Point Zero von Nachtwandler (Das Leben geht weiter. Aber einer fehlt.) ================================================================================ searching just another victim ----------------------------- Für Kao, Kao, Kat, hi-chaan, Uma_uma, Yo-mi und alle (noch ?) unbekannten Leser. Danke, dass ihr meine FF lest. Und mir tw. sogar Kommentare schreibt. :] _________________________________________________________________________________ Schon etwa eine Woche später sollte ich es bereuen, dass ich meinen beiden Ex-Bandkollegen dieses Versprechen gegeben hatte. Denn solange dauerte es, bis ich eine Spur von Kyo fand. Dazu redete ich mit dem Manager („Nein, ich habe nach wie vor NICHT die Absicht, bei einer Abschiedstour zu spielen!“), einigen Freunden und Freundinnen von Kyo („Wer? Natürlich Kyo. K - Y – O. Ja, unser stummer Sänger. Hast du eine Ahnung wo er sein könnte?“), den Inhabern von verschiedenen Clubs, in denen er früher verkehrt war („Nein, ich habe ihn auch nicht wieder gesehen.“), bis ich schließlich bei jemandem fand, der wusste, wo wir alle waren. Jemand, der uns nach jahrelanger Verfolgung nicht aufgegeben hatte. Doch auch er staunte nicht schlecht, als ich plötzlich in der Milchglastür seines Büros stand. „Mon Dieu! Kaoru-sama!“, rief er, ein schmaler junger Milchbart mit dunkler Intellektuellenbrille und grünen Strähnchen im pechschwarzen Haar - und unser seit Jahren mit Hingabe verachteter Paparazzo - und sprang förmlich aus seinem Bürostuhl auf. Er wollte mir die Hand reichen, aber ich hatte sie bereits demonstrativ vor dem Körper verschränkt, sodass er sie nun doch wieder recht unmotiviert sinken lassen musste. Ich erwiderte seinen Gruß nicht und starrte nur ausdruckslos auf ihn nieder – er war zwar nur einen halben Kopf kleiner, aber der Blick erzielte Wirkung, er schluckte und beschloss, das Schleimen – vorläufig - teilweise einzustellen. „Äh ... häm, welche Ehre. Was führt Sie zu mir?“ „Ich brauche Informationen. Wann hast du die letzten Bilder von uns gemacht?“ „Eh - mal sehen ...“, er verkroch sich gemächlich hinter seinen PC und klickte sich durch irgendwelche Archive von denen ich gar nichts wissen wollte, murmelte dabei Daten und Namen von Zeitschriften vor sich hin – ehe er mit einem Mal triumphierend aufsah: „Vor zwei Monaten. Allerdings ... nicht von eurem Sänger.“ Ich war kurz davor, die ersten Ansätze von Frustration zu zeigen – also war meine Suche hier zu Ende. Wenn nicht einmal dieses Schlitzohr wusste, wo Kyo war ... ich würde gewiss keinen Privatdetektiv engagieren. Das sollten dann bitte die anderen übernehmen. Aber – irgendwie wurmte es mich, dass ich dann die Hilfe von jemand anderem brauchen würde, der wahrscheinlich mit Leichtigkeit zu Wege bringen würde, was ich durch eine Woche Recherche, Telefonate, Gerenne nicht zustande gebracht hatte. Es konnte doch nicht so schwer sein in Kyoto einen berühmten, aber leider verstummten Sänger namens Kyo zu finden! Ich verzog das Gesicht und wartete auf eine neugierige Frage meines überaus neugierigen Gegenübers, aber diese kam nicht, vielmehr fuhr er, die Augen starr zum Bildschirm gewandt, fort: „Ih...ja – aber vor etwa zweieinhalb Monaten habe ich ein Bild von Kyo -“ „Du hast doch die Adressen unserer Privatwohnungen?“, im nächsten Moment bereute ich es so viel Spannung in meine Stimme gelegt zu haben. Am Ende witterte dieser Mensch noch ein Geschäft! Doch zu spät - er sah auf, argwöhnisch fragte er: „Wieso wollen Sie das wissen?“ „Auch die Adresse von Kyo?“ Irritiert zog er die Augenbrauen hoch, griff aber stumm zu einem Karteikasten und blätterte darin. Er entnahm eine Karte, hielt aber – wie befürchtet – inne: „Und was bekomme ich dafür?“, grinsend wedelte er damit. Vor meiner Nase. „Was willst du denn?“ „Einen Ersatz für die Kamera, die einer von euren liebenswerten Bodyguards mir vor einem Konzert zertrümmert hat ... und, ähm, einen kleinen Bonus.“ Ich erinnerte mich dunkel an einen unschönen Zwischenfall, bei dem ein seltsamer Irrer – das war er gewesen? - versucht hatte, sich mit der Kamera in die Künstlergarderobe zu schleichen. „Also gut.“, ich seufzte. Also doch teurer, als ich gedacht hatte. Wenn nicht ... Ich konnte dem widerlichen, weil selbstgefälligen Grinsen nicht ab, mit dem er mir die Adresse aufschrieb. Ich war fast sicher, dass es noch am Papier kleben würde, wenn ich das Büro bereits verlassen hatte. Und jetzt fing der Kerl auch noch an alte Geschichten aufzuwärmen, während er sich über den Zettel beugte. „Jaaahhh ... das war keine schöne Geschichte, und dabei wollte ich den Film doch mit Bildern von euch einweihen -“ „Sie fotografieren noch auf die altmodische Weise?