Luv von abgemeldet (one day) ================================================================================ Kapitel 12: Camilla ------------------- „Na, mein Schätzchen...noch immer traurig wegen deines Lovers? Ich fühle mit dir. Es ist nicht leicht, wenn man so enttäuscht wird, wohl wahr. Ja... Sag, liebst du ihn wirklich? Mit allem was dazu gehört? Ernsthaft? Ich habe nur ein Mal geliebt und es ist viele Jahre her. Viele Leben liegen dazwischen. Unser Leben ist hart, das wohl. Doch um wie viel härter trifft es dich, der du unglücklich verliebt bist und wartest. Verzehrt es dich? Dieses stechende Sehnen nach Nähe, die Bilder in deinem Kopf? Schreit er denn nicht förmlich, dein Körper, nach ihm?“ Eine Hand legt sich auf Shounens Brust. Er liegt im Sessel, der Blick leer, weit weg. Er hört sie kaum, die Stimme, die ihn vergiftet. Die Schlange. „Tut es hier weh?“, fragt sie und erwartet keine Antwort. „Oder sitzt er im Bauch, der Schmerz? Ach, wenn er Dich nur auch so lieben könnte, wie viel einfach wäre doch alles, nicht wahr, mein Engel? Ablehnung tut weh.“ Sie legt ihren Kopf auf seinen Bauch, horcht. „Wenn er nur sehen könnte, wie viel ihm gehört, der arme Junge. Stattdessen wird er benutzt und ausgebeutet von diesem Pack, dass sich seinesgleichen schimpft. Ich sage es dir, sie werden sein Tod sein...hach, wie traurig. Da pumpt dein Herz Blut in jede Faser, da strafft deine Brust sich gleich einem Schild, im Stillen bereit ihn vor allem zu schützen und allem zu trotzen, nur für diesen einen Menschen. Und alles vergebens. Dein Bauch, der Schöne, das viele Blut, dein Antlitz... der hohe Wuchs. Wofür? Mir bricht das Herz bei dem Gedanken, ich möchte sterben“, sagt sie und erhebt sich. Geht ans Fenster. „Nicht genug, dass sie ihn gefangen halten, das Pack, elendes. Vergiftet haben sie ihn bereits mit ihrer Doktrin. Hast du ihn dir angesehen, mein Lieber? Wie er aussieht, kränklich. Hager, fahl.. er leidet unter ihnen, sie werden ihn umbringen, ich spüre es. All die Zweifel, die sie ihm einreden, all die Schuld, das ist zu viel, dieser zierliche kleine Körper.. wie lange wird er das durchstehen? Mein Herz ist schwer vor Sorge, glaube mir. Oh, wie allein er sein muss, so einsam... Und doch: er ist ein Mann. Er ist gerade dabei seinen Körper kennen zu lernen, so jung ist er. Ein Mann, der ihm seine Liebe erklärt, es würde ihn womöglich abstoßen, was meinst du, Schätzchen, hmm? Ich meine, zwei Männer, so natürlich, wie es für dich sein muss, er wird es womöglich anders sehen, nicht wahr? Es könnte ihm Angst machen, oder wütend. Wo doch die Distanz zu ihm schon so schmerzt, nicht auszudenken, um wie viel schrecklicher es sein muss, seinen Hass zu ertragen. Was denkst Du, Shounen?“ Sie tritt hinter ihn, legt ihm die kalten Hände auf die Wangen, als wolle sie seinen Kopf stützen, ihm beistehen. „Ich kann deine Verzweiflung nur zu gut verstehen, mein Liebster, auch ich habe, wie ich dir bereits sagte, einmal geliebt. Ein Mann so schön, dass es weh tat, ihn anzusehen und Augen, die so tief blickten, so unendlich klar strahlten. Oder so lüstern blitzten, dass allein ein Blick aus ihnen meinen Körper zum Beben bringen konnten. Ich habe ihn vergöttert, diesen Mann. Die Tage, die wir gemeinsam verbrachten, ließen mich glauben, wir würden ewig leben. Und ewig sollte unser Glück sein. Doch als ich alterte und er noch immer jung und schön war, weißt du, was er tat? Der Mann, für den ich nach wie vor ALLES getan hätte, ahnst Du es? Er ließ mich fallen!“ zischt sie und wirft seinen Kopf hinfort, lässt ihn allein in seinem Sessel zurück. Camilla. Leise zog Shinya die Tür hinter sich ins schloss, achtete darauf, keinen Laut zu verursachen. Nur nicht auffallen. Er nahm die Abkürzung durch den Garten, den Deich hinauf, um den dahinter liegenden kleinen Wald zu erreichen. Er hatte nicht vor ihn zu betreten, wollte ihn nur von außen betrachten, ihm nahe sein. Es war bereits seit Stunden dunkel und die anderen schliefen tief. Die Nacht war schön, das Wetter lau, er wollte die Stunden der Ruhe nicht verschenken. Beruhigend, wie viel besser es ihm nun ging, zu dieser Nachtzeit. Vielleicht hatte Ludovikas Beichte doch etwas in ihm berührt, ihm eine Last, oder zumindest Furcht genommen. Die anderen würden ihn nicht verlassen, nur weil er anders war als sie. Sie würden ihm helfen. Der Virus war in ihm, das war ihm bereits vor Wochen klar geworden, auch wenn er es sich damals selbst noch nicht eingestehen konnte, er würde ein anderer werden. Es beeinträchtigte ihn in seinem Tagesablauf, der Nahrungsaufnahme, dem Stoffwechsel. Stimmungstiefs und –schwankungen wechselten sich ab mit Kopfschmerzen und Kreislaufproblemen, aber er konnte damit leben. Zumindest vorübergehend. Wie würde es weiter gehen? Würde er jemals völlig zu einem werden oder wäre ein Teil von ihm bis zum Schluss Shinya? Waren alle Infizierten wie er oder sollte sein Zustand etwas Neuartiges sein, eine Ausnahme? Tatsache war, dass es wohl niemand wusste. Die Infizierten schwiegen und zogen sich zurück. Die meisten starben wohl oder begingen Selbstmord. Die wenigsten vegetierten in diesem Zustand weiter, selten wurde die Metamorphose komplett. Und alle hatten sie eines gemeinsam: sie waren allein. „Bin ich gefährlich?“, überlegte Shinya. „Wahrscheinlich. Aber Ludovika ist es auch und sie hat gelernt sich zu kontrollieren. Sicher werde ich es auch lernen.“ Hoffnung. Das war es, was ihn in dieser Nacht beherrschte. Eine seltsame Gelassenheit durchflutete ihn, sättigte und köstigte ihn wie Nahrung. Er setzte sich ins Gras und betrachtete den Wald, der still vor ihm lag. Er sah fast friedlich aus. Überhaupt nicht bedrohlich, einladend. Heimat. Eine Weile genoss er einfach den Anblick und diesen flüchtigen Moment, dann schweiften seine Gedanken ab und er besann sich der vielen Erinnerungen an diesen Wald und wie oft hier gekämpft, gestritten und geweint, aber auch gelacht wurde und etwas in ihm erwachte von Neuem zum Leben: Lebensmut, Kampfgeist. Er würde nicht aufgeben. Jetzt nicht mehr. „Shounen...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)