The love decides von abgemeldet
(Bella und Edward)
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Prolog: Gefesselt
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Eine Freundschaft zwischen einem Mann und einer Frau ist etwas kompliziertes.
Besonders wenn mehr zwischen ihnen gelaufen ist.
Aber es kann auch passieren,
dass die Liebe stärker und tiefer wird, wenn sie auf dem Fundament einer
wirklich guten Freundschaft gebaut ist.
Aber wohin eine Beziehung steuert oder wie sie mal ausgesehen hat,
einfach Freunde zu sein, muss nicht bedeuten, dass man sich mit etwas geringerem
zufrieden gibt.
Manchmal hat man damit sogar das große Los gezogen.
Da waren sie wieder.
Diese unsagbar schönen und sanften Lippen. Lippen, die nie schöner sein
konnte, die nie sinnlicher ausschauen könnten. Die nie wirklicher sein konnten.
Er drückte mich gegen die Wand. Sein Gewicht erdrückte mich nicht, er stützte
sich mit der rechten Hand an der Wand neben mir ab, dennoch spürte ich seinen
Körper so deutlich auf meinen, seine Wärme die mich durchflutete.
Allein sein Blick, seine moosgrünen Augen, sorgten dafür, dass ich an der Wand
festgehalten wurde.
Er war immer noch der Gleiche. Eigentlich. Da waren immer noch diese weichen
grünen Augen, welche mehr nach weichem Moos als nach dunklen Tannen aussahen.
Da waren immer noch diese bronzefarbenen Haare, die wirr vom Kopf standen.
Wie früher.
Wie früher als wir noch jung waren. Als wir noch Kinder waren und das alles nur
ein Spiel gewesen war.
Doch warum hatte er jetzt gerade so eine Macht?
Ich konnte nicht weg.
Meine Knie waren weich. Mein ganzer Körper war willenlos und schwach.
Ich hatte keine Kontrolle mehr über mich.
Wenn er mich nicht an der Taille festhalten würde, wäre ich eh schon zusammen
gesackt.
Sein Blick war nicht fordernd, eher forschend. Fragend. Bittend.
Ich konnte nicht klar denken. Ich fragte mich, warum ich hier war. Warum war er
hier?
Was machten wir hier?
Warum waren wir uns so nah?
Warum bekam ich weiche Knie?
Warum konnte ich nicht weglaufen?
„Bella…“ Er sang meinen Namen regelrecht, als er ihn aussprach. Es klang
so wohltuend, als schien mein Name auf seiner Zunge eine Süßigkeit sein und
nichts anderes.
Ich spürte eine Hitze in mir aufsteigen und ich wusste, dass er sie
verursachte. Ja, er verursachte die Hitze in mir und sie wurde immer stärker.
Sie wurde intensiver, genauso wie sein Blick.
Mit der anderen Hand, die nicht meine Taille umfasste, streichelte er mir nun
sanft übers Gesicht, er strich mir eine Strähne hinters Ohr. Es kitzelte, er
hinterließ eine heiße Spur mit seiner sanften Berührung.
Ich wollte zusammen zucken, so fremd war dieses so wohlige Gefühl.
Doch er hielt mich fest.
Ich wollte wegschauen, doch seine Augen hielten meinen Blick fest. Ich spürte
wie mein Herz raste und wie meine Atmung ungleichmäßiger wurde, als er mich
wieder zärtlich berührte.
Seine Finger fuhren meinen Hals entlang. Automatisch streckte ich meinen Hals,
auch wenn ich es gar nicht wollte. Aber es eine natürliche Reaktion meines
Körpers auf ihn. Mein Körper wollte ihn, schrie nach seinen Berührungen,
lechzte regelrecht.
Aber diese Wärme in mir verlangte nach mehr von seinen Berührungen. Ich wollte
ihn tiefer, enger, fester spüren.
Ich spürte seinen Körper an meinen, er hatte mich mit seinem an die Wand
gedrückt, leicht und sanft, aber ich spürte ihn.
Ich spürte seinen Bauch an meinen. Ich spürte seine Beine an meinen. Überall
berührten wir uns und doch hatte ich das Gefühl, dass es noch so viel Platz
zwischen uns gab. Entsetzlich viel Platz.
„Bella…“, wieder sprach er meinen Namen so sanft aus, so liebevoll. Seine
Finger fuhren nun die Konturen meiner Lippen nach, sein Blick fesselte nun nicht
mehr meine Augen, sondern war gebannt auf meine Lippen.
„Ich habe dich vermisst…“, sprach er weiter.
Ich hörte jedes seiner Worte, die über seine Lippen kamen, vernahm sie,
verschlang sie, sog sie mit einer Gier ein.
Sie fesselten mich. Wie alles an ihm fesselte mich.
Nicht an die Wand. Nein, sie fesselten mich an ihn.
Sein Gesicht kam meinem immer näher, ich spürte seinen Atem auf meiner Haut.
Mein Herz machte einen Sprung als ich seinen warmen Atem spürte. Schien er
nicht auch so nervös zu sein wie ich? Wollte er mich küssen?
Ich schloss wie aus Reflex die Augen und spürte nur seinen Atem auf meiner
Haut.
Mir war nicht mehr kalt. Nein, mir war heiß.
Meine Atmung war ungleichmäßig, mein Herz schlug als würde ich einen
Dauersprint rennen.
Er roch wundervoll. Ich genoss alles. Seinen Atem, seinen Duft, seine Wärme,
seine Berührungen. All das war so unglaubwürdig.
Es war so fremd und doch so bekannt. Er schien mir nie fremd. Und das obwohl wir
uns ewig nicht mehr gesehen hatten.
Warum hatte er so eine Macht über mich?
Warum hatte Edward Cullen so eine Macht über mich?
Kapitel 1: Erinnerungen an den Sommer mit 8 Jahren
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So etwas wie einen festen Boden unter den Füßen, gibt es nicht.
Deswegen gibt es ja das Bauchgefühl.
Es ist wichtig Menschen zu finden, denen man vertraut.
Jemand der dich herauszieht, ganz egal in welches Loch du gefallen bist.
Man kann zwar jedem ein Seil zuwerfen, aber es liegt an einem selbst, ob man es
fängt und festhält.
Letztendlich muss man es zulassen, dass man sich an jemanden bindet.
Das ist der einzige Weg um zu überleben.
--- Erinnerung ---
Ich sollte den Sommer dieses Jahres ohne meine Eltern verbringen. Ich sollte die
Ferien bei einer Schulfreundin meiner Mutter absitzen. Absitzen, jawohl. Meine
Eltern, Charlie und Renee wollten mal wieder gemeinsam in den Urlaub fahren,
ohne mich. Das war wirklich unglaublich, denn ich selber glaubte das noch nicht
ganz. Es würde der erste Sommer ohne sie sein. Und deswegen schickten sie mich
nach Forks. Der Ort Forks war so klein, dass ich auf meinem Globus nicht mal
gefunden hatte und hier sollte ich allen Ernstes meine Ferien verbringen. Bei
Tante Esme, wie ich sie nennen sollte. Ich sollte sie so nennen und ja auf sie
hören und artig sollte ich auch noch sein. Ja, was ich nicht alles sollte.
Ich sollte mich auch darüber freuen, dass ich bei Tante Esme meine Ferien
verbringen darf. Ich sollte auch nett und brav sein.
Ich sollte ziemlich viel wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dafür dass man
mich gar nicht gefragt hatte, was ich eigentlich wollte.
„Bella, ich freu mich ja so sehr, dass du die Ferien bei uns verbringen
möchtest“, meinte Esme freundlich. Ihre Stimme klang ja echt freundlich und
ehrlich. Sie meinte es auch so, dass sah ich ihr einfach an. Vermutlich freute
sie sich wirklich, dass ich hier war. Vermutlich war sie die Einzige die sich
freute. Gut, meine Eltern freuten sich auch.
Möchtest? Ich wurde gar nicht gefragt, es wurde einfach so über meinen Kopf
hinweg beschlossen. Bisher hatte ich meine Eltern immer für extrem cool
gehalten, doch das hatte sich schlagartig geändert, als sie mir von ihrer
„tollen“ Idee erzählt hatten.
Ich seufzte. Ich wusste, dass ich so viel protestieren konnte wie ich wollte, es
würde mir sowieso nichts bringen. Meine Eltern würden von Forks direkt zum
nächsten Flughafen fahren und dann ab in die Karibik fliegen. Wie gesagt, ohne
mich.
„So mein Schatz“, meine Mutter, Renee, kniete vor mir runter und drückte
mich an sich. „Mach keine Dummheiten, Liebes.“ Sie lächelte und strich mir
noch mal übers Haar.
Als hätte ich jemals Dummheiten gemacht.
„Bestimmt nicht“, sagte ich lächelnd. Ich hatte eh keine Wahl. Ich musste
hier bleiben. Ob es mir gefiel oder nicht, ich musste mich damit abfinden.
Charlie, mein Dad, kniete sich nun vor mich nieder, er versuchte mich mit seinem
Lächeln anzustecken. Meistens schaffte er es, aber heute nicht. Heute war mir
einfach zum Heulen zu Mute. „Tante Esme ist nett.“ Er hatte meinen Blick
gesehen und wusste, dass ich nicht hier bleiben wollte. Er kannte mich sehr gut.
Manchmal glaube ich, dass ich mehr nach ihm komme, als nach meiner Mutter.
„Und Alice ist in deinem Alter.“
Ich nickte nur, denn eigentlich wollte ich nicht weinen. Aus Trotz. Meine Eltern
sollten nicht sehen, dass ich traurig war, weil sie mich einfach hier ließen.
Aber mir wurde nun doch ein wenig mulmig zu mute. Ich würde schließlich zum
ersten Mal meinen Sommer ohne meine Eltern verbringen. Sie waren immer meine
Festung gewesen, immer für mich da gewesen. Wenn ich nach der Schule nach Hause
kam, war zumindest einer von ihnen immer da. Die Wochenenden verbrachten wir
immer zusammen, gingen in den Park, in den Zoo oder ins Kino. Doch diesen Sommer
würde das nicht so sein.
Schließlich drückte mich Charlie an sich. „Wir sind bald wieder da,
Bella.“ Dann ließ er mich wieder los.
Tante Esme nahm meine Hand in die ihre. Es war fast so, als wollte sie mich
festhalten, damit ich nicht meinen Eltern hinterher rennen würde. Schließlich
musste ich mit ansehen, wie meine Eltern ohne mich ins Auto stiegen.
Beide winkten mir noch zu, doch ich wollte ihnen nicht zurück winken.
Ich war sauer. Und ich war traurig. Wütend war ich auch. Ich wünschte ihnen
schlechtes Wetter.
Das Auto, mit meinen Eltern darin, fuhr nun weg und ich stand hier in der
Auffahrt des Hauses, an der Hand einer Frau, die ich gar nicht kannte.
„Na, komm Bella. Alice möchte dich kennen lernen.“ Die Hand von Tante Esme
war auf meiner Schulter und schob mich nun langsam ins Haus.
Ich seufzte. Das Auto meiner Eltern hörte und sah man nicht mehr. Nun war ich
also hier. Ich war allein in Forks, kannte niemanden und sollte brav sein.
Tante Esme brachte mich ins Haus und führte mich ins Wohnzimmer. Das Haus war
größer als ich dachte. Vermutlich sogar größer als unseres, dabei dachte ich
immer, dass das schon groß war.
„Alice“, sagte die Frau neben mir, die ich von nun an Tante Esme nennen
sollte.
Sofort sprang ein Mädchen vom Teppich auf und rannte auf uns zu. Sie strahlte
und grinste mich an, als sie vor mir stand. Sie hatte kurze schwarze Haare,
strahlendblaue Augen und ein nettes Grinsen. Sie hielt mir ihre Hand hin und
sagte mit einem Lächeln: „Hallo, ich bin Mary Alice Cullen und freue mich
dich kennen zu lernen.“ Sie grinste breit und ich sah, dass sie eine
Zahnlücke hatte. „Magst du mit mir spielen, Bella? Ich hab schon die ganze
Zeit auf dich gewartet.“
Sie hatte auf mich gewartet? Irgendwie mochte ich das Mädchen sofort. Wie
konnte sie auf mich gewartet haben, wo sie mich doch gar nicht kannte? Ich sah
sie jetzt schließlich zum ersten Mal.
Ich blickte Tante Esme fragend an.
„Na los. Ich schau solange mal, was dein Vater und dein Bruder machen.“
Das schwarzhaarige Mädchen grinste mich an und zog mich auf mit ins Wohnzimmer,
hinter die große Couch, wo sie ein großes Barbiehaus, es war fast ein Schloss,
hatte.
Ich staunte nicht schlecht. Vielleicht würde es ja doch gar nicht so schlimm
hier werden.
„Möchtest du mit mir spielen?“, fragte sie mich und reichte mir drei
Barbies. Ich sollte mir wohl eine der Puppen aussuchen.
Ich grinste und griff nach der Barbie mit den braunen Haaren. Vielleicht würde
es hier doch nicht so langweilig werden, schließlich hatte ich hier gerade
meine erste Freundin gefunden und es war gar nicht mal so schwer gewesen.
Alice und ich wurden schnell beste Freundinnen. In Seattle hatte ich nur Lauren
als Freundin, aber ihre Mutter mochte es nicht, wenn wir zu oft spielten. Ich
wusste allerdings auch gar nicht warum. Sie mochte wohl einfach meine Mutter
nicht.
Schnell lernte ich auch Alice’ Bruder Edward kennen. Er spielte ab und an auch
mit uns. Mit Tante Esme und Onkel Carlisle, wie ich die beiden nannte, hatte ich
viel Spaß. Sie waren sehr nett und unternahmen mit uns viele Ausflüge. So
waren die Ferien ohne meine Eltern richtig erträglich. Nein, sie waren sogar
richtig toll, was ich meinen Eltern natürlich nicht sagte, sie sollten ruhig
ein schlechtes Gewissen haben, ihre einzige Tochter einfach bei Freunden
abzusetzen.
Irgendwann wollte Alice mir schließlich ihre anderen Freundinnen und etwas von
Forks zeigen. Edward sollte uns begleiten, weil Tante Esme nicht wollte, das
Alice und ich alleine durch Forks liefen.
„Du kannst jetzt gehen, Edward“, meinte Alice schließlich zu ihrem Bruder.
Edward war zwei Jahre älter als Alice und trottete uns gerade nur hinterher.
Sie mochte es nicht, dass er uns begleitete und für ihn schien es auch etwas
lästig zu sein.
„Du weißt, was Mom gesagt hat“, antwortete er schließlich.
„Na und. Du hältst dich doch sonst auch nicht daran, was Mom zu uns sagt.“
Ich blickte beide nur fragend an. Sie stritten sich doch nicht etwa wirklich?
Ich wusste noch nicht mal worum es eigentlich ging.
„Nerv mich nicht Alice. Ich passe halt auf euch Beide auf.“
„Ich will das aber nicht, Eddi.“
Er wurde rot, als sie ihn so nannte. Und ich wusste nicht ob er das wurde, weil
es ihm peinlich war oder weil er sauer auf Alice war. „Du weißt, dass du mich
nicht so nennen sollst.“
Ich seufzte und fühlte mich extrem fehl am Platz. Da ich Einzelkind war und
solche Kabbeleien einfach nicht kannte, fühlte ich mich fehl am Platz und
wusste auch nicht, wie ich die beiden beruhigen sollten. Weder Alice’ noch
Edwards Standpunkt leuchteten mir ein. Ich wusste eh nicht genau, worum es hier
eigentlich ging.
„Ja, du willst nicht, dass ich dich so vor Bella nenne.“
Ich blickte weg, versuchte keinen der beiden anzusehen, allerdings merkte ich
wie Edward mich ansah. Was hatte ich denn mit der Sache zu tun? Das war mir nun
einfach echt zu hoch.
„Ich begleite euch jetzt halt. Ist doch nichts dabei. Nerv nicht Alice.“
„Du nervst.“
„Mom sagt, ich soll euch begleiten, weil sie nicht will, dass du mit Bella
alleine durch Forks läufst. Punkt.“
„Ich will dich aber nicht dabei haben, wenn wir zu Jessica gehen.“
„Dann warte ich halt vor der Tür“, grummelte Edward vor sich hin.
„Mensch Edward.“ Ich sah wie Alice rot wurde. Sie regte sich wirklich auf.
Aber wie sie so da stand, sah, das richtig lustig aus. Aber es war auch einfach
zu lustig, wie die beiden Cullen-Kinder sich stritten.
Als ich anfing lauthals zu lachen, blickten mich beide entsetzt an.
„Was gibt es denn da zu lachen?“, fragten mich beide todernst.
Ich musste noch mehr lachen. Es war einfach zu lustig und ich musste so sehr
lachen, dass ich die beiden gar nicht mehr ansehen konnte.
Worauf beide auch anfingen zu lachen.
Also standen wir drei mitten auf der Straße und lachten einfach. Und wenn wir
den anderen anschauten, mussten wir noch mehr lachen.
Wir waren gerade wieder auf den Nachhauseweg als uns drei Jungs entgegen kamen.
Alice ergriff meine Hand, ich blickte sie fragend an. Hatte sie etwa Angst?
„Das sind Freunde von Edward“, flüsterte sie mir zu. Ich sah wieder zu den
drei Jungs. Sie waren so groß wie Edward und dieser schien irgendwie nicht ganz
erfreut darüber zu sein, die Jungs zu sehen. Ich dachte, es wären seine
Freunde?
„Hallo, Edward, spielst du wieder Babysitter für deine Schwester?“, fragte
einer der Jungs ihn.
Ich blickte von den Jungs wieder zu Edward und wartete auf seine Antwort. Aber
er sagte nichts, sondern zuckte nur mit den Schultern.
Was sollte denn das heißen? Er wollte doch unbedingt mit. Alice hatte ja vorhin
versucht ihn zu überreden, nicht mitzukommen Aber er bestand doch selber
darauf. Warum sagte er das jetzt nicht? Edward war ein komischer Junge, fand
ich.
„Der ganz rechts ins Emmett“, flüsterte Alice mir wieder zu. Ich blickte
Emmet an. Er schien sehr viel größer als Edward und die anderen beiden zu
sein. Er hatte blonde Haare und ein breites Grinsen. „Das ist unser Cousin.“
„Der in der Mitte ist Jake“, erzählte sie weiter. Jake sah lustig aus, mit
seinen tiefschwarzen Haaren. Seine Haut war ein wenig rötlichbrauner als die
von uns anderen.
„Und das links ist Mike Newton. Er ist nur ein Jahr älter als wir.“ Mike
war der gewesen, der den Spruch eben los gelassen hatte. Er musterte Alice und
mich.
„Also was machst du heute noch Edward?“, fragte Jake und blickte Alice und
mich fragend an. „Babysitten?“
„Scheint so“, antwortete Edward. „Meine Mom will es so.“
„Das ist ja echt lustig“, meinte Jake.
„Der keine Edward tut das, was seine Mami ihm sagt“, machte sich nun auch
Mike über ihn lustig.
Ich fand das ehrlich gesagt gar nicht so lustig. Schließlich nahm ich allen Mut
zusammen, nahm Alice am Arm und zog sie an den Jungs und an Edward vorbei. Ich
blickte sie nicht mehr an.
„Aber Bella…“, meinte Alice ganz überrascht.
„Willst du die dir noch weiter anhören?“, fragte ich sie.
Sie schüttelte den Kopf und fing an zu grinsen. „Das war echt cool, Bella.
Das hätte ich mich nie getraut. Du bist eine tolle Freundin.“
Ich nickte ihr zu.
--- Erinnerung Ende---
Ich wachte auf und blickte mich überrascht um, da ich zuerst nicht wusste wo
ich mich befand. Gut, das war mein Zimmer im Wohnheim. Ich lag auf meinem Bett,
aber nicht unter der Decke. Als ich mich aufrichtete, sah ich das Foto-Album vor
mir liegen. Es war genau an der Stelle aufgeschlagen, von der ich eben geträumt
hatte. Als Alice und ich acht Jahre alt waren. Mein erster Sommer in Forks.
Warum hatte ich davon eigentlich geträumt? Ich hatte lange nicht mehr von
meiner Kindheit geträumt. Aber ich finde es immer sehr schön, wenn man sich an
etwas erinnert, was man schon glaubte vergessen zu haben.
Dann wusste ich, was mich geweckt hatte. Ich hörte mein Handy klingeln.
Erschrocken sprang ich von meinem Bett auf, eilte zu meinem Schreibtisch und
schaute aufs Display. „Alice.“ Was für ein Zufall. Gerade eben hatte ich
noch von ihr geträumt und nun ruft sie mich an. „Bella Swan.“
„Ach Bella, sag mal wie lange brauchst du um an dein Handy ran zu gehen?“,
fragte sie mich sofort.
„Ja, tut mir Leid. Ich bin eingenickt.“ Ich lief mit dem Handy an meinem Ohr
zu meinem Bett und klappte das Foto-Album zu und stellte es wieder in mein
Regal. Ich erinnerte mich noch nicht mal daran, warum ich das Fotoalbum
überhaupt aus dem Regal geholt hatte, sonst schwelgte ich doch auch nur selten
in Erinnerungen. Es war nicht so, dass ich mich nicht gerne an meine Kindheit
erinnerte, sondern es ging eher darum, dass ich versuchte in der Gegenwart zu
leben.
„Was machst du heute noch?“
Es war Samstag. Und ich wollte noch was für die Uni tun. „Lernen, Alice. Wie
jeden Tag eigentlich.“
„Wie langweilig“, stöhnte sie mir ins Telefon.
Ich musste grinsen, denn diese Antwort, hatte ich ja von ihr erwartete. Alice
hielt nicht viel davon, dass man sich jeden Tag an seine Bücher setzte und
lernte. Für sie ist das einfach Zeitverschwendung. Oder wie sagt sie immer, es
gibt einfach Besseres was man mit seiner Zeit anfangen kann.
„Ich habe eine Überraschung für dich“, teilte sie mir schließlich in
heller Aufregung mit.
„Oh, Alice“, nun war ich es die stöhnte. Wen Alice sagte, dass sie eine
Überraschung für mich hatte, war das nie ein gutes Zeichen. Zumindest meistens
für mich nicht.
„Kannst du in die Melington Road kommen?“
„Wann?“
„Jetzt.“
„Warum?“
Sie seufzte. „Wegen der Überraschung, Bella.“
Ich seufzte. „Muss das sein?“
„Ja, muss es.“
„Hab ich eine andere Wahl?“ Nein, ich wusste die Antwort selber. Die Frage
war eigentlich absolut sinnlos.
„Nein.“ Ich stimmte ihr schweigend zu. „Dann komm mal zur Melington
Road.“
„Hausnummer?“
„15“, sagte sie mit ihrer fröhlichen Stimme.
Ich nickte, legte auf und seufzte. Eigentlich wollte ich lernen, meine tollen
Bücher lesen und mich auf die nächste Vorlesung etwas vorbereiten.
Aber ich musste da nun hin. Wenn Alice etwas plante, dann würde ich nie und
nimmer davon los kommen. Das war schon immer so gewesen. Eine erschreckende
Tatsache.
Ich sah an mir runter und stellte fest, dass ich mit dieser Jeanshose und dem
Sweatshirt eindeutig Straßentauglich bin. Schnell griff ich nach meiner Tasche
in der ich Schlüssel und Handy einsteckte, verschwand aus dem Zimmer und zog
die Tür hinter mir ins Schloss.
Melington Road.
Die Straße lag nur 10 Minuten vom Unigelände entfernt. Aber hier war ich noch
nie gewesen.
Es gehörte zum reicheren Viertel der Stadt. Hier konnte ich mir damals nicht
mal das Anschauen einer Wohnung leisten.
Und letztendlich hatte ich mich doch dafür entschieden, im Studentenwohnheim
unter zukommen. So schlimm war es gar nicht. Die Leute waren sehr nett und meine
Zimmergenossin Angela war auch okay, auch wenn sie ein wenig chaotischer war und
vor allem hatte sie einen großen Männerverschleiß. Aber das ging mich ja
nichts an. Wenn sie einen Kerl mit ins Zimmer nahm, schrieb sie mir meistens
eine SMS, das ich erst mal nicht ins Zimmer kommen sollte. Bisher hatte das
eigentlich sehr gut geklappt.
Melington Road.
Ja, hier waren nur wunderschöne Wohnungen und Häuser. Ich suchte nach der
Hausnummer 15. 7... 9. Also hatte ich noch ein paar Häuser vor mir.
Vor mir sah ich schließlich einen großen, schwarzen Umzugswagen. Da konnte
sich wirklich jemand leisten hier neu in diese Straße zu ziehen. Wie schön es
doch sein musste, reich zu sein.
„Bella…“, hörte ich plötzlich eine helle Stimme.
Ich kannte die Stimme. Ich kannte diese Stimme sogar sehr gut. Zu gut. Verwirrt
sah ich mich etwas um und sah sie.
Das konnte doch echt nicht sein. Da stand doch tatsächlich Alice vor mir. Meine
beste Freundin Alice. Sie stand neben dem Umzugswagen und strahlte mich wie ein
Honigkuchenpferd an.
Was hatte das zu bedeuten? Was machte Alice hier?
Sie studierte doch in New York. Was machte sie also hier in Chicago?
Und warum stand sie neben einem Umzugswagen?
Die Schwarzhaarige kam auf mich zu gerannt und drückte mich an sich. Sie war
immer noch kleiner als ich. Das halbe Jahr wo ich sie schon nicht mehr gesehen
habe, war sie nicht weiter gewachsen, sie war immer noch klein und niedlich, mit
ihrem 1,54. Sie hatte immer noch etwas Elfenhaftes und sie hatte immer noch ihre
schwarzen Haare kurz geschnitten. Alice hatte auch immer noch das impulsive
Verhalten, mit dem sie mich gerade drückte.
„Schön, dass du da bist“, sagte sie strahlend und blickte mich an. Dann
schaute sie mich von oben bis unten an. „Ja, ich sehe, es wird Zeit, dass ich
dich wieder unter meine Fittiche nehme.“
Ich blickte an mir herunter. „Was gibt es denn daran auszulassen?“
„Was gibt es daran nicht auszulassen?“, stellte sie mir die Gegenfrage.
„Ich fühle mich wohl.“
„Du hast dich gehen lassen“, antwortete sie nur. „Und du bist viel zu jung
dazu. Du hast gar keinen Grund dich unter diesen weiten Klamotten zu
verstecken.“
Ich seufzte. Ach ja, was macht sie hier? „Alice?“
„Ja, Bella.“ Sie lächelte mich glücklich an, schien in ihrer Welt
vollkommen zufrieden mit sich zu sein.
„Was machst du hier?“
„Ich wohne jetzt hier.“ Sie strahlte mich breit grinsend an. Alice sagte
das, als würde es so normal sein, als würden wir über das Wetter reden.
„In der Melington Road?“
Sie nickte.
„In Chicago?“
Sie nickte wieder und strahlte noch breiter.
Ich mochte ihr Grinsen ja wirklich, auch wenn mich das gerade nicht wirklich
weiter brachte. „Und was ist mit deinem Studium in New York?“
Sie seufzte theatralisch auf. „Oh Bella, das war nichts mehr für mich“,
antwortete sie mir und sagte es so, als wäre es etwas ganz alltägliches.
„Ich studiere jetzt hier mit dir.“
„In Chicago?“
Sie nickte noch mal. „Ja, genau.“
Ich verstand immer noch nicht so genau, was sie mir eigentlich sagen wollte.
Aber ich kam auch gar nicht dazu, weitere Fragen zu stellen, sie griff nach
meiner Hand und zog mich mit sich. „Komm, du musst dir unsere Wohnung
anschauen.“
„Unsere?“
„Ja, Edwards und meine.“
„Edward ist auch hier?“, fragte ich nun völlig überrascht.
Sie rollte mit den Augen. „Ja, Bella.“ Sie führte mich zum Hauseingang
Nummer 15. „Er kann mit seinem Medizinstudium überall studieren und so ist er
mit mir gewechselt.“
„Aha.“ Sie zog mich die Treppen hoch. „Wollen wir von den Umzugskartons
nicht eine mitnehmen?“
„Nein, das machen die Anderen schon.“
Ich verstand immer noch Bahnhof. Irgendwie ergab das alles einfach keinen Sinn.
Warum schmeißt Alice einfach so ihr Studium in New York hin?
Gut, sie war schon immer impulsiv und für ihre Kurzschlussreaktionen bekannt.
Aber so etwas? Ich dachte Alice würde mit dem Alter vernünftiger werden. Aber
irgendwie hatte ich mich da wohl geirrt, sie machte immer noch impulsive
Entscheidungen.
„Und was studierst du hier in Chicago?“
„Kunstgeschichte.“
„Aber das hat dich doch noch nie interessiert“, meinte ich skeptisch.
„Jetzt, tut es das halt.“ Sie zuckte mit den Schultern und führte mich nun
in eine Wohnung. Und was das für eine Wohnung war. Einfach unglaublich. Wow,
konnte ich nur sagen. Sie war riesig. Allein schon der Flur. Der Fußboden war
mit sehr dunklen Parkett belegt, die Wände strahlten in Weiß und Creme, die
Decken waren mit Stuck verziert und sehr hoch.
„Wow.“ Das war wirklich eine tolle Wohnung. Das war jedermanns Traum einer
Wohnung und es war auch mein Traum einer Wohnung. Der allerdings wohl nur ein
Traum sein wird.
„Ich sag doch, dass sie dir gefällt.“
„Warum, soll sie mir gefallen?“
„Weil Alice möchte, dass du zu uns ziehst“, sagte nun jemand anderes. Ich
kannte diese Stimme. Auch wenn ich sie nun gut fünf Jahre nicht mehr gehört
hatte, ich wusste wem sie gehörte. Sie konnte nur einer einzigen Person
gehören.
Langsam drehte ich mich um und sah ihn an. Ja, Edward Cullen stand vor mir und
blickte mich an.
Er stellte gerade eine Kiste ab und lächelte mich an. Er lächelte. Es war ein
wundervolles Lächeln. Wie immer. Seine Stimme war wundervoll. Wie immer. Seine
Augen besaßen immer noch das gleiche sanfte Grün, wie in meinen Erinnerungen.
Er war ein wenig größer geworden, seine Schultern waren vielleicht auch ein
wenig breiter geworden. Seine Haare standen ein wenig wirr vom Kopf ab, aber das
gab ihm etwas Verwegenes. Sein Lächeln war immer noch wundervoll. Sein
Lächeln? Gott, komm wieder zu dir.
„Und was sagst du?“, fragte mich Alice und holte mich wieder aus meinen
Gedanken.
Ich blickte sie perplex an. „Was sage ich wozu?“
„Na, ob du hier mit uns wohnen willst.“
Diese Wohnung, Melington Road, fiel es mir wieder ein. „Ganz ehrlich Alice.
Ich kann es mir nicht leisten in die Melington Road zu ziehen. Die Miete muss
bombastisch sein.“
„Keine Ahnung“, sagte Alice.
„Was meinst du damit?“, fragte ich sie. Ich sah aus dem Augenwinkel, wie
Edward in ein Zimmer ging.
Warum bekam ich weiche Knie? Ich hatte ihn nun schon so lange nicht mehr gesehen
und dennoch bekam ich sofort wieder weiche Knie? Das war nun echt nicht fair.
„Wir haben die Wohnung vererbt bekommen. Wir zahlen keine Miete“, sagte sie
grinsend.
„Und die ganzen Nebenkosten?“
„Bella, versuch es erst gar nicht. Alice hat davon keine Ahnung“, hörte ich
wieder die wundervolle Stimme.
Er hatte meinen Namen gesagt. Er hatte wirklich meinen Namen gesagt. Warum
konnte ich momentan keinen normalen Gedanken mehr fassen?
Verdammt Bella, versuchte ich mich zu ermahnen. Ich musste mich echt zusammen
reißen, um mich hier nicht vor ihnen zu blamieren.
„Ja, das ist ja auch nicht so wichtig“, meinte Alice zu ihrem Bruder. Dann
blickte sie mich wieder fordernd an. „Und?“
Das war doch nicht wirklich ihr Ernst. Wie konnte sie glauben, dass ich hier mit
einziehen möchte? Oder überhaupt konnte? „Nein, Alice. Ich kann doch nicht
einfach so zu euch ziehen.“
„Warum nicht? Ich bin nur wegen dir hier her gezogen“, meinte sie und zog
einen Schmollmund. Wegen mir?
„Ja, Warum nicht?“
Ich drehte mich um und blickte in Edwards Gesicht.
Warum fragte er mich ob ich bei ihnen einziehen mochte?
Warum er?
Warum war Edward Cullen überhaupt hier?
Fragte er mich wirklich, ob ich hier auch mit einziehen möchte?
Warum reagierte ich noch genauso auf ihn wie früher?
Und warum, sah er immer noch so gut aus?
Kapitel 2: Erinnerungen an den Sommer mit 14 Jahren
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Die Sache mit meiner verpatzten Bindung ist,
sobald dir klar wird, dass du sie verpasst hast,
das sie bereits weg ist.
Man kann in der Zeit nicht zurückgehen, um es besser zu machen.
Das Einzige was du tun kannst, ist vorwärts zu gehen,
um neue Erinnerungen zu schaffen, die die alten Schmerzhafen verdrängen.
Du küsst neue Leute um deine alten Ängste zu überwinden.
Und wenn du Glück hast, dann können auch alte Beziehungen in neuen Glanz
erscheinen.
Alles rückt in die richtige Perspektive und du kannst dir vorstellen, wie
deine Zukunft aussehen könnte.
Bis die Vergangenheit dich einholt und dir den Boden unter den Füßen wegzieht.
Erinnerung
Ich verbrachte den Sommer mit meinen 14 Jahren wieder alleine in Forks. Was
hieß alleine? Alleine hieß mal wieder ohne meine Eltern. So wie die letzten
Jahren. Ja, seitdem ich damals meinen Sommer mit acht Jahren hier verbracht
hatte, war ich jeden Sommer in Forks bei Tante Esme, Onkel Carlisle, Alice und
Edward. Die Sommer waren immer großartig. Ich freute mich immer wenn es zu
ihnen ging. Die Cullen waren zu meiner zweiten Familie geworden. Meine
Ferien-Familie sozusagen. Manchmal waren meine Eltern mit. Aber hauptsächlich
lieferten sie mich Anfang der Sommerferien hier ab und verreisten dann. Sie
hatten, glaub ich, die letzten sechs Jahre schon die ganze Welt bereist und
gesehen, aber anscheinend gab es noch einige Flecken auf der Welt, die sie noch
nicht gesehen hatten.
Alice freute sich, dass ich dieses Jahr eine Woche früher als die letzten Jahre
Ferien bekommen habe. Sie wollte mich unbedingt mit aufs Sommerfest von Forks
mitnehmen. Sie liebte dieses Fest und war wahnsinnig aufgeregt. Für sie war
dieses Fest das wichtigste Ereignis im Jahr, zumindest kam es mir einfach so
vor.
„Das wird wundervoll, Bella. Das kannst du mir echt glauben.“
„Wir haben bei uns auch ein Sommerfest bei uns Alice.“ Und das war sogar
größer als das hier in Forks, aber das zählte für sie nicht.
„Ach, du nun wieder“, sagte sie grinsend und nahm mich am Arm und zog mich
in die Meute. „Das ist doch etwas vollkommen anderes. Ich finde es einfach nur
wundervoll, dass du dieses Jahr das Fest mit hier verbringen kannst. Es ist
immer so schrecklich alleine. Wie schön, dass ich dich habe.“
Ich wusste gar nicht mehr so genau, warum ich plötzlich mit Edward alleine war.
Aber ich konnte mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wie es dazu
gekommen war.
Vorher war ich noch mit Alice unterwegs und dann stand ich mit ihm alleine im
Schatten der Stände. Wir standen im Schatten eines der Stände, die hier auf
dem Sommerfest aufgestellt waren. In der Ferne hörte ich die Musik, die die
Band auf der Bühne spielte. Sie spielte nicht gut, grottenschlecht passte eher,
doch es war egal. Ja, wenn ich ihn seine Augen sah, war alles andere plötzlich
unwichtig. Wirkte nichtig und klein.
Edward stand direkt vor mir, mit seinem sechzehn Jahren, sah er wundervoll aus.
Wundervoll wie ich ihn damals mit 13 das letzte Mal gesehen hatte, wundervoll
wie ich ihn jeden Sommer Forks wieder verließ. Meine Gefühle hatten sich für
ihn verändert, ohne es bemerkt zu haben. Irgendwann hatte ich mehr für ihn
empfunden, suchte einerseits nach seiner Nähe, andererseits wollte ich auch
nicht, dass er von meinen Gefühlen erfuhr, weil er mich dann vielleicht
auslachen konnte.
Doch nun lachte er nicht, sondern sah mich an. Ich sah etwas in seinen Augen,
was ich nicht deuten konnte. Diesen Blick hatte ich so noch nie bei ihm gesehen,
als hungerte er nach irgendetwas.
Seine Haare standen wirr ab, leicht gestylt, aber wirr, was interessant aussah,
aber so kannte ich ihn ja. Man könnte meinen, mit seiner Frisur wäre er gerade
erst aufgestanden, aber das war momentan bei den Jungs in. Warum auch immer? Bei
den meisten sah es einfach nur lächerlich aus, bei ihm aber ganz und gar nicht.
Ich verbrachte immer nur die Sommer in Forks, sonst war ich immer in San
Fransisco. Doch nun war er nicht weit weg. Denn ich war wieder hier in Forks.
Bei Alice und bei Edward. Nein, im Moment stand er ganz nah vor mir und blickte
mich an.
„Bella, ich muss dir was sagen.“ Seine Stimme war schüchtern und schwach.
So kannte ich ihn gar nicht. Sonst war er doch immer der große und tolle
Edward, mutig und stark. Er war immer viel mit seinen Freunden unterwegs.
Seine rechte Hand, seine Finger, streichelten zärtlich über meine Wange. Ich
spürte sie unter seinen Berührungen aufglühen.
Hitze stieg in meine Wangen und färbte diese sicherlich rot.
Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut, so nah war er mir, so nah war mir noch
nie jemand gewesen. Noch nie war jemand so nah bei mir gewesen. Und er schon gar
nicht.
Sonst hatte ich immer einen Sicherheitsradius, den bewahrte ich mir immer. Ich
ließ Menschen eigentlich nie so nah an mich heran. Fremde schon gar nicht. Und
Jungs? Ich wusste es nicht. Bisher hatte ich mir darüber noch keine Gedanken
gemacht.
Aber Edward?
Edward war einfach anders.
Meine Knie gaben nach, wurden weich und schwach und wenn er mich nicht an die
Wand gedrückt hielt, würde ich wohl zusammensacken. Ja, ich würde direkt in
seinen Armen, vor seinen Augen, zusammensacken. Doch sein Blick langte auch
schon. Er war Halt genug. Noch nie hatte mich jemand so angeschaut. Alles um
mich herum, schien ich zu vergessen.
Da waren nur seine Augen. Denn ich konnte mich nicht von seinem Blick los
reißen. Seine warmen, moosgrünen Augen hielten mich fest.
Ich spürte schließlich seine Berührung seiner Finger auf meine Lippen. Seine
Augen wanderten nun von meinen Augen zu meinen Lippen und schauten diese gebannt
an. Und da war schon wieder diese Hitze in mir, die aufstieg und mir zu Kopf
steigen wollte.
„Ich habe mich in dich verliebt, Bella“, gestand er mir. Er sprach jedes
Wort sehr langsam aus, als wollte er jedem einzelnen Wort Bedeutung zuweisen.
Meine Augen weiteten sich erschrocken, als er das sagte.
Doch dann erschrak ich noch mehr, denn ich spürte seine Lippen auf meinen. Er
küsste mich. Edward küsste mich.
Es war ein wundervolles Gefühl. Mein Herz blieb stehen, zumindest kam es mir in
diesem Moment so vor.
Die Uhr blieb auch stehen, zumindest wollte ich das. Ja, ich wollte, dass die
Zeit stehen blieb. Ich wollte diesen Moment für die Ewigkeit haben.
Mein Atem setzte aus. Doch es war mir egal. Meine Augen schlossen sich unter
seinem Kuss und ich erwiderte den Kuss, obwohl ich noch nie in meinem Leben
jemand vorher geküsst hatte. Es war aber wie ein Reflex. Als wäre es uns in
die Wiege gelegt wurden. Meine Lippen bewegten sich ganz automatisch auf seinen.
Ich stöhnte leicht in den Kuss hinein und war vollkommen fasziniert, von dem
was zwischen uns gerade geschah.
Unsere Wege hatten sich an dem Abend wieder getrennt gehabt, ich war mit Alice
weiter durch das Fest gelaufen, auch wenn meine Finger immer wieder meine Lippen
berührten, meine Wangen immer noch glühten und meine Gedanken immer noch bei
diesem Kuss waren.
„Ist alles okay, Bella?“, fragt Alice misstrauisch. Natürlich war sie
misstrauisch und skeptisch. Erst verschwand ich für eine Weile und dann tauchte
ich wieder auf, konnte aber kein vernünftiges Wort mehr sagen, von Sätzen ganz
zu schweigen. Vielleicht dachte sie, ich wäre von Außerirdischen entführt
worden. Das war vielleicht sogar die beste Idee, für das was mir passiert war.
Ich nickte nur stumm. Was sollte ich denn auch schon Alice, die schließlich
seine Schwester war, erzählen. Es war ein komisches Gefühl.
„Schau mal da ist Emmett“, sagte Alice lächelnd. Sie hatte wohl gemerkt,
dass sie nichts aus mir heraus bekommen würde, was mich erleichtert aufatmen
ließ. Ich wollte sie nicht anlügen, sie war meine beste Freundin. Und ich sah
auch Edward wieder. Er stand neben Emmett und auch neben Mike und Jake.
„Und wie ist das mit eurem Gast wieder?“, hörte ich Jakes Stimme. Wir
gingen auf die Jungs zu, doch sie schienen uns noch nicht bemerkt zu haben.
„Meinst du etwa Bella?“, fragte nun Edward ihn. Edward lehnte sich an der
Wand an. Lässig wie er sonst auch immer rüber kam. Er stand mit dem Rücken zu
uns, sah uns also nicht.
„Ja genau, die Kleine“, meinte Jake wieder.
„So klein ist sie doch gar nicht mehr“, versuchte Emmett es. Er gehörte zu
den Netten hatte ich gemerkt und war nicht ganz so gemein wie Mike und Jake. Oft
hatten wir sogar mit ihm und Edward zusammen den einen oder anderen Nachmittag
verbracht.
„Sie ist doch so alt wie deine Schwester. Wie alt ist sie? 14?“, fragte Mike
herablassend. Sein Blick sagte alles. Irgendwie zog sich alles in mir zusammen.
Edward nickte. „Ja, die beiden nerven nur. Es ist wie Babysitten.“
Das… das konnte nicht sein. Meine Augen hatten sich erschrocken geweitet. Es
waren nur Worte und bisher hatte ich nicht geglaubt, dass ein paar Worte so weh
tun konnten. Doch es schmerzte, es fühlte so an, als hätte man mir gerade ein
Organ entrissen. Mein Herz.
Ich fühlte mich leer und verletzt.
Das war also der wahre Edward. Ich nervte ihn also!
Warum hatte er mich dann geküsst? Genau, der Kuss. Mein erster Kuss.
Ich spürte den Kloß in meinem Hals. Dieser verhinderte gerade, dass ich
weiterhin normal atmete.
Mein Atem stockte, wurde unruhig und hektisch.
Ich hatte meinem ersten Kuss einen Jungen geschenkt, der sagte, dass ich nervte.
Das tat weh. Ja, es tat sogar schrecklich weh. In meinem Kopf wirbelten die
Gedanken nur noch herum und ich wusste nicht mehr, wie ich klar denken konnte.
Immer wieder hallten seine Worte in meinem Kopf.
Ich hatte meinen ersten Kuss an Edward vergeudet. Eigentlich hatte ich gedacht,
dass er derjenige sein würde, der meinen ersten Kuss verdient hat. Was für
eine herbe Enttäuschung.
Ich wusste, dass ich ihm immer etwas hinterher gelaufen war und ja ich mochte
ihn sogar sehr gerne. Und er hatte das schamlos ausgenutzt. Das konnte ich nicht
länger ertragen. Es tat weh. Ich hatte das Gefühl, dass mein Herz irgendwie
zerbrechen würde und ich es nicht mehr zusammen halten konnte. Es tat so
schrecklich weh.
Ich rannte weg.
Für immer.
--- Erinnerung Ende ---
Ja, jetzt fiel es mir wieder ein. Deswegen hatte Alice die nächsten Sommer
immer bei mir in San Fransisco verbracht. Ja, so war es gewesen. Ich wollte
einfach keinen weiteren Sommer in Forks verbringen. Ich wollte keinen weiteren
Sommer mit Edward verbringen. Ich wollte nicht mehr an diesen Kuss denken,
wollte vergessen was im Schatten der Buden passiert war. Ich wollte es
verdrängen, das schien für mich die beste Möglichkeit zu sein. Von diesem
Sommer an, blieb ich von Forks fern.
Und Alice freute sich mal mehr von der Welt zu sehen. Wir unternahmen viel
gemeinsam in San Fransisco und hatten die Ferien weiterhin so viel Spaß wie
früher, nur eben hatten wir damals einfach den Ort gewechselt.
„Nein, danke.“
„Was meinst du mit ‚Nein, danke’?“, fragte Alice mich.
Ich hatte nicht wirklich lange über das Angebot nachgedacht, schließlich
schauten Alice, wie Edward mich fragend und fordernd an. Sie wollten eine
Antwort. Natürlich wollten sie eine Antwort haben. Ich hatte mich immer noch
gefragt, wie Alice oder eher wie die beiden mit einer Ernsthaftigkeit mir so
eine Frage stellen konnten. Sie musste übergeschnappt sein. Gut, von Alice war
ich natürlich gar nichts anderes gewohnt. Aber, dass ihr Bruder da mitmachte,
wunderte mich doch schon ein wenig. Es war komisch ihn anzusehen, alte Gefühle
und Erinnerungen flammten wieder auf und verwirrten mich. Er verwirrte mich.
Eine Antwort. Und hier hatten sie eine. Nein. Genau, das war eine gute Antwort.
„‚Nein, danke’ heißt nun mal ‚Nein danke’.“
„Das ist nicht dein Ernst?“ Alice setzte einen Schmollmund auf. Sie konnte
das sehr gut. Das hatte ich schon oft genug mitbekommen. Aber diesmal würde sie
auf Granit beißen. Ich konnte nicht mit ihnen zusammen ziehen. Ich konnte nicht
mit ihm unter einem Dach leben.
„Ich fühle mich wohl im Wohnheim“, antwortete ich ihr auf ihren
Schmollmund.
Sie lachte auf und wir beide wussten nur zu gut, dass ich log. „Das glaubst du
doch wohl selber nicht. Wie oft hast du mir immer am Telefon vor geheult, dass
es schrecklich laut da ist.“
Schön, dass sie nun unsere gemeinsamen Telefonate gegen mich verwendet. „So
schlimm ist es gar nicht“, nuschelte ich vor mich hin. Aber sie hatte Recht.
Ich hatte mich oft bei ihr beschwert und sie hat mir oft zugehört. Sie war
immer eine gute Freundin gewesen und ich verstand ja, dass sie wollte, dass wir
zusammen ziehen. Aber ich konnte einfach nicht. Außerdem war es schrecklich
meine Freundin anzulügen, aber ich konnte ihr den wahren Grund nicht nennen,
warum ich nicht hier einziehen konnte.
„Lass sie doch Alice, wenn sie nicht will.“ Ach ja, Edward war ja auch noch
da. Ich hatte versucht ihn zu verdrängen, seine Anwesenheit zu ignorieren, so
gut es ging. Fehlanzeige.
Ich blickte wieder zu ihm, doch er hatte mir schon den Rücken zugewandt und
widmete sich wieder ein paar Kisten, die er in eines der Zimmer brachte.
„Du machst mich traurig, Bella-Schatz“, versuchte es Alice weiter. Sie klang
wirklich traurig, enttäuscht.
„Nein, ganz ehrlich Alice, das passt einfach nicht. Wir würden uns nur…“
Doch weiter kam ich gar nicht.
„Wie das passt nicht?“ Sie seufzte auf und riss ihre Arme dramatisch in die
Lüfte. „Was passt denn daran nicht? Wir haben extra nach einer Wohnung
geschaut, wo wir noch ein Zimmer für dich haben.“
„Was heißt denn hier „wir“?“, fragte ich sie skeptisch.
„Na, Edward hat auch mitgesucht.“
„Edward hat nach einer Wohnung für euch beide gesucht, Alice“, meinte ich
zu ihr.
Warum sollte er auch nach einer Wohnung suchen, wo ich mit einziehen konnte? Was
sollte das für einen Sinn haben? Gar keinen. Also konnte er das nicht getan
haben.
Ich sah wie sie resigniert aufgab. Alice seufzte: „Wenn du nur wüsstest.“
„Jetzt schau doch nicht so“, bat ich sie, denn ich hasste es sie so zu
sehen. Sie sah wirklich traurig aus. Aber ich konnte mir wirklich nicht
vorstellen mit Alice und ihrem Bruder, ja vor allem wegen Edward, in einer WG zu
leben. Unsere Leben lagen einfach zu weit auseinander. Vor allem das von Edward
und mir.
Das war Vergangenheit und Vergangenes sollte man doch ruhen lassen.
Es war toll dass Alice nun in Chicago lebte. Wir konnten uns regelmäßiger
sehen und mehr unternehmen. Doch ich musste Alice immer öfters mal bremsen,
denn sie vergaß einfach, dass ich für mein Stipendium gute Noten aufweisen
musste, um es nicht zu verlieren und dafür musste ich eine Menge lernen. Sie
würde erst im nächsten Semester mitstudieren. Also gut in vier Wochen.
Momentan standen noch eine Menge Klausuren für mich an, da es eben dem Ende des
Semesters zuging. Das hieß, noch mehr büffeln als sonst.
Schließlich hatte es Alice doch noch geschafft mich zu überreden zu der
Einweihungsfeier von ihrer Wohnung zu kommen. Zuerst hatte ich ja abgelehnt,
aber dann hatte es Alice wieder geschafft, mir ein schlechtes Gewissen
einzureden, dass ich ja schon nicht zu ihnen ziehe und dass diese
Einweihungsfeier ja auch eigentlich für mich wäre. Alice mal wieder. Sie
schaffte es einfach immer wieder, dass ich ihre Wünsche erfüllte.
„Bella, das ist ja toll, dass du kommst“, sagte Alice zu mir, als sie mir
die Haustür öffnete. Wie gut sie doch schauspielern konnte, sie schien ein
richtiges Naturtalent zu sein.
„Vielleicht solltest du nicht Kunstgeschichte studieren, sondern dich als
Schauspielerin versuchen“, sagte ich lächelnd und ging an die Garderobe, um
meine Jacke dort abzulegen.
Alice folgte mir. „Du siehst toll aus.“
Ich blickte sie skeptisch an. Wenn sie so etwas sagte, wollte sie bestimmt etwas
von mir. Und so wie sie mich anlächelte, wollte sie wirklich was von mir. Alice
war seit Jahren meine beste Freundin, ich kannte sie, ich wusste, wann sie etwas
im Schilde führte.
Ich stemmte die Hände in meine Hüften und blickte sie forsch an. „Also was
willst du? Was soll ich wieder für dich tun?“
„Oh, Bella, denk doch nicht immer das Schlimmste von mir.“ Sie kam auf mich
zu und legte den Arm um mich. Ja, sie wollte etwas von mir und versuchte mich
nur etwas zu beschlichten. Es wurde aber immer deutlicher, dass sie etwas von
mir abverlangte, was ich sonst bestimmt nicht tun würde. „Weißt du wer alles
da ist?“, fragte sie mich lächelnd und führte mich von der Garderobe ins
große, offene Wohnzimmer.
Ich staunte nicht schlecht. Als ich die Einrichtung sah. Seit dem Umzug, war ich
nicht wieder in der Wohnung gewesen und hatte deswegen auch noch nicht gesehen,
wie sie nun fertig eingerichtet aussah. Der Boden glänzte mit gebohnerten,
dunklen Parkett. Die Wände waren alle cremefarben in sehr hellen Tönen
gehalten. Von weiß nach beige. Der Stuck an der Decke ließ die Wohnung
kostbarer aussehen, als ich sie schon vom ersten Moment gehalten hatte. An den
großen Panorama-Fenstern, hingen ebenfalls weiße Gardinen, sie schienen aus
dickeren Stoff zu sein, sahen aber sehr elegant aus.
Im Wohnzimmer saßen alle auf einer riesigen Couch. Sie war ebenfalls beige und
passte so sehr gut auf den Boden. Hier wirkten generell sehr viele
Farbkombinationen, vor allem dunkel mit hell.
Die Leute auf der großen Couch, kannte ich alle nicht, obwohl ihre Gesichter
mir sehr bekannt vorkamen. Studierten die etwa auch auf dieser Uni?
Mein Blick fiel sofort durch den weiten Raum zu einem Flügel, schwarz,
glänzend, der auf einem weißen Potest stand und den Wohnraum vom Essraum
trennte. Er sah wundervoll und teuer aus. Kerzenständer standen ebenfalls auf
dem Potest und schmückten den Flügel mit einem besonderen Licht.
Ja, zwischen der WG hier und meinem Wohnheimzimmer lagen einfach Welten. Das
konnten die beiden wirklich nicht ernst gemeint haben. Aber dieser Flügel hatte
es echt in sich. Ich wusste gar nicht, dass Alice spielen konnte?
„Bella.“
Überrascht blickte ich vom Flügel weg. Alice stand nicht mehr neben mir. Wo
war sie? Dann berührte mich jemand sanft an der Schulter, sanfte Blitze
durchfuhren mich, fragend blickte ich in ein lächelndes Gesicht.
„Schön, dass du auch kommst.“ Hatte Edward schon immer so sanft gesprochen?
Ich lächelte ihn an und schaute auf die Hand, die auf meiner Schulter ruhte,
hoffte das Kribbeln unter meiner Haut durch meinen Blick zu ersticken. „Ich
wurde gezwungen.“
Er nahm seine Hand von meine Schulter und ich atmete erleichter auf. Es war
komisch, dass er mich berührte. „Von Alice?“, fragte er überrascht.
Ich nickte. „Ja, ich konnte gar nicht anders. Ich hatte ja gar keine andere
Wahl als zu kommen.“
„Wolltest du denn nicht?“
Ich seufzte. „Weißt du, ich hab ein Stipendium und da wird von mir erwartet,
dass ich gute Noten schreibe und dafür muss ich arbeiten.“
„Kenne ich.“
„Was?“
„Für gute Noten arbeiten“, sagte er grinsend.
„Irgendwie glaub ich dir das nicht.“ Warum stand ich hier mit ihm und hielt
Small Talk? Ich blickte mich im Raum um. Alle Gesichter schauten uns an.
Dann sah ich Alice wieder. Sie stand auf dem Balkon, mit Jemandem dessen Gesicht
ich nicht erkennen konnte, weil er mit dem Rücken zu mir stand. Sie lachte und
schien heiter.
„Na, kennst du alle noch?“, fragte mein Nebenmann.
„Wie?“, fragte ich überrascht.
„Na, die Gäste hier.“ Er lächelte mich liebevoll an. Er hatte ein tolles
Lächeln, dass musste ich schon zugeben. Und ich konnte seinem Lächeln und
seinem Blick gar nicht ausweichen. Ich musste es einfach ansehen, es war einfach
wie verhext.
„Sollte ich denn?“
„Klar. Komm.“ Er nahm mich an die Hand, als wäre zwischen uns nie etwas
vorgefallen, als wären wir die besten Freunde und führte mich zu den anderen
ins Wohnzimmer. Es war komisch, dass er mich an der Hand nahm, als wäre es das
Normalste auf der Welt. Dabei war es das ganz und gar nicht. Für ihn schien das
vielleicht leicht zu sein, doch meine Welt drehte sich gerade viel zu schnell,
dass ich schon befürchtete ein Schleudertrauma zu bekommen.
Und jetzt wusste ich auch wieder, woher ich alle kannte. Auf der Couch saß
Emmett, ich hatte ihn das letzte Mal mit 14 Jahren gesehen. Er war der Cousin
von Edward und Alice und lebte damals auch in Forks. Er war damals schon
größer, doch nun waren seine Schultern auch breiter. Er grinste mich breit an.
Neben ihm, saß seine Freundin. Sie war wunderschön. Ich hatte noch nie jemand
gesehen, der so elegant und wunderschön aussah. Rosalie Hale. Sie und Emmett
sind schon seit einer Ewigkeit zusammen, wie ich erzählt bekam.
Jasper war ihr Bruder und ein sehr guter Freund von Edward. Jasper war die
Person mit der Alice gerade auf dem Balkon war und lachte.
Außerdem waren da noch Mike und noch andere Gesichter, deren Namen ich gar
nicht mehr zu ordnen konnte.
„Hallo Bella, erinnerst du dich noch an mich?“
Ich war gerade in der Küche um mir etwas zum Trinken zu holen, als ich von
jemand angesprochen wurde. Ich blickte in das Breitgrinsende Gesicht von einem
jungen Mann, mit blonden, kurzen Haaren. „Mike?“
„Genau, Mike Newton.“
„Genau“, sagte ich lächelnd und widmete mich wieder dem Schrank mit den
Getränken. Ich überlegte, ob ich wirklich etwas Alkoholisches trinken sollte
oder doch lieber nüchtern bleiben sollte, Alice hatte mir schließlich immer
noch nicht gesagt, was sie genau von mir wollte. Und vielleicht sollte ich bis
dahin zumindest mal nüchtern sein, danach, konnte ich mir immer noch, was auch
immer sie von mir wollte, mir Mut antrinken.
„Was sagst du dazu, dass nun alle hier in Chicago studieren wollen?“
„Was meinst du mit alle?“ Hatte ich etwas nicht mitbekommen? Es ging doch
nur um Alice und Edward.
„Na, alle eben. Emmett, Rosalie und Jasper wechseln auch die Uni nach
Chicago.“
Überrascht blickte ich Mike an. „Warum denn das?“ Das war nun wirklich
merkwürdig.
„Die Clique will wieder vereint sein.“ Er beugte sich neben mir gegen die
Theke um ebenfalls in den Schrank blicken zu können.
„Und du? Studierst du von nun an auch hier in Chicago?“ Anscheinend wollte
er ein Gespräch mit mir führen, also sollte ich vielleicht etwas nett sein und
ihm diesen Gefallen tun.
„Nein, ich studiere in Seattle“, antwortete er mir lächelnd. „Und du? Was
studierst du?“
„Romanistik“, antwortete ich knapp. Offensichtlich wollte dieser Mike Newton
Smalltalk mit mir führen. Doch ich war immer noch zu verwirrt von der Reaktion
meines Körpers, auf Edwards Berührungen. Ich griff nun nach einer Flasche.
Maracuja-Saft. Der sah sehr lecker aus.
„Romanistik? Klingt interessant.“ Irgendwie klang das aber nicht so.
„Ja, ist es auch“, antwortete ich ehrlich. „Es macht mir sehr viel Spaß.
Es fordert auch viel. Aber ich will mein Stipendium nicht verlieren, deswegen
büffele ich auch enorm.“
„Stipendium?“
„Ja, ich kann mir hier so was nicht leisten.“ Damit meinte ich die Wohnung
und das ganze Drumherum.
„Ja, wer kann das schon. Aber die beiden bekommen das Geld ja auch nicht
zugeworfen.“
„Nicht?“ Ich hatte bis eben nicht wirklich hingehört. Aber nun schien es
interessant zu werden. Nebenbei versuchte ich auch noch den Deckel von der
Flasche aufzuschrauben, was sich als schwieriger als erwartet bewies.
„Ja, Edward arbeitet hart“, meinte Mike.
„Edward?“ Das schien mir nun wirklich vollkommen absurd.
„Ja. Glaubst du das nicht?“
„Ganz ehrlich? Nein. Ich habe Edward oder Alice noch nie arbeiten sehen“,
gestand ich ihm.
„Was macht ihr hier?“ Überrascht blickten wir uns beide um, schauten zur
Tür, wo Edward stand und uns fragend musterte.
„Ich hol mir was zu Trinken“, antwortete ich ihm.
„Und ich leiste Bella Gesellschaft“, antwortete Mike mit einem breiten
Grinsen in Richtung Edward.
Warum grinste Mike so?
Edward nickte und trat zu mir an den Tisch. Er griff nach der Flasche, mit
dessen Deckel ich immer noch kämpfte und öffnete sie mir. „Bitte sehr“,
sagte er und reichte sie mir wieder.
Ich wollte ihn dankend anlächeln, doch er blickte mich gar nicht an. Nein, sein
Blick galt nur Mike. Und dieser Blick war nicht mal besonders freundlich.
„Wo sind die Gläser?“, fragte ich Edward und versuchte ihm so von dem
starren Blick zu lösen.
„Zweiter Schrank oben rechts“, antwortete er mir ohne mich auch nur einmal
anzuschauen.
Na super, ganz toll. Freundlicher wäre es doch besser. „Mike erzählte mir
eben, dass all die anderen nun ihr Studium hier beenden wollen.“
Nun blickte Edward mich doch an. Er war anscheinend nun genauso überrascht.
Aber wohl eher, weil ich ihn deswegen ansprach und nicht wegen der Tatsache,
dass alle hier her zogen. Doch er antwortete mir nicht, sondern sah mich einfach
nur an.
„Warum?“, setzte ich nach.
„Weil die Clique wieder zusammen sein will, hab ich dir doch eben schon
gesagt“, sagte Mike.
Dafür erntete er einen bösen Blick von Edward. So langsam wurde mir diese
Situation unangenehm. Und ich wusste nicht mal warum? Vermutlich war zwischen
den beiden was vorgefallen. Ja, genau, das war die einfachste und logischste
Erklärung.
„Bella studiert Romanistik.“ Mike legte den Arm um mich.
„Ich weiß“, antwortete Edward und funkelte Mike wütend an.
Was ging hier denn ab?
Ich schüttelte Mikes Arm von meiner Schulter. Doch dieser gab nicht auf und
legte ihn direkt noch mal um meine Schulter.
„Mike siehst du nicht, dass Bella kein Interesse hat.“
Warum war Edwards Stimme so geladen? Es war ja nett, das er mir nun helfen
wollte, aber er musste doch nicht gleich so darauf reagieren. Und was meinte er
mit Interesse? „Schon gut, Edward.“
„Genau, schon gut.“ Mike lächelte.
Ich konnte gar nicht so schnell schauen, als Edward Mike von mir geschubst
hatte, dieser gegen die Theke stieß. Er blickte Edward wütend an.
„Ich geh dann mal“, sagte ich schnell, griff nach meinem Glas Maracuja-Saft
und wollte gerade die Küche verlassen, als ich an der anderen Hand gepackt und
aufgehalten wurde. Der Griff war fest, aber es schmerzte nicht.
„Nein, du musst nicht gehen. Mike wollte eh gerade gehen“, sagte Edward
bestimmend. Er knirschte regelrecht mit den Zähnen, knurrte die Worte über
seine Lippen.
Erschrocken blickte ich Edward an. Ich erkannte ihn gar nicht wieder und
irgendwie fragte ich mich, was in all den Jahren, die ich ihn nicht mehr gesehen
hatte, passiert war? Was war hier los? Er wirkte so ernst, irgendwie
verschlossen und auch wütend. Allerdings wusste ich nicht, auf wen er in dieser
Situation wirklich wütend war.
Mike blickte mich an.
Doch Edward stellte sich vor mich und verhinderte den Blick. „Geh.“
„Ja, schon okay, Cullen. Bin schon weg. War nett bei euch. Sag Alice liebe
Grüße.“ Damit verschwand Mike Newton auch schon aus der Küche und
vermutlich auch aus der Wohnung.
Ich blickte auf meine Hand. Edward hatte sie immer noch mit seiner umfasst,
schien sie auch gar nicht los lassen zu wollen. Vermutlich war ihm gar nicht
mehr bewusst, dass er mich noch so festhielt. Er stand auch immer noch mit dem
Rücken zu mir und starrte an die Stelle, wo Mike eben gestanden hatte.
Zumindest glaubte ich das.
„Edward…“, fing ich vorsichtig an.
Sofort fuhr er zu mir rum und blickte mich fragend an. „Alles okay?“
„Ja, mir geht’s gut.“ Ich hatte allerdings keine Ahnung, was das hier
gerade war. „Aber was war das eben? Hab ich etwas nicht mitbekommen?“
„Was meinst du?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Das mit Mike und dir.“ Ich blickte nun wieder
auf meine Hand.
Dann folgte er meinem Blick und sah, dass er meine Hand immer noch festhielt.
„Oh, tut mir Leid.“ Sofort ließ er sie los.
Doch als er meine Hand losließ, hatte ich das Gefühl, dass das falsch war.
„Also?“, fragte ich nun und stellte mein Glas wieder ab.
„Was soll denn los sein?“
„Nun verkauf mich nicht für dumm.“ Ich seufzte. Erst dieses Theater und nun
stellte er sich dumm. Ich wurde daraus echt nicht schlau. Da musste doch mehr
dahinter stecken. Gott, vielleicht war es einfach echt das Beste, wenn ich mich
wieder von Edward fern hielt. Es war bestimmt nicht falsch gewesen, dass wir uns
solange nicht gesehen hatten.
„Bella…“, fing er an. Seine grünen Augen schauten mich warm an. Meiner
Meinung nach viel zu warm.
Meine Hand griff nach der Theke, ich versuchte mich festzuhalten, denn meine
Knie wurden unter seinem Blick weich wie Butter. Ich hatte Angst vor seinen
Worten und diese Erkenntnis erschreckte mich. Dass er von unseren ersten
Wiedersehen eine Macht auf mich hatte, hatte mich verwirrt, doch ich hatte nicht
darüber nachdenken wollte. Ich wollte es ignorieren und hatte mir eingeredet,
dass ich ihn gar nicht so oft über den Weg laufen würde.
„Bella, warum willst du nicht zu mir und Alice ziehen?“
Ich sah ihn fragend an, denn ich hatte irgendwie mit etwas anderen gerechnet.
Andere Worte, stellte ich irgendwie enttäuscht fest, dabei wusste ich nicht mal
was ich hören wollte. „Das habe ich euch doch schon gesagt.“
„Ja, das stimmt schon.“
„Also.“ Was wollte er denn von mir hören?
„Ich frage mich, ob das wirklich der einzige Grund ist, warum du hier nicht
wohnen möchtest.“
„Was meinst du denn bitte?“
„Weißt du, ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du zu uns ziehen
würdest.“
Ich schluckte schwer. Dieses Gespräch verlief nicht gut und ich verspürte den
Drang wegzulaufen. Ich wollte nicht mit ihm reden, ich wollte nicht mit ihm
alleine in einem Raum sein. Da war dieser Schmerz in meiner Brust, den er mir
vor langer Zeit zugefügt hatte. Der immer noch da war. Lange Zeit hatte ich ihn
in eine Kiste packen können und in die hinterste Ecke meines Herzens sperren
können, doch nun, war er wieder da. Dunkel und kalt. „Dann würdest du mich
aber jeden Tag sehen.“
Mir fiel wieder ein, was er damals über mich gesagt hatte. Das ich ihn nervte.
Das er nur unser Babysitter war, zumindest fühlte er sich damals. Damit hatte
er mich schrecklich verletzt gehabt. Gut, vermutlich waren ein paar Jahre
vergangen, aber der Schmerz saß einfach immer noch.
„Das fände ich sogar echt toll“, gestand er mir ruhig und ernst.
Ich schüttelte den Kopf und lächelte bitter auf. „Ich glaube dir kein
Wort.“
Überrascht blickte er mich an. „Was meinst du damit?“
„Wie was meine ich damit? Bist du schwer von Begriff? Ich habe gesagt, ich
glaube dir kein Wort von dem was du gerade gesagt hast.“
Ich sah Entsetzten in seinem Gesicht. Anscheinend war er über meine Worte
ziemlich überrascht, ich allerdings auch. Dann fuhr er sich durchs Haar, seine
Mimik änderte sich nun leicht. „Warum?“
„Weil ich dich ja eh nur nerve.“
„Wie bitte?“
„Ich sage nur Babysitter.“ Damit nahm ich mein Glas und stolzierte an ihm
vorbei, direkt aus der Küche hinaus. Gut, es war nicht fair. Dinge sollten
irgendwann schließlich verjähren, aber irgendwie ging das hier nicht so
einfach. Das war kein toller Abgang, absolut nicht, aber ich musste einfach so
schnell wie möglich aus diesem Raum. Weg von ihm. Denn ich konnte mir einreden
was ich wollte, mein Körper sagte etwas ganz anderes.
Kapitel 3: Erinnerungen an Weihnachten mit 17 Jahren
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Versuche niemals, alles zu verstehen. Manches wird nie recht viel Sinn machen.
Sträube Dich niemals, Deine Gefühle zu zeigen, wenn Du glücklich bist, zeige
es!
Wenn Du es nicht bist, finde Dich damit ab!
Scheue Dich niemals davor, etwas zu verbessern, die Ergebnisse könnten Dich
überraschen.
Lade Dir niemals die Last der Welt auf Deine Schultern.
Lass Dich niemals von der Zukunft einschüchtern.
Lebe einen Tag nach dem anderen.
Fühle Dich niemals der Vergangenheit schuldig. Was geschehen ist, ist nicht
mehr zu ändern.
Lerne von den Fehlern, die Du gemacht hast.
Fühle Dich niemals allein, es gibt immer jemanden, der für Dich da ist und an
den Du Dich wenden kannst. Vergiss niemals, dass alles, was Du Dir nur
vorstellen kannst, auch erreichbar ist.
Stell Dir das vor! Es ist nicht so schwer, wie es aussieht.
Höre niemals auf zu lieben. Höre niemals auf zu glauben. Höre niemals auf zu
träumen!“,
---Erinnerung---
Edwards Sicht:
Es war komisch. Ich konnte das Gefühl nicht beschreiben, was in mir war. Ich
war nervös, unsicher, frustriert über mich selber, leicht reizbar, erfreut. Es
waren so viele Emotionen in mir, dass ich Angst hatte davon zu platzen oder ein
Schleudertrauma zu bekommen. Meine Eltern, Alice und ich waren gerade auf dem
Weg zu dem Haus von der Familie Swan. Wir sollten den zweiten Weihnachtstag
miteinander verbringen.
Ich hatte Bella seit mehr als einem Jahr nicht gesehen. Das letzte Mal als sie
letztes Jahr, mit ihren vierzehn Jahren, bei uns den Sommer verbracht hatte. Das
war das letzte Mal als ich sie gesehen hatte.
Dieses Jahr wollte sie nicht kommen. Ich wusste nicht, warum und Alice wollte es
mir nicht sagen. Vielleicht wollte sie einfach nicht mehr ihre Ferien bei uns im
langweiligen Forks verbringen. Verstehen würde ich es ja schon, Forks konnte
eben mit einer Großstadt wie San Fransisco nicht mithalten. Wie auch?
Vielleicht hatte sie nun andere Interessen. Forks war ihr vielleicht nicht mehr
unterhaltsam genug. Sie war nun mal keine acht Jahre mehr, spielte nicht mehr
mit meiner kleinen Schwester Barbies oder mit den Puppen.
Aber so schätzte ich Bella eigentlich gar nicht ein. Bella war ein wundervolles
Mädchen. Ich mochte sie sehr, sehr sogar. Mehr als ich jemals irgendjemand
gestehen würde. Der einzigen Person, der ich meine Gefühle gestanden hatte,
hatte ich seit mehr als einem Jahr nicht mehr gesehen.
Dieser Sommer war schrecklich gewesen. Ja, denn Bella war dieses Jahr nicht bei
uns gewesen. Es wirkte falsch, einfach unnormal. Die Sommer waren für mich
immer die schönste Zeit im Jahr gewesen. Nicht nur weil wir dann Schwimmen
gehen konnten und lange Ferien hatten, sondern vor allem weil Bella dann wieder
bei uns war. Alice und ich planten immer schon Wochen vorher, was wir alles mit
Bella in diesem Jahr machen wollten. Doch dieses Jahr machten wir das nicht. Wir
planten nicht, weil feststand, dass dieser Sommer anders sein würde.
Ich wusste nicht wie es sein würde, sie jetzt wieder zu sehen. Sie war nun 15
Jahre. Sie hatte bestimmt andere Vorstellungen, als damals. Vielleicht sah sie
anders aus, trug ihre Haare vielleicht anders, war nun geschminkt?
Irgendwie hatte ich Angst vor unserem Wiedersehen. Ich wusste nicht, wie ich
mich ihr gegenüber verhalten sollte, was ich ihr sagen sollte. Da waren so
viele Worte in meinem Kopf, Sätze die ich mir zu Recht legte, doch ich hatte
die Vermutung, dass durch meine Nervosität mir nichts mehr einfallen würde,
wenn ich endlich wieder vor ihr stehen würde.
Aber ich wollte sie unbedingt wiedersehen. Ich mochte sie, sehr sogar. Und ich
wollte es ihr unbedingt sagen. Sie war den letzten Sommer auch früher als
geplant wieder abgereist. Vielleicht hatte ich sie damals mit meinem Kuss doch
überrumpelt gehabt.
Ich wusste nicht, was ihr Beweggrund war die Sommer nicht mehr bei uns zu
verbringen und Alice, sagte mir nichts. Sie hielt absolut dicht und das kannte
ich von Alice gar nicht. Sie war eine Tratschtante schlecht hin, konnte nie
lange ein Geheimnis für sich behalten. Doch was das diese Sache anging, schwieg
sie wie ein Grab.
Natürlich stand Alice zwischen den Fronten. Einerseits war sie meine Schwester,
aber andererseits war sie Bellas Freundin. Die beiden waren nun mal die besten
Freundinnen.
Alice war diesen Sommer zu Bella nach San Fransisco gefahren. So blieb ich
alleine in Forks zurück. Es war schrecklich langweilig.
Vielleicht würde ich es ja schaffen, mal eine ruhige Minute mit Bella zu haben,
um mich mal mit ihr zu unterhalten. Ich wollte wissen, warum sie damals so
einfach gegangen war und warum sie dieses Jahr nicht wieder gekommen war.
„Das Essen war wundervoll, Reneé“, sagte Esme zu ihrer Gastgeberin.
„Danke sehr. Bella hat mir viel geholfen.“
Ich blickte Bella an, diese sprach die ganze Zeit nur mit meiner Schwester. Sie
ignorierte mich regelrecht. Warum? Warum war sie so kalt mir gegenüber? So
kannte ich sie gar nicht. Es machte mich aber wütend, dass sie mir gegenüber
so abweisend war und ich nicht mal den Grund kannte. Ich hatte ihr nie was
getan. Ich hatte ihr damals gesagt, dass ich mich in sie verliebt hatte und sie
wollte plötzlich am nächsten Tag abreisen. Und ich wusste nicht warum?
„Komm wir beschenken uns nun“, platzte es Alice raus. Sie stand auf und zog
Bella ins Wohnzimmer. Beide lachten fröhlich.
Ich folgte ihnen. Dieses Jahr war ich derjenige der ihnen hinterher lief.
Früher waren es immer Alice und Bella gewesen, die mir hinterher liefen. Doch
die Zeiten änderten sich anscheinend.
Ich hatte auch ein Geschenk für Bella, aber ich wusste nicht, ob es ihr
gefallen würde. Es hatte ewig gedauert, bis ich überhaupt irgendwas gefunden
hatte. Es war ein Teddy. Ja, ich hatte mich für einen Teddybär entschieden.
Der Gedanke war komisch. Aber ich hoffte, dass sie ihn nehmen würde, sich
vielleicht über ihn freuen würde. Ich hoffte, dass sie mit ihm kuscheln
würde, ihn wärmen würde, so wie ich wünschte, dass sie es mit mir tat. Ich
hoffte, dass sie dem Teddy all ihre Sorgen und ihren Kummer erzählen würde,
all das was ich hoffte, was sie mir erzählen würde. Ja, es war ein komischer
Gedanke. Ich schenkte ihr einen Teddy, in der Hoffnung, dass sie ihn so
verwenden würde, so wie ich mir hoffte, dass sie es mit mir tat. Es war ein
dummer Gedanke. Aber ein anderes Geschenk hatte ich nicht gefunden. Das war das
Beste.
„Bella“, sprach ich sie an. Ich wollte sie bitten, mit mir kurz in ein
anderes Zimmer zu gehen. Ich wollte ihr den Teddy unter vier Augen geben und ich
wollte endlich mal mit ihr reden. Ich musste all meinen Mut zusammenkleben, was
ich von mir gar nicht kannte. Aber ich war in ihrer Gegenwart einfach so
schrecklich nervös.
Natürlich hatte sie mich gehört, doch sie blickte mich gar nicht an.
Alice blickte fragend zu mir. Sie wusste anscheinend auch nicht was wirklich los
war.
Tappte sie genauso wie ich im Dunkeln? Wusste sie etwa auch nicht, warum Bella
mir gegenüber so schroff und abweisend war?
Bellas Verhalten mir gegenüber, machte mich wütend. Meine Hände ballten sich
zu Fäusten. Ich schaute, wie meine Finger in den Stoff Hose griffen und ihn
zusammen drückten. Die Knöchel traten weiß hervor. Warum behandelte sie mich
so? Warum behandelte sie mich wie Luft?
„Bella, Edward hat auch ein Geschenk für dich“, versuchte Alice nun für
mich Partei zu ergreifen.
Überrascht blickte ich auf um zuschauen, ob Bella mich ansah. Und tatsächlich,
sie blickte mich wirklich an. Aber ihr Blick, tat mir weh. Sie schaute mich mit
Abscheu an. Ihr Blick war kalt? Hasste sie mich etwa?
Ich zuckte regelrecht unter ihrem Blick zusammen, alles in mir starb, als sie
mich so ansah.
Dann blickte sie wieder weg und sprach wieder mit Alice.
Wütend stand ich auf. „Dann eben nicht“, schrie ich sie an, warf ihr mein
Geschenk vor die Füße und rannte aus dem Wohnzimmer.
Am nächsten Tag reisten wir ab. Ich hatte kein weiteres Wort mehr mit Bella
gesprochen. Sie hatte mich mit ihrer Art verletzt und ich wusste nicht mal
warum. Sie ging mir aus dem Weg, ignorierte mich, behandelte mich wie Luft und
ich wusste nicht mal warum. Es war schrecklich, dass wir es nicht klärten. Aber
der Schmerz war auch nicht besser.
--- Erinnerung Ende---
Bellas Sicht:
Das hatte Alice ja wieder super hinbekommen. Sie wusste ganz genau, dass ich
wieder ins Wohnheim zurück wollte. Besser gesagt musste. Ich musste
schließlich dort schlafen. Nur leider hatten alle schon was getrunken, außer
eine Person.
„Bella, du kannst auch hier schlafen“, versuchte Alice mich zu
beschwichtigen.
„Nein, ich muss morgen früh in der Uni sein. Es ist besser, wenn ich also im
Wohnheim bin.“
„Ganz wie du magst. Edward“, rief sie ihren Bruder.
Ich seufzte. Ja, Edward war die einzige Person, die nichts getrunken hatte und
das bei seiner eigenen Einweihungsfeier. Der junge Mann mit dem bronzefarbenen
Haare kam zu uns und lächelte mich an.
„Edward, kannst du Bella zurück ins Wohnheim fahren. Sie hat den letzten Bus
verpasst.“
„Klar. Mach ich gerne.“
Alice lächelt glücklich, als sie das hörte. „Das ist super.“ Doch mir
konnte meine Freundin nichts vor machen, das hier hatte sie alles eingefädelt.
Sie war die Königin der Intrigen. „Ich habe Bella ja schon das Angebot
gemacht, dass sie bei uns schlafen kann, aber sie hat abgelehnt“, redete Alice
weiter.
„Alice, das interessiert ihn bestimmt nicht.“
„Lass mich entscheiden, was mich interessiert und was nicht“, antwortete er
mir. Die Antwort kam schroff von ihm und ich wäre bei diesen Worten von ihm
zusammengezuckt, wenn er mich dabei nicht so anlächelte. „Also wollen
wir?“
„Du musst mich nicht bringen. Ich kann auch laufen.“
Edward schüttelte den Kopf. „Kommt nicht in Frage. Dann wärst du aber
bestimmt eine Stunde unterwegs. Und Alice möchte bestimmt nicht, dass du durch
dunkle Gassen läufst“, antwortete er wieder lächelnd und reichte mir meine
Jacke. „Na komm.“
Dunkle Gassen? Dieses Viertel gehört zum reichsten der Stadt, ich glaube kaum,
dass es hier dunkle Gassen gibt. Ich seufzte, gab klein bei und zog mir meine
Jacke an.
„Ich ruf dich morgen an, Bella.“ Alice drückte mich noch mal an sich und
grinste nur.
Ich vermutete, dass sie sich vielleicht in diesen Jasper verliebt haben könnte.
Aber das würde sie mir morgen am Telefon schon erzählen. „Ja, tu das. Ich
habe bis um Eins eine Lesung. Und ab um Drei bin ich arbeiten.“
„Gut, ich werde dich schon erreichen.“ Ja, wenn sie so etwas sagte, rief sie
mich etwa in meiner Lesung oder auf der Arbeit an.
„Wollen wir?“, fragte Edward mich und hielt die Tür auf. Ich nickte und
verließ mit ihm das Apartment.
Es war komisch neben Edward Cullen im Auto zu sitzen. Es war generell komisch,
dass wir uns in der gleichen Stadt befanden und dass sich diese Tatsache wohl
auch in nächster Zeit so schnell wieder ändern würde.
Erst mal war sein Auto ein Maserati und was für einer. Ich hatte immer mal
geträumt in so einem Auto sitzen zu können. Ja, sogar Frauen träumen von
Autos. Von diesem hier garantiert. Ein Maserati GranTurismo S. Ich verstand
nicht viel von Autos. Aber man musste auch nicht viel verstehen oder ein
Autokenner sein, um zu wissen, dass dieses Auto ein Hammer ist. Und so ein
Maserati war nun mal was Wundervolles. 440 PS. Von 0 auf 100 in 4,9sec.
Aber es war komisch dass ich neben Edward saß. Da konnte das Auto auch noch so
phänomenal sein. Plötzlich nach so langer Zeit sahen wir uns also wieder. Es
war verrückt und merkwürdig, verwirrend. Ich wusste, dass ich zu verkrampft im
Sitz saß. Lag das am Auto oder an die Person neben mir?
Das letzte Mal hatte ich Edward an Weihnachten gesehen. Gut, an den Besuch
wollte ich mich eigentlich nicht mehr erinnern. So schön war der Tag nicht
gewesen. Edward war ausgerastet. Gut, ich hatte ihn damals ziemlich ignoriert
und ihm die kalte Schulter gezeigt und das hatte ihm vermutlich sehr mitgenommen
gehabt. Aber es hatte mich auch mitgenommen gehabt, wie er mich damals behandelt
hatte. Jetzt im Nachhinein hätte ich anders reagieren sollen, als er Weinachten
bei uns verbracht hatte. Aber mein Stolz verbot es mir damals.
„Hast du den Teddy eigentlich noch?“, fragte er plötzlich.
Überrascht blickte ich ihn an. Was für einen Teddy? Von was bitte sprach er?
„Welchen?“
„Den ich dir damals zu Weihnachten geschenkt habe. Du warst 15 Jahre alt.“
„Du meinst, den, welchen du mir vor die Füße geschmissen hattest?“, fragte
ich konternd. Gut, das war nicht gerade freundlich.
Er blickte mich sauer an, sah dann aber wieder auf die Straße. Ich sah wie sich
seine Hände ums Lenkrad verkrampften. Sein Knöchel traten weiß hervor.
„Oh Bella“, sagte Edward mit einem Seufzer. Er klang verzweifelt und
irgendwie lag Traurigkeit und Schmerz in seiner Stimme.
Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte, ob ich überhaupt etwas sagen
sollte. Was sollte man nach so langer Zeit sagen?
Ich blickte ihn ab und an von der Seite an, blickte dann aber immer wieder aus
dem Fenster. Es war eine merkwürdige Anspannung zwischen uns. Irgendwas war da
zwischen uns.
Etwas Falsches?
Immer wenn ich in seine Augen sah, musste ich an unseren einzigen Kuss denken.
Nicht an den Schmerz. Nein, dann war da nur diese Erinnerung an den Kuss. Diese
wundervolle Erinnerung. Und ich musste immer wieder den Gedanken an den Schmerz
hervor rufen, damit diese Erinnerung wieder schwand.
Warum fühlte ich mich so hilflos in seiner Nähe?
Dabei hatte ich ihn ewig nicht mehr gesehen. Es war so viel passiert. Er hatte
mir damals so weh getan, warum war ich gerade dabei ihm zu verzeihen.
Den Rest der Fahrt schwiegen wir, vermutlich wollte keiner mehr etwas Falsches
sagen, was die Stimmung völlig zerstören würde.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir schon am Wohnheim ankamen. Die Fahrt war
so schnell gewesen und doch hatte ich mir gewünscht, dass sie länger anhalten
würde.
Doch da war Edward schon ausgestiegen und öffnete mir die Tür. „Da wären
wir.“
„Danke sehr.“ Ich stieg aus dem tollen Auto und blickte zum Wohnheim. Es
brannte kein Licht mehr in meinem Zimmer, hätte mich auch gewundert. Vermutlich
war Angela bei Ben. Ihrem momentanen Freund.
Er schloss die Tür wieder. „War toll, dass du da warst.“
Überrascht blickte ich ihn an. War das sein Ernst? „Ja, war nett bei euch“,
versuchte ich freundlich.
„Du kannst immer noch zu uns einziehen.“
Ich musste etwas Lächeln. Die Cullen-Geschwister gaben aber auch wirklich nicht
so leicht auf. Das war schon mehr als Beharrlichkeit. „Nein, das halte ich
für keine gute Idee.“
„Verstehe.“ Er lehnte sich nun neben mich ans Auto.
„Ich habe ihn übrigens noch“, sagte ich plötzlich. Ich war ihm
schließlich noch eine Antwort offen.
„Was?“
„Deinen Teddy“, erklärte ich.
„Ja?“
Ich nickte.
„Das ist schön.“
„Ich hatte die Karte auch gelesen.“ Nicht nur einmal. Ich hatte sie mir
immer und immer wieder durchgelesen. Er hatte schon immer eine sehr klare
Schrift gehabt und seine Worte waren die schönsten die ich bis zu diesem
Zeitpunkt gehört hatte.
„Welche Karte?“
„Hey, ich dachte das wäre dein Geschenk. Du erinnerst dich nicht mehr an die
Karte?“, fragte ich skeptisch.
„Was stand denn drin? Vielleicht erinnere ich mich ja wieder daran.“
„Warte mal“, ich überlegte wirklich. Nein, ich kannte die Karte sehr gut.
Den Spruch der da drinnen stand, konnte ich auswendig. Ich hatte ihn überall
hingeschrieben. Er stand sogar jetzt über meinem Schreibtisch, damit ich ihn
immer las. Ich musste nicht überlegen.
„Versuche niemals, alles zu verstehen.
Manches wird nie recht viel Sinn machen“, fing ich an und blickte ihn dabei an
und zu sehen, ob er sich daran erinnerte.
„Sträube Dich niemals, Deine Gefühle zu zeigen, wenn Du glücklich bist,
zeige es!
Wenn Du es nicht bist, finde Dich damit ab!
Scheue Dich niemals davor, etwas zu verbessern, die Ergebnisse könnten Dich
überraschen.
Lade Dir niemals die Last der Welt auf Deine Schultern.
Lass Dich niemals von der Zukunft einschüchtern.
Lebe einen Tag nach dem anderen.
Fühle Dich niemals der Vergangenheit schuldig. Was geschehen ist, ist nicht
mehr zu ändern.
Lerne von den Fehlern, die Du gemacht hast.
Fühle Dich niemals allein, es gibt immer jemanden, der für Dich da ist und an
den Du Dich wenden kannst. Vergiss niemals, dass alles, was Du Dir nur
vorstellen kannst, auch erreichbar ist.
