C´mon, I´ll put a smile on ya face von Sarah_von_Krolock (So: Why so serious?) ================================================================================ Kapitel 4: IV. What a Clown --------------------------- Er schwieg beharrlich. Saß nur da und starrte sie an. Sie wurde zusehends nervöser unter seinem durchdringenden Blick, begann auf dem Stuhl hin und her zu rutschen. „Erzählen Sie mir etwas über ihre Kindheit.“ Er schwieg weiterhin beharrlich, die Hände in Handschellen auf dem Tisch, mit den Fingern auf der Tischplatte einen Takt pochend. „Hatten Sie eine schöne Kindheit?“ „Hatten denn Sie eine schöne Kindheit?“ „Ich kann mich nicht beschweren.“ „Sind Sie Einzelkind?“ „Ja.“ „Und ihre Eltern haben Sie abgöttisch geliebt?“ „Ich… ich glaube schon.“ „Sie glauben?“ „Nunja… naja, meine Eltern sind früh verstorben, ein Autounfall… ich war noch ein Kind.“ „Oooh… die kleine Harley ist eine Waise…“ „Nichts dramatisches, das sind viele. Meine Tante hatte sich um mich umgekümmert. Es hat mir an nichts gemangelt.“ Oh, kleine Harley. Ein Fehler nach dem anderen. „Liebe, Zuneigung, Geborgenheit.“ „Es mangelte mir an nichts. Und Sie?“ „Waren Sie ein braves, fleißiges Mädchen?“ „Ich habe meiner Tante nie Kummer bereitet.“ „Und in der Schule? Als Cheerleader… und studierte Psychologin… Sie müssen ein Ass gewesen sein.“ „Ach, naja… es ging. Ich habe längst keinen so hohen IQ wie Sie.“, lachte sie leise. Oh ja, das merkte er… Klein Harley hätte bei den Cheerleadern bleiben sollen. Da musste Sie nicht so viel nachdenken. Er schmunzelte. „Hatte die kleine Harley ein Lieblingsfach?“ „Sport, insbesondere Gymnastik. Sport und Französisch.“ „Oho… die kleine Harley kann französisch…“ Etwas an der Art wie er es aussprach ließ sie erröten. „Mais oui. Et vouz?“ „Mein französisch ist ganz passabel… nur mit der Sprache hapert es gewaltig.“, grinste er breit. Sie räusperte sich, versuchte sich auf ihre Notizen zu konzentrieren. „Nun… Sie beherrschen noch andere Sprachen?“ „Ich weiß nicht… glauben Sie?“ „Naja… Sie sagten eben…“ „Glauben Sie alles was ich sage?“ „Hmm… warum sollte ich Ihnen nicht glauben? Ich glaube nicht, dass Sie ein notorischer Lügner sind.“ „Stimmt. Ich erzähle nur gerne Geschichten.“ „Sprechen Sie denn nun mehrere Sprachen?“ Er neigte den Kopf hin und her, als würde er überlegen müssen. „Ich weiß nicht…“ „Parlez vouz francaise?“ „Un peu.“ „Ellos halban espanol?“ „Un poco.“ „Вы говорите на русском языке?“ „Немного.“ „Also sprechen Sie doch mehrere Sprachen!“ „Wenn Sie meinen…“ Sie rümpfte ihre Nase und kritzelte wieder auf ihrem Notizblock. Er grinste amüsiert. „Haben Sie Lust auf eine Runde Poker?“ „Glücksspiel ist in diesem Staat verboten. Wir sind nicht in Las Vegas.“ „Nur eine kleine Runde.“ „Ich kann kein Poker.“ „Dann bringe ich es Ihnen bei. Oder wäre Schach der gehobenen Psychologin lieber?“ „Das hier ist eine Sitzung, Mister Joker, das Spielzimmer befindet sich ein Stockwerk tiefer.“ „Aaawww… will die kleine Harley nicht mit mir spielen?“ „Nein will sie nicht. Wären Sie so freundlich meine Fragen zu beantworten?“ „Nein. Ich bin nicht so freundlich. Ich will jetzt eine Partie Schach spielen… Strippoker wäre mir mit ihnen natürlich lieber, aber wir könnten das Schach ja ein klein wenig variieren.