Lost Memory von abgemeldet (Kampf um die Erinnerungen) ================================================================================ Kapitel 1: Der Alltag --------------------- Jeanne schwebte über den Wolken. Ziellos irrte sie umher, ohne zu wissen wohin sie sich wenden sollte. Vorsichtig sog sie den längst bekannten Duft von Feuchtigkeit und Regen ein. Obwohl sie schon so oft hier gewesen war, kam ihr alles doch so fremd vor. Wie lange würde es noch dauern? Wie lange würde sie noch suchen müssen? Sie seufzte. Es war jedes Mal dasselbe, und doch hatte sie das Gefühl, das dieser Traum wichtig war. Sie seufzte erneut. Jede Nacht war es derselbe Traum. Jede Nacht fand sie sich schwe-bend über den Wolken und suchte sie. Jede Nacht brauchte sie – so schien es ihr – Stun-den, um sie wiederzufinden. Obwohl sie schon so oft hier gewesen war, konnte sie sich den Weg zu ihr nicht merken. Jeanne stoppte mitten im Flug. War sie gestern hier auch vorbeigeflogen? Warum konnte sie sich nicht erinnern? Sie kratzte sich ärgerlich am Kopf. Es war geradezu lä-cherlich! Sie war schon so oft hier oben gewesen und konnte sich nicht mal daran erin-nern, hier vorbeigeflogen zu sein. War das überhaupt noch normal? „Ich sollte mal eine Karte zeichnen...,“ dachte sie zerknirscht. Vielleicht wäre das keine so schlechte Idee gewesen, wenn sie nicht das Gefühl gehabt hätte, dass die Wege jede Nacht anders waren. Genau wie bei dem Spiel Das verrückte Labyrinth, das sie schon oft genug auf die Palme brachte. Sie fasste sich an ihren Gürtel, um sicherzugehen, dass ihr Schwert noch daran befes-tigt war. Trotz ihrem guten Umgang mit den verschiedensten Waffen hatte sie sich für die Schwertkunst entschieden. Dieses Schwert hatte sie von ihr bekommen. Hier oben. Über den Wolken. Im Traum! Vermutlich hätten die anderen sie ausgelacht. Wie kann man denn etwas im Traum überreicht bekommen? Aber so war es passiert. Sie hatte das Schwert im Traum überreicht bekommen und als sie am nächsten Tag aufwachte, hielt sie die Schwertscheide samt Schwert fest in der Hand. Dasselbe Schwert, das sie im Traum bekommen hatte. Und nun lernte sie nachts bei ihr die verschiedensten Techniken und den richtigen Um-gang mit dem Schwert. Wenn sie nur nicht immer so lange brauchen würde, um den richtigen Weg zu finden... Jeanne flog weiter. Irgendwie würde sie schon den Weg zu ihr finden. Zu der Person, die sie zwar nicht kannte, aber die ihr doch ein vertrautes Gefühl gab. Doch an wen erin-nerte sie sie bloß?? Plötzlich lichtete sich die Sicht vor ihr und die Wolken bildeten langsam den Umriss eines gigantischen Schlosses: Sie hatte ihren Trainingsort endlich erreicht!! Erfreut er-höhte sie ihr Tempo, als sie ihre Meisterin schon von weitem sah. Eigentlich hatte sie schon einen Meisterin, aber wer sagt denn, dass der Meisterin, den sie nur im Traum traf, auch wirklich existiert? Jeanne landete neben ihr und begrüßte sie. „Tut mir Leid, dass ich so spät dran bin, aber ich hab mich wieder verirrt...,“ entschuldigte sie sich sofort. „Schon okay, Jeanne. Du bist immerhin pünktlicher als gestern da!“, meinte ihr Meiste-rin lächelnd. „Mir kam es aber doppelt so lang vor wie gestern...,“ entgegnete Jeanne und kratzte sich am Kopf. „Das hat schon seine Gründe.“ „Hä?“ „Du wirst es noch früh genug erfahren.“ „Okay...“ „Kannst du schon die Technik der Schwalben-Klingen?