Stell Dir das vor!
Es ist nicht so schwer, wie es aussieht.
Höre niemals auf zu lieben.
Höre niemals auf zu glauben.
Höre niemals auf zu träumen!“ , sprach Edward weiter. Er sah mich dabei gar
nicht an, sondern starrte in die Dunkelheit der Nacht die vor uns lag.
Ich war überrascht, dass er den Spruch noch kannte. Es stimme jedes Wort. „Du
erinnerst dich ja doch.“
„Du kennst es ja auch auswendig“, sagte er mit einem Lächeln.
Ich nickte. „Ja, schon“, gestand ich ihm.
Wieder schwiegen wir beide, doch dieses Mal war die Stille nicht ganz so
unerträglich, wie vorhin.
„Warum?“, fragte er und unterbrach die Stillem mit seiner schönen Stimme.
„Was warum?“
„Warum kennst du den Spruch auswendig?“
Ich zögerte einen Moment, ob ich ihm ehrlich antworten konnte oder ich mir eine
Lüge ausdenken musste. Schließlich seufzte ich, denn ich wusste, dass es nicht
richtig war zu lügen. Es wäre eh egal, er hätte von der Antwort nichts. „Er
steht über meinem Schreibtisch.“
„Warum?“
Irgendwie waren das für einen Abend eindeutig zu viele ‚Warum‘. „Warum
fragst du mich das?“
„Weil ich es gerne wissen will.“ Er stieß sich vom Auto ab und stand mir
nun gegenüber. Seine Hände stützte er links und rechts von mir ab. „Sag es
mir.“ Seine Stimme war bittend, nicht befehlend.
„Lass das“, bat ich ihn. Ich brauchte wieder Abstand. Ich spürte, wie ich
wieder schwach wurde. Ja, ich wurde wieder schwach und das lag ganz alleine an
ihm. Ich blickte in sein Gesicht und alles andere verschwamm um mich herum. Da
war nur noch sein Gesicht. Sein Geruch. Sein Lächeln.
„Was soll ich lassen?“
Er beugte sich zu mir vor und ich spürte seinem Atem auf meiner Gesichtshaut.
Er kam mir entsetzlich nahe.
Wo war mein Sicherheitsradius? Warum bestand ich nicht darauf, ihn einzuhalten?
Warum konnte meine Hände ihn nicht einfach von mir stoßen?
Meine Knie wurden weich. Sie würden gleich nachgeben.
Da waren sie wieder. Diese unsagbar schönen und sanften Lippen. Lippen, die nie
schöner sein konnte, die nie sinnlicher ausschauen könnten. Sie sahen noch
genauso aus, wie damals, als er 16 war und ich 14. Es hatte sich einfach nichts
geändert. Er war immer noch so wunderschön.
„Du hast meinen Teddy noch“, fing er an.
Ich nickte nur.
„Warum hast du ihn nie weggeschmissen?“
Ich schluckte schwer und wusste, dass ich nicht lügen konnte, wenn er mir so
nah war. Ich hatte sowieso keine Kontrolle mehr über meinen Körper. „Warum
sollte ich das? Du hast ihn mir geschenkt.“
„Du hast mich damals wie Luft behandelt.“ Sein Atem streichelte über mein
Gesicht. Mit jedem Wort, das er aussprach, streichelte er über mein Gesicht.
„Du hattest gesagt, dass ich dich nerve“, gestand ich ihm. Ich wollte ihm
das nie sagen. Er wusste es doch eigentlich selber. Er war doch dabei gewesen.
Es waren seine Worte gewesen. Warum sagte ich ihm das? Warum wollte er die
Wahrheit wissen? Warum hatte er so eine Macht über mich und meinen Körper?
„Wann?“, fragte er mich entsetzt und wich etwas zurück. Wusste er es
wirklich nicht mehr?
Ich schluckte schwer und ich konnte den Blick von ihm endlich abwenden. Der
Schmerz nahm die Überhand in meinem Körper und zwang mich, ihn nicht mehr
anzusehen. Wenigstens hatte dieses erdrückende Gefühl in meiner Brust so auch
etwas Gutes. „Beim Sommerfest.“ Ich erinnerte mich wieder an den Schmerz.
Er sah die Tränen, die in meine Augen traten. Ich wollte nicht weinen und auch
nicht traurig werden. Eigentlich dachte ich, ich hätte es so lange schon
überwunden, doch er riss wieder an der Wunde. Die Narbe war immer noch da.
Wollte er sie wieder aufreißen?
„Wann?“
Ich schluckte schwer und hoffte, dass ich nicht anfangen würde zu weinen. Nicht
vor ihn. Ich versuchte ruhig zu bleiben, ruhig zu atmen und hoffte meine Stimme
würde nicht zittern. „Du hast es zu deinen Freunden gesagt. Alice und ich
kamen gerade um die Ecke.“ Ich stoppte kurz, den mein Atem stockte. Ein Kloß
war in meinem Hals. Etwas wollte, dass ich nicht weiter sprach. Eine Mauer
wollte es nicht. „Du hast gesagt, dass Alice und ich dich nur nerven und du
unser Babysitter wärst.“ Es tat nicht gut, darüber zu reden. Ich hatte noch
nie mit jemanden darüber gesprochen und nun wusste ich auch wieder warum. Denn
diesen Schmerz der sich kalt um mein Herz legte, konnte ich dann nicht mehr in
die Kiste sperren. „Das war nach unserem Kuss.“
Edward legte seinen Kopf auf seine Brust. Ich hörte wie er seufzte. „Deswegen
also...“, murmelte er.
Ich schluckte.
Schnell drückte ich ihn weg und rannte an ihm vorbei, ins Wohnheim. Ich musste
weg. Weg von ihm und von dieser Situation.
Kapitel 4: SMS von Unbekannt
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Wir stehen alle ein wenig im Dunkeln, wenn es um die Liebe geht.
Manchmal muss man vor ihr davon laufen, um sich um Dinge klar zu werden.
Und manchmal muss man nach Hause kommen um es erneut zu versuchen.
Die Optimisten wissen, dass es unendlich viel Liebe zu verteilen gibt.
Und die anderen können nur hoffen, dass sie noch einen Stuhl erwischen, wenn
die Musik aufhört zu spielen.
Selbst wenn du bekommst, was du willst, ist die Liebe wie ein Schuss in der
Dunkelheit.
Eine Chance Dinge an sich selbst zu erkennen, von denen du nichts wusstest.
Zum Beispiel, das Gefühl, dass du jemanden noch nicht vergessen hast.
Oder dass du irgendwann jemanden vergessen kannst, nach einer sehr langen,
dunklen Nacht.
Da lag ich also nun in meinem Bett. Wach und schlaflos. Ich war nicht müde,
doch wusste ich, dass ich schlafen sollte. Ich brauchte meinen Schlaf. Leider
gingen mir noch zu viele Gedanken durch den Kopf. Der Anblick von Edward Cullen
war immer noch in meinem Kopf. Er war einfach noch zu präsent und schien auch
nicht so schnell aus meinen Gedanken zu verschwinden. Er war einfach da. Ich
wusste nicht mal genau, warum ich darüber eigentlich so wirklich nachdachte.
Warum hatte ich mit ihm eigentlich darüber gesprochen? Gut, dann konnte ich
auch fragen, warum war ich zu ihm ins Auto gestiegen. Das war genauso irrsinnig.
Nun wusste er es also. Und er hatte überrascht gewirkt.
In meinem Kopf ging ich gerade noch mal das ganze Gespräch durch, als wir aus
dem Auto gestiegen waren und daran gelehnt hatten.
„War toll, dass du da warst.“ War das erste gewesen, dass er zu mir gesagt
hatte, als er zu mir auf die andere Seite gekommen war. Er stand schon paar
Sekunden da und hatte das Schweigen, die Stille, auch bemerkt. Natürlich, sie
war da. Es war komisch und ungewohnt. Hatte er sich denn wirklich gefreut, dass
ich gekommen war? Warum hatte es mich so überrascht? Bin ich etwa immer noch
von damals verletzt. Das ist nun gut sechs Jahre her. Aber es war damals wie ein
Schlag ins Gesicht gewesen. Ich hatte es lange nicht verkraftet und eine lange
Zeit wirklich nur verdrängt gehabt.
„Ja, war nett bei euch.“ Das war nun die dümmste Antwort, die ich ihm
darauf geben konnte. Dann hätte ich auch gleich sagen sollen, dass das Wetter
toll war oder dass die White Socks gewonnen hatten.
Ich zog mir meine Bettdecke bis über den Kopf. Man war dieses Gespräch
peinlich gewesen. Einfach nur peinlich. Das musste in die Peinlichkeitsliste von
Bella Swan ganz oben. Dabei gab es auf dieser Liste schon ein paar Highlights.
„Du kannst immer noch zu uns einziehen.“
Warum war er genauso besessen darauf, dass ich zu ihm und Alice in die WG ziehe?
Wir waren zu verschieden. Es wäre komisch. Es war einfach zu viel passiert. Und
es ist doch ein ganzes Stück zur Uni, dann müsste ich jeden morgen den Bus
nehmen. Nein, das wäre nicht gut. Überlegte ich gerade wirklich, dass wenn ich
bei ihnen wohnen würde, ich den Bus nehmen müsste?
Na super. Also dachte ich jetzt wirklich schon drüber nach. Ja, ich wiegte es
ab. Also wie viele Punkte hatte ich auf der Pro- und wie viele auf der
Contraliste?
Und als er dann nach meiner Antwort, dieses: „Verstehe“ hervorbrachte, klang
es wirklich enttäuscht. Hatte er etwa gehofft, dass ich nach einer einzigen
Autofahrt plötzlich zusagen würde.
Aber es war ein Maserati GranTurismo S. Das war schon ein gemeiner Zug von ihm
gewesen. Mit diesem Auto wurden die Punkte auf der Contraliste weniger.
Und warum kam ich noch mal auf die bescheuerte Idee von dem Teddy anzufangen?
Warum musste ich ihm sagen, dass ich ihn wirklich noch hatte? Nein, ich hatte
ihn damals echt nicht weggeschmissen. Warum? Gute Frage, die stellte ich mir
gerade auch. Dann wär mir wenigstens der Rest des Gesprächs erspart geblieben.
Dumme Bella. Dummer Teddy.
Ich zog die Decke wieder von meinem Gesicht und schaute zu meinem Schreibtisch.
Über dem Spruch, auf dem Regal saß er.
Ja, ich hatte den Teddy von Edward sogar mit nach Chicago genommen, er war immer
hier, begleitete mich nach Chicago und wartete auf mich wenn ich von der
Vorlesung wieder ins Wohnheim kam.
Warum hatte ich ihn nicht einfach angelogen und ihm gesagt, dass ich ihn gar
nicht mehr hatte. Dass ich ihn damals direkt weggeschmissen hatte. Warum kannte
Edward noch den ganzen Spruch auswendig?
Natürlich kannte ich ihn. Es war mein Lieblingsspruch. Ich studiere Romanistik
und da war er gerade passend. Ich mochte ihn sehr.
Ich mochte den Teddy und den Spruch. Ja, ich mochte Edwards Teddy und seinen
Spruch.
„...Es ist nicht so schwer, wie es aussieht.
Höre niemals auf zu lieben.
Höre niemals auf zu glauben.
Höre niemals auf zu träumen!“
Ja, er hatte jedes Wort, jede Zeile richtig gesetzt. Er konnte den Spruch
genauso auswendig wie ich. Bedeutete er ihm vielleicht genauso viel wie mir?
„Warum kennst du ihn auswendig?“ hatte er mich schließlich gefragt. Seine
Frage war berechtigt gewesen. Genauso berechtigt, wie die Frage, ob ich seinen
Teddy immer noch habe. Oder warum ich ihn noch habe.
„Weil ich es gerne wissen will.“ Seine Stimme war so wunderschön. Sie war
sanft und melodisch. Jedes Wort klang wie ein Lied, wie eine Melodie. Als würde
er mit jedem Wort etwas singen wollen.
Reiß dich zusammen, hallte es sofort in meinem Kopf. Doch es brachte nichts.
Ich schaute auf die Uhr auf meinem Schreibtisch. Ich sollte schlafen. Ich hatte
in gut fünf Stunden eine Vorlesung und danach musste ich arbeiten. Ich sollte
schlafen. Wirklich.
Schlaf? Bitte.
Dann stand er mir gegenüber. Seine bronzefarbenen Haare sahen immer noch so
verwegen aus, wie damals. Er sah immer noch so aus wie damals, so wie ich ihn
das letzte Mal gesehen hatte und so wie ich ihn immer in Erinnerung hatte.
Ja, ich hatte ihn nie ganz vergessen. Schließlich hatte ich ihm meinen ersten
Kuss geschenkt.
Seine grünen Augen schauten mich an, ich konnte sie nur schwach im Schein der
Straßenlaternen erkennen, aber ich sah sie.
Ich wollte dass er sich wieder umdrehte, wieder wegging. Ich wollte, dass er
mich in Ruhe ließ. Doch er tat es nicht.
Aber in mir war ein Gefühl, das was ganz anderes wollte. Dieses Gefühl wollte,
dass er mir weiter so nahe war, mich weiter so anschaute.
Dieses Gefühl kam aus dem Bauch. Dort war es plötzlich schrecklich warm. Und
auch jetzt noch. Auch jetzt noch spürte ich dieses Gefühl, dass mich wohlig
fühlen lässt. Es war ein wundervolles Gefühl. So hatte ich mich immer in
seiner Nähe gefühlt, damals mit 14 Jahren.
Und warum hatte er so entsetzt reagiert, als ich ihm sagte, dass er mich damals
verletzt hatte. Hatte er es damals gar nicht mitbekommen, dass Alice und ich da
standen? Aber er hatte es gesagt, darum ging es ja. Er hatte es gesagt. Zwar
nicht zu mir oder zu Alice direkt und vielleicht sollten wir es auch gar nicht
bekommen, aber er hatte es gesagt.
Mein Handy vibrierte und holte mich so aus meinen Gedanken heraus. Ein Glück.
Ich musste all diese Gedanken an Edward los werden. Ich hatte bisher nicht viel
an Edward gedacht und ich wollte damit nun auch nicht plötzlich anfangen. Er
hatte mich damals verletzt. Punkt. Ausrufezeichen. Kein Koma und kein
Fragezeichen.
Eine SMS. Unbekannt:
„Hallo Bella.
Tut mir Leid, dass ich mir die Nummer von dir geben ließ, aber ich musste dir
einfach schreiben. Ich verstehe jetzt, warum du mir damals die kalte Schulter
gezeigt hast. Es tut mir Leid, das ich dich damals so verletzt habe.“
War das Edward?
Da wollte ich doch nicht mehr an ihm denken, keine einzige Sekunde mehr, war der
Ablenkung durch eine SMS so dankbar und von wem kam die SMS, von ihm selber. Von
wem hatte er meine Nummer? Alice? Bestimmt. Die kann was erleben. Von wegen
Freundin. Freundinnen machen so etwas nicht. Soll ich ihm antworten? Soll ich?
Ich legte das Handy weg. Nein, ich sollte ihm nicht antworten. Was erlaubte der
Kerl sich eigentlich an meine Nummer zu kommen? Außerdem wusste ich ja nicht
mal, was ich ihm schreiben sollte. Ich wollte ihn vergessen und schlafen.
Was erlaubte er sich eigentlich mir eine SMS zu schreiben? Ich griff wieder nach
dem Handy und las die SMS noch mal durch.
„Von wem hast du meine Nummer?“
Ich löschte diesen Abschnitt wieder. Ich wusste doch selber, dass er die Nummer
von Alice hatte.
Also neuer Anfang.
„Warum entschuldigst du dich für etwas, was damals passiert ist?“
Warum konnte ich nichts Sinnvolles schreiben? Sollte ich über das Wetter
schreiben? Nein, ich sollte mit ihm nicht mal über das Wetter schreiben. Ich
sollte gar nicht mit ihm schreiben. Absenden?
Ja oder Nein?
Es war nur noch ein Knopfdruck. Ich kniff die Augen zusammen und sendete die
Nachricht ab. Ich hatte ihm wirklich geschrieben.
Schwer seufzend zog ich mir die Bettdecke wieder bis über den Kopf.
Warum hatte ich ihn noch mal geschrieben? Warum war ich zu ihm ins Auto
gestiegen? Warum hatte ich seinen Teddy noch?
Warum hatte ich die Sommer immer bei den Cullens verbracht? Warum hatte ich mich
nur damals in ihn verliebt? Verliebt.
Bella, versuch endlich zu schlafen, rief ich mir ins Gedächtnis. Aber ich war
wach. Ich war nun so was von wach. Und nun wartete ich auf eine Antwort von ihm.
Ich hätte ihm wirklich nicht schreiben sollen.
Würde er mir noch mal zurückschreiben? Würde er mir auf meine Frage
antworten?
Warum hatte er sich überhaupt für damals entschuldigt?
Es war nun gut sechs Jahre her.
Es war schließlich meine Sache, dass ich das noch nicht verarbeitet hatte.
Warum musste Alice nach Chicago ziehen? Genau, dann hätte sie ihren Bruder
nicht angeschleppt und hätte ihm auch nicht meine Handynummer gegeben. Es war
einfach alles verhext, mein ganzes Leben war nun plötzlich auf den Kopf
gestellt. Und warum?
Mein Handy vibrierte wieder.
Ein Glück war es auf lautlos gestellt, sonst würde Angela mir was erzählen.
Sie hatte sogar noch vor mir Lesung, musste noch früher aufstehen, da würde
sie mich wirklich köpfen, wenn ich sie mitten in der Nacht weckte.
Ich seufzte, atmete tief ein, um mir Mut zu holen und öffnete die Nachricht
wieder.
Unbekannt:
„Du antwortest. Das heißt du schläfst noch nicht. Warum ich mich
entschuldige? Weil es mir Leid tut, wie es gelaufen ist. Es hätte anders
laufen können und nur wegen eines dummen Satzes von mir haben wir uns so lange
nicht gesehen. Nur wegen der Aktion eines Teenagers, der gut bei seinen Freunden
ankommen wollte und zu feige war um ihnen zu sagen, dass er sich in das eine
Mädchen verliebt hatte. Nur deswegen haben wir den Kontakt verloren. Nur
deswegen hattest du mir die kalte Schulter gezeigt.“
Ich seufzte.
Das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Das war eine ehrlichere Antwort als
ich gedacht hatte. Ich hatte gehofft, dass er mir antworten würde, hatte aber
nicht gewusst, was ich erwartete oder erhofft hatte zu lesen. Mit dem hier hatte
ich absolut nicht gerechnet. Warum wurde mir warm ums Herz? Es tat ihm Leid? Ja,
es tat ihm wirklich Leid, dass er an all dem Schuld war. Ja, er gab sich die
Schuld, dass wir so lange keinen Kontakt mehr hatten. Ja, er gab sich die
Schuld, dass ich ihm die kalte Schulter gezeigt habe.
Das war süß. Nein, Edward Cullen ist nicht süß. Er hatte mir weh getan.
Aber er entschuldigt sich gerade.
Er hat mir damals weh getan.
Aber er war gerade so süß.
Ausrufezeichen! Wo ist mein Ausrufezeichen? Warum ist da gerade nur noch ein
Punkt, dass zu einem Komma wird.
Antworten, fragte mein Handy mich und ich wusste es selber nicht. Ich legte den
Kopf in den Nacken und fragte mich, was ich hier gerade tat. Ich schrieb mit
Edward, dem Edward wegen dem ich solange traurig gewesen war, der mir damals
schrecklich weh getan hatte.
Was sollte ich ihm denn darauf antworten? Was konnte ich ihm antworten? Aber ich
wollte ihm doch gar nicht schreiben. Warum wägte ich schon wieder ab? Warum
verhandelte ich schon wieder mit mir selber? Warum brachte er plötzlich alles
durch einander? Was war gerade die wichtigste Frage, die in mir war?
„Warum seid ihr alle zu mir nach Chicago gekommen? Warum bist Du nach Chicago
gekommen?“
Ich las mir die Antwort noch ein paar Mal durch. Ja, das war die wichtigste
Frage. Von ihr hing vielleicht alles ab. Gut, ich ließ von ihr alles abhängen.
Na super, ich verhandelte schon wieder.
Warum war da nicht mehr dieser Satz: „Edward ist doof und böse!“ Warum ist
da kein Ausrufezeichen mehr? Warum ist da plötzlich ein Fragezeichen? Ich
sendete die Nachricht dieses Mal ohne zusammen gekniffene Augen ab.
Wieder und wieder las ich mir die SMS von Edward durch:
„…Weil es mir Leid tut, wie es gelaufen ist… Nur wegen einer Aktion eines
Teenagers, der gut bei seinen Freunden ankommen wollte und zu feige war um ihnen
zu sagen, dass er sich in das eine Mädchen verliebt hatte. ….“
Ja, es war süß. Diese SMS war süß.
Was war das hier? Es war komisch. Aber es fühlte sich auch gut an. Vielleicht
könnten wir einige Dinge aus der Vergangenheit endlich bereinigen. Vielleicht
waren wir damals wirklich nur Teenager und er hatte damals was Falsches gesagt
und ich hatte es zu sehr in den falschen Hals bekommen. Vielleicht hatte ich
damals auch überreagiert, vielleicht hätte ich ihm damals erst mal zur Rede
stellen sollen. Aber ich war ein Teenager. Teenager machen Fehler. Jeder macht
Fehler.
Fehler.
Hatte Edward damals auch einen Fehler gemacht? Sollte ich ihm eine Chance geben?
Sollte ich das wirklich riskieren?
Ich schaffte es doch tatsächlich einzuschlafen. Ich wusste nicht wie, aber als
ich morgens aufwachte, war ich sogar relativ gut ausgeschlafen. Doch als ich auf
meine Uhr schaute, schrak ich zusammen. Im Halbschlaf musste ich meinen Wecker
ausgeschaltet haben, ohne es wirklich mitzubekommen und hatte nun nur noch eine
halbe Stunde zu meiner Lesung.
„Na Super.“
Der Tag fing ja schon mal echt super an.
Gerade noch so schaffte ich es in den Vorlesungssaal. Mein Platz war zum Glück
noch frei, ich platzierte mich dort, klappte meinen Tisch hoch und kramte meine
Unterlagen aus meiner Tasche. Gut wenigstens hatte ich nichts vergessen
einzupacken.
Mein Blick fiel auf mein Handy, dass ich heute Morgen ohne Achtung einfach so in
die Tasche geschmissen hatte.
Auf dem Display erschien sofort die Meldung: „2 ungelesene Nachrichten.“
Zwei?
Ich schaute nach vorne, der Professor begann begeistert zu erzählen und an die
Tafel zu schreiben. Konnte ich es riskieren? Schließlich hatte ich die
Nachrichten doch geöffnet.
Unbekannt:
„Warum wir nach Chicago gekommen sind? Ob du es mir glaubst oder nicht, ich
wollte wieder Kontakt zu dir haben, Bella. Auch wenn wir lange keinen Kontakt
mehr hatten und uns ewig nicht mehr gesehen hatte, meine Gefühle zu dir haben
sich nie geändert.“
Seine Gefühle hatten sich nie geändert? Was hatte das zu bedeuten?
Unbekannt:
„Du antwortest nicht mehr. Hab ich dich nun geschockt?“
Ich musste lächeln. Ohne lange drüber nach zu denken, wollte ich dieses mal
antworten. Schnell schaute ich noch mal nach vorne um festzustellen, dass der
Professor immer noch mit sich selber beschäftigt war.
„Tut mir Leid. Ich bin einfach eingeschlafen und habe die letzten Beiden SMS´
eben erst gelesen.“
Sollte ich noch auf die erste Nachricht antworten? Aber was? Nein. So sendete
ich die Nachricht einfach ab. Dieses Mal zögerte ich nicht mehr so lange.
Kapitel 5: Eine wundervolle Karte
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Manchmal muss erst ein Sturm losbrechen um Dinge aufzudecken.
Dann sehen wir oftmals klarer.
Die dunklen Geheimnisse und die Wahrheiten die wir im hellen Tageslicht
versteckt gehalten haben.
Einige bringt die Wahrheit näher zusammen, andere fühlen sich noch mehr
allein.
Schmerz wird bei der Wurzel gepackt.
Mancher schmerzt sitzt noch zu tief, als dass er vom menschlichen Auge gesehen
wird.
Aber mit der Zeit, wenn wir uns wieder gefangen haben, werden wir dankbar sein,
denn wie die Wurzeln eines Baumes ist das, was im Verborgenen liegt, das was uns
wachsen lässt.
Zusammen oder getrennt
Die Vorlesung war vorbei. Leider hatte ich nicht all zu viel mitbekommen. Nicht
weil mich weitere SMS oder Ähnliches störten oder ablenkten nein, meine
Gedanken machten sich auch so schon alleine selbstständig.
Das Thema, was wir Zeit kurzem hatten war, Friedrich Christian Diez, der als
Begründer der Romanistik galt. Er lebte von 1794 bis 1876 und er war Romanist,
wie man so schön sagte. Diez' Bedeutung liegt vor allem in der Entwicklung
einer wissenschaftlichen Methode zur Beschreibung der romanischen Sprachen. Als
Begründer des Fachs Romanistik an den Universitäten als komparatistisch
angelegtes Fach zeigt sich noch heute sein Einfluss. Seine Bücher gehörten zu
dem Pflichtlektüren.
Ich hatte mir immer vor Augen gehalten, was Romanistik eigentlich bedeutet. Das
war der Grund, warum ich das hier durchzog, warum es mich so sehr fesselte,
warum es das war, was ich machen wollte. Denn ich wusste, dass es das war was
ich wollte.
Romanistik bezeichnet der Begriff die wissenschaftliche Beschäftigung mit
Geschichte und Gegenwart der aus dem Latein hervorgegangenen Romanischen
Sprachen und den in diesen Sprachen verfassten Literaturen und Kulturen, und
zwar in deren durch die Romanisierung (d.h. Latinisierung) entstandenen
Sprachgebieten in Europa sowie in den durch Kolonisation hinzugekommenen
Gebieten in Übersee, vor allem in Amerika und in Afrika.
Die Romanistik umfasst somit vor allem das Französische, Italienische,
Spanische, Portugiesische und Rumänische, aber auch die "kleineren" romanischen
Sprachen wie Katalanisch, Galicisch, Okzitanisch, Rätoromanisch, Ladinisch,
Friaulisch und Sardisch. Da die Abgrenzung von "Sprachen" und "Dialekten"
äußerst schwierig ist, schwankt auch in den Handbüchern die Zahl der
romanischen Sprachen.
Ich wollte immer viele Sprachen kennen und das tat ich hier. Ich lernte eine
Menge dazu. Über Romane, verschiedene Schriftstile und auch über Sprachen.
Die Romanistik teilt sich in zwei Hauptgebiete auf: Romanische
Literaturwissenschaft und Romanische Sprachwissenschaft.
Und so teilten sich auch die Semester auf. Und ich hatte nun schon ein paar
Semester hinter mir, genauer gesagt 3. Und es machte mir immer noch sehr viel
Spaß. Es war wirklich das, was ich machen wollte.
Ich blickte noch mal auf mein Handy bevor ich es einpackte. Keine neuen
Nachrichten, ich wusste nicht, ob ich darüber enttäuscht war oder erleichtert.
Vielleicht hatte er mir auch keine weitere Nachricht geschrieben, weil er
wusste, dass ich jetzt in der Vorlesung war. Aber irgendwie hätte ich mich doch
über eine Nachricht von ihm sehr gefreut. Eine Tatsache über die ich nun
wirklich nicht länger drüber nachdenke wollte.
Ich kramte alles zusammen und eilte aus dem Vorlesungssaal.
„Bella“, wurde ich gerufen. Sofort drehte ich mich um und sah das Gesicht
vom blonden Sky Erakli. Er war mit mir im Kurs, viel gesprochen hatten wir
allerdings noch nicht miteinander. Er lächelte, als er sah, dass ich auf ihn
wartete. Was blieb mir auch übrig? Ich war nun mal nicht unhöflich, auch wenn
ich es eilig hatte.
„Hey“, sagte er als er vor mir stand.
„Hallo Sky. Was gibt es denn?“ Ich schaute noch mal schnell auf meine Uhr.
Das tat ich auch um ihn zu zeigen, dass ich es ziemlich eilig hatte. Ich konnte
mir nun mal nicht mein Studium von meinen Eltern bezahlen lassen. Außerdem
wollte ich es auch nicht. Ich wollte einfach von Anfang an auf meinen eigenen
Beinen stehen. Noch hatte ich mein Stipendium und damit dieses auch da blieb,
mussten meine Noten super sein.
Er strich sich mit der rechten Hand durch sein blondes Haar. „Hast du die
Hausaufgabe verstanden?“
„Ich denke schon.“
„Kannst du sie mir erklären?“
„Ja, klar. Du kannst mich später gerne anrufen“, schlug ich ihm vor.
„Dann gehen wir sie gerne zusammen durch.“
„Ich meine, ob wir sie vielleicht zusammen ausarbeiten wollen.“
Ich sah ihn fragend an. War das sein Ernst? „Zusammen?“
„Ja, wir können uns ja zusammen in ein Café setzen und die Hausaufgabe
ausarbeiten.“ Er lächelte mich freundlich an. Warum kam es mir so vor, als
würde das in einem Date enden? So weit ich mitbekommen hatte, versuchte Sky es
bei jedem Mädchen aus unserer Vorlesung. Nun war also ich dran. Aber da würde
er auf Granit beißen. Ich brauchte keinen Freund, der würde mich nur von
meinen Kursen ablenken und das konnte ich absolut nicht gebrauchen. Ich kam
bisher auch ganz gut ohne sie aus.
„Ich glaube für die Ausarbeitung wäre es besser, wenn wir in die Bibliothek
gehen, findest du nicht?“
Er blickte mich fragend an.
Ich lächelte. Tja, das hatte er davon. „Also, ruf mich einfach später an
oder schick mir eine SMS, Sky. Aber jetzt habe ich es eilig.“ Ich lächelte
noch mal und machte mich auch schon wieder auf dem Weg weiter Richtung Wohnheim
und ließ den blonden Sky einfach stehen. Ich wollte noch schnell ins Wohnheim,
meine Tasche ablegen, umpacken und dann schnell ins „Millers“, wo ich mal
wieder ein wenig was verdienen wollte.
Ich eilte ins Wohnheim, die Treppe hoch zu meinem Zimmer, dass ich mir mit
meiner Freundin Angela teilte. Ich zog schnell meinen Schlüssel aus der Tasche,
damit ich schleunigst ins Zimmer konnte. Tja, ich war so hektisch und wollte
alles ganz schnell machen, dass mir der Schlüssel runter fiel. So etwas
passierte mir immer, wenn ich es besonders eilig hatte. Hatte bestimmt etwas mit
Murphys Gesetz zu tun, oder ähnlichem. Als ich seufzend nach unten sah,
entdeckte ich einen Brief, der auf der Fußmatte lag.
Ich hob Schlüssel und Brief auf und blickte diesen fragend an.
In einer schönen Schrift, stand „Bella“ drauf. Ich drehte den Umschlag in
meinen Händen um, aber es stand kein Absender drauf. Sehr geheimnisvoll.
Fragend schaute ich mich links und rechts im Gang um, doch beide Seiten waren
leer. Also schloss ich erst mal die Tür auf und trat in mein Zimmer.
Ich war auf dem Weg ins „Millers“. In den Händen hielt ich immer noch den
Brief, welcher immer noch verschlossen war. Ich hatte mich noch nicht getraut
ihn einfach zu lesen. Es wirkte einfach so geheimnisvoll und ich wusste, wenn
ich ihn öffnen würde, würde auch die Magie verschwinden.
Wer konnte mir den einen Brief schreiben? Und wer würde ihn einfach vor meine
Türe legen? Was da wohl drin steht?
Natürlich konnte ich ihn einfach öffnen, aber dann wäre ja die ganze
Spannung, die ganze Nervosität weg fliegen. Einfach öffnen, genau.
Ich hielt den Brief immer noch in der Hand. Verschlossen.
Dann nahm ich schließlich allen Mut zusammen und öffnete langsam den Umschlag.
Im Umschlag lag eine Karte. Nur eine Karte.
Ich drehte sie um und las den Spruch, der da drauf geschrieben stand:
„Du musst dich der Welt stellen und dein eigenes Leben leben.
Du musst der Stimme deines Herzens folgen und deine eigenen Fehler machen.
Und niemand ist perfekt. Nicht mal das Mädchen mit dem Goldhaar und den
Schönheitsköniginnenaugen, das dir im Bus gegenübersitzen wird, während du
dich wie ein räudiger Hund fühlst, den man im Regen hinaus gejagt hat,
und nicht mal der Junge, der so ist, wie alle Jungen sein wollen und den alle
Mädchen zum Freund haben möchten,
und nicht mal das kleine Genie, das mit Sicherheit der nächste Bill Gates wird.
Alle kennen Schmerz, Verletzung und Ablehnung,
Aber sie kennen auch Liebe, Lachen und Freude, genau wie du.
Man kann aus dem Leben lernen.
Also will ich dich auf die vier Dinge aufmerksam machen, die ich bis jetzt aus
meinem Leben gelernt habe.
Auf die Nacht folgt der Tag.
Auf den Tod folgt das Leben.
Auch im dunkelsten Moment bist du nicht allein.
Du wirst geliebt.“
Ich blickte von der Karte überrascht auf. Dann las ich den Spruch noch mal und
noch mal. Wer konnte mir so einen Spruch schicken? Schließlich war ich so in
den Spruch und dessen Bedeutung vertieft, dass ich gar nicht merkte, dass ich
beim „Millers“ angekommen war. Das „Millers“ war in einem
viktorianischen Gebäude untergebracht, das lange als St. Johns Trinity Church
fungiert hatte.
Ich mochte den Laden, er hatte einfach was Vertrautes und man fühlte sich
direkt wohl. Ich selber arbeitete hinter der Cocktailbar des Clubs. Die
Cocktailbar hatte auch nachmittags geöffnet, der Clubteil war um diese Uhrzeit
noch geschlossen. Somit war das grelle Stroboskoplicht auch noch nicht
angeschaltet und Tageslicht drang durch die großen Buntglasfenster.
„Bella, schön, dass du schon da bist.“
„Hallo, Jamie.“ Ich begrüßte den Keeper und Chef der Bar.
„Und wie waren deine Vorlesungen heute?“
„Danke, wie immer.“
„Ich sehe schon.“ Das Gute an dem Job hier war, dass ich mich, wenn nichts
los war, an einen der Tisch setzten und meine Hausaufgaben erledigen konnte. Das
war Jamie sogar lieber, als wenn er mich direkt wieder nach Hause schickte. So
war ich wenigstens im Notfall, also wenn doch Gäste kommen sollten, da. Ich
half ihm ab und an bei der Buchhaltung und beim Wareneingang. Mir machte das
viel Spaß, war immer eine Abwechslung zum Studienleben. Außerdem musste ich
hier nicht in besonderer Arbeitskleidung erscheinen, was auch Pluspunkte von mir
gab.
Ich setzte mich schon an einen der freien Tische, den, direkt neben der Theke,
welchen ich immer mit meinen Hausaufgaben belagerte.
Jamie war in die Küche gegangen. Somit war ich alleine. Ich kramte aus meiner
Jackentasche die Karte wieder hervor. Und wieder las ich ihn mir durch.
Der Spruch war wundervoll. Und an irgendwas erinnerte er mich, ich wusste aber
nicht an was. Es war fast wie ein Déjà-vu-Erlebnis.
Aber wer sollte mir so eine Karte schicken? Wer sollte mir so einen Spruch
schicken?
Ich sog jede einzelne Zeile des Spruchs in mir auf, ich atmete jedes Wort ein.
Dieser Spruch war wundervoll, süß, liebenswert und das sagte ich nicht nur,
weil ich Romanistik studiere. Nein, das hier wäre für Jeden was Besonderes.
Hatte ich einen Stalker? Dumme Idee! Wer würde mir schon hinterher laufen? Wer
würde dir Bella Swan schon hinterher laufen?
Aber genauso gut, konnte ich fragen, wer würde dir Bella Swan so einen Spruch
schicken? So einen wundervollen Spruch, welcher so geheimnisvoll wirkte.
Dann riss mich etwas aus meinen Gedanken. Zuerst wusste ich nicht was es war,
konnte es nicht zu ordnen, schließlich merkte ich, dass es mein Handy war, das
vibrierte. Ich zog es aus meiner Hosentasche und sah auf den Display, das Alice
versuchte mich anzurufen.
Ich hatte es ja vorher gewusst, sie würde mich während meines Dienstes im
„Millers“ anrufen.
Seufzend klappte ich es auf und legte es mir zwischen Ohr und Schulter, nebenbei
wollte ich endlich meine Tasche auspacken.
„Hallo Alice.“
„Bella-Schatz. Wie geht’s dir?“
„Weißt du wie spät es ist?“
„Ja, weiß ich. Was ist denn los?“
„Du rufst mich während meiner Schicht im „Millers“ an, das ist los.“
„Ja? Ach so. Na, auch egal.“
„Alice, das ist nicht egal.“ Aber eigentlich war diese Moralpredigt nun
wirklich egal. Sie hörte mir ja eh nicht zu. Ich weiß auch gar nicht, warum
ich es jedes Mal aufs Neue versuche. Eigentlich sollte man aus seinen Fehlern
lernen oder?
„Bella, lass mich doch endlich mal zum Punkt kommen.“
Ich seufzte. Natürlich wusste ich, dass ich verbal keine Chance gegen Alice
Cullen hatte. Sie war darin einfach eine Meisterin jemanden in ein Gespräch zu
vermitteln. „Ja, was gibt es denn Alice?“ Ich blickte wieder auf die Karte
die vor mir lag. Sollte ich ihr davon erzählen? Nein, sollte sie erst Mal
erzählen.
„Bist du gestern noch gut nach Hause gekommen?“ War das ihre ernste Frage
oder wollte sie mich erst mal auf eine falsche Fährte locken.
„Ist das eine ernstgemeinte Frage oder eine Fangfrage?“
Ich hörte sie seufzten und ich wusste gar nicht, warum sie nun seufzte.
„Bella-Liebes, hat mein Bruder dich gut nach Hause gebracht? Du hast mir gar
keine Nachricht mehr zu kommen lassen.“
„Du warst ja auch mit Jasper beschäftigt“, erinnerte ich sie. Nicht, dass
ich etwas dagegen auszusetzen hätten, ich freute mich wenn Alice Freunde fand.
Dann hing sie nicht immer an mir rum. Gut, eigentlich mochte ich sie ja in
meiner Umgebung haben. Sie war mir einer der wichtigsten Menschen im Leben.
„Ja, genau. Er ist aber auch einfach so toll. Jasper ist klasse. Also bist gut
zu Hause angekommen?“
Ich seufzte. Alice war manchmal echt anstrengend. „Du telefonierst gerade mit
mir, falls ich dich daran erinnern sollte. Also hab ich es wohl überlebt.“
Ich lächelte.
Edward. Mir fielen seine SMS wieder ein. Konnte ich Alice sagen, was ihr Bruder
mir geschrieben hatte. Ach ich wollte ihr ja noch danken, dass sie meine
Handynummer einfach so ihrem Bruder gegeben hatte.
„Gut, dann bin ich aber erleichtert.“
„Wo wir gerade beim Thema sind, warum hast du ihm einfach so meine Nummer
gegeben?“
„Deine Nummer?“ Sie stellte sich doch wirklich dumm.
„Ja, meine Handynummer.“
„Ach das meinst du.“ Ja, genau das meine ich, meine liebe Alice. „Er hat
mich genötigt.“
„Ja?“ Bitte? Sie gestand es sofort? Sie versuchte nicht drum herum zu reden,
es zu leugnen oder ähnliches? Nun schien es interessant zu werden. Mit welchen
Mitteln hatte Edward es geschafft, etwas von seiner Schwester zu bekommen, worin
sie keinen Eigennutz sehen konnte. „Wie hat er denn das geschafft?“
„Er wollte mir meine goldene Kreditkarte wegnehmen.“ Nun war ich platt. Das
war nun nicht ihr Ernst. Mir hatte es doch tatsächlich die Sprache verschlagen.
Meine beste Freundin hatte meine Handynummer verkauft. „Bella? Bist du noch
da?“
„Du gibst meine Handynummer einfach deinem Bruder, nur weil du Angst hast,
nicht mehr ohne Limit shoppen zu gehen?“
„Ja, genau Bella.“
„Du hast mich also sozusagen verkauft.“
„Nein eigentlich nur deine Handynummer, Liebes.“
„Alice.“ Ich knurrte regelrecht ihren Namen aus. Das konnte nicht ihr Ernst
sein. So was war meine Freundin?
„Och, Bella-Liebes, reg dich nicht weiter darüber auf. Du bist heute im
„Millers“?“
„Ja, gewiss.“
„Gut, ich komm nachher vorbei.“ Ich seufzte. Ich konnte ihr widersprechen,
aber ich wusste, dass sie das nicht aufhalten würde, hier her zu kommen. „Bis
später, Bella-Schatz.“
„Ja, bis dann“, sagte ich seufzend und legte auf.
„Bella?“ Es war Jamies Stimme, die mich rief. Er war wohl im Lager und
brauchte Hilfe. Ich steckte mein Handy wieder in meine Tasche und ging zu Jamie
ins Lager.
„Bella, Liebes?“
Ich war im Lager und kramte nach zwei Weinflaschen, die ich mit nach vorne nahm.
Ich wusste, dass es Alices Stimme war, sah darin aber keinen Grund mich
besonders beeilen zu müssen.
Und als ich wieder an den Tresen kam, saß sie auch schon direkt an der Theke
und grinste mich an.
„Hallo, Alice.“ Ich stellte die Flaschen in das dazugehörige Fach unter der
Theke. „Was möchtest du trinken?“
Sie strahlte mal wieder von einem Ohr zum anderen. Manchmal konnte einem diese
pure Glückseligkeit unheimlich sein, doch Alice war eben einfach so. „Gar
nichts. Ich will nur mit dir reden?“
Ich blickte in den Raum. Noch war nicht allzu viel los, also würde ich es mir
durchaus erlauben können paar Minuten mit Alice reden zu können. „Also was
gibt es?“ Ich sah auf meine Tasche, die inzwischen auf dem Tresen lag.
„Jasper ist toll.“
Wow, sie kam zumindest direkt auf den Punkt, ohne lange drum herum zu reden. Ich
lächelte. „Ja?“
„Ja, er ist toll.“ Ich sah, wie sie anfing zu schwärmen. Alice griff nach
meiner Tasche und wühlte mal wieder darin rum. Sie machte das oft und hoffte
immer, etwas Interessantes zu finden.
Die Karte, fiel es mir sofort ein. Ich wollte ihr die Tasche schon entreißen,
doch zu spät. Sie hielt die Karte schon in den Händen.
Überrascht sah sie mich an. „Was ist das?“
Ich seufzte. „Die lag heute vor meiner Tür im Wohnheim.“
„Aha.“ Sie las sich den Spruch durch. Fragend blickte ich sie an. Was würde
sie dazu sagen? „Und du weißt nicht von wem das ist?“
„Es stand kein Absender dran.“ Was sie bestimmt auch schon festgestellt
hatte. „Ich wüsste es aber gerne.“
„Das klingt wie der Spruch von Edward, den er dir damals mit dem Teddy
geschenkt hatte“, meinte sie und reichte mir die Karte.
Schon wieder dieser Teddy. Anscheinend schien er mich zu verfolgen, genauso wie
der Spruch. Aber konnte dieser Spruch auch von Edward sein? Skeptisch blickte
ich sie an. „Was redest du denn da? Seine Weisheiten haben das Niveau von
Glückskeksen.“ Auch wenn das vermutlich nicht ganz der Wahrheit entsprach.
„Meinst du?“ Nun war sie es, die mich skeptisch anschaute. Gut, das war
nicht nett, was ich eben gesagt hatte. Der Spruch damals war nett und toll.
Schließlich hatte ich ihn auch über meinem Schreibtisch stehen. Aber das hier,
war doch etwas anderes. Komplett anderes.
Ich blickte auf die Karte, seufzte und steckte sie wieder ein. Ja, wer war der
Absender?
Kapitel 6: Der Duft von Erdbeeren
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Also, wenn es die Anziehung ist, die zwei Menschen zu einander führt,
was ist dann der Grund warum eine Beziehung hält?
Ist es harte Arbeit und die Hingabe zur Beziehung oder ist es etwas,
das sich nicht einfach definieren lässt?
Die gute und die schlechte Nachricht über die Chemie von zwei Menschen ist, ist
die, dass wir nie vollkommen verstehen werden, wie sie funktioniert.
Jede Beziehung ist ein Experiment, man weiß nicht genau, was dabei herauskommt.
Manche Leute wecken eine Seite in dir, von der du nicht wusstest, dass du sie
hast.
Manche Leute erinnern dich daran, dass eure Geschichte vorbei ist.
Manche Menschen überraschen dich.
Und hin und wieder überrascht man sich selbst,
und obwohl alle Beziehungen Kompromisse verlangen,
bekommt man manchmal mehr und nicht weniger.
Und manchmal kann man nicht mehr bekommen,
manchmal ist das, was du hattest, für immer verschwunden.
Und auch wenn es schmerzhaft ist, muss man die Stärke haben,
weiter zu machen, weiter nach der Liebe zu suchen,
weiter nach der einen perfekten Zutat.
Ganz egal wie weit oder wie lange man gehen muss, um sie zu finden.
Bella stand immer noch hinter der Theke. Alice saß ihr mit einem breiten
Grinsen gegenüber, es gab nur wenige Momente an denen Alice Cullen nicht
strahlte oder lächelte. Wenn es diese Momente öfters gab, sollte man sich
wirklich Gedanken über den Weltuntergang machen, denn dass stimmte etwas nicht.
Bellas braune Augen ruhten auf der Karte, die sie immer noch in den Händen
hielt. Ihre Hände zitterten ein wenig. Diese Karte machte sie echt nervös, vor
allem die Gedanken darum. Sie wusste nicht, was es mit dieser Karte auf sich
hatte. Natürlich fand sie diese Karte toll, den Spruch einfach nur hinreißend.
Doch die Frage um den Absender beschäftigte sie doch sehr.
Sie konnte und wollte sich nicht vorstellen, dass Edward ihr diese Karte
geschickt hatte. Warum sollte Alice’ Bruder ihr so eine Karte schicken?
„Ich glaube dir nicht“, sagte sie schließlich.
„Bella.“ Alice seufzte. „Wer soll dir denn so was sonst schicken?“
Bella blickte von der Karte auf und rollte mit den Augen. Es gab bestimmt noch
andere Möglichkeiten als den Bruder ihrer besten Freundin, dem sie versucht
hatte Jahre aus dem Weg zu gehen und der nun plötzlich in der gleichen Stadt
wie sie lebte. „Es gibt bestimmt viele andere Kerle, die mir so was schicken
würden.“
Alice zog skeptisch die rechte Augenbraue in die Höhe. „Ja? Nenn mir nur
einen Namen.“
Bella überlegte. Aber sie wusste auch so, dass ihr kein Name einfallen würde.
„Nur weil mir jetzt kein Name einfällt, heißt das nicht, dass dein Bruder
mir diese Karte geschickt hat.“
„Natürlich heißt es das nicht sofort.“
„Na, also“, unterbrach Bella ihre Freundin.
Alice seufzte.
„Willst du eigentlich was trinken?“ Bella versuchte das Thema zu wechseln,
dass sie Alice schon zu Beginn ihrer Unterredung gefragt hatte, hatte sie
vergessen. Sie wollte nicht weiterhin den Gedanken haben, dass Edward ihr diese
Karte geschickt haben konnte. Das war einfach für sie zu absurd. Nach all dem
was war, konnte sie es sich einfach nicht vorstellen. Sie waren zu verschieden.
Es war zu viel passiert, einfach zu viel. Das konnte man nicht einfach vergessen
und von vorne anfangen. Da gab es so viele Unklarheiten, doch sie wollte diese
Fragen nicht stellen. Sie hatte Angst vor den Antworten.
Bella konnte sich einfach nicht vorstellen, dass jemand wie Edward Cullen, den
sie eigentlich nur als Macho kannte, ihr so etwas schreiben sollte. War er zu so
etwas überhaupt fähig? Natürlich war er das. Schließlich hatte er ihr schon
mal einen Spruch geschickt, der ihr sehr viel bedeutete. Gut, er war nicht immer
ein Macho, sie kannte auch die andere Seite von ihm.
Aber das hier war etwas anderes. Eindeutig. Zumindest versuchte sie es sich
einzureden.
„Du unterschätzt meinen Bruder, Bella“, fing Alice wieder das Thema an und
sah ihre Freundin lächelnd an.
Bella blickte ihre Freundin an und seufzte innerlich auf.
Warum konnte sie nicht das Thema wechseln? Wollte sie ihr nicht was erzählen?
Jasper, war das nicht ihr eigentliches Thema? Warum kam sie nicht wieder auf ihn
zurück?
Die junge brünette Frau überlegte, wie sie wieder das Thema wechseln konnte.
Das mit dem Getränk hatte ja leider nicht geklappt. „Wie läuft es nun mit
Jasper und dir weiter?“
Sofort erstrahlte Alice Gesicht wieder. „Oh, Bella, wir wollen uns treffen. Am
Samstag und wollen was unternehmen…“ Bella spürte, dass ihre Freundin erst
mal über Jasper reden würde und keine wirklich Aufmerksamkeit verlangte.
Zumindest bekam Alice es in diesem Zustand nicht mit, wenn Bella mal kurz
abwesend war. Und das war sie. Sie blickte schon wieder auf die Karte in ihren
Händen. Konnte es sein, das diese Karte, diese mysteriöse Karte, mit diesem
wundervollen Text wirklich von Edward war?
Eigentlich fand sie den Gedanken gar nicht mal so abwegig. Edward war wirklich
der Einzige, dem sie das zu trauen könnte. Bella lächelte. Es war ein kleines
Lächeln. Und sofort als sie realisierte, dass sie lächelte, steckte sie die
Karte weg.
Sie hatte ja eigentlich zu arbeiten. Schnell schaute sie auf ihre Uhr und
erkannte, dass sie nur noch 25 Minuten Dienst hatte. Danach konnte sie endlich
das „Millers“ verlassen.
Sie brauchte ihre Ruhe. Alice verwirrte sie. Und diese Karte verwirrte sie noch
mehr. Und der Gedanke, dass Edward der Absender sein könnte, verwirrte sie erst
recht.
Dann musste sie daran denken, warum sie das eigentlich so konfus fand.
Warum fand sie es zu absurd, dass Edward ihr diese Karte geschickt haben sollte?
Er hatte ihr ja schon mal so eine liebevolle Nachricht zu kommen lassen. Damals
zu Weihnachten. Gut, zukommen lassen, war wohl der falsche Ausdruck, aber sie
hatte eine von ihm bekommen, darum ging es ja. Und außerdem hatte sie diese
Nachricht immer noch und diese bedeutete ihr sogar sehr viel.
Warum stellte sie sich also jetzt so an?
„So Bella, ich geh mal wieder.“
Überrascht blickte Bella ihre Freundin an. „Ja?“
„Ja, Liebes. Ich bin noch verabredet.“
„Ja? Mit Jasper?“
„Du hast mir nicht zugehört oder?“
Bella lächelte ihre Freundin entschuldigend an. „Nicht wirklich. Tut mir
Leid.“
„Na, macht nichts. Dafür hab ich was gut bei dir.“ Das konnte ja noch
heiter werden. Wenn Alice so was sagte, dann wusste sie meistens schon vorher
für was sie ihre Freundin brauchte. Shoppen. Und das konnte mit Alice sehr,
sehr anstrengend werden. Alice machte nur einen Sport und das war
Ausdauer-Shopping.
„Tut mir wirklich Leid, Alice.“
„Macht nichts, Bella-Liebes“, Alice lächelte ihre Freundin an. Die
Schwarzhaarige griff nach ihrer Handtasche, die auf dem Stuhl neben ihr lag,
legte sie sich um die Schulter und beugte sich über die Theke. „Ich melde
mich morgen.“
„Gut. Bis dann. Schön, dass du da warst.“ Bella lächelte ihrer Freundin
zu.
Isabella Marie Swan, welche von allen schon von klein auf nur Bella genannt
wurde, ging selber eine halbe Stunde aus dem „Millers“. Ihr Dienst hatte sie
heute hinter sich gebracht. Trinkgeld war bei den wenigen Besuchern nicht viel
drin, aber sie konnte wenigstens ihre Hausaufgaben machen. Sky hatte sie noch
nicht angerufen. Vermutlich würde er das dann auch nicht mehr machen, zumindest
dachte Bella das. Bella hoffte sogar, dass er sich nicht mehr melden würde. Sie
hatte keine Lust auf ein Date und auch nur auf ein Gespräch mit ihm. Sie mochte
Sky nicht besonders. Er war ein wenig sehr eigen. Und hielt selber viel von sich
selber. Sie stand absolut nicht auf Machos und Sky war einer. Mit seinen blonden
Haaren, die ihm bis zu den Schultern gingen, war er eh nicht ihr Typ. Sie wusste
zwar nicht, was ihr Typ Kerl war. Aber Sky gehörte nicht dazu. Das wusste sie
schon mal. Wenn sie schon nicht wusste, auf was sie stand, dann wusste sie
wenigstens, auf was sie nicht stand. Lange, blonde Haare gehörten also nicht
dazu.
Edward hatte keine langen blonden Haare. Seine Haare hatten einen tollen
bronzefarbenen Ton.
Bella errötete.
Warum musste sie schon wieder an Edward denken? Sie wurde von ihren eigenen
Gedanken verlegen, was nun wirklich peinlich war.
Die Brünette seufzte und kramte nach ihrem Schlüssel in ihrer Tasche, schon
als sie auf der Treppe in Richtung ihres Zimmers war.
Erleichtert stellte sie fest, dass Angela nicht da war, vermutlich hatte sie
noch eine Vorlesung.
Aber Bella war ein wenig froh darüber. Sie wollte wirklich erst mal für sich
sein, nachdenken und so etwas. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, packte
ihre Bücher und Hefte aus ihrer Tasche heraus und legte sie vor sich auf den
Tisch. Sie wollte das eine Buch noch lesen. Es war ihre Pflichtlektüre und sie
musste es noch bis Ende nächster Woche lesen, zum Glück hatte sie gar nicht
mehr so viele ungelesene Seiten offen. Sie strich mit ihren Händen über das
Cover des Buches.
„Jane Austen – Überredung“.
Es hatte nicht unbedingt etwas mit Romanistik zu tun, aber Bella mochte das Buch
und ihr Professor war damit einverstanden, dass sie ein Roman von Jane Austen
für ihren Vortrag wählen wollte.
Irgendwie wollte sie aber gerade keine einzige Zeile lesen, damit war sie ein
großer Jane Austen-Fan. Aber sie strich nur mit den Fingern übers Cover. Sie
strich die Buchstaben mit den Fingerkuppeln nach. Sie hatte gerade kein
Verlangen danach, es zu öffnen und wieder ein paar schöne Zeilen zu lesen.
Sie dachte über den Inhalt des Buches nach. Es handelte von einer jungen Frau
namens Anne Elliot und ihrer Liebe zu dem Mann Frederick Wentworth.
>Anne Elliot ist die mittlere von drei Töchtern des Barons Sir Walter Elliot.
Ihr Vater ist sich seines guten Aussehens und seines Ranges nur allzu bewusst.
Annes Mutter, eine feinsinnige und vernünftige Frau, ist längst tot, und ihre
ältere Schwester, Elizabeth, ähnelt ihrem Vater in ihrem Charakter und hat
bereits in sehr jungen Jahren die wichtige Rolle ihrer Mutter übernommen. Annes
jüngere Schwester Mary ist eine nervöse und unselbstständige Frau, die in
einer aus Vernunft entstandenen Ehe mit Charles Musgrove von Uppercross Hall
verheiratet ist. Anne ist mit ihrer hohen Bildung und ihrem vernünftigen Wesen
eine Ausnahme in dieser Gesellschaft und findet in ihrer Verwandtschaft nicht
viel Geselligkeit. Mit 27 Jahren noch unverheiratet, scheint ihr eine 'alte
Jungfernschaft' vorbestimmt.
Acht Jahre zuvor wurde Anne von der früheren engsten Freundin ihrer Mutter,
Lady Russell, davon überzeugt, eine Verlobung mit Frederick Wentworth, den sie
trotz erst kurzer Bekanntschaft sehr liebte, aufzugeben. Als Freundin ihrer
Mutter fühlte sich Lady Russell verantwortlich für Anne. Lady Russell hatte es
nicht für vernünftig gehalten, einen mittellosen Marineoffizier ohne größere
Herkunft und mit geringen Zukunftsaussichten inmitten eines Krieges zu heiraten.
Und schließlich tritt er wieder in ihr Leben, jahrelang hatte sie ihn nicht
gesehen und von dem ersten neuen Wiedersehen an, sind da wieder alte Gefühle
erwacht.
Irgendwie kam ihr das irgendwie bekannt vor. Und dann schrieb Mr. Wentworth ihr
einen Brief und löst damit alle Verwirrung auf. Die Karte kam ihr wieder ins
Gedächtnis. Sie griff nach ihrer Jacke, die sie über den Stuhl gehängt hatte
und zog aus der Tasche die Karte und ihr Handy hervor.
Bella legte die Karte auf das Cover des Buches und schaute auf ihr Handy.
Sie hatte wieder eine SMS.
Sollte das eine Nachricht von Sky sein? Wollte er nun doch mit ihr Lernen´?
Unbekannt:
„Du bist einfach eingeschlafen?
Ich wäre gerne bei dir gewesen.
Hätte dich gerne noch bis ins Zimmer gebracht, dann hätte ich dich noch ein
wenig länger gesehen.
Ein wenig länger.
Kann ich dich heute noch sehen? Was machst du gerade?
Dein Edward.“
„Dein Edward?“, fragte sie sich selber lächelnd. Bella schmunzelte, sie
konnte gar nicht anders, als zu schmunzeln.
Es war also keine SMS von Sky. Nein, es war eine SMS von Edward. Und Bella
musste sich eingestehen, dass sie sogar sehr froh war, eine Nachricht von ihm zu
bekommen. Sie fühlte sich toll. Sie fühlte sich wohliger und erleichterter.
Auch wenn sie nicht wusste, warum. Sie hatte aufgehört mit sich zu zweifeln,
warum ihr Körper sich nicht mehr den Schmerz in Erinnerung rief, den er ihr
zugefügt hatte. Wenn sie an ihn dachte, sah sie seine warmen moosgrünen Augen
vor sich und spürte seine weichen Lippen wieder auf ihren, wie bei ihrem ersten
Kuss.
Er wollte sie sehen? Er wollte sie wirklich wieder sehen.
Bella lehnte sich auf ihren Stuhl zurück und seufzte erst mal auf. Sie
überlegte, was sie ihm antworten sollte. Ob sie ihm antworten sollte, das stand
gar nicht mehr zu Debatte. Ja, sie wollte ihm antworten.
„Ich bin im Wohnheim.
In meinem Zimmer und versuche zu lernen.
Aber, du kannst sehr gerne vorbei kommen.
Bella“
Sie schaute skeptisch als sie realisierte, was sie ihm gerade wirklich schreiben
wollte. Sie hatte es einfach getippt gehabt, ohne lange darüber nach zu denken.
Es kam einfach. Es hatte ich fast selber geschrieben.
Sie sendete die Nachricht ab.
Bella saß an ihrem Schreibtisch und wartete auf eine Antwort von Edward. Aber
ihr Handy gab keinen Ton mehr, sie bekam keine Antwort. Sie blickte immer wieder
auf das Handy, kontrollierte ob sie die Nachricht vielleicht überhört hatte.
Sie war schrecklich nervös, wollte eine Nachricht von ihm, doch es kam keine.
Nach zehn Minuten griff sie ein wenig enttäuscht nach ihrem Buch, nach Jane
Austen. Sie wollte nicht an Edward denken.
Er wollte ihr anscheinend nicht antworten. Gut, das sollte er haben. Sie würde
ihm nicht das Gefühl geben, dass sie auf eine Antwort wartete. Nein. Sie würde
sich mit Anne Elliot und Frederick Wentworth beschäftigen. So einfach war das.
Es klopfte. Bella zuckte zusammen, so sehr war sie in ihre Gedanken vertieft
gewesen. Fragend blickte sie zur Tür, war aber immer noch nicht aufgestanden.
„Bella?“
Sie erkannte die Stimme, das war doch Edwards Stimme. Er wollte ihr also nicht
antworten, nein, er kam gleich direkt vorbei. Damit hatte sie nicht gerechnet,
er überrumpelte sie damit.
Reiß dich zusammen, mahnte sie zu sich selber und stand auf. Sie stand vor der
Tür, griff nach dem Knauf und holte noch einmal tief Luft. Sie musste sich
beruhigen, ihre Atmung musste wieder normal werden und ihr Herz sollte aufhören
wie eine Dampflok zu schlagen.
Sie öffnete schließlich die Tür und blickte ihn an. Er lächelte sie an. Er
sah toll aus. Wie immer.
„Hey“, sagte er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Seine makellosen
Zähne strahlten auf.
Bella ging zur Seite und ließ ihn eintreten, sagte kein Wort, denn sie wusste
einfach nicht, was sie ihm sagen sollte. Sie war überwältigt, von seinem
Aussehen. Von seinen Augen. Sie konnte das alles nicht mehr leugnen, es war
einfach zwecklos.
Seine breiten Schultern füllten die schmale Türöffnung fast gänzlich aus. Er
war ein großer junger Mann, hochgewachsen und in seinem dunklen Mantel recht
massig. Hatte er schon immer so eine intensive Erscheinung gehabt, fragte sie
sich und versuchte an früher zu denken. War er schon immer so groß? Waren
seine Schultern schon immer so breit und war er schon immer so männlich? Es war
ihr gar nicht aufgefallen, dass er wirklich so gut aussah. Wie auch, sie hatte
ihn ja kaum beachtet. Zumindest versucht ihn nicht zu beachten.
Sie seufzte, versuchte ihre Gedanken wieder zu ordnen, doch allein seine
Anwesenheit verwirrte sie, brachte sie verdammt noch mal durcheinander.
Seine dunkle Kleidung und sein seidiges, bronzefarbenes Haar verschluckten das
weiche Licht der Hängelampe an der Decke.
Er hatte ein selbstsicheres, fast majestätisches Auftreten, sein
Gesichtsausdruck war nicht unbedingt grimmig, aber ernst. Dennoch lächelte er.
Leicht schräg, frech und unglaublich anziehend war dieses Lächeln, das seine
Mundwinkel umspielte. Sein volles, schönes Haar fiel ihm locker um die
intelligente Stirn. Er hatte volle Lippen, sein Mund war sinnlich, sogar wenn er
sie zu dieser zynischen Linie verzogen hatte. Doch nun war er nicht zynisch,
nicht grimmig, sondern knieerweichend.
Ihr Herz fing unruhig zu schlagen. Lag das an seinem Anblick? Natürlich.
Bella ignorierte das merkwürdige Rasen ihres Herzschlages und konzentrierte
sich auf die Ereignisse dieses Besuches, sie versuchte es zumindest.
Er stand wirklich vor ihr. Edward Cullen war in ihrem Zimmer des Wohnheims und
besuchte sie, weil er sie sehen wollte. Ja, er hatte sie einfach nur sehen
wollen. Sie hätte ablehnen sollen, ihm nicht erzählen sollen, dass sie hier
war. Das wäre für sie beide garantiert besser gewesen. Dann würde sie jetzt
nicht wie ein begossener Pudel stumm neben ihm stehen und ihn einfach nur
anstarren.
„Hey“, sagte er noch mal und blickte Bella wieder an.
Sein Blick war beim Eintreten schnell durch das Zimmer geflogen. Es war schön
eingerichtet, auch wenn es nicht sehr groß fand. Aber damit hatte er schon
vorher gerechnet, als er das Wohnheim betreten hatte.
„Hey“, sprach sie ihm nach und das war das erste, was sie überhaupt zu ihm
sagte.
Edward lächelte sie an, ging an ihr vorbei, setzte sich unaufgefordert auf den
Stuhl an ihrem Schreibtisch und sah sich um.
Bella blieb stehen, sie schloss die Tür und blickte ihn nun fragend an. Sie
konnte es irgendwie immer noch nicht glauben, dass er nun hier bei ihr saß,
dass er wirklich in ihrem Zimmer war.
„Interessantes Zimmer.“
„Es ist nur ein Zimmer“, sagte sie schnell. Sie wusste, dass es mit seiner
tollen Wohnung nicht mithalten konnte, aber das wollte sie ja auch nicht. Es war
ihr Zimmer. Sie mochte es. Die Tür zum Badezimmer klemmte ab und an, da Fenster
ging nicht immer auf Anhieb auf und ein paar Dielen des Parketts karrten. Aber
sie mochte das Zimmer. Das war ihr erstes Zimmer nicht mehr im Haus ihrer
Eltern. Und sie bezahlte es selber.
Oft war es zu laut im Wohnheim und sie konnte nicht immer in Ruhe hier lernen,
dann verkroch sie sich in der Bibliothek, da hatte sie immer ihre Ruhe und dort
fühlte sie sich auch sehr wohl. Schon als Kind war sie gerne in die Bibliothek
gegangen, hatte die riesigen Schränke voller Bücher bewundert und nur
gestaunt.
Bella verfolgte Edwards Blick. Er ging immer noch durch das Zimmer.
„Nett.“ Er drehte sich auf ihren Stuhl und blickte nun ihren Schreibtisch
an. Dann entdeckte er ihren Spruch, der über dem Schreibtisch angebracht war.
Seinen Spruch. Den Spruch, den er ihr damals geschenkt hatte. Den Spruch, den er
ihr damals vor die Füße geschmissen hatte. Den Spruch, von dem sie es gestern
Abend hatten. Über den sie sich gestern unterhalten hatten. Den Spruch, den sie
nie weggeschmissen hatte, weil sie es einfach nicht konnte.
Er lächelte. Edward drehte sich wieder um und blickte Bella an, die immer noch
an der Tür gelehnt im Raum stand. „Er bedeutet dir also was“, stellte er
fest.
Sie zuckte mit den Schultern. „Er ist schön“, antwortete Bella und seufzte.
„Nur deswegen hängt er da“, setzte sie sofort nach.
Edward musste wieder lächeln. „Ich glaub dir kein Wort.“
„Mach doch was du willst“, nuschelte Bella vor sich hin.
„Magst du dich nicht zu mir setzen?“ Er deutete auf Bellas Bett. Sie war
etwas überrascht, dass er sofort erkannte, welches von den beiden Bettes ihres
war, sagte aber nichts. „Oder magst du weiterhin an der Tür stehen bleiben
und mich anstarren?“
„Ich starre dich nicht an.“ Bella seufzte und setzte sich schließlich
dennoch auf ihr Bett. Er hatte ja Recht, eigentlich hatte sie ihn schon
angestarrt. Nun saß sie ziemlich nah bei ihm, was nicht unbedingt besser war,
wie sie fand. Nun fühlte sie sich noch unwohler. Vielleicht sollte sie sich
doch wieder an die Tür lehnen?
„Also, warum hast du mir geschrieben, dass ich vorbei kommen soll?“
„Was hab ich?“, fragte sie ihn aufgebracht und blickte ihn entsetzt an.
Edward lachte auf. Fragend blickte sie ihn an. Warum lachte er denn nun?
„Entschuldigung, ich wollte nur die Stimmung lockern.“
„Oh…“, sie schwieg wieder und seufzte.
„Wie geht’s dir?“
Überrascht blickte sie ihn wieder an und blickte in seine wundervollen grünen
Augen. „Gut, danke:“
„Das freut mich.“ Ja, er wollte sich normal mit ihr unterhalten. Er wollte
normale Gespräche mit ihr führen. Er wollte ihr zeigen, dass er sie mochte. Er
wollte es ihr auf ehrliche Art und Weise zeigen und hoffte nicht aufdringlich zu
wirken.
„Dafür hast du also den Traum einer Luxuswohnung aufgegeben?“, fragte
Edward als er merkte, dass Bella wieder in ihren Gedanken versunken war.
Bella schaute sich in ihrem eigenen Zimmer um. „Was hast du gegen mein Zimmer
zu sagen?“
Er lächelte sie an. „Hast ja Recht. Ist gar nicht mal so schlecht. Klein und
kompakt. Man kann sich nicht verlaufen und viele Möglichkeiten etwas zu
verlegen gibt es auch nicht.“
„Und man hat gute Busverbindungen“, fügte sie hinzu.
Er nickte. „Das glaub ich dir. Ich habe ein Auto.“
„Ja, das hab ich gesehen.“ Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie sein Auto
mehr als nur toll fand. Aber das war es. Das war es wirklich. „Du fandest es
toll“, stellte er fest.
„Nein“, sagte Bella schnell. Sie konnte ihm doch nicht sagen, dass sie
eigentlich heiß auf seinen Wagen war, auch wenn das der Wahrheit entsprach.
„Natürlich. Ich hab deinen Blick gesehen.“
„Welchen Blick?“
„Ganz einfach, den Blick, den du gestern hattest, als du mein Auto gesehen
hast.“
Sie schluckte schwer, natürlich hatte sie gestaunt, als sie dieses Auto gesehen
hat. Sie hatte aber gehofft, dass es ihm nicht aufgefallen war. „Den hast du
dir eingebildet.“
Edward lachte wieder auf. Aber das Gespräch und die Atmosphäre wurden wirklich
lockerer. Also hatte er es ja geschafft. So war es viel einfacher, wie sie fand.
„Alice hat meine Handynummer für ihre goldene Kreditkarte verkauft?“
Er lachte wieder. „Ich wollte nur wissen, ob du gut zu Hause angekommen
bist.“
Bella nickte. „Ja, das glaub ich dir mal.“ Sie war ihm ja nicht mal böse.
Auf ihn zumindest nicht. Allerdings musste sie noch mal über ihre Freundschaft
zu Alice nachdenken, schließlich hatte diese sie einfach wegen ihrer
Kreditkarte verkauft.
Skeptisch blickte er sie an. Sie glaubte ihm nicht. Vermutlich würde er das ja
selber nicht. Aber das war egal. Er blickte wieder auf den Schreibtisch. „Du
ließt Jane Austen?“
„Ich muss jetzt gehen“, sagte er irgendwann und steuerte bereits auf die
Tür zu. Es war wirklich spät geworden. Sie hatten sich nun gut zwei Stunden
unterhalten. Sie hatten nur geredet. Über Bücher. Über Hobbys. Über Filme
und es war ein tolles Gespräch gewesen.
Bella folgte ihm und wünschte sich, er würde noch länger bleiben, allerdings
würde sie das nicht zugeben. Sie wollte einfach noch nicht, dass er ging. Sie
wollte noch mehr mit ihm reden, ihm mehr zuhören. Sie spürte, dass sie etwas
vermisst hatte. All die Jahre.
Vielleicht würde er später noch einmal zurückkehren, wenn sie ihn darum
bieten würde. Fast hätte sie ihn darum wirklich gebeten, aber sie zwang sich
dazu, zumindest einen Rest an Selbstbeherrschung aufrechtzuhalten. Später,
wäre wirklich zu spät geworden.
Edward war schon halb zur Tür hinaus, als er plötzlich auf der Schwelle
anhielt. Er wandte sich ihr zu und stand in der Enge des Vorraums viel zu dicht
vor ihr. Sein großer Körper drängte sich gegen sie, aber Bella hatte nichts
dagegen einzuwenden. Sie wagte nicht einmal zu atmen.
„Stimmt irgendwas nicht?“ Ihre Stimme zitterte etwas, sie war aufgeregt,
dass er ihr so nahe war. Sein Atem kitzelte auf ihrer Haut.
Er schaute sie so durchdringend an, als würde er fast durch sie hindurch
schauen. Seine feinen Nasenlöcher weiteten sich fast unmerklich. „Was für
ein Parfüm benutzt du?“
Die Frage machte Bella ein wenig nervös. Sie war so unerwartet, so persönlich
und direkt. Bella spürte, wie Hitze in ihren Wangen aufstieg, obwohl sie keine
Ahnung hatte, warum sie eigentlich verlegen war. „Ich benutzte kein Parfüm.
Es geht nicht. Ich bin gegen die meisten allergisch.“
„Tatsächlich.“ Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln, da war es wieder,
dieses freche Grinsen, leicht schief und einfach unglaublich erregend.
Er beugte sich zu ihr und neigte langsam den Kopf, bis er über ihrem Hals
schwebte. Sie bildete sich ein, wie er leichte Schmetterlingsküsse auf ihrem
Hals hinterließ. Sachte, kaum spürbare Berührungen durch seine weichen Lippen
auf ihrer Haut. Bella hörte seinen sanften Atem und spürte, wie er ihren Hals
mit seinem Atem liebkoste. Er atmete langsam ein und aus, während sie einfach
still stand und nicht mal traute zu atmen.
„Du musst atmen“, sagte er und sie wusste, dass er dabei schmunzelte. Auch
wenn sie sein Gesicht nicht sah, wusste sie, dass es da war. Sie schluckte und
erinnerte sich wieder daran, wie es war, zu atmen. Sie leerte ihre Lunge langsam
und atmete wieder ein.
Hitze versengte ihren Hals und sie hätte schwören können, dass sie kurz den
Druck seines Mundes fühlte, der ihren Puls streifte.
Dieser begann unregelmäßig zu pochen, als der Kopf des Mannes ihrem Körper so
nahe war. Ihr ganzer Körper spielte verrückt, zitterte ein wenig, ihre Knie
wurden weich wie Butter, sie drohte in sich zusammen zu sacken, weil seine
Berührung durch Mark und Bein ging.
Edward löste sich abrupt von ihr, aber er wich ihrem erschrockenen Blick aus.
Er entschuldigte sich auch nicht für sein seltsames Benehmen. „Du riechst
nach süßen, leckeren Erdbeeren“, war alles, was er sagte.
Und dann schritt er, ohne sie anzusehen, durch die Tür und trat in den dunklen
Gang des Wohnheims. Bella sackte langsam an der Wand herunter und schluckte
schwer. Was war das denn gewesen?
Kapitel 7: Mitten in der Nacht
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Meistens sind Träume das Einzige was wir haben.
Sie helfen uns manchmal der Realität zu entfliehen,
aber was wäre wenn man die Chance hat, aus Träume Realität werden zu lassen.
Wenn aus Träumen Wirklichkeit wird, weißt du nie, was daraus wird.
Manchmal reicht die Wirklichkeit nicht ganz an den Traum heran und manchmal
übertrieft sie alle Erwartungen.
Man braucht Mut um seine geheimen Wünsche zu offenbaren, sie mit jemand zu
teilen ist eine Art Pokerspiel.
Was uns manchmal näher zusammen bringt und uns manchmal trennt.
Vielleicht ist das alte Sprichwort wahr,
pass auf, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen.
Ich saß mal wieder in meinem Zimmer im Studentenwohnheim, an meinem
Schreibtisch. Das Buch von Jane Austen lag vor mir, doch die Zeilen schienen
wirr und ohne Zusammenhang. Das sah so gar nicht nach Jane Austens
„Überredung“ aus. Die Zeilen waren verschwommen und schienen zu tanzen.
Ruckartig drehte ich mich auf meinem Schreibtischstuhl um. Ich hörte Musik.
Doch woher kam sie?
Ich seufzte. Vermutlich hatte nur jemand aus dem Wohnheim mal wieder seine
Anlage zu laut aufgedreht.
Dann entdeckte ich ihn.
Was machte er in meinem Zimmer? Wie lange stand er da schon an der Tür? Warum
starrte er mich so an? Was war das für ein Blick?
Ich stand von meinem Stuhl auf, schob ihn an den Schreibtisch, ging zwei
Schritte in seine Richtung.
„Bella“, sprach er langsam und leise. So leise dass ich es kaum hören
konnte. Aber ich hörte es. Ja, ich hörte wie er meinen Namen aussprach. Ich
hörte auch die Melodie die seine Stimme immer als Unterton hatte. Sie war immer
dabei und klang immer so wunderschön und natürlich.
„Edward, was tust du hier?“
„Ich bin wegen dir hier.“
Meine Augen weiteten sich und schluckte schwer. Warum sagte er mir so etwas?
Warum klang dieser alltägliche Satz nur so wunderschön und bedeutend aus
seinem Mund?
Nervös strich ich eine Strähne meiner Haare hinter mein Ohr. Ich spürte
Edwards Blick, der diese Bewegung verfolgt hatte und dann sah ich, dass er auf
meine Wange schaute.
„Was ist dir denn zugestoßen?“
Ach das, meinte er. Den Kratzer auf meiner Wange. Was sollte schon groß
passiert sein? Ich war mal wieder zu unachtsam gewesen. Mal wieder? Wie immer
eigentlich. Es ging doch nie alles glatt in meinem Leben, ich war ein Tollpatsch
und es war egal, wie sehr ich mich auch bemühte aufzupassen. Immer passierte
mir irgendwas und immer verletzte ich mich. Da machte dieser kleine Kratzer
nicht viel aus.
„Oh, nichts“, antwortete ich. Ich hielt es für keine gute Idee ihm zu
sagen, dass ich nicht mal alleine Joggen konnte, ohne mich dabei zu verletzen.
Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich nicht mal laufen konnte, ohne zu stolpern
und in eine Ecke zu fallen. Da war dieser Kratzer noch eine gute Ausbeute in
Sachen Dämlichkeit und Ungeschicklichkeit. „Es ist nur ein Kratzer – das
passiert manchmal.“ Ich lächelte ihn an.
Doch Edward lächelte gar nicht zurück. Immer noch starrte er mich an. Ich
lachte ein wenig, etwas nervös, denn plötzlich kam Edward mit ernstem Gesicht
auf mich zu. Er kam viel zu schnell näher. Augenblicklich erstarrte ich, denn
er gab mir nicht mal die Chance mich langsam an seine Körperwärme zu
gewöhnen, die ich sofort im nächsten Augenblick spürte. Ein paar geschmeidige
Schritte – und schon stand er vor mir.
Seine Größe und offensichtliche Kraft waren überwältigend. Aus der Nähe
konnte ich die ausgeprägten Muskeln erkennen, die sich unter seinem schwarzen
Hemd bewegten. Der feine Stoff schmiegte sich an seine Schultern, seine Arme und
seine Brust, als sei es Edward auf dem Leib geschneidert worden. Einfach
unglaublich anmutig sah er aus. Und Edward roch fantastisch.
Bella, reiß dich zusammen, versuchte ich mich selber wieder aus meiner Trance
zu retten.
Doch es ging nicht. Ich war ihm ausgeliefert.
Und erst sein Duft…
Ich konnte an ihm kein Rasierwasser entdecken. Nein, danach roch es nicht. Nur
Spuren von Minze und Leder so wie etwas Dunkleres, wie ein exotisches Gewürz,
das ich nicht benennen konnte. Was auch immer es war, es brach über meine Sinne
herein und übte unwiderstehlichen Sog auf mich aus, während ich eigentlich von
ihm zurückweichen wollte. Ich konnte nicht.
Ich atmete tief ein, als Edward nach mir griff und seine Fingerspitzen sanft
über meinen Kiefer strichen. Einzelne Blitze durchfuhren mich bei dieser
Berührung. Angenehme Blitze. Es war mehr ein Kribbeln.
Dieser bloße Kontakt reichte aus, dass mir ganz heiß wurde, besonders dort am
Hals, an der empfindlichen Stelle unterhalb meines Ohres, wo Edward seine Hand
spreizte und meinen Nacken umfasste. Mit dem Daumen zeichnete er die
Abschürfungen auf meiner Wange nach.
Ich spürte es ganz genau. Mein Atem war still, ich traute mich nicht zu atmen.
Der Kratzer hatte wehgetan, als ich ihn zuvor gereinigt hatte, aber jetzt, unter
Edwards unerwartet sanfter Berührung, spürte ich keinen Schmerz. Gar nichts,
außer diesem wundervollen Gefühl, welches er auf meiner Haut hinterließ.
Nichts außer einer schwachen Wärme und einer langsamen, wogenden Sehnsucht in
ihrem tiefsten Inneren.
Zu meinem Erstaunen beugte er sich herunter und küsste mich auf meine
verunstaltete Wange. Wow, das war ein so wundervolles und intensives Gefühl.
Seine Lippen verweilten dort, lange genug, um mir klarzumachen, dass dies als
Vorspiel für mehr gedacht war.
Oh mein Gott, was dachte ich hier eigentlich. Vorspiel? Mehr?
Er sollte aufhören! Wirklich!
Nein, es war einfach ein so wundervolles Gefühl. Diese Wärme die mich durchzog
– ich wollte, dass sie nie wieder verschwand.
Mit pochendem Herzen schloss ich die Augen. Ich machte keine Bewegung, er
lähmte mich und ich wagte kaum zu atmen, als ich spürte wie Edwards Mund sich
meinem näherte.
Ich beugte mich ein wenig nach vorn und verkürzte den Abstand zwischen uns
etwas mehr, denn ich wollte nicht länger warten. Ich konnte nicht länger.
Meine Lippen bebten, schrien nach den seinen. Jede Zelle meines Körpers schrie
nach dieser Berührung. Bei meiner Bewegung lächelte er leicht, es war das
schönste Lächeln überhaupt und er legte den restlichen Weg zu mir zurück,
neigte den Kopf zu Seite und drückte seine Lippen sanft auf meine. Zuerst war
es nur eine süße, unschuldige Berührung unserer Lippen, als würden sie sich
erst kennen lernen wollen. Doch dann verschlossen sich unsere Lippen, als
gehörten sie einfach zusammen.
Ich stöhnte, als meine Lippen bei diesem Aufeinandertreffen zu prickeln
begannen und Edward erwiderte mein Stöhnen. Ich spürte seine rechte Hand an
meiner Wange, während er mich küsste. Sie wanderte leicht in meinen Nacken,
streifte dabei die empfindliche Stelle unter meinem Ohr, es kitzelte leicht.
Ich schloss meine Augen, hob meine Hand und zögerte, bevor ich sie auf seine
Wange legte. Seine Haut war warm, das Gesicht etwas rau von den Stoppeln seines
Drei-Tage-Bartes. Ich liebte diese Stoppeln und nun spürte ich sie wirklich
unter meinen Fingern. Es waren weiche kurze Stoppeln, sie kratzten nicht,
sondern kitzelten eher an meinen Fingerspitzen.
Das hier war eindeutig der schönste, wundervollste, intimste Kuss den ich je
hatte. Mein Kopf war wie leergefegt, da gab es nur ihn, sein Duft und diese
wundervollen Lippen, die jetzt mir gehörten. Ich hatte mir in meinen Träumen
immer versucht vorzustellen, wie es wohl sein würde, seine Lippen zu küssen,
doch das hier, war etwas anderes. Es war kein Traum, es war real und deswegen
umso intensiver.
Er küsste mich! Edward Cullen küsste mich!
Ich öffnete die Augen und stellte fest, dass Edward mich anstarrte. Sein Blick
war von einer animalischen Wildheit, die mir einen gierigen Schauer über den
Rücken jagte.
Was tat er hier? Was tat ich hier? Das konnte alles nicht wahr sein. Was war das
für ein Blick?
Was tat er mit mir? Warum war ich ihm nur so ausgeliefert?
Als ich schließlich meine Stimme wiederfand, war sie leise, atemlos und heiser.
„Solltest du das wirklich tun?“
Dieser durchdringende Blick seinerseits blieb auf mir geheftet. „Oh, Ja.“
Edward beugte sich erneut zu mir herunter und ließ seine Lippen über meine
Wangen, mein Kinn und mein Hals gleiten.
Ich seufzte auf und er erstickte mein leises Keuchen mit einem
leidenschaftlichen Kuss, indem er seine Zunge zwischen meine geöffneten Lippen
schob.
Ich ließ ihn gewähren, ich konnte gar nicht anders. Er berauschte mich. Ich
war wie in Trance in diesem Moment. Sein Duft berauschte mich. Sein Blick
berauschte mich.
Ich war mir vage bewusst, dass seine Hand nach hinten gewandert war und unter
dem Saum meines T-Shirts glitt.
Edward streichelte die Wölbung ihres bloßen Rückens, seine Finger streiften
sanft meine Wirbelsäule. Seine Liebkosung wanderte nach unten, über den Stoff
meiner Hose. Seine kräftigen Finger umfassten die Kurven meines Hinterns,
drückten sie fest.
Ich leistete keinerlei Widerstand, als sein Kuss noch fordernder wurde und er
mich immer näher an sich zog, bis mein Becken gegen den harten Muskel seines
Schenkels gedrückt wurde.
Was zum Teufel tat ich hier? Was zum Teufel tat er mit mir?
Edward war böse. Ja, er konnte verdammt böse küssten. Verdammt böse gut.
„Nein“, sagte ich, als ich wieder zu Bewusstsein kam. „Nein. Stopp.“
Gott, wie sehr ich den Klang dieses Wortes hasste, wenn sein Mund sich so
verdammt gut auf meinem anfühlte. Und das tat es.
Es fühlte sich verdammt gut an. Zu gut.
„Bist du… Edward… bist du mit jemanden zusammen?“
„Sieh dich um, Bella.“ Seine Lippen streiften über meine - nur ein leichter
Hauch war es gewesen, doch prickelnd – während er sprach, und mir wurde
schwindelig vor Begehren. Ich kannte dieses Gefühl, dass sich in mir mehr und
mehr ausbreitete noch gar nicht. Es war mir fremd, aber es war absolut schön
und angenehm.
„Es gibt nur dich und mich. Es gibt keine Andere. Nur dich.“
Nur dich, ich war mir ziemlich sicher, dass er diese beiden letzte Worte nicht
ausgesprochen hatte, aber ich hörte, wie sie in meinem Kopf wiederhallten, warm
und provozierend und meinen letzten Widerstand zusammenbrechen ließen.
Oh, er war gut. Er war sogar sehr gut.
Oder vielleicht sehnte ich mich einfach nur so verzweifelt nach ihm, weil dieses
schlichte, einfache Versprechen alles war, was er mir gerade gab – das und
diese schwindelerregende Kombination aus seinen sanften Händen und seinem
heißen, hungrigen Mund – und dennoch glaubte ich ihm ohne den geringsten
Zweifel.
Warum verzerrte ich mich nur so sehr nach ihm?
Hatten sich meine Gefühle für ihn in den letzten Tagen so sehr geändert? Oh
man, wo sollte das noch enden?
Ich fühlte mich im Moment, als ob jeder seiner Sinne nur auf mich allein
ausgerichtet sei.
Ganz allein auf mich. Als ob es nur mich und ihn gäbe und dieses Feuer, das
zwischen uns brannte.
Es war auch so.
Nur er und ich waren in diesem Raum. Warum war er noch mal da? Warum stand er
plötzlich einfach in meinem Zimmer? Warum hatte er mich geküsst? Warum hatte
ich ihn nicht rausgeschmissen oder davon gejagt?
„Oh“, keuchte ich, als mein Atem meine Lungen mit einem langsamen Seufzer
verließ.
Ich sank gegen Edward und genoss, das Gefühl seiner Hände auf meiner Haut, die
meine Kehle, meine Schulter, die Wölbung meiner Wirbelsäule liebkosten. „Was
machen wir hier, Edward?“
Sein leises, humorvolles Knurren summte an meinem Ohr, so dunkel wie die Nacht.
„Ich glaube, das weißt du ganz genau.“
Ja, da war es wieder, dieses Knurren, das ich schon mal bei ihm gehört hatte.
Wann war das noch mal gewesen? Aber es klang genauso atemberaubend. Ja, Atem
raubend. Und das tat er. Der raubte mir meinen Atem.
„Ich weiß überhaupt nichts mehr, wen du das tust. Oh… Gott.“ Seine Hand
war auf meinem Rücken, streichelte und sorgte dort für kleine Blitze, die
andere Hand ruhte immer noch an meinem Hals.
Er unterbrach seinen Kuss einem Augenblick und blickte mir in die Augen, als er
sich mit einer langsamen, eindeutigen Bewegung an mich presste.
