderen Richtung sie in ihrer Bewegung verharren ließ. „Das war doch Saya?!“, dachte sie erschrocken. „Was jetzt? Soll ich zu Jeanne und Ne-la oder zu Saya?“, dachte sie besorgt. Schließlich entschied sie sich für letzteres und lief in die Richtung, aus der sie Rins Schrei gehört hatte. „Navena? Saya? Wo seid ihr?“, rief Jeanne, nachdem sie den Schrei gehört hatte. Keine Antwort. Nur ein weiterer Aufschrei aus der Ferne. „Ob ihnen was zugestoßen ist?“, fragte Nela besorgt. „Das werden wir – denk ich – gleich erfahren, “ entgegnete Sirius und lief in die Rich-tung, aus der sie den Aufschrei wahrgenommen hatten. Nela und Jeanne folgten ihr be-sorgt. „Oh, Gott! Saya!! Alles okay?“, rief Navena erschrocken und rannte zu ihrer Freundin, die keuchend versuchte, sich aufzurappeln. Ihr linker Arm war blutüberströmt und ihre Klamotten waren vollkommen verrußt und verstaubt. „Alles okay?“, fragte Navena nochmal. „Klar, alles im Griff!“, meinte Saya schwach lächelnd, um ihre Freundin zu beruhigen. Doch im nächsten Moment spuckte sie Blut aus und konnte sich kaum noch halten. Zum Glück war Navena gleich neben ihr und stützte sie sofort. „Ich hätte dich nicht alleine kämpfen lassen dürfen!!“, warf sie sich vor. „Saya! Navena! Da seid ihr ja!!“, ertönte Jeannes Stimme plötzlich hinter ihr. Navena drehte sich verwundert um und atmete erleichtert auf, als sie ihre Freunde vor Weitem auf sie zurennen sah. „Oh, Gott! Saya, was ist mit dir denn passiert?“, brach Nela in Entsetzen aus und brachte sie mit Sirius zu einem Sofa, um sie hinzulegen. Jeanne wandte sich entgeistert an Navena. „Was ist hier passiert?“, fragte sie sofort. „Wir waren nicht einmal eine Stunde weg! Was ist denn geschehen, dass Saya so verletzt wurde?“ Navena erklärte ihr alles und sah, dass ihre Freundin schon fast vor Wut platzte. Kaum hatte sie ihren Bericht beendet, drehte Jeanne sich um und schrie so laut sie konnte durch die Sternenbibliothek: „Du Feigling!! Wenn du glaubst, dass wir Angst vor dir ha-ben, dann hast du dich gewaltig geschnitten!! Zeig dich gefälligst!“ „Bei deiner lauten Stimme wundert mich es immer wieder, warum ich immer noch so gut hören kann, obwohl ich jedes Mal neben dir stehe, wenn du alle möglichen Sachen durch die Gegend posaunst!“, meinte Navena nach einer Weile, nachdem das Surren in ihrem Ohr verschwand und Gegner sich immer noch nicht hat blicken lassen, wofür sie nur einen vernichtenden Blick von ihrer Freundin erntete. Sie presste ihre Lippen zusammen. Wenn Jeanne mal nicht zum Scherzen zumute war, dann war sie mega-wütend, das wusste sie inzwischen. Und in solchen Momenten sollte man sie lieber nicht unnötig reizen, wenn man noch „am Leben bleiben“ wollte... „Saya? Alles okay?“, fragte Nela ihre Freundin, der immer wieder schwarz vor den Au-gen wurde, während Sirius sich die Wunden gründlich anschaute. „Mir geht’s gut. Ich hab den Gegner nur leicht unterschätzt...“, brachte Saya schwach hervor. Nela tupfte einige Schweißtropfen auf ihrer Stirn ab. „Der Gegner ist ein Ninja, besitzt das Element Finsternis und greift mit Feuer-Attacken an, richtig?“, mischte sich Sirius ein, nachdem sie sich Rins Wunden angeschaut und ver-arztet hatte. Nela schaute sie entgeistert an. „Woher weißt du das denn?“, fragte sie erstaunt. Auch Saya schien ihre Schmerzen vollkommen vergessen zu haben und schaute Sirius ziemlich verblüfft an. „Abgesehen davon, dass ich dich nicht kenne – aber das macht ja nichts! Aber... woher weißt du diese Sachen denn??“, fragte sie dann genauso erstaunt. Sirius lächelte. „Deine Wunden haben mir es verraten!“, meinte sie grinsend. Jeanne schaute sich immer noch wütend nach dem unbekannten Gegner um, der sich im Nichts aufgelöst zu haben schien. Auch Navena konnte niemand Verdächtiges entde-cken und schaute sich ebenfalls stirnrunzelnd um. „Seltsam... wo hat sich dieser Feigling bloß versteckt?“, murmelte Jeanne nachdenklich. Navena wollte gerade etwas erwidern, als Jeanne von hinten angegriffen wurde und gegen die nächsten Bücherregale flog und inmitten von Büchern begraben wurde. Das alles verlief so schnell, dass Navena erstmal einige Schrecksekunden brauchte, um zu verdauen, was gerade eben passiert war. Schließlich rannte sie auf den in sich zu-sammengefallenen Bücherstapel hin. „Jeanne!! Bist du okay?“, rief sie dann besorgt und versuchte, ihre Freundin aus den Bücherhaufen zu befreien, wobei sie ein Buch nach dem anderen einfach hinter sich warf, ohne darauf zu achten wohin. Saya und Nela starrten Sirius verwundert an. „Wie meinst du das?“, fragte Saya er-staunt und schaute sich ihre Wunden an, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Sirius’ Grinsen wurde immer breiter. „Jetzt spann’ uns nicht so auf die Folter. Erzähl’ uns, was los ist!“, bat Nela. „Also gut. Ich habe von klein auf eine ganz spezielle Fähigkeit gehabt, die es mir er-möglicht, anhand von Wunden, Schrammen an Gegenständen oder auf Böden und so erkennen zu können, wer oder was diese Sachen verursacht hat. Ein einziger Kratzer reicht, um sehen zu können, ob es ein Mensch war oder ob einfach nur was runtergefal-len ist oder sowas in der Art. Sollte es ein Gegenstand sein, ist es nicht weiter schlimm. War es ein Mensch, kann ich dann sofort erkennen an dieser Person Geschlecht, Element, Attacken, Waffen und so weiter ablesen, “ erklärte Sirius. „Du hast also auch eine seltene Gabe geerbt!“, meinte Saya lachend. „Ähm... Du suchst gerade in dem falschen Bücherhaufen...“, ertönte es rechts von Na-vena. Die Angesprochene wandte sich erstaunt um. Dort stand Jeanne, die es irgendwie ge-schafft hatte, sich zu befreien und sich gerade ihren schmerzenden Rücken rieb. Navena sah Jeanne an, als ob diese sich gerade als Außerirdische entpuppt hätte. „A-aber... wie bist du...? Ich meine, du bist doch da inmitten von Büchern begraben worden, oder nicht??“, brachte Navena schließlich verdutzt hervor und zeigte auf den Bücherhau-fen vor ihr, bei dem schon über die Hälfte der Bücher irgendwo in der Gegend verstreut waren. Jeanne musste grinsen. „Tja, ich wäre da drin begraben, wenn ich nicht rechtzeitig die Doppelgängertechnik benutzt hätte, “ erklärte sie grinsend. Bei Navenas fragendem Gesichtsausdruck musste sie sich beherrschen, um nicht loszu-lachen. „Ich erkläre es dir. Als wir die vielen Bücher durchsucht bzw. durchflogen haben, stand in einem recht genau Informationen über die Doppelgängertechnik drin und auch, wie man sie anwendet. Naja, ich hab’s mir dann mal durchgelesen, weil’s ja nicht schaden wird, und hab sie vorhin ohne große Hoffnung angewendet. Aber es hat geklappt und ich bin weiteren Rückenschmerzen davongekommen! Die Technik schafft ein identisches E-benbild von der Person, die diese Technik anwendet, und teleportiert die richtige Person zurück an die Stelle, an der sie vor wenigen Sekunden stand,“ erklärte sie lachend. Navena sah ihre Freundin seufzend an. „Ich verstehe echt nicht, wie du auf die Noten bei Meisterin Hikari kommst, Jeanne!