“ „Leider noch nicht so gut, weil ich beim Meisterin noch was zu tun hatte...“ „Das ist nicht gut. Gar nicht gut, Jeanne. Denn diese Technik ist sehr wichtig, weil sie eine der wichtigsten Grundlagen der Phönix-Technik ist.“ „Ja, tut mir Leid...“ „Naja, dann bring ich dir eine weitere Grundlage bei: Die Schlangen-Technik. Aber auf das nächste Mal kannst du beide Techniken, klar?“ „In Ordnung.“ „Sehr gut.“ „Aber wieso ist die Schlangen-Technik bei der Phönix-Technik so wichtig?“ „Also: Bei der Phönix-Technik bündelst du hauptsächlich deine Energie in dein Schwert, um diese dann auf deinen Gegner zu schleudern. Doch dabei kann das Schwert sehr leicht aus deiner Hand geschlagen werden, weil dir das Schwert wegen deiner Konzentra-tion, die Energie zu bündeln, sehr schwer vorkommt und dein Tempo sich drastisch ver-ringert. Die Schlangen-Technik dient dazu, deine Geschwindigkeit und Reaktion zu trai-nieren.“ „Mit anderen Worten: Je schneller ich das Schwert bewegen kann, desto wirkungsvoller ist die Schlangen-Technik?“ „Genau!“ „Das ist ja praktisch! Denn so kann ich diese Technik auch dazu nutzen, den Gegner zu verwirren, oder?“ „Richtig.“ „Aber wird das nicht noch schwieriger, meine Energie auf etwas zu bündeln, dass sich so schnell hin- und herbewegt wie eine Schlange? Außerdem wird diese Technik die meis-ten Krieger nur vorerst überraschen, denke ich, denn sie sind bestimmt nicht so langsam, oder?“ „Du denkst weit voraus, Jeanne! Kluges Mädchen. Die beiden Antworten auf deine Fra-gen wirst du demnächst erfahren!“ „In Ordnung.“ „Gut, dann zeige ich dir erstmal, wie die Schlangen-Technik ungefähr aussieht!“ Ehe Jeanne sich versah, hielt ihr Meisterin schon ein Schwert in der Hand. Aber das überraschte sie nicht sonderlich. Immerhin war es schon merkwürdig genug, im Traum Unterricht zu bekommen... „Jetzt pass genau auf!“ Es ging blitzschnell und Jeanne konnte nicht mal reagieren. Ihre Meisterin bewegte ihr Schwert blitzschnell hin und her und das Schwert war mal in der linken, mal in der rech-ten Hand, mal auf der linken, mal auf der rechten Schulter. Trotz ihrer Konzentration kam Jeanne mit dem Tempo nicht mit. Nach einer Weile hörte ihre Meisterin auf. „Und, alles verstanden?“, fragte sie grinsend. „Äh, nicht wirklich. Es ging viel zu schnell für mich.“ „Das hat seine Richtigkeit. Aber beim zweiten Mal gewöhnt man sich dran. Soll ich es nochmal vorführen?“ „Wäre nicht schlecht!“ „In Ordnung.“ Jeannes Meisterin wiederholte die Technik noch einige Male, bis diese es dann zum größten Teil verstand. „Gut, dann übst du es so, wie du es verstanden hast, und führst sie mir nächstes Mal vor. Wenn du Fehler machst, korrigiere ich dich dann.“ „Wach ich wieder auf?“, fragte Jeanne überrascht. Ihre Meisterin grinste. „Nicht ganz; du wirst in 20 Sekunden von deiner Freundin ge-weckt...“ Das stimmte. Plötzlich löste sich das Schloss auf und Jeanne wurde zurückgezogen. Dann verschwand alles vor ihren Augen. Sie stürzte und fiel – direkt in die Tiefen der Dunkelheit. Ihr wurde schwarz vor den Augen... Irgendjemand rüttelte grob an ihr. „Jeanne, wach auf!“ „Hm...?“ „Jeanne! Mach deine Augen endlich auf! Wir müssen heute das Frühstück vorbereiten, schon vergessen?“ Jeanne grummelte etwas Unverständliches und drehte ihrer Freundin den Rücken zu. „Jeanne! Mir reicht’s! Wenn du nicht innerhalb von 10 Sekunden aufstehst, hole ich einen Eimer eiskaltes Wasser aus den Brunnen und kipp es über dich! Dann darfst du das Frühstück vorbereiten, ohne dich vorher abzutrocknen!