“ „Zum Teil, aber in letzter Zeit nicht mehr so viel. Die meisten Magazine wollen es digital und ich will nicht Abende lang scannen. Außerdem -“, er war mit dem Schreiben fertig und unaufmerksam genug, den Zettel beim Reden nicht zu beachten. „-wird das Filmmaterial langsam teurer, also wenn Sie wirklich gute-“ „Danke!“, ich schnappte mir geistesgegenwärtig den Zettel und ließ ihn ihn verdattert hinter seinem Schreibtisch stehen, vor Schock und Überraschung sprachlos. Als ich die Tür öffnete, drehte ich mich noch einmal um und knurrte: „Schreib's mit der Kamera auf eine Rechnung und schick es unserem Manager.“ Das erweckte ihn aus seiner Starre. „HE! Das war aber nicht -“ Ich weiß, das war nicht nett, dachte ich mies grinsend. Alle weiteren Einwände gingen rettungslos hinter einer von mir hastig zugeknallten Tür unter, doch ehe er mir folgen oder sein lautstarkes Protestgeschrei weiter aufbürden konnte, war ich bereits im Treppenhaus. Das Jagdfieber hatte mich gepackt, ich wollte wissen, ob die Information richtig war und dieses lästige Treffen mit unserem Sänger hinter mich bringen, nur um Shinya und Toshiya wahrscheinlich mitteilen zu können, dass sie sich umsonst Sorgen gemacht hatten. Ein anderer Stadtteil von Kyoto. Ein anderes Treppenhaus. Vorhang auf für die nächste dramatische Szene. Ich bedauerte nur, dass der Redeanteil auf meiner Seite, nachdem ich geklingelt und der emsig summenden Sprechanlage meinen Namen genannt hatte, so groß war. „Kyo? Ich bin's.“, ich klopfte. „Machst du auf?“ Anscheinend nicht. Hinter der Tür war ein leises Tappen zu hören, wie als wenn jemand dahinter stand, auf den Zehenspitzen und versuchte ganz leise zu sein. Und dieser jemand schien zu überlegen, ob er die Tür nun aufmachen sollte – oder nicht, denn er hatte zweifelsohne meine Stimme erkannt. Ich jedenfalls würde nicht gehen, bevor ich ihn gesehen hatte oder in der Wohnung gewesen wäre – damit ich die anderen damit beruhigen konnte. Ich hoffte, dass ich das konnte. „Kyo? Ich bin' s Kaoru. Die anderen machen sich Sorgen und ... ähmm, ne, also die anderen und ich“, das war zwar nun zur Hälfte gelogen, aber vielleicht half es „wir machen uns Sorgen um dich und ... ich wollte ...“, gezwungenermaßen, „mal nach dir sehen.“ Keine Reaktion. Ich legte vorsichtig mein Ohr gegen das Türblatt und vermeinte dahinter leises Atmen von jemanden, der vorgeben wollte nicht da zu sein, aber den fatalen Fehler gemacht hatte, an der Sprechanlage zu hören, wer draußen war. „Kyo? Da ist ein Paket für dich.“ Immer noch nichts. Langsam wurde ich ärgerlich. Ich hattest es jetzt auf die normale, auf die sentimentale und auf die schiefe Tour versucht und es hatte zu keinen Erfolg geführt. Ich war nicht zu meinem Vergnügen durch halb Kyoto gefahren – mit der hoffnungslos überfüllten Straßenbahn, gehetzt von einer Horde ausländischer Visu's – und zu allem Ärger, begann ich mir jetzt auch noch selber Sorgen zu machen und das machte mich extrem ärgerlich, ich fing ja an, fast so emotional zu werden wie Shinya ... dagegen musste etwas unternommen werden! Und zwar auf der Stelle! „Mach verdammt noch mal die Tür auf, ich weiß, dass du da bist!“ ,brüllenderweise vergaß ich den letzten Rest Höflichkeit, trat mit voller Wucht gegen das darauf hin erbebende untere Türblatt und konnte regelrecht sehen, wie Kyo dahinter überrascht keuchend einen Satz nach hinten machte. Und tatsächlich, ein dumpfes 'Klong!' zeigte mir, dass er immer noch dort gestanden haben musste. Doch wieder keine Reaktion. Verdammt, was war nur mit Kyo los? Am Ende ging es ihm wirklich nicht gut. Oder ich war an der falschen Adresse. Aber das war ich bereit zu riskieren. Oder Gangster hatten ihn überfallen und hielten ihn gefangen. Ich hatte eigentlich keine Lust auf ein mehr oder weniger unrühmliches Ende durch die Kugel eines Killers durch eine geschlossene Tür hindurch. Ach, wie auch immer. Letzter Versuch. „Wenn du die Tür jetzt nicht aufmachst, dann ... dann ... trete ich sie ein! Ich zähle bis Drei!“ Ich hatte das schon öfter in amerikanischen Actionserien gesehen und obwohl ich mir keine Illusionen darüber machte, dass eher meine Schulter als die Tür nachgeben würde, trat ich ein paar Schritte zurück, um genügend Anlauf zu haben. „Eins ...“ „Zwei ...“ „Drei!“ Doch gerade, als ich die Augen zusammenkniff und losstürmen wollte, registrierte ich ein schüchternes Klicken und das Geräusch einer sich öffnenden Tür. Und da stand Kyo. Gewöhnlich bin ich ja nicht schnell entsetzt - aber bei seinem Anblick zog ich doch scharf die Luft ein. Und sagte sanfter und mit weicherer Stimme, als ich ihn eigentlich hatte begrüßen wollen: „Dir geht’s wirklich nicht gut, was?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)