“, meinte sie. Diese streckte ihr als Antwort nur die Zunge raus. Gerade in diesem Moment flogen von allen Seiten Wurfmesser auf die beiden zu. Jeanne bemerkte sie als Erstes. Im letzten Moment gab sie ihrer Freundin einen Stoß, sodass diese zwar gegen einen Bücherregal stieß, dafür aber nicht von den vielen Wurf-messern getroffen werden konnte und so in Sicherheit war. „Sirius, hör gut zu: Der Gegner ist sehr schnell und benutzt recht bevorzugt die schwer erlernbare Schattenkörpertechnik. Aber diese Technik kann leicht besiegt werden, weil sie in einem ganz bestimmten Rhythmus und Muster geht. Unser Gegner hat im Kampf gegen mir nur das Pentagramm-Muster benutzt. Die Schnelligkeit ist zwischen hoch und sehr hoch. Er hat eigentlich das Element Finsternis, aber er beherrscht auch ein weiteres Element, das sogenannte Teilelement, von denen man bis zu drei beherrschen kann. Sein Teilelement ist Feuer. Da du das Element Wasser beherrscht, beträgt deine Wahrschein-lichkeit somit 25% mehr, dass du ihn besiegen kannst, “ erklärte Saya, der es jetzt schon viel besser ging, nachdem Nela sie ärztlich mit Magie behandelt hatte. Sirius lächelte. „Ich weiß, “ sagte sie. „Ich denke, dass ihr hier keine Hilfe mehr benö-tigt. Also werde ich mal nach Jeanne und Navena schauen gehen. Vielleicht haben sie diesen Gegner sogar schon besiegt?“, fügte sie noch schmunzelnd hinzu. Doch sie wuss-ten alle, dass es in Wahrheit nicht so war... Navena rieb sich fluchend ihren brummenden Schädel, der gegen den Bücherregal ge-stoßen ist. Ihr war immer noch schwindelig und vor ihren Augen tauchten immer wieder einzelne, schwarze, immer mehr werdende Punkte auf, die es ihr unmöglich machten, mal nach Jeanne zu schauen, der sie es verdankte, dass sie Kopfschmerzen hatte. Sie schloss ihre Augen und versuchte, sich einen klaren Blick zu verschaffen, indem sie ihren Kopf schüttelte, was sie aber sogleich bereute, als sie ein starkes Stechen am Hinterkopf spürte. Vorsichtig versuchte Navena ihre Augen zu öffnen. Ganz langsam verschwanden die vielen schwarzen Punkte und sie konnte verschwommen jemanden vor sich liegen sehen. Sie kniff ihre Augen zusammen, um mehr erkennen zu können. Ohne Erfolg. War diese Person Jeanne? Erneut versuchte Navena etwas zu erkennen. Doch es klappte nicht. Sie versuchte, ruhig zu bleiben und dachte nach, was passiert war. „Jeanne und ich wurden von allen Seiten mit fliegenden Wurfmessern angegriffen... Sie hatte sie als Erste bemerkt und hat mich dann so weggestoßen, sodass ich ohne von den Wurfmessern verletzt zu werden außerhalb des Zielbereiches bin...“, murmelte sie leise vor sich hin. Wenn dies stimmte, dann würde das doch bedeuten, dass Jeanne doch von den vielen Wurfmessern getroffen wurde?! „Unsinn!“, meinte Navena und verwarf die schlimme Vorahnung gleich wieder. Jeanne konnte immerhin die Doppelgängertechnik! Damit hatte sie sich bestimmt retten können. Währenddessen kam Sirius an die Stelle, wo Jeanne und Navena von dem unbekannten Gegner angegriffen worden sind. Sofort entdeckte sie Jeanne, die schwer verletzt inmit-ten von vielen Wurfsternen auf den Boden lag. Sofort rannte sie auf diese zu. „Jeanne!! Alles okay?“, rief sie besorgt und kniete neben ihrer Freundin nieder, deren Körper mit Schnittwunden übersät waren und in deren linkem Arm noch immer einige Wurfmesser steckten. Jeanne nickte nur schwach und versuchte sich aufzurichten, verzog jedoch sogleich vor Schmerz ihr Gesicht, konnte aber gerade noch von Sirius gehalten werden. „So ein Feigling!“, fluchte Jeanne und zog zwei weitere Wurfmesser aus ihrem linken Arm, die sie dann auf den Boden fallen ließ. „Wo ist Navena?“, fragte Sirius besorgt. Jeanne zeigte schwach in die Richtung, in der sie ihre Freundin hingestoßen hat, damit diese nicht verletzt wurde. Gerade in diesem Moment taumelte Navena hinter einem Bü-cherregal hervor, während sie sich ihren Hinterkopf rieb. Dann bemerkte sie Jeanne, die am ganzen Körper mit Schnittwunden übersät war und von Sirius gestützt wurde. „Jeanne?!“, rief Navena erstaunt auf und lief, so schnell sie es ohne zu schwindeln konnte, zu den beiden. „Navena... ist bei dir alles okay?“, fragte Jeanne ihre Freundin, während sie einen wei-teren Wurfmesser mit schmerzverzerrtem Gesicht aus ihrem Arm zog. „Dasselbe könnte ich dich fragen!! Du kannst doch die Doppelgängertechnik! Wieso hast du sie denn nicht eingesetzt?“, warf Navena ihrer Freundin vor. „Ich bin nicht dazu gekommen, “ wich Jeanne aus. Dann wandte sie sich an Sirius. „Si-rius, hör gut zu. Unser Gegner ist sehr heimtückisch und zeigt sich nie. Seine Angriffe kommen immer in verschiedenen Abständen. Beim ersten Mal wurde ich von hinten angegriffen. Es war ein Energiebündel, der nor-malerweise den Gegner schwere Verbrennungen zufügt. Aber ich benutze ebenfalls das Element Feuer, daher hätte mir dieser Angriff nichts anhaben können. Bei diesem Angriff hat er sein Teilelement mit Magie verbunden eingesetzt. Beim zweiten Mal wurden Navena und ich von fliegenden Wurfmessern, die von allen Seiten kamen, angegriffen. Dieses Mal hat er zwar nur Magie benutzt, aber wir dürfen eines nicht außer Acht lassen: Er zeigt sich nicht, sondern bleibt sozusagen immer im Verborgenem. Ich vermute, dass er bei den Angriffen zugleich noch die Schattenkörper-technik benutzt. Und vergiss nicht, dass das Feuer nur sein Teilelement ist! Er benutzt also hauptsäch-lich das Element Finsternis, “ erklärte sie ihrer neuen Freundin. Navena starrte Jeanne entgeistert an. „Und du hast in Beobachtungsfähigkeit eine 4??“, fragte sie erstaunt. „Der Unterricht in Beobachtungsfähigkeit bei Meisterin Hikari ist ja auch stinklangweilig! Da macht’s auch gar keinen Spaß! Aber wenn’s darauf ankommt, dann streng ich auch mal meinen Dickschädel mal an, “ entgegnete Jeanne lachend. Sirius musste grinsen. „Und hast du zufällig auch eine Idee, wie wir gegen sein Element ankommen?“, fragte Navena schmunzelnd. „Klar, mit reiner Magie, “ ertönte es hinter ihnen. Die drei Freundinnen drehten sich überrascht um. Es war Nela. „Wie meinst du das?“, fragte Sirius stirnrunzelnd. Jeanne schnippste mit ihren Fingern. „Natürlich, “ entfuhr es ihr, „Nelas Element ist Kristall. So kann sie mit ihrer Magie alles, was sie berührt, in Kristalle einschließen – so-gar die Finsternis!“, erklärte sie. „Man kann doch nie und nimmer Elemente wie Feuer, Wasser, Licht oder Dunkelheit in etwas Materielles einsperren, “ entgegnete Navena verwundert. „Doch, kann man. Du wirst schon sehen!“, meinte Nela und lächelte geheimnisvoll. Dann wandte sie sich an Sirius. „Wie wär’s, wenn wir beide zusammen gegen diesen Nin-ja kämpfen?“, schlug sie ihr vor. „Gerne, “ entgegnete diese lächelnd. „Seid vorsichtig!“, rief Navena den beiden zu und stützte Jeanne, weil diese sich immer noch nicht halten konnte. „Das werden sie schon, “ meinte Saya, die neben den beiden aufgetaucht war. „Saya! Geht es dir wieder besser?