“, drohte ihre Freundin. Jeanne regte sich nicht. „Ich zähle bis zehn! Wenn du dann nicht aufstehst...“ Jeanne vergrub ihren Kopf unter ihrem Kopfkissen. „Eins...zwei...drei...vier...fünf...sechs...sieben...acht...neun...“ Jeanne schlug die Decke über ihren Kopf. „9 ¼...9 ½...9 ¾...Zehn! Das reicht, Jeanne! Ich hab dir genug Zeit gegeb-“ Weiter kam ihre Freundin nicht, weil ihr ein Kopfkissen mitten ins Gesicht flog. „Musst du morgens immer so laut sein, Navena?“, fragte Jeanne und raufte sich müde ihre langen, rotbraunen Haare, auf die sie besonders stolz war. Sie schaute ihre Freundin mit ihren rubinroten Augen verschlafen an. „Ha, ha! Wie witzig! Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich ganz bestimmt nicht geweckt, Jeanne!“, rief Navena und schmiss das Kissen wieder zurück. Ihre hellgrünen Haare mit dunkelgrünen Strähnchen hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebun-den. Sie trug ein grünes, ärmelloses Oberteil mit einer dunkelbraunen Hose. Ihre sma-ragdgrünen Augen schauten Jeanne streng an. „Und jetzt beeil dich, wir sind schon ziem-lich spät dran!“, ermahnte sie ihre Freundin nochmals. „Achja? Wir sind nämlich genau richtig! Du hast mich bestimmt wieder einmal 10 Minu-ten früher als sonst geweckt, oder?“, bohrte Jeanne weiter und spielte mit einer Haar-strähne, die sie sich um den Finger wickelte. „Nein, hab ich nicht! Und jetzt beeil dich!“ „Navena!“ „Das ist die Wahrheit!!“, versicherte ihre Freundin. „Naja, dann macht es ja nichts, wenn ich noch 1, 2 Minuten schlafe...“, meinte Jeanne und legte sich wieder hin. Das half immer, damit Navena endlich mit der Wahrheit her-ausrückte – auch dieses Mal wieder. Diese gab sich geschlagen. „Okay, okay, du hast gewonnen! Wir sind genau richtig! Aber jetzt beeil dich bitte!“ „Dann geh du zuerst ins Bad. Ich zieh mich erst um, “ schlug Jeanne vor und stand auf. „Okay.“ Jeanne stand seufzend auf und ließ ihren Blick durch ihren Schrank wandern. Neben ihren Klamotten und Kampfanzügen standen da noch Bücher über Kampfkunst und Magie. Doch in der hintersten Ecke ihres Schrankes hatte sie ihr Schwert versteckt. Nur sie und Navena wussten davon. Ein Blick auf die Wanduhr riss sie wieder in die Wirklichkeit zurück. Schnell suchte sie sich was zum Anziehen aus und zog sich um. Gerade rechtzeitig, denn 2 Sekunden später kam Navena wieder zurück ins Zimmer. „Das Bad ist frei.“ „Okay. Dann geh du schonmal runter. Falls noch Zutaten fehlen, kannst du sie schon mal kaufen gehen, während ich dann mit dem Frühstück anfange, nachdem ich mich ge-waschen hab, “ schlug Jeanne vor. Sie trug ein dunkelrotes, ärmelloses Oberteil mit ho-hem Halskragen und dazu eine schwarze Hose. „Hatte ich sowieso vor“, meinte Navena und schritt aus dem Zimmer. Jeanne richtete noch ihr Bett zurecht, bevor sie anschließend ins Bad ging. Nach dem Waschen ging sie dann runter in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten. Käse-Omelett. Wie jeden Morgen. Sie fragte sich, wann sich ihre Meisterin daran sattes-sen würde, denn sie hatte schon nach drei Tagen genug davon gehabt. Den anderen ging es nicht anders. Am Anfang hatten sie alle gehofft, dass der Meisterin zwei, drei Tage später mal etwas anderes zum Frühstück wollte, aber inzwischen hatten sie die Hoffnung schon längst aufgegeben. Jeanne schnürte sich ihre rotbraunen