Fragmente von TalonOne (Kurzstory-Sammlung) ================================================================================ Kapitel 9: Solitude ------------------- In einem tiefschwarzen Gewölbe aus grobem Stein steht eine mächtige Gestalt in undurchlässigen Roben. Ein schmaler Sonnenstrahl schneidet wie eine Klinge aus Licht von einer Öffnung an der Decke durch einen klaren Kristall im Boden durch den Raum, in der staubfreien Luft unsichtbar für das menschliche Auge. Doch der breitschulterige Mann ist schon lange nicht mehr ganz menschlich. Sein Körper ist durch Operationen verändert, sein Genom zu großen Teilen umgeschrieben, alles um ihn für den Krieg zu stählen. Eine biologische Waffe. Der tödlichste Krieger, den die Menschheit erschaffen kann. Hochintelligent, stark, schnell, beinahe unverwüstlich. Er hat zwei Herzen, die einen Kreislauf antreiben, der fast alle Gifte unwirksam machen und Wunden in Sekunden verschließen kann. Um seine Knochen zu brechen braucht es eine enorme Kraft. Seine Haut ist so stabil, dass Klingen an ihr abgleiten können und offenes Feuer sie nicht verbrennt. Und dennoch... Er streift den schwarzen Stoff von seinem Arm und entblößt die weiße Haut darunter. Der schwache Lichtstrahl streift die Porzellanhaut. Und dennoch... Die Apothecarii hatten es ihm in allen Details erklärt. Ein Teil seiner neuen Gene hatte sich verzerrt, ein Fluch, der unter so jungen Brüdern eigentlich nie vorkam. Ein Fluch, der seinen ultimativen Körper völlig ungeschützt vor Sonnenlicht zurückgelassen hatte. Die Haut verfärbt sich tiefrot als der Lichtstrahl sie streichelt. Uralte Instinkte schalten sich ein und drängen ihn, seine Hand aus dem sengenden Licht zu ziehen. Er hält eisern still. Und dennoch hatte der Fluch etwas Gutes bewirkt: Demut hatte er lange nur als Wort gekannt. Seine gesamte Kindheit und Ausbildung über war er von seiner Überlegenheit überzeugt gewesen, hatte sogar die Meister seines Ordens in Frage gestellt. Dass er von den sanftesten Lichtstrahlen einer Sonne verbrannt und höllisch entstellt werden konnte hatte ihm schnell seine Überlegenheit zerstört. Wie Rauch steigen Hautschuppen auf, abgestoßen von angezüchteten Schutzmechanismen. Genetisch veränderte Talgdrüsen sondern automatisch eine Schutzmembran ab um gegen die Sonnenstrahlen zu schützen als wären sie ein Feuerstrahl. Die klare Flüssigkeit ist völlig wirkungslos. Und dennoch konnte ein Teil von ihm die Schwäche nicht akzeptieren. Konnte sich nicht damit zufrieden geben, dass banales Sonnenlicht ihn besiegen konnte. Er führte eine Vendetta. Sein Wille gegen seinen eigenen Körper, und eines Tages würde er triumphieren. Der stählerne Wille, der seine Schlachtgebete befeuerte. Der seine geliebten Brüder in Form von bloßen Worten zu noch größeren Leistungen beflügeln konnte als sie als Astartes ohnehin vermochten. Aber nicht heute. Der Berg von einem Mann zieht den Arm zurück, dessen Haut dunkelrot pulsiert. Seine Gesichtszüge sind entschlossen versteinert, doch seine Augen glänzen vor Schmerz und Zorn. Zorn über ihn selbst. Zorn über seinen so mächtigen Körper. Zorn über seinen so schwachen Geist. Zorn, den Ordenspriester Tyrael schon bald wieder seine Brüder hören und die Feinde der Menschheit spüren lassen wird. Denn in der Schwärze seiner Einsamkeit sind die Flammen des Krieges das Einzige, das die Seele des mächtigen Champions der Menschheit zu erwärmen vermag. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)