Oh Gott.
„Oh Gott.“
Ich schreckte hoch. Wo war ich?
Ich blickte mich suchend in dem Zimmer um, dass ich als meines wiedererkannte.
Ich schaute zu Angela rüber, welche schlief. War das alles nur ein Traum
gewesen?
Aber diese Wärme, diese wundervolle leidenschaftliche Hitze, war immer noch in
mir. Das konnte kein normaler Traum gewesen sein. So was träumte man doch
nicht. Und doch war es nur ein Traum gewesen. Irgendwie schade.
Wäre wohl auch einfach zu schön gewesen, um wahr zu sein. Aber es war so
realistisch. Da war immer noch sein Geruch an mir.
Da war dieser sanfte Blick, mit dem er mich angeschaut hatte. So liebevoll und
begierig, so verwundernd und leidenschaftlich.
Edward Cullen. Ich hatte von Edward Cullen geträumt.
Warum hatte ich so etwas geträumt?
Ich mochte ihn doch eigentlich gar nicht. Eigentlich. Und eigentlich war ich
drauf und dran, mich in ihn erneut zu verlieben. Aber das musste ich verhindern,
er würde mir bestimmt wieder weh tun.
Ich hatte aber von ihm geträumt. Von seinen wundervollen bronzefarbenen Haaren,
von seinen wundervollen grünen Augen, von seinen wundervollen Lippen.
Ich schmiss mich zurück ins Bett. Nun spürte ich auch, was mich geweckt hatte.
Mein Handy vibrierte neben meinem Kopfkissen.
Ich schaute auf das Display. „Unbekannt.“ Da stand nur eine Nummer. Gesehen
hatte ich sie schon mal. Ich lugte noch mal zu Angela, doch die schnarchte leise
vor sich hin, sie war schon tief im Traumland.
„Bella Swan.“ Zuerst hörte ich gar nichts. Nur ein Atem. „Hallo?“
„Bella.“ Ich erkannte die Stimme. Ja, ich wurde diese melodische Stimme,
wohl immer und überall erkennen.
„Edward?“
„Ja, hey.“ Es klang gerade so, als wäre er überrascht, dass ich wirklich
ans Handy gegangen war und er nun gar nicht wusste, was er mir sagen sollte. Da
war wieder sein Atem. Sein Atem, der mir im Traum so nah war. „Du schläfst ja
noch gar nicht.“
„Ich hab geschlafen.“
„Oh, tut mir Leid.“
„Macht nichts. Ich hab was Komisches geträumt“, gestand ich ihm.
„Ja? Was denn?“
Ich lief rot an. Natürlich sah er das nicht und Angela schlief auch noch. Aber
ich wurde dennoch verlegen. „Och, nicht der Rede wert denke ich.“ Oh, damit
lag ich absolut daneben. Aber mit wem sollte ich über diesen Traum reden?
Vielleicht mit Alice? Mit Angela?
„Okay. Verstehe. Ich hab auch geträumt.“
Wollte er mit mir über seinen Traum reden? Warum rief er eigentlich um diese
Uhrzeit an? Aber wenn er mir das sagte, wollte er bestimmt, dass ich nachhakte.
„Was denn?“ Ich wollte sein Spiel mal mitmachen, außerdem wollte ich noch
nicht, dass er wieder auflegte. Ich hatte irgendwie das Verlangen, seine Stimme
noch länger zu hören. Ich wollte sie hören. Und ich musste gestehen, dass er
genauso klang wie im Traum, vielleicht sogar noch besser. Ja, er klang noch
besser. Obwohl er vermutlich noch besser klingen würde, wenn er jetzt richtig
vor mir stehen würde, und ich nicht nur seine Stimme am Ohr hätte. Aber das
durfte ich ihm nicht sagen. Warum hatte ich so etwas eigentlich geträumt?
„Von dir.“
„Wie bitte?“
„Bella, ich habe von dir geträumt?“
„Warum denn das?“
„Weil ich dich anziehend finde und du mir nicht mehr aus dem Kopf gehst, da
ist es doch klar, dass das Unterbewusstsein mir so einen herrlichen Traum
bescheren will.“
Stopp! Moment! Ich geh ihm nicht mehr aus dem Kopf? Herrlicher Traum? Er wird
doch wohl nicht so einen Traum gehabt haben, wie sie selber? Nein, das konnte
nicht sein. Da lag zu viel Emotion und Gefühl drin, das würde doch nicht zu
Edward Cullen passen. Sein Unterbewusstsein hatte mich vermutlich schon nackt in
sein Bett gelegt. Bestimmt.
„Darf ich dich morgen wieder sehen?“
„Du meinst heute?“, fragte ich ihn scharf.
„Ja, wie du es sehen magst.“ Er atmete tief. „Also darf ich?“
„Gerne.“
„Gerne?“ Hatte ich das wirklich gesagt? „Bella, du machst mich
glücklich.“
„Oh…okay.“ Ich wusste wirklich nicht so genau, was ich ihm darauf
antworten sollte. Er klang wirklich glücklich.
„Bella, ich freu mich, dass du mir erlaubst, dich morgen wieder zu sehen. Ich
sollte jetzt auflegen und dich weiter schlafen lassen.“
Ich sollte ‚Nein’ schreien. Aber ich konnte ihm einfach nicht widersprechen.
Mir hatte es einfach zu sehr die Sprache verschlagen. Er war wundervoll. Edward
Cullen war nicht mehr böse, nein, er war wundervoll. „Ich wünsche dir eine
gute Nacht, Bella.“
„Ja, ich dir auch. Schlaf gut.“
„Das werde ich.“ Es klang sehr überzeugt. „Weil ich mich nun so sehr auf
morgen freue.“
Ich lächelte. Er war süß. Ja, er war nicht mehr böse. Er war wundervoll und
süß.
„Gute Nacht“, sagte er noch mal.
Dann legte ich auf. Ich legte auf und starrte auf mein Handy. Was war denn das?
Ich hatte mitten in der Nacht mit ihm telefoniert. Ich hatte mitten in der Nacht
ein Date mit ihm ausgemacht. Warum verwirrte er mich nur so sehr?
Kapitel 8: Ein Date mit Edward
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Manchmal wenn wir still sind, kommen die Antworten, die wir gesucht haben von
ganz alleine...
Wir können nicht immer Worte benutzen um unseren Weg durch die Dunkelheit zu
finden. Dann kann man sich nur ein gutes Gespräch wünschen um seine Gefühle
wieder in Ordnung zu bringen. Und wenn dir keine Worte mehr einfallen, bist du
vielleicht dort wo du hinwolltest.
Doch manchmal darfst du erst aufhören zu reden, wenn die Dinge ihren Lauf
nehmen.
Ich musste es wirklich hin bekommen haben, einzuschlafen. Was ich nun nach dem
Telefonat mit Edward Cullen wirklich bezweifelt hatte. Aber überrascht, wie
munter ich doch war, als ich die Augen öffnete, blickte ich erst mal zu meinem
Handy.
Hatte ich wirklich mit Edward telefoniert oder hatte ich das vielleicht auch nur
geträumt. Vielleicht war der erste Traum ja ein Teil des zweiten Traums, gab es
so was?
Angenommene Anrufe. Unbekannt.
Gut, es war also doch kein Traum gewesen. Nein, ich hatte wirklich mit Edward
Cullen mitten in der Nacht telefoniert. Oh mein Gott, ich hatte mit ihm ein Date
ausgemacht.
Erschrocken saß ich nun aufrecht in meinem Bett. Das konnte doch nicht wahr
sein.
Das war bestimmt eine Masche von ihm, dass er Leute im Halbschlaf anruft und
ihnen dann ein Date abfragt. Ja, das war bestimmt eine Masche von ihm. Das
machte er bestimmt öfters so.
Oh, ja, er hatte ja gesagt, dass er auch von mir geträumt hatte. Da fiel mir ja
erst mal mein Traum ein. Wie konnte ich so etwas Irrsinniges überhaupt nur
träumen. Aber so irrsinnig war der Traum nicht mal gewesen, eher absolut
erregend. Das musste wohl einer dieser erotischen Träume gewesen sein, von
denen Angela immer sprach.
Wir hatten gar keine Zeit für ein Date ausgemacht. Also konnte ich mich somit
immer noch raus reden. Oh man, wenn Alice das erfährt, dann bringt sie mich
oder ihren Bruder bestimmt um. Zumindest stellte ich mir das gerade so vor.
Ich schaute zu Angelas Seite des Zimmers und stellte fest, dass sie gar nicht
mehr in ihrem Bett lag. Es war Sonntagmorgen und Angela lag nicht mehr in ihrem
Bett? Jetzt sah ich auch erst den Zettel der auf meinem Nachtisch lag. Ich griff
nach ihm, fiel dabei halb aus dem Bett und faltete ihn auf.
„Guten Morgen Bella,
Ich bin schon mit Ben unterwegs.
Er wollte mir unbedingt etwas zeigen und da muss man anscheinend sonntags früh
aufstehen.
Ich bin gespannt und sag dir dann, ob es sich gelohnt hat, so früh aufzustehen.
Bis später, Angela.“
Ja, es würde mich ja wirklich interessieren, was Ben ihr denn unbedingt zeigen
wollte. Gut, ich wusste nicht wie spät es war, als Angela aufgestanden war,
aber gerade war es erst mal 10:15 Uhr und normalerweise stand Angela sonntags
immer erst gegen 14:00 Uhr auf, da sie Samstagabend noch in der Disko war und
Party machte. Aber Angela war ja nun mal gerade mal ein wenig nebensächlich.
Ich hatte heute ein Date mit Edward. Gut, ich hatte ein Date mit ihm ausgemacht,
als ich nicht wirklich zurechnungsfähig war. Gilt das? Nein, das gilt nicht.
Mit einem Seufzer ließ ich mich wieder in mein Bett fallen und warf die Decke
direkt wieder über mich. So würde das echt kein guter Tag werden. Ich wusste
nicht mal, wie er mir überhaupt eine Zusage hatte abreden können. Aber ich war
noch im Halbschlaf gewesen – ja, ich war gerade aus meinem ersten erotischen
Traum erwacht.
Ich brauchte eine Ausrede.
Wollte ich heute nicht eh noch mal in die Bibliothek? Genau und da ich mit
Edward ja keinen Termin ausgemacht hatte, hatte er ja auch keinen Anspruch.
Selber schuld, wenn er nicht nach einer genauen Zeit fragt.
Mit diesen guten Gedanken stand ich auf und machte mich im Badezimmer fertig,
damit ich auf dem Gelände schnell zur Bibliothek gehen konnte.
Ich griff mir schnell noch einen Muffin vom Schreibtisch und verschwand auch
schon aus dem Zimmer. Voller Tatendrang verließ ich das Studentenwohnheim,
meine Gedanken schwebten momentan bei der Liste von Büchern, die ich mir für
die Klausur übermorgen auf jeden Fall noch mal anschauen sollte. Ich schrieb
gerade im Laufen noch einen weiteren Buchtitel auf den Zettel in meinen Händen
und stieß natürlich sofort mit jemanden zusammen, weil ich nicht auf meine
Umgebung achtete. Doch bevor ich nach hinten auf den Boden und somit auf meinem
Hintern landen konnte, wurde ich schon festgehalten.
Überrascht blickte ich die Person vor mir an.
Ich wollte aufstöhnen. Mit dieser Person hatte ich nun gar nicht mehr gerechnet
oder sagen wir besser, ich hatte gehofft, dass ich nicht mit ihm rechnen musste.
Vor mir stand Edward, der mich gerade davon abhielt einen Abgang nach hinten zu
machen.
„Hallo schöne Frau, warum denn so stürmisch?“, fragte er mich mit einem
liebevollen Grinsen. Konnte er schon immer so liebevoll Grinsen oder erst nach
meinem Traum von ihm. Das hier war ein riesiges Desaster und warum? Weil ich so
einen Schwachsinn träumen musste.
Sofort blickte ich auf den Boden. Ich konnte ihm einfach nicht länger in die
Augen schauen, denn sofort fiel mir auf, wie er mich in meinem Traum verführt
hatte. Ja, er war wirklich ein König der Verführungskünste gewesen, denn
anders war das echt nicht zu erklären.
„Guten Morgen, Bella.“ Ich spürte seine Stimme, die sich wie ein Nebel um
meinen Körper legte. Sie war sanft und warm.
Ich schloss seufzend die Augen und war kurz davor mich in diese Stimme, dieses
wohlige Gefühl hinein zu legen.
Er hielt mich immer noch leicht an sich gedrückt, aber es war so präsent, dass
ich seinen Geruch einatmete und erst Recht den Halt auf meinen Beinen verlor.
„Bella?“ Seine Stimme schien mich wieder zu wecken und steckte mich wieder
in meinen Körper in die Realität.
Seufzend und mit roten Wangen blickte ich in das sanfte Gesicht von Edward
Cullen. Ich musterte ihn, so gut ich es schaffte, ihn einfach nur anzuschauen.
Seine bronzefarbenen Haare waren nach oben gestylt, eine kleine Strähne hatte
sich aber von den anderen getrennt und hing ihm in die Stirn. Seine makellose
Haut zog sich zurück, als sich um seine Mundwinkel ein Lächeln umspielte. Und
seine grünen Augen schienen auch zu Lächeln, als ich seinen Blick erwiderte.
„Wo möchtest du denn so eilig hin?“
Ich löste mich ein wenig widerwillig aus seiner Umarmung. Oh, mein Gott, hatte
ich gerade wirklich gedacht, dass er mich umarmt hatte.
Ich seufzte innerlich auf. So würde das nie was werden. „Ich muss in die
Bibliothek“, erklärte ich ihm und versuchte kurz zu lächeln.
„Zur Bibliothek also? Ich denke wir waren verabredet?“ Seine Stimme klang
ein wenig traurig.
Was sollte ich denn nun darauf antworten?
Doch so weit kam ich gar nicht, diese Entscheidung nahm er mir ab, in dem er
weiter sprach: „Gut, Bibliothek also. Ich könnte mir zwar romantischere Orte
für ein Date vorstellen. Aber du darfst entscheiden.“
Fragend blickte ich ihn an. Er sah es also auch als Date. Na, super, das läuft
ja schon mal toll.
„Komm ich fahre dich dahin.“ Er hatte schon meine Hand ergriffen und zog
mich zu seinem atemberaubenden Auto.
„Nein. Stopp“, sagte ich plötzlich. Ich war selber überrascht welche Kraft
ich in der Stimme hatte, als ich das zu ihm sagte.
Edward blieb stehen und blickte mich fragend an. „Bella?“
„Warum willst du denn mit mir in die Bibliothek?“ Ich blieb stehen und
blickte ihn fragend an. Eigentlich wollte ich da alleine um wirklich zu lernen
und um an alles Mögliche zu denken, nur nicht an ihn. Nur wenn er dabei wäre,
würde das nicht unbedingt so gut klappen.
„Na, du willst da doch hin.“
„Genau, ich will dahin.“ Und die Betonung lag auf dem Wort ‚Ich’.
Edward lächelte, streckte seine Hände in seine Hosentaschen und blickte mich
fragend an. „Also, dann lass uns doch in die Bibliothek gehen.“
„Aber ich muss für das Studium lernen.“
„Ich habe auch ein Studium“, erklärte er grinsend.
Ich seufzte und fuhr mich durch die Haar. Das lief irgendwie nicht so gut, wie
ich dachte.
Er zog seine Hände wieder aus seinen Hosentaschen und trat auf mich zu. Sein
Hand lag auf meiner Schulter und sanfte Blitze durch fuhren mich, als er mich
berührte. Gott, warum reagierte mein Körper nur so auf ihn. Was sollte denn
das bitte für eine Reaktion meines Körpers sein? War mein Körper gerade dabei
mich zu hintergehen? Das war bestimmt ein toller Titel für eine dieser
Klatschspalten, wegen gutaussehenden absolut hinreißenden Mannes vom eigenen
Körper hintergangen.
Na, super. Danke schön.
„Gut, also lernen?“, fragte ich sicherheitshalber noch mal nach.
„Ja, was denkst denn du?“
Ich seufzte. Ja, was denke ich denn nur. Das Edward Anstalten machen würde,
über mich herzufallen, genau, und das Problem an der Sache könnte sein, das
mein Körper, da sogar mit machen würde.
Oder was sollte dieser Traum?
Irgendwas sollte das ja bedeuten und warum nicht sogar das einfachste was mir
einfiel, es war zwar nicht gerade sinnvoll und gefiel mir auch nicht, aber der
Traum war sehr interessant gewesen und irgendwie sah ich Edward nun auch anders
an.
„Also, Bella? Wollen wir nun in die Bibliothek und lernen?“
Ich seufzte. „Wenn du das so sagst, klingt das nicht gerade
wahrheitsgemäß.“
„Was hältst du denn von mir?“, fragte er mich mit gespielter Enttäuschung.
„Also gut. Dann gehen wir mal in die Bibliothek“, sagte ich zu ihm nickte.
„Ganz wie du möchtest.“
Schließlich saß ich wirklich mit Edward in der Bibliothek an einem Tisch. Vor
mir war ein kleiner Stapel, von den Büchern die ich vorher auf die Liste
geschrieben hatte. Direkt vor mir lag schon ein Buch aufgeschlagen, rechts
daneben war mein Block, auf dem ich mir gerade eifrig Notizen aus dem Buch
schrieb. Ich versuchte es jedenfalls.
Edward saß mir gegenüber, am selben Tisch. Er tat so als würde er in dem Buch
lesen, was er in den Händen hielt, aber ich spürte immer wieder seinen Blick
der zu mir herüber wanderte.
Allerdings sah ich ihn nicht an. Ich versuchte mir davon nichts anmerken zu
lassen und las einfach weiter. Zumindest versuchte ich das, aber es war
hoffnungslos. Aber jeder kennt das, wenn man bewusst angestarrt wird, dann kann
man sich nicht mehr auf das konzentrieren, was man eigentlich gerne machen
würde.
„Weißt du eigentlich was die Bibliothek des Klosters von San Pedro in
Barcelona für eine interessante Inschrift hat?“
Seufzend blickte ich von meinem Buch auf. „Edward, ich denke wir lernen
hier.“
„Ich lerne, das stimmt. Aber du bist schon seit zehn Minuten auf ein und
derselben Seite, hast noch keinen weiteren Satz auf dein Blatt Papier
geschrieben.“
Böse funkelte ich ihn an. Er hatte es gemerkt und das war mir absolut peinlich.
„Das geht dich gar nichts an, was ich mache.“ Er hatte mich doch echt
beobachtet, widerlicher Bösewicht. Gemeinheit. „Ich lese.“
„Umblättern gehört auch zum Lesen dazu“, erklärte er mir mit einem
süffisanten Lächeln.
„Oh, danke sehr, Großmeister.“ Ich seufzte auf und blickte wieder auf mein
Buch. Ein kurzer Blick auf meine Notizen bestätigte allerdings die Aussage von
Edward, was mich erst recht rasend machte. Was bildete sich dieser Typ
eigentlich ein?
Erst ruft er mich mitten in der Nacht an, macht ein Date aus, steht dann einfach
vor meiner Tür und nun lässt er mich nicht mal in Ruhe lernen.
Und woher wusste dieser Kerl eigentlich welche Inschrift die Bibliothek des
Klostern von San Pedro hat? Na, super jetzt dachte ich doch darüber nach.
Konnte dieser Typ nicht einfach wieder aus meinem Leben verschwinden? Das wäre
für alle Beteiligten doch das Beste, da war ich mir sogar mehr als nur 100%ig
sicher. Er sollte wieder nach Forks verschwinden oder wo er auch immer studiert
hatte. Er und seine Freunde sollten mich einfach alle in Ruhe lassen.
Ich hatte hier zuerst studiert. Das war meine Stadt.
Gut, vielleicht war ich mir dessen doch nicht mehr 100%ig sicher.
Seufzend legte ich meinen Stift zur Seite und blickte auf.
Erschrocken fuhr ich zurück und warf dabei fast den Stuhl um. Edward war mir
überraschenderweise sehr nahe gekommen. Er hatte sich über den Tisch gebeugt
gehabt und hätte fast meine Stirn berührt, wenn ich nicht zurück gerutscht
wäre.
„Edward Cullen... Was...?“
„Weißt du eigentlich, dass wenn du nachdenkst, dass du dann so eine kleine
Falte zwischen deinen Augenbrauen hast. Hier.“ Er berührte die Stelle über
meiner Nase, zwischen meinen Augenbrauen. „Genau hier.“
Ich seufzte unter dieser Berührung fast auf.
Er brachte mich mal wieder vollkommen aus dem Konzept? War das sein Konzept? Ja,
das war bestimmt seine Masche, die Leute einfach aus dem Konzept bringen.
Doch ohne einen weiteren Kommentar lehnte er sich auf seinem Stuhl wieder
zurück, blickte mich leicht lächelnd an und griff wieder nach seinem Buch.
Sein Blick wanderte von mir zu seinem Buch und ließ mich unbeobachtet.
Ich atmete erleichtert auf.
So würde das nicht lange gut weiter gehen. Entweder würde das hier noch
eskalieren oder... oder... nein, daran wollte ich gar nicht denken.
Er brachte mich aus dem Konzept, aus der Fassung. Ja, er machte mich willenlos,
kraftlos. Es war einfach wie verhext. Das konnte, doch nicht möglich sein.
Nein, das durfte nicht wahr sein.
Ich blickte wieder in mein Buch. Deswegen war ich ja hier.
War ich nicht in die Bibliothek gegangen zum zu Lernen?
Ich sollte die Zeit nutzen. Ich schrieb übermorgen eine Klausur, auch wenn ich
sie in meiner momentanen Lage eh bestehen würde, ich wollte sie auch mit einer
Eins abschließen. Das war immer mein Ziel gewesen und von diesem Edward, sollte
ich mich nun wirklich nicht ablenken lassen.
„Wer Bücher stiehlt oder ausgeliehene Bücher zurückbehält, in dessen Hand
soll sich das Buch in eine reißende Schlage verwandeln. Der Schlagfuß soll ihn
treffen und all seine Glieder lähmen. Laut schreiend soll er um Gnade winseln,
und seine Qualen solle nicht gelindert werden, bis er in Verwesung übergeht.
Bücherwürmer sollen in seinen Eingeweiden nagen, wie der Totenwurm, der
niemals stirbt. Und wenn die letzte Strafe antritt, soll ihn das Höllenfeuer
verzehren auf immer“, sagte er plötzlich und hatte damit meine komplette
Aufmerksamkeit bekommen. Das klang interessant.
Er blickte mich an und sah, dass ich wie gebannt auf seinen Lippen geschaut
hatte. „Das ist die Inschrift der Bibliothek des Klosters von San Pedro.“
Ich nickte nur, erwiderte nichts und widmete mich wieder meiner eigenen
Buchseite.
Wie kam er plötzlich auf so einen Spruch, auch wenn es die Inschrift einer
Bibliothek war. Das stand ja mal wohl kaum in seinem Anatomiebuch, was er da
gerade in den Händen hatte.
Der Spruch war toll. Den sollte man hier auch irgendwo hinschreiben, aber
vermutlich war das eben der Spruch von diesem Kloster. Wie konnte ein Kloster so
einen Spruch in ihrer Bibliothek aufbewahren. Na, super jetzt dachte ich wieder
über alles andere nach als an meine Klausur.
So gab das alles keinen Sinn. So würde das nie was mit dem Lernen werden.
Seufzend blickte ich auf und schaute zu Edward, der in sein Buch schaute, meiner
Meinung nach spielte er das eh nur vor. Der las doch eh nicht eine Zeile.
Wobei er das Umblättern aber nicht vergaß. Er war wohl ein besseres
Schauspieler. Konnte er denn eigentlich auch was nicht gut?
Das war so was von gemein.
Warum war ich noch mal mit diesem Kerl hier in der Bibliothek? Warum hatte ich
ihm die Nacht ein Date zu gesagt gehabt? Gut es war sehr spät und ich konnte
bestimmt gar nicht mehr richtig nachdenken. So was sollte als
unzurechnungsfähig gelten, ganz klar. Er hatte das ausgenutzt. Und nun hatte
ich den Salat.
Ich klappte das Buch an der Stelle zu und blickte Edward an.
Sein Blick war überrascht als er sah, wie ich das Buch zuschlug. „War’s
das?“
„Ich gebe mich geschlagen.“
„Wie bitte?“, fragte er und legte aber auch sein Buch zur Seite.
„Ja, du hast richtig gehört. Ich kann hier doch eh nicht richtig lernen, wenn
du hier in meiner Nähe bist“, gestand ich ihm.
„Mach ich dich nervös?“
„Nein, du nervst“, antwortete ich ihm sofort. Ich würde ihm kaum sagen,
dass er mich nervös machte.
Er lächelte. „Und nun?“
„Wollen wir was Frühstücken oder so?“
Ich konnte gar nicht so schnell schauen, als er schon aufgestanden war und meine
Bücher wieder in das Regal stellte. Er musste vorhin anscheinend richtig
aufgepasst haben, denn er stellte jedes einzelne Buch an seine richtige Stelle
zurück und schon war er auch wieder bei mir.
„Und wo möchtest du Frühstücken?“
Ich lächelte ihn an. Ja, ich lächelte ihn wirklich an. Ich konnte das hier
aber immer noch nicht glauben. Er hatte es doch tatsächlich geschafft, mich vom
Lernen abzuhalten. Das schaffte nicht mal Alice immer. Warum schaffte er es
also?
„Ich kenne einen netten Laden. Nennt sich Kantine“, antwortete ich ihm
sarkastisch.
„Na komm schon. Ich kenne da was viel besseres.“ Er griff nach meiner Hand,
umfasste sie und führte mich aus der Bibliothek heraus.
Ich spürte die Wärme, die seine Hand abgab, als er meine umfasste. Es war ein
sehr schönes Gefühl.
Warum tat Edward das nur mit mir? Warum tat ich das mit mir? Hatte ich Edward
nicht schon längst in eine Schublade gesteckt, und diese dreifach
abgeschlossen? Warum kam er nun wieder da heraus und brachte alles
durcheinander. Das konnte er doch nicht einfach so machen. Oder etwa doch?
Kapitel 9: Edward
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Die Liebe ist sehr kompliziert.
Wenn es ein bisschen haarig wird, müssen wir entscheiden, ob wir gehen oder
bleiben.
Glücklicherweise haben Tiere dafür Instinkte, verteidigen oder flüchten.
Aber menschliche Beziehungen sind viel komplexer, woran erkennen wir, wie es am
Ende ausgeht?
Wenn wir vor der Wahl stehen, flüchten oder stand zu halten, laufen manchmal
sogar die Stärksten von uns davon.
Animalische Instinkte leisten Tieren gute Dienste, aber wir sind Menschen und
wir machen Fehler.
Den einsamen Wölfen unter uns fällt das Einzelgänger-Dasein oft nicht schwer,
weil sie nicht versuchen eine Beziehung auf Recht zu halten.
Anders als die Tiere lassen wir uns von unseren Gefühlen leiten, die mitunter
unsere Sicht drüben.
Wir sorgen uns um andere, wollen aufeinander aufpassen.
Bis uns letztendlich klar wird, egal ob Mensch oder Tier, das wir ganz allein
sind. Wir für uns selbst kämpfen müssen.
Er führte mich aus der Bibliothek heraus und hielt dabei immer noch meine Hand.
Er hielt sie ganz fest und irgendwie war ich auch froh, dass er mich festhielt,
denn ich vertraute meinen Knien nicht.
Ich spürte die Blicke der anderen, die absolut auf uns gerichtet waren, als
wäre es so komisch zwei Menschen zu sehen, die Händchen hielten. Ich wusste
nicht, wie viele hier Edward schon kannten, so lange war er schließlich noch
nicht hier eingeschrieben, aber mich kannte man. Ein paar zumindest. Man war
wegen mir überrascht, weil ich normalerweise sehr selten in Begleitung eines
jungen Mannes unterwegs bin und dann sah man mich mal einmal mit einem Kerl, der
vermutlich sogar noch umwerfend aussah und dieser hielt mich an der Hand.
Gut, er zerrte mich den Weg entlang, weil ich nicht so richtig mit ihm Schritt
halten konnte.
Aber er hielt mich an der Hand. Nein, das konnte nicht gut gehen.
Ich musste das hier beenden. Ich musste so was klar stellen, bevor es Gerüchte
über mich gab. Und das wollte ich nicht. Eigentlich war mir so etwas immer egal
gewesen, aber ich will nicht in einem Gerücht mit Edward erscheinen. Nein,
bestimmt nicht. Das geht bestimmt gegen meine Würde. Gut, so wie das hier jetzt
gerade aussah, so wie er mich hinter sich her zog, hatte ich nicht mal Würde.
Ich seufzte auf und blieb, dann einfach stehen.
Edward, der dieses plötzliche Verhalten natürlich bemerkt hatte, da ich mich
ja nicht mehr hinter ihm herziehen ließ, blieb ebenfalls stehen und blickte
mich fragend an. Er musterte mich von oben bis unten und sagte kein Wort.
Ich wartete aber auf wenigstens einen Satz von ihm, das war ja wohl kaum zu viel
verlangt.
Warum hielt der Kerl eigentlich immer noch meine Hand? Konnte er sie nicht mal
loslassen?
Ich wollte schon wieder aufseufzen, doch dann fing dieser Kerl auch noch an, mit
seinem Daumen über meinen Handrücken zu streicheln. Er kam nun einen Schritt
näher auf mich zu, sagte immer noch kein Wort, doch ich wusste, dass wir
irgendetwas sagen mussten.
Ich spürte, wie meine Knie versagten. ‚Verdammt! Reißt euch zusammen! Das
ist nur Edward! Das ist nicht Johnny Depp, Paul Walker oder Chad Michael Murray.
Nein, das hier ist nur Edward‘ Doch es war sinnlos. Wem wollte ich hier etwas
vormachen? Er hatte mich schon in seinen Bann gezogen, als ich ihn das erste
Mal wieder gesehen hatte. Mein ganzer Körper wollte von ihm einfach berührt
werden, schrie stumm, aber quälend nach ihm.
Meine Augen weiteten sich, als ich registrierte, dass er mir näher gekommen
war. War das durch den Schritt von eben? Warum sagte er immer noch nichts? Und
warum schaute er mich so durchdringend an?
„Bella...“, ich wusste nicht mal ob ich gehört hatte, dass er meinen Namen
ausgesprochen hatte. Ich hatte nur gebannt auf seine Lippen gelesen und
gespürt, wie er meinen Namen über die Lippen brachte. Hatte er ihn nun
ausgesprochen oder nicht?
In meinem Ohr war nur das Rauschen meines eigenen Pulses, nichts anderes. Ich
hörte nur den Rhythmus meines Herzschlages und irgendwie wurde der immer
schneller. Das Rauschen wurde intensiver, lauter.
Was war das nur für ein Gefühl, das er da in mir auslöste? Ein Gefühl? Nein,
es war ein Meer voller Gefühlen und Emotionen.
„Bella...“
Jetzt hatte er meinen Namen doch ausgesprochen, oder? Warum sah ich nur seine
Lippen bewegen und hörte keinen Ton? War seine Stimme schon in meinem Kopf
eingespeichert?
Ich spürte, wie vorsichtig er war, als er mit seiner rechten Hand sanft über
meine Wange fuhr. Er hinterließ eine brennende und lodernde Spur auf meiner
Haut. Ich spürte, wie mein Blut in meine Wangen stieß und sie rot wurden. Doch
ich konnte das nicht kontrollieren. Ich konnte gerade eigentlich gar nichts
kontrollieren. Es war wie verhext.
Genau, mein Körper war verhext. Und wer war Schuld an der Misere?
Ja, genau dieser jemand, der gerade vor mir stand. Mit seinen umwerfend,
unwiderstehlichen moosgrünen Augen, seinem absolut wunderschönen Lächeln, der
mit seiner Art gerade ein riesiges Chaos in mir verbreitete.
Bella an Knie? Hallo, bitte standfest bleiben.
Oh nein, sie wurden schwächer.
Alleine seine Berührung über meine Wange ließ das Blut in mir noch weiter
brodeln.
Ich musste etwas tun! Und das ganz schnell!
Doch meine Augen wollten einfach nicht von seinem Gesicht abwenden, er hielt
mich mit seinem eigenen Blick gefangen, fesselte mich damit. Widerstand war
zwecklos, mein minimaler Widerstand kapitulierte, hisste die weiße Fahne.
Meine Augen fuhren sanft über sein Gesicht. War es schon immer so wunderschön
und makellos?
Und dann diese unbeschreiblich, anmutigen Lippen...
Konzentration!
Ich versuchte langsam wieder ruhig zu atmen. Aber bei dem Versuch blieb es auch.
Meine Atmung war immer noch so unregelmäßig, seit dem Zeitpunkt als er sich zu
mir umgedreht hatte und näher auf mich zu kam.
Was war das hier eigentlich?
Er zog mich doch bestimmt in seinem Kopf schon aus!
Ah, jetzt geht das mit dem ruhiger Atmen auf einmal. Gute Taktik, wieder an
Edward, den Bösewicht denken! Scheint auf jeden Fall zu funktionieren.
Genau, er zog mich in seinen Gedanken schon aus, sah mich vermutlich schon nackt
in seinem Maserati liegen. Oh, keine gute Idee. Sein Auto war doch auch böse.
Das bewirkte auch so komische Schwankungen mit mir. Keine gute Idee. Maserati
GranTurismo S. Dieses wundervolle schwarze Auto. Diese zauberhaften Ledersitze,
die von Hand angefertigt wurden. Dieses kribbelnde Gefühl, wenn man in diesem
Auto saß und die Geschwindigkeit genoss.
Was für ein wundervolles Auto? Wie es wohl ist, darin nackt zu liegen?
Ganz, böser Gedanke. Und wieder spürte ich das Blut in meine Wangen.
„Warum bist du denn stehen geblieben?“
Genau, warum bin ich noch mal stehen geblieben?
Ich hatte bis eben diese Antwort doch noch. Verdammt.
Ich blickte zu Boden als ich es endlich geschafft hatte, nicht mehr in sein
Gesicht zu schauen. Er hatte für einen kurzen Moment meinen Blick los gelassen,
hatte die Fesseln gelockert, war unachtsam gewesen mit seinem Opfer, und diesen
Moment hatte ich sofort ausgenutzt.
Doch dann spürte ich seine Finger unter meinem Kinn und wie er es langsam, mit
einem sanften und leichten Druck nach oben hob.
Und dann war da schon wieder dieser Blick.
Das ist doch Hypnose! Der studiert nicht Medizin. Nein, der studiert
Gehirnwäsche.
„Ist alles okay mit dir? Bin ich zu schnell gelaufen?“
Er machte sich Sorgen um mich?
Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er dachte, dass er zu schnell gelaufen
war? Ich wollte den Kopf schütteln und ihm sagen, dass er wundervoll war, doch
ich bekam den Mund nicht auf.
„Hatte ich dich zu fest gehalten? Hab ich dir weh getan?“
Seine Stimme klang wirklich besorgt. Er blickte nach unten, ließ meinen Blick
wieder los. Ich folgte seinem Blick, wie er zu meiner linken Hand schaute, die
er immer noch mit der anderen Hand hielt. Dort ruhte sie da, machte keine
Anstalten abzuhauen. Nein, dort fühlte sie sich sogar sehr wohl, erschreckend
wohl. Es war so, als wollte mir meine eigene Hand sagen: „Hey, hier gehör ich
her. Hier wollte ich schon immer sein.“
Meine Hand wollte mit mir sprechen und ich versuchte es absolut nicht zu hören.
Zwecklos.
Ich spürte, wie sein Griff um meine linke Hand lockerer wurde er sie sanft
umdrehte, um sie zu begutachten. So wie sein Blick, blieb auch mein Blick auf
dieser Bewegung. „Nein, deiner Hand geht es gut.“
Ich wollte nicken, aber nicht mal das schaffte ich. Ich war die Peinlichkeit in
Person. Mein Körper war gerade absolut gegen mich. Ich konnte nicht mal
sprechen. Wenn ich den Mund aufmachte, kamen bestimmt nur komische Laute aus
mir.
Nun wanderte sein Blick wieder an mir hoch, ruhte überall für kurze
Millisekunden, bis er mir wieder ins Gesicht schaute.
„Bella...“
Ich sollte nun wirklich etwas sagen. Aber als ich den Mund öffnete, um etwas zu
sagen, machte mein Körper etwas anderes, statt zu sprechen, nickte ich.
Was sollte denn das nun?
Er muss mir bestimmt etwas untergejubelt haben? So eine Droge. Als
Medizinstudent hat er bestimmt Zugriff auf solche Art von Medikamenten. Das war
die einzige Lösung.
„Gut.“ Seine Lippen zogen sich zu einem Lächeln und er entblößte mir
seine Zähne. Es war ein liebes und nettes Lächeln. Er schien wirklich ein
wenig erleichtert und die Anspannung in seinem Körper, die ich bis eben noch
vernommen hatte, war auch verschwunden. „Also, wollen wir noch was
Frühstücken gehen?“
Ich nickte wieder.
Diesmal klappte es, dass mein Körper mir auf den Befehl aus meinem Kopf
gehörte.
Vielleicht waren meine Synapsen defekt oder so? Vielleicht hatte ich einen
erblichen Synapsen-Fehler? Gab es so was?
Aber meine Eltern waren kerngesund. Ich kenne niemanden der gesunder und fitter
ist als meine Eltern. Nein, also war ich vielleicht adoptiert, denn so etwa war
bestimmt erblich.
Er nahm seine Finger von meinem Kinn. Dieses warme Gefühl war aber immer noch
da. Er lächelte mich süß an und ich konnte den Blick mal wieder nicht von ihm
abwenden. „Gut, also lass uns weiter gehen.“
Ich nickte, schaute auf meine Füße. ‚Lauft! Und nicht stolpern!’, befahl
ich ihnen, in der Hoffnung mich wirklich nicht weiter zu blamieren, als ich es
eh schon mit meiner Sprachlosigkeit tat.
Vielleicht war Edward enttäuscht oder verletzt, dass ich nicht mit ihm sprach.
Das war doch gut, oder?
Edward zog mich wieder mit sich, diesmal ging er nicht so schnell und sein Griff
war auch lockerer. Ich hätte mich ganz leicht seinem Griff entziehen können,
wäre einfach quer über die Wiese gerannt, dann wäre ich ganz schnell in
meinem Wohnheim und in meinem Zimmer angekommen.
Warum ließ ich nicht los? Warum ließ ich mich weiterhin von ihm ziehen?
Vermutlich wäre er schneller als ich. Wen ich los rennen würde, würde er mich
schnell wieder einsammeln, vielleicht sogar Huckepack nehmen und mich so zu
seinem Auto tragen. Oder ich würde stolpern und dann wäre er eh direkt bei
mir.
Also war Flucht zwecklos.
Aber meine Hand versuchte es ja nicht mal. Diese dumme Hand. Die hat wohl zu
viel ‚Killerhand’ gesehen und meinte nun, ein Eigenleben zu entwickeln zu
dürfen. Komm du mir nur nach Hause, das gibt Ärger. Ich redete wirklich mit
meinen Händen, na super. Ein Glück hörte das zumindest keiner.
Also bloß nicht den Mund aufmachen. Da kommt eh nichts Sinnvolles bei raus.
Also lassen wir das am Besten gleich.
Still folgte ich Edward, der mich, wie nicht anders erwartet zu seinem Maserati
führte. Hatte ich schon erwähnt, dass es ein Traum von einem Auto ist.
Lächelnd öffnete er mir die Beifahrertür, Gentleman-like, wartete bis ich
mich hineingesetzt hatte und schloss sie dann. Ich wusste gar nicht, dass Edward
so zuvorkommend war. Oder war das nur eine von seinen Maschen? Bestimmt?
Vielleicht wollte er damit bewusst Punkte sammeln?
Ich zählte die Sekunden, die es dauerte, bis er sich neben mich gesetzt hatte.
Bevor er den Schlüssel in das Zündschloss steckte, lächelte er mich an. Warum
muss er denn so lächeln?
Er startete den Motor. Ein wundervolles Geräusch. Man konnte jede einzelne
Pferdestärke hören.
Ich versuchte mich damit, Worte auf meiner Zunge zu bilden, die dann
anschließend einen sinnvollen Satz ergeben sollte. „Also wohin entführst du
mich?“ Hey, das war ja gar nicht so schwer. Ich lächelte über meinen Triumph
auf.
Er legte seinen rechten Arm über meinen Sitz, blickte nach hinten und fuhr den
Wagen ruhig aus der Parklücke. Dann hielt er inne und blickte mich sanft an.
„Ich hab doch gesagt, wir gehen jetzt lecker Frühstücken.“
„Ja, aber das könnte man ja auch in der Kantine.“
„Man kann vieles.“ Er lächelte mich an und er war mir verdammt nahe, zu
nahe und mal davon abgesehen, dass wir uns in einem sehr engen Raum befanden.
Zu zweit, alleine. „Aber warum einfach, wenn es auch schöner geht“, sagte
er lächelnd. Was war denn das für ein Satz?
Die Frage, die ich mich nun stellte, war, wo würde Edward mit mir zu
Frühstück essen? Bestimmt nicht zu sich nach Hause? Nach seiner ganzen Art,
die er bisher an den Tisch legte, wollte er mich bestimmt irgendwie rum kriegen,
also würde er mich bestimmt in ein todschickes- und super teures Restaurant
einladen, weil er dachte, das mir so etwas gefallen würde. Oder weil er dachte,
das er mich so rum kriegen würde. Vielleicht würde er mich auch in ein Hotel
schleppen, mich direkt auf ein Zimmer zerren, das Liebessuite heißen würde und
dort den Zimmerservice kommen lassen und Champagner und Schlagsahne mit
Erdbeeren bestellen. Skeptisch blickte ich Edward von der Seite an.
Er erwiderte kurz meinen Blick und musste lachen. „Du siehst lustig aus, wenn
du mich so anschaust.“
Beleidigt verschränkte ich die Arme vor meine Brust. Na, super. Jetzt benehme
ich mich auch noch wie ein Kleinkind. Das ist ein sehr schlimmer Tag. Warum bin
ich denn nicht einfach im Bett geblieben? Das wäre wirklich einfach am besten
gewesen.
„Hey, nun sei doch nicht gleich beleidigt.“
„Bin ich doch gar nicht“, grummelte ich ihn an. Gut, das klang sehr
glaubwürdig. Du bist nun mal keine Schauspielerin, Bella. Und schon gar keine
Gute. Das hat Renée schon immer versucht mir zu sagen.
Edward erwiderte dazu nichts mehr, sondern lächelte nur und blickte auf die
Fahrbahn.
Ich registrierte, dass er in das Industriegebiet von Chicago-Ost fuhr. Ein wenig
kannte ich mich dann doch in der Stadt aus. Gut, ich hatte nur die
Straßenschilder gelesen.
Gab es denn hier ein Luxusrestaurant oder ein Hotel? Oder vielleicht sogar ein
Motel?
Ihm war bestimmt alles zu unterstellen. Doch eigentlich wusste ich nicht, was
ich ihm unterstellen konnte und was nicht. Denn ich hatte ihn schon verdammt
lange nicht mehr gesehen, geschweige denn mit ihm gesprochen. Eigentlich kannte
ich ihn gar nicht mehr. Er war ein Fremder für mich geworden und dennoch hatten
wir eine gemeinsame Geschichte.
Irgendwann hielt der Wagen an. Fragend blickte ich mich um. Doch außer
Lagergebäude erkannte ich nichts.
Ich wollte fragend zu Edward schauen, doch der saß gar nicht mehr auf seinem
Fahrersitz und dann ging auch schon meine Beifahrertür auf. Ich hatte gar nicht
mitbekommen, wie er neben mir aufgestanden war. Edward stand an der Tür und
hielt sie mir auf, er lächelte mich an. „Wir sind da“, sagte er mir.
Doch wo genau waren wir?
Ich nickte, stieg aus und schaute mich fragend um. In diesem Gebiet war ich noch
nie gewesen? Warum auch? Ich war eh meist im oder um dem Universitätsgelände
drum herum.
„Na, komm. Es wird dir gefallen.“
Ich nickte und folgte Edward in das eine Lagerhaus. Er öffnete die Tür und
leise und angenehme Musik drang sofort zu mir durch. Es waren schöne, sanfte
Klänge. Ich war überrascht, als ich den Innenteil des Lagerhauses sah. Denn
das hier war kein Lagerhaus, zumindest nicht mehr.
An den Wänden waren entweder Bücherregale, voll gestellt bis oben hin oder
Plakate hingen. Bunte, mit interessanten Sprüchen. Es war ein Cafe mit einer
integrierten Bücherei, anders konnte ich das hier nicht beschreiben. Ziemlich
modern gehalten, aber es gab doch hier und da einzelne Möbelstücke die
bestimmt aus einem Antiquitätenladen waren und wie besondere Akzente wirkten.
„Hier gibt es das Beste Frühstück“, sagte Edward, der neben mir stand und
mich anlächelte. Er griff wieder nach einer Hand und führte mich zu einem
Tisch. Ich konnte immer noch nicht den Blick von den Wänden und von der Decke
abwenden.
„Zuhause! Das meinten diese zärtlichen Rufe, jene behutsamen Streicheleien,
die da durch die Luft geweht kamen, die unsichtbaren kleinen Hände, die ihn in
eine ganz bestimmte Richtung zogen und zerrten“, las ich einen Spruch von
einem Plakat vor.
Ich blickte Edward lächelnd an. Ich kannte den Spruch. „Das ist von Kenneth
Grahame, aus dem Buch ‚Der Wind in den Weiden’“, sagte ich lächelnd.
Mein Blick flog zum nächsten Plakat.
„Zeile für Zeile, Meine eigene Wüste, Zeile für Zeile, mein Paradies.“
Das war ein Teil von Marie Luise Kaschnitz, ein Teil aus ‚Ein Gedicht’.
Der Laden war wundervoll. Wie hatte Edward so etwas gefunden?
Ich fühlte mich hier schrecklich wohl. Das war hier meine Welt. Es war
wundervoll. All die Bücher. All diese schönen Zitate.
„Gab es doch nur eine Welt, die von anderen Welten träumte?“
Ich las auch dieses Zitat laut vor.
„Das ist von Philip Pullmann. Aus ‚Das Magische Messer’.“
Ich blickte Edward erstaunt an und dann entdeckte ich ein wundervolles Zitat,
direkt über seinem Kopf.
„besitzt etwas, was euch leitet,
und deshalb braucht ihr nichts Böses zu tun. Ich lebe ohne Herz [...], daher
muss ich sehr sorgsam sein.“
Es fühlte sich so wundervoll an, diesen Spruch zu lesen. Ich hatte die
Geschichte ‚Der Zauberer von Oz’ von L. Frank Baum schon so lange nicht mehr
gelesen. In Forks haben Edward und ich diese Geschichte gelesen. Ich musste an
den Sommer denken, wir lagen draußen vor dem Haus auf der Wiese und lasen das
Buch zusammen. Manchmal las er mir vor und manchmal ich ihm. Ich hatte diese
Bücher so lange nicht mehr gelesen. Und nun kamen all die Emotionen und
Gefühle hoch, die ich gespürt hatte, als ich die Bücher und Geschichten
gelesen hatte.
„Was kann ich denn Euch bringen?“
Überrascht blickte ich auf. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ein Kellner
gekommen war. Es war wirklich ein Café.
Edward sah mir wohl an, dass ich noch gar nicht so weit war, er lächelte.
„Darf ich bestellen?“, fragte er mich.
Ich nickte nur. Es war nun eh alles egal. Ich war einfach nur überwältigt. Der
ganze Laden war toll. Genial. Einfach unglaublich. Ich wusste gar nicht, wie ich
das Café am besten beschreiben sollte.
„Ich hätte gerne den Hemingway-Teller und Sie, kriegt das
Austen-Frühstück“, bestellte Edward ohne in die Karte zu schauen. Er war
wohl schon öfters hier gewesen. Das klang gar nicht mal so schlecht, was Edward
da bestellte.
„Kommt sofort“, sagte der Kellner und verschwand auch schon wieder.
Nun merkte ich den Blick, den Edward mir zu warf. Er blickte mich amüsiert und
lächelnd an. „Es gefällt dir?“
Ich nickte und blickte mich noch mal in dem Raum um. Dann entdeckte ich ein
Zitat, was ich besonders wundervoll fand. Das Zitat von Rainer Maria Rilke:
„Ich möchte Sie, so gut ich kann, bitten, Geduld zu haben gegen alles
Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben
.[...]
Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden
können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu
leben. Leben Sie jetzt die Fragen.
Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in
die Antwort hinein [...] - aber nehmen Sie das, was kommt, in großem Vertrauen
hin, und wenn es nur aus Ihrem Willen kommt, aus irgendeiner Not Ihres Inneren,
so nehmen Sie es auf sich und hassen Sie nichts.“
Ich lächelte Edward an.
Das hier war wundervoll. All das Chaos und all die Zweifel die vorhin noch in
mir wahren, waren mit einem Mal verschwunden und es gab nur einen, den ich das
zu verdanken hatte.
„Danke.“
Er lächelte. „Ich wusste, dass es dir gefallen wird.“ Er seufzte und dann
fiel etwas von der selbstsicheren Maske ab, die er bis eben aufgesetzt hatte.
„Nein, ich hatte es ehrlich gesagt gehofft. Ich wollte, dass du die
Augenblicke mit mir auch genießt. So wie ich.“
Erstaunt blickte ich ihn an. Er war ehrlich zu mir.
„Ich wollte, dass du auch Spaß hast. Ich wollte, dass du dich genauso frei
und glücklich fühlst, wenn wir zusammen sind, wie ich mich nun mal bei dir
fühle. Bella, ich wollte einfach, dass du das gleiche fühlst wie ich.“
Nun wusste ich wirklich nichts mehr zu sagen. Das war einfach unbeschreiblich.
Er erstaunte mich und ich wusste nicht mehr was ich sagen sollte.
Erst dieses Cafe.
Dann dieses Geständnis.
Das hier schien der wahre Edward zu sein. In mir löste sich ein Brocken, der
Edward bisher immer skeptisch angeblickt hatte. Vielleicht war ich nun bereiter,
ihn eher eine Chance zu geben, als vorher.
Kapitel 10: Erinnerungen an den Sommer mit 16 Jahren
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Manchmal ist es leichter, sich um Fremde zu kümmern, als um Menschen, die du
liebst.
Aber andererseits sind die Menschen, die du liebst manchmal Fremde.
Und obwohl es immer wieder schwer fällt, musst du versuchen, ehrlich zu sein.
Du musst versuchen, für den anderen da zu sein.
Du musst nicht nur an die Liebe glauben, sondern auch an die Menschen die du
liebst.
Und du musst die Dinge sagen, die du sagen willst, bevor die Chance dafür für
immer verloren ist.
--- Erinnerung ---
Edwards POV:
Ich wusste noch genau, wie nervös ich war, als ich auf ihre Ankunft wartete. Es
war jeden Sommer das gleiche, doch dieser Sommer war doch irgendwie anders.
Zumindest hoffte ich, dass er anders werden würde. Bella würde den Sommer
wieder bei uns verbringen und ich freute mich einfach nur riesig sie wieder zu
sehen. Seit sie damals mit ihren Acht Jahren das erste Mal den Sommer bei uns
verbrachte hatte, war sie jeden Sommer bei uns. Und ich konnte ihre Ankunft
immer kaum noch abwarten.
Natürlich war sie hauptsächlich wegen Alice, meiner jüngeren Schwester da,
aber Bella war so wundervoll. Sie war schon lange nicht mehr wie eine kleine
Schwester für mich. Eigentlich war sie das noch nie gewesen, doch ich sah auch
nicht mehr nur die Freundin meiner Schwester in ihr. Ich denke, das ist mir
bewusst geworden, als sie letztes Jahr hier war. Sie war kein kleines Mädchen
mehr und auch wenn ich sie eigentlich aufwachsen hab sehen, eben wie eine
Schwester, war sie dennoch schon immer mehr für mich.
Bisher hatte ich aber noch nie den passenden Moment gefunden, auch in Briefen
und Emails nicht, ihr das zu sagen. Vielleicht weil ich mich auch schämte,
unsicher war, wie sie darauf reagieren würde.
Doch das sollte sich dieses Jahr ändern. Diesen Sommer würde ich ihr sagen,
was ich für sie empfand. Auch wenn ich sie damit vielleicht schockte, da ich
nicht wusste, was sie für mich empfand, aber ich musste es einfach sagen. Ich
wollte ihr sagen, dass ich sie nicht mehr als Schwester ansehe, nein, dass sie
viel mehr als das für mich war. Ja, ich glaubte, so gut ich das mit meinem 16
Jahren einschätzen konnte, dass ich mich verliebt hatte. Bella war das erste
Mädchen in das ich mich verliebt hatte und vielleicht würde sie auch die
Einzige sein.
Ich würde es ihr auf dem Sommerfest gestehen. Ja, endlich konnte Bella mit uns
aufs Sommerfest gehen. Normalerweise war das Fest schon vorbei, bevor ihre
Ferien anfingen. Aber nun war sie ja da. Und ich war aufgeregter denn je.
Alice beanspruchte Bella schon den ganzen Abend für sich und ich erfasste
einfach keine Situation in der ich mit ihr einfach mal ungestört sein konnte.
Dabei wollte ich einfach nur mal mit ihr in ruhe Reden. Eigentlich wusste ich
noch nicht so ganz, wie das Gespräch ablaufen würde, wie ich die richtigen
Worte finden sollte. Aber ich wollte es probieren.
Aber warum musste sie Bella die ganze Zeit für sich beanspruchen und gab mir
nicht mal fünf oder zehn Minuten mit ihr? War das denn für meine Schwester
schon zu viel?
Sie würde Bella doch noch die ganzen Ferien haben. Natürlich freute sich Alice
auf Bella, genauso wie ich, aber sie waren nun mal beste Freundinnen. Aber das
war doch kein Recht, sie die ganze Zeit für sich zu beanspruchen.
Ich seufzte und trottete weiter hinter den Beiden her.
Es würde schon ein passender Moment geben. Und dann gab es ihn auch.
Alice hatte ihre Freundinnen gefunden, eilte zu ihnen und ließ Bella bei mir
zurück. Das war mein Zeichen, das war meine Chance.
Langsam ging ich zu ihr hin, stand nun neben ihr.
Fragend blickte sie mich an. „Alice, halt“, sagte sie nur lächelnd und
zuckte mit den Schultern. Ich beobachtete wie sie sich eine ihrer
schokoladenbraunen Strähnen hinters Ohr steckte. Ich mochte ihre Haare und
liebte es, wenn sie die offen trug.
Ich nickte nur und rang mit mir selber. „Bella...“, fing ich vorsichtig an.
Fragend blickte sie mich an, sie lächelte. Sie sah wundervoll aus, wenn sie
lächelte. Aber das wusste ich ja schon, aber es wurde mir mal wieder deutlich
bewusst, wie sie so vor mir stand und mich an lächelte und sich die Grübchen
wieder an ihre Mundwinkel bildeten.
Dann griff ich einfach nach ihrer Hand und zog sie mit mir. Ich fragte gar nicht
danach, nein, ich zerrte sie einfach mit mir mit. Ich ging mit ihr zwischen den
Ständen hindurch.
Nun standen wir hinter einem Stand, im Schatten des Schauspiels. Hier waren wir
ungestört. Hier konnte ich ihr alles gestehen.
Fragend musterte sie mich. Aber sie machte keine Anstalten weg zu rennen. Sie
blieb bei mir und blickte mich einfach nur an.
Sie sah wundervoll aus. Sie war braungebrannt von der Sonne in San Fransisco,
die sie hier gewiss nicht hatte. Aber das war nun auch egal. Sie war einfach
atemberaubend aus, ja sie raubte mir den Atem.
Ich versuchte mich zu konzentrieren, aber ich konnte es nicht. Mal waren es ihre
wundervollen, warmen Augen, mal ihre schön geschwungenen Lippen, mal die
Zartheit ihrer Haut, was mich aus der Ruhe brachte.
Sie machte es mir unbewusst schwer, ihr all das zu gestehen, was ich ihr sagen
wollte. Kein Mädel aus Forks und Umgebung konnte mit Bella mithalten. Das war
mir schon die ganze Zeit klar gewesen.
Ich versuchte mich zu konzentrieren, ich wollte die richtigen Worte finden, denn
ich konnte ihr schlecht, wie aus einer Laune heraus sagen, dass ich mich in sie
verliebt hatte. Aber es war nicht einfach aus einer Laune heraus. Es war mein
voller Ernst. Kein Mädchen interessierte mich so sehr wie sie.
„Bella, ich muss dir was sagen“, meine Stimme war nicht sehr selbstsicher.
Wen hätte ich mit dieser Unsicherheit denn bitte schön überzeugen sollen?
Ich konnte nicht anders, ich wollte sie einfach spüren. Und ihr warmer Blick
verstärkte nur dieses Verlangen in mir. Es kribbelte in meiner rechten Hand.
Konnte ich es einfach so wagen?
Aber ich wollte ja nur ihre sanfte Haut berühren. Was ich auch schließlich
tat. Vorsichtig streichelte ich über ihre Wange, blickte weiterhin in ihre
Augen. Ich wollte wissen wie sie es fand, ob ich sie vielleicht sogar
erschreckte.
Doch Bella wich nicht vor mir zurück, sie errötete vor meinen Augen. Was für
ein süßer Anblick, ich musste schwer schlucken.
Ich wusste gar nicht wie nah ich ihr in diesem Moment wirklich wahr, erst ihr
unruhiger Atem, den ich auf meiner Haut spürte, weckte mich aus meiner Trance,
in die sei mich gesetzt hatte. Dieses Gefühl von Geborgenheit und Wärme
spürte ich durch sie und dieses Gefühl war wundervoll und angenehm.
Und immer noch blickte sie mich einfach nur an, stieß mich nicht von sich.
Empfand sie vielleicht ähnlich für mich, wie ich für sie?
Wenn ja, wäre das ein wundervoller Traum, aus dem ich nicht erwachen wollte.
Ich konnte nicht anders, meine Finger machten sich selbstständig und wanderten
von ihrer Wange zu ihren Lippen und fuhren die warmen Konturen nach.
Ich ließ ihren Blick los und schaute auf ihre Lippen.
Wie es wohl wäre, sie zu küssen?
Nichts mehr interessierte mich in diesem Moment. Ich wollte sie spüren. Dabei
hatte ich ihr noch gar nichts von meinem Gefühlen gestanden. Das Einzige was
gerade in meinem Kopf, nein, in meinem ganzen Körper war, war diese angenehme
Wärme, die sich in mir ausbreitete.
„Ich habe mich in dich verliebt, Bella“, sprach ich sehr langsam zu ihr.
Mein Blick wanderte von ihren Lippen zu ihren Augen und wieder zu ihren Lippen.
Nun hatte ich es ihr gestanden. Ich hatte ihr all das gesagt, was mich quälte.
Ich sah, wie sich ihre Augen weiteten. Doch da hatte ich mich schon völlig zu
ihr herunter gebeugt und legte meine Lippen auf die ihren und küsste sie. Ich
küsste ihre sanften, warmen Lippen. Und es war das Schönste was mir je
widerfahren war.
Es war ein wundervolles Gefühl. Ich konnte es gar nicht in Worte fassen. Dafür
gab es kein Wort. Kein Wort kam dem nahe, was ich in diesem Moment fühlte.
Mein Herz blieb stehen, zumindest kam es mir in diesem Moment so vor. Ja, es
schlug nicht mehr. Es sollte stehen bleiben. Es wollte dieses Moment innig
genießen.
Die Uhr blieb auch stehen, zumindest wollte ich das. Ja, ich wollte, dass die
Zeit stehen blieb. Ich wollte nur noch hier sein, nur noch Bella bei mir haben.
Und alles andere war egal.
Mein Atem setzte aus. Doch es war mir egal.
Ich sah wie Bella ihre Augen schloss und den Kuss somit erwiderte, ihre Lippen
sich leicht mit meinen bewegten. Ja, sie erwiderte meinen Kuss. Jetzt war der
Kuss noch viel schöner.
Unsere Wege hatten sich am Abend wieder getrennt, aber dennoch lag ein
Versprechen in der Luft. Etwas was zwar unausgesprochen geblieben war, aber ich
fühlte es dennoch.
Mike, Jake und Emmett belagerten mich. Die Anwesenheit meines Cousins war ja
ganz angenehm, doch Mike und Jake gingen mit mir ihrer Art, die sie momentan an
den Tag legten, ziemlich gegen den Strich. Eigentlich wollte ich Emmett von
meiner Eroberung erzählen, nein, als Eroberung sah ich Bella bestimmt nicht.
Sie war etwas anderes. Aber ich wollte Emmett davon erzählen. Er war mein
bester Freund momentan und ich erzählte ihm immer alles, bei ihm war so etwas
auch sicher.
„Und wie ist das mit eurem Gast wieder?“, fragte Jake. Natürlich wusste ich
wen Jake meinte. Er mochte Bella nicht besonders. Warum auch immer. Es war mir
auch egal, denn ich wollte ja was von Bella. Aber sollte ich dieses Spiel wieder
mitmachen? Es ging mir eigentlich ziemlich auf den Geist, vor meinen Freunden,
meine Gefühle für sie geheim zu halten.
„Meinst du etwa Bella?“, fragte ich Jake. Ich lehnte gegen die Wand eines
Standes. Emmett stand neben mir und Jake und Mike uns gegenüber.
„Ja genau, die Kleine“, meinte Jake wieder.
„So klein ist sie doch gar nicht mehr“, versuchte Emmett es. Ich blickte ihm
dankend zu. Er wusste von meinen Gefühlen für Bella, er war der Einzige, dem
ich davon erzählt hatte. Ich lag ihm damit schließlich lange genug auf dem
Ohr. Doch das sollte ja von nun an auch vorbei sein.
„Sie ist doch so alt wie deine Schwester. Wie alt ist sie? 14?“, fragte Mike
skeptisch. Sein Blick sagte alles. Natürlich ist Bella 14. Was tat das schon
zur Sache?
Ich nickte. „Ja, die beiden nerven nur. Es ist wie Babysitten.“ Ich hasste
die Worte, die ich über die Lippen gebracht hatte, in dem Moment als ich sie
aussprach. Es war falsch, es war eine Lüge und dennoch hatte ich sie gesagt.
Ein Teil von mir hasste mich dafür selbst.
Ich sah wie Mike und Jake anfingen zu lachen. Ich wusste nicht genau warum. Dann
blickte ich Emmett an, dieser seufzte. Und da wusste ich, nein, eigentlich
wusste ich es schon vorher, dass ich Mike und Jake nicht noch bestätigen
sollte.
„Nein, sie nervt bestimmt nicht“, sagte ich nun weiter. Ja, vielleicht
sollte ich Mike und Jake mal die Wahrheit sagen. Es war mir egal was sie dann
über mich dachten. Es war mir alles egal. Ich hatte doch immer noch Emmett auf
meiner Seite. „Ich hab mich in Bella verliebt, so nun ist es raus. Und nun
kein falsches Wort mehr über Bella. Verstanden?“
Jake und Mike schauten mich verdutzt an, ich drehte mich mit einem Seufzen um.
Dann entdeckte ich Alice.
Warum blickte sie entsetzt in die andere Richtung? War sie nicht mit Bella
zusammen?
--- Erinnerung Ende---
Bellas Sicht:
Ich saß immer noch mit Edward in diesem wundervollen Cafe. Warum brauchte ich
erst Edward um diesen Laden zu finden?
Dieser Laden war wie geschaffen für mich. Hier gab es Bücher und Kaffee und
Bücher und tolle Zitate an den Wänden. Hier gab es Essen, das man nach Autoren
bestellte. Wie mein Austen-Frühstück. Es war himmlisch.
So wie ich es mir vorgestellt hätte.
Mir wurde mein Essen auf einem silbernen Tablett serviert und in einem
wundervollen Geschirr, das einfach nur aus der Jane Austen Zeit stammen musste,
meine Großmutter hatte auch so ein Teeservice. Auch wenn es kitschig war, es
war wundervoll. Das Jane Austen-Frühstück beinhaltete ein gekochtes Ei,
Croissant, Marmelade, Tee, und ein Schälchen Müsli.
Der Hemingway-Teller, den Edward für sich bestellt hatte, bestand aus ein paar
Scheiben Toast, ebenfalls mehrere Marmeladen und einer großen Tasse Kaffee. Ich
erinnerte mich daran, dass ich bei einer Nachforschung über Hemingway heraus
gefunden hatte, dass dieser in seinen Schreibwahn immer süchtig nach Toastbroat
war und in der Zeit, in der er kreativ war, nur diese zu sich nahm. Das Leben
von Hemingway fand ich sehr interessant, seine Bücher allerdings fand ich nicht
sehr toll. Wenn ein Junge als Kind von seiner Mutter nur in Kleider gesteckt
wurde, von ihr als Tochter aufgezogen wurde, musste das irgendetwas kaputt
machen. Und sein Leben war wirklich verkorkst, wenn man das mal so sagen darf.
Ernest Hemingway hatte eindeutig einen Frauenkomplex, war ziemlich oft
verheiratet und hatte von den Frauen seins Lebens nur drei Söhne geschenkt
bekommen, dabei wollte er immer eine Tochter haben. Dieser Wahn ging
schließlich soweit, dass einer seiner Söhnte sich operativ umwandeln ließ.
Vermutlich um so endlich die Liebe seines Vaters zu bekommen, die er eigentlich
haben wollte. Hemingway hatte das Leben auch satt, sein Ruhm als Frauenfeind
machte ihm zu schaffen, denn das war er nicht, nach zwei missglückten
Selbstmordversuchten, schaffte er es letztendlich doch, sich das Leben zu
nehmen.
Ich blickte Edward fragend an. Woher wusste er, dass mir das Austen-Frühstück
gefallen würde? Irgendwie war er mir noch ein riesiges Geheimnis. Was wusste
ich schon über ihn?
Ach ja, er fuhr einen Maserati GranTurismo. Er wechselte mal einfach so die
Universität um hier in Chicago zu sein, wo ich bin. Warum? Gute Frage.
Was wusste ich noch über ihn?
Ich hatte in meiner Kindheit und Jugend jeden Sommer bei ihm in Forks verbracht,
gut es hatte ja irgendwann aufgehört, aber daran war er ja selber Schuld. Alice
ist seine Schwester. Wusste sie eigentlich, dass wir nun zusammen
Frühstückten? Er studiert Medizin... und Gehirnwäsche. Er kennt tolle Zitate,
wie das Zitat aus der Bibliothek des Klosters von San Pedro. Also muss er
belesen sein.
Über was dachte ich hier eigentlich gerade nach? Redete ich ihn mir gerade
besser?
„Und schmeckt es dir?“, fragte Edward und blickte mich erwartungsvoll an.
„Ja, sehr lecker.“ Es war wirklich köstlich. Es schmeckte bestimmt auch
einfach schon so toll, weil man es in dieser unglaublichen Atmosphäre einnahm.
„Woher wusstest du, dass ich ein Austen-Frühstück gerne hätte?“
Edward lächelte, er schien erst zu überlegen, bevor er mir antwortete: „Als
du damals, das letzte Jahr bei uns Forks warst, hast du ein Buch von ihr gelesen
und hattest erzählt, dass du auch die anderen von Jane Austen lesen wolltest
und als ich bei dir im Wohnheim war, lag eines ihres Bücher auf deinem
Schreibtisch. Das von Anne Eliot, ‚Überredung‘.“
Nun war ich baff.
Wie konnte er sich an so etwas erinnern. Ich wusste selber nicht mal, dass ich
das in Forks mal gesagt hatte. „Wie... Warum weißt du das noch? Das ist doch
ewig her. Wie alt waren wir da?“
Er blickte mich ernst an. „Du warst 14 Jahre alt Bella und ich war 16.“ Die
Antwort kam sicher rüber. Seine Lippen formten sich zu einer schmalen Linie und
ich musste schlucken.
Oh mein Gott, es war dieser, jene eine Sommer gewesen. Er erinnerte sich also
genauso sehr daran, wie ich es tat. Verlegen blickte ich wieder auf meinen
Teller.
Was war das hier für ein Gespräch? Warum hatte er mich ans andere Ende der
Stadt geschleppt?
Ich hatte mich umgesehen gehabt und gemerkt, dass wir die einzigen Kunden hier
waren, außer dem Kellner war keiner mehr in diesem Raum. Was war das hier?
Doch ich kam gar nicht dazu, weiter über Edward und dieses Frühstück
nachzudenken, denn mein Handy klingelte.
Sofort griff ich nach meiner Tasche, setzte sie mir auf den Schoss und wühlte
darin rum. Dieses verfluchte Handy, musste doch hier irgendwo sein! Warum war
diese Tasche immer dann so groß, wenn ich etwas in ihr suchte?
Ah! Ich ergriff es, zog es aus meiner Tasche und schaute auf das Display.
Alice.
Überrascht blickte ich zu Edward. Doch dieser schien nicht zu wissen, wer mich
da anrief. Wusste Alice, dass ich mit ihrem Bruder zusammen Frühstückte?
„Swan, Bella.“
„Mensch Bella, warum klingelt das denn bei dir so ewig?“
Ich rollte mit den Augen, warum machte sie mir immer Vorwürfe, wenn ich mal
etwas länger brauchte um ans Handy zu gehen. Ich war doch nicht ihre
Sekretärin oder so etwas. „Entschuldige. Es lag in den tiefsten Abgründen
meiner Tasche.“
„Gut, wo wir gerade beim Thema sind“, fing sie direkt an und ich überlegte
bei was für einem Thema wir gerade waren. Aber vermutlich brauchte Alice gar
keine Einleitung. „Ich bin gerade mit Rose shoppen, soll ich dir eine neue
Tasche mitbringen?“
„Ich mag meine Tasche“, sagte ich nur. Nun blickte Edward mich fragend an.
Ich formte Alice Namen lautlos und er nickte nur. Hatte er ihr es nun gesagt
oder nicht? Verdammt.
„Ja, das ist ja ganz schön für dich. Das beantwortet aber nicht meine Frage,
Süße. Soll ich dir Eine mitbringen?“
„Rufst du mich deswegen an?“ Vielleicht rief sie ja an, weil sie wissen
wollte, wie mein Frühstück mit Edward verlief. Bestimmt.
„Ja. Ich wollte einfach mal mit meiner Freundin telefonieren. Das wird ja wohl
noch ohne Verhör erlaubt sein. Außerdem muss ich mich bei dir aufregen.“
„Warum?“
„Ja, warum? Ich erzähl es dir Bella. Also mein lieber Bruder – erinnere
mich daran, dass er ab sofort nicht mehr mein Bruder sein wird – sollte mich
eigentlich in die Innenstadt zu Rose fahren.“ Ich blickte zu Edward und hörte
Alice weiterhin zu. „Doch dieser Typ – ja so nenne ich ihn jetzt – war
heute Morgen einfach verschwunden. Und er hat nicht mal eine Nachricht
hinterlassen. Und so was nennt sich Bruder.“ Ihre Stimme klang wirklich leicht
säuerlich. „Weißt du, dann hätte er auch echt nicht mit nach Chicago kommen
brauchen, wenn ich eh nicht mit ihm rechnen kann. Was soll das denn auch schon
bitte?“
„Ich denke, Edward hatte bestimmt einen Grund, warum er vergessen hat, dass er
dich heute in die Innenstadt fahren sollte.“ Ich registrierte, wie Edward
anfing zu grinsen.
Was war denn bitte das hier? Er versetzte seine Schwester, wegen mir? Wenn Alice
das raus bekam, dass er sie wegen mir nicht zu ihrer Einkaufsmeile brachte,
würde sie ausrasten. Ich konnte ihr jetzt echt schlecht sagen, dass gewisse
Person mir direkt gegenüber saß und mich angrinste.
„Ja, das will ich auch für ihn hoffen. Ist schon eine Frechheit. Oh, soll ich
dir was Tolles sagen.“ Abrupter Themawechsel, mal wieder ohne Überleitung.
„Was denn?“
„Rose hat mir was Tolles erzählt.“
„Ja? Was denn?“, fragte ich gespielt interessiert. Ich wollte eigentlich am
liebsten auflegen, um Edward zu fragen, warum er Alice nicht Bescheid gesagt
hatte, dass er mit mir verabredet war. Hatte er etwas zu verheimlichen? War es
ihm vielleicht peinlich? Ich meine, es war doch schließlich seine Idee. Genau,
er hatte mich doch mitten in der Nacht angerufen um mich vom Schlaf abzuhalten
und mit mir ein Date auszumachen.
„Emmett hatte Rose erzählt, wie lange Edward und ich dich schon kennen. Rose
wollte das einfach gerne wissen, weil sie ja doch ein paar Geschichten von dir
gehört hatte. Und Emmett hatte ihr gesagt, dass du den Sommer mit den
Cullen-Kids – also mit Edward und mir – seit deinem achten Lebensjahr
verbringst.“
Ich nickte. Das wusste ich doch alles. Was war denn daran bitte toll? Wir hatten
wirklich viel Zeit miteinander verbracht und die Zeit im Jahr die ich nicht bei
ihnen Forks verbrachte, schrieben wir uns Briefe, E-Mails oder telefonierten
mindestens einmal in der Woche. Wir hatten uns dafür immer den Mittwoch
ausgewählt, weil Dienstag und Donnerstag war ich im Schwimmverein. Das war der
einzige Sport, bei dem ich nicht der Gefahr ausgesetzt war, über meine beiden
linken Füße zu stolpern.
„Und dann hat Emmett Rose erzählt, dass Edward damals in dich verknallt war.
Das hatte er auch damals auf dem Sommerfest – Erinnerst du dich noch daran?
Wir waren 14 Jahre, das war der Sommer, wo du zu unserem Sommerfest kommen
konntest! - vor allen gestanden. Vor Mike und Jake und auch vor Emmett, deswegen
konnte er, das Rose ja erzählen. Emmett meinte, Edward hätte ihn schon lange
Zeit vorher damit in den Ohren gelegen, dass er in dich verliebt war.“
Meine Augen weiteten sich und ich blickte Edward überrascht an. Er war in mich
verliebt gewesen? Nein, er hatte ihnen damals etwas ganz anderes gesagt, ich war
doch dabei gewesen.
„Nein, Alice, er hatte ihnen etwas ganz anderes erzählt.“ Ich sah Edward
dabei nicht an, denn das konnte ich nicht.
„Wie? Was meinst du, Bella?“
Ich schluckte und schloss die Augen, ich spürte seinen Blick ganz deutlich auf
mir. „Ja, er hatte ihnen was anderes gesagt. Er hatte ihnen gesagt, dass wir
nerven.“ Es fiel mir verdammt schwer, das auszusprechen, aber es war die
Wahrheit gewesen.
Edward blickte mich fragend an. Wusste er von was ich gerade sprach? Ich fühlte
mich gerade mehr als nur unwohl. Ich war in einer sehr komplizierten Lage. Woher
sollte ich denn wissen, ob Edward hörte, was Alice sagte und was ich darauf
eben geantwortet hatte.
„Ja, das stimmt schon Bella und dann bist du weggerannt und dann hatte er zu
Mike und Jake gesagt, dass er in dich verliebt ist, und dass er jeden
verprügelt, der irgendwas gegen dich sagt, weil er in dich verknallt war.“
Ich hörte, wie sie kurz stoppte. „Wo bist du eigentlich Bella? Wolltest du
nicht in die Bibliothek? Ich dachte, da darf man nicht telefonieren.“
Das fiel ihr aber echt früh wieder ein. „Darf man auch nicht. Ich bin nicht
mehr in der Bibliothek. Ich bin...“ Ich blickte wieder zu Edward. Und seine
grünen Augen blickten mich fragend und besorgt an.
Ich spürte, wie ich anfing zu zittern. Das alles konnte nur ein Traum sein.
Ja, genau ich schlafe bestimmt noch und ich würde gleich auch wachen und
übermüdet in meinem Bett aufwachen.
„Bella? Bist du noch dran?“
Ich nickte. Mein Blick ruhte immer noch auf Edward, ich kaute auf meiner
Unterlippe. Was sollte ich sagen? Das alles wuchs mir gerade irgendwie über den
Kopf. Meine Atmung wurde hektischer und mir wurde heiß. Ich würde gleich
hyperventilieren, wenn ich hier nicht sofort raus kam.
„Ich bin unterwegs. Ich muss jetzt auflegen.“
Und bevor Alice noch etwas sagen konnte, klappte ich mein Handy wieder zusammen,
steckte es in meine Tasche und sprang von Stuhl auf.
Ich musste hier raus. Eindeutig. Ich brauchte jetzt echt frische Luft.
„Bella...?“ Edward blickte mich fragend an.
Doch ich blickte ihn nicht mehr an, denn ich konnte es einfach nicht mehr,
sondern eilte aus dem Lokal.
Ich rannte aus dem Gebäude und spürte die kalte Luft.
Mist, ich hatte meine Jacke drinnen vergessen. Aber das war nun auch egal. Ich
musste hier irgendwie weg. Einfach nur weg. Mir war einfach nur komisch. Die
Worte von Alice schwirrten in meinem Kopf, vernebelten alle andere Gedanken. Sie
hallten dort wie ein Echo wieder. Es drehte sich alles. Alles verschwamm vor
meinen Augen. Mir wurde schwarz und ich spürte, wie mein Knie plötzlich nach
gaben.
„Bella.“
Doch bevor ich nach hinten fallen konnte, einen harten Aufprall erwartete,
spürte ich Hände, die mich auffingen, sanft.
Ich schloss meine Lider und atmete erst mal ruhig ein und aus, zumindest
versuchte ich das.
Doch dann spürte ich, wie man mich ganz auf die Arme nahm. Man packte mich
unter den Knien und unter meinen Schultern, nahm mich auf den Arm und trug mich
weg.
Gerade war mir das alles egal, ich wollte einfach nur die Augen schließen und
beten, dass ich in eine andere Welt gelangen könnte. Doch dann erkannte ich die
Wärme, registrierte den angenehmen Duft. Vorsichtig lehnte ich mich an den
Körper, der mich hielt und atmete den Geruch ein. Er beruhigte mich
unglaublicher Weise sofort und meine Atmung wurde etwas ruhiger.
Ich öffnete sofort die Augen und blickte in das Gesicht von Edward.
Er hatte mich aufgefangen? Er war mir hinterher gerannt, als ich aus dem Cafe
geeilt war?
Dann spürte ich, wie Edward sich hinsetzte und ich nun auf seinem Schoss saß,
nun blickte er mich besorgt an. „Bella...“, sagte er sanft und blickte mich
fragend an.
Mir zerriss es fast das Herz ihn so zu sehen, warum? Warum schmerzte es so, wenn
er mich so besorgt ansah?
Ich spürte ein Brennen in meinen Augen, das mir ankündigte, dass Tränen sich
heran nahten.
Edward hielt mich immer noch in seinen Armen, er drückte mich leicht gegen
seinen Oberkörper. Er war so warm, so angenehm, es fühlte sich toll an.
Ich biss mir wieder auf die Unterlippe. Das konnte doch nur ein Spiel sein. Ein
Spiel auf das ich gerade hereinzufallen drohte.
Ich schluckte schwer.
Meine Augen rissen sich automatisch auseinander, als ich seine Finger an meiner
Wange spürte, doch er streichelte mich nicht, nicht richtig, er streichelte mir
meine Tränen weg.
Er seufzte auf, sah leicht frustriert, aber vor allem verwirrt aus. „Bella,
warum bist eben abgehauen?“
Ich blickte weg, ich konnte ihm nicht länger in die Augen schauen. Es tat weh.
Ich wusste nicht was mehr weh tat, meine Dummheit von damals oder meine Dummheit
von heute. Ich hatte ihm unrecht getan, all die Jahre. Jetzt verstand ich erst
seine Worte, die er letztens noch zu mir gesagt hatte. Jetzt erst verstand ich
sie.
Ich konnte nicht anders, als meinen Kopf an seinen Oberkörper zu lehnen. Auch
wenn ich kein Recht hatte, an seinem Körper nach Halt zu suchen, doch dieser
Halt war einfach da.
Ich war dumm gewesen, so schrecklich dumm. Und dennoch war er hier und wollte
wieder Kontakt zu mir haben.
Ich fing an zu weinen.
Edward war wundervoll und ich hatte ihm unrecht getan. Er war nicht gemein und
falsch gewesen, ich hatte es nur gedacht.
Und ich weinte. Und es tat gut. Es war irgendwie befreiend.
Aber ich fühlte mich schuldig. Ich hatte ihm unrecht getan. Er war nie schlecht
gewesen. Er war nie böse gewesen. Er war immer nur Edward gewesen. Nur mein
Edward.
Ich spürte seine Hände auf meinen Rücken, die streichelnd hoch und runter
fuhren. Bei dieser Berührung musste ich tief einatmen, es war so angenehm, so
schön.
Ich schüttelte nur den Kopf. Das würde ich mir nie verzeihen. Ich war dumm
gewesen und ich könnte mich selber ohrfeigen.
„Ich weiß nicht was los ist, Bella. Aber was auch immer es ist, es tut mir
Leid“, sagte er leise zu mir. Es war fast ein Flüstern, aber ich vernahm es
ganz deutlich.
Ich zog mich zurück und blickte ihn fragend an. „Warum entschuldigst du
dich?“ Er gab sich die Schuld. Er wusste nicht mal was los war und gab sich
die Schuld. Ich schüttelte den Kopf und seufzte auf. „Oh, Edward. Du bist so
an gar nichts schuld. Ich bin die Schuldige.“
„Was?“ Er blickte mich überrascht an und strich mir sanft die Tränen aus
dem Gesicht. Er lächelte leicht, als er die Tränen weggewischt hatte. „Das
war doch Alice am Telefon?“
Ich nickte. Ja, sie war es. Sie hatte alles aufgeklärt, ohne es zu merken.
„Ich meine, du musstest wegen mir deine beste Freundin anlügen.“ Sein
Lächeln war immer noch da und ich liebte es, jetzt mehr als sonst etwas. „Nur
weil ich ihr nicht gesagt hatte, dass ich mit dir Frühstücken gehen. Aber ich
wusste nicht, was sie davon halten würde.“
Ich seufzte, hörte ihm aber schweigend zu.
„Zuerst dachte ich, es wäre eine gute Idee, es ihr zu sagen. Aber dann dachte
ich mir, dass sie dann bestimmt alle zehn Minuten bei dir angerufen hätte und
wir hätten keinen ruhigen Moment“, gestand er lächelnd. „Tut mir Leid. Ich
war selbstsüchtig. Ich wollte aber nun mal ein paar Stunden mit dir, nur für
mich haben.“
Ich musste lächeln. Er war süß. Ich wollte ihn umarmen, ihn an mich drücken,
aber ich konnte mich noch nicht überwinden.
„Und dann dachte ich, dass sie deine beste Freundin ist und dass du selber
entscheiden solltest, ob du ihr von diesem Frühstück erzählen willst oder
nicht. Es sollte deine Entscheidung sein. Allerdings wusste ich nicht, dass sie
dich anrufen wird.“
Ich nickte. Er dachte an mich. Er machte sich nur Sorgen wegen mir.
„Edward...“ Ich sollte ihn stoppen, auch wenn seine Worte wie Balsam waren,
ja, das waren sie. Sie waren wundervoll. Sie waren ehrlich und liebevoll. „Es
tut mir Leid.“
Fragend blickte er mich an. „Was soll dir denn Leid tun?“
Ich seufzte. So vieles, Edward. Mir tat so vieles Leid. „Mir tun die Jahre
Leid, die Sommer, die ich nicht bei dir Forks verbracht habe.“ Ich spürte
wieder, wie die Tränen kommen wollten, doch ich presste die Augen zusammen und
schluckte die Tränen herunter.
„Bella“, versuchte er mich mit sanfter Stimme zu beruhigen. Aber das ging
jetzt nicht mehr.
„Alice hat mir eben etwas gesagt. Etwas was Emmett Rose erzählt hat.“
„Ja, was denn? Na, der kann was erleben, wenn ich ihn erwische?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte ich schnell. Ich suchte zwanghaft
nach den richtigen Worten. Aber vielleicht sollte ich es ihm einfach so sagen,
wie sie eh gerade in meinem Kopf herum spukten. „Als ich damals bei dir war,
den letzten Sommer“, fing ich an. Fragend blickte ich Edward an.
Er nickte. Er erinnerte sich daran.
„Da hattest du ja zu Mike und Jake gesagt, dass ich nerve. Du hast gesagt, das
Alice und ich nerven.“
Sein Gesicht verzog sich unter einem Schmerz und ich wusste nur zu gut, wie er
sich fühlte. Er nickte. „Ich weiß, und das tut mir Leid.“
Und wieder machte mein Herz einen Sprung. Oh, Edward. Mir tut es Leid. „Ich
bin damals dann davon gerannt, als ich es gehört hatte.“ Ich schluckte und
zog die Luft spitz durch meine Lippen. Mein Körper bebte und ich konnte nichts
dagegen machen.
Alles was ich über Edward dachte, war eine Lüge gewesen. Und das realisierte
ich gerade. Und das tat weh. Schrecklich weh.
Ich hatte mich belogen, weil ich damals nicht paar Minuten gewartet hatte.
„Doch Alice sagte gerade, dass du danach noch etwas gesagt hast.“
Edward blickte mich fragend an. Anscheinend erinnerte er sich nicht mehr daran.
Ich schluckte und kämpfte damit meine Stimme zu behalten, doch sie brach immer
wieder ab, war zittrig. „Du hast zu Mike und Jake gesagt, dass du in mich
verliebt bist und dass du die beiden verprügeln würdest, wenn sie je ein
falsches Wort über mich sagen würden.“ Ich biss mir auf die Lippe. Diese
Worte kamen schwer über meine Lippen.
Ich sah ihm an, wie es in ihm arbeitete, dann blickte er mich fragend und
unsicher an. „Deswegen bist du gerade raus gerannt?“
Ich nickte nur.
„Ist der Gedanke, dass ich in dich verliebt bin, so erschreckend, dass du weg
rennen musst?“
Meine Augen weiteten sich. Hatte Edward gerade gesagt, dass er in mich verliebt
ist. Er hat nicht ‚war’ gesagt, er sagte, dass er in mich verliebt ist.
Ich schüttelte den Kopf. Wie kam er denn darauf? Ich war noch nie glücklicher
gewesen.
„Bella....“
Doch ich ließ ihn nicht weiter reden.
Ich lächelte und tat das, was ich für das Sinnvollste hielt. Warum noch mehr
Worte und vor allem Atem verschwenden?
Ich küsste ihn.
Ich küsste Edwards wundervolle und sanfte Lippen. Es fühlte sich richtig und
wundervoll an.
Hier war nicht mehr die Unsicherheit eines vierzehnjährigen Mädchens. Nein,
ich wusste was ich wollte. Ich wollte Zeit aufholen. Ich musste so viele Sommer
nachholen. Und ich wollte ihn.
Edwards Hände, die immer noch auf meinem Rücken ruhten, drückten mich nun
sanft an sich und ich hoffte so sehr, dass er mich nicht mehr los lassen würde.
Kapitel 11: Kiss me
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Du musst tun, was richtig für dich ist und nicht was andere für richtig für
dich halten.
Nur manchmal ist das schwer zu unterscheiden.
Manchmal ist die Stimme im Kopf zu laut, dass man die Stimme im Bauch nicht
hören kann.
„Danke sehr, dass du mich nach Hause gefahren hast.“
„Geht klar, Bella“, meinte er lächelnd. Er sah mir wohl an, dass mir die
Situation immer noch ein wenig unangenehm war. Sie war einfach nur komisch. Ich
sehe ihn ewig nicht, weil ich denke, dass er es einfach nicht wert war, weil er
mich damals mit 14 Jahren verletzt hatte und dann erfuhr ich einfach, dass er
mich gar nicht verletzten wollte. Dass ich damals nur zu voreilig gewesen war
und ich falsch von ihm gedacht hatte. Gut, ich war ein Teenager, mitten in der
Pubertät. Aber das sollte nun keine Entschuldigung sein. Nein, das sollte es
wirklich nicht sein.