Haare mit einem Band zu einem Zopf zusammen, während sie nachdachte. Wie viele Leute waren eigentlich noch da, abgesehen von denen, die nicht da sind, weil sie was zu erledigen hatten. „Also, Navena...ich...Saya...Yuki...Shadow...und Meisterin Hikari natürlich! Also 6 Por-tionen. Haben die anderen ein Glück, dass sie nicht da sind! Denn die müssen jeden Mor-gen bestimmt nicht immer dasselbe essen..., “ murmelte Jeanne vor sich hin und machte sich auf den Weg in den Keller, um die benötigten Zutaten zu holen. Sie hasste es, dort hinunterzugehen. Die Kälte lähmte ihre Sinne und schwächte au-ßerdem einen Teil ihrer Kräfte. Yuki hatte dieses Problem nicht. Im Gegenteil: Die Kälte verstärkte seine Fähigkeiten. Jeanne beeilte sich, alles Nötige schnell zusammenzusu-chen und schleunigst wieder den Keller zu verlassen, bevor sie dann sogar noch vergaß, was sie hier unten machte und später dann nochmal runterkommen musste. Zum Glück lag zum Teil alles griffbereit. Jeanne dankte ihrer Freundin im Stillen, denn diese wusste, dass die Kälte ihre Schwäche war. Kaum hatte sie den Keller verlassen, hörte sie plötzlich jemanden schreien. „Du doofe Katzendämonin!! Gib mir gefälligst meine Sachen zurück!!“ Jeanne starrte aus dem Fenster, wo zwei Sekunden später eine Gestalt vorbeisprang. Dicht gefolgt von Navena, die diese Gestalt wütend verfolgte. Schnell stellte sie die Sa-chen auf den Küchentisch ab und rannte hinaus, um nachzusehen, was geschehen war. „Navena?! Was ist denn passiert??“, fragte Jeanne erstaunt, als sie ihre Freundin end-lich eingeholt hatte. „Diese Diebin hat mir meinen Bogen geklaut! Mit dem Köcher, wo ich meine neuen Pfeile drin hatte!“, regte sich Navena auf. „Was nimmst du zum Einkaufen auch deine Waffen mit?“ „Ich hab meinen Bogen zur Reparatur abgegeben und gleichzeitig neu anstreichen las-sen, weil die alte Farbe schon zum größten Teil abgeblättert war. Und kaum bin ich wei-ter, wurde ich bestohlen!“, erzählte Navena entrüstet. „Dann schnell hinterher!!“, meinte Jeanne seufzend und rannte der Diebin hinterher. Navena folgte ihr. „Bist du dir sicher, dass es eine Katzendämonin war?“, fragte Jeanne nach einer Weile. „Ja, aber nicht irgendeine! Die wird schon seit Monaten gesucht, weil sie schon einige Leute beklaut hat, “ erklärte ihre Freundin. „Na, toll!“, entfuhr es Jeanne. „Hä?“ „Katzendämonen sind sehr schnell! Es wird eine Weile dauern, bis wir sie dann erwischt haben!“ „Oh, nein! Das heißt, bis dahin sind die anderen wach und wir haben das Frühstück noch nicht fertig!“, fiel Navena ein. „Ganz genau!“ „Oh, oh! Hikari wird toben vor Wut...“ „Jetzt spar dir die Puste und renn!“ „Wer redet hier denn?“, regte Navena sich auf. Jeanne setzte ihre Unschuldsmiene auf. „Ähm, du?“ Navena blieb stehen. „Ha, ha! Und du nicht, oder was?“ Jeanne stoppte ebenfalls mit-ten im Rennen. „Ich hab nicht gesagt, dass ich nicht rede!“ „Aber gedacht!“ „Musst du mir immer widersprechen?“, fragte Jeanne. „Musst du immer das letzte Wort haben?“, entgegnete Navena. Nun war es Jeanne, die sich aufregte. „Waaas?! Wer hat hier das letzte Wort?“ „Ähm, du?“, fragte Navena und setzte ebenfalls ihre Unschuldsmiene auf. „Ha, ha! Das sagt gerade die Richtige!“, meinte Jeanne spöttisch. „Das ist mein Spruch!“, beschwerte sich Navena. „Pech!“ „Wenn ihr dann fertig seid, sagt mir Bescheid, ne?