“, fragte Jeanne besorgt. „Nein, ich tu nur so, “ kam es spottend zurück. Navena grinste. „Und dir?“, fügte Saya nach einer kurzen Pause dann hinzu. „Es könnte besser sein, “ entgegnete Jeanne schwach lächelnd. Inzwischen waren Sirius und Nela schon mitten im Kampf mit dem Ninja, welcher seine Schattenkörpertechnik ganz aufgegeben hatte, nachdem er gemerkt hatte, dass er mit seiner Geschwindigkeit nicht mehr weiterkam. Auch seine Feuer-Attacken brachten ihn nichts mehr, da Sirius diese mit ihren Wasser-Attacken mühelos abwehren konnte. Er hatte es auch mit seinem Element Finsternis versucht - doch ohne Erfolg! Nela schloss seine Kraft mit Leichtigkeit in viele Kristalle ein, die anschließend in unzählige Teile zer-barsten und seine Kräfte somit annulliert waren. „Hey, du Ninja! Gib lieber auf. Du hast keine Chance gegen uns!“, rief Sirius dem Geg-ner zu. „Genau! Wir können nämlich alle deine Angriffe mit Leichtigkeit abwehren – ohne uns anzustrengen!“, fügte Nela ebenfalls hinzu. Der Ninja schien dies scheinbar auch realisiert zu haben. Statt sich zu ergeben, drehte er sich um und versuchte zu flüchten. „Bleib stehen, du Feigling!“, entrüstete sich Sirius und wollte ihrem Gegner gerade hin-terherjagen, als dieser mitten im Rennen stoppte, keuchte, taumelte und anschließend umfiel, wo er dann regungslos liegen blieb. „...ist der tot?“, fragte Sirius, nachdem sie das gerade Geschehene verdaut hatte. Gerade in diesem Moment erreichten Navena, Saya und Jeanne die Stelle, an der Sirius und Nela gegen den Ninja gekämpft hatten. „Habt ihr ihn besiegt?“, fragte Saya neugierig. „Nicht wirklich...“, murmelte Sirius und erzählte den anderen haargenau, was sich er-eignet hatte. Nela lief langsam auf den Gegner zu und befühlte dessen Puls. „Er lebt leider nicht mehr, “ meinte sie dann nach einer Weile und musterte danach die Leiche von oben bis unten. Unter dessen linken Ohr entdeckte sie schließlich eine dünne Nadel, die sie vor-sichtig rauszog. „Und diese Nadel hat sein Leben beendet, “ erzählte sie den anderen und hielt die Na-del hoch. Die anderen staunten nicht schlecht. Navena schaute Jeanne ernst an. „Jetzt mal ehrlich, Jeanne. Hast du die Nadel gewor-fen?“, fragte sie ihre Freundin. Jeanne schaute Navena entgeistert an. „Bitte? Bist du verrückt, Navena? Ich kämpfe mit meinem Schwert, Wurfmessern und meinem Taschenmesser, aber Nadeln hab ich noch nie benutzt! Außerdem trag ich auch nie eine bei mir, “ verteidigte sie sich. „Jeanne kann es gar nicht gewesen sein, Navena. Niemand von uns kann es gewesen sein! Schließlich erfordert es jahrelanges Training, bis man dann auch mit so kleinen Ge-genständen umgehen oder gar jemanden umbringen kann, “ erzählte Nela. „Aber wer war es dann?“, mischte Saya sich nun in das Gespräch ein. Sirius, die bis dahin schweigend zugehört hatte, unterbrach die vier. „Ich weiß nicht, ob ich euch das erzählen soll, aber...“ Sofort hörten die vier Freundinnen auf zu reden und schauten Sirius neugierig an. „Aber was?“, fragte Navena. „Meisterin Polaris ist dafür bekannt, Nadeln als Waffen zu benutzen. Wusstet ihr das nicht?“, fragte Sirius überrascht. Die vier brauchten erstmal eine Weile, um diese Neuigkeit zu verdauen. „Po-, Polaris benutzt Nadeln als Waffen?!“, entfuhr es Nela schließlich. Auch die ande-ren drei schauten überrascht rein. „Ja, ich benutze Nadeln als Waffen und habe auch gerade eben eine Nadel auf den Ein-dringling geworfen, “ ertönte eine Stimme hinter ihnen. Die fünf drehten sich erschrocken um. „Meisterin!“, rief Sirius und verbeugte sich schnell. Polaris klopfte ihrer Schülerin anerkennend auf die Schulter. „Du hast dich heute gut geschlagen, Sirius! Das hätte ich dir wirklich nicht zugetraut, “ lobte sie sie. Diese erröte-te und verbeugte sich nochmal. Dann wandte sie sich an die vier Schülerinnen von Hikari zu. „Und was euch angeht... ich würde sehr gerne wissen, was ihr hier in meiner Bibliothek zu suchen habt! Es ist nur den Schülern von der Schule der Sterne erlaubt, die Sternenbibliothek zu betreten. Was habt ihr hier zu suchen?“, fragte Polaris streng. „Ihr wisst genau, warum wir hier sind, Meisterin Polaris!“, entgegnete Jeanne nur. Polaris schaute die vier Mädchen entsetzt an. „Ihr habt doch nicht...? Das ist doch nicht euer Ernst?! Ihr habt euch hier in die Sternenbibliothek geschlichen, nur um Informatio-nen über Hikaris ehemaligen Schüler Yami zu suchen??“, rief sie erschrocken. Die vier nickten. „Ganz genau, Meisterin Polaris. Wir hatten Sie ja auch schon gefragt, aber Sie wollten uns nicht helfen. Also mussten wir andere Wege finden, um an Informa-tionen zu kommen, “ erklärte Navena. „Aber woher wusstet ihr von der Sternenbibliothek? Nur die Schüler der Schule der Sterne wissen davon, “ meinte Polaris. „Das bleibt unser Geheimnis, “ meinte Jeanne schlicht. „Aber wieso wollt ihr unbedingt Informationen über Yami sammeln? Es gibt kaum noch welche, die etwas von ihm wissen – geschweige denn, dass es ihn überhaupt gibt!“, er-zählte Polaris, die ihren Schrecken allmählich überwunden hatte. „Wir wollen nur einer Freundin helfen, und dazu brauchen wir alle Informationen zu Yami, die wir kriegen können. Bitte Meisterin Polaris! Ihr wisst doch sicher etwas. So helft uns bitte und erzählt uns alles, was Ihr wisst, “ bat Navena. „Also gut. Ihr habt mich überzeugt. Ich werde euch erzählen, was ich weiß...“ Kapitel 5: Die Schule der Kristalle ----------------------------------- „Damals hatten Hikari, Raine und ich gerade unsere Schulen gegründet. Hikari die Schule des Lichts, auf der ihr ja gerade seid, ich die Schule der Sterne und Raine die Schule der Kristalle, die sich am Kristallfluss befindet. Wir wollten die Schulen am selben Tag eröffnen und hatten uns deshalb am vorigen Tag getroffen, um am Elementen-Schrein zu den Wächtern der Elemente zu beten. Unsere Freundin Kajika, die damalige Oberhäuptin des Phönix-Clane, kam auch mit. Dort angekommen, wurde Hikari von einem Priester angesprochen, der ihr prophezeite, dass sie einen schlimmen Fehler begehen würde, der die ganze Welt in große Gefahr bringen würde. Hikari glaubte ihm nicht – ein Fehler, den sie wahrscheinlich nie wieder gutmachen kann! Es geschah dann zehn Jahre später. Einer ihrer Schüler widmete sich immer mehr der dunklen Magie und brach schließlich den Eid, den man ablegen musste, um als Schüler bzw. Schülerin akzeptiert zu werden: Er brachte Menschen um, um seine Fähigkeiten in dunkler Magie zu testen. Dieser Schüler war Yami. Hikari war sehr zornig darüber und bannte ihn daraufhin aus ihrer Lehre. Seine Fähig-keiten ließ sie ihm, da sie dachte, dass es Strafe genug war, wenn man keinen Abschluss hatte. Sie irrte sich. Yami wurde immer mehr von der dunklen Magie beeinflusst und be-gann ebenfalls, Schüler in seine Lehre zu nehmen, denen er nur die dunkle Magie bei-brachte. Zwei