Die Erkenntnis, dass ich wichtige Jahre verloren hatte, die vielleicht so
wundervoll hätten sein können, tat weh. Es tat auch weh, dass ich ihn als so
schlecht abgestempelt hatte, dabei war er es ganz und gar nicht, das hatte er
mir in diesen Tagen schon genug bewiesen.
Die Jahre die ich wegen mir selber verpasst hatte oder besser gesagt, meine
Dummheit als 14-Jährige, dass ich ihn damals nicht mal zur Rede gestellt hatte,
gehörte wirklich auf die Liste, von den dümmsten Dinge, die ich je angestellt
hatte.
Vermutlich würde das sogar auf Platz Eins landen. Und hier haben wir wieder die
wundervolle Liste, die uns in den letzten Jahren zum Lachen gebracht hatte. Nun
von Null direkt auf die Nummer Eins, ein wahrer Höhenflug, erhält Bella Swan,
weil sie die schönsten Jahre ihres Leben verpassen wollte.
Ich seufzte innerlich auf. Vielleicht nicht Jahre. Aber Sommer.
Wann war ich noch mal das letzte Mal in Forks gewesen?
Ich seufzte auf und blickte Edward fragend an. Ich wusste nicht, was ich ihm nun
sagen sollte. Ich wusste eigentlich gar nicht, was in so einer Situation
angebracht war. Woher auch. Ich hatte ihn geküsst, das war eine Tatsache. Und
das war mal eine gute Entscheidung gewesen, zumindest dachte ich das jetzt.
Nein, es war wirklich eine gute Entscheidung. Ich hatte ihn geküsst, weil er
mir gesagt, dass er in mich verliebt ist. Ja, das hatte er wirklich. Ich würde
nichts davon rückgängig machen, wenn ich die Chance hätte und darauf kommt es
doch an. Wenn man irgendwann mit 65 Jahren an sein Leben zurück denkt, an all
die Dinge die man erlebt hat oder an die Entscheidungen, die man gefällt hat,
soll man doch nichts verändern wollen. Nur war ich noch nicht 65 Jahre alt.
Nach all den Jahren, die ich ihn ignoriert hatte, war er immer noch in mich
verliebt. Er sollte dafür vielleicht einen Pokal oder eine Medaille bekommen.
Wie konnte sich jemand wie er, in mich verlieben. Das würde einfach nicht gut
gehen. Das hatte man ja die letzten Jahre schon gesehen. Ist ja wirklich super
gelaufen.
Wie sollte, dass denn nun laufen? Bestimmt genauso. Ja, mit großer
Wahrscheinlichkeit.
„Denk nicht so viel nach.“
„Wie?“ Überrascht blickte ich Edward an, der immer noch an seinem Auto
gelehnt, mir gegenüber stand und mich musterte.
Nun grinste er. „Wenn du zu sehr nachdenkst, kriegst du diese kleine Falte
zwischen deinen Augenbrauen“, erklärte er mir. „Und genau diese hast du
gerade.“
Ich blickte mit meinen Augen nach oben, als könnte ich meine Augenbrauen und
die Falte dazwischen erkennen, was Edward aber nur noch mehr zum Lachen brachte.
„Ich hab keine Falten“, murmelte ich vor mich kleinlaut hin.
„Das nennt sich dann auch Mimikfalte“, erklärte er mir nun.
„Ach, kommt jetzt der Arzt bei dir durch?“, fragte ich ihn sarkastisch.
Er fuhr sich durchs Haar und seufzte mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht.
„Bella, du bist echt herrlich.“
„Lach du nur.“
„Tue ich auch. Keine Bange“, meinte er nur, stieß sich von seinem Auto ab
und kam auf mich zu. Er griff nach meiner rechten Hand, die bis eben noch an
meiner Körperseite hing. Er nahm sie in seine Hand und streichelte diese. Es
war ein wundervolles, als er sie sanft mit seinem Daumen streichelte.
Ich spürte, wieder eine Wärme in mir aufsteigen. Diese Wärme löste er bei
mir aus. Und schon wieder fiel mir mein Kuss ein und ich lief rot an.
Edward musste schmunzeln und streichelte mir mit seiner anderen Hand liebevoll
über die Wange. „Das war ein wundervoller Vormittag, Bella.“ Er sagte es
ruhig und schaute mir dabei warm in die Augen. Ja, seine moosgrünen Augen
strömten wirklich eine angenehme Wärme und Ruhe aus. Seine Berührungen auf
meiner Haut, sorgen dafür, dass aus dieser Wärme, aber eine Hitze wurde, die
mich innerlich befiehl. Aber ich kam gar nicht erst auf die Idee, ihn
abzuschütteln.
Ich stand einfach nur still da, blickte ihn an, lächelte – was bestimmt sehr
komisch aussehen musste – und hoffte, dass meine Knie nicht nachgaben und ich
vor seinen Augen zusammenbrechen würde. Das wäre natürlich wieder ein toller
Punkt auf meiner Liste, der Unglücke des Jahres.
Doch momentan stand ich einfach nur da und blickte ihn an. Ich dachte an nichts
anderes, als an ihn. An seine schönen Augen. An sein makelloses und schönes
Gesicht. An seine Lippen, die schon wieder so verführerisch aussahen, dass ich
wieder die Lust verspürte, noch mal diese Sanftheit verspüren zu wollen, die
ich vorhin gespürt hatte, als ich ihn küsste.
„Danke für die wundervollen Stunden mit dir.“
Ich lächelte. „Ja, die Stunden waren sehr schön.“
„Und tut mir Leid, dass ich dich vom Lernen abgehalten habe.“
„Dafür hast du mich in das Beste Café überhaupt entführt“, ergänzte ich
ihn. Und allein schon für dieses Café würde ich ihm so vieles verzeihen und
das mit dem Lernen, hatte ich schon längst vergessen.
„Ich sollte jetzt gehen“, erzählte er weiter. Er streichelte immer noch
sanft mit seiner rechten Hand über meine Wange.
„Ja, vielleicht“, antworte ich ihm. Hatte ich gerade ‚vielleicht’
gesagt? Ja, ich hatte wirklich vielleicht gesagt.
„Vielleicht?“, fragte er amüsiert nach. Na, super, da hatten wir also den
Salat.
„Du schuldest Alice noch eine Erklärung, warum du sie versetzt hast“,
erinnerte ich ihn und ich verfluchte mich gerade selber, dass ich ihn nicht
fragte, ob er nicht noch mit mir hoch kommen wollte. Auf einen Kaffee? ‚Super,
Bella, reiß dich bitte zusammen’´, versuchte ich mich gerade selber zu
ermahnen.
„Ja, das sollte ich vielleicht tun.“ Er stoppte kurz.
Ich sah wie seine Augen von meinen eigenen Augen wegwanderten und auf meine
Lippen schauten, gebannt und ruhig.
„Was ist wenn ich dich nun küsse?“
Ich musste bei dieser vorsichtigen Frage lächeln. Wir befanden uns gerade auf
dünnen Eis, man wusste nicht wie weit man gehen konnte, bevor man einbricht.
Man musste sich langsam heran tasten und das taten wir. „Was soll dann
sein?“
„Wirst du es zulassen?“
„Weiß ich nicht“, gestand ich ihm. Ich wusste es wirklich nicht. Aber so
wie er mich gerade anschaute, konnte ich ihn eh nicht mehr weg stoßen, dazu war
es nun wirklich zu spät. Wenn er mich mit diesen Augen ansah, würde ich
vermutlich allen zustimmen, solange er dabei nur meine Hand hielt.
Doch was würde sein, wenn wir uns zum zweiten Mal küssen würden? Dann könnte
man es nicht mehr verdrängen. Dann konnte man sich nicht mehr entschuldigen
oder es zurücknehmen. War es das, was er wirklich wollte?
Nichtsdestoweniger ich konnte gar nicht weiter darüber nachdenken, denn ich
spürte wie er mit seinem Gesicht ihrem näher kam. Ich spürte seinen Atem auf
meiner Haut und das ließ mich regelrecht innerlich erstarren. Ich wollte keine
falsche Bewegung machen. Meine Lippen warteten regelrecht schon gebannt, auf den
Geschmack von seinen.
„Dann möchte ich es gerne einfach mal ausprobieren.“ Als er das sagte,
blickte er wieder in meine Augen. Der Blickt mit dem er mich nun anschaute, gab
mir ein Gefühl von Sicherheit. Ich konnte nicht mal sagen, was es genau war,
aber es war angenehm.
Und wie von selbst schlossen sich meine Augen und ich spürte, den sanften Druck
seiner Lippen, auf den meinen. Seine Hand, die eben noch über meine Wange
gestreichelt hatte, wanderte in meinen Nacken und hielt mich dort fest, leicht
drückte er mich gegen sich, hielt mich fest, dass ich nicht fiel.
Das wundervolle Gefühl, die Schmetterlinge in meinem Bauch, das Kribbeln im
ganzen Körper, die weichen Knie, alles trat wieder auf, als er mich küsste.
Als Edward Cullen mich so sanft wie es nur ging und doch liebevoll küsste.
Das hier war kein Kuss mehr unter Freunden. Nein, diese Stufe hatten wir direkt
übersprungen.
Hatte er auch das Gefühl, dass er nun ein paar Jahre aufholen musste?
Jahre, die wir wegen mir versäumt hatten. Der Gedanke daran, war gar nicht mal
so schlecht.
Ich lächelte in den Kuss hinein.
Nach einer Weile, ich konnte nun echt nicht mehr sagen, wann, denn ich hatte das
Gefühl für die Zeit verloren, löste er sich von mir. Langsam öffnete ich
verträumt meine Augen. Ja, es war wie ein Traum und ich wollte gar nicht so
richtig aufwachen.
Edward lächelte mich an. Er blickte genauso verträumt wie ich und dieser
Anblick machte es noch viel schöner.
„Ich sollte wirklich fahren, wenn ich noch länger bei dir bleibe, nehme ich
dich vielleicht mit, entführe dich wieder und du kommst nicht zum Lernen“,
sagte er langsam.
Ein Nicken folgte als meine Antwort. Mein ganzer Kopf drehte sich gerade noch,
zu sehr war ich noch vom Kuss benebelt.
„Sag mal, findest du in deinem momentanen Zustand dein Zimmer? Oder soll ich
dich lieber bis vor die Zimmertür bringen?“
Damit riss ich meine Augen ganz auf und war aus dem süßen Traum erwacht. Ich
schüttelte den Kopf und hoffte das ich nicht all zu peinlich wirkte. „Nein
danke, ich finde den Weg schon selber.“
Edward lächelte mich an und nickte. „Gut, dann geh alleine. Ich schreib dir
nachher mal.“
Ich nickte ihm zu, blieb stehen und sah, wie er langsam rückwärts zu seinem
Auto ging. Noch hielt er meine rechte Hand. Unsere beiden Arme waren nun
ausgestreckt, keiner wollte den anderen los lassen.
„Du kannst hier auch ausziehen und zu uns ziehen. Dann muss ich dich nicht
mehr hier absetzen.“
Das Angebot war wirklich verlockend. Aber ich wollte erst mal in Ruhe über
diese ganze Sache nachdenken. Ich brauchte wirklich erst mal ein paar Stunden
für mich. „Danke für das Angebot, aber ich brauche jetzt erst mal ein
bisschen für mich.“
„Weiß ich doch.“ Er lächelte. „Aber ein Versuch war es wert.“
Wir schauten Beide auf die Hände, die sich immer noch festhielten und nicht
loslassen wollten.
„Ich melde mich.“
Ich nickte nur.
Und langsam lösten sich unsere Hände von einander. Ganz langsam. Ich kam mir
kindisch vor, wie ein frisch verliebter Teenager. Aber letztendlich wollten wir
ja irgendwie da weiter machen, wo wir als letztes aufgehört hatten. Und damals
war ich ja noch ein Teenager gewesen. Wir beide waren es gewesen, zu jung, um
die Fehler zu sehen, die wir gemacht hatten.
Er blickte mich noch mal an, lächelte, bevor er ins Auto stieg. Und als er
langsam aus der Straße fuhr und hinter der einen Ausfahrt verschwunden war,
erst dann, drehte ich mich um und ging ins Wohnheim.
Das war ein komplizierter und aufregender Tag. Heute war so viel passiert und es
war gerade erst mal früher Nachmittag. Es konnte also noch eine Menge
passieren.
Vielleicht würde ja Angela schon im Zimmer sein und dann konnte sie mir
erzählen, was Ben für eine Überraschung für sie hatte, dass er sie mitten in
der Nacht – okay, früher Morgen – aus dem Bett zerrte. Das musste
mindestens ein Einhorn sein. Mindestens. Sonst würde ihm Angela wohl den Kopf
abreisen. Der arme Ben.
Ich saß schon eine Weile, bestimmt gute zwei Stunden, im Zimmer und las weiter
in meinen Unterlagen und lernte für meine Klausur. Angela war noch nicht da,
sie war wohl auch noch gar nicht hier gewesen, sonst hätte sie sicherlich eine
Nachricht für mich da gelassen. Aber so hatte ich erst mal meine Ruhe und ich
konnte diese nutzen um zu lernen.
Aber irgendwie, vielleicht lag es auch an Jane Austen, aber ich kam immer wieder
vom Thema ab und musste an Edward und daran denken, was heute alles passiert und
vorgefallen war. Das war mehr Aufregung als ich in den letzten Jahren wirklich
hatte. Gut, sagen wir Monate. Ja, Monate trifft es schon eher.
Ich fuhr mir wie von selber mit dem Zeigefinger die Konturen meiner Lippen nach
und dachte dabei an Edward. Es ging einfach nicht anders. Ich musste die ganze
Zeit an ihn denken.
An das, was er mir heute alles gesagt hatte. An das, was ich heute alles
erfahren hatte. An das, was ich heute alles gespürt hatte. Wie dieser Kuss. Wie
die tröstende Umarmung. Er war wundervoll, ja er einfach wundervoll .Wie konnte
ich nur die ganze Zeit denken, dass er böse war.
Seufzend, dass ich ja eh nicht zum Lernen kommen würde, weil meine Gedanken
sich die ganze Zeit selbstständig machten und immer wieder bei Edward Cullen
landeten, legte ich den Kopf auf meinen Tisch, mit der Stirn auf die Platte und
seufzte.
Ich schreckte hoch, als ich den ich den Klingelton meines Handys:
„Kiss me out of the bearded barley.
Nightly, beside the green, green grass.
Swing, swing, swing the spinning step.
You wear those shoes and I will wear that dress.“
Ich suchte mal wieder meine verdammte Tasche.
Wo hatte ich sie nur hingelegt? Ich suchte wie wild in meinem Zimmer herum,
während das Lied ertönte. Ah, da war die Tasche.
"Oh, kiss me beneath the milky twilight.
Lead me out on the moonlit floor.
Lift your open hand.
Strike up the band and make the fireflies dance,
Silver moon's sparkling.
So kiss me.“
„Ja, verdammt.“ Endlich hatte ich es aus meiner Tasche gezaubert, schaute
auf das Display. - Alice – Sie würde mich bestimmt erst mal anmeckern, warum
ich vorhin so schnell einfach aufgelegt hatte, aber ich konnte ihr doch schlecht
sagen, dass sie gerade mein ganzes Weltbild verändert hatte. Gut, nicht das
ganze Weltbild, aber mein Bild von Edward Cullen.
„Swan, Bella.“
„Bella-Liebes“, ertönte sofort ihre glockenhelle Stimme. Gut, sie würde
mich nicht anmeckern, nicht wenn sie diese Stimme hat. Nein, sie würde
irgendetwas von mir wollen. „Was machst du gerade?“, fragte sie nun.
Ich konnte ihr ja wohl schlecht sagen, dass ich gerade versuchte zu lernen, aber
ihr Bruder mich dabei immer wieder in meinen Gedanken ablenkte. Nein, das konnte
ich ihr nicht sagen.
„Ich versuche zu lernen.“ Das, war eine gute Antwort. Es war wirklich die
Wahrheit. Ich versuchte zu lernen. Gut, vielleicht war es doch nicht die
Wahrheit, denn schließlich hatte ich ja schon aufgegeben, es zu versuchen. Ich
hatte mich meinen Gedanken geschlagen gegeben und wollte nur noch an Edward
denken.
„Wie lange noch?“
„Nicht mehr lange.“
„Das ist gut“, erklärte sie mir. Ja, sie wollte irgendetwas von mir, nur
wusste ich noch nicht genau, was es war, aber sie würde es mir bestimmt gleich
offenbaren. „Weißt du Bella, ich hab da eine wundervolle Idee.“
Ich musste lächeln. Natürlich, hatte Alice das. Sie hatte immer ganz
wundervolle Ideen, nur meist, war Alice die Einzige, die der Überzeugung waren,
dass diese auch wirklich wundervoll waren.
„Eigentlich war es ja nicht mal meine Idee. Eigentlich war es die Idee von
Mama.“
„Von Esme?“ Nun war ich doch etwas überrascht. „Was hat sie denn damit zu
tun?“
„Sie hat zu hause Langeweile, muss ich dazu sagen. Papa ist unterwegs auf
irgendeiner Tagung. Und Mama hat nun alte Fotoalben durchgeschaut und hat dann
den neuen Computer ausprobiert und prompt hat sie mir eine Menge Fotos aus den
alten Fotoalben geschickt. Bella, du musst vorbei kommen und sie dir mit mir
zusammen anschauen.“
„Wir sollen zusammen Fotos aus unsere Kindheit anschauen?“
„Genau. Da sind bestimmt ein paar Lustige dabei“, meinte sie nur.
Ich blickte auf meine Uhr. Es war nun Viertel nach Vier. In 10 Minuten würde
ein Bus in die Richtung fahren. „Gut, geht in Ordnung. In 10 Minuten fährt
von hier ein Bus in eure Richtung.“
„Oh, du bist super Bella.“ Ich wollte gerade von ihr verabschieden, als ich
hörte wie sie wieder Luft holte. „Edward ist übrigens wieder aufgetaucht.“
Kein gutes Thema.
Aber er hatte es ihr bestimmt nicht erzählt, sonst hätte sie mich ja direkt
danach gefragt. Oder? Das war doch kein Spiel von Alice. Nein, so gemein war sie
nun doch nicht. Auch wenn sie es schon faustdick hinter den Ohren hatte. Sie war
schließlich eine Cullen. Sie war vom gleichen Schlag wie Edward.
„Willst du nicht wissen, wo er war?“
Nein Alice, ehrlich gesagt, will ich nicht wissen wo er war, denn er war die
ganze Zeit bei mir. Doch ich bezweifele, dass er ihr das gesagt hat.
„Und wo war er?“, fragte ich vorsichtig. Oh, das Eis wurde nun wirklich
sehr, sehr dünn.
„Er hat mir eine super tolle Antwort gegeben.“
Ich konnte hören, dass sie es sarkastisch meinte. Was konnte Edward ihr denn
bitte schön gesagt haben?
„Er hat mir gesagt, dass er mit einem Engel frühstücken war und dass er sich
neu verliebt hatte.“
Ich ließ mich auf mein Bett plumpsen.
Wie konnte Edward nur so etwas sagen? Wie konnte Alice mir nur so etwas
erzählen? Warum schaffte es Alice es eigentlich immer wieder, mich so aus der
Fassung zu bringen? Und warum geht es dabei immer um Edward?
Ich sollte die Finger von den Cullens lassen. Das war wirklich eine wundervolle
Idee. Doch leider war die nicht mehr durchführbar. Denn ich konnte die Finger
von den Cullens nicht mehr lassen, seit ich acht Jahre alt war. Ja, seit dem ich
noch ein kleines, armes Kind war, geriet ich schon in die Fänge der gemeinen
Cullen-Kinder.
„Was soll denn das für eine Antwort sein?“, sprach sie weiter und ich war
froh, dass sie keine Antworten von mir forderte, denn die konnte ich ihr nicht
geben, ich war zu sehr mit meinen eigenen Gedanken beschäftigt. „Also mit so
etwas kommt er bei mir nun wirklich nicht durch. Das ist echt gemein. Er soll
mir doch bitte eine richtige Antwort geben.“ Ich hörte Alice nur noch im
Hintergrund reden, es verschwamm mal wieder alles vor meinen Augen. Alles zog
sich zu einer anderen Welt zusammen.
Warum sagte er so wundervoll, süße Sachen? Das war doch echt nicht
auszuhalten.
Langsam kam ich wieder zu mir.
„Und dann dieses Dauergrinsen. Er hat ein Honigkuchenpferd-Grinsen.“
Ich zog mir meine Schuhe an, versuchte es zumindest, so gut es eben mit einer
Hand funktionierte. „Was denn für ein Grinsen?“
„Seit er wieder da ist, läuft er durch die Wohnung, bleibt nirgends länger
als drei Minuten sitzen und grinst sich einen. Ich glaube, er hat Drogen
genommen. Sag mal, Bella, an der Uni gibt es doch so Drogenberatungsstellen.“
Ich musste grinsen. Alice machte sich Sorgen um ihren Bruder, auch wenn das,
denk ich mal, ziemlich unnötig war. „Ich glaube nicht, dass es nötig
ist.“
„Ja? Wie du meinst. Ich bin mir da aber nicht so sicher. Ich leg mal nun auf
und quetsche Edward mal noch ein wenig aus, vielleicht erfahre ich ja noch mal
was. Bis gleich, Bella.“
„Bis gleich.“ Damit legte ich auf und holte erst mal tief Luft
Warum hatte ich nur das Gefühl, das dass alles irgendwie ein wenig schief gehen
würde?
Das rief eigentlich nur danach, dass ich in eine Falle trat und alles aufplatzt
und dann stand ich da, vermutlich vor Alice die mich sauer anschaute und vor
Edward, der wie Alice mir eben sagte, nur vor sich hin grinst. Ich war bestimmt
diejenige, die alles zum Überlaufen bringen würde. Na gut, nun blieb mir keine
andere Wahl.
Ich musste in die Höhle des Löwen und mich beweisen.
Schwer seufzend, griff ich nach meiner Tasche und schloss die Tür hinter mir.
Kapitel 12: Der Tag mit einem Engel
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Wie viel Zeit ist nötig um im Leben eines anderen wichtig zu sein?
Reicht ein zufälliges Treffen?
6 Monate, ein Jahrzehnt?
Shakespeare hat gesagt: Er schreibe für die Unsterblichkeit.
Schriftsteller hoffen, dass die geschriebenen Worte die Erinnerung an sie
wachhält.
Aber Bücher können verloren gehen, Worte werden ausradiert, Geschichten
ändern sich. Wenn all diese Variablen gegen dich arbeiten, wie erfährst du
welchen Eindruck du gemacht hast?
Edwards POV:
Es klopfte an meiner Zimmertür. Hatte ich Alice nicht gesagt, dass ich alleine
sein wollte? Ja, das hatte ich ihr gesagt. Eindeutig und mit Nachdruck. Warum
hörte sie nicht auf das, um was ich sie bat? Und ja, ich wollte jetzt erst mal
einfach nur alleine sein. Ich wollte einfach den ganzen Tag, den Rest des Tages,
an Nichts anderes mehr denken, als an das Treffen mit Bella. Ich wollte nur ihr
Gesicht vor mir haben, auch wenn ich es nur in Gedanken vor mir hatte. Das
langte. Die Erinnerung an ihre weichen Lippen, waren auch so noch präsent, dass
ich mir einbildete, den Druck ihrer Lippen immer noch auf meinen zu spüren.
Ich war schön verdammt früh auf gewesen, aber es ging einfach nicht anders.
Ich hatte die ganze Nacht vor lauter Aufregung kein Auge zu machen können. Ich
sah bestimmt schrecklich aus. Doch diese eine Stunde Schlaf, die ich wohl in der
Nacht alleine hatte, hatte ausgereicht, vollkommen, sie war genug. Und schon war
ich hellwach und putzmunter.
Ich konnte gar nicht mehr so genau sagen, was ich den ganzen Vormittag gemacht
habe. Ich musste wirklich von einer Ecke in die andere gelaufen sein, hab da mal
rumgewerkelt und mal dort was angefangen. Aber was ich genau getan habe, wusste
ich nicht.
Ich war zu aufgedreht, einfach zu aufgeweckt. Ich konnte der Tatsache, dass
Bella sich mit mir verabredet hatte, einfach keinen Glauben abgewinnen. Da ging
sie mir die letzten Jahre aus dem Weg und nun wollte sie plötzlich mit ihr
ausgehen. Gut, ich hatte sie mitten in der Nacht angerufen. Aber sie hatte ja
gesagt. In den letzten Tagen waren wir uns ein wenig näher gekommen, aber
dennoch gab es immer noch Dinge zwischen uns die nicht geklärt waren. Meine
Gefühle für sie hatten sich absolut nicht verändert, wenn dann waren sie eher
noch stärker geworden.
Ich war schließlich um 10:00 Uhr genau vor Bellas Wohnheim und wartete auf sie.
Eigentlich wusste ich nicht wie lange ich warten würde, aber ich wollte sie
auch nicht anrufen und sie vermutlich wecken. Aber es war ja ganz einfach. Ich
wartete einfach, ich würde ewig warten.
Nach einer Weile war sie wirklich aus dem Wohnheim gekommen, konzentriert wie
immer, aber auch unachtsam wie immer. Sie sah unheimlich süß aus.
Sie schrieb gerade irgendetwas auf einen Zettel und merkte gar nicht, wie ich
vor ihr stand, so dass sie direkt in meine Arme lief. Sie drohte nach hinten zu
fallen, doch ich hielt sie sofort fest. Ich würde sie garantiert nicht fallen
lassen, eher würde ich mich auf den Boden schmeißen, nur damit sie nicht fiel
und sich verletzte.
Überrascht und fragend blickte sie mich an, mich hatte sie wohl, ihren Blick
nach zu beurteilen noch gar nicht erwartet, wenn überhaupt.
„Hallo schöne Frau, warum denn so stürmisch?“, fragte ich sie mit einem
breiten Grinsen im Gesicht. Es war einfach zu amüsant. „Guten Morgen,
Bella“, fügte ich noch hinzu, als sie immer noch ein wenig neben der Spur zu
sein schien. Ich war froh, sie jetzt schon zu sehe, denn ich sehnte mich nach
ihr. Ich musste ihr einfach nur in die Augen sehen und fühlte mich glücklich
und wohl. Auch wenn ich noch ewig auf sie gewartet hätte, aber sie war ja nun
da. Und war mir direkt in die Arme gelaufen. Sie hatte wohl gar nicht mit mir
gerechnet.
Bella schloss mit einem kleinen Seufzer die Augen. Was war denn nun los? Wurde
ihr vielleicht schwindelig?
„Bella?“, fragte ich sie sofort in äußerster Sorge an.
War der Aufprall gegen mich, vielleicht doch zu schlimm, zu hart gewesen? Hatte
sie sich etwas getan?
Doch dann hob Bella ihren Kopf und schaute mich mit ihren braunen Augen an.
Ihre Wangen färbten sich rot. Gut, also ihre Durchblutung funktionierte noch.
Ein gutes Zeichen.
Warum wurde sie aber verlegen?
„Wo möchtest du denn so eilig hin?“, fragte ich sie. Schließlich war sie
bis vor unserem Zusammenprall noch in irgendetwas vertieft gewesen. Überrascht,
als würde ich sie mit dieser Frage aus der Trance wegen, in der sie bis eben
steckte, löste sie sich aus der Umarmung, in der ich sie immer noch leicht
hielt.
„Ich muss in die Bibliothek“, erklärte sie mir und versuchte kurz zu
lächeln. Sie lächelte zuckersüß und merkte wohl gar nicht, wie warm mir
dabei ums Herz wurde.
„Zur Bibliothek also? Ich denke wir waren verabredet?“, fragte ich mit
gespielt trauriger Stimme. Ich hatte wirklich gehofft, dass wir etwas
Interessanteres unternehmen würden, als uns in die Bibliothek zu setzen.
Bella schien sich eine Ausrede oder Ähnliches zu überlegen, wie sie mich
wieder loswerden konnte. Doch das würde ich gar nicht erst zu lassen, deswegen
sagte ich ihr sofort: „Gut, Bibliothek also. Ich könnte mir zwar
romantischere Orte für ein Date vorstellen. Aber du darfst entscheiden.“
Perplex blickte sie mich an. Damit hatte sie wohl nun gar nicht gerechnet.
„Komm ich fahre dich dahin“, sagte ich weiter. Ich war immer noch aufgeregt
und nervös. Ich wollte so viel Zeit wie möglich mit ihr verbringen und
letztendlich war es mir egal, wo wir die Zeit zusammen verbringen würden. Ich
hatte schon nach ihrer Hand gegriffen und zog sie mit zum Auto.
„Nein. Stopp“, meinte Bella abrupt.
Ich blieb stehen und blickte sie fragend an. Passte ihr etwas nicht? Sie wollte
doch in die Bibliothek. „Bella?“
„Warum willst du denn mit mir in die Bibliothek?“ Sie blieb stehen und
blickte mich fordernd an.
Ich grinste und antwortete ihr: „Na, du willst da doch hin.“
„Genau, ich will dahin“, sie betonte das Wort ‚Ich’ besonders.
Ich lächelte sie an, steckte die Hände in meine Hosentaschen und blickte sie
fragend an. Ich verstand ihr Problem nicht. Ich würde sie überall hin
begleiten. „Also, dann lass uns doch in die Bibliothek gehen.“
„Aber ich muss für das Studium lernen.“
„Ich habe auch ein Studium“, erinnerte ich sie. Auch wenn es mir momentan
ziemlich leicht von der Hand ging.
Gut, ich hatte nicht wirklich vor zu lernen, denn ich war mir der Tatsache
durchaus bewusst, dass ich mit ihr in meiner Gegenwart nicht lernen konnte. Ich
würde einfach nicht die Ruhe finden, weil ich sie immer wieder ansehen musste.
Aber das war ja nun nebensächlich.
Es klopfte immer noch an meiner Tür und diesmal holte mich das Klopfen aus den
Gedanken heraus.
Ich seufzte auf, richtete mich in meinem Bett auf und blickte erwartungsvoll zur
Tür. „Herein.“
Und schon ging auch die Tür auf, gut, sie wurde aufgerissen und eine gut
gelaunte, bis über beide Backen strahlende Alice trat ins Zimmer. Oft genug
störte es mich, meine Schwester so zu sehen. Sie hatte diese Phasen mit dem
Himmelhochjauchzend einfach zu ernst genommen und das war echt ein Dauerzustand
bei ihr. Doch heute war es mir egal. Heute, konnte mir nichts mehr den Tag
vermiesen. Dank Bella. Sie hatte den Tag schon zum Besten Tag überhaupt
gemacht. Einfach in dem sie mir eine Chance gegeben hatte, mich ihr zu
erklären.
„Bruderherz“, fing sie an und setzte sich zu mir aufs Bett. Sie lächelte
und ich sah ihr sofort an, dass sie etwas wollte. Eigentlich hatte ich erwartet,
dass sie stinksauer auf mich ist, weil ich sie versetzt hatte und sie eben nicht
zu ihrer Shoppingmall gefahren hatte, wo sie mit Rose verabredet war, aber aus
irgendwelchen Gründen, war sie ganz und gar nicht sauer. Wenn ich es mir recht
überlege, sollte ich vielleicht ein wenig vorsichtig mit dieser Aussage sein.
Vielleicht führte sie wieder etwas im Schilde. Ihr war nun mal einfach alles zu
zutrauen. Das hatte sie sich aber selber zuzuschreiben. Ich kannte sie
inzwischen gut genug und wusste, in etwa, wie sie tickte. Und ich sah ihr nun
mal sofort an, wenn sie etwas wollte oder eben etwas ausheckte.
Und in diesem Fall heckte sie eindeutig etwas aus. Es lag eindeutig etwas in der
Luft.
„Sag mal, Bruderherz“, fing sie liebsäuselnd an.
„Ja, Alice, was hast du denn auf dem Herzen?“, fragte ich genauso
liebäugelnd zurück. Ich würde ihr Spiel gerne eine Weile mitspielen, bis sie
damit rausrückte, was sie plante.
„Weißt du, was ich mich frage.“ Sie klimperte mit den Wimpern und schaute
mich mit ihrem Unschuldsblick an, der aber schon nicht mehr bei mir wirkte, seit
ich sechs Jahre alt bin und hinter ihrer Masche gekommen war.
„Nein, aber du erzählst es mir bestimmt gleich, denn sonst wärst du nicht in
mein Zimmer gekommen, obwohl ich dir gesagt habe, dass ich doch gerne ein wenig
meine Ruhe hätte.“
„Ganz genau“, stimmte sie mir mit einem Nicken zu und ignorierte das, was
ich ihr eben gesagt hatte offensichtlich. „Also ich frage mich wirklich, was
mein Bruder heute so Wichtiges vorhatte, dass er vergessen hat, seine einzige
Schwester zur Shoppingmall zu fahren.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe es dir doch schon darauf eine Antwort
gegeben.“
„Ja, das ist eine sehr tolle Antwort. So aufschlussreich und genau“, meinte
sie mit einem Lächeln, dass sehr verkrampft aussah.
„Ich werde dir nicht mehr dazu sagen“, war jedoch meine einzige Antwort
dazu. Das war meine Antwort und damit sollte sie sich zu Frieden geben. Basta.
„Bella meint, du hast bestimmt einen Grund, warum du mich versetzt hast.“
Wie kam Alice denn dazu, Bella mit ins Gespräch rein zu bringen? Ahnte sie
etwas? Hatte Bella sich verplappert? Oder hatte Alice wirklich einen sechsten
Sinn, der ihr immer sagte, wenn es neue Geschichten aufzudecken gab.
„Hat sie das?“ Ich versuchte so locker wie möglich zu wirken.
„Ja, ich habe heute Morgen mit ihr telefoniert und hab ihr erzählt, wie
gemein, doch mein Bruder sein muss, wenn er mich vergisst.“
Das war vermutlich das Telefonat, als Bella mit mir im Cafe war.
Ich nickte nur und hoffte, dass ich ein besserer Schauspieler als sie war.
„Und was willst du nun von mir hören?“
„Bella hatte mir erzählt, dass sie in die Bibliothek muss, weil sie ja
übermorgen eine wichtige Klausur schreibt“, fing Alice weiter an und
irgendwie war mir so langsam klar, dass sie so einfach nicht wieder aus meinem
Zimmer gehen würde. Sie wollte das hier aus diskutieren, solange bis einer von
uns beiden nachgab.
„Aber als ich sie angerufen habe, war sie da gar nicht mehr. Was ich schon
äußerst komisch finde, weil man sie nie vor sechs Stunden lesen, aus der
Bibliothek schleifen kann. Und dann sagte sie mir, ganz außer sich vor Atem,
dass sie unterwegs sei und dann hatte sie einfach aufgelegt.“ Sie sah mich an.
„Findest du das nicht auch komisch?“
Warum wurde ich das Gespür nicht los, dass Alice etwas roch?
Sie war nicht auf den Kopf gefallen, meine liebe Schwester, aber so ein Gespür
hätte ich ihr eigentlich nicht angedacht. Ich hoffe, dass ich Recht habe, und
sie immer noch keinen sechsten Sinn hat. Und ich hoffe, dass ich mich hier nicht
verplappere.
„Ich dachte, du wolltest über mich reden, warum fängst du nun von Bella
an?“
Alice zuckte mit den Schultern und grinste mich an. „Ich weiß nicht, ich kam
nur gerade darauf. Also, wo warst du noch mal genau?“
„Mit einem Engel frühstücken“, antwortete ich ihr mit einem Lächeln. Das
war die Antwort die ich ihr vorhin gesagt hatte und an der hielt ich auch fest.
„Ach, ja genau. Du beharrst ja immer noch auf diese Art von Antwort“,
stellte sie mit einem leisen Seufzer fest. „Ich habe Bella übrigens zu uns
eingeladen.“
„Hast du nicht“, sagte ich schnell.
Ich hoffte, dass kam nicht zu schnell rüber. Alice hatte Bella nicht
eingeladen. Bella hatte während dem Telefonat nichts davon gesagt, dass sie
sich später mit Alice trifft und auch als wir uns von einander getrennt hatten,
hatte sie nicht von einem späteren Treffen mit meiner Schwester erwähnt.
Alice grinste mich an. „Oh, doch mein Lieber. Sie kommt gleich vorbei.“
Damit stand Alice vom Bett auf und verließ wieder mein Zimmer.
Ich blickte ihr fragend hinterher. Hatte ich mich nun verraten? Hatte ich
irgendetwas Falsches gesagt?
Mit einem Seufzer ließ ich mich wieder auf mein Bett fallen. Wenn ich mich nun
verraten hatte, würde Alice Bella bestimmt genauso eines solchen Verhörs
unterziehen und wenn sie auch nur ein falsches Wort sagen würde, … ich mag
gar nicht dran denken. Ich denke nicht, dass Alice an die Decke springen wird,
nur weil Bella und ich uns wieder näher gekommen sind. Nein, ich glaube nicht,
dass sie etwas dagegen hätte. Nein, das was sie sauer machen würde, wäre die
Tatsache, dass sie es noch nicht wusste.
Sie gehörte zu den Menschen, die Dinge immer vor allen anderen erfahren wollte,
vermutlich noch bevor es die eigentlichen Personen es wussten, die es betrafen.
So war Alice nun mal. Sie war nun äußerst neugierig und wissbegierig. Manchmal
war das aber nur noch nervig.
Ich fuhr mir seufzend durch die Haare und versuchte wieder an etwas Schönes zu
denken. An Bella.
Kaum hatte Bella das Telefon wieder eingesteckt, war sie auch schon vom Stuhl
aufgestanden und aus dem Cafe gerannt. Sofort, nachdem ich das Geld auf den
Tisch gelegt hatte, rannte ich ihr hinterher.
Als ich sah, dass sie umzukippen schien, rannte ich schneller, rief ihren Namen:
„Bella.“ Und bevor sie umfallen konnte, hatte ich sie schon in meinen Armen
liegen. Sie war leicht und ich fragte mich wie viel sie wiegte, denn eindeutig
war sie zu leicht, wie ich fand.
Ich blickte auf Bella und sah, wie die Augen verschlossen hielt und versuchte
ruhig zu atmen. Irgendwas war ihr wohl zu Kopf gestiegen. Sie rührte sich nicht
und wehrte sich auch nicht.
Ich stand mit ihr wieder auf, nahm sie auf den Arm, und setzte mich mit ihr auf
eine Bank. Sie saß auf meinem Schoss und ich hielt sie an mich gedrückt.
Ich wollte sie spüren, wollte sie festhalten. Ich wollte sie nicht noch mal weg
rennen sehen, warum auch immer sie geflüchtet war.
„Bella...“, sagte ich sanft und blickte sie fragend an.
Ja, warum war sie weg gerannt? Was hatte Alice ihr gesagt?
Mir fiel nichts anderes ein, es konnte nur etwas aus dem Telefonat gewesen sein,
was sie weg rennen ließ. Was sie von mir weg rennen ließ. So schlimm der
Gedanke daran war, sie war vor mir weg gerannt. Langsam öffnete sie ihre Augen
und ich sah ihr an, dass sie den Tränen nahe stand.
Ich seufzte leise auf und drückte sie ein wenig fester an mich.
Ich wollte sie spüren. Ich roch an ihrem Haar, es roch wundervoll. Sie roch
wundervoll. Ich atmete ihren Duft ein und er füllte mich mit Wärme. Sie hatte
die Augen wieder geschlossen gehabt, als ich sie leicht an mich gedrückt hatte,
doch nun, wo ich ihr sanft über die Wange streichelte, riss sie die Lider
erschrocken auf.
Ich zog meine Hand sofort zurück und seufzte. „Bella, warum bist eben
abgehauen?“
Sie blickte weg, schaute mich nicht mehr an, konnte meinen Blick wohl nicht mehr
ertragen. Und das schmerzte mich. Ich wollte nicht, dass sie meinen Blick nicht
ertrug. Es war schrecklich.
Was hatte Alice ihr erzählt? Was war so schlimm?
Und dann fing sie einfach an zu weinen. Leise Tränen rannen ihr über ihre
Wangen und liefen herab.
Ich biss mir auf die Unterlippe und zwang mich die Tränen aus ihrem Gesicht
erst mal nicht weg zu wischen. Nicht nachdem sie eben so geschockt über meine
Berührung war. Ich wollte nicht, dass sie mich noch mal mit so weit
aufgerissenen Augen ansah. So als hätte sie Angst vor mir. So als fürchtete
sie sich vor mir. Diesen Anblick würde ich nicht noch ein zweites Mal ertragen.
Also tat ich das, was ich für das Beste hielt. Ich streichelte ihr über den
Rücken, hoffte, dass es beruhigend auf sie einwirkte.
„Ich weiß nicht was los ist, Bella. Aber was auch immer es ist, es tut mir
Leid“, meine Stimme war schwach und brüchig. Diese Situation war
unerträglich.
Alice musste ihr etwas über mich gesagt haben, was sie vor mir erfürchten
ließ.
Irgendetwas hatte ihre Angst gemacht. Oder es gab einen anderen Grund, warum sie
vor mir geflüchtet war?
Bella zog sich zurück, ließ den Abstand zwischen unseren Oberkörper größer
werden und blickte mich fragend an. „Warum entschuldigst du dich?“
Na, weil Alice doch etwas gesagt hat, was dich zur Fluch berufen hat, dachte ich
seufzend und wehleidig.
Bella schüttelte den Kopf und seufzte auf. „Oh, Edward. Du bist so an gar
nichts schuld. Ich bin die Schuldige.“
„Was?“, fragte ich überrascht. Ich war nicht Schuld.
Nun nahm ich den Mut wieder zusammen und strich ihre die Tränen aus ihrem
Gesicht. Ich lächelte leicht, als ich die Tränen weggewischt hatte. Tränen
standen ihr einfach nicht, wo sie doch so ein süßes und hinreißendes Lächeln
hatte, sollte sie meiner Meinung nach den ganzen Tag nichts anderes tun als
lächeln.
„Das war doch Alice am Telefon?“
Bella nickte.
Vielleicht, lag es an Alice. Vielleicht, weil sie ihre beste Freundin wegen mir
anlügen musste. „Ich meine, du musstest wegen mir deine beste Freundin
anlügen. Nur weil ich ihr nicht gesagt hatte, dass ich mit dir Frühstücken
gehen. Aber ich wusste nicht, was sie davon halten würde.“
Ich hörte Bella seufzen, aber noch sagte sie nichts.
„Zuerst dachte, ich es wäre eine gute Idee, es ihr zu sagen. Aber dann dachte
ich mir, dass sie dann bestimmt alle zehn Minuten bei dir angerufen hätte und
wir hätten keinen ruhigen Moment“, gestand ich ihr lächelnd. Es war schön
zu sehen, dass Bella mir zuhörte, ohne zu weinen. Ich wollte sie nicht mehr
weinen sehen. Der Anblick tat mir weh. „Tut mir Leid. Ich war selbstsüchtig.
Ich wollte aber nun mal ein paar Stunden mit dir, nur für mich haben.“
Bella versuchte zu Lächeln, ich sah es ihr an. So gefiel sie mir schon besser,
auch wenn sie noch nicht ganz lächeln konnte.
„Und dann dachte ich, dass sie deine beste Freundin ist und dass du selber
entscheiden solltest, ob du ihr von diesem Frühstück erzählen sollst oder
nicht. Es sollte deine Entscheidung sein.“
Bella nickte. „Edward...“, sie stoppte meinen Wortschwall in dem sie einfach
nur meinen Namen sagte. Sie sagte endlich irgendwas. Es war egal was sie gesagt
hätte, ich hätte sofort aufgehört zu reden. „Es tut mir Leid.“
Nun war ich überrascht. Warum entschuldigte sich denn Bella? Ich war doch an
der Misere schuld. Fragend blickte ich sie an. „Was soll dir denn Leid tun?“
Bella seufzte auf. Irgendetwas lag ihr auf dem Herzen. „Mir tun die Jahre
Leid, die Sommer, die ich nicht bei dir Forks verbracht habe.“
Ich sah ihr an, dass wieder die Tränen nahten und ich seufzte innerlich auf.
Doch Bella schien es selber zu merken, und presste die Augen zusammen. „Alice
hat mir eben etwas gesagt. Etwas was Emmett Rose erzählt hat.“
Was hat Emmett, der Chaot wieder angestellt? Was hatte er denn bitteschön Rose
erzählt? Na, der kann was erleben und so was nennt sich Freund. Wegen ihm ist
also Bella vor mir weggelaufen? „Ja, was denn? Na, der kann was erleben, wenn
ich ihn erwische?“
Bella schüttelte schnell den Kopf. „Nein“, sagte sie schnell. „Als ich
damals bei dir war, den letzten Sommer“, fing sie an.
Fragend blickte ich Bella an.
Wie kam sie denn jetzt darauf?
Aber ich nickte. Ich erinnerte mich noch mehr als gut, an den letzten
gemeinsamen Sommer mit Bella. Ich hatte ihr damals gestanden, dass ich mich in
sie verliebt hatte.
„Da hattest du ja zu Mike und Jake gesagt, dass ich nerve. Du hast gesagt, das
Alice und ich nerven.“
Ja, daran erinnerte ich mich auch. Es war ein schlimmer Fehler. „Ich weiß,
und das tut mir Leid.“
„Ich bin damals dann davon gerannt, als ich es gehört hatte.“ Sie war weg
gerannt? Das wusste ich ja gar nicht. „Doch Alice sagte, gerade, dass du
danach noch etwas gesagt hast.“
Ich blickte sie fragend an. Was hatte ich denn danach gesagt? Etwas noch
schlimmeres? Ich erinnerte mich einfach nicht mehr daran.
„Du hast zu Mike und Jake gesagt, dass du in mich verliebt bist und dass du
die beiden verprügeln würdest, wenn sie je ein falsches Wort über mich sagen
würden.“ Sie biss sich auf die Lippe.
Ja, das hatte ich den beiden Jungs damals gesagt, nachdem ich aufgewacht war,
aus meiner Starre. Doch nun wurde mir etwas klar. Sie war weg gerannt, weil sie
nun hörte, dass ich den anderen offen gesagt habe, dass ich in sie verliebt
war? Das war ihr Grund der Flucht gewesen? War es so schrecklich?
„Deswegen bist du gerade raus gerannt?“ Ich seufzte.
Bella nickte nur.
„Ist der Gedanke, dass ich in dich verliebt bin, so erschreckend, dass du weg
rennen musst?“ Irgendwie tat der Gedanke sehr weh, dass sie deswegen weg
gerannt ist. „Bella...“
Ich wollte ihr so vieles sagen und doch wusste ich nicht, was ich ihr sagen
sollte, doch ich kam auch gar nicht mehr dazu, denn sie lächelte, beugte sich
zu mir hinüber und bevor ich mich versehe konnte, spürte ich ihre
wundervollen, sanften Lippen auf meinen. Ich wusste gar nicht was war, aber das
war die beste Antwort, die ich bekommen konnte. Das war das Beste überhaupt.
Ja, Bella war ein Engel, ein wundervoller und sanfter Engel.
Es klingelte an der Haustür.
Konnte da wirklich Bella sein? Nein, als sie mit Alice telefoniert hatte, kam
das ja gar nicht zu Gespräch.
Aber dennoch musste ich wissen, wer da klingelte. Natürlich musste ich es
wissen. Ich musste wissen, welches Spiel Alice hier mit mir spielte. Das sie
eines spielte, stand außer Frage. Ich kannte meine Schwester gut genug. Alice
spielte ein Spiel und noch dazu ein Gemeines.
Die Frage war, was heckte sie aus oder war sie wirklich so sauer auf mich, weil
ich sie nicht in die Mall gebracht hatte, dass sie jetzt dieses Spielchen
spielte. Als Rache.
Ich eilte aus meinem Zimmer und sprintete zur Tür. Noch bevor Alice an der
Wohnungstür angelangt war, war ich da und öffnete die Tür. Und zu meinem
Erstaunen, stand da wirklich Bella. Ja, sie war es wirklich. Der Engel, mit dem
ich so wundervolle Stunden heute verbracht hatte. Ich brachte kein Wort heraus.
„Edward, was ist denn?“, meinte Alice und schob mich zur Seite. „Du siehst
ja fast so aus, als würdest du ein Gespenst sehen.“ Sie lächelte Bella an.
„Ich finde Bella, sieht heute eher aus wie ein kleiner Engel“, sagte sie
zuckersüß.
Stopp! Was hatte sie da gerade gesagt?
Nicht nur ich blickte Alice nun vollkommen entgeistert an.
Sie wusste es. Soviel stand fest.
„Was habt ihr denn?“, fragte Alice liebäugelnd. „Bella, möchtest du
nicht mal reinkommen?“
Wo war die Notbremse?
Ich musste irgendwas tun. Alice war sauer, ich wusste es. Ich kannte ihre Art,
wenn sie sauer war und auf gute Miene zum bösen Spiel machte. Am liebsten
würde ich einfach Bella wieder die Tür vor der Nase zu schlagen und das erst
mal mit Alice alleine klären. Ich war, meiner Meinung nach, ja auch irgendwie
der Hauptschuldige. Doch Alice reagierte schneller und zog Bella schon in unsere
Wohnung.
Kapitel 13: Alice´ Verhör
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Das Leben könnte so schön sein, wenn wir bestimmte Momente festhalten
könnten.
Die Zeiten als wir glücklich waren.
Als wir wussten, dass wir geliebt werden.
Aber wir können das nicht, stattdessen versuchen wir Fußabdrücke zurück zu
verfolgen, die vielleicht schon längst verblast sind.
Wir kämpfen jedes Mal um die Erinnerung an solche Augenblicke, weil die Zeit
sie zu verwischen versucht.
Und wir bemühen uns neue Bekanntschaften zu knüpfen, von denen wir hoffen,
dass sie die Zeit überdauern.
Wenn die Kommunikation versagt, bleibt nur wenig zurück.
Als Beweis dass es uns gab, das wir wichtig waren, und uns jemand geliebt hat.
Am Ende mag die Erinnerung vielleicht alles sein, was wir haben
Da saßen wir nun. Alice. Edward. Und ich. Wir saßen in einem Dreieck im
Wohnzimmer, alle nicht nah beinander und doch auch nicht so weit von einander
getrennt. Die Stimmung war undefinierbar, merkwürdig, wenn man Alice und mich
kannte.
Ich saß auf der großen Couch, allein, Edward auf den Sessel und Alice saß auf
einem Sitzkissen und blickte Edward und mich abwechselnd an. Ihr Blick wanderte
immer wieder von ihrem Bruder zu mir. Ich wusste gar nicht so Recht, was
eigentlich los war, aber an Edwards Haltung sah ich, dass etwas nicht stimmte,
er saß ziemlich verkrampft auf dem Sessel und blickte mich sorgend an. Immer
nur kurz, vermutlich wegen Alice. Warum sah er mich denn bitte schön so ernst
an?
„Also“, fing Alice schließlich an. Sie strich sich eine ihrer kurzen
schwarzen Strähnen hinters Ohr, die jedoch sofort wieder hervor rutschte, doch
das war ihr wohl auch eigentlich egal. Sie sah uns beide erwartungsvoll an, als
wartete sie auf eine bestimmte Antwort. Da Edward nichts sagte und ich nicht
wusste, was sie hören wollte, seufzte ich auf.
„Wolltest du mir nicht Fotos zeigen? Wo sind die denn?“, fragte ich sie nun.
„Was für Fotos?“, fragte Edward sofort.
Fragend blick ich ihn an und fragte mich immer noch, was hier vorgefallen war,
bevor ich die Wohnung betreten hatte. „Oh, Alice hat mich eben angerufen
gehabt und mir gesagt, das Esme ein paar Fotos von früher ihr geschickt
hat.“
Alice lächelte mich an. „Zu den Fotos kommen wir noch.“ Ihr Blick wanderte
zu Edward und ich sah, wie sie ihn angrinste, dann blickte sie mich wieder an.
„Aber vorher möchte ich gerne etwas klären.“
„Was denn?“, fragte ich sie und blickte Edward fragend an. Ich wusste gar
nicht was los war. Ich tappte absolut im Dunkeln und offensichtlich wollte
keiner der beiden mir die Taschenlampe reichen um Licht zu machen.
„Wo warst du heute Vormittag?“, fragte sie mich nun und schaute mich
durchdringend an.
War das hier ein Verhör? Oh, ihr Blick gefiel mir gar nicht. Sie sah so wissend
aus. Ahnte sie etwas? Hatte Edward sich vielleicht verplappert? Leider konnte
ich ja nun nicht zu ihm hinüber schauen, denn das würde nur erst Recht
auffallen. Ja, dann würde ich es erst recht verraten und ich wusste ja nicht,
ob ich das konnte oder nicht.
„Ich war in der Bibliothek“, fing ich an.
„Alleine?“
Keine gute Frage Alice und ich musste mir eine gute Antwort zu Recht legen, denn
ich wollte sie auch nicht anlügen. Sie war schließlich immer noch meine beste
Freundin. „Nein. Ich denke nicht. Da waren auch eine Menge anderer
Studenten.“ Irgendwie fühlte ich mich unwohl. Ich wusste worauf Alice hinaus
wollte und ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Vielleicht sollte ich ihr einfach mal die Wahrheit sagen. Warum musste sie
gewisse Sachen einfach immer riechen? Ich wollte meine beste Freundin nicht
weiter was vor machen.
„Verstehe“, meinte sie mit einem Seufzer. „Warum sagt ihr Beiden es mir
nicht einfach?“
„Was denn?“, fragte ich sie nun ein wenig überrascht.
Sie blickte mich enttäuscht an, irgendwie schien sie auch etwas gequält zu
sein. „Na, was da zwischen Euch ist.“
Ich konnte es echt nicht ertragen, dass meine beste Freundin mich so enttäuscht
ansah. Sie war doch meine beste Freundin und ich hatte ihr immer alles erzählt.
Es hatte nie Geheimnisse zwischen uns gegeben. Und ich glaube Alice würde sich
freuen.
Ich seufzte.
Sofort spürte ich den Blick von Edward auf mir ruhen. Aber ich konnte es nicht
länger für mich behalten. Ich wusste selber nicht genau, was das zwischen mir
und ihrem Bruder war.
Nur eins wusste ich und das war ganz klar: Ich hatte mich wieder in ihn
verliebt. Dieses Gefühl in meiner Brust hätte nie klarer sein können, es war
deutlich und sogar ein Blinder konnte das in meinem Herzen lesen. Es war genau
wie damals, nur, dass wir nun mal jetzt keine Teenager mehr waren. Wir waren
älter, vielleicht war es nun besser. Vielleicht würde es nun einfach besser
passen. Vielleicht würde es nun weniger Missverständnisse geben. Vielleicht
war das nun unsere Zeit. Damals waren wir einfach zu jung gewesen und deswegen
hatte es nicht geklappt.
„Ich weiß selber nicht was Das genau ist, was da nun wieder zwischen uns
ist“, fing ich an und blickte auf meine Hände, die auf meinem Schoss ruhten.
Ich blickte weder Edward noch Alice an, weil ich nicht sehen wollte wie sie
reagierten. Aber es sollte endlich raus. Es war mir egal, was Edward davon
hielt, ob er es vor seiner Schwester geheim halten wollte oder nicht. Gut, nein,
es war mir nicht egal, aber ich konnte Alice einfach nicht weiter anlügen.
„Eigentlich bist du gar nicht mal so unschuldig daran, Alice.“ Ja,
schließlich hatte sie ihm damals meine Handynummer gegeben, so fingen wir an
uns SMS zu schreiben und wir hatten heute Nacht telefoniert gehabt. Dann hatte
sie mir gesagt, was er damals zu den anderen gesagt hatte. Nein, sie war absolut
nicht unschuldig. Aber eigentlich wusste ich nicht, ab wann sich meine Gefühle
für ihn verändert hatten. Ich hasste ihn nicht mehr, verabscheute ihn nicht
mehr. Plötzlich war es anders.
„Was meinst du damit?“
Nun blickte ich sie an und lächelte. „Naja, Edward und ich sind uns die Tage
irgendwie näher gekommen. Ich kann nicht sagen, was es ist, was wir nun haben.
Aber ich finde es fühlt sich sehr gut an. Es fühlt sich richtig an.“ Dann
schaute ich wieder auf meine Hände. „Du hast ein wenig dazu beigetragen, dass
wir uns näher gekommen sind. Du hast ihm schließlich meine Handynummer
gegeben. So fing es irgendwie an. Nein, eigentlich fing es an, dass du dein
Studium aufgegeben hast und hier nach Chicago gekommen bist. Mit ihm.“
„Ach, jetzt willst du mir an allem die Schuld geben?“
Ich blickte auf und schüttelte den Kopf. „Nein, ganz und gar nicht. Ich bin
dir sogar irgendwie dankbar.“
Und wieder spürte ich Edwards Blick auf mir ruhen, doch auch Alice schaute mich
fragend an. Ich nickte. „Schließlich hast du dafür gesorgt, dass ein großes
Missverständnis aus dem Weg geräumt wurde.“
„Das hab ich gemacht?“, fragte Alice überrascht. Anscheinend wusste sie
selber noch nicht mal, welche große Rolle sie in diesem Theaterstück spielte.
Sie war irgendwie die Hauptperson, nein, wohl eher die Souffleuse, die uns an
der richten Stelle weitergeholfen hatte.
„Ja, hast du. Um genauer zu sein, das hast du heute Morgen gemacht, als du
mich angerufen hast und mir erzählt hast, was Emmett Rosalie erzählt
hatte.“
Alice blickte zu ihren Bruder. „Ihr ward also heute Vormittag wirklich
zusammen?“
Edward nickte. „Ja, waren wir.“ Nun hatte er endlich auch etwas gesagt, ich
war erleichtert. Seine Stimme klang ebenso erleichtert, glücklich, absolut
nicht verärgert.
Dann blickte Alice wieder zu mir und wartete darauf dass ich weiter erzählte,
was ich gerne tat. „Wir waren erst in der Bibliothek und dann sind wir in ein
Café gefahren, wo du mich dann angerufen hast.“
„Verstehe.“
„Sei mir nicht böse, Alice.“ Ich würde es echt nicht ertragen, wenn meine
beste Freundin sauer auf mich war. „Wenn ich gewusst hätte, was das bedeutet,
dann hätte ich es dir erzählt. Wenn ich wüsste, was das genau ist… wenn ich
es verstanden hätte, dann… dann hätte ich es dir schon vorher erzählt und
dann müsste nun dieses Verhör nicht sein.“
„Es ist kein Verhör“, meinte Alice ein wenig kleinlaut.
„Klar, ist es das“, meinte Edward und stand vom Sessel auf.
Ich blickte ihn überrascht an. War er vielleicht sauer oder böse? War er böse
dass ich es nun erzählt habe?
„Und was ist es nun?“, fragte Alice.
Edward blieb stehen und blickte mich an. „Wie ich dir schon sagte, Alice, ich
war mit einem Engel frühstücken und habe mich neu verliebt.“
Wie konnte er das so sagen? Wie konnte er das sagen und mich dabei anzuschauen
ohne mit der Wimper zu zucken?
Ich musste mich daran erinnern, dass ich atmen sollte, doch unter dem Blick
seiner smaragdgrünen Augen, fiel mir das verdammt schwer. Wenn ich nicht sitzen
würde, würde ich nun, dank meiner weich gewordenen Knie nicht mehr stehen
können. Aber ich saß. Zum Glück. Das wäre sonst mal wieder selten peinlich
geworden. Eindeutig. Aber warum konnte er das sagen und dabei nicht eine falsche
Bewegung machen?
„Und du Bella?“, hörte ich Alice Stimme nur am Rande.
Mein Blick ruhte weiter auf Edward. Und die Worte die kamen einfach nur so,
unkontrolliert aus mir heraus. „Ich habe mich auch in Edward verliebt.“
Meine Augen weiteten sich erschrocken, als ich realisierte, was ich da
eigentlich eben gesagt hatte. Ich hatte es wirklich einfach so ausgesprochen.
Dabei war ich mir doch eigentlich gar nicht so sicher gewesen. Oder? Doch
irgendwie fühlte ich mich erleichtert, als die Worte über meine Lippen kamen,
von einer Last befreit.
Mein Herz schlug fest und mir kam es fast so vor, als schlug es richtig gegen
meinen Brustkorb. So als wolle es da raus kommen. Verrücktes Gefühl.
„Gut, das wollte ich nur hören“, meinte Alice und stand auf.
Nun wanderte mein Blick zu Alice. Auch Edward blickte sie fragend an.
„Was heißt denn das nun?“
„Na, denkt ihr etwa, ich wusste das nicht?“ Sie seufzte und fuhr sich mit
ihren schmalen Händen durch ihr kurzes, dunkles Haar. „Ihr seit mir schon
zwei. Aber da ich euch beide kenne und ihr schon die letzten paar Jahre
vergeudet habt, wollte ich euch mal einen kleinen Anstoß geben. Damit ihr nicht
schon wieder so viele Jahre vergeudet“, meinte sie lächelnd. „So ich bin
noch verabredet“, erklärte sie uns, trat aus dem Wohnzimmer, griff nach ihrer
Jacke, die über der Couch lag und verschwand aus der Wohnung.
Es dauerte eine Weile bis Edward und ich wieder das Wort fanden.
Alice wusste also die ganze Zeit Bescheid? Letztendlich hatte sie uns sogar
hinters Licht geführt.
Ich muss schon sagen, Alice, meine Liebe, du hast es faustdick drauf. Das war
doch echt unglaublich. Da wusste Alice schon vor uns Beiden, was mit uns los
war.
Ich merkte, wie Edward sich zu mir auf die Couch setzte und mich musterte.
„Was du da eben gesagt hast…“, fing er an.
Ich blickte verlegen zur Seite. Ja, was ich da eben gesagt hatte... Alice hatte
es aus mir heraus gekitzelt. Sie wusste ganz genau, wie sie Dinge aus mir heraus
bekam, auch wenn ich es selber gar nicht richtig wusste oder wahrhaben wollte.
So was, war nun mal eine richtige Freundin.
„Du bist also...?“
Ich nickte nur. „Ich kann es vor mich hin schieben, den Gedanken verdrängen
oder ignorieren, aber eigentlich weiß ich es ja. Ich war schon damals in dich
verliebt und als ihr beide nun plötzlich hierher nach Chicago gezogen seid,
kamen alle Gedanken und Gefühle wieder hoch.“ Sie waren einfach wieder da
gewesen, der Schmerz vergessen und verdrängt.
Er lächelte und zog mich zu sich. Ich wehrte mich gar nicht, sondern ließ es
zu, dass er den Arm um mich legte und mich zu sich zog.
„Alle Gedanken also?“
Ich nickte. „Aber als ich dich das erste Mal, nach so langer Zeit wieder sah,
da war da nicht der Gedanke, dass du mich verletzt hattest. Nein, da war zuerst
der Gedanke, dass ich dir damals meinen ersten Kuss geschenkt hatte.“
„Deinen ersten Kuss also?“, fragte er lächelnd nach.
Ich nickte nur. „Ja, du hast mir damals meinen ersten Kuss genommen.“
„Das klingt ja fast so wie ein Dieb.“
„Na, war es denn nicht so?“, fragte ich ihn. Es war sehr angenehm in seine
Arme zu liegen und einfach nur mit ihm zu reden. Es fühlte sich wundervoll an.
Ich spürte wie er nickte. „Dann war es also gar nicht mal so falsch, dass ich
mit Alice hier her gekommen bin.“
Nein, das war nun wirklich so falsch. Es sei denn, er wollte das alles nicht.
Aber er hatte mir ja eben gesagt, als er mir fest in die Augen geschaut hatte,
dass er sich in mich neu verliebt hatte. In mir war immer noch dieses warme
Gefühl, das mich beflügelte, durch meinen ganzen Körper, jede einzelne Zelle
durchströmte. Es war Edward, der diese Wärme in mir auslöste.
„Was ist das nun eigentlich?“, fragte ich ihn vorsichtig.
„Was ist was?“, er blickte mich an und lächelte. Es war ein so wundervolles
Gefühl, mit ihm auf der Couch zu sitzen, in seinen Armen und einfach nur die
Zweisamkeit genießen zu können. Ja, das war das Schöne daran.
„Na, ich meine, was das nun ist, was wir haben?“
„Das fragst du ernsthaft?“, fragte er mich lächelnd.
Ich sah ihm an, dass er diese Frage nicht böse oder enttäuscht meinte. Eher
amüsiert. „Ja, das frage ich ernsthaft“, meinte ich leise.
Er lächelte, griff nach meiner Hand und küsste liebevoll meinen Handrücken.
Und schon wieder musste ich an seine Lippen denken, wie schön und sanft sie
doch gewesen waren. Was für ein volles Gefühl es in mir ausgelöst hatte, sie
zu spüren. Wie lecker doch sein Kuss war. Wie süß er schmeckte.
Ich vernahm ein leichtes Kribbeln in meinen Lippen. Es war fast so, als würden
sie schreien. Ja, meine Lippen schrieen, nach denen von Edwards und waren gerade
auf meinen Handrücken sauer, dass dieser einen Kuss von Edward bekam. Ich
blickte wie gebannt auf seine Lippen. Es ging gar nicht anders. Mein Körper
versagte mir mal wieder alles.
„Bella, lass uns ganz langsam anfangen. Wir haben uns geküsst. Zweimal. Nein,
drei mal, wenn man das damals auf dem Sommerfest mitrechnet“, fing er an.
Ich nickte und hörte ihm weiter zu. Dabei starrte ich seine Lippen weiterhin
an, auch wenn ich versuchte es nicht so penetrant aussehen zu lassen. Was mir
glaub ich aber nicht gelang.
„Dann haben wir uns dank einer tollen Aktion meiner Schwester, beide
gestanden, dass wir ineinander verliebt sind, richtig?“
Und wieder nickte ich. So weit war ich auch gekommen. Und hier waren wir nun,
hielten uns fest und genossen die Wärme des anderen.
„Also, was gibt es denn dann noch mehr zu sagen.“
Oh. Da gibt es noch eine Menge zu sagen.
Zum Beispiel, ob wir nun zusammen sind? Ob wir mit einander gehen oder wie auch
immer man das heutzutage nannte. Ob wir also eine Beziehung haben oder erst noch
anfangen. Das war schon mal eine ganze Menge. „Ich finde schon, dass es da
noch so einiges gibt“, murmelte ich leise vor mich hin und blickte ein wenig
schmollend weg.
Mit einem Lächeln blickte Edward mich an und drehte mit seinem Finger, den er
mir ans Kinn legte, mein Gesicht wieder in seine Richtung. „Ja? Was möchtest
du denn noch wissen?“, fragte er mich.
Doch bevor ich überhaupt antworten konnte, beugte er sich vor und küsste mich.
Kuss Nummer vier.
Zählte ich gerade wirklich unsere Küsse mit? Gut, er tat es ja auch.
Nur zu gern erwiderte ich seinen Kuss, seinen wundervollen und atemberaubenden
Kuss und ließ mich auch widerwillig näher zu ihm heran ziehen.
Ich wusste nicht wie lange wir nun so auf der Couch saßen, uns anschauten und
uns immer wieder küssten. Es war einfach wundervoll. Ich konnte das alles gar
nicht beschreiben. Ja, Alice war die beste Freundin die ich hatte. Und brauchte
nun auch keine Antwort auf meine Frage, ob wir nun zusammen waren oder nicht. Es
war irgendwie klar, auch wenn es unausgesprochen blieb.
Dann hörte ich plötzlich ein Telefon klingeln und es war nicht meines.
Edward löste sich mit einem Seufzen von mir, zog sein Handy aus seiner
Hosentasche und nahm ab, ohne aufs Display zu schauen. Er lächelte mich aber
an.
Ich stellte fest, als ich nach der Uhrzeit schauen wollte, dass Edward und Alice
hier gar keine Uhr im Wohnzimmer hatten. Wie kam man denn bitte ohne Uhr aus?
„Ja, ich frag sie mal“, hörte ich Edward so am Rande sagen. Dann legte er
seine Hand aufs Handy und blickte mich an. „Bella.“
„Ja?“, fragte ich ihn mit einem Lächeln.
Er lächelte und ich konnte ihm irgendwie ansehen, dass er gerade den Wunsch
hatte, die Person die dran war, einfach weg zu drücken und aufzulegen. Doch er
fragte mich schließlich dennoch. „Bei Emmett und Rose findet eine kleine
Feier statt. Also eigentlich ist nur die Clique vertreten und er fragt mich
gerade, ob wir nicht auch vorbei kommen wollen.“
„Aber ich gehöre doch gar nicht zu eurer Clique.“ Das stimmt. Ich war ja
immer nur die Freundin von Alice gewesen.
Edward lächelte. „Natürlich gehörst du dazu. Nur weil du ein paar Jahre
nicht bei uns in Forks verbracht hast, gehörst du doch dennoch dazu“, meinte
er lächelnd.
Nur weil ich ein paar Jahre nicht bei ihm in Forks verbracht hatte? Ich hatte
vorher auch nur die Sommer bei ihnen verbracht. Aber gut, das war vermutlich
absolut nebensächlich wenn ich ihn so ansah.
„Also?“
„Ich hätte nichts dagegen.“
Edward seufzte leicht. Anscheinend wollte er von mir etwas anderes hören.
Vielleicht wollte er wirklich mit mir einfach nur hier bleiben. Aber er ging
wieder brav ans Telefon und gab sich sichtlich geschlagen. „Also Em, wir
kommen. Ja, Bella kommt mit.“ Edward legte auf und blickte mich mit einem
Seufzen an. „Konntest du nicht sagen, dass du lieber hier bleiben
möchtest.“
„Möchtest du das denn?“
„Ja, Bella das wollte ich eigentlich.“
„Warum hast du es dann nicht direkt Emmett gesagt?“, fragte ich ihn. Dann
hätte er mich doch gar nicht fragen müssen.
„Emmett bestand darauf, dass ich dich auch frage. Er meinte, er wollte schon
viel früher anrufen, aber Alice hatte ihn zurück gehalten.“
„Warum denn das?“
Edward lächelte und stand auf. „Also, dann komm mal.“
Bekam ich keine Antwort auf meine Frage? Und warum hatte er so dabei
gelächelt?
„Wo wohnt denn Emmett?“, fragte ich Edward als wir uns in den tollen Wagen
seinerseits setzten. Den Maserati GranTurismo S. Ein Wahnsinnsschlitten. Wenn
ich ja nun mit Edward zusammen bin, war es ja wahrscheinlicher, dass ich nun
öfters in diesem tollen Auto sitzen würde.
Warum fand ich diesen Gedanken nur so wundervoll? Mochte ich sein Auto
vielleicht mehr als ihn?
Eindeutig eine ziemlich unwichtige Frage, von welcher ich ihm allerdings nichts
erzählen sollte.
Edward lächelte mich von der Seite an. „Er und Rose wohnen zusammen. Sie
wohnen auf der anderen Seite des Campus. Also fahren wir nun einmal drumherum
und sind schon da“, erklärte er mir.
„Und Alice ist auch da?“
„Ja, wegen Jasper.“
„Genau, da war ja was“, meinte ich mit einem Grinsen. Ich musste mir echt
noch etwas überlegen. Für Alice natürlich. Ein kleines Dankeschön oder so
was.
Auch Edward grinste. „Du, ich finde übrigens, das der Tag heute, der Beste
Tag meines Lebens ist.“
Ich seufzte auf.
Oh, Man. Warum musste er immer so was Wundervolles sagen? Und warum wusste ich
nie etwas zu erwidern.
Ich spürte wieder wie ich rot anlief. Doch schon im nächsten Moment, spürte
ich Edwards Hände in meinen Nacken und seine Lippen auf den meinen. Ich schloss
die Augen und erwiderte den unerwarteten Kuss. Ja, so ließ es sich echt leben.
Edward war ein wundervoller Mensch. Es schien einfach alles so toll, so
unwirklich und schön. Ja, ich hatte die letzten Jahre wirklich was verpasst.
Ich hätte das hier alles doch schon viel früher haben können. Aber nein.
„Das musste nun einfach sein“, meinte er lächelnd und lehnte sich langsam
wieder in seinen Sitz zurück, als er sich von mir löste.
Kapitel 14: Eine gelungene Feier
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Wie zeigt man jemanden, dass man ihn mag.
Sind es die großen Gesten oder die kleinen Dinge, die zählen?
Wir alle kennen die Momente, in denen wir dachten, wir bekämen nicht genug
Aufmerksamkeit, aber... gibt es auch eine Kehrseite?
Kann man auch zu viel von sich einem anderen geben?
Man erhält nur selten die Chance das Leben eines anderen tatsächlich zu
retten.
Für die meisten von uns sind die Tage angefüllt mit einer Reihe kleiner
Gesten.
Zum Beispiel jemand Unterkunft zu bieten oder einem durstigen Freund ein Bier
auszugeben.
Dann gibt es Zeiten bei dem das Leben größere Gesten fordert, ob du dir nun
selbst einen Neuanfang schenkst oder einem anderen eine zweite Chance gibst.
Aber am Ende eines Tages, sind es vielleicht unsere kleinen Gesten, die etwas
Großes bewirken, vermutlich ein Leben retten oder zumindest das Leben
verbessern, bereichern.
Denn manchmal kann die kleinste Geste, den größten Effekt haben.
Die Größte kaum Beachtung finden.
Als Edward mit mir die Treppen zur Wohnung von Rose und Emmett hoch ging, fiel
mir ein, dass ich gar nicht so genau wusste, was genau Emmett und Rose
eigentlich feierten. Es hieß doch, bei den Beiden fand eine kleine Feier statt,
aber was sie genau feierten, das wusste ich nicht. „Sag mal Edward.“
„Ja, Bells.“
Ich lächelte. Er hatte mich früher schon so genannt und es klang immer noch
toll. Ich mochte es, wenn er mich so nannte. Aus seinem Mund klang es besonders
schön. Es erinnerte mich einfach so sehr an damals, als zwischen uns noch alles
okay war. Ich konnte gar nicht anders, als lächeln und Edward sah dies
natürlich sofort. „Was feiern Rose und Emmett eigentlich?“, versuchte ich
mich wieder auf die eigentliche Frage zu konzentrieren.
„Warum?“
„Wie, Warum? Du hast doch gesagt, bei Emmett und Rose ist eine kleine
Feier“, meinte ich zu ihm.
Er nickte. „Ach, das meinst du. Na ja, die haben nichts Wirkliches zu feiern.
Mal davon abgesehen, dass die Clique endlich mal wieder seit langem vereint
ist.“ Sein Lächeln blieb auf seinem Gesicht und ich konnte nicht anders, als
dahin schmelzen. Ich liebe sein Lächeln, genauso wie seine smaragdgrünen
Augen.
„Verstehe.“ Ich blickte weg, zumindest versuchte ich das, aber irgendwie
musste ich doch immer wieder zu ihm schauen. Das war aber auch echt zum Haare
ausraufen.
Ich war wirklich verliebt. Absolut und hoffnungslos. Ich konnte es inzwischen
nicht mal mehr leugnen, es würde mir eh keiner mehr abkaufen. Es war inzwischen
eine anerkannte Tatasche. Sogar Alice hatte es gewusst, bevor ich es selber
gewusst hatte.
Da waren die weichen Knie, die herumschwirrenden Gedanken, die Schmetterlinge,
diese angenehme Gefühl im ganzen Körper. Es war wirklich verrückt. Ich musste
Edward einfach nur anschauen und mein Körper spielte irgendwie verrückt. Er
wollte mir gar nicht mehr gehorchen, es zog mich immer wieder zu Edward.
Und was machte der? Der lächelte mich einfach nur glücklich an. Es war
eindeutig zum Verrückt werden, wenn ich es ja eh nicht schon immer gewesen war.
Wie soll ich mich denn da auf irgendetwas konzentrieren, wenn er meine ganze
Welt ins Wanken brachte.
„Alles okay?“, hörte ich Edward.
Ich nickte ihm zu und suchte nach einer Frage, mit der ich schleunigst das Thema
wechseln konnte. „Wer wird denn alles da sein?“
Edward zuckte mit den Schultern. „Na, die Clique halt.“
„Danke für diese aufschlussreiche Antwort“, meinte ich mit einem Grinsen.
Edward musste schmunzeln, dann klingelte er auch schon an einer Haustür.
Ich hörte von drinnen Musik und viele Leute. Wie groß war denn die Clique,
fragte ich mich in diesem Moment. Bevor ich Edward diese Frage stellen konnte,
wurde uns auch schon die Tür geöffnet und Emmett grinste uns breit an. „Da
seid ihr ja endlich.“
Edward und Emmett schlugen die Hände aneinander, was wohl zu ihrer
Begrüßungszeremonie dazu gehörte und umarmten sich dann. „Ich hätte doch
früher anrufen können, oder?“
„War schon okay so“, meinte Edward nur und ließ seinen Freund los, dann
blickte Emmett mich an.
„Hey“, meinte ich mit einem unsicheren Lächeln. Irgendwie war es komisch
vor ihm zu stehen, ich wusste noch nicht so ganz, wie ich mich in der Gegenwart
von Edwards Freunden verhalten sollte. Es war alles einfach noch neu und
irgendwie komisch.
Emmett grinste mich weiterhin an und drückte mich auch schon an sich. Einfach
so und das überrumpelte mich. Ich war vollkommen mit dieser Art von Begrüßung
überfordert. Wow, mit so einer stürmischen Begrüßung hatte ich aber nun mal
echt nicht gerechnet. Meine Füße verloren sogar den Halt vom Boden, weil
Emmett mich etwas hochhob. Ich konnte nicht mal über seine breiten Schultern zu
Edward schauen, so sehr umfasste Emmett mich.
„Hey, Emmett erdrücke sie bitte nicht. Ich brauch sie noch“, hörte ich
Edward sagen.
Und sofort lösten sich die Arme um mich und ließen mich wieder los. Emmett
grinste mich immer noch an. „Na, dann kommt doch mal rein. Die Anderen warten
ja auch schon auf euch.“ Er grinste mich breit an und irgendwie verlor ich
dadurch meine Nervosität.
Es war wirklich lustig mit ihnen, wir lachten viel, unterhielten uns einfach und
die Stimmung war locker und angenehm. Ich war überrascht wie einfach sie mich
in ihre Mitte aufnahmen, als gehörte ich schon immer zu ihrem Freundeskreis.
Als hätte es all die Jahre kein Missverständnis zwischen Edward und mir
gegeben. Es war absolut erstaunlich. Diese Menschen waren toll und ich fühlte
mich bei ihnen absolut wohl.
Alice hatte mich gerade überredet, dass ich die nächsten Getränke zusammen
stellen soll. Ich hätte ja darin Übung, da ich ja in einem Club arbeite. Was
für eine Begründung. Nur weil sie es als ihre Berufung ansah, jeden Monat
einkaufen zu gehen um sich mit der neusten Mode ein zu kleiden, ging ich auch
nicht davon aus, dass sie es wirklich gut konnte. Ich seufzte, doch sie war ein
Talent in Dingen die mit Mode zu tun hatten. Da konnte ich mir einreden was ich
wollte. Außerdem hatte ich gar nichts dagegen, die nächsten Cocktails zu
mixen.
In meinen Gedanken versunken betrat ich die Küche von Rose und Emmett und
musste staunen. Sie war wunderschön. Die Küche war groß und war mit dunklen
und hellen Akzenten abgesetzt. Das war eine richtige Traumküche. Hier könnte
ich mich sofort wohl fühlen. Leider war ich nun nicht die große Köchin, um
dieser Küche wirklich den Respekt gegenüber zu bringen, die sie bestimmt in
all ihrer Luxusausstattung verdient hätte. Aber sie war toll, das sah sogar ein
Laie wie ich.
Und wieder seufzte ich. Wie sollte ich mir bitte jemals so was als Küche
leisten können. Ich hatte die kleine Küche im Wohnheim und die Kantine. Was
wollte ich mehr? Aber sie war absolut ein Traum.
Überrascht stellte ich fest, dass ich gar nicht alleine in der Küche war. Da
waren zwei Typen. Und Beide schienen mich zu kennen. Mir fiel ein, dass der eine
Mike Newton war. Ich hatte ihn doch schon mal in der Küche bei der
Einweihungsfeier von Alice und Edward getroffen. Der andere, ein junger Mann im
gleichen Alter wie Mike, schien mir auch bekannt, aber ich konnte nicht sagen,
woher ich ihn kannte. Vermutlich hatte ich ihn hier schon mal auf dem Campus
gesehen.
„Hallo“, meinte ich zu Beiden, lächelte und ging an den Schrank wo die
ganzen Getränke untergebracht waren. Als ich mich wieder umdrehte und die
Flaschen auf die Theke stellte, sah ich, dass Mike und der bekannte Unbekannte
sich neben ihm auf die Thekenstühle setzten und mich beide angrinsten.
„Bella, das ist ja eine Überraschung, dich hier wieder zu sehen“, meinte
Mike.
Ich nickte nur und wusste nicht, was ich sonst dazu sagen sollte. Ich kannte
Mike nicht wirklich und nach der letzten Bekanntschaft, welche von Edward
unterbrochen wurde, wusste ich auch nicht, ob ich ihn kennen lernen wollte.
„Mit wem bist du denn gekommen?“, fragte er weiter.
Ich holte mir drei Gläser aus dem Schrank und versuchte mich auf die
Herstellung der Getränke zu konzentrieren.
„Bestimmt mit Alice oder? Ihr ward doch damals die besten Freundinnen“,
sagte nun der Fremde mit bekannten Gesicht zu mir. Überrascht blickte ich ihn
an. Was meinte er mit damals? Er schien mich also auch zu kennen. Aber was
meinte er mit damals? War er doch kein Student? „Wir sind immer noch beste
Freundinnen.“
Er zuckte mit den Schultern. „Du erinnerst dich nicht mehr an mich oder?“,
fragte er mich.
Ich zuckte nur mit den Schultern. „Nicht wirklich.“ Ich hatte wirklich keine
Ahnung wer da neben Mike Newton saß.
„Ich bin Jake.“
Jake? Wer war denn bitte Jake? In meinem Kopf arbeitete es, während ich nun die
beiden Säfte zusammen kippte.
„Ich habe damals in Forks gelebt, als du immer den Sommer bei uns verbracht
hast.“
„Ich habe den Sommer bei Edward und Alice verbracht“, korrigierte ich ihn.
Ja, genau. Jetzt wusste ich wieder, wer Jake war. Er war einer von Edwards
tollen damaligen Freunden, vor denen mich Alice als Achtjährige gewarnt hatte.
Er war mir damals schon unsympathisch gewesen und ich musste mir eingestehen,
dass dieser Eindruck auch bis heute noch so geblieben war. Manche Menschen
veränderten sich ja mit den Jahren, aber dieser Jake schien sich nicht
geändert zu haben, zumindest nicht was seine Art anging.
„War Alice nicht von Anfang an da?“, fragte Mike Jake.
„Ja, dann muss sie bestimmt mit jemand anders gekommen sein“, meinte Jake
und beide blickten mich fragend an. Doch ich sah gar keinen Grund, den Beiden
eine Antwort zu geben. Ich war ihnen bestimmt keine Antwort schuldig. Da ich die
beiden eh nicht kannte und beide unsympathisch und aufdringlich fand, schon gar
nicht. Warum waren Beide eigentlich eingeladen? Gehörten die Beiden etwa auch
zur so genannten Clique? Es musste ja ein Grund geben, warum die Beiden auch
hier waren. Und Edward hatte doch auch seine Probleme mit Mike.
„Du bist bestimmt mit Edward gekommen?“
Ich hielt inne und blickte auf das Glas was nur vor mir stand, dann blickte ich
mit einem Lächeln auf. „Genau, ich bin mit Edward gekommen.“
„Der alte Charmeur der“, meinte Mike und schlug Jake gegen die Schulter.
„Ja, er steht halt auf Sandkastenlieben.“
Irgendwie klang das, so wie Jake es nun sagte nicht schön. Herablassend.
Gemein. Irgendwie stach es ins Herz. Es war komisch. Aber irgendwie machte es
mich traurig. Natürlich, war ich so was wie eine Sandkastenliebe. Ich wusste
das. Edward war ja auch meine Sandkastenliebe. Ich fand diesen Gedanken
eigentlich sehr schön, romantisch und irgendwie auch niedlich. Aber wenn die
beiden das so sagten, klang es irgendwie herablassend.
„War er letzten Sommer nicht mit dieser Brooke zusammen?“, fragte Mike Jake.
Ich spürte die Blicke der Beiden auf mir. Doch ich ließ mir nichts anmerken,
zumindest war das mein Ziel gewesen. Ich spürte aber, dass mein Körper anfing
zu zittern. Wer war Brooke? Diesen Namen hörte ich zum ersten Mal.
„Ja, stimmt. Sie war eine richtig heiße Frau gewesen“, sprach Jake nun. Er
blickte mich abschätzend an. „Ja, sie hatte mehr um die Brust als du, Bella
und sie war nicht so unscheinbar wie du.“
Ich wollte die Flasche abstellen und die Beiden anschreien. Ja, genau dieses
Verlangen hatte ich in diesem Moment.
Doch dann ging auch schon wieder die Tür auf und Edward trat rein. Er blickte
mich fragend an. Doch ich wich seinem Blick aus und wollte die Getränke endlich
fertig machen.
„Alles okay hier?“
„Klar, Ed, wir haben gerade von dir gesprochen“, meinte Mike.
„Mike. Jake“, meinte Edward nur zu Begrüßung zu den Beiden und wieder
blickte er mich an.
Ich konnte seinen Blick deutlich auf mir spüren. Er wollte bestimmt wissen, was
los war, warum ich seinem Blick auswich. Doch ich konnte es ihm nicht sagen. Wer
war Brooke? Der Gedanke, an eine andere Frau störte mich. Natürlich hatte er
andere Frauen kennen gelernt, wir hatten uns Jahre nicht gesehen. Aber dennoch
störte es mich. Ja, vielleicht war ich sogar eifersüchtig.
„So fertig“, meinte ich schnell, stellte die drei Gläser auf das Tablett,
was auf der Theke lag und ging zur Tür.
Edward griff nach meinem Arm, als ich gerade an ihm vorbei wollte. Es war ein
sanfter Griff und sein Blick war genauso sanft.
Ich seufzte auf.
„Ist alles okay bei dir?“
Ich holte tief Luft und blickte ihn an. „Ja, natürlich.“ Ich hielt den
Blick bei, doch seiner war immer noch sorgend. Ich schluckte und schaute weg.
Warum ließ ich mich von den Worten dieser Jungs so fertig machen? Ich wusste
gar nicht, warum ich mich gerade so aufregte. Wer war diese Brooke schon?
Er war doch schließlich hier. Hier bei mir. Vielleicht lag es auch daran, dass
er den Sommer mit ihr verbracht hatte. Wo wir doch immer die Sommer mit einander
verbracht hatten, wäre ich damals nur nicht so dämlich gewesen.
Schließlich ließ er mich los und ich war erleichtert darüber.
Ohne ein weiteres Wort und ohne einen weiteren Blick meinerseits ging ich an ihm
vorbei und verließ die Küche, mit schweren Herzen. Ich konnte jetzt darüber
nicht reden.
„Da bist du ja wieder, Bella“, meinte Alice fröhlich wie eh und je als ich
wieder zu ihnen ins Wohnzimmer kam. „Alles okay?“, fragte sie mich als ich
mich zu ihr setzte.
Ich setzte mir ein Lächeln aufs Gesicht und blickte sie an. „Klar.“ Ich
reichte ihr den einen Drink. Den anderen reichte ich Emmett. „Hier, für dich.
Hoffe er schmeckt.“
„Davon geh ich doch aus“, meinte er breit grinsend und nippte schon mal
dran. „Klasse du hast es echt drauf. Wo hast du denn Edward gelassen?“
„Genau, ist er dir nicht in die Küche gefolgt“, meinte nun auch Alice. Ihr
Blick war sorgend und es schien mir, als wüsste sie sofort, dass etwas nicht
stimmte. Und das gefiel ihr ganz und gar nicht.
Ich nickte nur. „Er unterhält sich wohl mit Mike und Jake.“
„Die Beiden sind auch hier?“, fragte Alice entsetzt und blickte Emmett
fragend an.