“, ertönte es über ihnen. Jeanne und Navena hörten sofort mit ihrem Streit auf und schauten nach oben. Da saß die Katzendämonin und begutachtete gerade den Bogen, den sie gerade von Navena ge-klaut hatte. Die langen, blauweißen Haare gaben einen guten Kontrast zu ihren schwar-zen Klamotten. Ihre bernsteinfarbenen Augen schauten die beiden Streithähne halb inte-ressiert, halb belustigt zu. „Hey! Du Diebin! Wer bist du eigentlich?“, rief Navena wütend. „Ich? Die Katzendämonin, die seit Monaten gesucht wird, “ entgegnete diese gelang-weilt. „Du...“ „Was denn? Das ist die Wahrheit!“ „Sie wollte eigentlich wissen, wie dein Name lautet!“, mischte sich Jeanne ein. Navena wollte sich beschweren, doch Jeanne unterbrach sie flüsternd. „Überlass sie mir.“ „Namen hab ich viele. Und alle könnt ihr euch eh nicht merken. Manche nennen mich so und andere so.“ „Und wie wirst du von den meisten genannt?“ „Tsuyu. Tsuyu, die Katzendämonin.“ „Gut, also Tsuyu! Wieso hast du Navenas Waffen geklaut?“, fragte Jeanne. „Das ist ganz einfach. Ich sammle alle Sachen, die glitzern,“ erklärte Tsuyu und schwenkte dabei lässig mit dem Bogen, welches wegen der neuen Farbe in der Sonne glänzte, „so zum Beispiel auch das Taschenmesser, das du bei dir trägst!“, fügte sie hin-zu und sprang vom Baum, um Jeanne das Taschenmesser zu entreißen. Doch diese wich mit Leichtigkeit aus. Tsuyu knurrte wütend. „Ich mach dir einen Vorschlag: Ich gebe dir mein Taschenmesser und du gibst Navena dafür ihre Waffen zurück, “ schlug Jeanne vor. Tsuyu lachte spöttisch. „Ich tausche nicht. Wenn ich etwas will, dann bekomme ich es und gebe es auch nicht mehr zurück!“ „Tut mir leid, dass ich damit nicht einverstanden bin!“, meinte Jeanne und wich der weiteren Attacke von Tsuyu aus. Diese knurrte wütend. „Gib mir das Taschenmesser!!“, rief sie drohend. „Wenn Navena ihre Waffen zurückkriegt.“ „Niemals!!“ „Tja, dann sag ich nur: Selber Schuld!“ Tsuyu verlor allmählich die Geduld. Wütend riss sie ihr Schwert aus der Schwertscheide. „Ich frage dich noch ein letztes Mal: Gibst du mir dein Taschenmesser?“, fragte sie zornig und richtete ihr Schwert auf Jeanne. Jeanne tat so, als ob sie überlegen muss. „Hey, Navena!“, flüsterte sie ihrer Freundin zu, wobei sie ihre Lippen kaum bewegte. „Deine Waffen müssten auf dem Baum liegen! Ich kämpf gegen Tsuyu und lenk sie ab, während du dir deine Waffen wieder zurückholst, okay?“ „In Ordnung!“, flüsterte diese zurück. „Und? Wie sieht es aus?“, fragte Tsuyu nochmal. „Nein, mein Taschenmesser ist mir viel zu wertvoll, um es dir einfach so zu überlas-sen!“ „Gut, dann eben auf die harte Tour!!“ Tsuyu setzte zum Sprung an und griff Jeanne mit dem Schwert an. Diese konnte den Hieb zwar noch abwehren, merkte aber zugleich, dass Tsuyu keine leichte Gegnerin war. Unterdessen schlich sich Navena zu dem Baum, auf dem Tsuyu vorhin saß, heran. Und tatsächlich: Da lagen Köcher und Bogen, heil und unversehrt. Schnell schaute sie nach, ob auch kein Pfeil fehlte, bevor sie sich den Köcher um die Schulter warf. Dann blickte sie wieder hinüber zu Jeanne und stellte fest, dass Tsuyu langsam, aber sicher die Oberhand gewann. Ohne zu überlegen schoss sie einen Pfeil ab, der haarscharf an Tsuyus Gesicht vorübersauste. „Was...?“ „Gib lieber auf, Katzendämonin! Wir sind beide bewaffnet und du hast nur deine stumpfen Krallen! Du hast keine Chance!!“, rief Navena und spannte einen zweiten Pfeil, den sie auf Tsuyu richtete. „Pah, sei dir da nicht so sicher, Druidin!