Jahre später geschah dann das Unglück. Mehrere Kirit-Clane wurden von Yami ausgerottet, darunter auch der Phönix- und der Drachen-Clan, die beiden mächtigsten Clane überhaupt. Kajika, die ja mit dem Oberhaupt des Drachen-Clans Kami verheiratet war, war zu der Zeit schwanger. Sie konnte jedoch mit den beiden Schwertern fliehen, weil Kami sie beschützt hat. Dieser ist in diesem Kampf leider umgekommen. Und diese beiden Schwerter waren das Phönix-Schwert und die Drachen-Klinge. Wo sich diese bei-den Waffen befinden, weiß niemand, auch ich nicht. Nun denn, seitdem werden im Jahr durchschnittlich zwei Clane ausgerottet. Hikari weiß inzwischen nun, was für einen schlimmen Fehler sie damals gemacht hatte, als sie Yamis Fähigkeiten nicht ausgelöscht hat. Doch ihr sind die Hände gebunden, weil sie nicht weiß, wo Yami sich befindet, “ erzählte Polaris. Sie hatten es sich alle inzwischen auf einem Sofa in der Sternenbibliothek bequem ge-macht. Jeanne hatte Polaris mit klopfenden Herzen zugehört. Sie kannte Kajika! Und wusste über das Phönix-Schwert Bescheid! Vielleicht konnte sie ihr ja auch etwas über ihre Her-kunft verraten! „Meisterin Polaris, könnten Sie mir vielleicht noch etwas über das Phönix-Schwert er-zählen?“, fragte sie. Polaris schaute sie überrascht an. „Nun, viel weiß ich nicht. Das Phönix-Schwert gehört zu den heiligen Waffen, die einen enorme Kraft beinhalten, die nur von wenigen Phönix-Kirits beherrscht oder gar komplett eingesetzt werden kann. Normalerweise ist immer nur ein Phönix-Kirit Oberhaupt, der das Schwert benutzen kann, ohne sofort zu Staub zu zerfallen, “ erzählte sie Jeanne, die mit großer Interesse zuhörte. „Und haben Sie das Phönix-Schwert schonmal in Echt gesehen?“, fragte diese weiter. Polaris nickte. „Natürlich! Bevor Hikari, Raine und ich die Schulen gegründet haben, hatten wir oft zusammen im Phönix-Clan trainiert! Da habe ich das Phönix-Schwert schon oft zu Gesicht bekommen. Außerdem würde ich es sofort wiedererkennen, “ fügte sie noch lächelnd hinzu. „Jeanne, was hast du vor?“, unterbrach Navena das Gespräch erschrocken. Alle außer Jeanne sahen sie überrascht an. Doch diese achtete gar nicht darauf. „Du willst doch nicht etwa...?“ „Doch, das hab ich vor. Meisterin Polaris hat uns sehr geholfen, Navena. Außerdem frage ich mich schon seit Jahren, warum ausgerechnet ich es bin. Ich kann mich nicht mal an mein Leben erinnern, bevor ich die Schule des Lichts betreten habe! Da stimmt doch was nicht!“, meinte Jeanne und griff nach dem kleinen Anhänger, der an ihrem Gür-tel befestigt war. Inzwischen sahen alle verwundert zu Jeanne. Navena biss sich auf die Unterlippe. „Bist du dir sicher, dass du Meisterin Polaris es sagen willst?“, fragte sie nochmal. Jeanne nickte entschlossen. Und verwandelte den Anhänger in seine Ursprungsform zurück – das Phönix-Schwert. Polaris stockte vor Staunen den Atem. „Aber das... das ist das Phönix-Schwert! Wie-so...? Warum hast du das Phönix-Schwert? Wie hast du das bekommen?“, fragte sie ü-berrascht. „Ich hab es im Traum überreicht bekommen, “ meinte Jeanne. Sie wusste, dass es to-tal lächerlich klang. Aber es war die Wahrheit. „Im Traum?? Aber das würde ja bedeuten, dass du... du bist eine Phönix-Kirit!“, brach-te Polaris hervor. Jeanne schaute diese überrascht an. Sie hatte es schon im Dunkeln geahnt, aber... das konnte doch nicht sein, oder? „Der Phönix-Clan wurde doch vor Jahren von Yami ausgerottet! Und nur Kajika hatte überlebt, oder nicht?“, fragte sie die Gründerin von der Schule der Sterne. Polaris nickte. „Das stimmt, Jeanne, aber du hast ein Detail außer Acht gelassen. Kaji-ka war zu diesem Zeitpunkt schwanger, als der Phönix-Clan ausgelöscht wurde.“ Jeanne klappte die untere Kinnlade vor Staunen runter. „Aber das würde ja bedeuten, dass Jeanne die Tochter von Kajika ist?!“, rief Saya ü-berrascht. „Ja, so scheint es, “ stimmte Polaris ihr zu. Dann wandte sie sich an Jeanne und schau-te sie an. „Ich bin mir sogar ziemlich sicher. Oh Gott, warum ist mir das nicht schon frü-her aufgefallen? Du siehst ihr so ähnlich, Jeanne. Und ich hab es gestern nicht gemerkt. Wie konnte ich so blind sein?“ Jeanne stiegen Tränen in die Augen. „Wenn das so ist, dann habe ich es also Yami zu verdanken, dass mein Vater nicht mehr lebt?“, fragte sie dann. Polaris nickte und sah sie traurig an. „Ja. Und seitdem habe ich auch den Kontakt zu Kajika verloren. Ich wusste nicht einmal, ob sie das Kind zur Welt gebracht hatte! Sie hatte dann jeglichen Kontakt zur Außenwelt abgebrochen, “ erklärte sie, „es besteht so-gar die Möglichkeit, dass sie bereits...“ Nela legte ihrer Freundin tröstend den Arm um die Schulter. Jeanne, der es zuvor gelungen war das Weinen zu unterdrücken, liefen die Tränen über die Wangen. Das war nicht fair! Jetzt hatte sie endlich mal eine Spur zu ihrer Vergangen-heit gefunden und musste sich nun klarmachen, dass ihr Vater schon lange nicht mehr lebte und ihre Mutter inzwischen vermutlich auch schon nicht mehr existierte. Sirius versuchte, sie aufzumuntern. „Hey, Jeanne. Sieh die ganze Sache doch mal posi-tiv! Meisterin Polaris hat zwar gesagt, dass sie seit Jahren keinen Kontakt mehr zu Kajika hatte. Doch sie vermutet nur, dass deine Mutter inzwischen wahrscheinlich nicht mehr lebt. Es kann doch auch sein, dass sie sich zurückgezogen und jeglichen Kontakt ab-gebrochen hat, um dich zu schützen, damit du dich nicht in Gefahr begibst, oder? Viel-leicht wartet sie ja darauf, bis du würdig bist, um ihren Posten als Oberhaupt des Phönix-Clane weiterzuführen, bis sie sich dir dann endlich zu erkennen gibt, “ meinte sie und reichte ihrer Freundin ein Taschentuch. Diese nahm es dankbar entgegen und wischte sich ihre Tränen. Auch Saya versuchte ihrer Freundin Mut zu machen. „Sirius hat Recht, Jeanne. Viel-leicht war sie ja die ganze Zeit in deiner Nähe und hat über dich gewacht, “ fügte Saya hinzu. „Eben! Und außerdem: Jetzt, wo wir gerade eh unterwegs sind, können wir uns ja auch gleichzeitig mal nach deine Mutter umhören. Es wird zwar bei Weitem schwieriger werden als Informationen über Yami zu sammeln, aber wir packen das schon. Hab Vertrauen zu dir selbst! Wir werden dir natürlich auch helfen, so gut wir können!“, stimmte Navena den anderen zu. Jeanne schaute ihre Freundinnen dankbar an. „Danke. Euch allen...