Er seufzte auf und ich blickte ihn fragend an. „Sie sind einfach angetanzt.
Ich habe ihnen gesagt, wenn sie Ärger machen, können sie wieder
verschwinden.“ Seine Worte klangen wie eine Entschuldigung und ich fragte
mich, warum das so war. Irgendwie verstand ich nicht so ganz was los war. Aber
ich wollte auch nicht nachfragen.
Ich musste an die Worte denken, die Mike und Jake gesagt hatten. Ob Alice
wusste, wer Brooke war? Oh man, das war ja ganz super. Nun bekam ich diese
Brooke nicht mal mehr aus meinem Kopf, dabei kannte ich sie noch nicht mal.
Dann wurde es plötzlich laut. Die Geräusche kamen aus der Küche.
Die Tür zur Küche ging auf und Mike und Jake taumelten heraus und konnten sich
kaum noch auf de Beinen halten. Emmett und Jasper standen sofort von der Couch
auf und gingen zu Edward, der ihnen aus der Küche folgte.
„Was ist denn da los?“, hörte ich Rose fragen, blickte sie aber nicht an.
Mein Blick galt nur der Szene. Ich wusste nun gar nicht was los war.
Edward sah wütend und aufgebracht aus. Dann hob er den Blick von den Jake und
Emmett und sah mich an.
Ich zuckte fast zusammen. In seinem Blick stand Wut. Warum war er so wütend?
Sein Blick war kalt. Was war da drinnen geschehen? War er wütend auf mich? War
er sauer, weil ich ihm nicht die Wahrheit gesagt hatte? Ich fühlte mich
schlecht und wurde unruhig unter seinem starren Blick. Ich riss mich
schließlich von seinem Blick los und schaute weg. Diese Kälte, die von ihm
ausging, war unerträglich. So hatte ich ihn noch nie erlebt.
Ich sah wie Emmett Jake und Mike zur Tür brachte und wie Jasper Edward auf den
Balkon führte. Edward schien sich zu weigern, doch Jasper gab nicht nach und
schob ihn nach draußen.
„Was war denn da los?“, fragte Alice mich. Doch ich konnte nur mit den
Schultern zucken. Mich würde auch gerne interessieren, warum Edward so
ausgerastet war.
Emmett schloss die Tür wieder hinter sich und kam wieder zu uns.
„Was war denn da los?“, fragte Alice ihn.
„Gute Frage. Irgendwas hat Edward wohl verärgert.“
Verärgert?
Ich blickte zu ihm. Er stand immer noch mit Jasper auf dem Balkon. Sie schienen
zu reden und Jasper versuchte sein Ganzes, damit Edward sich beruhigte. Edward
schien zu fluch, wedelte mit den Armen um sich und Jasper schien auf ihn
einzureden.
„Vielleicht solltest du mal zu ihm gehen, Bella“, meinte Alice schließlich
zu mir. Vielleicht.
Vielleicht sollte ich das wirklich. Was machte ich mir auch wegen dieser Brooke
überhaupt den Kopf? Er war doch nun hier. Er wollte doch nun mit mir zusammen
sein. Brooke war also Geschichte. Genau so war es doch. Warum hörte ich
eigentlich auf Mike und Jake? Das waren doch Deppen und ich mochte sie nicht
einmal. Sie waren unwichtig.
Ich sollte auf meinem Bauchgefühl endlich mal voll und ganz vertrauen und nicht
nur so halb. Edward konnte doch nichts dafür, dass Jake und Mike mir komische
Flausen in den Kopf gesetzt hatten.
Ich stand schließlich auf und trat zu Edward auf den Balkon. Jasper kam mir
entgegen, als er mich sah und lächelte mich an. „Ich glaube du solltest mal
mit ihm reden“, sagte er sanft und drückte mich kurz am Arm. Schließlich
ging er an mir vorbei, wieder in die Wohnung. Mein Blick galt Edward. Er sah
immer noch etwas sauer aus. Edward stand auf dem Balkon und stützte sich mit
den Händen auf die Brüstung. Sein Oberkörper war nach vorne gebeugt und ich
konnte sein Gesicht nicht erkennen.
Ich holte tief Luft und gesellte mich zu ihm. Diese Situation war irgendwie
komisch, aber wir würden das schon hinkriegen. Ich lehnte mich neben ihn auch
an die Brüstung, nur mit dem Rücken zur Brüstung. „Willst du mir sagen, was
vorgefallen ist?“
Edward blickte mich an und seufzte auf. Er sagte nichts und ich sagte auch
nichts, ich wartete auf seine Antwort und ich würde ihm alle Zeit der Welt
geben. Wenn er Reden wollte, dann würde er schon reden, dessen war ich mir
sicher.
„Tut mir Leid.“
Warum entschuldigte er sich denn nun? „Wofür entschuldigst du dich?“,
fragte ich und sah ihn sanft an.
Er lächelte, stieß sich von der Brüstung ab und stellte sich nun auch mit dem
Rücken an die Brüstung, stand nun neben mir. Er schwieg kurz.
Ich blickte in den Himmel. Es war dunkel. Nichts außer schöne leuchtende
Sterne sahen von dort oben auf uns herab.
„Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass du mich eben so erlebt hast.“
Gut, er war ausgerastet. Aber das passierte doch jedem Mal. „Hey, das ist
menschlich“, meinte ich grinsend und versuchte die Stimmung etwas anzuheben.
Etwas was ich eigentlich gar nicht so gut konnte.
„Ich wollte aber nicht, dass du das mit ansiehst.“
„Edward, mir geht’s gut. Außerdem war es gar nicht so schlimm. Du machst es
schlimmer als es war“, meinte ich und lächelte ihn an. „Und darüber
hinaus, war es doch ganz interessant. So sehe ich verschiedene Masken von
dir:“
„Masken?“, fragte er interessiert.
„Natürlich Masken. Und alle sind ein Teil von dir. Alle sind ein Teil von
Edward Anthony Cullen. Also zeig sie mir ruhig alle. Bisher habe ich noch keine
kennen gelernt, die mich verschreckt hat.“
Edward blickte mich an und lächelte. Dann seufzte er. „Warum fragst du mich
eigentlich nicht das, was dir auf dem Herzen liegt, Bella? Warum versucht du
hier irgendwas zu sagen, was du gar nicht meinst.“
Ich blickte ihn fragend an. „Was soll ich dich denn fragen?“
Ich sah wieder, wie er seufzte. „Jake und Mike haben dir von Brooke erzählt.
Das war auch der Grund warum ich ausgerastet bin. Nicht weil sie dir von Brooke
erzählt haben. Nicht unbedingt. Sondern auch wegen dem, was sie danach zu dir
gesagt haben.“
Ich schluckte. Ich wusste was er meinte. Dass ich flach wie ein Brett bin und
unscheinbar. Ja, diese Worte habe ich noch gut im Kopf.
„Ich wollte dir von Brooke erzählen.“
„Ja?“, fragte ich. Ich wollte gar nicht, dass in meiner Stimme so viel
Skepsis lag, aber sie war gerade mit dabei. Ich konnte sie nicht kontrollieren,
auch wenn ich es gerne wollte. Natürlich würde Edward mir davon erzählen. Das
würde er bestimmt. Nur war es nun offensichtlich zu spät.
Ich drehte mich um und blickte nun in die Stadt, die vor mir lag, in der ich nun
auch wohnte.
„Natürlich Bella. Ich hätte dir von ihr erzählt.“
„Wann?“, fragte ich einfach.
„Vielleicht Morgen. Vielleicht auch erst in zwei Wochen. Aber ich wollte dir
von ihr erzählen.“
„Was wolltest du mir erzählen? Dass sie viel hübscher und toller ist als
ich?“ Ich spürte wie meine Stimme brüchig wurde und ich anfing zu zittern.
Es tat weh. Ich konnte tun was ich wollte es tat dennoch weh. Ich wurde mit
einer Frau verglichen, die ich gar nicht kannte. Wie konnte ich denn dann mit
ihr konkurrieren? Außerdem wollte ich das auch gar nicht. Ich glaubte meinen
Worten selber nicht mal, die ich da von mir gab, aber sie kamen einfach so über
meine Lippen.
Ich spürte wie er meinen Arm ergriff und mich umdrehte.
Er blickte mich an, wieder ein wenig sauer.
Ich blickte weg. Gut, ich war nicht fair zu ihm.
Er seufzte. Dann spürte ich, wie er sanft über meine Wange streichelte.
„Bella, sie bedeutet mir nichts.“
„Du warst mit ihr zusammen.“
Er nickte. „Ja, das war ich. Letztes Jahr.“
„Letzten Sommer, korrigierte ich ihn.“
Er nickte und strich mir übers Haar.
Ich blickte ihn seufzend an. „Wenn ich ehrlich bin, ist es egal, wer diese
Brooke ist“, meinte ich.
„Wenn es dir egal ist, warum bist du dann so verletzt?“, fragte er mich.
Ja, das war eine gute Frage. Ich wusste es selber nicht genau. Vielleicht weil
ich wütend auf mich selber war. Vielleicht weil ich wieder herausgefunden habe,
dass ich damals ziemlich dumm war. Und er nur meinetwegen den letzten Sommer mit
dieser Brooke, statt mit mir verbracht hatte. Vielleicht.
Ich seufzte und wollte weg schauen, doch Edward hielt mich mit seinen Fingern
fest. „Sag es mir. Sag mir was los ist, Bella.“
„Ich bin wütend auf mich selber.“
„Es geht gar nicht um Brooke?“
„Ja. Nein. Doch es geht um sie. Aber nicht direkt. Es hätte auch jemand
anderes sein können und ich wäre dennoch wütend auf mich selber.“
„Warum denn das?“, fragte er mich.
Es war einfach schwierig zu erklären. Ich konnte es mir ja selber nicht mal
logisch erklären. Wie sollte er das auch verstehen. Und wenn es ja nicht mal in
meinem eigenen Kopf sinn ergab, wie sollte ich es dann ihm erklären können?
„Warum bist du sauer auf dich selber?“, fragte er noch mal.
„Verdammt. Wenn ich damals nicht so dumm gewesen wäre, hättest du den
letzten Sommer nicht mit dieser Brooke verbracht. Dann hättest du den Sommer
wie immer mit mir verbracht.“
Er blickte mich überrascht an. Dann fing er an zu lächeln und drückte mich
einfach nur an sich. Anscheinend verstand er es doch.
Ich seufzte auf, als er mich an sich drückte, mein Kopf auf seiner Brust ruhte
und ich seinen Duft ein sog.
„Du bist süß“, hörte ich ihn sagen.
„Was? Nenne das bitte nicht süß, so unterstützt du mein nicht erwachsenes
Verhalten auch noch und so was ist nicht gut.“
Ich spürte, wie er mir einen Kuss auf den Kopf setzte und mich einfach
weiterhin in seinen Armen hielt. Es war ein schönes Gefühl. Ein tolles
Gefühl. Ich merkte, wie ich mich selber ein wenig entspannte.
„Und warum bist du nun eben so aus gerastet?“, fragte ich nun.
„Weil Jake und Mike dich beleidigt haben.“
Ich schluckte. Es war schön, das zu hören. Ja, das war es wirklich. Warum
schaffte Edward es immer, genau zur richtigen Zeit, die richtigen Worte zu
wählen. Eigentlich war das gar nicht mal so fair. Ich brachte mich immer um
Kopf und Kragen und er lächelte dabei nur. Und er sagte dann auch noch diese
tollen Sachen und was machte ich dann immer, lief meist rot an.
„Bella?“
„Mmmh?“
„Ich bin glücklich mit dir. Du bist die tollste Frau die ich kenne. Und ich
werde ab nun jeden Sommer und auch den Rest des Jahres mit dir verbringen
wollen. Mit niemand anderes mehr.“
Das klang wundervoll. Ja, das war echt wundervoll.
Ich nickte und kuschelte mich an seinen Pullover. Edwards Arme ruhten auf meinem
Rücken und streichelte mich dort.
„Das ist schön“, murmelte ich vor mich hin.
Kapitel 15: Alice beschließt!
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Es ist so eine Sache mit der Geduld.
Aber wenn dir etwas wirklich bedeutet, ob du nur darauf wartest deine
Vergangenheit wieder zu finden oder deine Zukunft zu beginnen,
ist Geduld wichtiger als alles andere.
Man sagt Geduld sei eine Tugend und wie bei den meisten Tugenden wissen wir nie,
ob wir sie besitzen bis wir dann auf die Probe gestellt werden.
Wenn wir Glück haben, haben wir jemanden mit dem wir den Test machen.
Und wenn wir den Test bestehen und wir lange genug warten können, werden wir
vielleicht dafür belohnt.
Und die Belohnung fällt größer aus, als wir es je erwartet hätten.
Das erstaunliche am Warten ist nur, man hat das Gefühl, je stärker wir etwas
wollen, desto länger müssen wir darauf warten.
Die Entscheidung eine lange Wartezeit auf sich zu nehmen, sollte man nicht allzu
leicht fertig treffen.
Aber es ist eine Entscheidung mit der man leichter leben kann als mit vielen
anderen.
Ich wusste nicht mehr genau, was es war, das mich weckte, aber es fühlte sich
alles so vertraut und angenehm an. Nicht Fremd, nicht Falsch oder Unwohl. Da war
dieser angenehme und wohlige Geruch, der in meine Nase strömte. Ich drehte mich
in meinem Bett streckte erst mal die Glieder von mir. Es war absolut befreiend
und kuschelig.
Stopp!
Seit wann hab ich denn so viel Platz in meinem Bett?
Sofort riss ich die Augen auf und schaute mich um. Ich befand mich auf einem
weißen Laken, in einem großen Bett. Mein Laken im Wohnheim war garantiert
nicht weiß. Meine Bettdecke war lila und hatte in einem helleren Farbton
Blüten drauf gedruckt. Also absolut nicht weiß.
Verwirrt setzte ich mich auf und blickte mich fragend um.
Was war das für ein Zimmer?
Das war absolut nicht mein Zimmer aus dem Studentenwohnheim. Und so viele Drogen
konnte ich nun auch nicht genommen haben, dass ich mein Zimmer nicht mehr
erkennen würde. In wessen Bett lag ich denn hier bitte?
Aber ich lag alleine in diesem Bett. Das war doch gut oder? Und ich war
angezogen. Ich hatte ein T-Shirt an, was zwar nicht meines war, aber es kam mir
bekannt vor und ein paar Shorts. Und die sahen nicht nach Männerhosen aus. Also
wie und wo war ich hier gelandet?
Ich versuchte mich krampfhaft daran zu erinnern, was gestern passiert war. Ich
hatte doch nicht wirklich ein Blackout. Nein, ich war mit Edward auf die kleine
Party von Rose und Emmett gefahren. Dann hatte ich eine Diskussion mit Jake und
Mike. Den Beiden folgte darauf eine Prügelei mit Edward. Warum hatte er sie
noch mal verprügelt? Alice hatte mir da schon ihren Cocktail angedreht, den
Emmett gemischt hatte. Irgendwann war ich dann mit Edward auf dem Balkon
gelandet und wir haben geredet. Ja, einfach nur geredet. Es war wunderschön
gewesen. Und dann hatte ich wieder getrunken gehabt. Und dann... Und dann?
Wessen Zimmer war das noch mal?
Es war wundervoll eingerichtet, eigentlich genau mein Stil, wenn ich nur jemals
so ein Talent in Sachen Dekoration und Einrichtung hätte. Die Möbel bestanden
aus Nussbaumholz und waren mit vielen weißen Akzenten besetzt. Hier gab es
alles, was in ein Zimmer gehörte. Einen großen Kleiderschrank, einen schönen
Schreibtisch, einen Nachtisch, eine Kommode und das Bett, in dem ich
überraschenderweise lag. Das Bett war riesig, ebenfalls aus Nussbaumoptik, mit
einem schönen weißen Laken, und himmelblauer Bettwäsche. Die Tapeten waren
alle himmelblau, ein sehr sanftes Blau. Ich liebte Himmelblau. Ich erinnerte
mich an das Gästezimmer in Forks, in dem ich die Sommer immer geschlafen hatte,
wir hatten es in meinem zweiten Sommer auch hellblau gestrichen. Die ganze
Aktion an sich war ziemlich lustig gewesen und vermutlich hatten wir mehr Farbe
abbekommen, als auf den Wänden gelandet war. Auf der Kommode standen Orchideen
und auf dem Fensterbrett Bromelien.
Doch die eine Wand fand ich am Schönsten. So etwas hatte ich noch nie gesehen.
Wie von Zauber stand ich einfach auf, wickelte mich in die Bettdecke und ging
auf die Wand zu, war dabei ziemlich überrascht nicht über die Bettdecke oder
über meine linken Füße zu stolpern. Ich konnte meinen Blick aber von dieser
Wand gar nicht abwenden.
Es war eine riesige Fotowand.
Schwarz-Weiß. Die ganze Wand bestand nur aus Fotos, die ein riesiges Bild
ergaben. Nämlich mein Gesicht. Auf dem Bild lächelte ich. Ein wohl seltener
Anblick. War ich bei einem Stalker gelandet?
Oh Gott, vielleicht war ich wirklich bei einem Frauenschänder gelandet, welcher
mich immer und immer wieder beobachtete hatte und nun eine Fotowand erstellt
hatte. Doch ich war eindeutig noch nicht lange genug wach, um diesen Gedanken
weiter zu führen.
Aber diese Wand war so schön.
Ich schaute mir jedes einzelne Foto an. Ich erkannte viele davon. Es waren Fotos
aus meiner Kindheit. Fotos die entstanden waren, als ich damals bei Edward und
Alice in Forks war. Ich lächelte. Das war ein so wundervolles Bild.
Wer hatte sich denn diese Mühe gemacht, so ein Bild zusammen zu stellen, die
einzelnen Fotos zusammen zu suchen?
Ich setzte mich vor dem Bild, der Wand und blickte sie einfach nur an, kuschelte
mich dabei in diese weiche Bettdecke, in der ich immer noch eingewickelt war.
Ich saß einfach nur da und sah sie mir vollkommen fasziniert an.
Es klopfte an der Tür. Ich blickte überrascht zur auf, wollte schon aufstehen,
doch das gelang mir nicht so gut, da ich mich in meinen eigenen Wickelkünsten
unterschätzt hatte und stolperte dabei fast. Es wäre auch echt zu schön
gewesen, aber so eine Wickelaktion konnte nur schief gehen.
Es war Alice, die den Kopf rein steckte und aufs Bett schaute. „Bella?“,
fragte sie überrascht, als sie sah, dass das Bett leer war.
„Hier bin ich“, meinte ich vom Boden aus und lächelte.
Erleichtert sah sie mich an. „Ein Glück und ich dachte, du wärst
geflohen.“ Sie trat nun ins Zimmer. Sie hatte einen gelben Morgenmantel an und
ihre kurzen, schwarzen Haare standen ihr wirr vom Kopf. Sie sah müde und ein
wenig verkatert aus, aber dennoch süß wie immer. „Was tust du denn da auf
den Boden?“
„Ich schau mir dieses Bild an.“
Alice blickte zur Wand und lächelte, dann setzte sie sich neben mich und
blickte diese Wand mit mir an.
„Es ist wunderschön.“
„War gar nicht einfach, all diese Fotos aufzutreiben.“
Ich nickte. „Wie habt ihr das denn hin bekommen? Das ist so unglaublich.“
Sie grinste mich an. „So schwer war das gar nicht. Es gibt da anscheinend so
geniale Computerprogramme, mit denen man so was erstellen kann.“ Ich nickte
nur und hörte ihr zu, blickte aber weiterhin die Wand an. „Edward hat einen
Freund, der mit so etwas arbeitet. Wir haben ihm dann die ganzen Fotos
überreicht, er hat sie eingescannt und wir haben dann nur noch entschieden,
dass es eine Fototapete werden sollte.“
„Und wie kamt ihr auf das Hauptbild? Also ein Foto von mir.“
„Weißt du in welchem Zimmer du hier bist?“
Ich schüttelte den Kopf, sah mich noch mal in diesem Zimmer um. Es war
weiblich, aber dennoch irgendwie unpersönlich, da keine persönlichen
Gegenstände da waren. Kein Fotorahmen oder etwas, das mir helfen könnte.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung.“
Alice lächelte und legte den Kopf auf ihre Knie, die sie an den Körper gezogen
hatte. „Das ist das Zimmer, in dem du einziehen solltest, falls du bei mir und
Edward wohnen wolltest. Aber du wolltest nicht. Und wir wollten es nicht leer
stehen lassen.“
„Warum habt ihr kein Gästezimmer daraus gemacht? Ist doch schade für das
Zimmer?“
Sie zuckte nur mit den Schultern. „Nein, eigentlich weiß ich warum wir das
Zimmer nicht leer lassen wollten. Weil ich einfach immer noch hoffe, dass meine
beste Freundin zu mir ziehen wird“, meinte sie lächelnd.
Seufzend blickte ich die Wand an. Das war eine wundervolle Arbeit. Ja und es
steckte viel Arbeit drin. „Wessen Idee war es?“
„Weißt du eigentlich wie schwer es war, ein Foto von dir zu finden, auf dem
du lächelst.“ Sie schien meine Frage anscheinend nicht beantworten zu wollen,
denn sie überging sie einfach. „Ich habe alle meine Fotos durchgesucht. Das
war eine Heidenarbeit. Und dabei kamen nur sehr wenige mit einem Lächeln von
dir bei rum.“
„Du hast doch Zeit“, meinte ihr zu ihr, schließlich hatte ihr Studium noch
nicht angefangen.
„Von wegen. Ich habe gar nicht so viel Zeit wie du immer denkst. Nur weil mein
Semester noch nicht angefangen hat, habe ich immer noch eine Menge zu tun.“
„Ja?“, fragte ich sie skeptisch.
„Na, warte“, meinte sie und warf sich regelrecht auf mich und fing an mich
zu kitzeln. Das konnte sie wirklich sehr gut, für was ich sie schon als kleines
Kind gehasst hatte. Es erinnerte mich an die schöne Zeiten die wir zusammen
hatten. Als Kinder. Als Jugendliche. Als Schwestern, weil das waren wir
schließlich auch. Wir waren schon immer wie eine Familie gewesen.
„Weißt du noch, wie wir früher der festen Überzeugung waren, dass wir
wirklich Schwestern sind und dass uns unsere Eltern uns nur getrennt hatten,...
was war noch mal der Grund?“, fragte ich Alice.
Wir lagen nun auf der Decke und blickten die Wand an. Die Kitzelaktion zeigte
ihre Wirkung, wir waren beide außer Atem.
„Wegen Edward“, meinte Alice.
„Wegen Edward?“ Das war der Grund gewesen? Ich blickte sie skeptisch an.
„Doch, das war der Grund. Wir haben uns das so zu Recht gelegt gehabt, das ich
doch bei Edward sein musste, weil er ja sonst vor Langeweile eingehen
würde.“
„Stimmt“, meinte ich schließlich, als es mir wieder einfiel. Ja, wie
einfach und unbeschwert war es doch als Kind. Man konnte immer alles erreichen,
es schien immer so nah, jedes Ziel, jeder Traum. Und alle Gedanken und Ideen
klangen damals so logisch und vollkommen vernünftig oder berechtigt. Und wenn
man älter wurde, lachte man über sich selber.
„Der arme Edward, er war aber auch schon ein armes Kerlchen“, meinte Alice.
Ich musste lächeln, schließlich war er ihr richtiger Bruder, aber sie wollte
schon immer mich lieber als Schwester haben, als ihn als Bruder. Doch inzwischen
denke ich, dass sie mit Edward ganz zufrieden ist. Sie waren ein tolles Team,
einer für den anderen da.
Dann klopfte es schon wieder.
Fragend blickten wir zur Tür und fingen an zulachen, als Edward ins Zimmer trat
und uns skeptisch anschaute. „Was macht ihr denn da?“ Gut, sein skeptischer
Blick war schon berechtigt. Schließlich lagen wir beide auf den Boden und
lachten so sehr, dass uns der Bauch weht tat. Es war aber auch einfach zu
witzig.
Wenig später saßen wir alle geduscht am Frühstückstisch und aßen die
Brötchen, die Edward eben noch vom Bäcker geholt hatte. Alice hatte mir ein
paar von ihren Klamotten geliehen, so dass ich nicht die Kleidung von gestern
wieder anziehen musste. Moment, war heute nicht eigentlich Montag?
„Wie spät haben wir es?“, fragte ich sofort. Es war Montag. Ich hatte
Vorlesungen.
„Komm wieder runter, Bella“, meinte Alice und grinste mich an.
„Entschuldigung.“ Ich räumte mein Geschirr auf meinen Teller und überlegte
ob ich eine Tasche von mir hier hatte. „Ich habe Vorlesungen.“
„Nein, hast du nicht“, meinte sie und biss wieder von ihrem Brötchen.
„Was meinst du damit ich habe keine? Du kennst meinen Stundenplan doch gar
nicht.“
„Doch meine Liebe, inzwischen kenne ich ihn sogar sehr gut“, erwiderte sie
nur.
Ich blickte Edward fragend an, doch dieser sagte gar nichts, schien mir aber
auch nicht wirklich helfen zu wollen. „Kannst du mir jetzt mal sagen wie spät
es ist“, forderte ich. Suchend sah ich mich im Essbereich der Wohnung um.
Warum gab es hier eigentlich nirgends eine Uhr an der Wand? Brauchten die Beiden
so etwas etwa nicht. „Warum habt ihr eigentlich keine Uhr?“
Ich brauche so etwas. Wieder ein Grund, warum ich nicht mit den Beiden zusammen
wohnen kann. Okay, schlechter Grund. Egal. Grund war Grund.
„Ich habe an der Uni angerufen“, fing Alice nun an zu erzählen.
„Du hast was?“, fragte ich sie völlig entsetzt. Gut, nun ging sie eindeutig
zu weit. „Warum rufst du denn bitte da an?“
„Weil ich dich entschuldigt habe, dass du heute nicht kommen kannst“,
erzählte sie mir ruhig und legte nun das Besteck auf ihren Teller. Und das
alles mit einer Ruhe, die mich verrückt machte.
„Gut zu wissen.“ Die Frau war echt die Härte. Wie konnte sie es mir so nur
ruhig sagen. Ich seufzte, stand auf und strich mir durchs Haar. „Hast du sie
noch alle?“
„Bella, reg dich nicht auf“, meinte Edward.
Seufzend blickte ich ihn an. „Na, super. Deine Schwester ruft einfach bei der
Universität an und sagt, dass ich krank bin oder was auch immer sie gesagt hat
und bist auch noch auf ihre Seite?“
„Ich bin auf keiner Seite von euch beiden“, meinte er nur, ich rollte mit
den Augen.
„Ich habe gesagt, du ziehst um“, vollkündete sie mir und stand nun in
völliger Ruhe auf, trat in die Küche und legte dort ihr Geschirr ab.
Hatte ich gerade richtig gehört?
Ich ziehe um? Seit wann denn bitte das? Das war doch wirklich nicht zum
aushalten. Ich hatte eindeutig irgendetwas nicht mitbekommen.
„Alice!“, meinte ich und hoffte für sie, dass sie bald wieder aus der
Küche kommen würde und mir endlich erklären würde, was hier gerade für ein
Spiel gespielt wurde.
„Also ich finde, wir sollten uns langsam fertig machen. Der Umzugswagen kommt
gleich, mit deinen Sachen“, sagte Alice und lächelte mich dabei an. War sie
nun komplett verrückt geworden?
Ich holte tief Luft. Aber, nein, ich konnte nun nicht mehr ruhig bleiben und mir
das weiterhin anhören. „Du kannst doch nicht einfach verlangen, dass ich
umziehe“, schrie ich sie nun an.
„Doch genau das kann ich.“ Sie sah mich leicht sauer an und meiner Meinung
nach, hatte Madam Cullen kein Recht mich in diesem Moment sauer anzuschauen.
„Außerdem habe ich es nicht verlangt, sondern einfach beschlossen.“
„Alice, das geht nun wirklich zu weit“, mischte sich nun auch Edward an.
Alice blickte ihren Bruder skeptisch an. „Als würde es dich aufregen, wenn
Bella endlich in das Zimmer ziehen würde, das du so liebevoll für sie
hergerichtet hast“, meinte sie und drehte sich um und ging den Flur entlang in
ihr Zimmer. Dabei ließ sie Edward und mich einfach so im Esszimmer vor
vollendeter Tatsachen stehen.
So was konnte man doch echt nicht mehr Freundin nennen. Sie beschloss Dinge
einfach so, ohne andere, die es am meisten betraf dabei mal mit einzubeziehen.
Das war wirklich unerhört. Das gehörte sich einfach nicht.
Ich konnte doch nicht einfach hier einziehen. Nicht zu Edward und auch nicht zu
Alice. Das würde schief gehen. Eindeutig. Ich wollte darüber auch eigentlich
gar nicht nachdenken, ob es gut gehen würde oder nicht. Es war schwachsinnig.
Ich lebte im Studentenwohnheim. Und nun sollte ich hier einziehen, nur weil
Alice es mal gerade so beschloss?
„Ich hasse sie“, meinte ich nur noch und setzte mich wieder auf den Stuhl,
auf dem ich eben in aller Ruhe gefrühstückt hatte. Ich konnte mich aufregen
wie ich wollte, ich wusste, dass ich Alice nicht mehr umstimmen konnte. Nicht
ohne einen guten Plan in der Tasche.
„Sag mal, Bella...“, fing Edward nun an.
Ich blickte ihn an, als er anfing vor sich hinzu stammeln. Er sah süß dabei
aus. Ja, er war süß. Aber ich konnte doch nicht mit ihm unter einem Dach
wohnen. Ich war gerade erst mal 21 Jahre alt. Was würden denn meine Eltern
davon denken? Dumme Frage. Sie würden es unterstützen, dass ich zu Alice und
Edward ziehen wollte. Vermutlich hatte Alice sie sogar eingeweiht. Sie war ein
Biest. Und auf Edwards und Alice Eltern konnte ich auch nicht wirklich zählen.
Sie standen genauso auf Alice’ Seite, wie meine Eltern.
Das war doch echt nicht zu fassen. Aber ich wollte hier doch eigentlich gar
nicht einziehen. Schon gar nicht so.
„Was spricht, denn eigentlich dagegen, dass du zu Alice und mir ziehst?“
Ich seufzte. Das war doch nun echt nicht zu glauben. „Bist du jetzt auch noch
auf ihrer Seite?“ Das war doch wirklich super.
Und wer war auf meiner Seite? Meine Eltern waren es nicht. Esme und Carlisle
waren es nicht. Meine beste Freundin war es nicht, wegen ihr hatte ich ja den
ganzen Salat und nun stand nicht mal Edward auf meiner Seite. Das fing ja super
an.
„Nein, ich bin nicht auf ihrer Seite“, sagte Edward sofort und ich glaubte
es ihm sogar. Wer würde schon auf der Seite dieser Hexe stehen? „Nein, ich
finde es echt nicht okay, was sie getan hat.“
„Nicht okay? Das ist ja wohl die Untertreibung des Jahres“, meinte ich und
verschränkte die Arme vor meine Brust. Es war mehr als nur 'nicht okay' und das
wusste Edward selber.
Er nickte. „Ja, das stimmt. Dafür verdient sie noch eine deftige Strafe.“
Als er das sagte, musste ich lächeln. Und als ich ihn ansah, merkte ich, dass
genau das, sein Ziel war.
„Hör mal Bella, du weißt, dass Alice und ich von Anfang an wollten, dass du
zu uns ziehst und von diesem Gedanken sind wir nicht einmal von abgekommen.“
Ich biss mir auf der Unterlippe und sah ihn einen Moment schweigend an.
„Deswegen das fertige Zimmer?“, fragte ich vorsichtig. Das Zimmer war schon
toll. Und ‚Toll‘ war nun meine Untertreibung des Jahres.
War das ein Pluspunkt?
„Ja, genau deswegen das fertige Zimmer“, antwortete er mit ruhiger Stimme.
Ich seufzte. „Es ist ein schönes Zimmer“, gestand ich ihm und löste meine
Arme von meiner Brust. Sie umarmten nun meine Knie. Ich wirkte nun wohl nicht
mehr ganz so sauer, ich war es auch nicht mehr. Nicht mehr auf Edward. Auf Alice
war ich immer noch sauer und das würde auch so bleiben.
„Ich hatte gehofft, dass es dir gefällt“, meinte er und lächelte
glücklich. Ja, er lächelte wirklich glücklich und ihn glücklich zu sehen war
ein schöner Anblick. Vielleicht wollte ich ihn ja öfters glücklich sehen.
Vielleicht.
„Es war deine Idee, mit der Fotowand oder?“
Er zuckte mit den Schultern. Natürlich war es seine Idee. „Alice und ich
haben es zusammen gemacht“, versuchte er zu erklären. Aber ich sah ihm an,
dass das nicht ganz stimmte. Sie hatten es vielleicht zusammen durchgeführt.
Aber es war die Idee von ihm, da war ich mir nun sicher. Und diese Fotowand war
toll. Sie war wundervoll.
Das war ein böser Pluspunkt. Na super, ich verteilte doch wirklich Punkte auf
einer Pro und Contra- Liste.
„Und das Hauptbild?“, fragte ich ihn. „Ist es von dir?“
„Nein“, sagte Edward und blickte mich an.
„Natürlich war es sein Bild“, meinte Alice die wieder zu uns ins Esszimmer
trat.
Wütend blickte ich sie an. „Ich rede nicht mehr mit dir“, teilte ich ihr
mit.
„Gut“, meinte sie nur dazu und griff nach den Tellern von mir und Edward um
sie weg zuräumen. „Du musst mit mir auch nicht reden, wenn ich dir sage, dass
Edward hunderte von Bildern nur von dir hatte. Und auf allen Bildern hast du
gelächelt. Deine Mutter und meine Mutter hatten kaum mal ein Dutzend Bilder
zusammen bekommen, aber Edward hatte Hunderte. Er muss sie wirklich heimlich
aufgenommen haben“, erzählte sie einfach, während sie den Tisch abräumte.
Die Frau war unglaublich.
Ich blickte Edward überrascht und fragend an.
Doch dieser starrte auf den Esstisch. Anscheinend war es ihm unwohl. Und
vielleicht würde er gleich mit mir einen wirklich üblen Plan gegen seine
Schwester aushecken.
„Es war schon komisch. In diesem Moment, kam mir mein Bruder wie ein Stalker
vor.“
„Alice“, meinte er und knirschte mit den Zähnen.
In diesem Moment klingelte es auch schon an der Haustür.
„Oh, das müssen dann wohl die Umzugsleute sein“, meinte Alice und eilte zur
Tür.
Das konnte ja was werden. Es konnte eigentlich nur chaotisch werden. Mit Beiden
unter einem Dach zu wohnen. Alice alleine reichte mir ja schon. Aber Edward noch
dazu. Ich musste nur an meine weichen Knie denken.
Kapitel 16: Nach Hause
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Es ist gar nicht so leicht seine Privatsphäre zu teilen, sei es freiwillig
oder unfreiwillig.
Wir wollen alles tun, damit sich unsere Gäste wie zu Hause fühlen, aber was
passiert wenn unser Heim aufhört unser Heim zu sein?
Wie findet man wieder Raum für sich?
Ist es möglich, jemand aufzunehmen und trotzdem Distanz zu halten.
Jemanden die Tür zu öffnen ist in vieler Hinsicht so als würde man sein Herz
öffnen.
Es ist nicht so einfach.
Einige von uns sind es nicht gewöhnt, sich zu öffnen.
Es kann wehtun.
Aber wir tun was wir können für unsere Gäste.
Wir versuchen gastfreundlich zu sein, und ihnen ihre Wünsche zu erfüllen.
Manchmal können wir unseren Gästen nur helfen, sich einigermaßen wohl zu
fühlen, wenn sie auf ihre Rückkehr nach Hause warten.
Und wenn der Gast dann wieder fort ist, können wir die Couch erneut umstellen,
die Wäsche machen, und zu unserem alltäglichen Leben zurückkehren.
So fern das möglich ist.
Das war doch alles verrückt. Das konnte doch nicht einfach wahr sein. Das ging
gerade echt nicht in meinen Kopf rein.
Ich war gerade kurz davor auszurasten. Und so was nannte sich doch tatsächlich
Freundin. Meine beste Freundin auch noch. Normalerweise würde ich spätestens
im Nachhinein verstehen, warum Alice gewisse Dinge einfach beschloss, doch das
hier ging eindeutig zu weit. Hier würde ich sie garantiert nicht verstehen,
garantiert niemals. Ob nun im Vorhinein oder im Nachhinein wenn sie ihre Aktion
schon durchgezogen hatte.
Sie konnte doch nicht einfach bestimmen, dass ich fort an bei ihr und ihrem
Bruder wohnen sollte. Vor allem mit ihrem Bruder unter einem Dach. Da es
momentan ein wenig komisch zwischen Edward und mir war und ich nicht wirklich
sicher war, wo wir genau standen, würde das doch nur das reinste Chaos werden.
Wenn es nach Edward ging, waren wir bestimmt ein Paar, doch ich wusste noch
nicht, ob ich das genauso sah. Ich wusste nicht, ob ich so weit war, es mit ihm
wirklich wieder zu versuchen. Bisher wollte ich einfach darüber nicht
nachdenken, ließ einfach alles erst mal passieren, beteiligte mich nur passiv
am Geschehen. Auch wenn das garantiert nicht fair war. Mit der Frage, was ich
eigentlich wollte, hatte ich mich noch nicht so richtig auseinander gesetzt. Das
einzige was ich wusste war, dass ich mich bei ihm sehr wohl fühlte. Er
vermittelte mir ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit.
„Hey, das ist doch fast wie in der Serie ‚Friends’. Mein lieber Bruder ist
Ross. Ich bin Monica und du liebe Bella bist Rachel“, erklärte sie uns und
öffnete gerade die Haustür.
Ja, sie hatte eindeutig zu viele Folgen der Serie gesehen. Entsetzt blickte ich
sie an. „Das ist doch nicht dein Ernst, Monica?“, fragte ich sie leicht
sauer.
„Oh, Bella du wirst mir noch dankbar sein.“ Sie strahlte immer noch und wenn
sie keine Ohren hätte, dann würde sie um den ganzen Kopf herum grinsen.
Ich rollte nur mit den Augen. „Das kann ich mir nun wirklich nicht
vorstellen“, meinte ich bissig.
„Ich geh dann mal den Umzugspackern helfen“, meinte Edward und verließ die
Wohnung und ließ Alice und mich zurück, welche mich immer noch strahlend
anschaute. Vermutlich wollte sich Edward auch nur aus dem Kriegsgebiet
entfernen, sich in Sicherheit bringen, bevor der Orkan namens Bella auf den
Wirbelwind Alice trifft.
„Ich bin grad echt am überlegen, warum ich mit jemand wie dir überhaupt
befreundet bin.“
Nun war es Alice, die theatralisch mit den Augen rollte und ich mochte sie für
diese Mimik gerade gar nicht. „Nun sei mal nicht sauer“, meinte Alice und
beugte sich über den Tisch zu mir herüber und grinste mich an.
„Ist das dein Ernst?“, fragte ich sie. Diese Frage hätte ich auch echt sein
lassen. Natürlich war es ihr ernst. Alles was sie machte, war ihr Ernst.
So wie sie mich ansah, schon. Das konnte doch echt nicht wahr sein. Was war
daran zu schlecht zu verstehen, dass ich nicht zu den Beiden ziehen wollte? Das
war doch einfach nicht zu glauben. Meine Meinung zählte hier offensichtlich gar
nicht.
„Du regst dich vielleicht jetzt auf, aber du wirst mir irgendwann mal dankbar
sein.“
„Dann will ich für dich hoffen, dass diese Dankbarkeit sich bald zeigt, weil
ich dich sonst umbringen werde“, meinte ich seufzend und sah sie fragend an.
„Am besten bevor ich dich umbringe. Damit du noch mitbekommst, dass ich dir
dankbar bin.“
Sie lächelte nur meine Worte herunter und offensichtlich bekam sie den Ernst
der Lage gar nicht mit. „Du mit deinen Drohungen, Liebste.“
„Ja, ich drohe dir, weil es dir ja sonst egal ist, was ich sage.“
„Das stimmt doch gar nicht“, meinte sie und blickte mich lächelnd an. Wie
ich gerade in diesem Moment, diese Lächeln hasste.
„Nein?“ Ich war sauer und meiner Meinung nach, war das auch
nachzuvollziehen. „Willst du mir damit sagen, dass ich es mir eingebildet
habe, als ich dir gesagt habe, dass ich nicht zu euch ziehen möchte.“
„Nein, das hast du schon gesagt.“ Sie seufzte auf. Jetzt tat sie gerade so,
als wäre sie das Opfer, das konnte doch echt nicht wahr sein. Ich musste im
falschen Film sein oder schlafen. Ja, vermutlich schlief ich noch.
Genervt stand ich auf und griff nach meiner Jacke, die an der Garderobe hing.
Ich musste jetzt hier echt raus, brauchte Luft und Freiraum. Vor allem brauchte
ich einen klaren Kopf, bevor ich wirklich gegen meine Vernunft verlor und sie
umbrachte.
„Wo willst du denn hin?“
„Kann dir doch egal sein, Alice“, meinte ich seufzend und verließ die
Wohnung. Ich brauchte jetzt echt mal eine Pause. Abstand. Ruhe. Irgendwas davon.
Alles nur keine Alice.
Auf dem Weg durchs Treppenhaus traf ich ein paar Möbelpacker mit Kisten. Kisten
in denen meine Sachen drinnen waren. Doch ich beachtete sie nicht weiter und
ging einfach weiter runter. Ich wollte mit diesen Kisten nichts zu tun haben,
sollte sich doch Alice darum kümmern, sie wollte ja schließlich auch, dass ich
umzog.
Als ich endlich draußen war, seufzte ich erst mal auf und holte tief Luft.
„Wo willst du denn hin?“, fragte mich eine bekannte Stimme. Ich drehte mich
um und entdeckte Edward, der gerade vorm Umzugswagen stand und Kisten an die
Packer verteilte. Seine Muskeln am Oberarm spannten sich und er sah unglaublich
toll aus.
„Erst mal weg von Alice.“
Er trat nun auf mich zu und lächelte gequält. Anscheinend suchte er nach den
richtigen Worten, wie er mich wieder besänftigen konnte, doch das wollte ich
jetzt nun echt nicht. „Ja, das ist echt eine bescheuerte Aktion von ihr“,
sagte er mit leiser Stimme.
„Anscheinend hilfst du ihr aber, denn du reichst den Packern ja meine
Kisten“, meinte ich seufzend.
„Ach, Bella.“ Seine Stimme klang gequält. Er hob die Hand und strich mir
über die Wange. Natürlich wollte er, dass ich zu ihnen zog. Er wollte es ja
von Anfang an. Nur mich verstand hier keiner.
„Nicht“, bat ich ihn. Ich wollte nun gerade nicht angefasst werden. Und so
anschauen brauchte er mich schon gar nicht. Seine Augen strahlten Traurigkeit
und Mitgefühl aus. Nein, so wollte ich nicht angeschaut werden.
Ich drehte mich um und ging einfach, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Ich wollte
ihm jetzt nicht nahe sein und von ihm getröstet werden. Ich bin nicht mehr das
kleine Mädchen, welches sich bei Gewitter zu ihm ins Bett verkrochen hatte. Ich
war nicht mehr das Mädchen, dem er wieder auf die Beine half, als es beim
Rollschuhfahren hingefallen war. Ich trug schließlich meine Haare auch nicht
mehr zu Rattenschwänzen.
Da hatte Alice ihre tolle Wohngemeinschaft. Nur das ich bei ihrem Spiel nicht
mitmachen wollte.
Keine Ahnung wo ich hin ging. Es war mir auch egal.
Ich hatte in meiner Jackentasche meinen I-Pod gefunden und hörte Musik. Da half
wenigstens gegen die trüben Gedanken, die ich nicht haben wollte. Das war doch
einfach zum verrückt werden. Warum beschloss Alice einfach, dass ich zu ihnen
ziehen sollte? Warum hatte sie mich nicht gefragt? In meinen Ohren hallte die
kräftige Stimme von the Black Eyed Peas, die gerade den Song ‚I gotta
feeling‘ sangen. Ich mochte das Lied, sehr sogar.
„I gotta feeling...
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good, good night
A feeling... Woohoo
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good, good night“
Warum sollte mich auch meine beste Freundin fragen?
Ach nein, ich wurde ja gefragt, nur meine Antwort wurde anscheinend einfach mal
ignoriert, das tut man ja so unter Freundinnen. Ach nein, das stimmt ja auch
nicht. So was macht nur Alice.
„Tonight's the night,
Let's live it up
I got my money,
Let's spend it up
Go out and smash it
Like oh my God
Jump off that sofa,
Let's get, get off
I know that we'll have a ball
If we get down and go out and just lose it all
I feel stressed out, I wanna let it go
Let's go way out spaced out
And losing all control
(Chi CHi Chi)
Fill up my cup,
mazel tov
Look at her dancing,
Just take it off
Let's paint the town,
We'll shut it down
Let's burn the roof,
And then we'll do it again“
Ich war wirklich sauer. Stinksauer und das auf meine beste Freundin. Alice hatte
schon oft Dinge angestellt, die mir gegen den Strich gingen, die sie einfach
entschied und man nicht drum herum kam. Sie hatte mir immer Kleider gekauft und
gewollt, dass ich diese anzog. Ich war schon immer etwas größer als sie und
sie meinte, dass sie ja nun gekauft wären und sie ihr selber nicht passen
würde. Das es doch eine Schande wäre, sie wieder wegzuschmeißen, also gab ich
nach und nahm sie an. So lief das immer. Sie entschied irgendetwas über den
Kopf von anderen, dann weckte sie das Mitleid bei einem und schon hatte sie
einen genau da, wo sie einen haben wollte und Mary Alice Cullen bekam mal wieder
ihren Willen.
„'Cause I gotta feeling, woohoo,
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good, good night
A feeling, woohoo,
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good, good night
I gotta a feeling
Tonight's the night
(Hey! )
Let's live it up
(Let's live it up)
I got my money
(Paid! )
Let's spend it up
(Let's spend it up)
Go out and smash it
(Smash it)
Like oh my God
(Like oh my God)
Jump off that sofa
(Come on! )
Let's get, get off“
Als ich mich nach einer Weile mal umschaute um zu wissen, wo ich hier eigentlich
war, fand ich mich auf dem Campus wieder. Gut, also anscheinend war der Weg
wirklich nicht so weit. Aber das tut ja gerade auch eigentlich gar nichts zur
Sache.
Ich sollte mich ablenken.
Und wie machte ich das immer am besten. Lernen.
„ Let's paint the town
(Paint the town)
We'll shut it down
(Let's shut it down)
Let's burn the roof
(Whoooo)
And then we'll do it again
Let's do it,
Let's do it,
Let's do it,
Let's do it
And do it and do it,
Let's live it up
And do it and
Do it and do it,
Do it, do it
Let's do it, let's do it,
Let's do it, do it, do it, do it
Here we come,
Here we go,
We gotta rock
(Rock rock rock rock rock)
Easy come,
Easy go,
Now we on top
(Top top top top top)
Feel the shot,
Body rock,
Rock it,
Don't stop
(Stop stop stop stop stop)
Round and round, up and down,
Around the clock
(Rock rock rock rock rock)
Also machte ich mich auf den Weg in die Bibliothek ohne meine Umgebung besonders
zu beachten. Ich mochte die Bibliothek, dort war es ruhig und es roch nach
Wissen, das in alten Büchern gesammelt wurde.
Seufzend lief ich durch den Gang, der zu meiner Abteilung gehörte. Ich las mir
die Buchtitel auf den Rücken der Bücher durch, strich über die Rücken, aber
zog keines heraus, während ich daran vorbei ging. Es ging einfach nicht. Da
wollte ich mal lernen und fand einfach keine Ruhe. Was natürlich echt
fantastisch und zuvorkommend war.
Ich seufzte, griff nach dem nächst bestem Buch, zog es aus der Reihe und setzte
mich damit an einen Tisch, der mir am nächsten stand.
Als ich den Titel las, seufzte ich erst Recht und wollte es gerade wieder
wegstellen.
„ Monday, Tuesday,
Wednesday and Thursday
Friday, Saturday,
Saturday to Sunday
Get, get, get, get,
Get with us, you know what we say, say
Party every day, p-p-p-party every day
And I'm feelin', woohoo,
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good, good night
I gotta feeling, woohoo,
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good night
That tonight's gonna be a good, good night”
„Hey, Bella.“
Seufzend und leicht genervt blickte ich auf, nachdem ich den rechten Ohrstöpsel
aus dem Ohr gezogen hatte. „Oh, hey Sky.“ Der hatte mir gerade noch gefehlt.
Warum konnte man mich nicht einfach mal für ein paar Stunden in Ruhe lassen?
Ich wollte doch in die Bibliothek, um Ruhe zu haben.
„Kann ich mich zu dir setzen?“
„Klar, sind ja noch Plätze frei.“
Er nickte, legte das Buch auf den Tisch und setzte sich an den Tisch. Fragend
blickte er mich an. „Du wolltest mir doch Nachhilfe geben.“
„Du wolltest dich deswegen bei mir melden“, meinte ich direkt zu ihm zurück
und blätterte einfach weiter. Ich sah ihn nicht mal an, sondern blickte auf die
beschriebenen Seiten in meinem Buch.
Er grinste und strich sich durchs Haar. Sein langes, blondes Haar. Gut, für die
Zukunft merken, Kerle mit langen Haaren sind nicht unser Typ Traumboy, sagte ich
zu mir selber. Werden es auch nie sein.
„Ja, das stimmt schon. Aber es schien so als hättest du eigentlich gar keine
Lust gehabt, mir Nachhilfe zu geben.“
„Ich wollte dir auch keine Nachhilfe geben, sondern dir bei deinem Referat
helfen. Das ist ein Unterschied und da du dich dafür nicht mal in die
Bibliothek setzen wolltest, sondern direkt in ein Cafe, dass dann vermutlich
eher wie ein Date aussehen würde...“
„Okay, habe schon verstanden“, meinte er und grinste aber weiter. Wenn er es
verstanden hatte, wie er meinte, warum grinste er mich dann weiterhin so an? Das
widersprach sich meiner Meinung nach doch ein wenig. Aber anscheinend der von
Sky nicht. „Du arbeitest doch in dieser Bar?“
„Du meinst das 'Millers'?“
„Ja, genau das meine ich“, meinte er und lächelte mich an. Gott, warum
musste heute alle so überheblich Lächeln? Warum gingen mir heute alle Leute so
auf den Keks? Erst meine beste Freundin, die einfach beschloss, dass ich zu ihr
und ihren Bruder ziehen sollte, für den ich ja Gefühle hege. Dann Edward,
besagter Bruder, der statt auf meiner Seite, auf der, seiner Schwester ist. Und
nun dieser Sky. Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?
Alle am Besten. Das Einzige, was ich wollte, war meine Ruhe. Aber offensichtlich
war mir das heute einfach nicht vergönnt.
„Was ist damit?“, hakte ich nach.
„Ist ein toller Laden.“
Danke, das weiß ich selber, deswegen arbeite ich ja da. „Ja, ist ganz okay
da“, antwortete ich dann doch. Konnte dieser Typ sich nicht woanders
hinsetzen? Oder wenigstens so zu tun als würde er lernen? Er konnte auch
einfach mal die Klappe halten.
„Hast du dein Referat eigentlich schon fertig?“
„Du meinst das, welches wir letztens auf bekommen haben?“
„Ja, genau das.“
So dieser Small-Talk-Ton gefällt mir nun rein gar nicht mehr. „Sky, falls du
es vergessen hast, wir schreiben morgen eine wichtige Klausur. Also entweder
lernst du nun oder lässt mich einfach lernen“, antwortete ich ihm und stand
dann einfach auf. „Man sieht sich.“
„Ja, klar Bella. Bis Morgen dann.“
Ich stellte das Buch wieder an seinen Platz und verließ die Bibliothek.
Hier kam ich doch nicht zum Lernen.
Und was nun?
Ich konnte nicht mehr in meine Wohnung ins Studentenwohnheim zurück. Denn ich
wohnte, da ja nun nicht mehr.
Und Alice und Edward wollte ich wohl auch erst mal nicht sehen. Das war wirklich
nicht gerade einfach.
Ich setzte mich auf die nächste Bank und seufzte erst mal auf. Na super, nun
hatte ich keine Rückziehmöglichkeit mehr. Eigentlich nicht mal eine Wohnung.
Warum konnte Alice nicht einfach mal meine Wünsche respektieren? Warum musste
immer alles nach ihrer Pfeife tanzen?
„Hier, für dich.“
Ich blickte auf und sah den Coffee-To-Go-Becher, den mir jemand hinhielt. Ich
blickte auf und sah in das Gesicht von Edward. Er lächelte mich ein wenig
zurückhaltend an.
„Kann ich mich zu dir setzen?“
„Ist ein freies Land oder“, meinte ich nur und griff aber nach dem Becher,
den er mir hinhielt. Ich brauchte nun echt einen Kaffee, wenn ich schon keine
Ruhe bekam, dann wollte ich eben Koffein. Wenigstens etwas, das man mir heute zu
gönnen schien.
Edward setzte sich neben mich und nippte an den Becher, den er selber in der
Hand hielt. „Du bist sauer, oder?“
„Willst du darauf wirklich eine Antwort?“, fragte ich ihn und schaute nur
auf den Becher in meinen Händen. Ich saß ein wenig nach vorne gebeugt, meine
Ellenbogen stützen sich auf meine Knie ab, während Edward sich zurück gelehnt
hatte.
„Nein, vermutlich will ich keine Antwort, weil ich sie schon weiß.“
„Na, also.“ Es war mir auch egal. Toll und eigentlich war ich ja gar nicht
so richtig auf ihn sauer. Er half ja nicht seiner Schwester, sondern wollte nur,
dass ich in seiner Nähe war. So glaubte ich doch zumindest. Aber das machte die
Sache einfach nicht einfacher. Der Punkt war, dass beide – Alice und Edward
– keinen Sinn darin sahen, auf meine eigenen Wünsche zu achten. Das war
meiner Meinung nach kein guter Start für ein Leben unter einem Dach.
„Was machst du hier?“, fragte er mich nach einer Weile.
„Ich wollte lernen. Ich schreibe morgen nämlich eine Klausur. Eine
wichtige“, setzte ich hinten an.
„Da kommt so ein Umzug ziemlich ungünstig.“
Eigentlich wollte ich einen sarkastischen Spruch ablassen, aber ich ließ es
dann doch bleiben. Ich wollte meine Wut auf Alice konzentrieren, sie war
schließlich der Grund für meine üble und schlechte Laune. Ich sollte sie
nicht an Edward auslassen, auch wenn er nicht auf meiner Seite gewesen war.
Ich blickte ihn an und seufzte. „Warum bist du hier?“
„Weil ich einfach nach dir sehen wollte, Bella.“ Er blickte mich ernst und
doch ruhig an. Es lag nichts Falsches an seinen Worten, so dass ich ihnen
Glauben schenkte. Dabei gehörte er doch auch zu den Personen, die ich
eigentlich nicht sehen wollte. Aber mal wieder durchbrach er alle Regeln und
Mauern die ich mir aufgestellt hatte. Und es war schön, dass er da war.
„Was macht der Umzug?“, fragte ich ihn und trank einen Schluck des Kaffees.
Kaffee war wirklich eine wundervolle Entdeckung.
„Alle Kisten sind oben. Du kannst dann in Ruhe auspacken. Wenn nicht Alice
schon das meiste auspackt“, erzählte er mir.
Ich seufzte auf. „Kannst du mir mal sagen, warum sie das tut?“
Er lächelte, legte den Arm um mich und zog mich zu sich. „Ganz einfach, weil
sie dich lieb hat.“
Ich wehrte mich nicht, als er mich näher an sich zog, sondern genoss sogar
seine Nähe. „Das ist aber eine sehr merkwürdige Art und Weise mir das zu
zeigen, wenn sie einfach meine Wünsche ignoriert.“
„Du siehst es gerade nur aus deiner Sicht“, versuchte er mir ruhig zu sagen.
„Dann bin ich ja mal auf Alice' Sicht gespannt“, meinte ich immer noch
mürrisch.
„Ist der Gedanke denn so schlimm, dass wir unter einem Dach leben?“, fragte
er mich flüsternd.
Ich blickte ihn an und seufzte. „Nein, natürlich nicht. Ich meine... Du und
ich...Ich weiß auch nicht, dass ist irgendwie…“ Ich geriet ins Stottern.
„Ja?“, fragte er lächelnd nach.
Ich schlug ihm leicht auf den Oberschenkel. „Du weißt, wie ich das meine.“
„Nein, Bella, das weiß ich ehrlich gesagt nicht“, meinte er und griff nach
meiner Hand. Sanft und erschreckend langsam führte er diese Hand zu seinem Mund
und küsste meinen Handrücken. „Was ist so schlimm dabei, mit mir zusammen zu
wohnen?“
„Wir sind doch gar nicht wirklich zusammen“, meinte ich zu ihm.
„Ach ja?“, fragte er nun skeptisch. „Also für mich, sind wir zusammen.“
Meine Augen weiteten sich als er das sagte. Ich hatte ja irgendwie gehofft, dass
er es genauso wollte wie ich, aber dass er das nun so sagte, überraschte mich
nun doch. Ich hatte es einfach nicht erwartet, dass er damit keine Probleme
hatte, es einfach auszusprechen. Natürlich wünschte sich das ein Mädchen, es
hoffte im Stillen, wenn es sich in einen Jungen verliebt hatte. Ja, ich hatte
mich wirklich verliebt.
Hals über Kopf. Und nun sollte ich mit ihm unter einem Dach wohnen?
„Also wenn du nichts dagegen hast, würde ich dich gerne als meine feste
Freundin bezeichnen.“
Ich seufzte und musste zugleich Lächeln. „So war das nicht gemeint“, meinte
ich mit leiser Stimme. Er wollte mich als seine feste Freundin bezeichnen? Das
klang süß.
„Wie denn dann?“
„Ach, ich weiß auch nicht. Ich bin sauer auf Alice, dass sie mich einfach
übergeht und dass ihr egal ist, was ich sage.“
„Ihr ist es nicht egal, das weißt du auch.“ Natürlich wusste ich das
eigentlich. Aber dennoch war ich wütend und sauer. Ein wenig zumindest.
Irgendwie war dieses Gefühl verschwunden oder wurde zumindest weniger, seit
Edward hier war.
„Ja, vermutlich. Aber was soll denn das alles?“
„Sie möchte dich einfach bei sich haben. Ihr wart so lange getrennt, dass sie
dich nun einfach bei sich haben will. Ich denke, sie hat das Gefühl einfach
Zeit aufholen zu müssen.“
„Spielst du nun Vermittler?“, fragte ich ihn und blickte ihn dabei an.
Er lächelte und antwortete: „So was in der Art.“
„Das heißt?“
Er zog mich wieder zu sich und küsste mich aufs Haar. Es fühlte sich so
verdammt gut an, in seinem Arm zu sitzen und mit ihm zu kuscheln. „Ich möchte
einfach, dass meine Freundin mit mir mitkommt und dass sie ihre Sachen
auspackt.“
„Deine Freundin“, meinte ich grinsend. „Wie das klingt?“
„Ich finde das klingt sehr gut.“ Ja, das stimmt, es klingt sogar sehr gut.
Es klang wirklich sehr gut. Ich mochte diese Bezeichnung jetzt schon und ich
konnte mich damit absolut anfreunden.
„Also, was möchtest du nun tun?“
„Warum fragst du das?“
„Ganz einfach. Weil dein Kaffee gleich leer ist, weil du morgen eine Klausur
schreibst und zu hause noch so viele Kisten auf dich warten.“
„Zu Hause?“
Edward lächelte, zog mich noch mal kurz an sich und küsste mich auf die Stirn.
„Genau, zu Hause.“ Er griff nach meiner Hand und zog mich mit sich hoch.
„Lass uns nach Hause gehen, Bella.“
Irgendwie tat es sehr gut, dass er das sagte. Es fühlte sich so verdammt
richtig und schön an.
Er legte den Arm um mich und zog mich damit an sich. Was sollte ich nur ohne
Edward tun, wie konnte ich eigentlich die Jahre ohne ihn sein? Er war einfach
nur wundervoll und sagte immer die richtigen Sachen.
Als wir die Wohnung betraten, war es sehr still. Keine Alice. Keine Möbelpacker
mehr. Sie war leer und still und ich mochte diese Ruhe.
„Also dann lass uns mal deine Kisten ausräumen?“
„Du willst helfen?“, fragte ich ihn skeptisch.
„Klar, ich will ja auch, dass du hier wohnst. Dann helfe ich dir natürlich
auch.“
„Das ist sehr lieb“, meinte ich zu ihm und hängte währenddessen meine
Jacke an die Garderobe. „Aber ich mache das lieber alleine.“ Ehrlich gesagt
wollte ich nicht, das Edward mir half und dabei irgendwas entdeckte, was
vielleicht peinlich sein könnte. Irgendwelche Baumwollslips, peinliche
Schlafanzüge oder ähnliches
„Gut, ganz wie du möchtest. Dann mach ich uns mal was zum Mittagessen und ruf
dich dann.“
„Das ist lieb.“
„Du musst dich daran gewöhnen, dass wenn du hier wohnst, ich koche.“
„Ja? Warum?“
„Ganz einfach, weil Alice nicht kocht.“
Ich grinste. „Ist vermutlich auch besser so. Wer weiß was sie dabei für ein
Chaos anrichtet“, meinte ich grinsend.
Edward nickte. „Da hast du wohl Recht.“
Ich ging in mein neues Zimmer und sah auf die vielen Kisten, die auf dem Boden
standen und seufzte erst mal auf. Das würde vermutlich etwas länger dauern.
Aber die Kisten würden sich nicht von alleine leeren und die Sachen auch nicht
eingeräumt werden und bevor es Alice tat, sollte ich selber damit anfangen und
es nicht noch länger heraus zögern.
Ich öffnete die erste Kiste. Eine Bücherkiste. Gut. Ich blickte auf das Regal,
das über der Kommode hing. Ob da alle Bücher rauf passen würden? Ich
bezweifelte es.
Nach einer Weile, ich hatte schon drei Kisten leer geräumt, klopfte es an
meiner Zimmertür. „Ja?“ Ich war erschöpft, hatte aber noch ein paar Kisten
vor mir.
Edward trat ins Zimmer und lächelte. „Na so langsam nimmt es doch Gestalt
an“, meinte er lächelnd.
Ich blickte mich im Zimmer um und musste lächeln. Er hatte Recht. Es standen
nun Bücher, Fotos und Bilder herum und machten es gleich gemütlicher. „Wie
stellst du dir das eigentlich vor?“, fragte ich ihn und packte nun die
nächste Kiste an.
„Was soll ich mir denn wie vorstellen?“
Ich drehte mich zu ihm um und lächelte. „Also wir sind zusammen und wohnen
zusammen. Aber wir sind noch gar nicht lange zusammen, dass es normal ist, dass
man zusammenzieht.“
Edward lächelte. „Du machst dir einfach zu viele Gedanken, Bells.“
„Vermutlich.“ Ich stellte wieder ein Buch zu den anderen. „Aber das ist ja
nicht das was ich hören wollte.“
Edward nickte und trat nun weiter ins Zimmer. Er stellte sich vor die große
Fotowand und somit stand er mit dem Rücken zu mir. Ich sah ihn kurz an, widmete
mich aber wieder der Kiste. „Ich bin kein Stalker.“
Ich musste lächeln, als er das sagte. Allerdings hatte ich gehört, dass er das
ernst gesagt hatte, da lag kein Sport oder Witz in seiner Stimme. Vermutlich
hatte er sich die Worte seiner Schwester wirklich sehr zu Herzen genommen.
„Das hab ich auch nicht behauptet, das war deine Schwester.“ Und was Alice
sagt… na ja…
„Ja, das stimmt“, meinte er. Ich hörte wie er leise lachte. „Ich bin
ehrlich gesagt sehr froh, dass du hier zu uns ziehst. Ich freue mich dich immer
in meine Nähe zu wissen.“
Ich blickte ihn fragend an und setzte mich erst mal aufs Bett. Ich kam
vermutlich gerade eh nicht wirklich dazu, meine Sachen auszupacken, wenn er hier
war. Er lenkte mich einfach zu sehr ab. Aber das war auch okay, ich mochte es,
wenn er mich ablenkte.
„Ich weiß nicht, ob es chaotisch wird oder ob es vielleicht einfach nur eine
von Alice' dümmsten Ideen überhaupt ist, aber ich freue mich, dass du hier
bist. Weil ich dich mag, Bella.“
Ich lächelte.
Edward drehte sich zu mir. „Das Mittagessen ist übrigens fertig. Kommst
du?“
Ich nickte mit einem Lächeln. „Ja, mein Freund“, antwortete ich zu ihm.
Edward lächelte als er das hörte und zog mich in eine Umarmung. Es war gar
nicht so schwer gewesen, es auszusprechen. Es war so gar wundervoll gewesen, die
Worte auf der Zunge zu spüren.
Kapitel 17: Verrückt sein nacheinander
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Es ist unmöglich zu ermessen, wie viel Macht die Liebe hat.
Sie kann uns durch schwierige Zeiten hindurch helfen, oder uns dazu bewegen
außergewöhnliche Opfer zu bringen.
Sie kann Anständige dazu zwingen, die schlimmsten Taten zu begehen,
oder gewöhnliche Frauen dazu treiben, nach versteckten Wahrheiten zu suchen.
Und noch lange nachdem wir fort sind, bleibt die Liebe bestehen, eingebrannt in
unser Gedächtnis.
Wir alle suchen nach Liebe, aber manche von uns, die sie gefunden haben,
wünschen, es wäre nie geschehen
Bellas Sicht:
Wir waren auf einer Party.
Alice, Emmett, Edward, Jasper, Rosalie und ich. Sie hatten mich nach langer,
ermüdender Diskussion überredet. Nachdem ich die Klausuren gut bestanden
hatte, wollten sie nun eine Party feiern. Auf mich sozusagen und auf die guten
Noten. Vermutlich nannten sie mir nur den Grund, um mich davon zu überzeugen,
zu kommen. Ich war mir nämlich absolut sicher, dass sie auch ohne mich feiern
würden. Wir waren in einem ziemlich tollen Club, in dem ich vorher nie gewesen
war. Ehrlich gesagt, besuchte ich nur selten Clubs oder Discos. Angela wollte
mich oft überreden, aber ihre Überredungskünste schlugen bei mir nur gegen
eine Wand aus Stein. Das war einfach nicht unbedingt mein Ding.
Ich stand gerade mit Alice an der Theke und wartete darauf, dass wir etwas
bestellen konnten. Es war ziemlich viel los. Eng, voll, warm.
Es war komisch. Seit ich bei Edward und Alice wohnte, war es ein wenig komisch
zwischen Edward und mir. Wir gingen uns irgendwie aus dem Weg. Ich wusste nicht
was er hatte, aber er ging mir eindeutig aus dem Weg. Eigentlich wollte ich mit
ihm reden, doch den Mut dazu konnte ich nicht aufbringen, weil ich einfach die
Angst hatte, dass er mich zurückweisen könnte. Dass er keine Lust mehr auf
mich hatte. Auch wenn ich schon glaubte, dass ich mir das nur einbildete, so war
dieser Gedanke doch in meinem Kopf.
Rosalie tanzte gerade mit Emmett, Alice und ich standen an der Bar und wo Edward
war, wusste ich nicht mal. Ich ließ meinen Blick durch den großen Raum
gleiten, versuchte in den bunten Lichtern nach ihm zu suchen, versuchte
überhaupt ein Gesicht zu erkennen. Doch das Skoposkoplicht machte das verdammt
schwierig.
Dann sah ich ihn. Er stand an einer Wand gelehnt und blickte sich genauso wie
ich es gerade tat, im Raum um. Nur das ich mein Ziel gefunden hatte.
Wen er wohl suchte?
Er lehnte gegen die Wand, sein linkes Bein war auch an die Wand gestellt. Er
stand mit verschränkten Armen da und blickte sich um. Es war offensichtlich,
dass er nach etwas suchte, nach wem?
Edward Cullen war einfach wunderschön. Volles bronzefarbenes Haar fiel locker
um eine intelligente Stirn und schmale, kantige Wangen. Sein Kiefer war stark,
streng. Mal wieder hatte er diesen strengen Blick drauf, der mich oft genug
fasziniert hatte. Doch wenn er so war, dann konnte ich immer schlecht in ihm
Lesen. Ich wusste dann nie, was in seinem Kopf vorging. Er war dann so ernst, so
verschlossen.
Er hatte volle Lippen, sein Mund war sinnlich, sogar wenn er zu dieser
zynischen, fast grausamen Linie verzogen war. Quälend, als würde er wegen
etwas leiden. Warum schaute er denn so?
Lächelnd gefiel er mir eindeutig besser, aber dieser ernste Blick hatte auch
etwas. Etwas Besonderes. Ja, etwas Erotisches.
Ich wurde vermutlich wieder rot im Gesicht, doch es war egal. Aber es war so.
Ich wandte nervös den Blick wieder ab, als ich diese Hitzewelle spürte, die
gerade meinen Körper durchströmte. Sie breitete sich aus meinem Unterleib
heraus aus, strömte in meinen Körper, in jede Zelle.
Aber das Bild, seines Gesichts blieb in meinem Kopf hängen, dort eingebrannt,
in diesem einen Augenblick, wie eine Fotografie. Ja, wie diese wundervolle
Fotowand, die er für mich gemacht hatte. Ich konnte mich abwenden so oft ich
wollte, er war dennoch in meinem Kopf.
Dennoch verstand ich ihn gerade nicht, er war mir momentan ein Rätsel. Aber
wenn er doch die ganze Zeit wollte, dass ich bei ihnen einzog, warum ging er mir
dann gerade so aus dem Weg?
Und wieder schaute ich zu ihm herüber. Ich konnte es einfach nicht lassen. Ich
konnte mich einfach nicht genug satt sehen. Er war wie ein Dessert, von dem man
sich nicht losreißen konnte. Auch wenn man wusste, dass sich jeder Bissen auf
die Hüfte setzten würde, konnte man sich nicht einfach vom köstlich, süßen
Geschmack abwenden.
Er blickte mich nun auch an.
Ich fühlte mich ertappt, was verrückt war. Ich spürte, wie mir die Röte in
die Wangen stieß, aber ich wandte den Blick nicht von ihm ab. Als er mich
anstarrte, spürte ich, wie sich ein angenehmes Gefühl der Wärme in meinem
Bauch ausbreitete. Unter seinem Blick wurde mir ganz heiß. Da war es wieder,
dieses Prickeln in meinem ganzen Körper, das ich unter seinen Blicken spürte.
In meinem Kopf formte sich plötzlich ein Bild – er und ich, wie wir gemeinsam
nackt in der von Mondlicht erhellten Dunkelheit. Seine Zunge, wie sie meinen
Körper erforscht...
Ich brauchte was zu trinken. Eindeutig. Ein kühles Getränk, mit vielen
Eiswürfeln.
Explosionsartig durchströmte Hitze meinen Körper. Ich konnte seine harten
Muskeln unter meinen Fingerspitzen spüren, seinen starken Körper, der sich
über mich...
Es war so, als zogen wir uns gerade gegenseitig aus. In unseren Gedanken und das
vermittelten wir uns auch noch gegenseitig mit unserem hungrigen Blick.
„Bella!“, hörte ich Alice‘ Stimme.
Doch ich konnte den Blick von Edward nicht abwenden. Er blickte mich immer noch
an. Seine zynische Linie des Mundes, war nun zu einem Lächeln verzogen. Seine
sanften Augen blickten mich immer noch voller Begierde an.
Edward zwinkerte langsam, seine dichten schwarzen Wimpern schlossen sich wie
Blenden um seine moosgrünen Augen. Eigentlich konnte ich das doch gar nicht so
genau sehen, da er so weit weg stand, aber in meinem Kopf spielte sich das
gerade sehr genau ab.
Und irgendwie fühlte ich, wie sich ein Teil der Anspannung in mir löste, wie
eine kühle Brise, die über meine erhitzte nackte Haut strich. Dabei war ich
angezogen und nicht nackt. Aber dieser Blick, der sanft war und sein Lächeln,
so liebevoll.
Noch immer klopfte mein Herz schnell, und der Raum erschien mir immer noch
seltsam warm. Aber da war diese kalte Brise. Was war das hier?
„Bella!“
„BELLA!“
Ich schreckte auf. Ich war nicht in dem Club. Nein, ich war in meinem Bett.
Es klopfte Sturm an meine Zimmertür und schon trat Alice herein. Sie blickte
mich fragend an, ignorierte aber meinen verwirrten Blick und sprang zu mir aufs
Bett. „Na, gut geschlafen?“
„Gute Frage“, meinte ich nur und warf mich wieder zurück ins Kissen. Dieser
Traum, war echt verrückt. Anziehen. Berauschend.
„Du kannst nicht weiter schlafen“, wollte sie mir erklären.
„Nein? Warum nicht?“ Ich griff nach meiner Bettdecke und zog sie mir wieder
über den Kopf.
Doch leider blieb die Decke nicht lange über meinem Kopf, denn schon im
nächsten Moment zog Alice sie mir wieder weg. „Du hast mir versprochen, dass
wir für heute Abend noch shoppen gehen.“
Ich seufzte auf. Ach ja, da war ja noch was. „Was heißt denn hier
versprochen?“ Ich hatte ihr gar nichts versprochen, ich wurde genötigt. Das
war die richtige Bezeichnung dieser Sache.
„Na, du weißt schon was ich meine.“
„Du hast mich gezwungen.“
Sie lachte. „Papperlapapp. So würde ich das nun aber nicht sagen“, meinte
Alice und grinste mich an. Sie legte sich neben mich und blickte mich fragend
an. „Sag mal, hast du von meinem Bruder geträumt?“
Entsetzt blickte ich sie an und richtete mich sofort auf. „Wie kommst du denn
bitte darauf?“
„Du hast seinen Namen gestöhnt.“
Gestöhnt? Oh Gott, wie peinlich. „Hab ich gar nicht“, widersprach ich ihr
sofort. Ich hatte doch nicht wirklich seinen Namen gestöhnt? Obwohl, dieser
Traum ging ja eigentlich nur um ihn und mich. Da war dieser hypnotisierende,
absolut fesselnde Blick... Es konnte gut möglich sein, dass ich seinen Name
gestöhnt hatte. Ganz bestreiten, würde ich es auf jeden Fall nicht.
„Ich verrate es ihm auch nicht.“ Damit stand sie endlich wieder von meinem
Bett auf und ging in Richtung Tür. „Also geh duschen und mach dich fertig,
damit wir los können. Ach, das wird toll“, meinte sie strahlend und trat aus
meinem Zimmer.
Ich fasste mich an die Stirn und seufzte.
Warum wohne ich hier noch mal? Ach ja, ich wurde ja gar nicht gefragt. Ach doch,
ich wurde gefragt, aber meine Antwort wurde einfach mal übergangen. Genau, so
war das. Aber inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt, hier zu leben. Auch wenn
es noch nicht lange her war, als ich noch in dem Zimmer im Wohnheim gewohnt
hatte.
Ich seufzte und ließ mich wieder ins Bett fallen.
Edwards Sicht:
Ich ging Bella momentan aus dem Weg, ich konnte einfach nicht anders. Immer wenn
sie in meiner Nähe war, konnte ich mich gerade noch unter Kontrolle halten.
Ich fühlte mich wie eine tickende Zeitbombe, die jederzeit über Bella
herfallen könnte. Das Einzige an was ich denken konnte, war sie. In meinen
Gedanken war nur noch sie. Ich fühlte mich dabei entsetzlich. Einerseits weil
ich so heiß auf sie war und andererseits, weil ich ihr gerade aus dem Weg ging.
Was schließlich ihr gegenüber nicht gerade fair war. Ich wusste nicht wie sie
über so was dachte, also hielt ich mich lieber fern, in der Hoffnung, dass
diese Elektrizität von alleine verschwinden würde.
Aber wir wohnten unter demselben Dach. Da war das gar nicht mal so einfach.
Gott, wenn ich vorher gewusst hätte, dass es zwischen Bella und mir so funken
würde, dann hätte ich vielleicht Alice nicht so sehr unterstützt.
Und nun. Es war dunkel in der Wohnung und ich stand vor ihrer Schlafzimmertür.
Ich wollte mich bei ihr entschuldigen. Und wollte das machen, wenn Alice
sicherlich schon schlief, weil sie momentan immer dazwischen funkte, wofür ich
ihr auch eigentlich ein wenig dankbar war. Aber nun wollte ich mich bei Bella
entschuldigen. Ich musste einfach.
Ich holte tief Luft und klopfte an ihrer Zimmertür.
Ohne auf ein Herein zu warten, trat ich in ihr Zimmer. Und da lag sie. Wie ein
Engel. Wunderschön und sanft.
Ich trat an ihr Bett heran und ließ mich vorsichtig auf der Matratze neben ihr
nieder. Wie sie so liebevoll und ruhig da lag, sah sie aus wie ein Engel. Ja,
wegen ihrer Schönheit fiel es mir so schwer, bei ihr kalt zu bleiben. Sie hatte
nicht mitbekommen, dass ich zu ihr ins Zimmer gekommen war, sie schlief immer
noch.
Ich streichelte ihr weiches braunes Haar, strich mit den Fingern über die
schlanke Linie ihres Armes. Sie wusste gar nicht wie schön sie war. Sie war
sich ihrer Schönheit absolut nicht bewusst, vermutlich wusste sie nicht mal,
welche Wirkung sie auf mich hatte. Ich lächelte, als ich spürte, dass sie sich
leicht bewegte unter meinen Berührungen. Es tat mir Leid, dass ich sie nur
berührte, wen sie schlief. Ich wollte, dass sie es spürte, dass ich sie
begehrte. Sie sollte es verdammt noch mal wissen, aber wie sollte sie das denn,
wenn ich ihr aus dem Weg ging?
Bella bewegte sich und stöhnte leise unter meiner sanften Bewegung.
„Edward“, murmelte sie schläfrig, nicht ganz wach, aber im Unterbewusstsein
spürend, dass ich bei ihr im Zimmer war.
„Es ist nur ein Traum“, flüsterte ich ihr sanft zu. War sie mehr wach als
schlafend oder schlief sie? Aber warum hatte sie meinen Namen auf ihren Lippen
gehabt? Vielleicht träumte sie ja von mir? Oder sie wusste, dass ich da war und
spielte mit mir?
Sie seufzte tief auf und kuschelte sich gegen mich. „Ich wusste, du würdest
zu mir kommen.“
Ich war erstaunt, als ich das hörte und musste schlucken. „Das wusstest
du?“
Sie lächelte mit ihren verschlossenen Augen. „Mh...“ Es war ein Schnurren
in ihrer Kehle, rau und sinnlich. Ihre Lider blieben geschlossen, sie war noch
immer im Reich der Träume. „Ich wollte, dass du zu mir kommst.“
Ich lächelte über ihre Worte und strich mit den Fingern über ihre glatte
Stirn. Sie war so wunderschön. Ihr Zimmer war dunkel, nur der Mond schien
durch die großen Fenster ihres Schlafzimmers. Im Mondlicht sah ihre Haut ein
wenig blass aus, doch ich spürte ihre weiche Haut unter mir und seufzte auf.
„Hast du keine Angst vor mir, meine Schöne?“
Denn ich hatte ein wenig Angst, vor mir selber. Sie schüttelte leicht den Kopf
und schmiegte ihre Wange an meine Handfläche.
Ihre Lippen waren leicht geöffnet und gleichmäßige weiße Zähne glänzten in
dem spärlichen Licht, das von draußen durchs Fenster kam. Ihr Hals war
anmutig, stolz, eine alabasterfarbene Säule über den zarten Schulterknochen.
Sie war so wunderschön. Wie süß sie schmecken würde, wie weich und köstlich
auf seiner Zunge?
Und ihre Brüste...
Ich konnte der pfirsichzarten dunklen Brustwarze nicht widerstehen, die unter
dem Bettzeug, das nur ihrem Rumpf bedeckte, hervor lugte.
Sie hatte gar kein Nachthemd oder so Etwas an. Ich schluckte schwer. Warum
schlief sie denn bitte oben Ohne? Das war doch wohl nicht ihr Ernst? Sie brachte
mich gerade um.
Ich reizte die kleine Knospe mit den Fingern, zog sanft dran und knurrte beinahe
vor Verlangen, als sie sich zu einer festen Perle zusammenzog, unter meiner
Berührung.
Sie raubte mir den Atem und jeden klaren Gedanken. Ich sollte aufstehen und
gehen und mich morgen bei ihr entschuldigen, aber ich konnte nicht. Ich konnte
nicht aufstehen, ich war wie versteinert. Als wäre sie Medusa und ihr Anblick
ließ mich zu Stein werden.
Ich spürte plötzlich eine Hitze, die sich in mir auftürmte und an einer
gewissen Stelle meines Körpers zu Schwellen begann. Gott, sie machte mich echt
wahnsinnig und hier her zu kommen, war eindeutig eine schlechte Idee. Ich leckte
mir die Lippen, nun hungrig geworden, begierig darauf, sie zu besitzen. Es war
schrecklich was ich hier dachte. Ich kam mir wie ein wildes Tier vor. Wenn ich
auch noch nicht wusste, welches ich wohl darstellen würde. Ein Löwe der einem
Lamm hinterher stellt.
Gott, wie schrecklich verletzend ist es denn, wenn der Löwe sich in das Lamm
verliebt? Ein dummes Lamm und ein sadistischer Löwe. Eindeutig.
Bella wandte sich träge unter dem zerwühlten Bettzeug.
Ich zog langsam die Baumwolldecke weg, sodass sie nun ganz nackt vor mir lag.
Bella trug nur ein paar Shorts, in denen sie schlief. Wie konnte sie so nackt
schlafen? Sie war bezaubernd. So wunderschön. Das hatte ich vorher gewusst.
Zierlich, und geschmeidig, sanft und graziös. Feste Muskeln formten ihre
eleganten Glieder.
Ich konnte meinen Blick von ihr einfach nicht abwenden. Sie war so perfekt.
Ihre sanften Hände streckten sich im Schlaf, als ich mit meinen Fingern über
ihr Brustbein strich, bis hinunter zu der Kuhle ihres Bauches. Ich schluckte
schwer, fuhr mir durchs Haar, als ich der Wanderschaft ihrer Hand mit meinen
Augen fasziniert beobachtete. Ein Stöhnen verließ meine Lippen, denn sie
machte mich so etwas von heiß. In meiner Hose wurde es schon langsam zu eng.
Ihre Haut war samtig und warm. Zu verführerisch, als dass ich hätte
widerstehen können. Nein, ich war ihr schon zu lange verfallen. Ich kam auf
dieses Spiel nicht mehr heraus.
Ich glitt auf dem Bett über sie und ließ meine Hände über ihren Körper
wandern.
Sanft küsste ich sie auf die Wange und wanderte mit der Zunge ihren Hals
entlang, bis ich an ihrem Schulterbein angekommen war.
„Edward!“, hörte ich eine Stimme, laut und deutlich. Es war nicht das
sanfte Seufzen von Bella unter mir. Es war eine andere Stimme, die nur schwach
zu mir durchdrang.
„EDWARD! Bist du wach? Wir machen uns dann mal auf den Weg ins
Einkaufszentrum.“
Es war Alice Stimme. Und es war nur ein Traum gewesen. Helles Licht durchflutete
mein Zimmer, als ich die Augen öffnete. Ja, es war nur ein Traum gewesen. Ich
hatte mal wieder von Bella geträumt und davon, was ich mit ihr anstellen
würde. Wie sollte das nur gut gehen? Mit einem Seufzer fuhr ich mir übers
Gesicht und konnte nicht glauben, dass ich schon wieder von ihr geträumt hatte.
Ein absolut nicht jugendfreier Traum und wenn Alice mich nicht geweckt hätte,
wäre er wirklich ausgeartet.
Ich musste mit ihr reden.
Bellas Sicht:
„Wie viele Stunden sind wir hier schon unterwegs?“, fragte ich Alice. Diese
Frage stellte ich ihr bestimmt schon seit Stunden. Seit Stunden und vielen,
vielen Einkaufstüten. Von wegen nur für heute Abend einkaufen. Alice kaufte
Kleidung für ganz Amerika ein.
„Nun hab dich mal nicht so. Sonst gehst du ja auch nicht mit mir shoppen“,
erklärte sie mir. „Wir haben also viel nachzuholen.“
„Ich weiß auch warum“, meinte ich zu ihr. „So hör mal Alice. Da vorne
ist ein Café, da setze ich mich hin und du kannst dir gerne noch alleine ein
paar Läden antun. Aber ohne mich.“
Sie seufzte, gab sich aber ohne Widerworte geschlagen. „Gut, ich komme gleich
nach.“
„Bestimmt“, meinte ich seufzend und ging mit einem Dutzend Einkaufstüten zu
dem rettenden Café. Ich legte die Tüten auf den Stuhl neben mich und setzte
mich erst mal hin. Ach, sitzen, so was tat echt gut. Ich legte meine Füße auf
den Stuhl, auf dem auch die Tüten standen, dabei fielen zwei Tüten auf den
Boden. Ich seufzte auf, bückte mich allerdings nicht, um diese wieder
aufzuheben. Ich wollte mich jetzt keinen Zentimeter mehr rühren.
„Was kann ich Ihnen bringen?“
„Einen Orangensaft und einen Cappuccino bitte“, bestellte ich und lächelte
die Kellnerin an.
„Kommt sofort.“
Ich nickte und blickte auf die Tüten.
Wie konnte ich nur so viel einkaufen? Aber das meiste hatte auch noch Alice
bezahlt. Alles was sie fand, was gut an mir aussah, musste sie mir kaufen. Dabei
wollte ich das gar nicht, aber da hatte sie mir die Sachen schon aus der Hand
gerissen und war zur Kasse gelaufen und hatte mir nur noch die Tüten gereicht.
Und da saß ich nun. Mit Tüten von Kleidungsstückten, die ich vermutlich nie
alle anziehen würde. Aber so war das bei Alice nun mal.
„Darf ich mich zu dir setzen?“
Überrascht blickte auf und sah in das Gesicht eines fremden jungen Manns.
„Entschuldigen...“
„Ich würde mich gerne zu so einer hübschen Dame setzen.“ Und da hatte sich
der fremde junge Mann schon zu mir gesetzt. Unverschämt war das allerdings
schon, da ich nichts erwidert hatte.
„Ich bin Mitch.“ Er reichte mir die Hand. „Und wie heißt du?“ Wir waren
schon beim Du? Gut, er schien kaum älter als ich zu sein, aber dennoch.
„Bella“, meinte ich etwas überrumpelt und schaute mich nach Alice um. Doch
sie war nicht da, ich konnte sie nirgends entdecken.
„Bella, ist ein schöner Name für eine schöne junge Frau, wie dich. Wartest
du auf jemanden?“
„Ja, auf meine beste Freundin.“
„Interessant“, sagte er und ich bemerkte, wie er mich musterte. „Hast du
einen Freund?“
Ich blickte ihn skeptisch an. Was hatte denn das den Typ zu interessieren?
„Ich wüsste nicht, was es dich interessieren sollte.“
„Ich finde dich hübsch.“ Irgendwie war diese Anmache extrem plump. Das
hatte ja nicht mal mehr was mit Flirten gemein.
„Ja, ähm… danke“, meinte ich lächelnd. „Ich denke es ist besser, wenn
du wieder gehst.“
„Ja? Das finde ich nicht.“ Er beugte sich über den Tisch und wollte mir
über die Wange streichen, doch ich schlug seine Hand sofort weg.
„Warum denn so schüchtern?“, fragte er mich und versuchte es nochmal.
„Bella, alles okay?“ Ich blickte auf und sah in das Gesicht von Emmett. Ich
war sehr erleichtert ihn zu sehen, denn dieser Mitch, oder wie auch immer er
hieß, war ziemlich aufdringlich.