“ „Die netten Herrn der Tageswache können Sie auch wieder ganz unsanft in ihre Zelle befördern.“ „Aaaawwww, Harley, nun kommen Sie schon, seien Sie keine Spielverderberin… nur eine Partie… Bitte.“ Er setzte einen Schmollmund auf und versuchte möglichst unschuldig dreinzublicken. Soweit das in seinem Zustand möglich war. „Ich bitte Sie Harley… Nur eine kleine Partie… Ich hatte schon lange keine Herausforderung mehr im Schach. Und ich muss ja schließlich meine kleinen, grauen Zellen auf Trab halten.“ „Schachmatt.“ „Sie werden nicht müde, mit mir Schach zu spielen? Ich habe oft genug bewiesen, dass ich furchtbar schlecht in Schach bin.“ Er zuckte mit den Schultern. „Es spielt ja sonst keiner mit mir außer die liebe, kleine Harley.“ Seid 5 Sitzungen spielten sie miteinander Schach, sonderlich viel geredet hatten sie nicht, er hatte stets gewonnen im Schach. Harleen gab auch zu, nicht wirklich gut Schach spielen zu können. Es störte ihn nicht wirklich. Selbst wenn sie ein Ass im Schach gewesen wäre, er hatte seine Tricks und Kniffe um IMMER zu gewinnen. „Sie reden ja auch mit niemandem sonst.“, schmunzelte sie. „Ich habe auch keine Lust mit anderen zu reden. Was soll ich mit denen reden? Die verstehen mich ohnehin nicht… Nur Sie tun das, kleine Harley.“ Sie lächelte. Er verkniff sich ein Schmunzeln. Er wusste was er zu sagen hatte um Klein Harley zu umschmeicheln. Sie war ja so… einfach. „Noch eine Partie?“ „Wenn Sie unbedingt wollen.“ „Er wird an Händen und Füßen fixiert, von mindestens 4 Wachen wird er begleitet und diese bleiben vor ihrem Büro stehen, verstanden? Sollte er nur eine falsche Bewegung machen wird er unverzüglich zurück in seine Zelle gebracht.“ „Verstanden, Dr. Leland.“ „Dann halten Sie ihre Sitzungen von mir aus in ihrem Büro ab…“ „Vielen Dank, Dr. Leland! Ich danke Ihnen vielmals!“ Freudestrahlend war Harleen aus dem Büro geeilt. Nun gut, manchen mag eine warme Umgebung mehr helfen als ein kahler steriler Raum… Und sie konnte nicht über die Ergebnisse von Dr. Quinzel klagen, sie machte ihre Arbeit gut, es war kein auffälliges Verhalten Seitens des Jokers mehr verzeichnet, er benahm sich lammfromm. Und niemand ist mehr in dieser Anstalt durch ihn ums Leben gekommen… Er schien Lammfromm zu sein… Aber eben das war es… es schien… „O lá lá, Harley… machen wir etwa Fortschritte? Womit habe ich diese Ehre denn verdient? Eine bequeme Couch haben Sie…“ Sie lachte leise als sie sich ihm gegenüber setzte. Er war nicht an Händen und Füßen fixiert, trug lediglich Handschellen an den Handgelenken. Sie hatte nicht die Befürchtung er könnte ihr etwas antun, ihrer Meinung nach war es überflüssig ihn auf der Couch zu fixieren. „Vielen Dank, Mister Joker. Möchten Sie einen Keks?“, lächelte sie und bot ihn etwas von dem Gebäck an was auf ihrem Schreibtisch stand. Seid sie hier angefangen hatte konnte sie nicht mehr ohne Naschereien auskommen. Ein Glück sah man das ihr nicht an, dachte sie sich bei jeder Leckerei die sie verdrückte. „Hmm… das erste Genießbare seid Ewigkeiten was ich in diesem bescheidenen Institut zu mir nehme. Haben Sie die selbstgemacht? Wirklich lecker.“ „Vielen Dank.“, lächelte sie. Natürlich schmeichelte es ihr, stand sie immerhin eher recht selten am Herd. Fertiggerichte zählten mittlerweile zu ihren Grundnahrungsmitteln. „Ich glaube, ich habe heute Lust ihnen ein bisschen was zu erzählen.