“, sagte sie und fiel ihnen vor Rührung schluchzend um den Hals. Am nächsten Tag wachte Jeanne ungewöhnlich früh auf für ihre Verhältnisse. Verschla-fen schaute sie sich um. Wo war sie denn nochmal? Sie überlegte eine Weile, bis ihr dann die einzelnen Geschehnisse vom vorigen Tag allmählich einfielen. Sie schaute sich um. Die anderen schliefen alle noch tief und fest. Sie hatten die Nacht alle – mit Erlaubnis von Polaris – in der Sternenbibliothek verbracht und wollten am Vor-mittag wieder weiter in Richtung Kristallfluss ziehen. Polaris traf fast der Schlag, als sie erfuhr, dass ihre Lieblingsschülerin Sirius mit ihnen reisen würde. Doch sie akzeptierte ihre Entscheidung. „Ich schau mich hier nochmal ein bisschen um, “ dachte Jeanne bei sich, während sie leise aufstand. Sie konnte sich ja in der Zwischenzeit noch ein paar Bücher durchblättern, während die anderen noch schliefen. Leise schlich sie sich etwas weiter weg. Als sie die Stelle erreichte, wo sie gestern ge-gen den Eindringling gekämpft hatten, blieb ihr Blick dann an der Leiche von dem Ninja hängen. „Es gehört sich zwar nicht, Sachen von Toten zu durchwühlen... aber irgendwie bin ich ziemlich neugierig, ob unser Gegner etwas Interessantes oder irgendwelche Informatio-nen bei sich trägt...“, dachte Jeanne bei sich und lief auf die Leiche zu. Sie entdeckte ein gut verschnürtes Bündel, dass in einem schwarzen Tuch eingeschlagen und am Gürtel befestigt war. Vorsichtig entwendete sie dieses und wollte es gerade auseinanderpacken, als die Leiche sich mit einem lauten Zischen in schwarzen Rauch auflöste. Jeanne starrte entgeistert auf die Stelle, wo zuvor noch der tote Ninja gelegen hat. Stattdessen befand sich dort eine schwarze Feder, die von einer Art Bannkreis mit schwarzen Blitzen umgeben war. „Und was jetzt?“, dachte sie verwirrt. Die Feder versuchen, mit bloßer Hand anzufassen, das wäre Wahnsinn. Schließlich ist diese von dem Bannkreis umgeben! Und man sollte Bannkreise lieber nicht unterschätzen, das hatte sie von Hikari gelernt. Ihr Blick fiel wie-der auf das Bündel. „Vielleicht entdecke ich darin ja irgendein Hinweis auf diese seltsame Feder?“, murmel-te sie nachdenklich und schlug das schwarze Tuch auseinander. Zum Vorschein kamen drei Bücher - Magier, Krieger und Dämonen, Dörfer und Clane und ein anderes Band von Mythen und Legenden - und zwei kleine Stoffbeutel, die man sich an den Gürtel binden konnte. Sie steckte sie ohne Zögern ein. Nachdenklich schaute Jeanne auf die drei Titel der Bücher. Das waren drei der vier Buchtitel, die ihre Meisterin ihr vorgeschlagen hatte! Könnte es sein, dass dieser Schat-tenmagier Yami inzwischen schon wusste, dass sie nach Informationen über ihn suchten? Dann würde es ja heißen, dass dieser Ninja einer von seinen Gefolgsleuten ist! Sie schluckte. Bei den Gedanken daran, dass ihr Feind jetzt schon jeden Schritt und Tritt von ihnen kennt, wurde Jeanne nochmals bewusst, wie mächtig ihr Gegner ist. Nach kurzem Zögern schüttelte sie ihre Furcht wieder ab und nahm sie eines der Bü-cher, um zu lesen. Saya war schon länger wach, doch sie stand noch nicht auf. Die vielen Ereignisse vom vorigen beschäftigten sie noch immer und sie benötigte noch etwas Zeit, um alles richtig einzuordnen und nochmals überblicken zu können. Wenn sie so nachdachte, fiel ihr ein, dass ihr dieser Ninja bekannt vorkam. Hatte sie ihn zuvor schon einmal getroffen? Wieso wusste sie es nicht mehr? Sie musste daran denken, was Jeanne gesagt hatte. „...Außerdem frage ich mich schon seit Jahren, warum ausgerechnet ich es bin. Ich kann mich nicht mal an mein Leben erinnern, bevor ich die Schule des Lichts betreten habe! Da stimmt doch was nicht!“ Saya legte ihre Stirn in Falten. Wenn sie ehrlich war, wusste sie eigentlich auch nichts über ihre Vergangenheit; über die Zeitspanne, die Geschehnisse die sie erlebt hatte, be-vor sie die Schule des Lichts betrat. Aber wie konnte das sein? Sie verstand es echt nicht. Es war bereits Mittag, als die fünf Freunde sich auf dem Weg zum Kristallfluss machten. Die Sonne stand hoch am Himmel, aber im Schatten der Bäume war es ganz angenehm. Wie so oft übernahmen Navena und Jeanne die Führung, in einem größeren Abstand zu Saya, Nela und Sirius, die wegen der Hitze nicht die geringste Lust zu reden hatten. „Alles okay?“, fragte Navena Jeanne schließlich. Diese hatte, seitdem sie aufgebrochen sind, nur geistesabwesend nach vorne geschaut und nur was gesagt, wenn man sie ansprochen hatte. „Ja, klar, “ kam es nur abwesend zurück. „Es ist wegen deiner Mutter und deiner Herkunft, stimmt’s?“, fragte Navena seufzend. „...hör auf, meine Gedanken zu lesen!“, antwortete Jeanne und sah ihre Freundin leicht genervt an. „Seit wann kann ich Gedanken lesen? Jetzt mal ehrlich, Jeanne. Ich bin mir sicher, dass wir deine Mutter finden werden. Es könnte zwar dauern, aber irgendwann wird es schon klappen! Hab nur Geduld und etwas mehr Selbstvertrauen. Und vergiss nicht, dass wir immer zur Stelle sind, um dir zu helfen, “ versuchte Navena ihre Freundin zu ermutigen. Jeanne ritt verzweifelnd ein bisschen schneller, sodass sie Navena nicht mehr antwor-ten musste. Diese versuchte, mit ihrer Freundin mitzuhalten und rief ihr hinterher: „Jetzt versuch nicht wegzulauf-“ Mitten im Satz brach sie ab. Jeanne drehte sich stirnrunzelnd um und sah eine reiterlo-se Silivren auf dem Waldweg stehen. „Navena?“, rief sie verwundert nach ihrer Freundin. Keine Antwort. Plötzlich flog ein Schatten mit etwas Grünes dicht an ihr vorüber. Dieser kurze Moment genügte Jeanne, um zu erkennen, dass es Navena war, die von irgendetwas in den Wald verschleppt wurde. War das etwa einer von Yamis Gefolgsleuten? Wenn nicht, gar erneut ein Ninja? Entsetzt bei dem Gedanken daran sprang Jeanne von ihrem Einhorn ab und stellte si-cher, dass sie ihr Schwert noch bei sich hatte. Dann rief sie den anderen noch zu: „Nave-na wurde entführt!“, woraufhin sie dann alle dem unbekanntem Schatten hinterherjagten. „Navena? Bist du hier irgendwo?“, rief Jeanne verzweifelt. Erneut keine Antwort. Ihre Freunde hatten sie gerade eingeholt, als sie im Schatten der Bäume eine Bewe-gung bemerkten. Das „Etwas“, das Jeanne noch wenige Augenblick zuvor mit Navena im Wald ver-schwinden gesehen hatte, entpuppte sich als gutaussehender Vampir mit langen blonden Haaren und gefährlich aussehen Zähnen. Navena lag in seinen Armen. Als er sich über sie beugte, wollten Jeanne und die anderen eingreifen, doch als sie den Gesichtsausdruck ihrer Freundin sahen, hielten sie inne. Diese lag mit verträumtem Gesichtsausdruck in den Armen des Vampirs und schien sich überhaupt nicht zu fürchten. Jeanne starrte ihre Freundin vor Entsetzen sprachlos und verdutzt zugleich an. „Navena?!? Geht’s dir gut?“, fragte Saya genauso überrascht. „Ja...“, kam es von Navena zurück, die den Vampir immer noch mit verträumtem Blick anschaute. Der Vampir schaute die Freunde mit einer gehobenen Augenbraue an, und blickte dann wieder verdattert zu Navena runter. Dann schaute er wieder zu den Freunden. „Bevor hier noch irgendwer anfängt zu schreien: Ich wollte eurer Freundin nichts tun. Ich bin Gonzo, ein halbblütiger Vampir, “ stellte er sich vor. „Ein halbblütiger Vampir?“, fragte Nela verdutzt. „Das heißt, dass er halb Mensch und halb Vampir ist. Ein Vorteil für ihn, weil er da nicht pausenlos Blut saugen muss und auch am Tag rumflattern kann, wo die Vollblüter längst schon zu Staub zerfallen wären,“ erklärte Jeanne. Sirius schaute ihre Freundin erstaunt an. „Woher weißt du das?