Emmett blickte den fremden Kerl an, der bei mir am Tisch saß und musterte ihn
skeptisch. „Kennen wir uns?“, fragte Emmett ihn.
Der Kerl, der sich mir als Mitch vorgestellt hatte, stand auf. „Ich sollte
wohl gehen.“
„Ja, das finde ich auch“, meinte Emmett lächelnd und setzte sich auf den
Platz den Mitch frei gab.
„Danke, Emmett“, meinte ich ihm dankend.
„Klar, dafür sind doch Freunde da.“
Ich nickte ihm dankend zu. Er war echt meine Rettung gewesen. Ich wusste gar
nicht, warum sich dieser Typ eigentlich zu mir gesetzt hatte.
„Was machst du eigentlich hier?“
„Alice hat mich zum shoppen gezwungen.“
„Verstehe und wo ist sie?“, fragte er und blickte auf die Einkaufstüten.
„Wie gesagt, sie hat mich zum shoppen gezwungen, doch ich bin jetzt mal
abgesprungen. Ich brauchte mal eine Pause.“
„Ja, das verstehe ich. Du kommst heute Abend doch auch mit?“
„Du meinst in den Club?“
Emmett nickte.
„Ja, Alice zwingt mich sowieso. Macht sie doch immer“, meinte ich und bekam
endlich meinen Orangensaft und meinen Cappuccino.
Und dann waren wir endlich im Club.
Alice hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mich vorher zu schminken und auf zu
brezeln. Ich hatte vermutlich noch nie so ausgesehen. Aber es war egal. Ich
wollte hübsch aussehen. Ich wollte Edward gefallen. Ja irgendwie wollte ich
das.
Als wir uns den Weg in den überfüllten Club bahnten, hallte synthetische
Trance- und Technomusik in den Dachsparren wider und dröhnte aus riesigen
Lautsprechern, die einen Rahmen um die DJ-Box in dem Balkon bildeten.
Stroboskoplicht leuchtete aus einem Trio aus gewölbten Buntglasfenstern auf;
die pulsierenden Lichtstrahlen durchschnitten die dünne Wolke aus Rauch, die in
der Luft hing und alles ein wenig ein nebelte und die Leute stampften zu dem
hektischen Takt eines scheinbar endlosen Songs. Überall waren Menschen, so
viele, das ich glaubte bei dem bloßen Anblick schon zu ersticken und eingeengt
zu werden.
Und da standen wir. Ich war überrascht, dass diese Szene genauso wie in meinem
Traum war.
Ich und Alice standen an der Theke in dem großen Raum. Mir war es hier
eindeutig zu voll, aber Alice schien sich super zu amüsieren.
Ich blickte mich um, in der Hoffnung vielleicht ein paar Studenten aus meinen
Kursen zu entdecken. Aber ich entdeckte und erkannte keinen. Vermutlich auch,
weil ich den Blick bei dieser großen Menge an Menschen einfach verlor.
Und dann sah ich Edward. Er stand neben Emmett und beide lehnten sich an die
Wand, ein wenig abseits von dem Tisch, an dem sich Rosalie und Jasper schon mal
hingesetzt hatten. Emmett erzählte Edward etwas und dieser schien ganz und gar
nicht begeistert zu sein.
„Danke, dass du mit mir shoppen warst, Bella“, hörte ich Alice’ Stimme
neben mir.
Ich nickte ihr nur zu und blickte wieder zu Edward.
Er erwiderte meinen Blick, doch anders als in meinem Traum, war sein Blick nicht
hungrig und leidenschaftlich. Eher entrüstet. Was hatte Emmett ihm den
erzählt?
„Wie läuft es eigentlich zwischen dir und meinem Bruder?“
Ich blickte Alice fragend an. Warum musste sie mich denn das bitte jetzt fragen?
Aber wer verstand auch schon Alice. Sie war nun mal immer anders gewesen, so
langsam sollte mich eigentlich gar nichts mehr wundern.
„Na ja, wenn ich ehrlich bin, nicht so gut“, erzählte ich ihr dann
schließlich.
„Warum?“ Sie hatte sich zu mir gebeugt, da es doch ganz schon laut war.
Ich wusste es doch selber nicht. Dabei würde ich es schon gerne wissen. Ich
zuckte mit den Schultern und blickte zu Edward. Überrascht musste ich
feststellen, dass er gar nicht mehr an seinem Platz stand.
Hatten sich Emmett und Edward vielleicht an den Tisch gesetzt? Sofort wanderte
mein Blick zu unserem Tisch. Ja, Emmett saß am Tisch, aber so war Edward?
„So ich bring mal die ersten Getränke an den Tisch. Nimmst du die
nächsten?“
Ich nickte ihr nur zu, ohne sie anzuschauen. Wo war Edward denn hin?
„Hier die Getränke“, sprach der Keeper hinter mir zu mir.
Ich drehte mich um und blickte auf die drei Gläser. „Okay.“ Ich versuchte
die Gläser so gut es ging an unserem Tisch zu bringen und hoffte, dass ich
nicht ins Stolpern geriet.
Dann nahm mir plötzlich jemand zwei Gläser ab. Es war Edward, der nun neben
mir aufgetaucht war.
Ich war erleichtert, dass ich ihn wieder sah. Es war nicht so, dass ich mir
Sorgen um ihn machte. Aber ich hatte mich schon gefragt, wohin er verschwunden
war. „Hey“, meinte ich lächelnd.
Er blickte mich an und ich spürte, wie er seufzte. Warum seufzte er so und
warum schaute er mich so an?
Wir stellten die Gläser auf den Tisch und als ich mich gerade hinsetzen wollte,
griff jemand nach meinem Handgelenk. Es war Edward. Er zog mich zu sich, ohne
dass ich etwas sagen konnte, legte mir die Haare zu Seite und flüsterte mir
etwas zu: „Können wir bitte mal reden?“
Seine Stimme, die so nah an meinem Ohr war, benebelte mich und nur schwer konnte
ich mich wieder zusammenreißen und ein Nicken hervor bringen.
Ich war froh, dass er mich noch an der Hand hielt und mich führte, denn in mir
war immer noch dieses sanfte Kribbeln, das seine Stimme in mir hinterlassen
hatte, so dass ich immer noch nicht wieder mit allen Sinnen da war.
Edward führte mich in den Gang, der nach draußen führte, wo die Raucher wohl
ihren Gelüsten nach gingen. Doch er ging nicht mit mir raus, sondern blieb mit
mir im dunklen Gang stehen. Er blickte mich an, wieder mit diesem entrüsteten
und verletzten Blick.
Ich lehnte mich gegen die Wand und seufzte.
„Emmett hat mir erzählt, was heute passiert ist.“
„Was ist denn passiert?“, fragte ich ihn, denn ich hatte keine Ahnung wovon
er sprach.
„Dieser Typ in dem Café“, meinte Edward kurz und blickte mich fragend und
sorgend an.
„Ach das, das war nichts.“
„Das sehe ich anders.“
Wie? Überrascht blickte ich ihn an.
Er beugte sich mir, stützte seinen Arm neben meinem Kopf ab und war mir
verdammt nahe. „Bella“, hauchte er mir meinen Namen sanft gegen meine Haut.
Ich spürte seinen Atem und sofort schoss diese Hitze wieder in meinem Körper.
„Es tut mir Leid, dass ich dir momentan aus dem Weg gehe.“
Also hatte ich es mir nicht eingebildet. Ich schluckte schwer. Also hatte er
wirklich keine Lust mehr auf mich.
„Aber das hat einen Grund“, sagte er weiter.
Das wollte ich auch wirklich hoffen. Denn nett war das wirklich nicht. Wenn es
nämlich keinen Grund gab, dann wäre ich echt sauer.
„Ich liebe dich, das ist der Grund.“
Fragend blickte ich ihn an. Was war denn das für ein Grund? Ich konnte ihm
irgendwie nicht so ganz folgen.
Ich spürte seine Finger auf meiner Wange und dann hauchte er mir leichte Küsse
auf die Schläfe und meine Wange. Er war mir so verdammt nahe, dass ich vergaß
zu Atmen.
„Ich habe Angst, dass ich über dich herfalle, weil du mich so verrückt
machst. Ich bin verrückt nach dir“, gestand er mir zwischen Küssen. Seine
Lippen waren nun in die Nähe meines Mundes gewandert und er spielte mit meinen
Lippen. Er küsste sie immer nur leicht. Mal die Oberlippe. Mal die Unterlippe.
Biss sie leicht, knabberte dran, strich mit seiner Zunge die Konturen nach. Und
raubte mir den Atem.
Wenn er mich nicht so an die Wand drückte, würde ich zusammensacken.
Eindeutig.
„Ich bin verrückt nach dir. Du bist so wunderschön“, sprach er weiter.
Ich konnte nicht länger, legte meine Hände in seinen Nacken und auf seinen
Hinterkopf und drückte ihn gegen mich, seine Lippen auf die meinen gepresst.
„Ich bin auch verrückt nach dir“, gestand ich ihm an sein Ohr gehaucht.
Er lächelte mir zurück und vertiefte den Kuss zu mir.
Kapitel 18: „So und nun schlaf mein Engel.“
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Carpe Diem.
Nutze den Tag.
Eine Idee so alt, das Latein zu uns kommt.
Lebe heute.
Lasse keine Gelegenheiten entgehen.
Tu es einfach.
Was sich alles ganz gut anhört.
Aber was passiert nach dem Tag, den du genutzt hast, wenn du aufwachst und dich
den Konsequenzen stellen musst.
Wenn ihr die Chance hättet, würdet ihr lieber zusehen oder zugreifen?
Ich konnte nicht sagen, wie lange wir hier schon so standen. Wie viele Leute
inzwischen an uns vorbei gegangen sind. Wie lange er mich schon so ansah. Ich
wusste es einfach nicht mehr. Und es war mir auch irgendwie sogar egal. Es war
in diesem Moment alles gar nicht mehr so wichtig. Gar nichts mehr war wichtig,
denn alles um uns herum verschwamm in einem Nebel. Das Einzige was es in diesem
Nebel noch gab, war er und ich. Er berauschte mich vollkommen, verwirrte mich,
machte mich konfus.
Wie hieß ich noch mal?
B...
Dieser himmlische Duft. Er roch so wahnsinnig gut.
E...
Dieser wundervolle Blick mit dem er mich ansah.
L...
Dieser atemberaubende Kuss. Ja, Edward konnte wahnsinnig küssen.
A...
Diese wärmende Umarmung, war einfach absolut unglaublich.
Verdammt, da fehlte doch noch ein Buchstabe. Waren da nicht zwei 'L's' immer
gewesen? Ja, da muss noch ein 'L' hin.
„Bella?“, vernahm ich die Stimme, eine sanfte Stimme, die Stimme meiner
Träume. Ja, sie war die Stimme aus meinen Träumen, nur das mir gerade bewusst
wurde, dass ich nicht schlief und gar nicht in meinem Bett war.
„Bella?“ Da war sie schon wieder.
Langsam öffnete ich die Augen und erschrak über die Lichter, die plötzlich
über mich einstürzten. Wo war ich hier?
Dann spürte ich eine warme Hand auf meiner Wange, die mich streichelte,
liebevoll, wie das Lächeln, was ich sah.
Edward. Er war hier, er war hier bei mir, also war alles in Ordnung.
„Ist alles okay bei dir?“, fragte er mich und lächelte immer noch
zuckersüß an.
Ich nickte. Hatte ich genickt? Ich wusste nur, dass ich meine Zunge und meine
Lippen nicht mehr fürs Sprechen verwenden, küssen war so viel intensiver, so
viel wichtiger. Ich wollte nie wieder reden, sondern ihn immer küssen.
„Wollen wir wieder zu den anderen gehen?“
Fragend blickte ich ihn an, denn ich verstand seine Frage nicht, obwohl ich sie
gehört hatte. „Wie meinst du?“
Er lächelte mich frech an. „Du bist wundervoll.“ Er beugte sich zu mir und
küsste mich auf die Stirn, dann griff er nach meiner Hand. „Komm, lass uns
wieder zu den Anderen gehen.“
Jetzt fiel es mir wieder ein, wo wir überhaupt waren. Wir waren immer noch in
dem Club und Edward hatte mich in diese dunkle Ecke gezogen, damit wir reden
konnten. Allerdings blieb es nicht wirklich lange beim nur reden.
Ich nickte und grinste ihn an. „Vermutlich hast du Recht.“
„Vermutlich?“, fragte er und blickte mich skeptisch an. „Ich habe immer
Recht.“
„In welchem Universum?“, fragte ich und grinste ihn frech an.
Edward blieb stehen und blickte sich suchend um. Dabei wusste ich gar nicht,
nach was oder wen er suchte? Hatte er vielleicht etwas verloren?
„Was suchst du?“
„Meine liebe Freundin Bella. Ich muss sie irgendwie verloren haben und du hast
dich an ihre Stelle geschmuggelt.“ Er zog mich an sich und grinste.
Ich lächelte und ging mit ihm weiter an der Hand zu dem Tisch unserer Freunde.
„Hey, wir wollten schon den Suchtrupp losschicken“, meinte Alice und grinste
uns an.
„Das wollten wir gar nicht“, meinte Emmett.
„Alice war die Einzige die den Suchtrupp losschicken wollte“, erklärte
Rosalie.
„Ich meine Bella war doch bei Edward und er ist doch ihr Freund“, meinte
Jasper und lächelte uns beide an.
„Ganz genau“, meinte Edward. „Was soll ihr denn passieren, wenn sie mit
ihrem Freund unterwegs ist?“
Oh, ich konnte ihm da ein paar Punkte nennen. Ich könnte meinen Namen
vergessen, wenn ich mit ihm alleine unterwegs war. Ich konnte vergessen, wo ich
war. Ich konnte mich wirklich restlos in seinen Augen verlieren.
Wir setzten uns zu den Anderen an den Tisch und unterhielten uns amüsiert. Es
war wirklich lustig und ich genoss es einfach mit ihnen hier zu sein.
Irgendwann war Edward aufgestanden, stand vor mir und blickte mich
erwartungsvoll an. „Wollen wir tanzen?“
Ich verschluckte mich an meinem Getränk. Wie bitte? Hatte ich richtig
verstanden? Tanzen?
„Das ist…“, absolut keine gute Idee. Ich hatte zwei linke Füße, ich
würde mir oder ihm irgendetwas brechen. Ich glaube absolut nicht, dass das eine
gute Idee war.
Er grinste und hielt mir immer noch seine Hand hin.
Und bevor ich weiter drüber nachdenken konnte und Alice mich vom Stuhl schieben
konnte, hatte Edward schon nach meiner Hand gegriffen und zog mich hoch. Er tat
es einfach so, als wüsste er, dass ich eigentlich nicht wollte. Aber das schien
ihm nicht wichtig zu sein, allerdings fühlte ich mich unter seiner Führung
nicht übergangen, sondern eher sicher.
Er ging voraus und führte mich auf die Tanzfläche.
Wie konnte man denn bitte zu so einer Musik tanzen? Hatte ich Edward eigentlich
mal gesagt, dass ich grobmotorisch veranlagt war und dass es für die Leute in
meiner Umgebung am besten war, wenn sie einen gewissen Sicherheitsabstand zu mir
einhielten. Das würde auch für ihn gelten und das war eindeutig die
Untertreibung des Jahrhunderts von mir. Ich war eine absolute total-Katastrophe,
wenn es darum ging, sich zur Musik zu bewegen. Wenn ich alleine war, ging das,
denn dann war die Chance jemand anderes weh zu tun nicht so groß, aber hier war
es gerappelt voll.
„Edward, ich finde, das ist keine so gute Idee.“ Doch da standen wir schon
auf der Tanzfläche.
Er legte die Arme auf meine Taille und zog mich zu sich.
Warum hörte er mir eigentlich nicht zu? „Das ist wirklich...“
„Bella, lass mich das doch bitte selber entscheiden.“ Und schon fing er an,
sich mit mir zu bewegen.
„Ich trete dir auf die Füße oder ich trete dich gegen das Schienbein“,
meinte ich und sah ihn bittend an.
„Sei still“, meinte er und lächelte mich. Er legte seinen Kopf an meine
Schläfe und tanzte mit mir ruhig. Dabei war die Musik vermutlich gar nicht für
so einen ruhigen Tanz geeignet.
„Sollte man bei so einem Lied nicht schneller tanzen?“, fragte ich ihn
flüsternd.
„Ich tanze mit dir so wie ich will“, er flüsterte es mir ganz nah ans Ohr.
Und ich nickte nur und schwieg weiter. Es war wirklich nicht wichtig, dass wir
nicht so tanzten wie die anderen um uns herum. Es war wunderschön mit ihm so zu
tanzen. Und mal wieder war alles um uns herum egal. Edward sorgte dafür, dass
ich die Welt um mich herum vergaß. In seiner Anwesenheit verblasste sie
regelrecht. Dann war immer nur er wichtig.
Mir taten die Füße weh.
Und das war der Zeitpunkt an dem wir endlich nach Hause fuhren. Edward hatte
Alice und mich im Gepäck. Also besser gesagt, wir wurden von ihm nach Hause
gefahren, zu unserem gemeinsamen Heim. Inzwischen hatte ich mich an den Gedanken
gewöhnt. Es war ein schöner Gedanke. Wir lebten zusammen. Wir wohnten
zusammen. Wir hatten ein gemeinsames zu Hause. Edward. Alice und ich.
Wir waren wieder vereint und wollten gemeinsam die Zeit nachholen, die wir nicht
mehr in den Sommer zusammen hatten. Unsere Eltern unterstützen uns vollkommen.
Die Eltern von Alice und Edward, sowie meine Eltern, welche ja alle eh auf der
Seite von Alice waren.
„Alles okay bei euch, Mädels?“
Ich saß auf dem Beifahrersitz seines tollen Autos und Alice hatte sich auf der
Rückbank bequem gemacht. Meine Freundin lag quer auf der Rückbank, hatte ein
wenig zu viel getrunken und war ziemlich angeheitert. Ja, das war sie. Das Gute
an der Sache war, dass Alice, wenn sie betrunken war, nicht so viel redete. Sie
redete sonst so viel und das war hier war wirklich wie der Himmel.
„Alice?“ Er blickte durch den Rückspiegel zu ihr nach hinten, nur um
festzustellen, dass sie eingeschlafen war. „Sie ist wohl fertig“, meinte er
grinsend.
„Scheint so.“ Ich blickte nach hinten und grinste. „War wohl anstrengend,
sich Jasper so an den Hals zu werfen.“
„Das ist also nicht nur mir aufgefallen?“, fragte er grinsend.
Ich nickte.
„Hey, ihr Turteltäubchen“, kam es plötzlich von hinten. Ich blickte wieder
zu ihr. Sie lag immer noch mit geschlossenen Augen da. „Das kann euch gar
nicht aufgefallen sein, denn ihr habt euch nur die ganze Zeit angeschaut und
euch in Gedanken schon ausgezogen“, murmelte sie. „Ihr habt
geblickt-fickt.“
Ich blickte sie entsetzt an. Verdammt, wie konnte sie so was sagen? Nein, im
alkoholisierten Zustand, gefiel mir meine Freundin auch nicht.
Ich spürte Edwards Blick auf mich ruhen, dann hörte ich ihn lachen und im
nächsten Moment spürte ich seine Hand an meiner Wange, wie sie mich wieder
streichelte.
Warum konnte er das immer nur so gut?
Immer wieder schaffte er es, mir meine Nervosität meine innere Unruhe weg zu
nehmen, dabei musste er mir nur so wie jetzt über die Wange streicheln, mich
berühren oder einfach nur anlächeln.
Ich war gerade in meinem Zimmer und räumte noch schnell ein paar Unterlagen
zusammen, als Edward in mein Zimmer kam. Ich hatte die Tür offenen gelassen, in
der Hoffnung, dass er noch mal bei mir vorbei schauen würde, um mir gute Nacht
zu wünschen. Es war irgendwie zu unserem Rhythmus geworden. Ich hatte schon
meinen Pyjama an, der war vermutlich absolut nicht sexy oder verführerisch,
aber das war egal. Wenn ich ehrlich war, hatte ich sogar in meinem
Kleiderschrank nach etwas besserem gesucht, aber leider gab dieser nichts her.
Ich hätte vielleicht doch Alice noch in den Dessous-Laden folgen sollen, als
wir shoppen waren. Wer hätte denn auch gedacht, dass der Abend noch so enden
würde.
„Ich habe Alice in ihr Bett gebracht. Sie schläft wohl morgen länger“,
meinte er lächelnd.
Ich blickte ihn an und nickte.
„Also ich geh dann mal schlafen“, meinte er weiter.
Nein, wollte ich aufschreien. Aber ich schaffte es ehrlich gesagt nicht, diese
Worte über meine Lippen bringen. Ich hatte so was auch noch nie, ja wirklich
noch nie, zu jemand gesagt.
„Gute Nacht, Bella.“ Er trat kurz zu mir und küsste mich auf die Wange.
„Schlaf gut.“
„Ja, du auch“, sagte ich mit leiser Stimme. Ich hasste mich gerade selber.
Ich schaffte ja nicht mal die einfachsten Dinge der Welt. Was war denn bitte so
schwer daran, zu fragen, ob er nicht mit in meinem Bett schlafen würde. Ich
hatte mir so viele Sätze zu Recht gelegt, aber genau in diesem Moment der
Situation fiel mir nicht einer mehr ein. Mein Mut rutschte mir in die Hose und
ich würde ihn wieder aus meinem Zimmer gehen lassen.
„Wir sehen uns dann.“ Er ging wieder zur Tür.
Ich könnte eigentlich immer noch nach ihm rufen, aber es ging einfach nicht.
Ich konnte meine Lippen nicht öffnen und seinen Namen bittend aussprechen. Ich
konnte eigentlich gar nichts sagen. Ich nickte nur und sah ihm seufzend
hinterher, wie er mein Schlafzimmer verließ.
Genervt und enttäuscht über mich selber warf ich mich auf mein Bett und
verfluchte mich erst mal. Und dann musste ich lächeln. Der Abend war so
wundervoll gewesen. Edward war generell so wundervoll.
Ich weiß noch als wir letztens im Park saßen. Ich saß auf der Bank und wollte
vor Alice fliehen, weil sie mir ziemlich auf den Keks gegangen war, damit, dass
sie mal wieder einfach über mich entschieden hatte und dann so eine wichtige
Entscheidung.
Und dann war Edward gekommen. Er hatte sich zu mir gesetzt, einen Becher Kaffee
mitgebracht und hat mir einfach nur zugehört. Ich hatte ihn ziemlich angefahren
gehabt, dabei konnte er gar nichts dafür. Aber er hatte mir mein Verhalten nie
böse genommen.
Und als ich ihn dann fragte, warum er mir in den Park gefolgt war, hatte er
einfach mit seinem süßen Lächeln gesagt, dass er nur nach mir sehen wollte.
Und dann wollte er mal wieder zwischen Alice und mir vermitteln.
Das hatte er früher schon getan. Wir hatten uns oft gestritten und er war immer
da gewesen. Er war Alice großer Bruder und mein... ja, was war er eigentlich
immer für mich? Ich hatte ihn nie als Bruder angesehen, auch wenn er in den
Sommerferien, die ich bei den Cullens verbracht hatte, vielleicht so etwas in
der Art gewesen war.
Und dann hatte er mich gefragt, ob ich es so schlimm finden würde, wenn wir
alle unter einem Dach wohnen würden. Aber er hatte es so gesagt, als wollte er
nur wissen, ob ich es so schlimm finden würde, wenn Edward und ich gemeinsam
unter einem Dach leben würden.
Und wie er immer meinen Handrücken küsst…
Ich richtete mich in meinem Bett auf. Wenn ich noch weiter an ihn denke, kann
ich nicht mal mehr an Schlafen hoffen, weil ich dann wusste, dass er auch in
meinem Träumen da sein würde. Nicht, dass das schlimm wäre. Aber wenn ich
dann seinen Namen rufen würde, so wie Alice meinte, dass ich es tat, wäre es
schlimm. Für mich zumindest.
Und ich müsste den Entschluss fassen, auszuziehen. Eindeutig.
Was ich eigentlich gar nicht mehr wollte. Ich fühlte mich mit den
Cullen-Geschwistern ziemlich wohl. Es ist irgendwie so ein Gefühl, dass wir
zusammen gehören. Alle Drei. Ja, es war wirklich toll. Es war als wäre ich
seit langem wieder nach Hause gekommen. Auch wenn ich noch ein wenig sauer auf
Alice war, zumindest gespielt. Das musste einfach sein, damit diese junge Dame
wenigstens ein wenig ein schlechtes Gewissen bekommt. Denn ich musste es
spielen, denn mit Edward zu reden, hatte leider dafür gesorgt, dass meine Wut
gegenüber Alice auf Null gesunken war. Ein kleiner Haken an dem Gespräch mit
ihm auf der Bank.
Ich seufzte und fuhr mir durchs Haar.
Das Beste war noch gewesen, als ich am nächsten Tag nach meiner
super-anstrengende Klausur nach Hause kam und sah, wie Edward ein Türschild an
die Haustür befestigte.
„Was ist denn das?“, hatte ich ihn skeptisch gefragt. Ich muss sagen, dass
Edward mit Hammer und Nägel sehr gut aussah. Sollte nur eine kleine
Randbemerkung, meiner Gedanken an dieser Stelle sein, aber er sah damit sehr
gut aus. Richtig heiß.
„Unser neues Türschild.“ Er trat zur Seite und ich konnte das Türschild
nun komplett sehen.
Es war toll. Es war süß. Ich wusste gar nicht was ich sagen sollte. Es war aus
hellen Holz, Buche oder so. Ich habe von Holzarten keine Ahnung. Und in dem Holz
war eine schöne Landschaft geschnitzt. Ein Iglu. Und vor dem Iglu standen drei
Personen. Ein Junge und zwei Mädchen. Das Bild erinnerte mich an etwas.
„Erkennst du das Foto? Der Meister konnte die Gesichter nicht so gut
schnitzen, aber ich finde es dennoch gelungen“, meinte Edward und ich nickte
ihm nur zu und fuhr die einzelnen Einkerbungen nach.
Als ich mal wieder einen Sommer bei Edward und Alice in Forks war, hatten wir
einen Wochenendausflug nach Alaksa gemacht. Und wir hatten Inuits besucht
gehabt. Das war ein tolles Erlebnis gewesen. Das Iglu war nicht echt. Es war
eine Art Museum gewesen. Aber dennoch war es toll gewesen. Es gab ein Foto von
uns. Wir drei vor dem Iglu.
„Das ist ein schönes Bild, Edward.“
„Ja, ich fand einfach, es passt. Da wir alle drauf sind.“
Ich nickte nur und lächelte. Unter uns Kindern, standen unsere Namen.
Und die Aufschrift „Zuhause ist da, wo das Herz sich geborgen fühlt.“
Ich holte tief Luft und nahm mir ehrlich gesagt allen Mut zusammen. Ich kratze
ihn aus allen Ecken meines Körpers und stand schließlich auf.
Leise öffnete ich meine Zimmertür und lief durch die Wohnung zu einem
bestimmten Zimmer. Auf zehenspitzen!
Nun stand ich da. Vor der Tür von Edwards Schlafzimmer.
Ich sollte wieder umdrehen, eindeutig. So was konnte doch nur schief gehen.
Aber irgendwie wollte mein Körper meinen Gedanken nicht folgen und meine Hand
befand sich plötzlich an dem Holz seiner Tür und klopfte an. Herr Gott, ich
klopfte an der Schlafzimmertür von Edward an.
Ich hörte seine Stimme, wie er „Ja?“ sagte und seufzte nur. Hätte er nicht
schon schlafen können.
Nun konnte ich gar nicht anders. Wenn ich die Tür nicht öffnen würde und
zurück in mein Zimmer rennen würde, wäre er viel schneller an seiner
Zimmertür und ich würde wieder einen peinlichen Moment haben, den ich ganz
oben auf die Liste schreiben konnte. Der Liste der peinlichsten Momente in
meinem Leben, die ich keinem empfehlen möchte.
Schweren Herzens und mein Vorhaben nicht vergessend öffnete ich die Tür seines
Zimmers und trat ein. Langsam, ganz langsam, fast wie in Zeitlupe trat in sein
Zimmer und schloss die Tür direkt wieder hinter mir.
Fragend und leicht überrascht blickte er mich an. „Bella. Ist alles okay?“
Ich schluckte und nickte nur. Natürlich war alles okay. Eigentlich zumindest,
dass ich mich nur gerade wie eine Verrückte benahm, gehörte aber nicht dazu.
Ich sah wie er es registrierte und er lächelte. Doch er sagte erst mal nichts.
Als ich so in seinem Zimmer stand, fiel mir auf, dass ich es noch nie von innen
gesehen hatte. Es war toll. Wirklich beeindruckend. Da war das Bett, unheimlich
groß, zumindest kam es mir gerade so vor. Der große Schreibtisch auf dem sein
Laptop stand. Dann ein Kleiderschrank und eine Couch, die von einem riesigen
Regal umrahmt wurde. Und in diesem riesigen Regal befanden sich nur CDs. Wie
konnte jemand nur so viele CDs besitzen?
Da verlor man doch den Überblick. Das war echt überwältigend. Nach welchem
System diese CDs wohl sortiert waren? Welches wohl seine Lieblings-CD war?
„Bella?“
Ach ja, da war ja noch was. Ich war ja gar nicht alleine in seinem Schlafzimmer.
Mit leicht rotem Kopf blickte ich wieder zu Edward, der mit einem Buch in seinem
Bett aufrecht saß. Sein Blick war fragend.
Ich nickte nur. „Ich sollte wieder gehen.“ Ja, das sollte ich wirklich.
Ich war schon dabei mich wieder umzudrehen und die Tür wieder zu öffnen, als
ich seine Stimme hörte: „Möchtest du bei mir schlafen?“
Ja, das wollte ich. Aber ich konnte es nicht aussprechen. Es war so schwer diese
Worte zu sagen. Ich wollte so gerne ‚Ja‘ sagen, aber kein Ton kam über
meine Lippen.
Edward spürte wohl mal wieder, was in mir vorging und auch wenn ich mit dem
Rücken nun zu ihm stand, spürte ich sein Lächeln. „Komm einfach her“,
sagte er mit liebevoller Stimme.
Ich atmete kurz aus, drehte mich und kroch zu ihm unter die Decke, die er mir
bereitwillig hoch hielt. Schnell drehte ich ihm den Rücken zu. Er sollte
schließlich nicht mein rotes Gesicht sehen. Es musste so rot wie eine Tomate
sein. Mit Sicherheit war es so rot. Das war doch alles mehr als peinlich und
mein Verhalten machte es nicht gerade besser.
Doch statt mich zu fragen, warum ich hier war, las er anscheinend einfach sein
Buch weiter. Er tat nichts. Er ließ mich einfach neben sich liegen, als wäre
es so normal. Ja, als wäre es das normalste auf der Welt.
Vermutlich war ich auch die Einzige, die sich hier so sehr zum Affen machte,
dass es vielleicht auch eine Nominierung für die Liste reichte.
„Willst du nicht fragen, warum ich hier bin?“
„Warum sollte ich?“
Ich seufzte. Er war so wundervoll. Ja, das war er. Absolut. „Ich fand den
Abend sehr schön“, fing ich nun neu an.
„Ja, das fand ich auch. Danke, dass du mit mir getanzt hast.“
Ich drehte mich zu ihm um und blickte ihn fragend an. Wie konnte jemand nur so
liebevoll und süß sein? Das gehörte sich echt nicht. Das war eigentlich eine
Unverschämtheit, aber er war ja so süß. „Danke, dass du dir soviel Mühe
mit mir gibst.“
Edward blickte nun von seinem Buch auf und blickte mich an. Fragend. Aber er
grinste dabei, wie er es immer tat. Er griff auf den Nachtisch neben sich und
legte ein Lesezeichen auf die Seite, an der er stehen geblieben ist, damit er
das Buch zuklappen und zur Seite legen konnte.
Dann rutschte er auf einem Bett nach unten und blickte mich lächelnd an. „Ich
gebe mir doch keine Mühe mit dir.“
„So würde ich das allerdings schon bezeichnen“, widersprach ich ihm. Ich
war nicht einfach, vermutlich verdammt kompliziert und er nahm es einfach hin.
„Bella.“ Er strich mir übers Haar. „Ich genieße jede Minute mit dir und
finde dich wundervoll. Ich bin dir ehrlich gesagt dankbar, dass du mir meine
Dummheit, dass ich dich die letzte Zeit einfach so ignoriert hatte,
entschuldigst und mir verzeihst.“
Ich lächelte. „Da gibt es nichts zu verzeihen.“
„Das finde ich schon.“
„Wir sind uns nie einig, oder?“, fragte ich lächelnd.
„Scheint so.“ Er lächelte und küsste mich auf die Stirn. „Aber ich finde
es schön, dass du jetzt hier bei mir liegst.“
„Ja, das finde ich auch.“ Langsam aber sicher, kuschelte ich mich näher an
ihn heran.
Er legte den Arm zur Seite und ich legte meinen Kopf auf den Arm, damit ich mich
noch näher an ihn heran kuscheln könnte. Schließlich ruhte dieser Arm auf
meinem Rücken, den er streichelte. „Also sind wir uns doch mal einig.“
Ich nickte mit einem Lächeln und gähnte.
Es war ein so schöner Moment und ich musste gähnen. Na ja, ich war wirklich
müde.
„Wir sollten schlafen“, erklärte er mir.
„Ja, vielleicht.“
„Vielleicht?“
„Vielleicht“, wiederholte ich lächelnd. Ich malte Kreise auf seinem
Oberkörper. „Sag mal, wie viele CDs hast du da eigentlich?“
„Zu viele“, antwortete er mir lächelnd.
„Sind die nach einem bestimmten System sortiert?“
„Ja, sind sie.“ Er küsste mich noch mal auf die Stirn. „So und nun schlaf
mein Engel.“
Ich nickte und schloss die Augen. Ja, heute Nacht würde ich bestimmt wundervoll
schlafen. Außerdem hatte er mich wieder sein Engel genannt. Edward war einfach
wundervoll. Ein besseres Wort fiel mir einfach gar nicht ein.
Kapitel 19: Guten Morgen
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Es liegt an der Natur des Menschen, dass er immer auf der Suche nach
Eindringlingen ist
und versucht diejenigen, die draußen sind, am hereinkommen zu hindern.
Aber es wird immer jene geben, die sich in unser Leben hineindrängen,
sowie es auch immer jene geben wird, die wir herein bitten.
Doch die, die uns am meisten beunruhigen,
werden immer die sein, die draußen stehen und hereinschauen
- diejenige, die wir nie wirklich kennen lernen
Ich erwachte, als leise Musik, gefolgt von einem unterdrückten Fluch und dem
Klacken eines Schalters, ertönte. Die leise Musik verstummte so gleich wieder
und sofort herrschte Stille in dem fast völlig verdunkelten Raum.
Langsam öffnete ich die Augen. So wirklich wollte mir das aber nicht gelingen,
meine Lider waren einfach noch viel zu schwer, leicht verklebt durch Schlafsand.
Es war dunkel. Nur das fahle Morgenlicht, das durch einen millimeterbreiten
Spalt zwischen den schweren Vorhängen drang, warf einen kleinen Lichtstrahl
herein. Ich musste mit den Augen blinzeln und wirklich was erkennen zu können.
Vorsichtig drehte ich mich um und versuchte, meine sieben Sinne zu sortieren und
die Geschehnisse des vergangenen Tages Revue passieren zu lassen.
Wie schwer war es doch immer gewesen, morgens alleine aufzuwachen. Mit der
Gewissheit, dass da keiner war, der einen anlächelte, wenn man die Augen
öffnete. Es war Alltag gewesen. Mein Alltag. Während meine liebe Mitbewohnerin
Angela aus dem Wohnheim oft wechselnde Liebschaften hatte und ziemlich oft einen
Kerl mit im Bett hatte, so war ich doch immer alleine. Sie hatte ihren Spaß.
Ich wollte diesen Spaß auf diese Art aber nicht haben.
Klar, das war auch ganz gut. Ich wollte nicht einfach nur Sex mit einem Kerl. Da
musste schon mehr dahinter stecken.
Also schlief ich alleine ein und wachte alleine auf. Aber da gingen die
Meinungen von Angela und mir wohl auseinander.
Aber so schlimm war das nie gewesen. Wir haben uns ja dennoch super verstanden.
Aber es war okay, alleine einzuschlafen und alleine aufzuwachen.
Moment!
Ich war doch gestern gar nicht alleine eingeschlafen. So langsam kam die
Erinnerung wieder zurück. Und vor allem, war ich gar nicht in meinem Bett
eingeschlafen. Nein.
Ich lag in seinem Bett. In seinem!
Mit wiedergeschlossenen Augen ließ ich meine Hand langsam über das kalte Laken
des Bettes gleiten.
Dann spürte ich ihn. Den anderen Körper.
Ich war wirklich nicht alleine im Bett.
Er war neben mir. Hatten wir die ganze Nacht in einem Bett verbracht?
Unwissend, was ich nun machen sollte, ließ ich meine Augen immer noch
verschlossen. Das war nun gerade wirklich zu viel.
Ich hatte sich gar nicht überlegt, was ich ihm am nächsten Morgen zu ihm sagen
sollte. Ich war gestern ja eigentlich Hals über Kopf zu ihm ins Zimmer gekommen
und hatte mich einfach zu ihm gelegt. Gut, Hals über Kopf war nun auch etwas
übertrieben. Was er wohl denken musste?
„Entschuldige“, hörte ich nun plötzlich seine süße Stimme flüstern.
Seine Stimme war meinem Ohr sehr nahe, zumindest fühlte es sich so an, als
wäre kaum eine Entfernung zwischen uns. Er hatte es so leise gesagt, fast
unhörbar, als wolle er testen, ob ich überhaupt wach war.
Langsam öffnete ich die Augen und blickte in sein Gesicht und in seine
wundervollen schönen Augen. „Hast du vergessen, deinen Wecker
abzustellen?“
„Mhm“, brummte er zustimmend und rutschte wieder unter die Decke zurück, um
mich in die Arme zu nehmen.
Ich errötete sofort und war froh, dass er mich nicht ansah.
„Tut mir leid, dass ich dich dadurch geweckt habe, Liebes. Schlaf ruhig noch
ein bisschen, es ist noch sehr früh.“
Liebes?
Es klang so vertraut und auch so schön, als er das zu mir sagte. Es klang
wirklich schön. Liebevoll. Richtig.
„Und du?“, fragte ich und unterdrückte mir nur mit Mühe ein Gähnen, denn
allzu viel Schlaf hatte ich in dieser Nacht nicht abbekommen. Wir waren wohl
doch erst sehr spät nach Hause gekommen und anscheinend war es auch sonst noch
sehr früh.
„Ich bin immer um diese Zeit wach. Eigentlich brauche ich meinen Wecker gar
nicht, aber für alle Fälle ist er immer eingeschaltet. Nur gestern hätte ich
ihn wohl besser abgestellt. Ich habe es vergessen und das tut mir leid.“ Ich
sah sein wundervolles Lächeln. „Schlaf wieder ein, mein Engel.“
„Ich bin jetzt auch wach“, murmelte ich, kuschelte mich aber noch ein wenig
schläfrig an seine Brust. Ich wusste nicht mal genau warum ich das tat. Aber es
fühlte sich eigentlich sehr gut an. Ja, ich fühlte mich an seiner Brust, an
seinem Körper sehr wohl. „Darf ich dich was fragen?“
„Alles was du möchtest“, hörte ich seine Stimme. Da ich meinen Kopf auf
seinen Brustkorb gelegt hatte, hörte ich seine Stimme auch durch seinen
Körper. Brummend. Es klang toll. Es klang wie Musik. Wundervolle und schöne
Musik.
„Was ist das hier mit uns?“
Eigentlich war das so eine dumme Frage und eine ähnliche hatte ich ihm schon
mal gestellt. Aber ich wusste, dass er mir diese doofen Fragen niemals übel
nehmen würde. Edward doch nicht.
Ich spürte, dass er lächelte. Ich musste ihn dazu nicht mal anschauen, nein,
sein ganzer Körper lächelte ja regelrecht mit.
Das nächste was ich spürte, war sein Arm, der sich um mich legte, mich fester
an sich drückte und mich schließlich am Rücken kreisend streichelte.
„Ich kann dir sagen, was das hier ist“, fing er an.
Ich hörte ihm einfach nur zu. Seine Streicheleinheiten auf meinem Rücken
ließen mich in seinen Armen entspannen. Es fühlte sich einfach so an, als
gehörte das so.
„Ich bin in dich verliebt und das schon seit einer langer Zeit. Und du... Du
bist einfach der tollste Mensch den ich kenne. Also kann es nur so sein, dass
ich mich noch nie so wohl gefühlt habe, wie in diesem Augenblick.“
Ich musste lächeln. Genau das gleiche lag mir auf der Zunge, nur das ich mich
traute, es auszusprechen. Doch er trug sein Herz offenbar auf der Zunge.
„Das hier...“, meinte er weiter. „Das sind wir. Du und ich und unsere
Zukunft.“
„Unsere Zukunft?“, fragte ich ihn, lächelte dabei aber, weil es sich
verdammt noch mal schön anhörte.
„Genau, der Anfang unsere Zukunft“, wiederholte er es.
Das fühlte sich so schön an. So wundervoll. Mir fehlten richtig die Worte. Und
wenn ich keine Worte hatte, um ihn das zu sagen, was ich gerade empfand,
vielleicht sollte ich es ihm zeigen.
Ich löste mich etwas in seiner Umarmung und blickte ihn lächelnd an.
„Guten Morgen übrigens“, meinte er zu mir und lächelte mich zuckersüß
an.
„Guten Morgen“, murmelte ich mehr zu mir selber, als zu ihm hin. Ich nahm
eigentlich mehr oder minder meinen Mut zusammen, den ich an diesem Morgen, um
diese Uhrzeit schon zusammenkratzen konnte und küsste ihn.
Zuerst vorsichtig. Doch als ich spürte, dass er von dieser Idee, meine Gefühle
auf diese Art und Weise ihm zu zeigen, gar nicht abgeneigt war, verstärkte ich
den Kuss.
Seine Hände machten sich anscheinend wie von selbst selbstständig und ruhten
nun an meiner Seite. Er zog mich fester an sich. Seine eine Hand wanderte nun zu
meinem Nacken hoch, strich dabei über meine Wirbelsäule und sorgte dafür,
dass mir ein leichter Schauer über den Rücken lief. Schließlich ruhte seine
Hand in meinem Nacken, an dem er mich festhielt und den Druck den unser Kuss
schon ausübte verstärkte.
„Bella...“, seufzte er leicht auf, als sich unsere Lippen wieder von
einander lösten
„Entschuldigung“, brachte ich nur hervor, grinste ihn aber an.
Er lächelte „Warum entschuldigst du dich denn?“, fragte er mich liebevoll.
Ich zuckte einfach mit der Schulter. Ich wusste es selber nicht, also was sollte
ich ihm denn sagen.
„Du bist mir schon Eine“, sagte er lächelnd und zog mich wieder zu sich.
In mir waren diese tausend und abertausend Schmetterlinge, die sich in mir
sammelten und in mir für Chaos sorgte. Ich konnte dagegen einfach nichts tun
und eigentlich wollte ich das auch nicht. Denn dieses freie Gefühl in mir, war
mehr als nur angenehm. Es war himmlisch. So fühlt es sich also an, wenn man
verliebt ist, stellte ich grinsend fest.
„Wie soll es weitergehen?“, fragte ich ihn. Ich wusste selber nicht, warum
ich gerade jetzt solche Fragen stellte. Aber vielleicht, weil ich einfach ein
wenig Angst hatte. Angst vor Zurückweisung. Oder vielleicht war das alles
einfach noch zu Neu und Fremd für mich.
Statt zu lachen oder mich skeptisch anzuschauen, blickte er mich liebevoll an.
Sein Blick war so sanft. Dennoch war er ein wenig verblüfft über diese Frage.
„Ich würde dir gerne zeigen, was ich gerade für Gedanken habe“, meinte er
flüsternd zu mir. „Du kannst dann selber entscheiden, ob es für dich okay
ist, wenn es so weitergehen wird.“ Seine Lippen berührten nur leicht die
Außenseite meiner Ohrmuschel und wanderten dann mit sanften Küssen über
meinem Hals zu meiner Schulter, die vom weiten Ausschnitt meines Oberteils frei
gegeben wurde.
Ein kalter Schauer rieselte sanft und betörend über meinen Rücken und ich war
recht froh, dass er mich festhielt, denn sonst wäre ich wie in einem alten
Stummfilm beseelt zu Boden abgesunken. Aber ein Glück lagen wir ja in seinem
Bett.
Na ja, ob das wirklich Glück war, das würde sich wohl selber noch raus
stellen.
„Ist dir kalt?“, murmelte er mit heiserer Stimme und ich wusste plötzlich,
dass meine hart gewordenen Brustknospen durch die dünne Stoffschicht des
Oberteils deutlich zu spüren waren.
Ich errötete schnell, als ich es merkte. Ich hätte etwas anderes anziehen
sollen. Vielleicht meinen Snoopi-Pijama, der war aus dickerem Stoff. Nein, ich
hatte nur diesen dünnen Schlafanzug an.
Ich wollte weg schauen, doch da war Edwards Hand, die eben noch in meinem Nacken
geruht hatte, zu meinem Kinn gewandert und hielt mich fest. Ja, er hielt meinen
Blick so fest.
„Und?“, hakte er noch mal nach und grinste dabei.
„Nein“, keuchte ich ein wenig atemlos, als sein Mund die entgegengesetzte
Richtung aufnahm und eine feuchte Spur an meinem Hals hinterließ. „Eher genau
das Gegenteil!“ Ich konnte so langsam gar nicht mehr klar denken.
Edward hatte sich inzwischen ein wenig von mir gelöst, war nun leicht über
mich gebeugt und küsste und streichelte mich.
„Ich will dich! Du machst mich wahnsinnig!“, knurrte er schwer atmend und
bog seinen Kopf ein wenig zurück. Er blickte mich liebevoll an. Nein, dieser
Blick war eher leidenschaftlich als liebevoll.
Und ich wusste, dass er in meinem Blick ein wenig Entsetzen sah. Ich war
wirklich entsetzt. Über seine Worte. Aber dennoch wollte ich nicht gehen oder
so. Ich wollte bei ihm bleiben. Ihn spüren. Ihn hören.
„Wenn du das nicht willst, sag rechtzeitig Bescheid. Am besten jetzt. Wer
weiß, wie lange ich mich noch neben dir Schönheit noch zusammenreißen
kann.“
Eigentlich wollte alles in mir sich wehren und so schnell wie möglich aus
diesem Bett krabbeln, doch ein anderer Teil, wollte das gar nicht. Und zuerst
schien es in mir einen großen Konflikt zu geben, doch dann schwenkte die eine
Seite die weiße Flagge und ich ergab mich Edwards Küssen.
Edward lächelte mich an und in seinem Blick war keine Sanftheit mehr. Nein,
darin lag nun etwas Erotisches, Leidenschaftliches.
Er beugte sich nun ganz über mich und stützte seine Arme links und rechts
neben meinem Kopf ab, so dass er nun über mir war und sein Gewicht leicht auf
meinem Körper lag.
Er lächelte auf mich herunter und küsste mich immer wieder, sanft auf die
Lippen.
Ich hielt den Atem an und ich spürte wie alle unklaren Gedanken in meinem Kopf
verschwanden. Nein, ich konnte an nichts mehr denken. Da waren nur noch Edwards
Hände und seine Lippen. Überall. Seine Hände. Überall.
Edward beugte sich nach unten und berührte mit seinen Lippen leicht die
Erhebung meiner Brüste durch den Stoff meines Oberteils. Ich seufzte dabei auf
und es schien als würde ich alles um mich herum vergessen. Es verschwamm
einfach alles.
„BELLA!“
Wir schreckten Beide hoch.
Anscheinend mussten wir wieder eingeschlafen sein. Ich blickte ihn an und
errötete sofort.
Mein Schlafanzug lag auf dem Boden des Zimmers. Seines Zimmers. Wir hatten uns
nur gestreichelt und geküsst gehabt und es war wunderschön gewesen. Es war so
schön gewesen, halbnackt neben ihm im Bett zu liegen. Wir hatten beide nur noch
unsere Shorts angehabt, ansonsten berührte sich nur Haut auf Haut. Es gab keine
Trennwand mehr zwischen uns.
Auch in Edwards Gesicht entdeckte ich das Lächeln, dass auch ich auf dem
Gesicht hatte. Verträumt und verliebt schauten wir uns an.
„BELLA!“
Unsere Köpfe schossen sofort zur Tür.
Es war Alice' Stimme und diese kam verdammt nahe.
Schnell zog ich mir die Bettdecke bis unter die Nase und schon im nächsten
Moment öffnete sich die Tür und Alice schaute herein. „Edward, weißt du
wo... Oh...“, meinte sie, als sie mich in seinem Bett entdeckte. „Oh“,
wiederholte sie noch mal. Sie stand wie starr an der Tür und schaute uns
fragend an.
„Alice, vielleicht solltest du die Tür wieder schließen. Du hast Bella ja
nun gefunden“, meinte Edward schmunzelnd. Wie konnte er in diesem Moment
schmunzeln? Ich fand das gar nicht zu lachen. Aber er schien das vollkommen
lustig zu sehen.
Ich spürte die Hitze mir in den Kopf steigen. Eine wirklich tolle Situation.
Ich seufzte, ließ mich nach hinten fallen und zog die Decke ganz über meinen
Kopf und verkroch mich darunter. Ich holte tief Luft und versuchte nach zu
denken.
Die Tür ging zu. Ich hörte es ganz deutlich.
Alice hatte kein Wort mehr gesagt. Es hatte ihr also die Sprache verschlagen.
Ich habe noch nie erlebt, dass etwas Alice die Sprache verschlägt. Was Alice
nun denkt?
Sie erzählt es bestimmt sofort Esme und Carlisle und dann wissen es auch sofort
meine Eltern. Und dann wird sie es Jasper erzählen und der wird es Emmett und
Rosalie sagen und dann... und dann...
„Bella?“, hörte ich nach einer Weile seine Stimme.
Vorsichtig lugte ich unter der Decke hervor. Ich wusste dass mein Kopf immer
noch einer Tomate Konkurrenz machen konnte, und eigentlich wollte ich mich auch
wieder unter der Decke verkriechen, doch er lächelte mich so liebevoll an. Da
war sie wieder. Diese angenehme Sanftheit.
„Alles okay?“, fragte er vorsichtig.
„Du fragst ob alles okay ist?“, fragte ich entsetzt zu ihm. „Hallo? Deine
Schwester ist hier gerade rein gekommen.“
„Ja, das habe ich auch festgestellt. Das nächste Mal sollten wir
abschließen.“
„Es wird kein nächstes Mal geben“, meinte ich sofort und zog mir die
Bettdecke wieder über den Kopf. Doch ich konnte mich gar nicht so schnell an
der Decke fest krallen, als sie mir auch schon wieder vom Kopf gerissen wurde.
„Warum sagst du das?“ In seinem Blick lag Traurigkeit. Hatte ich ihn etwa
mit meiner Aussage verletzt oder traurig gestimmt?
„Weil das nicht geht.“
„Was geht nicht?“ Er kam meinem Gesicht mal wieder bedrohend nahe und dabei
lächelte er mich auch mal wieder so verführerisch an.
„Das wir in einem Bett aufwachen. Wir sind Mitbewohner. Das geht doch nur
schief. Ich habe vornherein gesagt, dass es eine dumme Idee ist, dass ich
hier...“
Ich kam nicht weiter, denn ich spürte plötzlich die Lippen von Edward auf den
meinen. „Rede doch nicht so was“, murmelte er lächelnd zu mir, zwischen den
Küssen zu mir. Gott, wenn er mich mit dieser sexy rauen Stimme ansprach, war
wirklich jeder Widerstand im Keim erstickt.
Er hauchte mir die Worte so liebevoll zu, wie die Küsse, mit denen er mich
regelrecht überschüttete. Was wollte ich noch mal sagen?
„Aber...“
„Nichts aber!“, meinte er ernst.
„Ich meine es ernst.“
„Sicher?“ Und wieder spürte ich seine Küsse auf den meinen.
„Nur weil wir dann nicht in einem Bett schlafen...“, fing ich an. „Heißt
es ja nicht, dass wir uns nicht küssen, oder?“ Gott, ich verhandelte mit ihm
gerade unsere Beziehung aus.
Er lächelte, als er das von mir hörte. Anscheinend hatte er so was schon
erwartet. Er ließ von mir ab und lehnte sich wieder gegen die Wand. „Also ich
erkläre dir das gerne mal.“
„Was willst du mir erklären?“ Ich suchte nach dem Oberteil meines
Schlafanzuges und überlegte, wie ich es am besten wieder bekommen könne, ohne
dass ich hier halb nackt in seinem Zimmer herum laufen müsste.
„Also als Paar ist das ganz normal, wenn man nebeneinander einschläft und
noch schöner ist es dann, wenn man gemeinsam aufwacht. Küssen gehört dazu.
Genauso wie Streicheln und Kuscheln. Und auch nebeneinander einschlafen“,
erklärte er mir die Regeln, was wohl zu einer Beziehung gehörte.
„Und was willst du mir damit nun sagen?“, fragte ich ihn.
„Entweder alles oder gar nichts.“
Bitte? Geschockt blickte ich ihn an.
Das war wirklich nicht fair. Wirklich unfair. Er spielte mit unfairen Mitteln.
Nein, er nutzte es aus, dass ich seinen Küssen verfallen war. Genau, so war es.
Und das schlimmste war, er wusste anscheinend welche Wirkung er auf mich hatte.
Entweder alles oder gar nichts. Das war eine schwierige Entscheidung.
Ich blickte ihn an, doch er sah nur schmunzelnd weg. Er spielte mit mir.
Eindeutig.
Aber er sah so gut dabei aus.
Und es war so schön gewesen, neben ihn aufzuwachen. Aufzuwachen, die Augen zu
öffnen und in das schönste Gesicht der Welt zu schauen. Und dann zu wissen,
dass das Lächeln, dass er in diesem Moment aussendet, einem ganz alleine
gehört. Sollte ich das wirklich alles aufgeben wollen?
„Und?“, fragte er mich
„Was und?“
„Hast du dich schon entschieden?“
Ich holte tief Luft. Aber eigentlich war die Entscheidung gar nicht so schwer.
Nein, eigentlich gab es nie wirklich eine Entscheidung. Ich würde mich immer
so entscheiden. Ich lächelte ihn an und nickte, dann setzte ich mich ein wenig
auf und zog ihn an mich. „Ja, ich hab mich entschieden.“ Grinsend küsste
ich ihn und er grinste genauso.
„Diese Entscheidung gefällt mir sehr gut.“
„Ja, das dachte ich mir“, meinte ich schließlich lächelnd zu ihm.
Wir kuschelten uns an einander und es war so, als wäre Alice nie ins Zimmer
gekommen. Als hätte uns nie jemand gestört. Die einzigen die da waren, waren
er und ich. Alles andere interessierte niemanden. Zumindest mich in diesem
Moment nicht.
Er streichelte über meine Handinnenfläche, was mich zum Lächeln brachte, weil
es kitzelte.
„Deswegen hab ich mich auch so entschieden.“ Ich grinste ihn als
zusätzlicher Bestätigung dieses Satzes an. „Du hast ja selber gesagt, dass
du in mich verliebt bist. Eigentlich bist du ganz verrückt nach mir und ich
will ja nicht zulassen, dass du plötzlich alleine da stehst. Ich habe das also
nur für dich getan“, versuchte ich ihm zu erklären.
„Ja, sicher doch“, meinte er und blickte mich skeptisch an.
„Das kannst du mir ruhig glauben. Es geht hier gar nicht um mich. Ich bin
nämlich selbstlos, musst du wissen.“
„Interessante Theorie“, meinte er dazu nur.
Ich lächelte und kuschelte mich fester an seinen nackten Oberkörper. Nicht nur
sein Gesicht war perfekt. Nein auch sein Oberkörper. Vermutlich sogar sein
ganzer Körper. Er war ein Adonis. Ein Gott. Eindeutig. Es war toll neben diesem
Körper zu liegen, zu wissen, dass dieser Körper irgendwie mir gehörte. Das
ich darauf Anspruch hatte.
Ich alleine. Keine andere. Gut, so selbstlos klang das nun auch wieder nicht.
Ziemlich besitzergreifend. Aber egal.
Irgendwann waren wir dann also doch noch mal aufgestanden.
Alice blickte uns grinsend an, als wir aus Edwards Zimmer kamen. Anscheinend
hatte sie wieder zu sich selber gefunden.
„Guten Morgen ihr Süßen“, meinte sie mit zuckersüßer Honigstimme. Sie
hatte schon wieder Hintergedanken. Immer wenn sie in dieser Stimmlage mit mir
sprach, wollte sie was von mir.
„Und wir habt ihr so geschlafen?“ Sie grinste bei dieser Frage.
„Oh sehr gut, Alice. Man hat anscheinend endlich erkannt, wie schlimm es für
mich ist, dich als Schwester zu haben, deswegen hat man mir als Wiedergutmachung
einen Engel ins Bett geschickt“, meinte Edward seelenruhig und ging an den
Kühlschrank um sich ein Glas Orangensaft einzuschenken. „Bella möchtest du
auch einen O-Saft oder Kaffee?“
„Doofe Frage“, meinte ich zu ihm und griff nach der Kaffeekanne.
Was wollte ich auch schon mit einem Glas Orangensaft um wach zu werden? Da half
echt nicht nur Kaffee.
Er grinste und setzte sich mit mir an den Küchentisch.
Alice drehte sich auf ihren Stuhl zu uns um und blickte uns musternd und
interessiert an.
Edward und ich hatten geschworen uns nichts anmerken zu lassen und einfach
normal zu tun. Mal davon abgesehen, dass ich einen Pulli von Edward an hatte,
war ja auch eigentlich alles ganz normal. Gut, wir waren beide aus seinem Zimmer
gekommen. Aber das können wir ja mal außen vor lassen. Oder?
„Hab ich gestern was nicht mitbekommen?“, fragte Alice und nippte an ihrer
Kaffeetasse.
„Was meinst du?“, fragte ich sie. Es fiel mir verdammt schwer, dieses Spiel
mit zu machen. Aber Edward und ich wollten uns auch mal einen Spaß mit Alice
erlauben. Schließlich waren wir auch oft ihre Zielscheibe wenn es um Scherze
und so was ging. Und ihre Aktionen waren nicht so harmlos, wie unsere nun. Und
dennoch fiel es mir verdammt schwer, nicht einfach laut los zu prusten vor
Lachen.
Ich blickte zu Edward, der sich in aller Ruhe ein Marmeladenbrötchen schmierte.
Eigentlich war es ganz schön mit den beiden zu frühstücken. Es war richtig
toll. Wie eine kleine Familie wirkte das. Wie Geschwister. Na ja, früher waren
wir das wohl auch mal gewesen. Aber inzwischen war die Beziehung von Edward und
mir wohl weit über die von Geschwister. Sonst wäre das ja Inzest… okay, ich
sollte eindeutig nicht mehr daran denken.
„Na, ich meine, das Bella bei dir im Bett lag.“
„Ihr Bett war ihr gestern zu kalt“, sagte Edward erklärend.
Ich wollte ihn skeptisch anschauen, aber auch das, versuchte ich zu
unterdrücken. Was war denn das für eine Erklärung? Es war verdammt schwer
nicht einfach los zu lachen.
„Ach so und deswegen ist sie zu dir gekommen.“
„Ja, da ist es nun mal wärmer.“ Nun biss er in sein Brötchen, blickte mich
grinsend dabei an. Aber er blieb immer noch ernst. So ernst wie das in diesem
Spiel nun mal möglich war. „Ja, ich denke sie wird vielleicht krank. Da ihr
auch heute Morgen so kalt war, als sie aus dem Bett gekrochen ist, hab ich ihr
einen Pulli gegeben.“
Das stimmte sogar.
Teilweise. Mir war wirklich kalt gewesen, als er die Bettdecke von mir gezogen
hatte. Aber dann hatte er sich bereit erklärt gehabt, mich mit seinem Körper
noch mal zu wärmen. Ich hatte den Pulli nur an, weil ich das das
Schlafanzugoberteil irgendwie unpassend fand. Aber man kann es ja drehen und
wenden wie man möchte. Nicht?
„Schon klar“, meinte Alice und seufzte auf. „Wann wollt ihr mir die
Wahrheit sagen?“
„Was denn für eine Wahrheit?“, fragte Edward.
Nun konnte ich nicht mehr. Ich fing an zu lachen.
Er blickte an und musste nun auch lachen.
Alice blickte uns einfach nur an und seufzte, aber schließlich lachte auch sie
mit. „Ihr seid mir schon welche.“
„Wenn du heute Morgen nicht herein gekommen wärst...“, fing Edward
plötzlich an.
Ich schaute ihn echauffiert an. Was wollte er denn nun schon wieder sagen?
„Entschuldigung. Ich hab mir nun mal Sorgen um meine Schwägerin gemacht.“
„Schwägerin?“, fragte ich sie. Was war denn nun hier los? Hab ich nun was
nicht mitbekommen?
„Klar, Schwägerin. Ich meine ob nun Schwester oder Schwägerin. Ist mir
beides recht und wenn ihr dann heiratet, ist es eh egal.“
Ich blickte sie fragend an. „Nun mal ganz langsam mit den Pferden.“
„Ich finde die Idee gar nicht mal so schlecht“, hörte ich es plötzlich
neben mir.
Mein Blick wanderte von Alice zu Edward. „Hallo? Geht’s noch?“, fragte ich
ihn. Er sollte auf meiner Seite sein. Anscheinend mussten wir wirklich noch mal
über unsere Beziehung nachdenken, denn wenn ich einen Freund hatte, sollte der
wirklich auf meiner Seite sein. Das war wirklich ein Gesprächspunkt.
Aber Heiraten? Bitte? Dafür waren wir meiner Meinung nach viel zu jung, mal
davon abgesehen, dass wir noch gar nicht so lange zusammen waren.
Was dachte dieser Typ eigentlich?
„Ich meine nicht sofort“, sagte er schnell.
„Das will ich auch gehofft haben.“ Ich seufze auf.
Gut, so stellte ich mir dieses Frühstück nun doch nicht vor. Müssen die mir
immer in den Rücken fallen. Beide. Diese blöden Cullen-Geschwister. Aber
eigentlich waren sie ja ganz süß. Beide. Jeder auf eine andere Art und Weise
natürlich, versteht sich.
Und dennoch mochte ich es mit ihnen morgens zu frühstücken. Das war oft die
einzige Mahlzeit die wir alle Drei gemeinsam verbrachten, denn dann ging meist
unser Tagesplan anders voran.
Es klopfte an der Tür.
Ich blickte auf die Uhr die an der Wand hing. „Wer ist denn das?“, fragte
ich Beide. „Erwartet ihr jemand?“
Beide schüttelten nur den Kopf und diskutierten über irgendeinen Professor.
Ich nickte nur, stand auf und ging an die Wohnungstür um diese zu öffnen. Ich
war überrascht als ich Emmett sah. Doch was mich noch mehr überraschte, war,
dass er nicht wie sonst grinste. War etwas vorgefallen? Er grinste doch sonst
immer, sein Gesichtsausdruck gefiel mir gar nichts.
„Edward, es tut mir echt Leid. Aber sie wollte unbedingt zu dir. Ich hab ihr
gesagt, dass das nicht geht. Aber sie wollte einfach.“
Ich fragte mich von wem Emmett sprach, blickte fragend zu Edward, der von seinem
Stuhl schon aufgestanden war, doch da schob sich auch schon eine junge Frau an
Emmett vorbei und trat in unsere Wohnung. Sie sah sehr gut aus und schick
gekleidet. Sie trug einen weißen Blazer und darunter schaute ein schwarzer
Bleistiftrock hervor. Dazu trug sie schwarze Stiefel, mit Absätzen, die ich mir
nicht mal im Traum anzuziehen traute.
Als sie Edward erblickte, fing sie an zu strahlen. Ohne mich auch nur einmal
anzuschauen, ging sie an mir vorbei, eilte regelrecht auf Edward zu und schmiss
sich ihm um den Hals. „Ich hab dich ja so vermisst“, meinte sie.
Ich blickte fragend zu Emmett, der sich nervös am Hinterkopf kratzte. „Tut
mir Leid, Ed, aber Brooke wollte dich einfach sehen. Ich konnte nicht anders.“
Brooke? Die Brooke?
Moment Mal. Was macht sie bitte hier?
Ich blickte zu Edward und irgendwie tat mir dieser Anblick weh. Schrecklich weh.
Ich schluckte schwer.
Kapitel 20: Erinnerungen an den Sommer mit 11 Jahren
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Hat schon jemand das perfekte Paar kennen gelernt?
Die beiden Seelenverwandten, deren Liebe niemals endet?
Die beiden Liebenden, deren Beziehung nie gefährdet ist?
Die Eheleute, die einander vollkommen vertrauen?
Sollte noch niemand das perfekte Paar kennen gelernt haben,
möchte ich sie hiermit vorstellen:
Sie stehen oben auf einer Schicht Buttercremeglasur.
Und das Geheimnis ihres Erfolges?
Nun, zunächst einmal müssen sie einander nicht ansehen...
--- Erinnerung ---
„Ey, pass mal auf“, schrie Emmett vom Feld in der Mitte.
Ich hielt zum ersten Mal in meinem Leben so einen Holzschläger in die Hand. Das
Gewicht war absolut ungewohnt in meinen Händen und meine Oberarme zitterten
etwas.
Alice und Edward hatten versucht mir die Grundregeln von Baseball zu erklären,
aber ich glaubte, dass bei mir Hopfen und Malz verloren war. Ich hatte das
vorher noch nie gespielt, doch seit Edward in der Schule der Mannschaft
beigetreten ist, spielten sie es wohl seit dem letzten Sommer regelmäßig.
Also noch mal zusammenfassen:
Baseball ist eine Ball- und Mannschaftsportart US-amerikanischer Herkunft.
Baseball ist hier die traditionsreichste Sportart. Baseball wird von zwei Teams
zu je neun Spielern gespielt. Wir sind jetzt zwar keine neun Spieler pro
Mannschaft. Aber in der Nationalliga ist das wohl so, zumindest meint Edward
das.
Mehrfach abwechselnd hat ein Team das Schlagrecht (Offense) und kann Runs
erzielen, während das andere Team (Defense) das Feld verteidigen und den Ball
schnell unter Kontrolle zu bringen versucht. Ziel des Spiels ist es, mehr Runs
zu erzielen als der Gegner.
Die Spieler der Offense versuchen, den von der Defense geworfenen Ball zu
schlagen und anschließend gegen den Uhrzeigersinn den nächsten sicheren
Standpunkt (Base) zu erreichen. Wenn die Spieler der Defense den Ball schneller
unter Kontrolle bringen, können sie dies verhindern und der Spieler der Offense
scheidet aus. Wenn ein Spieler der Offense den Ball nicht trifft oder sich nicht
auf einer Base befindet, kann er durch Berührung mit dem Ball aus dem Spiel
genommen werden (out).
Ein Run wird erzielt, wenn ein Spieler der Offense alle drei Bases passiert hat
und seinen Ausgangsstandpunkt (Home Plate) wieder erreicht hat. Wenn vom Team
der Offense drei Spieler out sind, wechseln beide Mannschaften. Ein Durchgang
(eine Mannschaft spielt Offense und Defense) wird als Inning bezeichnet. Nach
neun Innings endet das Spiel.
Soweit klang das gar nicht mal so schwierig, doch dieser Schläger war verdammt
schwer.
„So Bella, meinst du, du kannst das?“, fragte Emmett mich.
„Klar, schafft Bella das“, meinte Alice neben mir und grinste mich an.
Ich schluckte, nickte aber und schaute zu Emmett: „Klar“, meinte ich aber
nicht ganz so sicher wie Alice. Ich war schon immer schlecht im Fangen gewesen
und ich sah es schon kommen, dass mir der Ball gleich ein blaues Auge verpassen
würde.
Edward stand im Feld und lächelte mir zu.
Alice stand hinter mir. Sie würde dann den Ball auffangen, wenn ich ihn nicht
treffen würde. Was vermutlich sehr wahrscheinlich war.
„Gut, ich mach auch nicht so stark, Bella“, rief Emmett mir zu.
Ich nickte nur und hielt den Schläger immer noch krampfhaft fest. Edward hatte
mir ein Baseballcape von sich geliehen, die nun die Sonne von meinen Augen
abschirmte. So konnte ich Emmett sehr gut erkennen.
„Bist du soweit?“
„Ja. Mach schon“, schrie ich ihm zu. Aber ich war absolut noch nicht sicher,
ob ich schon so weit war. Ich würde bestimmt eh nicht treffen. In Sport war ich
doch die absolute Niete. Ich würde ihn nie treffen.
Ich holte tief Luft, als Emmett ausholte und den Ball in meine Richtung warf.
Man, es kam mir echt so vor, als lief die Zeit gerade in Zeitlupe, denn der Ball
kam immer mehr auf mich zu und ich konnte den Ball richtig anpeilen. Ich hatte
noch Edwards Worte im Kopf, wie er mir versicherte, dass ich ihn auf jeden Fall
treffen würde. Ein Glück war er wenigstens davon überzeugt, ich war es
nämlich nicht.
Und dann holte ich einfach aus und presste die Augen fest zusammen, weil ich
Angst hatte, dass der Ball mich vermutlich treffen würde.
Das nächste was ich hörte, war ein Schlag.
Aber ich wurde nicht getroffen. Das war doch gut, oder?
Fragend öffnete ich die Augen und sah mich um.
„Lauf Bella!“, hörte ich Edward vom Feld rufen. „Lauf, das gibt einen
Home Run!“
Ein Home Run? Laufen? Ich nickte nur und tat was Edward mir gesagt hatte,
nämlich ich lief zur nächsten Base. Da Alice und Edward mir nicht gesagt
hatten, dass ich den Schläger los lassen sollte, rannte ich mit ihm und
verletzte mich zum Glück nicht. Das war mein absolutes Erfolgserlebnis in
Sachen Sport. Ich war eigentlich immer die Sportschülerin, die über ihre
eigenen Füße stolperte, doch das hier ging eigentlich.
--- Erinnerung Ende ---
Wir standen immer noch an unserem Frühstückstisch. Die Stimmung war eisig. Ich
traute mich kaum zu atmen oder eine falsche Bewegung zu machen. Emmett war
inzwischen in die Wohnung gekommen und hatte die Wohnungstür hinter sich zu
gemacht.
Alice blickte ihren Bruder fragend an.
Ich stand einfach nur in der Gegend herum, fühlte mich absolut fehl am Platz,
stützte mich an einem Stuhl ab, denn ich wusste absolut nicht was ich tun
sollte.
Und Edward?
Er hatte Brooke ein wenig von sich geschoben, doch sie blickte ihn immer noch
grinsend und strahlend an. Mir wurde beinahe schlecht, als ich sie so lächeln
sah. Was bildete die sich eigentlich ein? Was war denn bitte hier los?
Das war eindeutig ein sehr schlechter Morgen, dabei hatte er so schön
angefangen. Ich wollte wieder ins Bett und Edward sollte mitkommen, denn dann
würde diese Brooke ihn nicht mehr so belagern.
„Edward?“, meinte Alice mit ruhiger Stimme und stand nun endlich von ihrem
Stuhl auf. „Edward.“ Ihre Stimme wurde nun kräftiger. Sie trat an ihren
Bruder heran und schob sich zwischen Brooke und ihn. „Möchtest du uns nicht
freundlicherweise vorstellen.“ Nun war ihre Stimme wieder liebsäuselnd
geworden. Und ich kannte sie wenn sie so sprach. Dann gefiel ihr etwas ganz und
gar nicht. Und das wussten auch Emmett und Edward.
Alice war gerade die Einzige die das zeigte, ich machte das nicht. Ich konnte
das nicht. Irgendwie fehlte mir auch die Luft zu atmen. Ich wusste nicht was ich
denken sollte.
Brooke. Sie war wirklich hier. Gut, sie waren getrennt, aber warum war sie hier?
Aber warum umarmte sie ihn dann so? Warum blickte sie ihn dann so an? So schaute
man doch keinen an, wenn man getrennt war.
Nein, das war ein ganz anderer Blick. Das war der Blick, mit dem ich ihn auch
immer ansah.
Warum schaute also auch Brooke ihn so an?
„Natürlich“, fing Edward schließlich an. „Brooke, das ist meine
Schwester Alice.“
Alice reichte Brooke die Hand. „Das ist ja eine Überraschung, dass die
Exfreundin meines Bruders uns hier besucht“, meinte sie und lächelte sie an.
Sie betonte das Wort 'Exfreundin' besonders.
„Ja, das mit der Exfreundin ist so eine Sache“, meinte Brooke und
schüttelte Alice die Hand.
„Ja, was ist denn da das Problem?“, fragte Alice und blickte nun ihren
Bruder wieder an.
Edward seufzte. „Brooke, wir haben das klar und deutlich geklärt.“
„Ja? So recht will ich mich daran aber gar nicht mehr erinnern“, meinte sie
und blickte ihn sanft an.
Ich seufzte. Das war alles ein wenig zu viel für mich. Ich kam mir gerade wie
in einem billigen Film vor und ich betrachtete die Szene vom Rande aus. Ich war
noch nie eine Schauspielerin gewesen, deswegen würde ich die Drei ihren Film
alleine spielen lassen. „Emmett, möchtest du was zum Frühstück?“, fragte
ich ihn. Ich musste jetzt echt versuchen mich ein wenig abzulenken.
Überrascht blickte er mich an, nickte dann aber. „Ja, Bella, sehr gerne. Habt
ihr Erdbeermarmelade?“
Ich nickte. „Ja, eine ganz leckere von Esme.“ Alice, Edward und dieser
Brooke drehte ich den Rücken zu, als ich Emmett einen Teller und eine Tasse
reichte. „Setzt dich einfach hin.“
„Bella“, hörte ich nun Edwards Stimme.
„Ist schon okay“, murmelte ich nur vor mich hin. Nein, ich spürte, dass
hier gar nichts okay war. Meine Knie zitterten und wurden weich. „Ich...“
„Brooke es ist besser, wenn du jetzt gehst“, sagte Edward nun.
„Aber Ed, ich bin nur wegen dir aus New York hier her gekommen“, wollte sie
ihm widersprechen.
Ohne lange weiter drüber nach zu denken, eilte ich in mein Zimmer. Ich konnte
das alles nicht mehr hören. Ich ertrug das einfach nicht. Diese Tussi sollte
verschwinden. Dieser Schmerz in meiner Brust war stechend und einfach zu stark
um ihn noch länger zu ignorieren.
Alice' Sicht:
Das war doch echt nicht zu glauben.
Da taucht diese daher gelaufene Person hier einfach auf, nimmt sich das Recht
hier in die Wohnung zu kommen, uns alle zu ignorieren, um sich einfach Edward um
den Hals zu werfen? Und dann...ARGH…
Warum ist Edward so inkompetent um dieser Person die Stirn zu bieten?
Hat der etwa zu warm geduscht oder wie?
Und wieder musste ich mal alles in die Hand nehmen. Die würden ohne mich echt
drauf gehen. Das würde hier gleich in einem großen Unglück enden und das
musste ich verhindern.
Brooke… argh… Sie war eine unverschämte Person.
Super, und nun war auch Bella in ihr Zimmer gegangen. Das lief ja mal wieder
wundervoll.
„Edward“, meinte ich zu ihm und knirschte mit den Zähnen. Dieser Kerl
sollte das hier endlich mal klären.
Bella war gerade gegangen und warum? Weil der Herr mal wieder nicht Herr der
Lage war.
„Du klärst das jetzt gefälligst“, meinte ich ernst zu ihm und ging an den
Frühstückstisch um unser Geschirr weg zu räumen, dabei ließ ich meinen
Blick immer wieder zu Edward und diesem ungebetenen Gast. „Brooke, das ist
heute echt schlecht“, fing Edward an.
„Nein, Edward, es ist generell schlecht“, mischte ich mich wieder ein, warum
konnte dieser Typ nicht einfach Tacheles mit ihr reden.
„Ja, das sehe ich genauso“, stimmte Emmett mir zu. Dankend nickte ich ihm
zu, wenigstens einer der mich hier unterstützte.
„Brooke... Ich würde gerne wissen, warum du hier bist.“
Wie bitte? Wollte Edward sich mit der Person auch noch unterhalten? Hatte dieser
Typ den Verstand verloren? Er war seit Jahren hinter Bella her und nun, wo sie
endlich eine Chance hatten, ergriff er sie nicht? Kümmerte sich lieber und
diese billige… Oh gott und diese Jimmy Shoes standen ihr mal gar nicht.
„Warum fragst du denn so was?“, fragte sie liebsäuselnd.
Oh man, das war das doch wirklich die Härte. Ich war die Einzige, die das Recht
hatte hier in der Wohnung liebsäuselnd zu sein.
Bewusst schepperte ich etwas ein wenig lauter mit dem Geschirr. Wenn mein lieber
Bruder das nicht so bald auf die Reihe bekommen würde, würde ich das gleich
machen und dann nicht ganz so freundlich, wie Edward es von mir gewohnt war.
„Brooke, wir sind nicht mehr zusammen“, sagte er nun mit etwas lauter Stimme
und schob die Hände, die sich schon wieder auf seinen Armen lagen, energisch
weg. Endlich.
„Ja, aber deswegen bin ich wieder hier.“
„Emmett, wenn die Tussi nicht gleich geht...“, murmelte ich leise zu ihm.
„Ich weiß, was du meinst. Willst du nicht mal zu Bella gehen?“, fragte er
und biss in sein Marmeladenbrötchen.
„Nein, das darf Edward alleine auslöffeln“, erklärte ich ihm.
Er nickte mir zustimmend zu. Emmett war schon immer ein guter Cousin gewesen und
ich war froh, dass er da war auch wenn er diese Person hier mit angeschleppt
hatte. Aber Emmett war nun mal zu gut für diese Welt. Er hätte Brooke nie die
Stirn bieten können, das war Edwards Sache, also gab ich ihm bestimmt nicht die
Schuld.
„Brooke. Wir sind nicht mehr zusammen. Du solltest wieder gehen. Das mit uns
ist vorbei. Aus und vorbei.“
„Aber ich liebe dich.“
Das war echt zum Haare rausziehen. „Hör mal, Tussi, er hat gesagt, es ist
vorbei“, mischte ich mich mal wieder ein. „Bist du schwer von Begriff?“
„Alice.“ Edward sah mich echauffiert an.
„Nichts Alice, mein lieber Bruder. Was ist mit Bella?“, fragte ich ihn und
zeigte auf die Tür ihres Schlafzimmers, die verschlossen war. Er blickte zu der
Tür und nickte.
„Die Bella?“, fragte Brooke ein wenig überrascht.
„Ja, die Bella. Wir sind zusammen“, sagte Edward.
„Oh...“, meinte Brooke nun und blickte ein wenig verwirrt auf die Tür,
hinter der sich Bellas Zimmer befand.
„Ja, 'oh'“, meinte ich grantig zu ihr, ich hatte jetzt echt die Faxen dicke.
„So dann hätten wir ja das nun auch geklärt, du kannst dann also wieder
gehen“, meinte ich zu ihr und drehte ihr wieder den Rücken zu, um mich wieder
dem Tisch zu widmen.
„Nein, ich gebe nicht so einfach auf.“
Ich seufzte und blickte Emmett fragend an.
Hatte ich gerade richtig gehört? Ist die als Kind auf den Kopf gefallen?
Wenn das so weiter ging, müssen wir sie noch ins Krankenhaus bringen, weil ihr
irgendwas am Kopf landete. Ganz ausversehen natürlich.
Ich musste mich beruhigen. Ich brauchte eindeutig Jasper, der schaffte es immer
wieder, mich zu beruhigen. Ach, er gehörte schon zu den wundervollen Menschen.
Und schon war ich etwas ruhiger.
„Brooke. Du gehst jetzt wieder. Sofort.“
Glückwunsch.
Mein Bruder hat es also auch endlich mal geschafft und hatte wieder zu seiner
Stimme gefunden. Er war wohl endlich aufgewacht. Ich wollte schon applaudieren.
„Aber Edward…“
„Nein, Brooke. Es ist aus. Das war es schon seit einem Jahr und plötzlich
tauchst du hier auf. Ich bin mit Bella zusammen.“
„Endlich also?“
Ich drehte mich fragend um.
Wusste diese Brooke also auch, dass Edward schon ewig auf Bella stand und war
nur nicht mit ihr zusammen gekommen. Wenn sie wusste, das Edward sie die ganze
Zeit schon liebte, warum war sie dann eigentlich mit Edward zusammen gewesen?
„Verstehe ich das richtig, du wusstest die ganze Zeit, dass Edward nur Bella
geliebt hatte?“, mischte ich mich wieder ein. Eigentlich wollte ich mich gar
nicht mehr einmischen, wo ich doch endlich gemerkt hatte, dass Edward es selber
hin bekam.
„Natürlich wusste ich das“, meinte Brooke wie selbstverständlich.
Das war doch echt nicht zu glauben.
Was war das für eine Frau? Also hatte sie nur mit Edward gespielt? Und sie
spielte jetzt wohl auch nur mit ihm. Das war wirklich nicht zu glauben.
Unerhört.
„Ich habe immer gewusst, dass du eigentlich Bella liebst. Aber das war für
mich kein Grund aufzugeben“, erzählte sie mit ruhiger Stimme.
„Du warst mit mir zusammen, obwohl du wusstest, dass ich dich nicht so liebe,
wie du mich?“, fragte Edward nun auch ein wenig überrascht. Ja, anscheinend
waren nicht nur Emmett und ich über diese Worte überrascht.
„Natürlich, Edward. Für wie dumm hältst du mich denn?“
„Dumm nicht, aber einfältig“, meinte ich nun.
„Alice“, meinte Emmett ein wenig überrascht.
„Ja, schon gut.“ Ich seufzte. Das war wirklich nicht nett. Emmett und Edward
waren doch sonst meine Ausbrüche dieser Art gewohnt, warum fanden sie es denn
nun so schlimm. Beide übertrieben mal wieder.
Ach, ich sollte Jasper eine Nachricht schreiben.
Wo war nur mein Handy? Ich suchte es schnell und fand es auf der Küchentheke
wieder. Ein Glück.
„Brooke, du solltest nun wirklich gehen.“
„Ja, das ist wohl nun wirklich besser“, stimmte sie ihm zu.
„Ganz Recht“, meinte ich zu ihr.
Brooke blickte mich an und nickte schließlich. Na, endlich, wurde ihr klar,
dass sie hier absolut unerwünscht war.
Edwards Sicht:
Ich wusste echt nicht was in mich gefahren war. Ich wollte Brooke von Anfang an
nur loswerden. Aber ich war so überrascht über das Erscheinen von Brooke, dass
ich all meine Gedanken und Worte verloren hatte. Ich stand vielleicht unter
einer Art Schock.
Bella wird mir das nicht verzeihen und ich würde es verstehen. Ich habe mich
schrecklich benommen.
Die Tür schlug zu und Brooke verschwand. Ich hoffe, dass ich sie nicht mehr
wieder sehen würde.
Sie wusste also die ganze Zeit, dass ich immer nur Bella liebte. Dass es in
meinem Herzen nur ein Platz gab und der gehörte Bella. Aber warum war sie mit
mir zusammen gewesen? Hatte sie nur mit mir gespielt? Ich hatte ihr nie gesagt,
dass ich sie liebe. Ich hatte ihr das nie vorgetäuscht gehabt.
„So und du, mein lieber Bruder, gehst nun zu Bella und klärst das“,
forderte Alice von mir.
„Ich weiß selber, was ich zu tun habe, Alice.“
„Ach ja?“ Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Und was war das gerade
eben?“
„Was meinst du?“ Ich wusste sehr wohl was sie meinte. Ich war selber
enttäuscht von mir. Und Bella... Ich wusste nicht wie ich das wieder bei Bella
gerade biegen sollte.
„Diese daher gelaufene Tussi…“
„Sie ist keine Tussi.“
„Ach ja? Was bildet die sich eigentlich ein?“ Ich sah, dass Alice mehr als
nur aufgebracht war. Sie war wirklich außer sich. „Kommt hier einfach her und
meint, hier eindringen zu können.“
„Alice, das war bestimmt nicht ihre Absicht“, versuchte es nun auch Emmett,
der immer noch am Tisch saß.
„Nein? Ist das dein Ernst? Hat sie dich nicht genötigt, sie hier her zu
bringen.“
„Ja, hat sie. Aber...“
„Nichts aber“, widersprach sie ihm.
Ich holte tief Luft. Alice musste sich nun wirklich wieder beruhigen. „Alice,
beruhige dich nun. Sie ist nun weg“, meinte ich nun. „Ruf Jasper an und mach
dir einen schönen Tag. Ich kümmere mich um Bella.“ Gut, ich war ein wenig zu
mürrisch.
„Wie redest du mit mir?“
„So wie ich es will, Alice. Ich bin dir sehr dankbar, dass du dich gerade eben
mit eingemischt hast. Ich weiß nicht was über mich gekommen ist.“ Ja, das
wusste ich wirklich nicht. Und ich fühle mich schrecklich. Ich fühle mich
wirklich schrecklich, wenn ich an Bella denke.
Alice und ich stritten uns eigentlich nie. Nein, auch wenn wir Geschwister
waren. Früher in den Sommerferien, wenn Bella bei uns war, hatten wir uns meist
schon Wochen vorher darum gestritten, wer was mit ihr machen darf. Ja, wir
hatten uns um Bella gestritten. Auch wenn wir das heute noch bedingt taten, aber
ein Glück wohnt sie ja nun mit uns gemeinsam zusammen.
Alice seufzte und nickte. „Kümmere dich bitte um Bella.“
Ich nickte. „Ja, Alice, das mach ich.“ Natürlich würde ich das nun machen.
„Bis später Emmett.“
„Klar, melde dich wegen dem Baseballspiel nachher.“
„War das heute?“
Er nickte. „Wenn es nicht mehr klappt, ruf dennoch an.“
Natürlich.
Ich nickte und sah wie Emmett zur Wohnungstür ging. Alice begleitete ihn und
ging dann in ihr Zimmer.
Ich seufzte. Bella. Ich wusste nicht, was ich ihr sagen sollte. Wie ich mich
entschuldigen sollte. Wie ich das klären sollte.
Ich fühlte mich schlecht. Noch nie hab ich mich so schlecht gefühlt.
Bella wurde verletzt, allein schon durch das Auftreten von Brooke und was machte
ich?
Gar nichts. Ich hatte meine Stimme verloren. Meinen Verstand. Dabei gab es doch
nur Bella. Immer nur Bella.
Bellas Sicht:
Ich hätte nicht gehen sollen.
Ja, ich hätte bei ihnen im Esszimmer bleiben sollen. Aber es war für mich
einfach unerträglich, diese Person zu sehen und zu wissen, das sie mit Edward
zusammen gewesen war und mehr mit ihm gehabt hatte, als ich bisher. Ja, sie
hatte mit ihm mehr gehabt. Gut, ich hatte die Jahre der Kindheit mit ihm. Aber
die auch nicht wirklich.
Was ist, wenn er, wo sie nun vor ihm steht, wieder mit ihr zusammen sein
wollte?
Sie war extra für ihn aus New York hier her gekommen. Da konnte ich doch nicht
mithalten.
Wer bin ich denn schon? Bella. Nur Bella.
Was hatte ich zu bieten? Nichts.
Sie sah wunderschön aus, reiste durchs halbe Land, war offen und heiter, hatte
ein schönes Lächeln und hatte tolle Klamotten an. Ich konnte in den Schuhen,
die sie an hatte, nicht mal im Traum ordentlich stehen, wie soll ich denn mit
solchen Absätzen überhaupt laufen können. Daran brauch ich nicht mal denken.