“, meinte Tsuyu nur. „Wie meinst du das?“ „Ach, verdammt! Navena! Sieh zu, dass du dich in Sicherheit bringst! Außerdem hat sie noch ein Schwert, wenn du blind bist!“, rief Jeanne wütend dazwischen und griff Tsuyu an. Diese sprang geschickt zur Seite und wehrte den Angriff so ab, dass Jeanne selbst verletzt wurde. „Na, was ist? Ich wusste gar nicht, dass die Schüler von Hikari so schwach sind!“, meinte Tsuyu spöttisch und machte sich für den nächsten Angriff bereit. Jeanne lächelte kühn. „Ich glaube, da hab ich dich gewaltig unterschätzt, Tsuyu!“, meinte sie keuchend und blickte sich zu Navena um. „Bist du taub? Du sollst zusehen, dass du dich in Sicherheit bringst!“, flüsterte sie ärgerlich. „Kommt nicht in Frage!“, kam es von Navena zurück. „Sturrkopf...“ „Wie bitte?“ „Ähm, hallo? Seid ihr bald fertig? Ich hab heute nämlich noch Einiges zu tun, statt hier zuzuschauen, wie ihr euch streitet! Inzwischen hätte ich bestimmt schon ganz viele Sa-chen erbeutet, “ rief Tsuyu dazwischen. Keine Antwort. Jeanne und Navena stritten sich weiter, als ob es gerade nichts Wichtigeres gab. Tsuyu schaute noch eine Weile verdutzt drein, zuckte dann aber nur mit den Schultern und sprang davon. Die beiden Streithähne hatten natürlich nicht mitbekommen, dass Tsuyu schon längst über alle Berge war, und stritten sich immer noch. „Navena! Jetzt hau schon ab! Tsuyu ist- Wo ist sie eigentlich?“ „Hä?“ Erst jetzt bemerkten die beiden, dass Tsuyu spurlos verschwunden war. „Öh, und was jetzt?“, fragte Jeanne ihre Freundin und schaute recht verdattert rein. „Ähm, schnell zurück und das Frühstück vorbereiten?“, schlug Navena mit einem schie-fen Lächeln vor. „Na endlich! Da seid ihr ja!“, rief Ritchie erleichtert, als sie Jeanne und Navena schon von Weitem sah. Wie immer trug sie ihren Kimono und hatte ihre silberweißen Haare – abgesehen von einigen langen Strähnen – zusammengesteckt, was ihr ein nobles Ausse-hen verlieh. „Hallo Ritchie! Du bist aber schnell von deiner Erkundung zurück, “ begrüßte Navena ihre Freundin. „Ja, es ging schneller, als ich es gedacht habe! Und ich konnte alles besorgen, was Hi-kari wollte, “ entgegnete diese lachend. „Und Hanako ist auch zurück?“, fragte Jeanne. „Ja, “ antwortete Ritchie. „Oh, nein! Jetzt ist es aus mit der Ruhe...“, stöhnte Navena auf. „Wisst ihr eigentlich, dass wir uns zu Tode gesorgt haben?“, mischte Saya sich ins Ge-spräch ein. Ihre langen, leicht gewellten schwarzen Haare hatte sie – genau wie Navena – zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Seit dem Tod ihrer Eltern trug sie dunk-le, bevorzugt schwarze Sachen; als Zeichen der Trauer. Doch im Laufe der Zeit hatte sie sich auch daran gewöhnt und sah schwarz als ihre Lieblingsfarbe an. „Saya, dir traue ich das auch total zu!“, meinte Jeanne spöttisch und knuffte dieser freundschaftlich in die Seite. „Das war ironisch gemeint!“ „Ebenfalls.“ „Jeanne!! Navena!! Hab ich euch vermisst!!“, ertönte eine Stimme hinter ihnen und Navena wurde zu Boden gerissen. „Wie gesagt, jetzt ist es vorbei mit der Ruhe...,“ meinte Navena nur. „Äh, hi Hanako! Auch schon zurück?“, fragte Jeanne. „Natürlich! Aber wo wart ihr denn? Wir haben uns halb zu Tode gesorgt! Wir wollten schon Hikari aufwecken, um euch zu suchen!“, erzählte Hanako. Ihre blonden Haare wa-ren mit Spangen und Klammern zusammengesteckt und mit Blumen geschmückt worden. „Also wirklich, Hanako! Übertreiben darf man schon, aber du übertreibst ja maßlos!