“, fragte sie überrascht. „Das hab ich heute Morgen zufällig in dem Buch Magier, Krieger und Dämonen gelesen, “ antwortete Jeanne. „Aha...“ „Ich will ja nicht pessimistisch sein, aber... irgendwie bereitet mir Navenas seltsames Verhalten Sorgen...“, mischte Saya sich nun ein. Und sie hatte nicht mal Unrecht: Navena lag währenddessen noch immer mit ver-träumten Augen in den Armen von Gonzo, der so langsam, aber allmählich verlegen wur-de. „Ähm... ist eure Freundin eigentlich immer so drauf?“, fragte er die anderen. „Öhm...“ „Ich kann es immer noch nicht glauben!“, entfuhr es Jeanne schon zum x-ten Male und schüttelte heftig mit dem Kopf, so wie es immer tat, wenn sie dachte, dass sie das, was gerade passiert war, nur geträumt hat. Dieses Mal übernahmen Saya und sie die Führung. „Blick der Wahrheit ins Gesicht, Jeanne! Navena und Gonzo sind jetzt zusammen. Dar-an kannst du jetzt auch nichts mehr ändern, “ meinte Saya lachend. „Eben. Es war Liebe auf dem ersten Blick, “ stimmte Nela ihrer Freundin zu. Diese ritt mit Sirius direkt hinter ihr und Jeanne. „Aber ich kann’s immer noch nicht fassen! Ihr müsst euch die ganze Sache mal vorstel-len! Navena und ich haben uns ganz normal unterhalten. Da ich ein bisschen weiter vor-ne geritten bin, hab ich mich umgedreht und finde da nur eine Silivren ohne Reiterin vor! Dann fliegt plötzlich noch so ein Schatten mit etwas Grünes dicht an mir vorbei. Ich hab gedacht, mich trifft der Schlag!! Was, wenn Gonzo einer von Yamis Gefolgsleuten wäre? Ich konnte ja erkennen, dass das Grüne Navenas Haare waren. Also hab ich euch infor-miert und wir sind dann auch hinterher. Als wir die beiden dann endlich erreicht haben, war es Gonzo natürlich zu langweilig und er hat sich gedacht, dass er Navena mal ein bisschen erschrecken könnte und beugt sich also über sie und tut so, als ob er sie beißen will. Wir wollten ihr natürlich zu Hilfe eilen. Doch jetzt kommt ja erst das Beste: Unsere Navena liegt mit verträumten Augen in seinen Armen und fürchtet sich kein bisschen! Tja, da ist Gonzos Plan, sie zu erschrecken, gründlich in die Hosen gegangen – doch stattdes-sen hab ich wahrscheinlich den allergrößten Schock meines Lebens erlebt!“, beschwerte Jeanne sich. Die anderen brachen in großes Gelächter aus und kippten vor Lachen fast vom Einhorn. „Jeanne, du redest wie ein Wasserfall!“, sagte Sirius, als sie sich wieder beruhigt hatte und wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht. „So langsam frag’ ich mich wirklich, wie du auf deine tollen Noten bei Meisterin Hikari kommst, “ meinte Navena verwundert und musste sich beherrschen, um nicht wieder loszulachen. Sie und Gonzo ritten ganz hinten, damit sie sich ganz in Ruhe unterhalten konnten, ohne von den anderen gestört zu werden. „Wieso? Auf was steht sie denn durchschnittlich?“, mischte Gonzo sich in das Gespräch ein und schaute seine Freundin fragend an. Jeanne drehte sich erschrocken um und blickte direkt in das grinsende Gesicht ihrer Freundin. „Navena, nur ein falsches Wort, dann...“, rief sie ihrer Freundin zu und hob drohend ihren Zeigefinger. Nela und Saya grinsten sich verschwörerisch an. Auch Sirius musste sich beherrschen, um nicht laut loszulachen. Navena wandte sich an Gonzo. „Sorry, Schweigepflicht, “ meinte sie und küsste ihren Freund, den dieser mit Freuden erwiderte. Schließlich musste sie wegen der Reaktion ihrer Freundin doch lachen. „Navena! Gonzo! Beeilt euch ein bisschen! Wir wollten noch an der Schule der Kristalle ankommen, bevor es dunkel ist!“, rief Saya den beiden schließlich zu, nachdem sie sich alle wieder einigermaßen beruhigt hatten. Daraufhin ritten sie dann alle im Galopp Rich-tung Kristallfluss. Es dämmerte bereits, als sie endlich an der Schule der Kristalle ankamen. Die Einhör-ner – und auch Gonzos schwarzer Mustang – waren schon vollkommen erschöpft. Auch den Freunden ging es nicht anders. „Wenn das so weiter geht, werden mir irgendwann nicht nur ein paar Stunden Schlaf fehlen; ich glaube eher, dass ich irgendwann dann noch an Schlafmangel leide!“, meinte Jeanne und gähnte zur Demonstration. „Jetzt beschwer’ dich nicht, Jeanne! Schließlich hat dich niemand gezwungen, mit mir mitzukommen. Wenn du’s jetzt bereust, kannst du ja immer noch umkehren, “ kam es leicht gereizt von Navena. Jeanne drehte sich zu ihrer Freundin um. „Ich hab mich nicht beschwert! Ich hab nur eine Tatsache festgestellt. Außerdem war auch von Bereuen nicht die Rede! Ich bin froh, dass ich mitgekommen bin, “ meinte sie und schaute Navena ernst in die Augen. „Schließlich bin ich froh, wenn ich meinen Freunden helfen kann.“ „Wir sind da, Leute!“, rief Sirius in diesem Moment und unterbrach so das Gespräch zwischen den beiden Freundinnen. Sie schauten nach vorne. Ein riesiges Tor aus Ahorn-holz versperrte ihnen den Weg in die Schule. „Na, endlich, “ kam es von Gonzo, der sofort von seinem Pferd abstieg. Die anderen folgten seinem Beispiel. Nela lief zum Tor und klopfte dreimal an. Nach einer Weile öffnete sich das Tor und zwei Personen erschienen, ein Junge und ein Mädchen. „Wer seid ihr?“, fragte das Mädchen. Sie hatte lange schwarze Haare, die sie mit einem weißen Haarband zu einem locker geflochtenen Zopf zusammengebunden hatte. Ihre marineblauen Augen schauten die Freunde prüfend und neugierig zugleich an. Sie trug eine weiße Bluse mit einem dunkelroten Rock, der ihr bis zu den Knien reichte. „Wir sind Schüler von der Schule des Lichts und sind hier zufällig vorbeigekommen. Da es schon recht spät ist, wollten wir um eine Unterkunft bitten, bevor wir in den nächsten Tagen dann wieder weiterziehen, “ antwortete Saya. „Und wie viele seid ihr?“, kam es von dem Jungen. Seine zerzausten braunen Haare fielen ihm ins Gesicht. Er trug ein schwarzes Shirt mit dunkelblauer Hose. Seine braunen Augen schauten die Freunde fragend an. „Wir sind zu sechst, “ entgegnete Sirius. „Ob ihr hierbleiben könnt oder nicht, das können wir nicht entscheiden. Meisterin Raine wird dann entscheiden, ob ihr hier über Nacht bleiben dürft, “ sagte das Mädchen und öffnete das Tor. Die sechs Freunde liefen mit ihren Einhörner und Pferden an den Zügeln haltend hinein. Nachdem sie die Reittiere in den Stall gebracht und ihnen genügend Futter und Trinken hingestellt hatten, folgten die Freunde den beiden – Yuina und Flake – zu Meisterin Rai-nes Trainingshalle. „Hey, Navena, wie sollen wir’s diesmal anpacken, ohne dass Meisterin Raine gleich Verdacht schöpft?