Meine Finger umklammerten mein Studienbuch und ich versuchte mich vergeblich auf
die Lektüre zu konzentrieren. Aber die Rechnung hatte ich wohl nicht mit meinen
Gedanken gemacht, die einfach immer wieder ihre eigenen Weg gingen. Da war
einfach dieses Bild vor meinen Augen.
Brooke, die sich Edward an den Hals wirft, als hätten sie sich nur Wochen nicht
gesehen gehabt.
Ich zuckte zusammen als es klopfte und mich dieses Klopfen, aus meinen Gedanken
riss. Das war bestimmt Alice, die nach mir schauen wollte.
Emmett war bestimmt noch am Frühstücken.
Und Edward unterhielt sich bestimmt wundervoll mit Brooke.
Überrascht stellte ich fest, dass es nicht, wie erwartet Alice war. Nein, es
war Edward.
„Oh, ich dachte, es wäre Alice.“
Edward nickte. Ich sah wie er schluckte, aber dennoch eintrat. „Bella, es tut
mir Leid.“
„Was tut dir Leid? Dass du nun wieder mit Brooke zusammen sein möchtest?“,
fragte ich ihn. Ich wusste eigentlich gar nicht warum ich das fragte. Ja, ich
war eifersüchtig. Eindeutig. Aber was sollte ich denn bitte schon denken.
„Wie bitte?“, fragte er überrascht.
„Du hast mich schon richtig verstanden.“ Gut, ich war zickig. Aber das war
jetzt auch egal.
„Oh, Bella“, meinte er seufzend und setzte sich auf mein Bett und sah mich
entsetzt an. „Du verstehst das vollkommen falsch.“
„Ja? Ach wirklich? Da kommt diese Brooke einfach her und das erste was sie
macht, sie schmeißt sich dir an den Hals und du sagst zu mir, ich verstehe was
falsch. Ist ja wirklich großartig.“ Gut, ich war gerade mehr als nur zickig
und ich erkannte mich selber nicht mehr wieder. Aber ich verstand diese
Situation auch nicht.
„Bella, ich...“, wollte Edward anfangen.
„Überlege dir deine Worte genau“, unterbrach ich ihn.
„Ich muss da nicht lange überreden. Bella, ich liebe dich und es tut mir
Leid. Aber ich habe bestimmt nicht vor, jemals wieder mit Brooke zusammen zu
kommen.“
Fragend blickte ich ihn an. Jemals?
Er lächelte, als er meinen fragenden Blick bemerkte. „Ich werde niemals mit
einer anderen Frau zusammen sein. Ich liebe nur dich. Und ja ich war
überrascht, als Brooke mir eben sagte, dass sie es wusste.“
„Was wusste sie?“
„Dass ich dich die ganze Zeit geliebt hatte.“
Sie wusste es?
Während sie mit Edward zusammen war? Auch jetzt? Warum war sie dann überhaupt
gekommen?
Ich konnte die Frage kaum aussprechen: „Sie wusste es?“
Edward nickte. „Ich wusste es selber nicht. Ich kann dir auch nicht sagen,
warum sie hier her gekommen ist. Aber es tut mir Leid, dass ich so reagiert
hatte. Ich war überrascht und wohl auch ein wenig überfordert, aber das ist
keine Entschuldigung. Und ich würde es verstehen, wenn du mir nicht verzeihen
würdest.“
„Du hast mich also die ganze Zeit geliebt?“, fragte ich ihn vorsichtig.
Irgendwie war mir gerade ziemlich egal, das Brooke da gewesen war. Diese
Tatsache verschwand irgendwie. Ich lächelte Edward an.
Er schaute mich allerdings ein wenig überrascht an. „Natürlich Bella. Seit
damals, bist du die Einzige die ich liebe. Du bist die Einzige, der mein Herz
gehört.“
Ich stand von meinem Stuhl auf und trat zu ihm und setzte mich ohne Fragen, auf
seinen Schoss, nahm sein Gesicht in die Hand und küsste seine Lippen. So sanft
und liebevoll sie waren. Ich liebte diesen Geschmack.
Vorsichtig schob er mich von sich. „Du bist mir nicht mehr böse?“
Liebevoll streichelte ich ihm über die Wange. „Ich liebe dich, Edward. Ich
kann das nur meist nicht so ausdrücken wie du“, versuchte ich es. Ich konnte
das wirklich nicht gut.
Aber Edward wusste das und er kam damit klar, zumindest kam es mir so vor,
zumindest hatte er es mir bisher so gezeigt. Er lächelte. Seine Hand vergrub
sich in meinen Haaren und wanderte zu meinem Nacken, er graulte mich doch ein
wenig. Anscheinend musste er gemerkt haben, dass ich dann weich wie Butter unter
seinen Händen werde. Er zog mich zu sich und küsste mich wieder, mit einem
Lächeln im Gesicht.
„Ich will dich nie wieder gehen lassen.“
„Und ich will nie wieder gehen“, antwortete ich ihm. Ich lächelte ihn an.
Alles schien wieder vergessen und wundervoll zu sein.
Edwards Handy vibrierte in seiner Hosentasche. Ich blickte ihn fragend an.
„Vielleicht solltest du ran gehen?“
„Vielleicht aber auch nicht“, schlug er vor und küsste mich wieder.
„Nun mach schon“, meinte ich und löste mich aus seiner Umarmung.
Er seufzte auf, zog sein Handy aber aus der Hosentasche und schaute aufs
Display. „Emmett“, meinte er zu mir.
Ich grinste und sah ihm zu, wie er den Anruf an nahm. „Ja, Emmett, was
gibt’s denn?“ Edward verzog genervt sein Gesicht zu einer Grimasse. „Das
Baseballspiel?“
Was denn für ein Baseballspiel?
„Ja, ich frag sie mal.“ Edward blickte mich an. „Sag mal hast du Lust,
Baseball spielen zu gehen. Emmett fragt, ob du nicht auch mitmachen
möchtest.“
„So wie früher, als ich 11 Jahre alt war?“, fragte ich ihn amüsiert.
„Hast du Lust?“, fragte Edward mich.
„Wer macht denn alles mit?“, fragte ich ihn.
„Emmett, wer ist denn alles dabei?“ Edward lächelte. „Verstehe.“
„Also?“, fragte ich ihn amüsiert. Ich saß immer noch auf seinem Schoss und
spielte mit seinem Hemdkragen.
„Alice. Jasper. Rose. Emmett. Du und ich. Mitchell, wird auch noch dabei sein,
macht den Schiedsrichter dann.“ Er grinste mich an.
„Warum grinst du denn so?“
„Wirst du schon sehen. Also?“
„Gerne“, meinte ich zu ihm.
Kapitel 21: Baseball!
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"Es ist unmöglich zu ermessen, wie viel Macht die Liebe hat.
Sie kann uns durch schwierige Zeiten hindurch helfen oder uns dazu bewegen,
außergewöhnliche Opfer zu bringen.
Sie kann anständige Männer dazu zwingen die schlimmsten Taten zu begehen
oder gewöhnliche Frauen dazu treiben nach versteckten Wahrheiten zu suchen.
Und noch lange nachdem wir fort sind bleibt die Liebe bestehen
- eingebrannt in unser Gedächtnis.
Wir alle suchen nach Liebe -
aber manche von uns, die sie gefunden haben, wünschten es wäre nie geschehen."
Baseball. Wirklich?
Ich sollte also wirklich mit den Cullen-Geschwistern und Freunden Baseball
spielen? Da standen alle in voller Baseball-Montur. Hose, Shirt, Kappe in
hellblauer Farbe. Die Zahlen und Buchstaben waren mit dunkelblauer Farbe drauf
gedruckt. Auf der Rückseite des Shirts standen die Namen der Spieler. Das sah
richtig professionell aus. Anscheinend machten die das nicht nur aus Spaß,
zumindest kam es mir so vor. Aber es sah echt lustig aus.
„Das ist für dich“, meinte Emmett und grinste mich an und reichte mir eine
braune Papiertüte.
„Was ist das?“, fragte ich ihn skeptisch.
„Schau doch einfach mal rein“, meinte Emmett und grinste mich an. Ich mochte
sein breites Grinsen, es steckte immer alle an.
„Hey, fang Alice“, hörte ich Edward rufen, der Alice gerade den Ball zu
warf. Ich sah, wie gekonnt sie ihn doch fing, offensichtlich machte sie das
schon öfters. Ich konnte nicht fangen, gehörte zu den Menschen, die sich
selber als Nicht-Fänger bezeichneten. So was gab es wirklich, bin schließlich
das beste Beispiel dafür.
Ich nickte und öffnete schließlich die braune Papiertüte. Ich zog ein blaues
Bascape hervor, auf dem meine Initialen eingestickt waren und sah Emmet fragend
an. „Was?“
„Das nennt sich Basecape“, meinte Emmett grinsend zu mir, nahm mir die Kappe
aus der Hand und setzte sie mir auf. Ich hatte jetzt genauso so eine Kappe auf,
wie alle anderen. Jeder hatte seine Initialen eingestickt.
„Aber warum?“
„Zum Spielen“, meinte Emmett erklärend.
„Ich verstehe das noch nicht so ganz.“ Ich blickte wieder in die Tüte und
sah, dass da nun auch noch die Montur drinnen war. Die Montur, die alle anderen
selber anhatten. Ich zog das Shirt heraus und sah auf den Rücken,
überraschenderweise stand da mein Name drauf. „Warum?“
„Na, zum Spielen. Du stellst dich vielleicht an“, meinte Emmett und lachte
auf.
Rose trat zu uns und lächelte, sie schmiegte sich an den Arm von Emmett und
lächelte mich an. „Bella, wir haben entschieden, dass du auch so was
brauchst.“
„Aber warum denn?“
„Edward, deine Freundin ist heute ein wenig schwer von Begriff“, schrie
Emmett zu Edward.
Ich blickte zu ihm, hatte immer noch die Tüte und das Shirt in der Hand. Er
grinste mir zu und eilte zu uns. Ich verstand echt nur Bahnhof.
„Sieh es als Geschenk an“, meinte Rosalie lächelnd.
„Aber warum?“, wiederholte ich meine Frage.
„Na, weil du zu uns gehörst“, erklärte Emmett.
Mir fehlten echt die Worte. Die waren echt wundervoll. Alle zusammen.
„Sieh es als Willkommensgeschenk an“, meinte Rose lächelnd.
Ich nickte nur.
Dann spürte ich Edwards Arm, der sich um meine Schulter legte. „Gefällt es
dir nicht?“
Fragend blickte ich ihn an. „Du wusstest davon?“
Warum war ich darüber eigentlich überrascht?
Klar hatte der was damit zu tun. Und Alice auch. Denn irgendjemand musste ja
wohl meine Konfektionsgröße angegeben haben.
„Klar, wusste ich davon.“ Er küsste mich auf die Schläfe. „Es war auch
ehrlich gesagt meine Idee.“
„Deine Idee?“ Ich war vollkommen überrascht.
Er zuckte mit den Schultern. „Na ja, nachdem wir Jasper auch so was geschenkt
hatten, kamen wir direkt auf dich.“
„Verstehe.“ Ich blickte immer noch auf das Shirt in meinen Händen. Das war
irgendwie voll süß. Ein Willkommensgeschenk, welches mein Herz erwärmte.
„Wollen wir dann nun spielen?“, fragte Emmett.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, meinte ich leise und wusste, dass es
nur Edward hören würde.
„Zu was? Ob wir nun endlich spielen?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Zu unserem Geschenk für dich?“, fragte Edward mich und ich sah ihm an,
dass ihn das hier ziemlich amüsierte. Aber er lachte nicht laut los.
Ich nickte.
„Wie wäre es denn mit 'Danke' und ich kriege als Dankeschön nachher eine
extra Kuschelstunde mit dir. Alice kannst du ja versprechen, mit ihr shoppen zu
gehen und Emmett und den anderen langt es einfach, wenn du jetzt mitspielst und
deinen Spaß hast.“
Ich seufzte und umarmte ihn einfach.
Diese Leute waren alle so super nett und freundlich. Ich freute mich richtig
darauf, zu dieser Clique dazu zu gehören. Ich hatte jetzt schon so viel Spaß
mit ihnen.
„Alles okay?“, fragte Edward mit flüsternder Stimme.
Ich nickte und löste mich wieder aus seiner Umarmung. „Also eine extra
Kuschelstunde?“, fragte ich ihn lächelnd. Das klang wirklich toll, ja, damit
konnte ich mich auch anfreunden.
Er nickte. „Du kannst dich in Emmetts Jeep umziehen. Das ist mehr Platz als in
meinem Wagen.“
Ich nickte, blickte noch mal auf die Sachen und ging dann zu Emmetts Wagen.
In voller Baseball-Montur trat ich wieder zu den anderen aufs Feld. Sie
lächelten mich alle an. Ja, und ich mochte alle.
Baseball also. Wann hatte ich das letzte Mal einen Schläger oder einen
Handschuh in der Hand? Ja, eindeutig schon viel zu lange her.
Aber warum nicht?
Das würde bestimmt mehr als nur spaßig werden. Und ich muss sagen, diese
Baseball-Sachen stehen mir ausgezeichnet.
„Du siehst super aus, Bella“, schrie Emmett mir zu, der gerade mit Edward
sich gegenseitig Bella zuwarf, um den Handschuh zu einem besseren Sitz zu
bringen.
Als Edward sich zu mir umdrehte, lächelte er mich an und hielt mir den Daumen
hoch.
Also Baseball.
Und es schien, dass wenn diese Leute, die meine Freunde waren, Baseball spielen
wollten, dann mit allem drum und dran. Ich hatte schließlich eine eigene Montur
an, was schon erstaunlich genug war. Aber schließlich reden wir hier von
Baseball.
Amerikas Nationalsport. Ja, Nationalsport.
Und eigentlich hatte ich für so etwas, nie was übrig gehabt. Wenn mein Vater
Charlie mich sehen würde, wäre er vermutlich verdammt stolz auf mich. Er
liebte Baseball nun mal. Er schaute sich immer die Spiele im Fernsehen an.
Renèe fand das oft schlimm, weil dann nichts mit ihm anzufangen war. Ich sollte
eh mal Charlie und Renèe von der Sache mit mir und Edward erzählen. Hatte er
eigentlich Esme und Carlisle schon von uns erzählt?
Wohl kaum, weil wenn er das getan hätte, dann hätte Renèe ja schon längst
bei mir angerufen.
In voller Montur standen wir auf der großen Wiese. Edward war mit mir zu dem
Baseballplatz gefahren, wo die anderen schon auf uns gewartet hatten. Ich wusste
gar nicht, dass es so nah am College, ein Baseballfeld gab. Aber ich wusste
anscheinend eh nicht viel. Ich wusste ja auch nichts von dem tollen Café, in
das Edward mich entführt hatte.
Das Wetter war angenehm. Nicht zu warm und auch nicht zu kalt. Einfach perfekt
für ein Spiel.
„Wir spielen eine vereinfachte Version vom Baseball“, meinte Emmett zu mir.
„Was heißt denn vereinfachte Version?“ Ich wusste ja nicht mal, ob ich
überhaupt noch die ganzen Regeln im Kopf hatte. Ob nun vereinfacht oder nicht.
„Drei gegen Drei“, sagte Edward erklärend und schmunzelte mir zu. „Du
siehst übrigens wundervoll aus“, flüsterte er mir zu.
Ich errötete, auch wenn ich es selber nicht sehen konnte, aber ich sah es an
Edwards Grinsen. Er grinste immer so, wenn ich rote Wangen bekam.
Luke, ein Freund von Jasper und Emmett stellte sich als Pitcher zur Verfügung.
Maria, eine Freundin von Rose, war Schiedsrichterin und zugleich Catcher für
beide Teams. Anscheinend, war sie darin gar nicht mal so schlecht, Emmetts
Kommentar zu beurteilen.
„Also, Bella, wir haben zwei Mannschaften. Mannschaft A, besteht aus Edward,
dir und mir“, erklärte Emmett. Cool, ich war bei Edward und Emmett im Team.
Das war doch bestimmt gut.
„Mannschaft B: Rosalie, Jasper und Alice.“ Ich nickte ihm zu. So weit war
ich noch mitgekommen.
Edward hatte mal wieder den Arm um mich gelegt. Es störte mich aber absolut
nicht, denn ich fühlte mich hier sehr wohl. In seiner Nähe fühlte ich mich
generell sehr wohl.
„Gut, weiter mit den Regeln“, meinte Emmett.
Ich versuchte ihm ordentlich zu zuhören, doch das war gar nicht so einfach,
wenn da dieser wundervolle Typ neben mir stand.
„Emmett, hat sich die Regeln ausgedacht, also bei Beschwerden an ihm“,
meinte Alice grinsend, sie hüpfte auf mich zu und umarmte mich. „Schön, dass
du da bist.“
Ich sah wie sie strahlte und ich konnte mir denken, dass das gar nicht mal nur
an mir lag, sondern wohl auch, dass sie mit Jasper in einer Mannschaft spielte.
„Es gibt keine Beschwerden. Wir spielen schon immer so“, meinte Emmett
grinsend.
„Ja, aber da habt ihr ja auch noch nicht mit einem Tollpatsch, wie mir,
mitgespielt.“ Ich lächelte Emmett zu.
„Ja, schon gut.“ Er schien zu seufzen. „Also weiter im Kontext. Da wir
jeweils nur zu Dritt pro Mannschaft spielen, gibt es insgesamt nur drei
Base-Felder, die es zu überqueren gilt“, erklärte Emmett weiter und zeigte
auf die einzelnen Base-Felder. „Soweit?“
Ich nickte ihm zu. „Klaro.“
Edward küsste mich auf die Schläfe, lächelnd blickte ich ihn an. Ich wollte,
dass er mich immer wieder küsste. Ich war verrückt nach seinen Lippen.
Dann hörte ich Emmett mit dem Finger schnipsen. „Hallo, ihr Beiden. Wenn ihr
unter euch sein wollt, sagt es gleich und nimmt euch ein Zimmer. Aber hier wird
jetzt Baseball gespielt.“
Edward und ich grinsten ihn an, nickten aber brav.
„Spielt er sich mal wieder auf?“, fragte Rosalie und schmiegte sich an ihren
Freund an.
„Bist du etwa auch auf der Seite von den Beiden?“, fragte er sie seufzend.
„Nein, mein Süßer. Ich bin nur auf deiner Seite“, meinte Rosalie und
lächelte ihn liebevoll an.
Er lächelte bei ihrem Blick auf und ich sah, dass er unter ihrem Blick wohl
weich zu werden schien. „Gut. Dann hätten wir das ja geklärt. Jeweils ein
Spieler der gegnerischen Gruppe befindet sich als Feldspieler auf der Wiese.“
Ich blickte zu Jasper. Alice war schon wieder zu ihm gerannt und lachte mit ihm.
Sie sahen einfach nur süß aus.
Als Emmett sich räusperte, blickte ihn entschuldigend an. „So geht das nicht
Leute.“ Doch es war mehr als nur lustig und ich versuchte mir ein Lachen zu
verkneifen.
Ich sah aber auch, dass es Rose nicht anders ging. „Jetzt kommt Emmetts
Lieblingsregel“, volkündete sie.
Emmett seufzte, nickte aber: „Das ist eine tolle Regel, Rose. Das Mitglied,
das in der Gruppe des Schlagmanns ist, kann durch sein Eingreifen verhindern,
dass der Ball vom Gegner gefangen wird und der Läufer damit out ist. Es
befindet sich immer ein Spieler aus der Mannschaft des Schlagmanns, mit auf dem
Feld.“
Interessante Regel. Kommt mir allerdings nicht sehr bekannt vor. „Das ist aber
eine neue Regel.“ Ich blickte Edward fragend an. „Haben wir das früher auch
so gespielt?“
„Du erinnerst dich noch, wie wir früher gespielt haben?“, fragte er
amüsiert.
Warum musste dieser Kerl nur so lächeln? „Nicht unbedingt. Aber daran erinnre
ich mich nicht.“
„Nein, wir haben das damals nicht so gespielt. Diese Regel kam erst in den
letzten beiden Jahren hinzu“, meinte Emmett, seufzte mal wieder, aber dann
grinste er Edward und mich amüsiert an.
„Also eigentlich macht die Regel ziemlich viel Spaß“, meinte Edward nun.
Interessiert blickte ich ihn an. „Ja?“
„Gut, sie macht eigentlich nur Emmett Spaß. Denn der ist ziemlich
erbarmungslos.“
„Dann habe ich ja Glück, dass ich in Emmetts Mannschaft bin.“
„Eindeutig“, meinte Emmett und grinste mich an. Mein Körper schrie jetzt
schon begeistert auf, dabei kannte ich das gar nicht von ihm. Er und ich hatten
eigentlich aus Prinzip was gegen Sport. Aber vielleicht hatte mein Körper nun
andere Pläne.
„Geht's endlich los?“, fragte Alice, die immer noch neben Jasper stand.
„Ja, ihr seid bei Rose in der Mannschaft“, schrie Emmett ihnen zu.
„Gut. Das wird ein Spaß“, meinte Alice und klatschte mit Jasper ein. Die
Beiden waren niedlich. Eindeutig. „Bella, zieh dich schon mal warm an“, rief
Alice mir zu.
„Na, los Kleines!“, war Edwards einziges Kommentar hierauf, setzte mir
sogleich mein Basecap wieder auf den Kopf „Dann zeigen wir es mal dem kleinen
Angebern mal!“
„Alice kann das Spiel selber nicht“, meinte Emmett grinsend.
Ich nickte bestätigend, grinste. Und wie wir es ihm zeigen würden. Alice war
diejenige, die sich warm anziehen sollte. Vielleicht war ja all die Jahre meine
Baseballenergie zwischengelagert und die wollte nun endlich raus. Gut, das klang
ziemlich unwahrscheinlich. Aber es ist doch ein amüsanter Gedanke.
„Abwarten“, warf Alice mir zu.
Ich grinste ihr zu.
„Du hast es erfasst, Alice!“, erklang nun Rosalies Stimme. Die Blonde eilte
zu Jasper und Alice und es schien als würden sie sich einen Plan ausdenken. Ja,
das brauchten sie auch.
„Los geht’s!“, rief Maria in die Runde und klatschte in die Hände.
Luke bezog seine Position in einiger Entfernung zum Schlagmal. Maria ging hinter
dem Schlagmal in die Hocke. Der erste der Schlagen würde, war Emmett. Während
Emmett aufs Schlagmal trat und nun vor Maria stand, verteilten sich Edward und
Alice im Feld. Mir kribbelte es irgendwie unter den Fingern. Ich fand das alles
sehr aufregend.
Rosalie und ich stand etwas Abseits, jedoch alles im Blick.
Rosalie stand an der letzten Base, wartete auf seinen Einsatz. Er war also
diejenige, die den Ball, von Jasper und Alice auffangen würde, wenn diese ihn
zurück warfen. Sie stand sozusagen an der Ziellinie. Und es ging jetzt darum,
wer schneller sein würde, Emmett als Läufer oder der Ball, deswegen war es ja
auch so wichtig, das man den Ball so weit wie nur möglich ins offene Feld
brachte.
„Bereit?“, wollte Luke wissen. Er hielt den weißen Ball schon in der
rechten Hand und schien ihn sich ein wenig anzupassen, zumindest drehte er ihn
die ganze Zeit.
„Bereit“, hörte ich Emmetts kraftvolle Stimme. Ja, der Kerl schien wirklich
für alles bereit zu sein.
Luke nickte, als er das gehört hatte und holte mit seinem Wurfarm Schwung. Der
Ball flog mit rasender Geschwindigkeit auf Emmett zu. Oh Gott, wenn ich nur
daran dachte, dass ich ihn auch mit dieser Geschwindigkeit treffen musste.
Doch als ich Emmett anschaute, war ich ein wenig erstaunt. Eigentlich sah er
ziemlich amüsant aus. Er schaute so starr auf den Ball, war so konzentriert.
Seine Augen fixierten, den immer näher kommenden Ball. Sein ganzer Körper war
starr und wartete nur auf den passenden Moment, wo er mit dem Schläger zu
schlagen konnte.
Ein Knall ertönte, der darauf hindeutete, dass er den Ball getroffen hatte. Ich
erschrak ein wenig. Ich hatte nicht gedacht, dass es so laut sein würde.
Alice sprintete los, Edward dicht hinter ihr.
„Mach schon Edward!“, feuerte ich ihn begeistert an. Das war wirklich
verdammt aufregend.
„Du glaubst doch nicht allen ernsten, dass er Alice aufhalten kann!“, warf
mir Rosalie entgegen. Doch bestimmt. Edward war im Rennen schon immer sehr gut
gewesen.
Ich antwortete ihr nichts, schließlich war sie gerade meine Gegnerin. Ich
verfolgte stattdessen weiterhin Edward, der immer mehr an seiner Schwester heran
kam, während sich diese aber auch immer weiter dem Ball näherte. Das sah
ziemlich eng aus. Ich wollte gar nicht weiter hin schauen. Also schaute ich zu
Emmett und stellte fest, dass er gerade die erste Base passierte. Das sah doch
ganz gut aus.
Mein Blick huschte wieder zu Edward und Alice. Die beiden Cullens-Geschwister.
So wie das nämlich aussah, fanden die beiden es eigentlich ziemlich toll, dass
sie nicht in derselben Mannschaft waren. So konnten sie sich nämlich richtig
kabbeln.
Alice streckte die Hand nach oben, wollte gerade hoch springen.
Oh, das sah nicht gut aus. Sie würde an den Ball kommen.
Doch da hatte sie anscheinend nicht gerechnet, dass ihr großer Bruder, direkt
hinter ihr war und sich mit voller Wucht auf sie warf. Alice Augen weiteten
sich, sie verfehlte den Ball und beide fliegen unsanft zu Boden.
Ich musste lachen, das sah eigentlich ziemlich lustig aus.
Auch wenn es bestimmt ordentlich weh tat. Aber beide blickten sich an und
lachten. Also ging es ihnen gut. Gut.
Edward war gerade dabei sich wieder aufzurichten und auf den Ball zu rennen, als
Marias Stimme rief: „Safe!“
„Super Ed!“, rief Emmett ihm zu.
Edward strahlte uns beide an. Ja, er hatte eindeutig Spaß an dem Spiel.
Schließlich reicht er Alice die Hand und half dieser wieder auf den Beinen.
„Also diese geänderte Spielregel, hat es anscheinend extrem in sich“,
stellte ich fest.
Die blonde Rosalie nickte mir zu, lachte aber auch. „Ja, das ist auf Emmetts
Mist gewachsen.“
„Wo wir gerade dabei sind, das heißt ja meine Mannschaft hat ihren ersten
Punkt gemacht.“
„Freue dich bloß nicht zu früh“, murmelte Rose zu mir.
Ich trat zu Emmett und grinste ihn an. „Das ist ja echt ein tolles Spiel.“
Emmett grinste mir zu, umarmte mich und beugte sich dann ein wenig zu mir.
„Bella, mach dir bloß keinen Stress. Wenn du den Ball auf dem Feld nicht
bekommst, ist das nicht so schlimm. Das wichtigste ist eigentlich, dass du deine
ganze Kraft auf den Schlag setzt.“
Gut, sehen wir mal der Tatsache ins Auge. Wen ich versuchen würde, meinem
Gegner hinterher zu rennen, würde ich vermutlich über meine eigenen Füße
stolpern und mit dem Gesicht im Gras landen. Auf was ich mich allerdings noch
konzentrieren sollte, dass wenn ich denn Ball wirklich treffen sollte, dass ich
auch nicht vergaß los zu rennen, das könnte dann wirklich peinlich werden.
Ich begab mich auf das Feld. Jasper neben mir. Alice winkte ihm zu.
Dieses Mal war es Rosalie, die sich zum Schlag aufstellte. Sie grinste mich an.
Luke warf wieder den weißen Ball und wie nicht anders zu erwarten, traf
Rosalie. Ich dachte gar nicht länger drüber nach, sondern wollte einfach los
rennen. Ich sollt aufhören, gewisse Dinge schwarz vorauszusehen, denn dann
passieren sie auch.
Wie nicht anders von mir erwartete, landete ich bei der erst besten Gelegenheit
mit dem Gesicht im Gras, während Jasper natürlich weiter rannte. Schnell
rappelte ich mich wieder auf und folgte ihm, doch er fing den Ball und warf ihn
zurück.
Na super. Gleichstand hieß es also nun zwischen den Mannschaften.
Wir stellten uns wieder auf, Edward war nun am Schlag, Emmett stand im Feld.
Nach Edward würde ich bald dran sein. Ein wenig Bammel bekam ich dann doch
schon. Aber ich hatte auch eine enorme Vorfreude. Ich hatte schon lange keinen
Schläger mehr in der Hand gehabt. Aber ich wusste noch von damals, dass es
einfach ein tolles Gefühl war.
Nun stand ich da also. Am Schlagmal. Mein Basecape hatte ich mir tief über die
Stirn gezogen.
Edward hatte mir gezeigt wie ich am besten stehen sollte, den Oberkörper ein
wenig nach vorne gebeugt, die Beine leicht gewinkelt. Und ich sollte auf keinen
Fall, den Schläger zu fest halten. Er sollte locker in der Hand liegen, fest,
aber locker.
Das war keine wirklich tolle Erklärung.
Aber ich lockerte erst mal meine Finger und dann schlangen sie sich um den Griff
des Schlägers.
Ja, es war wirklich ein tolles Gefühl. Ich war bereit. Absolut. Egal was kommen
würde, ich würde einfach ausholen. Ich hatte Maria schon gewarnt, dass sie
vielleicht in Deckung gehen sollte, doch sie hatte nur geschmunzelt. Na gut, ich
hatte es ja nur gut mit ihr gemeint.
„Bella, bist du soweit?“, fragte Edward mich.
Keine Ahnung, wollte ich schon sagen. Ich nickte aber.
„Sicher?“, fragte Luke mich nochmal.
Ich blickte auf den Schläger und nickte. „Eindeutig.“
Edward grinste.
Luke holte aus und warf. Meine Augen ließen den Ball keine einzige Sekunde aus
den Augen. Es kam mir vor wie in einer Zeitlupe. Doch der Ball nahm immer mehr
an Geschwindigkeit zu. Aber er kam und kam nicht. Ich war ungeduldig und wollte
endlich diesen Ball schlagen und hoffen und beten, dass ich ihn auch treffen
würde.
Ich nahm alle Kraft zusammen, so wie ich es Emmett versprochen hatte und schwang
ich den Schläger nach vorne, spürte den Druck des Balls, als er auf das Holz
traf. Der Knall. Ich spürte noch die Auswirkungen, denn meine Arme fühlten
sich ein wenig weich.
Getroffen!
Laufen!
Genau, das war das nächste, was ich tun sollte. Ich ließ den Schläger sofort
los und rannte zu ersten Base.
„Wow! Das nenne ich mal einen Ball“, hörte ich Emmett aufschreien.
Ich hatte ihn wirklich getroffen und nach Emmetts Aufschrei anscheinend sogar
sehr gut. Ich war überrascht. Das war wirklich mehr als ich von mir erwartet
hatte. Ich eilte auf das zweite Base zu. Ich erlaubte mir keinen Seitenblick.
Nein, ich wollte nur sicher ans Ziel kommen. Alles andere war egal. Füße hoc!,
hämmerte ich mir selber noch mal in den Kopf.
Und dann hörte ich die erlösenden Worte von Maria: „Safe!“
„Das war super, Bella“, hörte ich Emmett, er zog mich wieder auf die Beine
und umarmte mich. „Das war einsame Spitze.“
Ich grinste. „Das macht echt Spaß.“
Er nickte mir zu. „Ja, das macht es.“
„Leute, es fängt an, zu regnen. Wir sollten zusammenpacken“, hörte ich
Rosalie sagen.
Ich blickte in den Himmel und sah nun auch, dass die Wolken über uns
pechschwarz waren. So ein Mist aber auch. Da hatten wir gerade so viel Spaß und
nun fing es auch noch an zu regnen.
„Ja, bevor es gleich schüttet, sollten wir lieber gehen“, meinte auch
Edward, der den Arm um mich legte und mir einen Kuss auf die Wange setzte. „Du
warst spitze.“
„Ach, das... das war doch gar nichts.“ Ich grinste ihn frech an.
Wenig später, trat ich frisch geduscht aus dem Badezimmer und sah, dass Edward
alleine im Wohnzimmer saß. „Wo ist den Alice?“
Er drehte den Kopf zu mir und schmunzelte. „Sie ist zu Jasper.“
„Sie ist was?“, fragte ich überrascht, warum hatte sie sich denn mir nicht
Bescheid gesagt.
„Ja, sie wollen ihre Niederlage feiern oder so“, meinte er und blickte mich
lächelnd an. Er zog mich zu sich auf das Sofa.
„Niederlage feiern?“, fragte ich noch mal.
„Keine Ahnung. Vielleicht haben sie auch einfach nur Sex.“
Echauffiert blickte ich ihn an.
Was sagte er da? Ich richtete mich wieder auf. „Du meinst, Alice und
Jasper...?“
„Keine Ahnung. Es ist mir auch ziemlich egal, was die Beiden nun machen. Ich
weiß nur, dass sie zu ihm gefahren ist und das wir beide alleine sind“,
stellte er lächelnd klar und zog mich noch mal zu sich. Stimmt, wenn Alice
nicht da war, waren wir ja alleine.
Ich lag nun neben ihn und blickte ihn lächelnd an.
Der Tag war wundervoll gewesen. Auch wenn er ein wenig kompliziert angefangen
hatte. Aber es war toll gewesen, mit Emmett, Rose, Jasper, Alice und so, was zu
unternehmen.
„Das war also deine Idee mit der Montur?“
„Na ja, mehr oder weniger. Aber ich musste nur Emmett und Rose sagen, wie du
heißt, damit sie deine Initialen richtig ein sticken lassen.“
„Wussten die etwa vorher nicht, wie ich heiße?“
„Ach, Bella, das war doch nur ein Scherz. Warum musst du immer alles so ernst
nehmen, was ich sage?“
„Weil es dich ärgert“, erklärte ich ihm.
Er grinste mich an und beugte sich über mich. Sein sanftes Lippenpaar berührte
meine und verschlossen sich mit ihnen zu einem Kuss. Ein himmlisch, warmes
Gefühl durchströmte mich.
Ich legte meine Hände in seinen Nacken und zog ihn noch ein Stück zu mich
heran. Ich zog tief die Luft ein, als ich seine Hände an meiner Seite spürte,
wie sie an dem Saum meines Tops entlang strichen und regelrecht vorsichtig meine
Haut berührten. Er biss sich auf die Unterlippe und sah mich fragend an, so als
hätte ich dagegen etwas einzuwenden.
Doch das hatte ich ganz und gar nicht. Ich lächelte, zog ihn wieder zu mir und
biss sanft in seine Unterlippe. Seine Lippen zogen sich zu einem Grinsen
zusammen, doch der Kuss endete nicht.
Ich spürte seine Zunge, die nach Einlass bat und nur zu gerne, öffnete ich
meinen Mund und spürte seine Zunge, an meiner.
Seine Hände hatten mein Top nach oben geschoben und mein Bauch lag nun frei. Er
lächelte, als er sich kurz von meinen Lippen löste und mich ansah.
Ich errötete, warum müssen Kerle einen immer so lüstern ansehen?
„Weißt du eigentlich, dass du wunderschön bist, mein Engel?“, fragte er
und lächelte mich zuckersüß an.
Ich biss auf meine Unterlippe und zog ihn wieder zu mir. Ich wollte seine
Lippen, wieder auf den meinen spüren. Edward küsste mich, leidenschaftlich und
liebevoll. Seine Hände streiften über meine Haut und es kitzelte irgendwie,
aber es war auch ein so angenehmes Gefühl. Unter seinen Fingern, die meine Haut
erkundeten, hinterließ eine heiße Spur. Sie wanderten ganz vorsichtig nach
oben.
Ich sah wie er mir in die Augen sah, als er an den Ansatz meiner Brüste
angekommen war. In seinem Blick lag eine unausgesprochene Frage. Doch in dem ich
ihn wieder zu mir zog, beantwortete ich ihm diese Frage, genauso
unausgesprochen. Entsetzt stellte ich fest, dass Edward sich von mir löste.
„Was...?“
Er stand auf und nahm mich auf seine Arme. „Komm“, meinte er lächelnd. Doch
ich konnte gar nicht selber gehen, denn er trug mich leicht gebettet auf seinen
Armen und ging mit mir in sein Schlafzimmer.
Mit dem Fuß schloss er die Tür hinter uns Beiden wieder.
Kapitel 22: Überraschungsbesuch
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"Der Tod ist unvermeidlich.
Er ist ein Versprechen, dass jedem von uns bei der Geburt gegeben wird.
Aber ehe dieses Versprechen eingelöst wird, hoffen wir alle, dass uns etwas
widerfährt.
Sei es das prickeln einer romantischen Liebe,
das Glück eine Familie zu haben oder der Schmerz eines großen Verlustes.
Wir alle hoffen etwas zu erfahren, das unserem Leben einen Sinn gibt.
Aber das traurige ist, dass nicht jedes Leben von Sinn erfüllt ist.
Manche Menschen verbringen ihre Zeit auf diesem Planeten nur damit am
Spielfeldrand zu sitzen und darauf zu warten, dass ihnen etwas widerfährt
- ehe es zu spät ist."
Bellas Sicht:
Von irgendwoher hörte ich Stimmen. Sie schienen aus der Ferne zu kommen. Ja,
sie schienen von ganz weit weg zu kommen und dennoch hörte ich sie.
Ich streckte meinen Arm nach Edward aus, da ich ja wusste, dass wir zusammen in
seinem Bett eng aneinander gekuschelt, eingeschlafen waren.
Was für eine wundervolle Idee, das doch gewesen war. Ich mochte es inzwischen
so sehr, neben ihn ein zu schlafen, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen
konnte, ohne ihn ein zu schlafen. Ich mochte seine Wärme und wie er immer
seinen Arm um meinen Körper legte. Ich passte einfach perfekt in diese Kuhle.
Aber seine Seite war leer. Und kalt.
Ich öffnete meine Augen und stellte wirklich fest, dass neben mir keiner mehr
lag. Vor allem kein Edward.
Ich sah mich im Zimmer um und entdeckte ihn nicht, außer mir befand sich keine
weitere Person in Edwards Schlafzimmer.
Vielleicht machte er Frühstück?
Ja, das war ein guter Gedanke. Vielleicht würde er mir sogar das Frühstück
ans Bett bringen.
Ein noch viel schönerer Gedanke.
Ich kuschelte mich wieder in das Kissen, das nach Edward roch, einfach
himmlisch. Es war sein Bett und ich lag darin, wie als gehörte ich hier einfach
her.
„Ich möchte sie aber gerne sehen“, hörte ich wieder die Stimme, die eben
noch von so weit her kam. So fern schien sie gar nicht zu sein. Vor allem kannte
ich die Stimme.
„Sie schläft.“ Das war Edwards Stimme. Was war denn hier los?
„Ach ja und wo? Ihr Bett ist ja wohl leer.“
Plötzlich saß ich regelrecht aufrecht in meinem Bett. Das war meine Mutter!
Was macht denn bitte Renée hier? Hatte ich irgendetwas nicht mitbekommen.
Offensichtlich, denn sie war hier in unserer Wohnung.
„Renée beruhige dich doch.“ Das war die Stimme von Charly, meinem Dad.
Was war denn bitteschön hier los? Was machten denn bitte meine Eltern hier?
„Edward, wo ist deine Schwester?“ Fragte nun Esme. Was machten denn die alle
hier?
Das konnte echt nur ein Traum sein.
Was sollten denn bitte die Eltern von Edward und mir in unserer Wohnung machen?
Ich griff nach dem anderen Kissen und legte es mir über den Kopf und hoffte,
dass die Stimmen, dann endlich verschwimmen würden. Nein, es war kein Traum.
Nicht wirklich. Und ich sollte auch Edward nicht alle im Kampf gegen unsere
Eltern lassen.
Also warf ich Kissen und weiche Bettdecke von mir und stand aus dem Bett auf.
Aus Edwards Bett. Wie würden unsere Eltern wohl reagieren, wenn ich aus seinem
Schlafzimmer kommen würde? Vielleicht sollte ich mir eine Ausrede überlegen,
doch mir fiel absolut nichts Passendes ein.
Eigentlich wäre ich ja schon noch eine Weile liegen geblieben, aber ohne Edward
macht das ja dann auch keinen Spaß.
Ich blickte an mir herunter. Ja, ich hatte meinen Pyjama noch an, so konnte ich
meinen Eltern und auch Carlisle und Emse unter die Augen treten. Meine und seine
Eltern hatten mich schließlich schon als kleines Kind kennen gelernt, da war es
ja wohl egal, ob ich nun einen Pyjama anhatte.
Ich trat an die Schlafzimmertür, holte noch mal kurz tief Luft und öffnete die
Tür und trat in den Wohnbereich unserer Wohnung.
„Hey, Mom. Dad. Esme. Carlisle“, begrüßte ich alle mit einem Lächeln und
spürte die starren Blicke auf mir, doch ich versuchte sie einfach zu
ignorieren. Natürlich wusste ich warum sie mich so überrascht ansahen, doch
ich würde nicht die Erste sein, die dies ansprechen würde.
Edward lehnte gegen die Theke, die die Küche vom Essbereich trennte und
lächelte mich an. Offensichtlich war er erleichtert, dass er nun mich als
Unterstützung an der Front gegen unsere Eltern hatte.
Unsere Eltern saßen oder standen am Esstisch und musterten mich fragend. Gut,
nach diesem Auftreten, hatte ich auch gar nichts anderes erwartet.
„Sag mal, junge Dame, wo kommst du denn jetzt her?“, fragte meine Mutter.
Das war ja wohl offensichtlich, Mom. Statt sie anzuschauen und ihr zu antworten,
ging ich an den Kühlschrank und holte die Flasche Orangensaft aus der Tür.
„Bella?“, fragte nun auch Esme.
„'Guten Morgen' könnt ihr auch mal sagen“, erinnerte ich sie. Hatten nicht
meine und seine Mutter mich erzogen, anscheinend musste ich sie an ihre eigene
Erziehung erinnern.
Edward holte mir ein Glas aus dem Schrank und lächelte mich an. Ach, das war
wirklich ein sehr süßes Lächeln. Das machte diese komische Situation doch
gleich viel erträglicher.
„Was macht ihr eigentlich hier?“, fragte ich und blickte unsere Eltern an.
Das war ja wohl die entscheidende Frage. Zumindest für mich.
„Willst du uns nicht lieber mal sagen, warum du aus Edwards Schlafzimmer
kommst?“, forderte meine Mutter.
„Renèe, lass sie doch“, versuchte mein Dad sie zu beruhigen. Danke, Dad,
offensichtlich hatte er kein Problem damit, dass ich bei Edward geschlafen
hatte.
„Nein, ich will wissen, warum Bella nicht in ihrem Bett geschlafen hat,
sondern...“
„Sondern warum ich bei Edward geschlafen habe?“, fragte ich sie lächelnd
und nippte an meinem Orangensaft.
Meine Mutter hatte mich doch immer damit genervt, dass ich doch endlich mal mit
einem Kerl zusammen kommen sollte. Immer wenn wir telefoniert hatten, hatte sie
mir damit in den Ohren gehangen, wann ich denn endlich einen festen Freund haben
würde. Also warum nicht Edward?
Unsere Eltern kannten sich seit sie klein waren und so war es doch nun auch bei
uns. Sie kannten ihn schließlich. Und sie konnten mir nun nicht damit kommen,
dass er der falsche Umgang für mich wäre. Das würde ein paar Jahre zu spät
kommen.
Wir hatten schon so viel zusammen erlebt. Edward war meine erste große Liebe.
Die Sandkastenliebe. Mir war inzwischen klar geworden, dass ich keinen anderen
wollte, als Edward.
„Edward, willst du nicht auch mal was dazu sagen?“, meinte Carlisle.
Edward blickte mich an, lächelte und küsste mich einfach so auf die Schläfe.
Es war etwas komisch, dass er das vor unseren Eltern tat, doch weder ich noch er
ließen uns etwas anmerken. „Bella hat bei mir geschlafen. Den Rest könnt ihr
euch doch denken“, meinte er nur.
Ich nickte ihm zu und schaute zu unseren Eltern, die konnten mir doch nicht
weiß machen, dass sie so schwer von Begriff waren? Renée setzte sich auf einen
Stuhl und seufzte erst mal auf. Tolle Reaktion, Mom, Danke.
„Und wo ist Alice?“, fragte Esme. Sie schien mit unserer Beziehung wohl auch
keine Probleme zu haben. Warum auch?
„Sie hat bei jemanden übernachtet“, meinte Edward, neben mir.
„Ihrem Freund?“, fragte Carlisle.
Edward blickte mich fragend an, anscheinend wusste er nicht, ob er das einfach
so behaupten konnte, denn wir wussten selber noch nicht ob es offiziell war.
„Ja, sie ist bei ihrem Freund“, antwortete ich dann für ihn.
„Hier ist ja eine ganze Menge passiert“, meinte Esme lächelnd.
„Das kann man wohl laut sagen und noch mal auf das hier zurück zukommen“,
meinte Mutter deutete damit auf uns. „Was ist das?“
„Renée, lass die Beiden doch“, meinte Esme und lächelte uns an.
„Du findest das also okay, dass keiner davon was weiß.“
„Was sollen sie uns denn sagen?“, fragte Renée sie. „Ich erinnere mich
noch sehr gut daran, als wir jung waren und unseren Eltern auch nichts erzählt
haben.“
„Das ist was anderes.“
Natürlich. Ich lächelte, als meine Mutter das meinte.
Edward lehnte sich neben mir an die Theke und legte den Arm um mich. Er küsste
mich auf die Stirn. „Guten Morgen, übrigens“, hauchte er mir zu.
Ich lächelte. Ja, es zwar ein komischer Morgen, aber durch Edward, war es auf
jedenfall ein guter Morgen. Es war schließlich Edward und er war hier bei mir
und darüber war ich verdammt froh.
„Wann kommt Alice?“, fragte Carlisle.
„Na ja, wenn ihr euren Besuch angekündigt hättet, wäre sie bestimmt schon
längst da“, meinte Edward.
„Das nennt man Überraschungsbesuch“, meinte Charlie und lächelte.
„Dann müsst ihr eben auch mit Überraschungen rechnen“, sagte Edward.
„Ja, das ist wirklich eine Überraschung“, meinte Renée.
Ich seufzte auf.
Das war ja mal wieder wundervoll. War das so schrecklich mich nun mit einem Kerl
zu sehen? Sie tat ja gerade so, als wäre es ein Weltwunder. Aber so war meine
Mutter nun mal.
Edward hörte mein Seufzen und streichelte mir über den Rücken. Er kümmerte
sich hier um mich auch wenn ich mich fragte, ob es für ihn vielleicht auch
etwas komisch war, diese Liebesbekenntnisse vor unseren Eltern zu machen.
„Aber ich habe ihr eine SMS geschrieben. Ich denke, sie ist schon auf den Weg
hierher“, meinte Edward und lächelte Carlisle an. „Überraschungsbesuch
also?“
„Genau, wir wollten mal sehen, wie sich die WG unserer Kinder so macht.“
Esme lächelte uns liebevoll an. Sie war wirklich toll. Warum konnte meine Mom
sich nicht einfach mal benehmen und sich für ihre einzige Tochter freuen. Ich
blickte zu meinem Vater, der mir zuzwinkerte.
Alice' Sicht:
Es war so wundervoll in den Armen von einem Mann zu liegen. Nein, in den Armen,
des Mannes, für den man was empfindet. Von dem man träumt. Von den man sich
eine Zukunft erträumt. Der Mann, dessen Lächeln einen so zu verzaubern weiß.
Es war wirklich wundervoll, in Jaspers Armen zu liegen. So konnte von mir aus
jeder Morgen beginnen.
Doch ein Klingeln riss mich aus meinem Halbschlaf.
Ich kannte dieses Klingeln und ich verfluchte sofort mein Handy. Das war nun
wirklich ein sehr ungünstiger Moment, für mein Handy.
Ich seufzte und löste mich schließlich, wenn auch nur wiederwillig, aus dem
Arm von Jasper.
Er blickte mich lächelnd an. „Na, schau dir doch die SMS wenigstens erst mal
an“, schlug er vor.
Ich blickte ihn an. Wie konnte jemand nur so wundervoll sein? Ich beugte mich
wieder zu ihm und küsste sie ihn auf seine wundervoll, himmlischen Lippen.
„Wenn ich aber nicht will.“
Jasper legte seine Arme wieder um mich und drückte mich an sich. „Sicher?“
„Absolut sicher.“ Um meine Aussage zu bestätigen, küsste ich ihn inniger.
Es war einfach unbeschreiblich. Er gehörte mit Emmett zu den besten Freunden
von Edward, aber das schien gerade ziemlich weit weg zu sein. Was gerade
zählte, waren nur er und ich in seinem Bett.
„Du bist übrigens sehr süß“, hauchte er mir zu und strich mir meine
Haare, die vermutlich wirr vom Kopf ab standen hinter mein Ohr.
„Und du erst“, meinte ich lächelnd und küsste ihn wieder.
Und schon wieder klingelte mein Handy.
„Vielleicht ist es eine wichtige SMS“, meinte Jasper lächelnd und
verständnisvoll.
„Ja, das hoffe ich, für den Absender.“ Ich löste mich aus seinen Armen und
griff nach meiner Hose, die auf dem Boden, vorm Bett lag und zog mein Handy aus
der Tasche. Ich öffnete die Nachricht und seufzte. „Oh.“
„Oh?“, fragte Jasper mich.
Ich blickte ihn an und seufzte. „Ich muss leider gehen.“ Das musste ich
wirklich, auch wenn ich das absolut nicht wollte. Ich wollte noch länger bei
diesem Mann bleiben, aber diese Sache ging leider vor.
„Eine wichtige Nachricht?“
„So kann man es sagen. Meine und Bellas Eltern machen gerade einen
Überraschungsbesuch und fragen sich, wo ich denn stecke.“ Ich zog meine Hose
an.
„Du kannst heute wieder zu mir kommen?“, schlug er vor.
Ich blickte Jasper an und lächelte. „Das ist eine wundervolle Idee.“ Ich
beugte mich zu ihm und küsste ihn. „Ich komme wieder. Kann aber nicht sagen,
wann.“
„Ich bin hier“, meinte Jasper lächelnd. Er war wirklich ein toller Kerl,
eindeutig. „Und werde auf dich warten, Liebes.“
Bellas Sicht:
Als Alice wenig später hier erschien, Edward und ich uns noch fertig gemacht
hatten, saßen wir auch schon in einem Café zum Brunch. Etwas das eigentlich
gar nicht so mein Ding war. Aber für mich war es ja eh eher ein Frühstück.
Ich saß zwischen Edward und meinem Vater. Neben Edward saß noch Alice. Auf der
anderen Seite des Tisches saßen Carlisle, Renée und Esme. Inzwischen hatte
sich meine Mutter sogar ein wenig beruhigt. War ja wohl anscheinend auch echt zu
viel verlangt.
„Bella, was macht dein Studium?“, fragte Carlisle mich lächelnd.
Esme unterhielt sich gerade mit Renée, meinem Vater und Alice. Edward hatte
unterm Tisch nach meiner Hand gegriffen und hatte sie auf seinen Oberschenkel
gelegt, wo er sie mit seinem Daumen streichelte. Hatte ich schon erwähnt, dass
ich diesen Kerl einfach liebte? Es ging gar nicht anders.
„Na ja, ich hab wieder ein Semester gut abgeschlossen“, erwiderte ich. Gut,
das war nicht unbedingt die Antwort die er vermutlich hören wollte, aber was
anderes fiel mir nicht ein. Ich mochte solche Fragen auch einfach nicht.
„Und macht es dir noch Spaß? Romanistik ist sicherlich ein schweres
Studium?“
„Es geht“, erwiderte ich. „Aber es macht immer noch Spaß.“ Ja, ich war
immer noch der festen Überzeugung, dass das einfach genau mein Ding war.
„Na, dann ist ja gut.“ Carlisle blickte Edward an. „Und bei dir, Edward?
Was macht die Medizin? War der Wechsel schwer?“
Daran hatte ich ja noch gar nicht gedacht. Klar, er hatte die Universität
gewechselt, aber ich hatte ihn noch gar nicht gefragt, ob die Vorlesungen nun
anders sind. Ich hatte ihn eigentlich gar nicht gefragt, wie es für ihn gewesen
war, einfach zu wechseln. Ob es hier leichter oder schwerer war.
Edward spürte wohl meine unausgesprochene Frage und drückte meine Hand kurz.
„Ja, Dad, es ist alles okay. Der Wechsel war leichter als erwartet.“
„Dann bin ich ja wirklich erleichtert. Ich war ja eigentlich dagegen, dass du
nun auch nach Chicago wechselst. Von deiner Schwester sind wir ja solche
Halsüberkopf-Aktionen gewohnt, aber nicht von dir.“
„Das habe ich gehört, Dad“, meinte Alice und blickte ihn mürrisch an.
„Ich weiß, mein Engel.“ Carlisle lächelte sie aber an. Und schon war die
Sache auch für Alice wieder geklärt. Alle wussten, dass Carlisle seine Tochter
vergötterte und ihr alles verzeihen würde.
„Aber anscheinend hast du dich richtig entschieden.“ Damit blickte Carlisle
lächelnd auf mich.
„Ja, das habe ich“, sagte Edward und schaute mich lächelnd an.
Okay, die Röte trat mir wieder ins Gesicht, so dass ich den Kopf senkte und
mich meinem Teller widmete. Solche Komplimente mochte ich eigentlich gar nicht.
Mit so etwas konnte ich einfach gar nicht umgehen und ich wusste einfach nicht,
ob ich etwas erwidern wollte.
„Was besprecht ihr?“, fragte Esme lächelnd.
„Ich habe nur zu Edward gesagt, dass ich nun eingesehen habe, dass es eine
gute Idee war, nach Chicago zu ziehen. Hier ist schließlich Bella.“ Na ja, so
hatte er es allerdings nicht ausgesprochen. Auch wenn er es angedeutet hatte.
„Wollt ihr mir damit sagen, dass ihr schon was wusstet?“, fragte Renée
empört.
„Renée, wo denkst du hin“, versuchte Esme ihre Freundin sofort zu
beschwichtigen. „Wir wussten nicht, warum Edward plötzlich seine Universität
wechseln wollte. Carlisle war nicht gerade begeistert davon.“
„Ja, das stimmt. Dad ist ausgerastet“, meinte Alice.
Wieder blickte ich Edward fragend von der Seite an. Hier kamen gerade Dinge ans
Licht, von denen ich gar nichts wusste.
Warum hatte mir keiner was davon gesagt? Ich dachte es wäre von allen Seiten
abgesegnet gewesen dass die Cullen-Geschwister zu mir nach Chicago kommen.
Edward bemerkte meinen Blick wieder, lächelte nur und streichelte meine Hand
weiterhin. Warum hatte er mir davon nie was gesagt? Gut, ich hatte ihn auch
nicht danach gefragt. Vermutlich war das der Grund.
Offensichtlich war ich als Freundin eine komplette Niete.
„Ja, aber inzwischen sehe ich ja auch ein, dass es gar keine so schlechte Idee
war.“
„Nein, war es nicht, Dad. Wir haben eine tolle WG und Bella passt da
wundervoll rein. Es war schon schwer sie zu überreden, dass sie mit
einzieht“, meinte Alice und biss in ihr Croissant.
„Schwer mich zu überreden?“, hakte ich nun nach. Ich musste da wohl
irgendwas nicht mitbekommen haben. „So weit ich mich erinnere, wurde meine
Antwort gar nicht akzeptiert.“
„Nun komm mir doch nicht mehr mit dieser alten Leier“, meinte Alice und
seufzte theatralisch aus. „Du kannst ja wieder ausziehen.“ Damit erhellte
sich ihr Gesicht wieder. „Willst du denn noch ausziehen?“
Ich seufzte und murmelte: „Nein.“
Edward lächelte. „Dann ist ja gut“, sagte er zu mir flüsternd.
Ich blickte ihn lächelnd an.
Nein, ich konnte ja nicht mal ans Ausziehen denken. Das war inzwischen ein
vollkommen absurder Gedanke geworden. Ich wollte jeden Tag mit Edward zusammen
sein. Und so schlimm war es dann ja doch nicht, mit den Cullen-Geschwistern
zusammen zu wohnen.
„Wie geht’s Emmett?“, fragte Esme.
„Oh, dem geht’s gut“, meinte Alice schnell.
„Wir waren gestern Baseballspielen“, meinte Edward.
„Wir in alten Zeiten?“, fragte Carlisle.
Edward lächelte. „Genau, wie in alten Zeiten. Sogar Bella war gar gut.“
„Bella hat Baseball gespielt?“, fragte Renée skeptisch. So langsam fing ich
an, meine Mutter nicht mehr zu mögen. Warum muss sie mich nur so schlecht
darstellen?
„Das hat sie doch damals in den Sommern auch immer gemacht, so weit ich mich
erinnere“, meinte Esme lächelnd.
Ich nickte. Gut, das war Kinderbaseball und das gestern, war richtiges Baseball
gewesen. Abgesehen von Emmetts Sonderregeln. Zumindest redete ich es mir so ein.
„Alice was macht dein Studium? Gefällt dir das nun eher oder wirst du
demnächst wieder das Fach wechseln?“, fragte Carlisle nun seine Tochter.
„Nein, Dad, bisher gefällt es mir noch sehr gut.“
„Das war ja echt eine Aktion“, meinte Alice und warf sich zu mir aufs Sofa
als unsere Eltern endlich wieder gegangen waren. „Die hätten uns ruhig vor
warnen können.“
„Dann wäre es doch aber kein Überraschungsbesuch“, meinte ich leicht
genervt. Ich hasste Überraschungsbesuche. Ich griff nach einem Kissen, klemmte
es mir vor die Brust und umklammerte es, während ich Alice ansah. „Wie war es
eigentlich mit Jasper?“
Alice blickte mich an und kam verfiel in ein Strahlen. „Es war wundervoll.“
„Was denn genau?“
Sie strahlte von einem Ohr zum anderen und sah vollkommen glücklich aus. Ihre
Augen glitzerten richtig vor Glück. „Einfach alles. Er ist so wundervoll. So
liebenswürdig und sanft und zärtlich.“
„Hey, so genau, will ich das gar nicht wissen“, warf ich ein.
Sie blickte mich fragend an und seufzte auf. Ich grinste, was sie wahrnahm.
„Ihr seid also zusammen?“
„Ich denke.“
Ich lächelte. Alice war verliebt, sie sah richtig süß aus. Diese leicht
rosa-gefärbten Wangen standen ihr super. Gab ihrem Wesen noch mehr etwas
Elfenhaftes und Unschuldiges. Unschuldig? Ja, im Moment sah sie wirklich so aus.
Aber ich kannte sie ja inzwischen schon genug.
„Und du und mein Bruder?“
„Was ist mit uns?“
„Nun sag schon. Wie weit seit ihr schon?“
„Hallo? Das geht dich mal gar nichts an.“ Ich warf das Kissen auf sie.
„Apropos, wo ist dein Bruder eigentlich?“
„Er hat sich zurück gezogen, direkt als sie gegangen sind, wurde aber auch
endlich Zeit. Ich hatte schon vergessen, wie anstrengend die sind, wenn die vier
zusammen sind. Alleine sind die ja schon manchmal unerträglich, aber alle Vier
auf einmal.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber Ed hat sich zurückgezogen. Ich
denke, das lag wohl auch an dem Gespräch was Dad mit ihm geführt hatte.“
Ich erinnerte mich. Carlisle und Edward waren vorhin auf den Balkon gegangen um
in Ruhe und unter Männer mal zu reden. Vermutlich so ein Vater-Sohn-Gespräch.
Danach hatte ich noch nicht wirklich mit Edward gesprochen.
„Ich geh ihn mal suchen“, meinte ich und stand auf.
Auch Alice stand auf und ging zur Garderobe. „Ich bin noch mit Jasper
verabredet. Ich musste ihn ja heute Morgen voreilig verlassen.“
„Schon klar.“ Ich lächelte sie an.
„Bis später.“
„Du kommst heute also nach Hause?“
„Ich denke schon. Morgen ist doch wieder Uni.“
„Gut, braves Kind“, erwiderte ich grinsend.
„Bis nachher Mami.“ Damit verschwand sie aus dem Wohnzimmer.
Ich klopfte an der Tür von Edwards Schlafzimmer und trat ein. Ein wenig
erstaunt stellte ich fest, dass er an seinem Schreibtisch saß. Er lernte?
Ich hatte ihn noch nie an seinem Schreibtisch gesehen, was eigentlich schon
verrückt war, denn ich selber saß da eigentlich die ganze Zeit.
Er hatte sich auf seinen Drehstuhl zu mir rumgedreht und sah mich fragend an.
„Stör ich?“
„Nein, komm ruhig rein.“ Er blickte mich an und lächelte.
„Alles okay?“
„Klar. Warum fragst du?“
Ich setzte mich auf seinen Schoss und legte die Arme um seinen Nacken. „Wegen
dem Gespräch mit deinem Vater vielleicht.“
„Ach das.“ Er blickte mich lächelnd an und strich mir eine Strähne hinters
Ohr.
„Möchtest du drüber reden?“
„Möchtest du es hören?“ Offensichtlich mochte er es, meine Fragen mit
Gegenfragen zu beantworten, das war mir schon oft aufgefallen.
„Sonst würde ich doch nicht fragen.“ Ich hatte das Gefühl, ein wenig was
gut machen zu müssen. Ich erzählte ihm ja schließlich was von meinem Studium,
da er mich fragte. Aber ihn hatte ich das noch gar nicht gefragt. Vielleicht
hatte ich ein schlechtes Gewissen oder so. „Ich habe übrigens, glaub ich, ein
schlechtes Gewissen“, sagte ich dann ehrlich zu ihm.
„Warum denn das?“
„Ich glaube ich bin eine schlechte Freundin. Denn ich habe dich nie gefragt,
ob dir der Wechsel schwer gefallen ist? Ich habe da ehrlich gesagt, gar nicht
dran gedacht.“
Er lächelte sein schiefes Lächeln, was doch sanft war. „Ist doch okay. Ich
habe ja vorhin auch gesagt, dass es nicht schwer war.“
„Ja, schon. Aber ich hätte vielleicht doch mal nachfragen sollen. Du fragst
mich doch auch immer, wie meine Vorlesungen war oder ob ich Hilfe bei der
Hausarbeit brauche“, erklärte ich ihm und strich ihm durchs Haar.
„Bells, mach dir mal keinen Kopf.“ Er küsste mich auf die Stirn. Es war
schön seine Lippen auf meiner Haut zu spüren. Diese sanften Lippen, die so
süß schmeckten.
„Und wie war nun das Gespräch mit deinem Vater?“
„Ach, das war nur so ein Vater-Sohn-Gespräch“, meinte er und versuchte das
Thema damit weg zuschieben.
„Glaub ich dir nicht so ganz.“ Nein, das tat ich wirklich nicht. Wenn es nur
so ein banales Thema war, dann würde er mir ja davon erzählen, zumindest
dachte ich mir das. „Warum sagst du mir nicht einfach, was ihr besprochen
habt“, schlug ich vor.
„Gut, aber nicht hier.“
„Wo dann?“
Da war Edward schon vom Stuhl aufgestanden und ging mit mir auf dem Arm zum
Bett. Er ließ mich in die Kissen fallen und legte sich neben mich.
Ich drehte mich auf die Seite und schaute ihn lächelnd an. „Du willst also im
Bett mit mir reden?“ Skeptisch sah ich ihn an, denn ich konnte mir nicht
vorstellen, dass er jetzt wirklich mit mir über sein Vater-Sohn-Gespräch reden
wollte.
Er grinste, seine Hand strich über meinen Bauch. „Genau, das will ich.“ Er
blickte mich lächelnd an. „Es ging um das Studium und um uns.“
„Um uns?“ Hatte Carlisle doch etwas gegen unsere Beziehung?
„Nicht das du denkst, dass Carlisle was gegen 'Uns' hat. Er findet das schön,
dass wir beide zueinander gefunden haben.“
Ich lächelte. Ja, war es mir ja auch vorgekommen. Und so sehr konnte ich mich
doch nicht geirrt haben.
„Er wollte einfach nur wissen, wie ernst es mir mit dir ist.“
„Und?“, fragte ich ihn vorsichtig. Das würde mich auch gerne interessieren.
Edward schmunzelte und küsste meine Lippen. „Ich habe ihm, dann gesagt, dass
ich für immer mit dir zusammen bleiben will und nicht zulassen werde, dass sich
wieder irgendwas zwischen uns stellt.“ Wow, das war wirklich wundervoll. Aber
so war Edward nun mal. Er sagte immer so tolle Sachen. „Was sagst du dazu?“
„Klingt schön“, erwiderte ich ihm.
Edward lächelte und küsste mich wieder. „Du bist wundervoll.“
„Danke, du auch.“ Ich legte meine Hände in seinen Nacken und zog ihn zu mir
herunter. „Es war also wirklich nicht schwer für dich, einfach hier her zu
wechseln?“, fragte ich noch mal nach.
„Sagen wir es so, damit ich in deiner Nähe sein konnte, würde ich alles in
Kauf nehmen.“
„Du schleimst“, erwiderte ich ihm.
„Nein, ich bin nur ehrlich“, sagte er grinsend.
Ich küsste seine Lippen und spürte sehr wohl seine Hand, die unter dem Saum
meines T-Shirts verschwand und meine Haut streichelte und eine heiße Spur
hinterließ.
„Ich denke übrigens, dass es keinen Überraschungsbesuch unserer Eltern mehr
geben wird.“
„Das war ja auch eine tolle Aktion von ihnen.“
„Ja, sie hatten schon bessere Ideen.“ Seine Lippen wanderten über meine
Wangen zu meinem Ohr. „Aber sie haben gelernt, dass sie sich nun ankündigen
sollten. Wer weiß, bei was sie uns erwischen“, meinte er mit einem frechen
Grinsen.
Ich dachte nicht lange nach und zog ihm sein T-Shirt aus und starrte mal wieder,
wie jedes Mal auf seinen gut gebauten Oberkörper. Er war wirklich echt gut
gebaut. „Trainierst du eigentlich?“, fragte ich ihn und fuhr die
Brustmuskeln nach.
„Mit Emmett, ab und an.“
Was ich alles nicht wusste. „Mach das ruhig weiterhin“, erklärte ich ihm
mit einem frechen Grinsen und küsste ihn wieder.
„Einverstanden.“
Unser Kuss wurde inniger und schon bald streichelte seine Zunge über die meine
und forderte sie zu einem kleinen Spiel heraus.
Kapitel 23: Sommer in Forks mit 21 Jahren
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"Ja, das Leben ist eine Reise.
Eine Reise die man besten zusammen mit einem Begleiter unternimmt.
Natürlich kann dieser Begleiter nahezu jeder sein:
Ein Nachbar von der anderen Straßenseite oder der Mann auf der anderen Seite
des Bettes.
Der Begleiter kann eine Mutter mit guten Absichten sein oder ein Kind, das
nichts Gutes im Schilde führt.
Trotz bester Absichten werden manche von uns unterwegs ihren Begleiter verlieren
und dann wird die Reise unerträglich.
Denn die Menschen sind zwar für vieles geschaffen, aber nicht für die
Einsamkeit."
Bellas Sicht:
Ich zog den roten Regenschirm aus meiner Handtasche und blickte noch mal zum
Himmel, der mir grau und dunkel entgegen blickte, bevor ich den Schirm öffnete.
Der Himmel war so dunkel, das man meinen könnte, die Welt würde gleich
untergehen. Ein toller Tag, dafür dass man hier weg wollte. Es war ein mieses
Wetter. Gut, eigentlich war ich es ja gewohnt. In dieser Gegend, dieser Stadt,
Chicago, regnete es häufiger, zwar nicht ganz so oft wie in Forks. Aber es
konnte dennoch mithalten. San Francisco war da eindeutig angenehmer.
Ich lief die steinerne und alte Treppe des Gebäudes herunter, hoffte nicht
auszurutschen, weil die Stufen durch den Regen doch glatt waren. Ich mochte
dieses Gebäude, es war schon etwas älter, hatte große weiße Säulen am
Eingang, wie die am Pantheon in Athen. Allerdings wirkten sie nicht ganz so
antik.
Ich wusste gar nicht mehr, wie lange ich schon in Chicago war. Wie lange ich
hier schon lebte unter all diesen fremden Leuten, die meisten Gesichter kannte
ich nicht mehr. Hier gab es so viele Menschen auf so engen Raum. Manche
lächelten einen an, andere telefonierten oder waren einfach in ihr eigenes
Gespräch vertieft. Man wurde vielleicht mal ausversehen angerempelt oder nach
dem Weg zu einem Hörsaal gefragt.
Ich hatte mich richtig an die Stadt gewöhnt, genauso wie an meine neue
Wohngemeinschaft. Alice und Edward. Und an Jasper. Er und Alice waren nun
offiziell ein Paar und er frühstückte in letzter Zeit sehr oft mit uns.
Nicht, dass mich das störte, nein, mich freute das sogar. Ich mochte ihn. Er
war so was wie Alice Ruhepol, zumindest war das meine Meinung von ihm. Aber wenn
man die Beiden nun mal mit einander verglich, konnte man nichts anderes, davon
denken. Alice war nun mal ein absoluter Wirbelwind, manche würden vielleicht
sagen, dass sie ADHS hätte, aber zu der Zeit als wir noch Kinder waren, gab es
so was wie ADHS einfach nicht und deswegen, war Alice einfach nur ein
fröhliches und hippeliges Kind – inzwischen junge Erwachsene.
Ich zog den Saum am Ärmel meiner Jacke zurück, um auf meine Armbanduhr zu
schauen. Verdammt, ich kam zu spät, zumindest nach Alice’ Aussage. Sie würde
mich umbringen. Dabei hatte ich gar nicht getrödelt. Das lief ja mal wieder
super. Ich ließ den Ärmel wieder über meine Uhr rutschten und nahm mir vor,
einfach einen Schritt zu zulegen.
Dann hörte ich ein Hupen neben mir. Ich blieb stehen und blickte mich um.
Vermutlich war ich nicht mal gemeint und normalerweise blieb ich auch gar nicht
erst stehen, keine Ahnung, warum ich es also in diesem Moment doch tat. Aber
vielleicht bildete ich mir doch wirklich ein, dass ich dieses Hupen kannte.
Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht auf, als ich Edwards Wagen
entdeckte. Diesen schwarzen Maserati GranTurismo S würde ich doch überall
erkennen.
Er beugte sich über den Beifahrersitz und winkte mir zu. Dass Fenster auf
dieser Seite fuhr runter und er grinste mich an. „Na, hübsche Frau, soll ich
Sie vielleicht ein Stück mitnehmen?
Ich trat näher ans Auto heran und grinste ihn ebenfalls an. Ich fand es süß,
dass er mich abholen wollte, aber so war Edward nun mal. Vermutlich wollte er
einfach vor dem Wirbelwind Alice Cullen flüchten. „Tut mir Leid. Aber mein
Freund möchte nicht, dass ich mit anderen mitfahre.“
Edwards Grinsen wurde breiter. „Da hat ihr Freund allerdings Recht, dass
sollten Sie wirklich nicht. Aber ich denke, bei diesem Wetter können Sie eine
Ausnahme machen, Werteste. Oder möchte ihre Freund, dass sie krank sind?“
Ich lächelte, öffnete die Beifahrertür und stieg ein. Ja, mitfahren war
allerdings viel besser, als zu laufen. „Danke, dass du mich abholen kommst.“
Ich schüttelte den Schirm ein wenig aus, zog ihn dann wieder zu, legte ihn zu
meinen Füßen und zog schnell die Tür wieder zu. Es sollte ja nicht nass und
kalt im Auto werden. Das Unwetter konnte wirklich draußen bleiben.
Edward, der immer noch zu meinem Sitz gebeugt war, küsste mich.
Ich lächelte ihn an. Ja, das hier war eindeutig besser als im Regen zu laufen
und zu hoffen, dass der alte Schirm nicht undicht wird.
„Alice nervt schon, dass wir den Flug verpassen. Ich hoffe, du hast schon
gepackt?“
Ich wusste doch, dass er sich vor seiner Schwester verstecken wollte.
„Natürlich“, meinte ich lächelnd. Ich schnallte mich an und schon fuhr
Edward mehr als gekonnt aus der Parklücke und fuhr in Richtung Wohnung.
„Wie war die Vorlesung?“
„Ganz interessant“, meinte ich begeistert. Das war sie wirklich.
Aber ich freute mich dennoch auf das verlängerte Wochenende Urlaub, den ich mit
Edward, Alice und Jasper verbringen würde. Wir wurden sowieso ein richtiges
Quartett. Okay, so viel unternahmen wir ja dann doch nicht zusammen, aber das
lag auch meistens nur daran, da unsere Vorlesungen zu unterschiedlichen Zeiten
stattfinden.
Edward musste meist direkt morgens schon los, bevor wir überhaupt richtig zu
Ende gefrühstückt hatten. Der nächste war dann meist Jasper der los musste.
Dann gingen Alice und ich in Richtung Universität. Manchmal sogar zusammen, da
unsere Lesungen oft zur gleichen Zeit anfingen.
Meistens sahen wir uns dann nur zu dem Abendessen, das Edward mal wieder gekocht
hatte – er konnte wundervoll kochen – oder eben zum Frühstück, das wir
meistens auch gemeinsam einnahmen, zumindest versuchten wir es. Ich mochte es,
wenn wir alle gemeinsam am Tisch saßen und über unseren Tag sprachen. Es war
schön.
„Und schon nervös?“ Seine Hand suchte die meine und legte sie, unter seiner
auf den Schaltknüppel, wo er sie festhielt und mit dem Daumen streichelte.
„Sollte ich?“, fragte ich ihn vorsichtig.
Er zuckte mit den Schultern, sah kurz zu mir, schenkte mir ein Lächeln und
achtete kurz darauf wieder auf den Straßenverkehr. „Ich meine, wann warst du
das letzte Mal da?“
Für diese Antwort musste ich nicht lange überlegen. „Das letzte Mal, im
Sommer als ich 14 Jahre alt war.“
Er nickte zustimmend. „Also ich war dann damals 16.“
„Oh, du kannst rechnen“, zog ich ihn auf.
„Nicht frech werden.“ Er führte meine Hand an seine Lippen und küsste sie.
Meine Finger fühlten sich an seinen sanften Lippen eiskalt an, doch es schien
nicht zu stören. „Aber Alice will nun mal einfach keine Sommerfeste
verpassen.“
„Hey, ich freue mich doch auch darauf.“
„Ja?“ Er sah wieder kurz zu mir, dieses Mal fragend.
„Aber sicher.“ Ich grinste ihn an. Natürlich freute ich mich auf Forks.
Auch wenn ich lange nicht dort gewesen war, gab es so viele schöne Erinnerungen
die ich mit diesem kleinen Städtchen verband. Wenn ich nicht so stur und so
stolz gewesen wäre, wäre ich vielleicht schon viel früher in den Ort nach
Washington zurück gekommen.
Er legte meine Hand mit seiner wieder auf den Schaltknüppel. Er hielt sie ganz
fest, dennoch locker, so dass ich sie ihm immer entziehen konnte. Doch das
wollte ich garantiert nicht.
Es dauerte nicht lange und schon bog Edward wieder mit dem Maserati in unsere
Straße ein.
„Gut, dann lass uns mal schnell unsere Sachen holen und Alice und Jasper
einladen.“
Ich grinste ihn an und stieg aus, natürlich mit meinem Schirm. Auch wenn es nur
ein paar Meter zur Haustür waren, ich hasste Regen einfach. Es war nass und
dieser hier war sogar kalt. Zwei Dinge, die mal gar nicht gingen.
Edward kam um das Auto herum, nahm mir den Schirm ab und hielt ihn mir geöffnet
über den Kopf. Er war einfach ein Gentleman.
Alice Sicht:
Was ist denn eigentlich so schwer daran, mal pünktlich nach Hause zu kommen?
Vermutlich hatte sie sich noch in die Bibliothek gesetzt und wollte sich noch
ein paar Lektüren für die Reise einpacken. Sie vergaß anscheinend, dass die
Zeit uns davon strich. Sie vergaß mich und unser Reiseziel. Das war absolut
nicht zu glauben, da hatte sie doch extra eine Armbanduhr am Handgelenk. Doch
was nützte diese Uhr, wenn sie nicht mal drauf schaute?
„Schau nicht so.“
Ich blickte Jasper an, der neben mir am Küchentisch saß. Er blätterte durch
die Tageszeitung, er gehörte wohl zu den Menschen, die wirklich die Zeitung
lasen. Edward las sie auch.
Bella und ich allerdings nicht. Wenn Edward sie nicht lesen würde, würde sie
wohl direkt in den Papiercontainer landen, aber wegen ihm hoben wir sie immer
auf. Es kam schon ein oder zwei Mal vor, dass ich sie „ausversehen“ direkt
in die Mülltonne geschmissen hatte, weil ich ihn ärgern wollte, da war er dann
meistens wirklich stinkig gewesen.
„Wie schaue ich denn?“
„Mürrisch.“ Er blickte ja nicht mal auf, wie sollte er das denn also sehen?
„Und ich brauche dich nicht anzusehen, Alice, um zu wissen, wie du schaust.“
Mist, der Typ konnte echt schon wissen was ich denke. Erwischt. Dieser Typ war
einfach toll. „Die kann auch mal pünktlich kommen“, meinte ich nur.
„Edward holt sie doch schon ab“, meinte Jasper mit seiner ruhigen Stimme.
Ich liebte seine Stimme. Wenn ich frustriert oder sauer war, vielleicht wegen
meinem Bruder oder wegen einem Professor, dann musste ich nur ein paar Worte von
ihm hören und schon war alles wieder im Lot.
„Aber anscheinend reicht das nicht.“
Jasper schmunzelte und schaute auf die Uhr. „Wir haben noch massig Zeit,
Al.“
Ich folgte seinem Blick auf die Uhr. Bella hatte gewollt, dass wir eine
aufhängten, denn sie meinte, dass sie diese einfach brauchte. Von wegen.
„Wenn wir aber nicht bald losfahren, stecken wir voll im Berufsverkehr“,
stellte ich klar.
„Edward ist ein guter Fahrer.“
„Ja, du meinst er rast mal wieder durch irgendeine Abkürzung, so dass wir
länger als normal brauchen.“
Er zuckte mit den Schultern. „Er ist dein Bruder.“ Was sollte denn bitte
diese Aussage? Das wusste ich selber nur zu gut. Aber nun faltete er wenigstens
die Tageszeitung zusammen und legte sie zur Seite.
Seine Hand griff über den Tisch nach meiner und zog sie ein wenig zu sich. Ich
liebte seine kleinen und liebevollen Gesten.
„Machst du dir eigentlich gar keine Sorgen?“, fragte ich ihn. Schließlich
würde er heute das erste Mal meine Eltern treffen. Aber er schien wirklich die
Ruhe in Person zu sein. Wie immer eigentlich. Ich glaubte, dass ihn so gar
nichts aus der Ruhe bringen konnte. Zumindest hatte ich ihn noch nie aufgebracht
oder aufgelöst gesehen, seit ich ihn kenne. „Ich meine du lernst meine Eltern
kennen.“
„Nein, sollte ich? So wie du mir von deinen Eltern erzählt hast, sind sie
doch nette Leute. Und Edward und Bella haben mir das doch bestätigt.“
„Natürlich sind sie nette Leute. Aber es sind meine Eltern. Ich meine, wenn
ich deine...“ Ich seufzte. Er verstand mich wohl nicht.
„Bei meinen Eltern brauchst du dir nun wirklich keine Gedanken machen. Und
wenn du möchtest, können wir sie bald besuchen gehen.“
Ich sollte bald seine Eltern kennen lernen? Nein, davor graute es mir irgendwie.
„Das kann ruhig noch warten“, sagte ich schnell.
Jasper grinste. Ich wusste, dass er mir diese Aussage nicht böse nehmen würde.
Jasper doch nicht. Ich wusste gar nicht mehr, wie ich ohne ihn klar kam.
Mein Blick fuhr wieder zur Uhr. So langsam könnten die Beiden mal hier
antanzen.
„Vielleicht haben sie noch einen Zwischenstopp gemacht.“
Ich hörte, dass es ihn amüsierte, mich ein wenig necken zu wollen. Ich blickte
Jasper an und wusste, dass mein Blick leichte Gereiztheit ausdrückte. „Die
sollen, es wagen...“ In dem Moment als ich den Satz zu Ende sprechen wollte,
ging auch schon die Wohnungstür auf und Edward und Bella kamen endlich nach
Hause.
Ich sprang sofort vom Stuhl und eilte auf die Beiden zu. „Da seid ihr ja. Wo
seid ihr denn bitte so lange gewesen?“
„Alice, wir sind vom auf dem direkten Weg von der Universität hierher
gekommen“, meinte Edward und wollte seine Jacke an die Garderobe hängen.
„Wir haben keine Kinder mitgenommen die im Regen standen und auch keine
älteren Damen über die Straße geholfen. Wir waren ganz böse Menschen.“
„Wer’s glaubt. Sag mal was tust du da?“ Ich blickte ihn entsetzt an, als
er seine Jacke an die Garderobe hängen wollte. War das denn so schwer zu
verstehen, dass ich direkt zum Flughafen möchte?
„Alice, ich würde gerne eine Tasse Kaffee trinken, bevor wir
weiterfahren.“
„Abgelehnt“, sagte ich sogleich und reichte ihm seine Jacke wieder.
Edward nahm sie mir ab und hängte sie wieder an den Hacken.
Wie ich ihn doch hasste. Mein Blick wanderte zu Bella. „Bella sag mir nicht,
du hast noch nicht gepackt?“
„Doch, ich habe schon gepackt.“
Wenigstens etwas. Wenn sie schon nicht pünktlich kamen, waren wenigstens die
Taschen schon gepackt. „Gut, dann können wir ja los. Jasper kommst du?“
„Alice beruhige dich doch erst mal. Wir haben genug Zeit. Unsere Plätze sind
schon reserviert, wir müssen im Flughafen also nur noch Einchecken“,
versuchte Edward und ging an mir vorbei in die Wohnung.
„Wenn wir aber nicht gleich losfahren, kommen wir in einen Stau.“ Ich
seufzte, als ich sah, dass er meine Worte ignorierend in die Küche ging.
„Bella, würdest du bitte deine Tasche aus deinem Zimmer holen?“, forderte
ich sie auf.
Warum machte hier eigentlich jeder, was er wollte? Das war doch echt nicht zu
glauben.
Ich spürte Arme um meine Schulter, die sich um meine Brust legten und mich an
einen Körper drückten. Meinen Lieblingskörper. Ich spürte Jaspers Bauch und
Oberkörper an meinem Rücken. Sein Kopf legte sich auf meine Schulter, ein Kuss
seiner Lippen fand den Weg zu meinen Schläfen. „Beruhige dich mal meine
Liebe.“
Ich seufzte auf.
„Deine Eltern mögen mich bestimmt, mach dir also keinen Kopf.“
Warum wusste Jasper eigentlich immer, was in mir vor ging?
Konnte er etwa Gedanken lesen? Außerdem sorgte er mit seiner Ruhe immer dafür,
dass auch ich meine Aufregung verlor und ebenfalls ruhig wurde. Er konnte
wirklich meine Stimmung beeinflussen.
Ich drehte mich in seinen Arm und drückte mich an seinen Brustkorb.
Er küsste mich auf die Haare und streichelte mir über den Rücken. „Wir
machen uns ein paar schöne Tage und ich lerne deine Eltern und dein Forks
kennen“, meinte er mit ruhiger und sanfter Stimme. „So einfach ist das. Du
brauchst dich doch gar nicht aufzuregen. Ich bin doch hier.“
Ich nickte und ließ mich mal wieder in seinen Armen einfach fallen. Jasper war
wirklich mein Ruhepol und ich war froh, dass ich ihn hatte. Er würde mich nicht
verlassen und meine Eltern würden ihn mögen. Das wusste ich. Man konnte ihn
doch einfach nur mögen.
Bellas Sicht:
Forks.
Es gab so viele Erinnerungen an diese Kleinstadt. Wundervolle und aufregende
Erinnerungen. Ich hatte hier schließlich viele Ferien und vor allem meine
Sommer verbracht. Es war ein schöner Gedanke, wieder hier her zu kommen. Ich
mochte dieses Städtchen, auch wenn es hier immer regnete oder trüb vom Himmel
schien. Aber dennoch hatte diese Stadt etwas, nämlich meine Kindheit. So oft
waren wir auf diesem oder jenen Spielplatz gewesen, hatten auf dem Sportplatz
gespielt, an der kleinen Eisdiele gegenüber dem Marktplatz unsere tägliche
Portion Eis geholt.
Wir hatten hier Spaß gehabt. Ich hatte hier Spaß gehabt.
Ich zuckte ein wenig zusammen, als ich plötzlich eine Hand auf meinem
Oberschenkel spürte. Ich blickte auf die Hand. Es war Edwards und er
streichelte über meinen Oberschenkel, was eine beruhigende Wirkung auf mich
hatte. Ganz sanft und völlig selbstverständlich.
Er fuhr den Mietwagen, den wir uns für das Wochenende vom Flughafen ausgeliehen
hatten. So war es für Esme und Carlisle wirklich eine Überraschung, dass ihre
beiden Kinder, ich und Jasper plötzlich vor der Tür stehen würden. Das war
der Gegenzug für ihren unangemeldeten Besuch bei uns in Chicago.
„Alles okay?“
Ich nickte ihm zu und blickte wieder aus dem Fenster. „Ich erinnere mich nur
gerade mal wieder an alles.“ Es waren schöne Erinnerungen.
„Ich mag die Erinnerungen an Forks“, meinte Alice von hinten.
„Du hast ja auch nur Erinnerungen an hier“, erwiderte ich grinsend.
Während ich ja auch Erinnerungen an meine Zeit in San Francisco hatte. Aber
obwohl ich viel mehr im sonnigen Kalifornien aufgewachsen bin, mochte ich dieses
Städtchen doch ein wenig lieber, auch wenn das Wetter nicht so toll war, wie im
Süden der vereinigten Staaten. Aber dennoch. Vielleicht weil ich es immer mit
meinen Ferien, der freien endlosen Zeit, in Verbindung brachte. Und als Kind
gibt es nun mal nichts Schöneres als Ferien.
„Und eure Eltern wissen wirklich nicht Bescheid?“, fragte Jasper.
Alice und Edward nickten gleichzeitig.
„Sie wissen gar nichts. Es wir ein Überraschungsbesuch“, meinte Alice
lächelnd.
„Als kleine Rache, dafür, dass sie einfach so bei uns aufgetaucht sind“,
fügte Edward hinzu und grinste etwas.
„Nur, dass wir nicht morgens auftauchen und sie mit Fragen bombardieren und
dass sie sich auf unseren Besuch sehr freuen“, meinte ich erklärend. Das
stimmte. Es war nun nach Ortszeit vier Uhr nachmittags. Der Flug hatte nicht
lange gedauert und wir waren schneller aus dem Flughafen wieder draußen als
erwartet.
Edward fuhr die Hauptstraße entlang. Viele Leute die auf dem Gehweg liefen,
schauten zu unseren Wagen, wenn sie uns erkannten, winkten sie uns zu. Es war
einfach nur schön wieder hier zu sein. Als würde man einfach wieder nach Hause
kommen.
Nun führte die Straße aus der Stadt heraus und gleich würden wir in eine
kleine Einfahrt fahren. Eine Einfahrt die von Bäumen umzäunt waren. Ich würde
sie immer wieder erkennen, auch wenn sie gar nicht so deutlich war.
Edward fuhr nun das kurze Stückchen durch das Waldstück, auf der kleinen
Straße, direkt zum Haus der Cullens führte. Ich blickte die ganze Zeit durch
die Bäume und versuchte es schon zu erkennen. Irgendwie war ich aufgeregt,
dabei sah ich das Haus doch gar nicht zum ersten Mal. Aber irgendwie fühlte es
sich nach so langer Zeit genauso an.