“, mischte sich Nela nun ebenfalls in das Gespräch ein. Ihre kurzen braunen Haare hatte sie gerade noch zu einem Pferdeschwanz binden können, was sie allerdings äußerst selten macht, weil Saya den Zopf immer als „Pinsel“ bezeichnete. Sie trug ein ganz normales T-Shirt mit einer langen schwarzen Hose. „Wir erzählen euch alles, wenn wir das Frühstück fertig haben, “ versprach Jeanne. „Dann könnt ihr es auch jetzt! Saya und Nela haben’s nämlich schon fertig!“, meinte Ritchie. „Echt? Vielen Dank, ihr beiden!“ „Gern geschehen.“ „Also? Was ist passiert? Ich platz schon vor Neugier!“, rief Hanako dazwischen. Und so erzählten Jeanne und Navena ihren Freundinnen alles, was passiert ist. „Das heißt, ihr seid dieser Diebin begegnet und habt gegen sie gekämpft?“, fragte Saya. „Ne, Jeanne hat gegen sie gekämpft. Ich hab sie dann nur fast mit einem Pfeil getrof-fen, “ verbesserte Navena. „Oje, das ist gar nicht gut...“, seufzte Nela besorgt. „Wieso?“, fragte Jeanne stirnrunzelnd. „Katzendämonen können sehr nachtragend sein! Und diese Tsuyu soll schon mehrere Clane ausgerottet haben!“, erzählte Ritchie. „Und woher weißt du das?“, fragte Navena. „Hanako und ich wurden geschickt, um herauszufinden, warum in letzter Zeit so viele Clane ausgelöscht worden sind, “ begann Ritchie. „...und?“, fragte Navena. „Es soll eine Katzendämonin gewesen sein, und zwar eine sehr geschickte noch dazu. Sie hat die Clane immer mitten in der Nacht angegriffen und die Kirits überrascht. Da-durch waren sie im Nachteil und diese konnte ihnen ihre heiligen Waffen entreißen und die Clane so auslöschen, “ erzählte Hanako. „So nebenbei: Kirits sind Menschen, in denen zur Hälfte das Blut eines Tieres fließt, sodass sie von klein auf auch schon besondere Fähigkeiten haben. Ein Wolfskirit hat zum Beispiel einen viel ausgeprägteren Geruchssinn, “ erklärte Nela. „Aha. Und ihr meint, dass es Tsuyu gewesen ist?“, meinte Jeanne nachdenklich. Keine Feststellung. Eine Frage. Ein Wunsch, weil sie nicht hoffte, dass Tsuyu diese Kiritjägerin ist. „Nun, es könnte schon so sein, oder?“ „Ja, schon, aber dafür gibt es noch keine Beweise! Sie hat viele Menschen im Dorf be-raubt, klar. Aber hat sie auch nur irgendjemanden geschadet?“, entfuhr es Navena. Jeanne stimmte ihrer Freundin zu. „Navena hat vollkommen Recht! Moment! Ich weiß, was ihr sagen wollt. Mich hat sie angegriffen. Aber dieser Sprung hätte keinen Menschen umgebracht! Außerdem wusste sie, dass Navena und ich Kampfsport können, sonst hätte sie nicht gekämpft!“ „Jeanne, Navena! Ihr seid viel zu gutmütig, wisst ihr das?“ „Wir sind nicht zu gutmütig! Wir wollen nur nicht Leute zu irgendetwas beschuldigen, nur weil sie leicht in Verdacht kommen!“ „Was ist das für ein Radau so früh am Morgen?“, ertönte plötzlich eine strenge Stimme hinter ihnen. „Meisterin!!“, rief Saya erschrocken und verbeugte sich schnell. Die anderen taten es ihr gleich. „Also, wirklich! Habt ihr wirklich nichts Besseres zu tun, als euch früh am Morgen zu streiten?“, fragte Hikari. Der Wind spielte durch ihre goldblonden, gelockten Haare und sie trug noch immer ihren Morgenmantel. „Also, was ist? Yuki und Shadow warten schon am Tisch auf euch! Jetzt beeilt euch, damit wir endlich frühstücken können – Käse-Omeletts!“, fügte sie noch grinsend hinzu. Die anderen stöhnten leise auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)