“, flüsterte Jeanne ihrer Freundin fragend zu. Diese zuckte die Schultern. „Wir werden sehen. Es kommt, wie es halt kommt. Lassen wir uns überraschen, “ kam es flüsternd zurück. Jeanne seufzte. „Immerhin wissen Gonzo und Sirius auch Bescheid. Da ernten wir gleich zwei überraschte Blicke weniger, “ meinte sie und erntete stattdessen einen Das-war-mal-wieder-typisch-dass-du-so-etwas-sagst-Blick von Navena. „Hier sind wir. Gleich könnt ihr Meisterin Raine alles erklären, “ unterbrach Yuina die beiden. Flake hatte inzwischen die Schiebetür zur Seite geschoben. Er und Yuina verbeugten sich kurz. „Meisterin Raine, entschuldigt die Störung. Aber diese sechs Leute hier, die sagen, dass sie Schüler von der Schule des Lichts kommen, wollen hier um eine Unterkunft für diese Nacht bitten, “ erklärte er. Raine drehte sich um. Sie trug einen Kampfanzug und hatte ihre langen, dunkelblauen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, sodass man anhand ihrer Ohren erkennen konnte, dass sie kein Mensch, sondern eine Elfin war. Neben ihr lag ein Holz-schwert. „Ihr könnt euch entfernen, “ sagte sie zu ihren Schülern. Diese verbeugten sich noch einmal und verließen die Trainingshalle. Dann wandte sich Raine ihren Gästen zu. „Ihr seid also alle Schüler von Hikari von der Schule des Lichts?“, fragte sie die Freunde. „Nicht ganz, Meisterin Raine. Ich bin eine Schülerin von Meisterin Polaris von der Schu-le der Sterne, “ erzählte Sirius. „Und ich geh auf keine der beiden Schulen, “ kam es von Gonzo. „So. Und wieso seid ihr hier? Müsstet ihr nicht in euren Schulen sein? In ein paar Tagen sind immerhin Prüfungen. Ihr müsstet doch wissen, dass ihr von der Schule fliegt, wenn ihr nicht an ihr teilnimmt, oder?“, fragte Raine lächelnd weiter. Jeanne trat vor und wollte ihr antworten, doch in dem Moment, als Raine sie sah, ver-schwand ihr Lächelnd mit einem Schlag. „Was willst du hier?“, zischte sie hasserfüllt. Jeanne schaute Raine fragend an. „Entschuldigt, aber ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, was...?“, brach sie stotternd hervor. „Tu nicht so, Kajika! Wenn du nicht gewesen wärst, dann hätte Yami niemals das Kris-tall-Schwert bekommen!“, rief Raine zornig. Tränen traten ihr in die Augen. „Außerdem wäre der Kristall-Clan auch nicht zerstört worden, “ brach sie schluchzend hervor. „Meisterin Raine, hört mir bitte zu. Sie haben sich geirrt. Ich bin nicht Kajika. Mein Name ist Jeanne und ich bin eine Schülerin von Hikari. Ich habe Sie noch nie zuvor gese-hen, also kann ich Ihnen auch nichts getan haben,“ versuchte Jeanne Raine zu beruhigen. Mit einem Mal war all die Wut und Trauer verflogen. Raine schaute Jeanne erstaunt an. „Du bist nicht Kajika? A-aber... diese Ähnlichkeit! Wie kann das sein?!“, fragte sie über-rascht. „...ich bin die Tochter von Kajika, wenn das stimmt, was Meisterin Polaris mir gestern erzählt hat, “ sagte Jeanne. Raine brachte vor Staunen kein Wort mehr heraus. „Hört zu, Meisterin Raine. Der Kristall-Clan wurde vor ungefähr 30 Jahren von Yami und seinen Gefolgsleuten zerstört. Aber wir sind alle so um die 16 Jahre alt. Es kann kei-ner von uns gewesen sein. Ihr verwechselt Jeanne mit ihrer Mutter, “ mischte sich Nave-na nun ein. Raine schwieg. Jeanne konnte förmlich sehen, dass es in ihrem Kopf ratterte und knirschte, weil sie alles erst einmal verdauen musste. „Meisterin Raine. Wisst ihr vielleicht, wie Yami zu so vielen Gefolgsleuten kommt?“, fragte sie dann die Gründerin von der Schule der Kristalle. Diese sah sie überrascht an. „Wieso fragst du?“ „Weil ich einen Verdacht habe, aber ich bin mir noch nicht ganz sicher...“, erklärte Jeanne und schaute nachdenklich drein. „Wie meinst du das, Jeanne?“, mischte sich nun Saya ebenfalls ins Gespräch ein. Auch die anderen sahen sie gespannt an. Raine seufzte. „Ich bin mir auch nicht sicher. Aber ich sage euch, was ich weiß, als Ent-schuldigung, dass ich eurer Freundin einen so großen Schrecken eingejagt und dass ich sie zu Unrecht verdächtigt habe. Yami wurde damals von Hikari aus der Schule des Lichts verbannt, weil er nicht nur angefangen hat, dunkle Magie zu erlernen, sondern weil er auch jemanden umgebracht, nur um seine Kräfte zu testen. Doch nur wenige wissen, was für eine dunkle Kunst er versucht hat zu erlernen bzw. inzwischen schon erlernt hat. Die dunkle Magie beinhaltet viele verschiedene Künste, die für jeden Menschen unter-schiedlich schlimm ist. Und die Kunst, die Yami zu erlernen versucht hat, ist die Fähigkeit, den Menschen einen Teil ihrer Erinnerungen zu rauben und sie dann in Federn zu ver-wandeln. Das hat er nach einiger Zeit auch geschafft, doch er hat eines nicht beachtet: Die Federn haben alle ihre eigenen Bannkreise. Ein Beispiel: Bei einer Person, die das Element Eis hat, hat die Erinnerungsfeder eine bläulich-weiße Färbung. Wenn jemand versuchen würde, die Feder mit bloßen Händen anzufassen, würde sie sofort zu Eis erstarren. Aber es gibt auch Ausnahmen. So können zum Beispiel die Personen, die der Person, der die Erinnerungsfeder ja eigentlich gehört, nahestehen, die Feder mit bloßer Hand berühren, ohne zu Eis zu erstarren. Es ist ziem-lich kompliziert. Solltet ihr mal so eine Erinnerungsfeder finden, fasst sie sicherheitshal-ber nicht mit bloßer Hand an, sondern nutzt eure Magie, um sie zu transportieren. Es gibt aber auch spezielle Taschen, in der man die Erinnerungsfedern legen kann. Aber sie sind sehr selten!“, erzählte Raine. Bei diesen Worten streifte Jeanne ihren Rucksack von ihren Schultern ab und wühlte darin rum, bis sie dann endlich zwei stoffbeutelähnliche Taschen aus ihrem Rucksack zog. „Meinen Sie zufällig die hier?“, fragte sie und wedelte mit einen der beiden Taschen. Den anderen klappte der Mund auf. „Sag mal, Jeanne, was kommt denn als Nächstes? Entpuppst du dich vielleicht als eine der Gefolgsleuten von Yami?“, kam es staunend von Sirius. „Sehr witzig!“, entgegnete diese. Raine schaute ebenfalls ziemlich verblüfft rein, als sie die Tasche in Jeannes Händen sah. „So langsam wirst du mir unheimlich, Jeanne. Diese speziellen Taschen sind sehr, sehr selten! Wie kommt es eigentlich, dass du gleich zwei davon hast?“, fragte sie überrascht. Jeanne schaute ihre Freunde an. Sollten sie die Sache, die in der Sternenbibliothek passiert war, Meisterin Raine erzählen? In diesem Moment wurde die Tür von der Trainingshalle aufgerissen und ein Mädchen mit langen blauen Haaren, die zu zwei Zöpfen gebunden waren, stürmte herein. Sie trug ein weißes ärmelloses Kleid, das mit blauen und grünen Mustern verziert war. Auch sie war eine Elfin – um genau zu sein, Raines jüngere Schwester Rainy. „Raine! Es ist etwas Fürchterliches passiert! Draußen sind zwei Gefolgsleute von Yami, die mit dir sprechen wollen. Sie haben schon einige deiner Schüler angegriffen!“, rief sie keuchend und ihre dunkelblauen Augen blitzten vor Empörung auf. Währenddessen kämpften Yuina und Flake verbissen gegen die beiden Gefolgsleute von Yami, um zu verhindern, dass diese die Schule der Kristalle betreten. Einige Schüler lagen schon verletzt auf den Boden und haben ihr Bewusstsein verloren. Jetzt standen die beiden Rücken an Rücken, um ihre Gegner nicht aus den Augen zu lassen. „Verdammt! Flake, hast du eine Idee, was wir machen könnten? Wenn das so weiter-geht, werden wir auch noch besiegt werden, “ flüsterte Yuina ihrem Klassenkamerad zu. Dieser setzte zur Antwort an, doch in diesem Moment griffen die beiden Ninjas wieder gleichzeitig an, und so blieb den beiden nichts anderes übrig, als sich weiterhin auf den Kampf zu konzentrieren. „Es reicht!!