“ „Wirklich? Was möchten Sie mir denn erzählen?“ „Interessiert die kleine Harley sich für etwas Bestimmtes? Woher ich die Narben habe?“ „Darüber haben Sie mir bereits 47 verschiedene Versionen erzählt.“, lächelte sie. „Oh, doch so viele? Hmm…“ Er lehnte sich zurück auf die Couch, streckte die Beine aus und legte den Kopf schief als würde er überlegen. „Wissen Sie Harley… alles fing an als ich 7 war… Mein Vater hatte mich zum ersten Mal in den Zirkus mitgenommen.“ „Mochten Sie den Zirkus?“ „Oh ja, sehr sogar. Besonders die Clowns gefielen mir. Tolpatschig… dumm… aber niemand weiß, dass dahinter wirklich ein ausgeklügeltes Konzept steckt… Mein Vater mochte die Clowns auch sehr… obwohl er meisten den Seiltänzerinnen und Akrobatinnen hinterher geschielt hat. Ihm gefielen die engen Trikots… Nun, jedenfalls, um meinen Vater eine Freude zu machen, rannte ich an Halloween als Clown herum, rannte in der Wohnung auf und ab, stolperte über meine eigenen Füße, ließ Sachen fallen… Er fand es nicht wirklich komisch… Er hat mir das Nasenbein zertrümmert…“ Sie hielt inne mit dem Schreiben ihrer Notizen und blickte auf. „Oh…“ „Halb so schlimm.“, winkte er ab. „War nicht das erste Mal… ist ja auch wieder geheilt…“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich musste mich daran gewöhnen. Mein Vater trank viel und gerne. Ich glaube ich habe ihn selten ohne eine Flasche Bier in der Hand gesehen…“ „Hat… hat ihr Vater sie misshandelt?“ „Sie meinen geschlagen? Japp. Immer wenn er betrunken war. Er war fast ständig betrunken. Die Nase war nicht das einzige was er mir immer wieder brach.“ „Und… und ihre Mutter?“ „Welche Mutter?... Ich hatte keine Mutter. Ist abgehauen als ich 3 war. Ich kann´s ihr nicht über nehmen. Vater hat nur über sie geflucht und geschimpft.“ „Sie sind ohne eine Mutter aufgewachsen?“ Sie selbst war zwar Waise aber hatte sie selbst immer ihre Tante gehabt, die sich liebevoll um sie gekümmert hatte. „Sie doch auch. Ich habe auch ohne überlebt. Darf ich mir noch einen Keks nehmen?“ Sie konnte es nicht erklären, aber seine Geschichte rührte sie und sie hegte in diesem Moment keinen Zweifel daran, dass Sie echt war. Zu wissen, dass er ihr diese Episode aus seinem Leben anvertraute und… dass er so etwas durchmachen musste… Mitleid stieg in ihr auf für diesen Mann der vor ihr saß, letzten Endes nichts dafür konnte, dass er der geworden ist der er war. „Es tut mir so Leid…“, hauchte sie mit Tränen in den Augenwinkeln. „Es tut mir so Leid für Sie…“ Sie war aufgestanden, hatte sich zu ihm gesetzt und eine seiner Hände in ihre genommen. „Hmmm?“ Er blickte fragend drein, immer noch den Keks kauend. Es ergab alles einen Sinn. Natürlich, warum nicht! Jemand der in der Kindheit nur Gewalt erfahren hat, wie sollte er später als erwachsener Mann etwas anderes ausüben als Gewalt? Er kannte es ja nicht anders. Er kannte keine Welt ohne Gewalt. Er war damit aufgewachsen! Er war nicht krank, er war nicht gestört. Er hatte nur eine furchtbar schreckliche Kindheit gehabt… Warum hatte das vor ihr niemand erkannt?! Man konnte ihn doch nicht verurteilen, für etwas wofür er im Grunde nichts konnte. Das hier war kein Ort für ihn… er konnte doch nichts dafür… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)