“, ertönte es plötzlich hinter ihnen. Sofort stoppten die vier im Kampf. Yuina und Flake verbeugten sich schnell vor Raine. Raine wandte sich den beiden Eindringlingen zu. „Was wollt ihr hier?“, fragte sie streng. Einer von den Gefolgsleuten deutete auf Jeanne. „Sie hat etwas von unserem Kamera-den mitgenommen. Das wollen wir wieder, “ sagte er. „Und was hat sie mitgenommen?“, fragte Raine weiter. „Die Erinnerungsfeder, die ihr nicht gehört, “ antwortete der zweite. „Das stimmt. Die Feder gehört mir nicht – aber euch gehört sie auch nicht! Ihr habt die Erinnerung geklaut, und zwar von Saya!!“, mischte sich Jeanne nun in das Gespräch ein. Saya schaute ihre Freundin überrascht an. „Von mir? Bist du dir sicher, Jeanne?“, frag-te sie unsicher. „Hast du Beweise?“, kam es wütend von dem Gegner. Jeanne grinste. „Ja, die habe ich. Und sogar mehrere! Die Erinnerungsfeder, die ich mitgenommen habe, ist schwarz und hat einen dunklen Bannkreis mit schwarzen Blitzen. Rins Element ist Dunkelheit, also ist auch die Feder schwarz. Da die Dunkelheit aber nicht ausreicht, um einen Bannkreis zu bilden, gibt’s noch schwarze Blitze. Und eines von Rins Teilelementen ist Donner! Das ist mein erster Beweis, “ erzählte sie. Die beiden Ninjas schwiegen. Raine und die anderen schauten Jeanne beeindruckt an. Diese wandte sich an Saya. „Saya, gibt es bei dir in den Erinnerungen nicht irgendeine Lücke, an die du dich schon mehrmals versucht hast zu erinnern, aber dir nie was einge-fallen ist, obwohl du dich noch so sehr konzentriert hast?“, fragte sie ihre Freundin. „Doch. Und wie es der Zufall will: Es ist ausgerechnet die Zeitspanne, die passiert ist, bevor ich die Schule des Lichts betreten habe – genau wie bei dir!“, antwortete diese nachdenklich. Jeanne lächelte. „Gut, damit ist bewiesen, dass Saya ein Teil ihrer Erinnerungen ge-raubt wurde, “ meinte sie. „Achja? Dennoch ist noch lange nicht bewiesen, dass es ihre Feder gewesen ist...“, setzte der eine Ninja an, doch Jeanne unterbrach ihn. „Nicht so voreilig! Der wichtigste Teil fehlt noch. Meisterin Raine hat uns erzählt, dass nur jemand, der dem Besitzer der Erinnerungsfeder nahesteht, die Feder mit bloßer Hand berühren kann, ohne dabei von dem Bannkreis verletzt zu werden. Ich wusste es damals noch nicht, also hab ich sie zuletzt doch mit bloßer Hand genommen und in eine der spe-ziellen Taschen gepackt, die euer Kamerad bei sich getragen hat. Mit anderen Worten: Die Erinnerungsfeder gehört jemanden, der mir ebenfalls sehr nahesteht, sie hat das Element Dunkelheit und außerdem das Teilelement Donner. Au-ßerdem fehlt ihr ein bestimmter Teil ihrer Erinnerungen. Und da Saya die einzige von den mir nahestehenden Personen ist, der diese Eigenschaften zutreffen, bin ich mir auch si-cher, dass diese Erinnerungsfeder ihr gehört! Also habt ihr zwei auch kein Recht, diese Erinnerungsfeder zurückzuverlangen, weil sie selbstverständlich ihrem Besitzer gehört – nämlich Saya!“, meinte sie triumphierend. „Wenn du sie uns nicht zurückgeben willst, dann müssen wir sie uns eben mit Gewalt zurückholen!“, riefen die beiden zornig und griffen Jeanne an. „Jeanne! Die Schwäche von den beiden ist Feuer!“, rief Saya ihrer Freundin noch schnell zu. „Danke für den Tipp!“, entgegnete sie grinsend und wich den Angriffen der Gegner mit der Trugbild-Technik aus, die unzählige Ebenbilder von ihr schafften. So hatte sie genü-gend Zeit, um ihre Energie zu bündeln und diese dann auf die beiden Gegner zu schleu-dern. Sie ließ sich auf einem Baum nieder und schloss die Augen, um sich zu konzentrie-ren. Zwischen ihren Händen erschien eine kleine Flamme, die immer größer wurde. Inzwischen haben die beiden Ninjas mehr als die Hälfte der Ebenbilder beseitigt. Jeanne merkte dies. „Ich denke, dass dieser Flammenbündel hier reichen müsste, um die beiden zu besie-gen, “ dachte sie bei sich. Sie formte die Flamme zu zwei Pfeilen mit Bogen und schoss sie auf die beiden Ninjas. Diese merkten den Angriff viel zu spät, um ihn ausweichen zu können, und wurden so beide am Arm getroffen. Auch der größte Teil ihrer Kräfte verschwand. „Wenn ihr an eurem Leben hängt, dann verschwindet von hier! Das ist eure letzte Chance. So leicht lasse ich euch bestimmt kein zweites Mal davonkommen, “ rief Jeanne den beiden Gefolgsleuten vom Baum aus zu. Diese sahen ein, dass dies der beste Weg war. „Das wirst du noch bitter bereuen, Jeanne, dass du dich gegen Meisterin Yami gestellt hast!!“, riefen sie ihr noch drohend zu, bevor sie fluchend von dannen zogen. Jeanne sprang vom Baum runter. „Das stimmt nicht. Schließlich weiß ich, dass ich das Richtige tue...“, dachte sie bei sich und lief zu ihren Freunden. „Ich danke dir nochmals, dass du die beiden vertrieben hast, Jeanne!“, sagte Raine. Jeanne schüttelte den Kopf. „Ihr braucht euch nicht zu bedanken, Meisterin Raine. Au-ßerdem war das selbstverständlich. Wir hätten alle zur Not eingegriffen. Doch zum Glück war dies nicht nötig. Und ihr habt uns sehr viele Informationen gegeben, die wir gesucht haben, “ entgegnete sie und wandte sich an Saya. „Und was deiner Erinnerungsfeder angeht, die kriegst du natürlich wieder, “ meinte sie lachend und drückte ihrer Freundin einen der speziellen Taschen in die Hand. Saya nahm sie dankend an und öffnete sie. Die Erinnerungsfeder schwebte von alleine heraus und landete auf ihren Kopf. Sie schloss ihre Augen. Die Geschehnisse und einzel-nen Details spielten sich in ihren Gedanken nochmal ab. Gedanken und Bilder überflute-ten sie. Sie erinnerte sich wieder, was damals passiert war – und weshalb sie in die Schule des Lichts gekommen ist. „Alles okay bei dir?“, fragte Nela ihre Freundin, nachdem diese ihre Augen öffnete. Die Erinnerungsfeder war spurlos verschwunden. Saya nickte nur stumm. „Und wo ist die Erinnerungsfeder hin?“, fragte Gonzo. „Die ist wieder in ihren Körper zurückgekehrt, “ erklärte Raine. Sirius wandte sich an Jeanne. „Wann hast du eigentlich die Erinnerungsfeder gefunden bzw. mitgenommen?“, fragte sie ihre Freundin neugierig. „Heute Morgen, als ihr alle noch geschlafen habt. Ich bin kein Langschläfer, weißt du. Deswegen bin ich schon so früh auf gewesen. Und dann noch die Ereignisse, die sich ges-tern in der Sternenbibliothek abgespielt haben...“, antwortete Jeanne und musste grinsen. „Wäre es jetzt eigentlich möglich, dass wir heute Abend hier eine Unterkunft bekom-men könnten?“, wechselte Navena schnell das Thema. Raine nickte. „Ja, natürlich. Yuina wird euch in eure Zimmer bringen. Es sind Zweier-Zimmer, “ fügte sie noch hinzu. Die Freunde schauten sich an. Irgendwie war ihnen alle jetzt schon klar, wer mit wem in ein Zimmer kommen würde... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)