Ich spürte Edwards Blick von der Seite und hörte Alice Stimme hinter mir, doch
beides bekam ich nur halb mit.
Als ich endlich das Haus auf der Lichtung entdeckte, stockte mir der Atem. Es
war immer noch so schön und atemberaubend wie damals, als ich mit meinen acht
Jahren das erste Mal nach Forks kam. Schon damals hatte es mich vollkommen
beeindruckt.
Ich lehnte mich wieder in den Sitz zurück und blickte zum Haus, das nun vor uns
immer mehr zu sehen war.
„Und sieht es noch so aus, wie in deinen Erinnerungen?“
Ich blickte zu Edward und lächelte ihn an. „Nein, besser“, gestand ich ihm.
Denn meine Erinnerungen waren mit der Zeit nun mal einfach verblasst, auch wenn
wir Fotos vom Haus hatten. Aber das Bild in meinem Kopf war irgendwie schwarz
weiß geworden, doch das hier war vollkommen in den schönsten Farben
gezeichnet. Es war einfach etwas anderes, wenn man wieder Live davor stand.
Als er auf den Kiessand fuhr, sah ich eine Bewegung an der Gardine in der
Küche. „Ich glaube, Esme hat uns entdeckt.“
„Was für eine Überraschung“, meinte Esme und drückte uns alle an sich.
„Ihr seid mir ja welche.“ Sie setzte mir einen Kuss auf die Stirn, wie sie
es schon früher immer getan hatte.
„Ist nun unser Überraschungsbesuch“, meinte Edward und blickte mich
lächelnd an. Es war schön, dass Esme mit Edward und mir als Paar keine
Probleme hatte, nicht so wie andere Mütter, die an dieser Stelle nicht genannt
werden möchten.
„Und das ist also Jasper.“ Sie löste sich von mir und trat nun zu Jasper,
der gerade aus dem Auto stieg und Alice an der Hand führte. Sie war vermutlich
nervöser als er. Zumindest schien er mal wieder die Ruhe in Person zu sein.
Oder er wusste, dass er an Alice‘ Seite nicht auch noch nervös sein durfte,
sonst würde sie ganz ausrasten. Sie brauchte seine Ruhe, das war
offensichtlich. Er war ihr Ruhepol, so wie Edward meiner war.
Edward legte den Arm um mich und drückte mir einen Kuss auf den Kopf.
Ich lehnte mich an ihn und blickte zu Esme, die Jasper gerade an sich drückte.
Nun schien sogar Jasper ein wenig überrascht zu sein. Vermutlich hatte er nicht
damit gerechnet gehabt, das Esme direkt alle an ihr Herz drückte.
Alice stand daneben und man sah ihr an, dass sie erleichtert war. Vermutlich hat
sie eine andere Reaktion ihrer Mutter befürchtet. Aber Edward und ich hatten
ihr schon oft genug gesagt, dass sie sich viel zu viel Sorgen um nichts machte
und das sah man ja nun. Im Nachhinein ist man aber schließlich immer schlauer.
Auch Mary Alice Cullen.
„Also, dann kommt doch erst mal rein. Bleibt ihr übers Wochenende?“ Esme
hatte nun den Arm um Alice gelegt.
„Ja, wir bleiben das verlängerte Wochenende hier“, meinte ich zu ihr und
ging mit Edward noch mal an den Kofferraum um die Taschen zu holen.
„Schön, Bella, dass du auch wieder da bist.“ Sie lächelte mich liebevoll
an. Ja, ich war auch froh, endlich wieder hier zu sein.
„Finde ich auch“, antwortete ich ihr und sie schenkte mir dafür ihr
schönes Lächeln.
„Wie weit steht denn das Sommerfest?“, fragte Alice sofort. Schließlich
wollte sie ja unbedingt wegen dem Sommerfest hier sein.
„Es findet wie immer morgen statt. Wie jedes Jahr, meine Liebe.“
„Dann ist ja gut.“
Esme lächelte.
„Ist Dad noch im Krankenhaus?“, fragte Edward.
Ich wollte ihm meine Tasche abnehmen, doch er küsste mich nur auf die Schläfe
und ging mit meiner Tasche an mir vorbei. Jasper hatte sich die Tasche von Alice
und ihm geschnappt und so blieb mir die einzige Aufgabe übrig, den Kofferraum
wieder zu zuschließen.
„Ja, er kommt aber um Sieben nach Hause. Dann muss ich ja mal überlegen, was
ich euch alles koche.“
„Überanstrenge dich nicht“, meinte Edward.
Esme blieb stehen und blickte ihren Sohn leicht böse an. „Du weißt, dass ich
euch gerne bekoche.“ Dann blickte sie zu mir. „Bella, was hältst du von
deinem Lieblingsessen?“
Ich lächelte sie an, nickte ihr zu und steckte Edward die Zunge raus. „Ich
glaube, deine Mutter hat mich lieber als dich.“ Mit diesen Worten ging ich
schnell an Edward vorbei, der neben Jasper hinter uns Frauen hinter her
trottete.
„Bella, du wirst dann bei Edward im Zimmer schlafen“, teilte uns Esme mit,
als sie uns alle etwas von ihrer tollen selbst gemachten Zitronenlimonade
gereicht hatte.
„Das hatten wir auch so gedacht, Mom“, mischte Edward sich ein.
Doch Esme ignorierte ihn, vermutlich wegen seinem Kommentar von vorhin noch. Sie
blickte zu Jasper und Alice. „Also wir haben dann ein Gästezimmer frei.“
„Jasper kann ruhig bei mir schlafen, Mom.“
„Warum haben wir nur ein Gästezimmer frei? Wir haben doch zwei“, mischte
Edward sich wieder ein. Sein Arm war über der Lehne meines Stuhls gelehnt. Das
machte er in letzter Zeit immer öfters. Aber mir machte das meist nichts. Nein,
ich fand das sogar sehr schön. Weil seine Hand dann meist meinen Arm
streichelte.
„Das eine wird renoviert“, meinte Esme schnell.
Edward blickte Alice fragend an. Sie wussten wohl von der Renovierung nichts.
„Welches Zimmer wird denn renoviert?“, fragte Edward interessiert. Also ich
verstand echt nicht, warum er seine Mutter so auf den Keks gehen musste. Das er
das tat, war nicht zu übersehen. Er wollte sie wohl einfach ärgern, warum auch
immer.
„Edward, was ist denn bitte heute mit dir los?“ Esme fuhr sich durchs Haar.
Sie sah nicht gerade genervt aus, aber tat dennoch so. Das war mal wieder ein
tolles Schauspiel, das diese Familie hier vollführte.
Jasper musste sie für verrückt halten und so wie Alice aussah, war ihr das
alles mal wieder sehr peinlich.
„Gut, Jasper kann bei mir schlafen“, meinte Alice und hoffte nun das Thema
damit beendet zu haben und auch dieses Schauspiel.
„Bella, hast du deine Mutter schon angerufen?“ Esme setzte sich nun auch zu
uns an den Esstisch.
Meine Mutter? Wie kam sie denn nun bitte auf dieses Thema? Momentan war ich
nicht wirklich gut auf sie zu sprechen, woran sie eindeutig selber schuld war.
„Nein, sollte ich? Ist was passiert?“
„Nein, natürlich nicht. Ich dachte nur, dass sie bestimmt wissen möchte, wo
du dich aufhältst.“
„Ich glaube nicht, dass ich sie anrufen möchte“, murmelte ich und trank
einen Schluck der tollen Limonade.
„Warum denn das?“, fragte Esme überrascht und blickte mich fragend an.
„Bella hat seit eurem Überraschungsbesuch noch nicht mit ihrer Mutter
gesprochen“, meinte Alice erklärend.
Ich blickte sie böse funkelnd an. Schön, dass einem die besten Freunde in den
Rücken fielen, dann brauchte man wirklich keine Feinde. Tolle Freundin.
„Das ist die Rache für heute Morgen, dass du dich nicht beeilt hast“,
erklärte sie mir.
„Sehr witzig. Ich hatte eine Vorlesung, falls du es schon verdrängt hast.“
Das war doch mal wieder typisch, Alice. Ich konnte doch nicht einfach so eine
Vorlesung sausen lassen, nur weil Madam der Überzeugung war, dass wir nicht
rechtzeitig zum Flugzeug kommen würden.
„Warum denn das Bella?“
Ich blickte Esme seufzend an. „Ich möchte darüber nicht reden“, antworte
ich trotzig.
Edward blickte mich von der Seite musternd an. Zum Glück kam von ihm kein
Kommentar. Wenigsten hielt noch einer zu mir. Aber ich wusste, dass er auch mit
mir darüber reden wollte. Ich wusste, dass er es nicht mochte, wenn zwischen
mir und meiner Mutter Funkstille herrschte. Doch es war meine Sache.
„Gut, wenn du heute nicht drüber reden möchtest“, meinte Esme. Und an dem
wie sie es sagte, wusste ich, dass sie mich spätestens Morgen noch mal darauf
ansprechen würde. So war nun mal Esme und sie würde nicht Ruhe geben, bis sie
alles aus der Welt geschafft hätte, was irgendwie auf irgendwen negativen
Einfluss hätte. Aber so konnte ich mich wenigstens darauf vorbereiten und gute
Argumente für mein Verhalten suchen. Hoffentlich fiel mir wenigstens einer ein.
Und trotziges, kindisches Verhalten würde für Esme Cullen garantiert nicht als
Erklärung durchgehen.
Ich kam gerade aus dem Badezimmer als ich wundervolle, sanfte Klänge hörte.
Ich entdeckte Esme im Flur stehend. Leise trat ich zu ihr. Sie lächelte mich an
und deutete mir mit dem Zeigefinger, den sie an ihre Lippen legte, dass ich
leise sein sollte. Sie lauschte anscheinend auch den schönen Klängen.
„Spielt Edward?“, fragte ich sie flüsternd.
Sie nickte und lehnte sich gegen die Wand und blickte zu ihm herüber. „Ich
habe ihn lange nicht mehr so spielen hören.“
Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass Edward nicht spielte. Schon als Kind
hatte er oft Stunden an seinem Flügel gesessen. „Warum nicht?“
„Ich weiß nicht, er hatte vor langer Zeit einfach aufgehört zu spielen.“
Das war mir nun wirklich neu.
Warum hatte er denn aufgehört gehabt? Und warum stand dann ein Flügel in der
Wohnung in Chicago?
Aber da spielte er hin und wieder. Wenn zwar nicht lange, aber er saß dennoch
ab und an, an dem schwarzen Flügel.
„Ich glaube es war kurz nach dem wir den Winter bei euch unten waren.“
Wie bitte? Nach dem Weihnachtsfest? Oh. „Er hatte letztens doch erst wieder in
Chicago gespielt“, meinte ich.
„Ja?“, fragte Esme und lächelte mich an. „Na ja, dafür, dass er den
Flügel zuerst gar nicht in der Stadt haben wollte, bin ich wirklich
erstaunt.“
Er wollte den Flügel nicht in Chicago haben? „Ich versteh das alles nicht,
warum hatte Edward denn nicht mehr gespielt?“ Ich kuschelte mich in den
Bademantel, den Alice mir geliehen hatte. Er war wirklich wundervoll weich.
„Ich glaube, das lag an dir, meine Liebe.“ Sie strich mir übers nasse Haar.
„Seit ihr euch nicht mehr gesehen hattet und du nichts mehr von ihm wissen
wolltest, wollte er anscheinend einfach nicht mehr spielen. Offensichtlich hatte
er das eine mit dem anderen eine Verbindung für ihn.“
Ich schluckte.
Wow, was sollte ich dazu noch sagen? Ich wusste, dass er früher schon immer
viel und gerne spielte. Aber, dass wegen mir aufgehört hatte, war mir echt neu.
Esme lächelte, küsste mich auf die Stirn. „Lauf nicht so lange, mit den
nassen Haaren rum.“ Und schon war sie wieder ganz die sorgende Mutter. Sie
lächelte mich noch mal an und ging dann an mir vorbei, wieder in die Küche, es
war ihr Lieblingsort. Genauso wie es bei Edward der Fall war. Er stand auch
gerne in der Küche und kochte und backte, liebend gerne.
Ich blickte ihr nach und schaute dann zu Edward, der immer noch mal Flügel saß
und spielte. Es hörte sich einfach wundervoll an. In Chicago lauschte ich
seinen Klängen auch hin und wieder. Seine Musik fesselte mich nun mal auch
einfach. Er konnte schon immer so spielen, dass er damit seine Mitmenschen
fesseln konnte.
Ich lächelte, trat ins Wohnzimmer und setzte mich zu ihm auf den Hocker.
Edward blickte überrascht auf, seine Finger stoppten, die Klänge erstarben.
„Hör nicht auf“, bat ich ihn sofort. Nein, er sollte wirklich nicht
aufhören. Das hier klang wundervoll. Das waren die schönsten Töne, die ich je
gehört hatte.
Er lächelte, nickte und spielte weiter.
Ich lehnte mich an ihn und schaute auf seine Finger, die über die weißen und
schwarzen Tasten hinweg flogen und eine so wundervolle Musik zum Vorschein
brachten. Diese Hände waren wirklich wundervoll. Ob sie mich nun streichelten
oder solche Musik hervorbringen konnten, es waren tolle Hände.
Kapitel 24: Ein Essen bei den Cullens
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Wir alle wissen wie beunruhigend Veränderungen sein können,
besonders wenn wir etwas erfahren, was wir gar nicht wissen wollen.
Kann zu viel Wissen ein Hindernis sein?
Ist es in einer Beziehung besser, wie ein offenes Buch zu sein
oder sollten manche Dinge lieber ungelesen bleiben.
Es gibt ein altes Sprichwort, was du nicht weißt, macht dich nicht heiß.
Aber ist das wirklich die Wahrheit?
Oder können Dinge, über die heute nicht gesprochen wird, dich morgen schon
verfolgen.
Jeder weiß dass die Wahrheit weh tun kann, aber sie kann auch befreiend sein.
Es ist ein Risiko das du eingehst, sobald du dich jemanden anvertraust,
Ich persönlich finde ja, dass Ehrlichkeit sich lohnt
und vielleicht erlebst du ja eine angenehme Überraschung.
Bellas Sicht:
„Darf ich dich was fragen?“ Mein Blick ruhte immer noch auf seinen Fingern.
Diese tollen Finger die regelrecht über die Tasten hinweg flogen und dafür
sorgten, dass der Raum mit diesen wundervollen Klängen ausgeschmückt wurde.
Die Decke in diesem Raum war hoch und gab den Klängen des Flügels eine noch
schönere Wirkung. Der Raum war perfekt für einen Flügel ausgewählt worden.
Außerdem fand ich diesen Teil des Wohnzimmers immer schon mystisch. Ich weiß
nicht warum, aber das war schon als kleines Kind so, als ich das erste Mal vor
dem schwarzen Flügel stand. Um den Flügel herum hatte man große, schwere
Kerzenständer aufgestellt und es wirkte einfach mystisch und geheimnisvoll.
Zumindest fand ich es als Kind so. Das Gefühl hatte sich nie geändert.
Ich spürte, dass er mich kurz ansah, blickte dann aber selber wieder auf seine
Finger und spielte weiter. Edward nickte. „Du kannst mich alles fragen, das
weißt du doch.“
Ich lächelte. Natürlich wusste ich das, doch irgendwie war es komisch es
anzusprechen. Aber ich musste das klären, auch wenn nicht wusste, welche
Antwort ich erwartete. „Esme hat mir eben was gesagt“, fing ich an.
„Was hat meine Mutter schon wieder verzapft?“ Ich hörte sofort aus seiner
Stimme heraus, dass er alles andere als böse war. Edward schien eher amüsiert
darüber zu sein, dass ich von seiner Mutter wieder sprach. „Also?“
Ich blickte ihn an und schaute dann wieder auf seine Finger, die die Tasten
leicht berührten, nach unten drückten und Musik hervorbrachten, als wäre es
die einzige Aufgabe, die diese Finger zu erledigen hatten. „Sie hat mir
gesagt, dass du ziemlich lange keine Musik mehr gemacht hast.“
Ich sah wie Edwards Finger aufhörten zu spielen. Die Musik stoppte und es wurde
still in diesem Raum. Aus der Küche drang leise Musik, da Esme mal wieder beim
Kochen das Radio anhatte.
Fragend blickte ich ihn an. Doch Edward schaute mich nicht an, sondern blickte
auf die weißen und schwarzen Tasten. Vielleicht hätte ich es nicht ansprechen
sollen.
Ich biss mir auf die Unterlippe. Das war anscheinend doch kein so gutes Thema.
Ich hätte es nicht ansprechen sollen.
„Ja, ich habe wirklich eine ziemlich lange Zeit nicht mehr gespielt“, sagte
er schließlich. Ich war überrascht, dass er mir überhaupt etwas zu diesem
Thema sagte. „Hat meine Mutter dir auch gesagt warum?“ Nun blickte er mich
an, lächelte und strich mir sanft eine Strähne meines noch feuchten Haares
hinters Ohr. Er streichelte sanft über meine Ohrmuschel und ein leichter
Schauer durch fuhr mich. Dieser Kerl war einfach unglaublich. Seine Finger
hatten einfach eine tolle Wirkung, auf meinem Körper wie auch auf dem Flügel.
Ich merkte wie ich errötete.
Wie sollte ich ihm denn das bitte sagen? Ich konnte ihm doch wohl schlecht den
Gedanken seiner Mutter ausbreiten? Warum musste ich ihn überhaupt darauf
ansprechen? Super Idee, Bella. Denk das nächste Mal bitte erst nach und handele
dann.
„Na? ich höre.“ Er grinste mich an, anscheinend wusste er nun, dass seine
Mutter mir auch noch mehr erzählt hatte. Ich spürte nun seine Finger, wie sie
über meine Wange streichelten, so als würden sie die Röte meiner Wangen
streicheln.
Ich seufzte und wusste, dass ich ohnehin nicht um diese Antwort herum kam.
„Ach, sie hat halt so was gesagt...“, meinte ich und versuchte mich ein
wenig von ihm loszureißen.
Doch da spürte ich schon seine Hand an meinem Rücken, wie er mich ein wenig an
sich zog. „Also?“, fragte er amüsiert.
Seine Lippen waren nun ganz nah an meinem Ohr, ich hörte ihn atmen, spürte den
Hauch an meiner Haut. Sein warmer Atem kitzelte über meine Haut. Und wieder
durch fuhr mich ein kalter, aber durchaus angenehmer Schauer. Dieser Kerl hatte
mich vollkommen in seiner Gewalt. „Was hat sie gesagt?“
Ich seufzte.
Er war echt gemein. Ich würde doch ohnehin nicht um diese Antwort kommen, er
würde doch eh nicht vorher aufhören mich so anzusehen. „Sie meinte, du hast
wegen mir nicht mehr gespielt“, meinte ich ein wenig vorsichtig und blickte
ihn an, um zu erkennen, was er dazu sagen würde.
Edward lächelte mich an und küsste mich auf die Schläfe. „Ja, das stimmt,
Bella.“
Wie konnte er so was einfach so sagen? Warum fiel es mir so schwer, darüber mit
ihm zu sprechen und er hatte nicht das kleinste Problem damit.
„Du hast wegen mir nicht mehr gespielt?“, fragte ich vorsichtig nach.
Edward lächelte, setzte sich ein wenig von mir ab, behielt seine Hand aber auf
meinem Rücken und streichelte mich dort. Seine Berührung war mehr als nur
angenehm, wenn nicht sogar beruhigend. „Es gab wirklich eine Zeit, da wollte
ich nicht mehr Spielen. Da wollte ich ehrlich gesagt gar nichts mehr machen, was
mir früher Spaß gemacht hat.“
Nun war ich doch überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass er nun so ernst
sein würde. Meine Schultern sacken nach unten. Irgendwie klang das traurig. Ja,
es machte mich einfach traurig, dass Edward wegen mir nicht mehr gespielt hat.
Wo es doch alles nur ein großes Missverständnis war. „Warum denn das?“
Edward lächelte und streichelte mir mit seinen sanften Fingern über die Wange.
Ich spürte wie seine Fingerspitzen die Konturen meiner Lippen entlang fuhren.
„Weil du nicht mehr da warst, Bella.“
Wow. Das war eine tolle Antwort und ich hatte sie nicht erwartet. Warum schaffte
Edward es denn immer nur die richtigen Sachen im richtigen Moment zu sagen?
„Du bist ein Schleimer“, meinte ich lächelnd, lehnte mich aber an seine
Schulter an. Ich versuchte die Stimmung ein wenig aufzulockern, denn er war so
verdammt ernst.
„Nein, ich bin nur verliebt und sage die Wahrheit.“
„Hat man nicht, wenn man verliebt ist eine rosarote Brille auf“, meinte ich
nun zu ihm grinsend.
Edward lächelte und küsste mich auf die Stirn. „Wer weiß...“
„Spielst du weiter?“
„Möchtest du es denn weiterhin hören?“
Was war denn das für eine Frage? Ich würde ihn am liebsten den ganzen Tag zu
hören. Es gab nichts Schöneres. Ich nickte. „Das ist eine schöne
Melodie.“
Er nickte und berührte wieder mit seinen Fingern die Tasten. „Ja, mit dir als
Inspiration kommen auch nur tolle Lieder zustande.“
Ich lehnte mich mit meinem Kopf wieder an seinem Oberarm an und sah seinen
Fingern zu, wie sie über die Tasten flogen.
Alice’ Sicht:
„Warum hat deine Mutter denn dann gemeint, dass das Gästezimmer renoviert
wird?“, fragte Jasper, der nun hinter mir die Treppe herunter kam. Ich hatte
ihm eben gezeigt, dass keins der beiden Gästezimmer renoviert wird, was Edward
und ich schon ahnten.
„Meine Mutter kuppelt sehr gerne“, meinte ich grinsend und blickte ihn
lächelnd an. Ja, das stimmt allerdings und vermutlich war sie nun mächtig
stolz auf sich, dass Edward und Bella endlich zusammen waren und vermutlich
würde sie sich diesen Ruhm selber in die Schuhe schieben, dabei habe ich da
eine große Rolle gespielt. Aber gut, lassen wir ihr den Glauben.
„Sie wollte also sehen, ob du es erlauben würdest, wenn ich bei dir
schlafe?“
Ich nickte ihm mit einem Grinsen zu. „Sie wollte testen, wie weit wir in
unserer Beziehung schon sind“, bestätigte ich ihm mit einem Lächeln. Edward
und mir war das sofort klar gewesen. Es hätte Bella eigentlich auch auffallen
müssen, aber vermutlich war sie einfach zu sehr in ihren eigenen Gedanken
versunken.
Dann hörte ich diese wundervolle Melodie aus dem Wohnzimmer und blieb stehen.
„Was?“, hörte ich Jasper sprechen, entweder weil ich so abrupt stehen
geblieben bin oder weil er auf die Musik hörte.
Ich drehte mich zu ihm um und deutete ihm, mit meinem Zeigefinger auf meinen
Lippen, an, dass er still sein sollte. Dann drehte ich mich wieder um und
blickte ins Wohnzimmer.
Edward und Bella saßen mit dem Rücken zu uns, am Flügel und konnten uns somit
nicht bemerkt haben. Edward spielte. Er spielte also wieder. Diese Tatsache
sorgte dafür, dass ich einfach anfing zu lächeln, denn diese Tatsache war
einfach wundervoll. Es bedeutete unserer Familie sehr viel, dass er wieder am
Flügel saß. Und ich wusste dass es nur an der Person lag, die neben ihm saß.
Bella hatte sich an Edwards Schulter gelehnt und lächelte ihn immer wieder an.
Sie waren ein so süßes Paar. Den Flügel in unserer WG hatte er bisher nur
selten angerührt, vielleicht würde sich das nun auch bald ändern und er
würde wieder häufiger spielen. Denn diese Musik war einfach sein Ding gewesen.
Ich zuckte ein wenig zusammen, als ich plötzlich ein Schlüsselbund hörte.
Jemand wollte gerade die Haustür von außen aufschließen und ich ahnte wer das
sein konnte. Es gab doch nur noch eine Person in dieser Familie, die noch
fehlte.
Ich rannte die restlichen Stufen der Treppe herunter und warf mich meinem Vater
in die Arme, der gerade die Tür geöffnet hatte.
„Na so was“, meinte er lachend, drückte mich aber an sich. „Alice, was
für eine Überraschung.“
„Hallo, Dad.“
Er küsste mich auf die Stirn, wie er es immer tat und ließ mich dann los.
„Du siehst gut aus, Kind.“
Ich lächelte und nahm ihm seine Tasche ab und stellte sie auf die Kommode,
damit er sich in Ruhe seine Jacke ausziehen konnte. Doch er blieb stehen, hielt
in seiner Bewegung inne. Fragend blickte ich ihn an.
„Ist das dein Bruder?“ Jetzt wusste ich, was er meinte. Er meinte die
wundervollen Klänge, die aus dem Wohnzimmer kamen.
Ich lächelte ihm nickend zu. „Ja, Bella ist auch da.“
Dann hörte ich ein Räuspern hinter mir, ich drehte mich um und blickte Jasper
an, er trat an mir vorbei und reichte Carlisle die Hand. „Hallo, Dr. Cullen.
Ich bin Jasper Hale. Ich bin Alice's...“
„Er ist mein Freund“, stellte ich sofort klar.
Jasper lächelte mich an.
„So so“, meinte Carlisle, reichte Jasper aber freundlich die Hand. „Freut
mich dich kennen zu lernen, Jasper. Aber nenne mich bitte nicht Dr. Cullen, das
klingt so alt.“
„Du bist alt“, erwiderte ich zu ihm.
„Und du bist immer noch so charmant wie immer, Alice. Ich dachte, wenn du mit
Bella und deinem Bruder zusammenlebst wird das endlich mal besser.“ Er grinste
und blickte Jasper wieder an. „Nenn mich einfach Carlisle, Jasper“, schlug
er vor.
Dann griff er nach seiner Tasche und stellte sie nun auf die unterste
Treppenstufe. „Wo ist deine Mutter?“
„In der Küche.“
Doch Carlisle wollte gar nicht in die Küche gehen, er blickte ins Wohnzimmer
und blieb im Rahmen stehen. Er lächelte als er Edward wieder am Flügel sitzen
saß. Ich wusste, dass es vor allem für Dad nicht so leicht war, einfach mit
anzusehen, wie Edward sich von seiner Musik entfernte. Er mochte ihn immer
spielen hören, für ihn war es immer das Schönste, dass wenn er von der Arbeit
kam und Edward am Flügel saß.
Ich war leider nicht so musikalisch. Anscheinend wurde mir dieses Gen nicht
vererbt, sonder die ganze musikalische Begabung war zu Edward übergegangen. Ich
hatte es mal mit Blockflöte probiert, aber dabei war es auch geblieben. Aber
für Dad war es immer okay gewesen. Unsere Eltern ließen uns immer das machen,
was wir wollten. Wir durften uns selber aussuchen, für was wir uns
interessieren und welche Hobbys wir machen wollen. Der einzige Sport für den
Edward und ich gleiches Gefühl hegen, ist wohl Baseball. Ein toller Sport.
„Bella ist also auch hier?“, fragte er ruhig und ich wusste nicht ob er mich
damit fragte oder es eher eine Feststellung war.
Aber ich nickte ihm lächelnd zu. „Ja, wir wollten beim Sommerfest dabei
sein.“
Carlisle blickte mich an und lächelte. „Das ist eine sehr gute Idee,
Alice.“ Er küsste mich noch mal auf die Stirn und trat dann zu Edward und
Bella, während ich mich umdrehte und meine Arme um Jasper legte, der mich
anlächelte.
„Siehst du, ich weiß gar nicht, warum du dir solche Sorgen gemacht hast.“
Ich nickte. Ja, das wusste ich nun auch nicht. Esme, wie Carlisle, freuten sich
Jasper kennen zu lernen.
Bellas Sicht:
„Wie geht’s Emmett? Kommt er morgen auch zum Sommerfest?“, fragte
Carlisle, während er den Kartoffelbrei weiterreichte.
„Er war sich noch nicht sicher“, antworte Edward ihm. Er schöpfte sich nun
selber Kartoffelbrei auf den Teller und reichte mir die Schüssel weiter. Ich
lächelte ihm dankend zu.
„Bella es ist eine tolle Idee, dass du wieder hier bist“, meinte Carlisle
und lächelte mich an.
„Ja, dann hast du wieder jemand, den du verwöhnen kannst“, meinte Esme
lächelnd. „Alice und Edward wollen das ja nicht mehr.“
„Na, und?“, meinte Carlisle lachend. „Edward kann Bella ja wohl ein paar
Stunden entbehren.“
„Das glaube ich nicht“, meinte dieser neben mir.
„Das werden wir noch sehen“, erwiderte Carlisle nur und lächelte seinen
Sohn an.
Hatte ich irgendwas verpasst? Gut, ich wusste das Carlisle mich mochte, ich
fühlte mich ja auch bei ihnen sehr wohl. Warum benahmen sie sich also so? Aber
irgendwie war es auch lustig. Es fühlte sich einfach wie früher an.
„Bella, lass die Kerle einfach in Ruhe. Ich hab übrigens deinen
Lieblingspudding zum Nachtisch gemacht.“
„Wer verwöhnt das Kind hier nun?“, meinte Carlisle zu seiner Frau.
„Ihr benehmt euch ja gerade so als hätte Bella keine Eltern“, mischte sich
nun auch Alice ein.
Jasper saß neben Alice. Während ich neben Edward saß. Carlisle und Esme
saßen jeweils an den Enden des Tisches. Er sah dem Essen und vor allem dem
Gespräch mit einem Schmunzeln im Gesicht zu.
„Die sind ja jetzt nun mal nicht da“, meinte Carlisle grinsend. „Und
außerdem ist Bella ja so was wie unsere zweite Tochter. Sie war doch immer
deine Schwester, nicht?“
„Können wir mal das Thema wechseln“, schlug ich vor. So langsam wurde mir
das echt peinlich.
Was sollte den Jasper denken? Er kannte Carlisle und Esme ja noch nicht. Gut,
ich wusste warum Esme und Carlisle so waren. Sie wollten bestimmt die Sommer
wieder gut machen, die ich nicht bei ihnen verbracht hatte. Außerdem ist es
auch mal schön, wenn man von seinen Liebsten verwöhnt wird und die Cullens
sind nun mal so was wie meine zweite Familie. Ich hatte ja mit allen Kontakt
gehalten – gut bis auf Edward.
„Gute Idee, also wie geht es Emmett?“, fragte Esme.
„Gut, Mom“, antworte Alice.
„Und Rosalie?“, fragte sie weiter.
„Ebenso.“
„Was machen die Hochzeitsvorbereitungen?“
„Läuft.“
Esme blickte ihre Tochter leicht genervt an. „Mary Alice, Kannst du mir auch
Antworten geben, die länger als ein Wort sind“, bat sie Alice.
Alice seufzte, rollte mit den Augen und widmete sich wieder ihrem Teller.
„Jasper, welches Studienfach hast du belegt?“, fragte Carlisle nun.
Ich spürte plötzlich Edwards Hand auf meinem rechten Bein. Fragend blickte ich
ihn an, doch dieser grinste nur. Ich war wirklich froh, dass ich mit Alice und
Edward nach Forks gereist bin. Es war einfach wundervoll mit Esme und Carlisle
und den Cullen-Kids zusammen am Tisch zu sitzen.
Ich hatte das bei Renée und Charlie nicht. Beide arbeiten viel und hatten oft
so verschiedene Schichten, dass sie sich selber nur kurz sahen. Charlie hatte
oft Nachtschicht, das war im Polizeidienst nichts Unnormales und Renée ging oft
auf Reisen. Meistens aßen wir nur zusammen zu Abend, wenn ich dann da war und
nicht schon vorher gegessen hatte.
Aber das hier war etwas viel Schöneres. Gut, das lag vielleicht auch daran, das
Esme nur halbtags arbeitet und Carlisle doch eigentlich humane Arbeitszeiten
hat, obwohl er in einem Krankenhaus arbeitet.
„Ich studiere Amerikanistik und amerikanische Kunstgeschichte“, antwortete
er.
Ich blickte zu Alice und bemerkte, wie sie Jasper anschmachtete. Sie war
wirklich zu süß. Ich freute mich sehr für Alice. Sie hatte alles Glück der
Welt verdient und Jasper schien ihr sehr gut zu tun.
„Gut. Wie habt ihr euch kennen gelernt?“ Mit ‚Euch’ meinte Carlisle
wohl, Alice und Jasper. Es schien nun doch ein
Vater-Freund-der-Tochter-Gespräch zu werden.
„Eigentlich kannte ich zu erst Emmett und Edward. Meine Schwester ist
Rosalie.“
„Emmett’s Rosalie?“, fragte Esme nun auch interessiert.
„Mom, kennst du noch eine andere Rosalie?“, fragte Alice und grinste.
Esme ignorierte den Kommentar ihrer Tochter und blickte Jasper weiterhin
erwartungsvoll an. Sie wollte seiner Geschichte weiterhin zu hören und sich
nicht von ihrer Tochter unterbrechen lassen.
„Ja, Rosalie ist meine Schwester und dadurch lernte ich Emmett kennen und
durch Emmett, eben Edward. Ich bin mit den anderen schließlich nach Chicago
gewechselt.“
„Verstehe“, murmelte Carlisle und blickte Jasper musternd an.
Ich musste anfangen zu grinsen, versuchte es mir aber zu gut es ging zu
verkneifen. Das war wirklich lustig. Ich hatte Carlisle eigentlich noch nie so
ernst gesehen, vor allem, war er doch immer der Meinung, dass er seine Kinder
einfach mal machen lassen wollte und nun mischte er sich nun doch ein wenig ein.
Vermutlich kam jetzt der Vater in ihm einfach durch.
„Woher kommst du, Jasper?“
„Rosalie und ich kommen aus Seattle. Unsere Eltern leben noch dort. Sie ist
damals aber mit Emmett nach Detroit gezogen zum Studieren“, meinte er
erklärend.
„Und nun seid ihr ja alle in Chicago“, meinte Esme und lächelte mich dabei
an. Was wollte sie mir mit diesem Blick nur wieder sagen? Dass sie ja alle da
waren, wusste ich ja selber. Aber ich glaubte auch nicht, dass es nur an mir
lag. Gut, Alice wollte nach Chicago und Edward auch – was wirklich eine tolle
Idee war – und die anderen wollten eben wieder mit ihren Freunden zusammen
sein. So einfach war das.
„Alice was macht die Kunstgeschichte?“, fragte Carlisle nun seine Tochter.
„Gut, Dad.“
„Gefällt es dir noch?“
„Ja“, antwortete sie knapp.
Ich war selber ein wenig überrascht, wie knapp ihre Antworten waren. Das war
doch sonst nicht ihre Art. Vermutlich hatte sie irgendeine Idee und ich war mir
noch nicht sicher, ob es mir gefiel, dass Alice wieder irgendwas ausheckte. Ich
war bestimmt diejenige die unter ihrer Idee wieder zu leiden hatte. Garantiert.
Die Wahrscheinlichkeit lag gar nicht mal so gering.
„Edward, was macht dein Studium?“
Carlisle wollte anscheinend nun jeden einzelnen durchgehen.
„Gut, Dad. Kann ich dich Morgen ein paar Dinge fragen. Ich habe meine Bücher
mitgenommen und habe ein paar Fragen.“
„Ja, komm Morgen einfach zu mir“, meinte Carlisle lächelnd. Edward hatte es
wirklich gut. Er konnte seinen Vater der schließlich selber Arzt war jederzeit
um Rat fragen.
„Bella, wie geht’s deinen Eltern?“, wendete sich Carlisle nun an mich. Nun
war ich also dran. Kann er nicht nach meinem Studium fragen, so wie auch bei den
anderen. Warum musste ich nach meinen Eltern befragt werden? Das hatte Esme
vorhin schon gemacht. Vielleicht hatte sie sich ja mit ihrem Mann abgesprochen,
damit das Thema ja wieder zu Gespräch kam.
„Ganz gut“, fing ich an. „Denk ich.“
„Denkst du?“ Carlisle hatte eine Augenbraue nach oben gezogen und musterte
mich.
Ich mochte es nicht, wenn er mich so ansah. Ganz und gar nicht. Ich blickte
schnell wieder auf meinen Teller und versuchte mit der Gabel ein Stückchen
Karotte aufzuspießen.
„Carlisle, Bella hat mit ihren Eltern seit unseren Besuch in Chicago nicht
mehr geredet“, meinte Esme erklärend.
Ich seufzte auf. Ja, ich wusste, dass ich mich schon länger bei ihnen hätte
melden sollen oder mal auf die Anrufe meiner Mutter reagieren sollte. Aber man
sollte im Leben eh so viele Dinge tun. Zum Beispiel sollte man sich sportlich
betätigen, nicht so viel rotes Fleisch essen, nicht rauchen und all solche
Dinge.
Edward neben mir hörte das sicherlich, blickte mich sorgend an.
Aber ich blickte ihn nicht an. Das war vermutlich absolut fehl am Platz. Warum
mussten wir aber nun auch jetzt darüber reden?
„Stimmt das?“
„Ja, Sir“, antwortete ich brav, ohne ihn anzuschauen. So wie ich es nicht
mochte, wenn er mich so ansah, mochte er es nicht, wenn man ihn mit ‚Sir’
eine Sache beantwortete.
Ich hörte ihn aufseufzen, aber dann sagte er zu diesem Thema nichts. Vermutlich
hatte er gemerkt, dass mir dieses Thema auf eine komische Art und Weise nun mal
einfach unangenehm war. Gut, für Esme und Carlisle war es auch nicht unbedingt
toll, zu hören, dass gerade zwischen meinen Eltern und mir Funkstille
herrschte. Ich wusste wie nah sich Carlisle, Esme und meine Eltern standen.
Vielleicht war es in dieser Hinsicht keine so gute Idee gewesen, nach Forks zu
kommen. Zumindest nicht um meinen Eltern vorher Bescheid zu geben. Ich hätte
vielleicht wirklich mit ihnen reden sollen, aber ich war irgendwie noch sauer,
vor allem auf meine Mutter. Nein, eigentlich nur auf meine Mutter. Charlie fand
es ja gar nicht so schlimm oder erschreckend, dass Edward und ich nun zusammen
sind. Vielleicht sollte ich sie mal anrufen. Nur vielleicht.
„Alles okay?“, hörte ich Edward neben mir flüstern.
Ich blickte ihn an, sah sein Lächeln und nickte nur. Ich war diesem Kerl
wirklich verfallen. Und ich war dankbar, dass er nun mal für mich da war.
„Warum hast du deine Mutter eigentlich noch nicht angerufen?“, fragte Edward
mich. Ich lag neben ihm in seinem Bett und kuschelte mich an ihn. Es war schön
neben ihm zu liegen und vor allem mit dem Gedanken, mit ihm einzuschlafen. Ein
tolles Gefühl seine Haut so direkt an meiner zu spüren.
Aber dieses Thema verlor sich in diesem Haus anscheinend wirklich nicht so
schnell. „Ich bin irgendwie sauer auf sie.“ Ich lag mit dem Kopf auf seinem
Oberkörper, da er auf dem Rücken lag. Er hatte seinen Arm um meinen Körper
gelegt und drückte mich an sich. Seine Hand streichelte über meine nackte
Haut, sorgte für ein prickelndes Gefühl.
„Weil sie so reagiert hatte?“
Ich nickte. Natürlich. Ja, ich wusste ja selber, dass es kindisch von mir war.
„Sie hätte sich entschuldigen müssen.“
„Da hast du bestimmt Recht.“
Ich seufzte. Denn ich hörte aus seiner Stimme heraus, dass er eigentlich was
anderes sagen sollte oder nicht ganz der Meinung war, die er gerade von sich
gab.
„Aber du und deine Mutter seid nun mal Dickschädel.“
„Stimmt gar nicht“, wollte ich ihm widersprechen, aber eigentlich wusste ich
das ja schon. Ja, natürlich wusste ich, dass ich diese Eigenschaft von meiner
Mutter geerbt habe. Charlie war alles andere als ein Dickschädel, er beharrte
zwar auf seine Meinung, aber nur wenn er wusste, dass er im Recht war.
„Vielleicht solltest du sie anrufen.“
Wieder nickte ich stumm.
„Freust du dich auf das Sommerfest?“, fragte ich ihn nun. Einerseits, damit
wir uns nicht nur anschweigen, andererseits um ein neues Thema anzufangen, weil
ich auf dem alten nicht weiter drauf rumzureiten wollte.
„Alice freut sich.“
„Das ist ja wohl kaum die Beantwortung meiner Frage.“
„Doch irgendwie schon.“
Ich blickte ihn fragend an. Zwei Kerzen leuchteten auf seinem Nachtisch, so dass
es nicht ganz zu dunkel in seinem Zimmer war und ich sein Gesicht erkennen
konnte. Er sah wunderschön aus. Eigentlich wie immer. Er war ja immer
wunderschön. „Freust du dich nun?“
„Sagen wir es so, ich freue mich darüber, dass du mit mir hier bist und wir
gemeinsam auf das Sommerfest gehen.“
„Um alte Erinnerungen zu löschen?“
„Ja, unter anderem.“ Er nickte mir zu.
Ich lächelte, krabbelte über seinen Brustkorb und küsste ihn sanft.
„Was wird denn das?“
„Nach was sieht es denn aus?“, fragte ich ihn amüsiert und küsste ihn
wieder. Dieses Mal streichelte ich mit meiner Zunge die Konturen seiner Lippen
entlang und bat ihn so um Einlass. Als ich seine Zunge schließlich spürte,
lächelte ich und zog mich enger an ihn. Edwards Hände schlangen sich nun auch
enger um meinen Körper und streichelten mir über die Haut.
Edward drehte sich mit mir um, so dass ich nun auf dem Rücken lag und er leicht
über mich gebeugt. Seine Hand streichelte über meinen Bauch, schob mein Top
immer wieder höher. Er lächelte mich dabei an. Seine Augen glitzerten durch
das Licht der Kerzen. Dann zog er mir das Oberteil ganz über den Kopf und
lächelte als ich fast nackt vor ihm lag. Er streichelte über meinen
Bauchnabel, fuhr an dieser Stelle sanfte Kreise.
Ich schloss meine Augen, um seine Berührungen noch intensiver wahrnehmen zu
können. Seine Hand wanderte nun nach oben, berührte die Anfänge meiner
Brüste.
Ich zog den Atem ein wenig ein, als er sie in die Hand nahm und massierte. Dann
spürte ich seine Lippen auf meiner anderen Brust, wie er die Knospe küsste,
wie er an ihr leckte, saugte und leicht daran knabberte. Erregt stellte sie ihm
entgegen und ich keuchte leicht auf.
Meine Hand die eben auf seinem Rücken geruht hatte, wanderte nun in seinen
Nacken und fuhr in seine Haare, in denen ich mich hoffte, festhalten zu können.
„Du bist wunderschön“, flüsterte er mir zu und küsste mich wieder.
Kapitel 25: Wünsche aus der Vergangenheit
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In der Bibel steht: 1. Korinther, 13 – Das Hohe Lied der Liebe:
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe
treibt nicht Mutwillen,
sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht
das Ihre,
sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich
nicht über die Ungerechtigkeit,
sie freut sich aber an der Wahrheit;
sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
„Ich finde ehrlich gesagt nicht, dass mir das steht.“
„Doch das finde ich schon“, widersprach Alice mir.
Ich seufzte.
Warum versuchte ich überhaupt mit ihr zu diskutieren? Wenn es um Kleider ging,
war es doch eh vollkommen sinnlos mit Alice darüber zu streiten. Nein,
eigentlich war es ja immer vollkommen sinnlos mit Alice überhaupt bei egal
etwas zu diskutieren. Sie versuchte doch eh immer ihre Meinung auf den anderen
zu übertragen. Man hatte doch gar keine Chance solange man nicht ihrer Meinung
war.
„Ich finde, dieses Blau steht dir ausgezeichnet.“ Sie lächelte mich an und
setzte mir nun auch noch einen Strohhut auf.
Ich blickte wieder in den großen Spiegel, der im Kinderzimmer von Alice stand
und seufzte. Ja, ich musste zugeben, der Hut passte zu dem Kleid. Auch wenn ich
der Meinung war, dass dieses Kleid nicht auf meinen Körper passte. „Warum
kann ich noch mal nicht meine Kleidung anziehen?“
„Also, wenn du vorher mit mir shoppen gegangen wärst, dann wäre das bestimmt
kein Problem, aber da du ja nichts Vernünftiges dabei hast, musst du dir nun
mal von mir helfen lassen. So einfach ist das.“ Sie blickte mich an und
lächelte. Wie immer mit ihrem zuckersüßen Lächeln. Das war doch echt nicht
auszuhalten.
„Ich finde nicht, dass es mir steht“, versuchte ich es dennoch noch mal.
„Doch.“
„Aber es ist dein Kleid.“ Warum sollte ich ihr Kleid anziehen? Ich hatte
eigene Klamotten. Ich war eh überrascht, dass mir etwas von ihr passte, denn
sie war kleiner als ich.
Alice rollte mit den Augen. „Das hat mir irgendwann mal eine Tante geschenkt.
Ich weiß nicht mal mehr welche. Auf jedenfall hatte ich es nie angehabt, weil
es mir einfach nicht steht.“
„Aber mir?“
„Genau. An dir sieht es toll aus“, erklärte sie sofort. „Mir steht dieses
Blau nun mal einfach nicht.“
Dieses Blau? „Ich weiß nicht.“ Ich blickte wieder in den Spiegel.
Alice‘ Kopf erschien auf meiner Schulter, sie schaute mit mir in den Spiegel.
Als sie mein Gesicht sah, war es nun Alice, die seufzte. „Gut, ich mach dir
einen Vorschlag.“
Alice wollte mir einen Vorschlag machen? Das war ja nun mal was ganz neues.
Zugegebener maßen war ich überrascht. Es gab doch wirklich noch Zeiten in den
meine beste Freundin mich überraschte, dabei habe ich schon gar keine
Erwartungen an sie, da sie mich eh immer überraschte.
„Also gut, was ist das für ein Vorschlag?“ Vermutlich war das genauso, als
würde man sich einen Vorschlag der Mafia anhören. Sie hatte bestimmt einen
Plan B und der beinhaltete nun eben diesen Vorschlag. Aber letztendlich würde
es doch nur darum gehen, dass ich dieses blaue Kleid auf dem Sommerfest anziehen
sollte.
„Wir fragen einfach Edward.“
„Edward?“
Warum wollte sie ihren Bruder mit einbeziehen? Er würde doch bestimmt eh auf
meiner Seite sein. Oder wusste sie etwas, was ich nicht wusste?
„Ja, Edward. Der mein Bruder und zugleich dein Freund ist. Ich glaube du
kennst ihn.“
„Ich weiß wer Edward ist, aber danke für diese kleine Erklärung.“
„Und bist du mit dem Vorschlag einverstanden?“ fragte Alice und grinste mich
an. Sie fuhr sich über ihre kurzen dunklen Haare. Ich erinnerte mich daran, wie
meine beste Freundin früher aussah. Sie hatte immer etwas längere Haare. Sie
waren nie so lang wie meine Haare, aber zumindest länger als heute. Doch dieser
Kurzhaarschnitt stand ihr auch gut, da diese schwarzen Haare nun in spitzen
Strähnen vom Kopf abstanden, es wirkte frech, irgendwie auch elfenhaft.
„Ja, gut, fragen wir Edward“, meinte ich lächelnd. Es war einfach schön im
Haus der Cullens zu sein.
Carlisle und Esme waren wundervoll und sie verwöhnten mich mal wieder nach
Strich und Faden. Aber ich nahm es ihnen auch nicht übel. Das hatten sie schon
früher getan, nur dass ich die letzten Jahre eben nicht bei ihnen gewesen war.
Sie wollten einfach gewisse Dinge nachholen, vor allem Carlisle. Aber ich genoss
die Momente auch einfach die ich mit der Familie Cullen hatte.
Alice griff nach meiner Hand und zog mich aus ihrem Zimmer. „Gut, dann fragen
wir also Edward.“
Ich nickte ihr zu und ließ mich von ihr aus dem Zimmer ziehen.
Der Rock des Kleides bauschte sich um meine Beine, knisterte etwas.
Als wir das Zimmer verließen hörte ich schon die wundervollen Klänge die aus
dem Wohnzimmer kamen. Das konnte nur Edward sein. Nur er konnte so wundervolle
Klänge vollbringen.
„Das ist ein neues Lied“, meinte Alice und blickte mich fragend an.
„Ja, Edward meinte, dass er etwas Neues machen will.“ Ich zuckte mit den
Schultern und fragte mich, warum sie so überrascht aus der Wäsche schaute.
„Er übt an einem neuen Stück?“, fragte Alice ein wenig überrascht.
„Ja, warum fragst du?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ich bin nur überrascht.“
Langsam gingen wir nun die Treppen herunter.
„Ja, das sehe ich.“ Und ich wusste wirklich nicht warum. Was war denn so
überraschend daran war, dass ihr großer Bruder wieder an einem neuem Stück
arbeitete? „Wie läuft es mit dir und Jasper?“
„Gut.“ Nun strahlte sie wieder. Sie sah so glücklich aus und ihr stand
dieses Lächeln eindeutig sehr gut.
„Komm, wir fragen ihn nun einfach.“ Sie sprang die letzte drei Stufen
herunter und eilte ins Musikzimmer.
Die Musik, diese wundervollen Klänge, verstummte sofort, als Edward uns
bemerkte. Er drehte sich auf seinem Klavierhocker zu uns um und lächelte uns
an. „Na, ihr Beiden.“ Dann blickte er mich von oben bis unten an und musste
schmunzeln.
„Ed, du musst uns helfen“, fing Alice an. „Bella will das Kleid nicht
anziehen. Also musst du ihr nun sagen, dass es ihr steht.“
Skeptisch blickte ich sie an. Als sie mir diesen Vorschlag eben noch
unterbreitet hatte, hatte sich das ganz anders angehört. Das war also ihr Plan
B. „Na danke auch, Freundin.“
„So, ich geh dann mal meinen Freund suchen“, teilte sie mir mit. Ich
streckte ihr die Zunge raus, sie grinste mich an und drehte sich um.
Eine zarte Berührung spürte ich an meiner Wange. Ich blickte in das immer noch
schmunzelnde Gesicht meines Freundes. Er streichelte mir sanft über die Wange.
Meine Haut prickelte unter seiner Berührung. Ein angenehmer Schauer lief mir
dabei über den Rücken. Es war ein schönes Gefühl. „Du willst also das
Kleid nicht anziehen?“
„So würde ich das nicht sagen.“
„Wie würdest du es denn sagen?“, stellte er mir direkt die Frage und
grinste. Er kannte mich einfach schon viel zu gut. Er wusste, dass ich es nicht
anziehen wollte. Aus Prinzip einfach nicht. Einfach weil es ein Kleid war.
„Warum kann ich nicht einfach die Kleidung anziehen, die ich eingepackt habe?
Warum muss ich immer das anziehen, was Alice mir aussucht?“
Er lächelte und fuhr nun mit seinen Fingern über meine Taille entlang, zu
meinen Hüften, wo seine Hände ruhen blieben. „Weil du dir kein Kleid
eingepackt hast. Und ich muss Alice zustimmen, dass man zu einem Sommerfest nun
mal einfach ein Kleid anziehen sollte.“
„Aber das hier?“ Ich sah an mir herunter und deutete auf das Stück Stoff,
das mich umgab.
Er folgte meinem Blick, so als würde er mich noch mal mustern. „Ich finde es
steht dir. Ich finde überhaupt das Blau dir steht.“
„Das hast du mir, glaube ich, schon mal gesagt.“
„Beherzigst du es denn dann auch irgendwann mal?“
Ich rollte mit den Augen. „Ich dachte eigentlich, dass du auf meiner Seite
bist.“ Schließlich war das der einzige Grund gewesen, warum ich auf Alice‘
Vorschlag eingegangen bin.
Edward lächelte, nahm mir den Hut vom Kopf und küsste mich sanft auf die
Stirn. „Ich bin auf der Seite, in der du Kleider trägst, die dir so gut
stehen, wie dieses hier.“
Ich seufzte. Er stand also auf Kleider. Na toll.
Ich stand nämlich nicht auf Kleider. Nicht unbedingt zumindest. Manchmal gab es
nun einfach Anlässe auf den es sich einfach ziemt Kleider anzuziehen, aber ein
Sommerfest?
„Komm.“ Er griff nach meiner Hand und zog mich nun mit sich auf den Hocker
am Flügel.
„Was ist denn?“ Ich setzte mich neben ihn.
Er legte den Arm um meine Taille und zog mich enger zu sich. „Es ist noch
nicht ganz fertig, aber ich möchte dennoch, dass du es dir schon mal
anhörst.“
„Du erinnerst dich aber schon an die Tatsache, dass ich in Musik eine Niete
war und ich deswegen deine Künste vermutlich nicht so würdigen kann, wie du es
eigentlich verdient hast.“
„Ich will aber, dass du die Erste bist, die es hört und ich will deine
ehrliche Meinung. Nicht die Meinung von irgendeinem Musikkritiker.“ Er legte
seine Hände auf die Tasten und ich lächelte. Wenn seine Finger so auf den
weißen und schwarzen Tasten lagen, sah es so aus, als gehörten diese Finger
einfach da hin. Wie ein Bild in dem alles mit einander harmonierte. Ein
Stillleben, ein Monet.
Und dann drückten die Finger die weißen Tasten langsam nach unten und sanfte
Klänge erfüllten Raum.
„Und Alice, schon aufgeregt?“ Carlisle ließ nun das Schloss des Autos mit
der elektronischen Fernbedienung einrasten. Wir waren im großen Van gefahren,
der noch in der Garage stand. Ich hatte echt gedacht, wo Alice und Edward nicht
mehr zu Hause wohnten, dass sie den großen Van verkauften oder so. Aber so war
es schließlich doch gut gewesen.
„Ja, Dad. Ich freue mich schon riesig.“ Sie griff nach Jaspers Arm und hakte
sich bei ihm ein. Alice trug ein lavendelfarbenes Kleid, welche ihr wunderbar
stand und ihre helle Alabasterhaut mal wieder mehr als deutlich zur Geltung
brachte. Sie sah toll aus.
Esme trug an ihrem Körper ein beigefarbenes Kleid.
Irgendwie war es dann doch gar nicht so schlimm, dass ich dieses Kleid trug,
denn ich war schließlich nicht die Einzige. Edward gefiel es und das war
schön.
„Bella, es ist schön, dass du hier bist.“ Carlisle legte den Arm um mich
und lächelte mich liebevoll und väterlich an.
Ich konnte dieses Gefühl einfach nicht beschreiben. Es war wundervoll mit der
Familie Cullen zusammen zu sein. Ich konnte das Gefühl nicht beschreiben, aber
es war toll. Forks gab mir einfach ein tolles Gefühl.
„Ja, es ist schön wieder hier zu sein.“
„Dad, lass Bella mal in Ruhe.“ Edward nahm den Arm seines Vaters von meiner
Schulter und zog mich selber an sich.
„Sohn, du wirst doch wohl nicht eifersüchtig auf deinen eigenen Vater
sein.“
„Wenn es um meine Bella geht, dann schon“, meinte er und grinste Carlisle an
und küsste mich aber auf die Stirn. „Bei dir muss ich bei Bella nun mal
eifersüchtig sein. So sehr wie du sie verwöhnst.“
„Hey, lass das“, meinte ich zu ihm. Doch er ließ mich nicht von sich weg
schieben. Er blieb wo er war und eigentlich war es mir ganz Recht.
„Ich finde, mein Sohn, du solltest etwas an deiner Eifersucht arbeiten.“
„Nicht streiten“, sagte Esme und hakte sich nun in den Arm ihres Mannes ein.
Sie waren ein wundervolles Paar, so innig und vertraut miteinander.
Ob Edward und ich auch irgendwann mal so sein werden?
Oh mein Gott, was dachte ich denn nur?
Edward grinste mich an. „Nein, ich finde nicht, dass ich an meiner Eifersucht
was machen sollte, Vater.“
„Wie du meinst.“
„Hört ihr nun auf.“
„Danke, Esme“, meinte ich und lächelte sie an. Die beiden Cullen-Männer
schienen wirklich verrückt zu sein. Aber es war schön, wie die beiden lachten.
Sie hatten das gleiche offene Lachen.
„Ich will an den Schießstand.“ Edward zog mich mit sich, ohne darauf zu
achten, ob ich da auch hin wollte oder nicht. Aber ich würde ihn überallhin
folgen. „Was willst du?“, fragte er mir hauchend zu.
„Was soll ich denn wollen?“
Er grinste und küsste mich auf die Schläfe, sanft wie immer. „Was soll ich
für dich gewinnen, mein Herz?“
Jetzt verstand ich, was er von mir wollte. Ich grinste und blickte wieder in die
kleine Bude. Er wollte mir also ein Kuscheltier erspielen?
„Also, was soll ich für dich gewinnen?“, fragte er nochmal.
„Warum willst du überhaupt etwas für mich gewinnen?“
„Weil wir nun mal auf einem Sommerfest sind und weil es eben hier diese
Schießbuden gibt.“
„Das ist also der Grund?“ Ich sah ihn skeptisch an, das konnte doch nicht
wirklich sein Grund sein? Aber irgendwie war er schon niedlich.
„Genau und weil ich meiner Herzensdame etwas beweisen will?“
„Du willst mir also zeigen, wie toll du bist?“, fragte ich amüsiert und
grinste ihn an.
„Genau, das hier ist so ein Männerding“, versuchte er mir zu erklären.
„Du meinst wohl eher so ein Ego-Ding!“ Ich grinste ihn an. Ich mochte es,
wenn wir so locker mit einander umgingen. Wer hätte noch vor ein paar Monaten
gedacht, dass ich hier mit Edward in Forks auf dem Sommerfest sein würde.
Zusammen als Paar.
Edward grinste und griff nach dem Gewehr, welches auf der Theke lag. „Also
Geliebte, was hättest du gerne?“
Geliebte? Klang komisch, wenn auch schön. Zumindest wenn es aus seinem Mund
kam. Wenn auch etwas verschroben.
„Den Teddybär da“, meinte ich zu ihm und deutete auf einen kleinen braunen
Teddybär, der einen süßen Hut auf den Kopf hatte.
„Gut, den sollst du haben.“ Edward lächelte und zielte auf die Zielscheibe.
Er wirkte sehr von sich selbst überzeugt und ich war echt mal gespannt, ob er
sich da nicht zu viel zumutete.
Ich stand daneben und grinste ihn an. Das war einfach amüsant und doch
niedlich. Ich war hier in Forks, mit Edward. Ich war wieder mit ihm zusammen. Es
gab einfach nichts Schöneres auf der Welt. Zumindest in meiner kleinen Welt.
„Was möchtest du essen, Liebes?“
„Carlisle, warum nennst du mich so?“
„Weil du es doch bist, Liebes.“ Er legte den Arm um mich. „Zuckerwatte?
Bonbons? Gebrannte Mandeln? Maronen? Eine Schokobanane oder Schokoerdbeeren?“
„Hol ihr bitte etwas Vernünftiges“, mahnte Esme mal wieder. Aber sie musste
lächeln.
„Aber Bella hat schon früher lieber diesen Süßkram gegessen. Und sie soll
alles haben was sie möchte“, erklärte Carlisle.
„Du verwöhnst sie nur zu sehr.“
„Na und“, meinte Carlisle lächelnd und zuckte mit den Schultern. „Wann
hab ich denn schon die Möglichkeit dazu?“
„Du bist verrückt, Dad“, meinte Edward, der neben Esme herlief.
„Wo ist Alice?“, fragte Esme, aber wirklich Sorgen schien sie sich nicht zu
machen. Es gab ja auch keinen Grund. Alice war alt genug, sie kannte sich hier
aus und Jasper war bei ihr. Er würde schon sorgen, dass sie nicht auf Tischen
tanzte.
„Sie ist irgendwo mit Jasper unterwegs. Zeigt ihm wohl ihr geheimes Versteck
oder so.“ Edward sah seinen Vater an. „Vermutlich weil sie Dad zu peinlich
findet.“
„Das ist nicht witzig, Edward.“ Sie regte sich wohl eher darüber auf, dass
Edward und Carlisle einen Machtstreit ausübten, wer mich am längsten umarmen
durfte.
„Mom, lass die beiden doch“, meinte Edward zu Esme.
„Mach ich auch. Ich bin doch auch froh, meine Tochter so glücklich zu
sehen.“
„Ach, Edward, du bist ja auch hier in Forks.“ Wir blieben stehen und
blickten in ein bekanntes Gesicht. Jacob Black. Neben ihm stand Mike Newton. Wie
ich die beiden nicht mochte. Ich hatte eine Abscheu gegen die beiden. Sie hatten
schon genug Ärger angestellt, warum mussten die beiden eigentlich auch hier
sein?
„Mike. Jacob“, meinte Edwad nur genervt. Man hörte es deutlich aus seiner
Stimme heraus, dazu musste man ihn nicht mal sehr gut kennen.
„Mr. Und Mrs. Cullen.“
„Schön zu sehen, dass ihr nun auch hier seid“, meinte Carlisle freundlich.
Ich hörte Edward aufseufzen. Er freute sich nicht wirklich, die beiden zu
sehen, was ich verstehen konnte. Mir ging es ja nicht anders. Ich griff nach
seiner Hand und hielt sie ganz fest.
Er blickte mich fragend an, doch ich lächelte ihn nur an. Er sollte sich von
den Beiden nicht den Abend verderben lassen. Das Wochenende war schon so schön,
da sollten die Beiden eigentlich nichts kaputt machen. Es war doch unser
Wochenende.
„Ja, wir besuchen unsere Familie“, meinte Mike erklärend.
„Da freuen sich eure Eltern bestimmt“, meinte Esme und lächelte die Beiden
ebenfalls an.
„Wollen wir weitergehen?“, fragte Edward und legte nun den Arm um mich.
„Wie unfreundlich von dir, Edward. Geht man so mit alten Freunden um?“,
fragte Jake.
„Glaubt mir, wenn ihr Freunde von mir wärt, dann würde ich mit euch anders
umgehen. Aber ihr habt mir schon oft gezeigt, dass ihr bestimmt nicht zu meinen
Freunden gehört“, sagte er mit ernster Stimme. Irgendwie war ich stolz auf
ihn. Über seine Worte, über seine Ruhe. Einfach über ihn. Er war mein Edward.
„Hier Bella, das ist für dich.“ Ich blickte überrascht auf, als Alice
gerade zu mir kam und mir ein paar Zettel reichte. Ich hatte sie nicht klopfen
gehört. „Die Tür war auf.“
Ich nickte. „Was ist das?“ Mein Blick deutete auf die kleinen Bündel in
ihren Händen.
„Wo ist Edward?“
„Im Badezimmer“, antwortete ich ihr und blickte nun auf die Zettel, die
Alice mir immer noch hinhielt. „Was ist das?“
„Erinnerst du dich denn nicht mehr daran?“ Sie lächelte sanft.
„Nein.“ Ich hatte keinen blassen Schimmer, was diese Zettel zu bedeuten
hatten.
„Wir hatten doch jedes Jahr unsere Wünsche aufgeschrieben.“
„Unsere Wünsche?“ Aber so langsam dämmerte es mir. Es stimmte. Jeden
Sommer den ich in Forks verbracht hatte, hatten wir den letzten Tag damit
verbracht, unsere Zukunftswünsche für das nächste Jahr aufzuschreiben. Wir
hatten sie bisher nie gelesen, ich hatte sie auch eigentlich schon vergessen
gehabt. Edward, Alice und ich hatten unsere Wünsche auf einen Zettel
geschrieben und sie in einer kleinen Dose aufbewahrt, welche wir in der
Bibliothek der Cullens aufbewahrt hatten.
„Ist das das, was ich glaube?“
„Ja, genau. Ich habe sie eben aus der Bibliothek geholt.“
„Warum?“
Alice blickte auf die Zettel in ihren Händen. „Ich weiß nicht. Ich habe
zufällig wieder an sie gedacht. An unsere Träume und Wünsche. Und wer weiß,
wann wir wieder hier sein werden.“
Ich nickte ihr zu und blickte auf die Zettel. Meine waren mit einem roten Band
zusammengebunden und die von Edward hatte eine grüne Schleife. Ich war wirklich
gespannt, sie wieder zu lesen. Unsere Träume aus der Vergangenheit.
„So ich geh dann mal wieder.“ Alice trat nun wieder zur Tür.
„Danke.“
Sie blieb stehen und blickte mich noch mal an. „Wir fahren morgen wieder und
ich dachte irgendwie, dass es schön sein könnte, wenn wir sie einfach lesen.
Für uns. Jeder für sich.“
„Ja, das ist wirklich eine wundervolle Idee.“ Ich hatte daran gar nicht mehr
gedacht. Wirklich nicht. Ich hatte nicht mal daran gedacht, dass es diese
überhaupt noch gibt.
„Bis Morgen dann. Schlaft gut.“
„Ihr auch.“
Und schon verließ Alice das Zimmer und ich blickte auf die Zettel in meinen
Händen. Es war merkwürdig die Träume aus der Vergangenheit nun in den Händen
zu halten.
„Was hast du da, Süße?“
Wieder schaute ich überrascht auf.
Es war Edward, der nun oben ohne aus seinem Badezimmer kam. Er trug nur Shorts
und ich musste mir mal wieder eingestehen, dass er verdammt gut aussah. Er war
gut gebaut, mit seinem muskulösem Oberkörper und seiner perfekten, makellosen
Haut. Er setzte sich zu mir aufs Bett und küsste mich sanft auf die Schulter.
„Erinnerst du dich noch daran?“ Ich reichte ihm die Beiden kleinen Bündel.
Er lächelte als er die Zettel sah. „Ja, ich erinnere mich noch daran. War
Alice deswegen hier?“
„Ja, sie hat mir unsere beiden Bündel eben gegeben.“
Er legte den Arm um mich und zog mich an sich. „Du riechst wundervoll.“
„Das liegt am Duschgel“, erwiderte ich ihm lächelnd und blickte nun auf die
Bündel, die in seinen Fingern ruhten. „Wollen wir sie lesen?“
„Sollen wir?“
„Alice meinte, dass es bestimmt toll wäre“, erzählte ich ihm von den
Worten seiner Schwester und sah ihn erwartungsvoll an. Neugierig war ich schon.
„Und was meinst du?“
Ich griff nach seinem Bündel. „Darf ich deine lesen?“
„Du willst meine lesen? Aber das sind doch meine Träume“, meinte er
lächelnd, aber er sah gar nicht so aus, als hätte er was dagegen.
„Ich lese deine und du liest meine“, schlug ich ihm vor und löste nun die
grüne Schleife von seinem Bündel.
Ich hatte keine Ahnung, was ich damals alles aufgeschrieben hatte. Damals. Was
für Wünsche konnte schon ein Achtjähriges Mädchen haben? Aber es
interessierte mich auch momentan gar nicht so sehr. Ich wollte eigentlich nur
wissen, was Edward geschrieben hatte.
„Gut.“ Er lächelte und nahm das Bündel meiner Wünsche in die Hand.
Ich legte mich nun aufs Bett, kuschelte mich in die Kissen. Edward legte sich
neben mich, legte den Arm um meine Taille, zog mich an sich und blickte auf die
Zettel.
Das grüne Band legte ich neben mich und blickte auf die Zettel. Langsam
öffnete ich einen nach den anderen.
Und musste schlucken.
Meine Atmung wurde schwer, als ich einen Zettel nach dem anderen las und die
Worte darin vernahm. In jedem Zettel stand dasselbe. Dieselben Worte. Immer und
immer wieder. Er hatte sich jedes Jahr das gleiche gewünscht.
Fragend blickte ich ihn an. Er hatte meine gar nicht gelesen, sondern hatte auf
meine Reaktion auf die seinen gewartet. Anscheinend wusste er noch sehr genau,
was in seinen Briefen stand.
„Warum?“ Ich brachte kein anderes Wort über meine Lippen.
„Fragst du das wirklich?“, fragte er mit einem Lächeln und küsste mir nun
sanft die Tränen weg, die meine Wangen herunter liefen.
Ich nickte. Ja, natürlich fragte ich das. Ich brachte keine Worte mehr über
die Lippen.
„Bells, ich liebe dich. Von Anfang an habe ich dich geliebt.“ Er streichelte
mir über die Wangen. „Am Anfang ging es mir nur darum, dass wir immer Freunde
bleiben würden. Doch dann war mir klar, dass ich so viel mehr für dich
empfinde.“ Ich schluckte wieder, versuchte den Tumult in meinem Körper los zu
werden, versuchte mich wieder zu beruhigen. Doch es ging einfach nicht.
Schluchzend legte ich die Arme um seinen Hals und drückte mich an ihn. Er war
so wundervoll. So liebevoll. So einfach Edward.
Er drückte mich an sich und summte mir seine neue Melodie ins Ohr. Er hatte sie
„Bella“ genannt. Einfach nach mir.
Durch meine heftige Umarmung, hatte ich die Zettel fallen lassen. Doch es
interessierte uns beide gar nicht mehr, wir waren zu sehr mit uns selber
beschäftigt.
Einer nach dem anderem fiel nun vom Bett und landete sanft wie eine Feder auf
dem Boden. Mit ihrer heiligen Botschaft darin.
„Ich will für immer mit Bella zusammen sein.“
Epilog: Happy End
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Mahatma Gandhi sagte einmal:
„Liebe ist die stärkste Macht der Welt,
und doch ist sie die demütigste,
die man sich vorstellen kann.
Bellas Sicht:
„Bella, kommst du da nun endlich mal raus?“
„Nein“, murmelte ich grummelnd vor mich hin und blickte immer noch in den
großen Spiegel. Ich musterte skeptisch die Person, die ich darin sah. Sie kam
mir so fremd vor und doch war das ich. Zumindest etwas, das ich sein sollte,
wenn da nicht dieses weiße Etwas um mich herum wäre. Ich, in einem riesigen
Kleid. Das war nicht mal ein Kleid, das war ein Ballon. Ich war ehrlich gesagt,
ziemlich überrascht, dass ich mit diesem Kleid überhaupt in diese Kabine,
geschweige denn in den Spiegel passte. Aber na ja, in so einem Laden ist man
wohl dafür ausgerichtet.
Aber ich konnte mich einfach nicht an diesen Anblick gewöhnen. Es war mir so
fremd. Und eigentlich hatte ich ja noch eine Weile Zeit mich an diesen Anblick
zu gewöhnen. Rein theoretisch zumindest. Doch nicht wenn es nach Alice ging.
„Dann komm ich nun einfach mal rein.“
Noch bevor ich irgendwas sagen konnte, riss Alice den Vorhang der Kabine auf und
stand hinter mir. „Wow“, brachte sie schließlich nur hervor. Sie strahlte
als sie mich in dem weißen Tüll sah.
„Ja“, meinte ich und stimmte ihr zu. Das war wirklich nur „Wow“, mehr
konnte selbst sie nicht vorbringen.
Wenn Alice nicht mehr als dieses Wort zustande bringen konnte, dann bedeutete
das doch wirklich was. Es gibt nun mal nur sehr wenige Momente in denen Alice
nicht mehr als nur ein Wort raus brachte. Zumindest fielen mir genau jetzt nicht
mal zwei Situationen ein, wo dies passierte.
„Das sieht echt toll aus.“
Ich seufzte. „Ja?“ Irgendwie war ich mir gar nicht mehr so sicher. Es war
einfach so viel. So weiß. Ich war mir generell nicht so sicher. Wir hatten ja
auch noch ewig Zeit, aber dennoch musste Alice mich in jeder freien Sekunde die
wir hatten in so einen Laden schleppen, damit ich neue Kleider ausprobierte.
„Ich bin begeistert.“ Sie klatschte mit den Händen.
Ich nickte nur. Ja, ich sollte vermutlich auch mehr Begeisterung entgegen
bringen. Doch ich brachte nicht ein einziges Wort heraus.
„Gefällt es dir nicht?“, fragte sie nun sanft,
Meine Lippen verzogen sich zu einer schmalen Linie, als ich einen Teil des
Rockes anhob und versuchte meine Füße zu sehen. „Es ist so viel“, meinte
ich zu ihr ehrlich.
„Nein, finde ich nicht“, meinte Alice und lächelte. „Du siehst wundervoll
aus.“
Ich rollte mit den Augen. Diese Antwort kannte ich von ihr schon. „Das hast du
bisher zu jedem Kleid gesagt.“
„Ja, aber weil es stimmt. Du siehst nun mal in all den Kleidern, die du an
hattest, wunderschön aus.“
„Alice...“ Ich seufzte schon wieder auf. Irgendwie hatte ich gerade das
Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Ich musste so schnell wie möglich aus
diesem Laden raus. Kein weiteres Kleid. Nicht mehr. Bitte. „Wie spät haben
wir denn?“
Alice blickte auf ihre Armbanduhr und brachte ein: „Oh“ hervor.
Sofort drehte ich mich um und blickte sie fragend an. „Was meinst du mit
'Oh'?“
„Wir sollten nun los“, meinte Alice schnell und drehte mich um. „Zieh dich
schnell um.“
„Was meinst du mit 'schnell'?“
Doch da hatte Alice auch schon wieder den Vorhang zu meiner Umkleide zugezogen.
Das war ja mal wieder super. War es denn wirklich so viel verlangt? Ich hatte
sie extra gebeten, dass sie die Zeit im Auge behalten sollte.
Jetzt musste ich auch noch versuchen, dieses Monstrum von Kleid alleine wieder
los zu bekommen. Und das auch noch in Eile. Na super, ich kämpfte mich gerade
aus dem weißen Monster heraus, als ich Alice draußen telefonieren hörte.
„Mit wem telefonierst du?“
„Mit unserem Fahrer“, teilte sie mir freundlicherweise mit.
Mit unserem Fahrer? Schon klar. Natürlich hatten wir einen Fahrer, welcher sich
mir allerdings noch gar nicht vorgestellt hatte.
Ich seufzte und legte das Kleid auf den Stuhl und versuchte unter all dem
weißen Stoff meine eigentlichen Klamotten wieder zu finden. Ah, da war meine
Jeanshose. Schon mal ein Anfang.
Aristoteles schrieb einst:
„Wenn auf der Erde die Liebe herrschte,
wären alle Gesetze entbehrlich.“
Edwards Sicht:
„Mach dir doch nicht so einen Kopf, mein Junge“, meinte mein Vater mehr als
nur freundlich.
„Bella kommt schon“, versuchte es nun auch meine Mutter.
„Natürlich kommt sie.“ Das konnte nämlich sonst nur ein Traum sein.
„Alice hat vermutlich die Zeit vergessen“, sagte ich zu den Beiden fest
überzeugt. Ich machte mir auch keine Sorgen deswegen. Ich kannte meine
Schwester doch. Es war ziemlich wahrscheinlich dass Alice die Zeit vergessen
hatte.
„Du kennst doch deine Schwester“, meinte Emmett und grinste mich an.
Ich nickte ihm zu. „Allerdings.“
„Alice hat nur mal wieder die Zeit vergessen“, nickte Rosalie mir zu. „Das
ist ziemlich wahrscheinlich.“
Da saßen wir also. Meine Eltern, Jasper, Emmett, Rosalie und die Eltern von
Bella. Die einzigen Personen die noch fehlten waren Alice und meine Verlobte
Bella. Ja, ganz Recht meine Verlobte.
Ich blickte auf, als Jasper wieder zu uns an den Tisch kam. Sein Handy hatte
geklingelt und er war freundlicherweise in den Nebenraum gegangen, um zu
telefonieren.
„Ich geh mal gerade besagte Vermisste abholen“, meinte er lächelnd.
„Hat Bella angerufen?“, fragte Charlie sofort.
„Charlie, beruhig dich doch“, mischte sich Carlisle ein und grinste ihn an.
„Nein, es war Alice. Sie sind gerade in…“ Jasper blickte mich an und
stoppte seine Worte sofort. Ich wusste in welchem Laden Alice Bella wieder
geschleppt hatte. Seit dem Alice Bescheid wusste, war es ihre neue Lebensaufgabe
meine Verlobte in weiße Kleider zu stopfen und sie dadurch verrückt zu machen.
„Sie sind in einem Laden. shoppen“, fügte er noch schnell hinzu. „Ich hol
sie gerade nur schnell mit dem Wagen ab. Sind dann gleich wieder da.“
Ich nickte ihm zu und dann verschwand er auch schon aus dem Restaurant. Am
liebsten würde ich mit ihm gehen. Die Stimmung war nicht gerade der Brüller.
„Seht ihr, Bella hat das hier nicht vergessen“, meinte Renèe und lächelte
in die Runde. Aber irgendwie wirkte ihr Lächeln etwas verkrampft.
Oh man, ich glaubte Bellas und meine Eltern nahmen das ganze hier nervöser war
als ich oder Bella. Das war ja echt kaum auszuhalten. Ich brauchte sie
unbedingt.
Ich griff nach meinem Weinglas und trank schnell einen kleinen Schluck des
kühlen Weißweins.
Ich brauchte Bella. Ganz dringend. Sie musste mir helfen diese Situation hier zu
überstehen. Ich hasste es, wenn etwas so verkrampft ablief, was bei meinen und
ihren Eltern eigentlich echt komisch war. Wir kannten uns alle schon so lange,
dass es komisch war, dass besagte Eltern verkrampft und etwas unsicher am Tisch
saßen. Gut, das hier war die Verlobungsfeier von Bella und mir. Wir würden in
vier Monaten heiraten. Eigentlich wäre es meinen Eltern lieber gewesen, wenn
wir uns mehr Zeit lassen würden doch erstens wollte ich keine weitere Minute
mehr warten und als Bella ‚Ja‘ gesagt hatte, sofort das nächste Standesamt
stürmen, doch unsere Eltern bestanden darauf, dass wir wenigstens eine
Verlobungsfeier feierten. Wen auch im kleinen Kreis. Außerdem wollten wir
früher feiern, damit Alice einfach weniger Zeit hatte, eine riesige
Hochzeitsparty zu organisieren. Bella und ich brauchten das alles einfach nicht.
Alice konnte wirklich was erleben. Warum musste sie denn unbedingt heute mit
Bella shoppen gehen? Das hätten sie auch an jedem anderen Tag machen können.
„Also in vier Monaten ist es also so weit?“, fragte Esme und lächelte mich
an.
Ich nickte. „Der Termin ist zwar kurzfristig, aber für uns ist er gerade
recht.“
„Verstehe“, meinte Charlie.
Fragend blickte ich ihn an. Für ihn war das offensichtlich nicht so einfach.
Aber ich wusste, dass er lieber mich als Schwiegersohn hatte, als irgendjemand
anderes. Vielleicht würde er sich auch etwas entspannen, wenn Bella nun hier
wäre und neben mir sitzen würde. Nur, dass meine Verlobte noch nicht da ist.
Wegen meiner Schwester natürlich.
„Müssen wir da irgendwas wissen?“, fragte Charlie nun und blickte mich
ernst an.
Ich schluckte. Was meinte er denn nun damit? Was sollte dieser Blick? Hatte ich
irgendetwas nicht mitbekommen?
„Ich glaube nicht, dass es das ist“, mischte sich nun auch Carlisle ein.
„Ja?“, fragte Charlie und blickte Carlisle skeptisch an. „Bist du dir da
sicher?“
„Um was geht es denn hier?“, fragte Emmett und blickte mich fragend an.
Gute Frage. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.“
„Könnt ihr euch mal zusammen reißen. Charlie, bitte.“ Renèe blickte ihren
Mann seufzend an. „Bitte.“
„Dir ist das also egal, wenn du Oma wirst?“
Ich verschluckte mich an meinem Wein.
Emmett der neben mir saß, klopfte mir helfend auf den Rücken.
Ich stellte das Glas ab, versuchte mich zusammen zu reißen und nicht einfach
loszulachen, wischte mir den Mund mit der Serviette ab und sah dann meinen
Schwiegervater in spe überrascht an. „Bitte was?“, fragte ich Charlie, als
ich wieder zur Stimme kam. „Wer erzählt denn bitte so was?“
„Na, hör mal Edward. Ihr wollt plötzlich ganz schnell heiraten“, meinte
Charlie erklärend. „Ihr lasst euch keine Zeit und wollt das nicht in Ruhe
überdenken. Ich finde das geht einfach alles ziemlich schnell.“
„Wir waren auch ein wenig überrascht, Ed“, meinte nun auch Esme. Ich sah
meine Mutter überrascht an, das war das erste Mal, dass ich so etwas hörte?
Dachten unsere Eltern wirklich, dass Bella und ich nur heiraten wollten, weil
ich sie geschwängert habe? So wie ich Bella einschätze, würde das für sie
nie ein Grund sein. Nur weil wir vielleicht ein Kind erwarten würden, würden
wir doch nicht heiraten. Natürlich wäre es schöner, wenn die Eltern
verheiratet sind, aber das wäre für Bella garantiert kein Grund ‚Ja‘ zu
sagen. Deswegen hatte ich ihr auch keinen Antrag gemacht.
„Es musste doch einen Grund geben. Und der einzige Grund, der für uns
einleuchtend war, ist nun mal dass ihr kein uneheliches Kind haben wollt“,
erklärte Bellas Vater mir.
Stopp!
Warum muss ich mir das anhören, wo ist Bella? Das war doch echt nicht zu
glauben. Bella würde vermutlich los lachen. Oder Alice. Das war echt nicht zu
glauben.
Ich seufzte. „Okay, hört mal Leute. Bella ist nicht schwanger.“
„Bist du dir da sicher?“, fragte Renèe.
Ich blickte sie skeptisch an. „Ja, ich bin mir sicher, dass sie nicht
schwanger ist. Okay?“ Ich sollte es doch wohl am besten wissen, zumindest
wäre ich ja bei der Zeugung dabei gewesen. Was dachten die sich hier
eigentlich.
„Sie ist nicht schwanger!“ Das war doch echt die Härte. Warum können Bella
und ich nicht einfach heiraten, weil wir uns lieben? Das ist doch ein sehr
wichtiger und vor allem ausschlaggebender Punkt.
Ich blickte zu Emmett. „Emmett ist doch auch verheiratet, ohne das Rosalie
schwanger ist.“
„Ja, das stimmt schon“, meinte Charlie.
„Aber das ist was anderes“, meinte Esme.
„Wie bitte?“, fragte ich überrascht. „Warum ist das was anderes?“
„Die Beiden sind schon so lange verlobt. Sie haben es sich schon so lange
vorgenommen zu heiraten. Und bei euch ist es einfach was Neues“, erklärte mir
nun Renèe. „Und so schnell.“
Mir fehlten so langsam echt die Worte. „Dachtet ihr etwa alle, dass Bella
schwanger ist?“ Ich blickte nun auch meinen Vater an, der sich bisher hier
sehr fein raus gehalten hat. Er blickte mich nicht an, sondern sah in ein Glas
Wein. Er schwenkte den Chardonnay ein wenig. „Dad?“
Carlisle stellte das Glas ab und blickte seinen Sohn an. „Edward, du weißt,
dass wir euch Beiden vertrauen…“
„Hast du auch gedacht, dass Bella und ich nur heiraten, weil sie schwanger
sein könnte?“, wiederholte ich meine Frage noch einmal.
Er schwieg einen Moment, nickte dann aber.
Das war doch echt die Höhe. Gerade meine Eltern hätten doch wissen müssen,
wie sehr ich Bella nun mal liebe. Vermutlich hatten Bellas Eltern und meine
Eltern sich gegenseitig angesteckt mit ihren Vermutungen.
Ich stand auf. Das ging gerade echt zu weit. Ich brauchte unbedingt frische
Luft.
„Wo willst du hin?“, fragte Esme und blickte mich sorgend an.
„An die frische Luft, wenn es Recht ist.“ Ich ging gerade um den Tisch
herum, als ich eine fröhliche Stimme hörte, die ich sofort erkannte.
Alice. Ich blickte zur Tür und sah nun Jasper, Alice und Bella.
Bella kam sofort, als sie mich sah, auf mich zu geeilt und küsste mich auf die
Wange. „Es tut mir Leid, aber… Warte mal, warum stehst du?“
Ich lächelte sie an. Jetzt wo sie da war, fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich
brauchte sie einfach, damit es mir gut ging. Ich brauchte sie, damit ich unsere
Eltern überstand. Nun blickte sie mich allerdings nicht mehr lächelnd an,
sondern skeptisch.
„Edward wollte gerade an die frische Luft gehen“, sagte Emmett der nun auch
aufstand, um Bella zu umarmen. „Hey.“
„Hey, Emmett.“ Dann blickte sie sofort wieder zu mir. „Warum? Bist du
krank? Geht es dir nicht gut?“, fragte sie sofort sich sorgend. Ach, wie ich
sie liebte. „ Ist alles okay?“
Ich seufzte. „Frag doch mal unsere Eltern.“
Bella blickte zu ihren und zu meinen Eltern, die gerade alle dabei waren, Alice
zu begrüßen. „Was ist denn hier los?“
Ich griff nach ihrer Hand und streichelte sie sanft. „Weißt du, was unsere
Eltern denken, warum wir heiraten?“
„Edward, nun aber“, meinte Renée ein wenig empört.
Bella blickte mich fragend an. Ja, anscheinend hatte sie genauso wenig eine
Ahnung darüber, wie ich.
„Edward, dass muss doch nun nicht…“, meinte Charlie schnell.
„Unsere Eltern denken, du bist schwanger und das wir deswegen heiraten.“
Bellas Blick entgleiste. Gut, jetzt fühlt sie sich anscheinend genauso
überrumpelt wie ich.
Sie blickte von mir weg und sah unsere Eltern an. „Was?“, fragte sie nur
entsetzt. „Wie kommt ihr denn bitte darauf?“
Sie setzte sich auf den Stuhl neben meinen. Ja, sie sollte sich wohl erst mal
setzen.
Ich setzte mich auch wieder hin und lächelte. Was für ein Tag. Was für eine
Verlobungsfeier. Wir hätten darauf gar nicht eingehen sollen. Bella und ich
wären auch sicherlich ohne Verlobungsfeier mit den Eltern glücklich gewesen.
Vor allem, bei so einer Feier.
„Unsere Eltern können es sich anscheinend nicht vorstellen, dass wir nur
heiraten wollen, weil wir uns lieben“, versuchte ich es sarkastisch.
„Edward, das hat so keiner gesagt“, meinte Carlisle.
„Ach nein?“, fragte ich ihn angreifend. Das war doch die Höhe.
Ich blickte auf meine Hand, als ich spürte, dass nun Bella diejenige war, die
meine Hand streichelte und versuchte mich zu beruhigen. Fragend blickte ich sie
an.
Bella lächelte. „Lass sie doch“, flüsterte sie mir zu und küsste mich
sanft auf die Lippen.
Oh Gott, ich hätte das keine Minute länger ohne sie ausgehalten. Ich brauchte
sie einfach. Das wirklich verrückt, ich brauchte diesen Menschen einfach.
„Es tut uns Leid“, meinte Esme nun.
„Aber du bist wirklich nicht schwanger, Bells?“, fragte Charlie doch mal
nach.
Ich seufzte und wollte ihn schon anmeckern, doch Bella lächelte ihn an.
„Nein, Paps, bin ich nicht und wenn, dann bist du der Erste der es
erfährt“, sie blickte mich an. „Okay, vielleicht bist du erst der
Zweite.“
Mahatma Gandhi sagte einst:
„Du und ich:
Wir sind eins.
Ich kann dir nicht wehtun, ohne mich zu verletzen.“
Alice Sicht:
Das war ja mal echt Hammer. Schade, dass ich das Beste verpasst habe. Ich hätte
ja wirklich zu gerne gesehen, wie unsere Eltern Edward mit Fragen bombardiert
hatten. Das war bestimmt lustig. Na ja, man kann leider nicht alles haben. Aber
dennoch blickte ich zur Decke. Vielleicht haben die hier ja Kameras und wenn ich
ganz nett gefragt hätte, vielleicht hätte ich die Aufzeichnung ja bekommen.
Das wäre bestimmt toll für das Hochzeitsvideo. Bestimmt.
„Was suchst du da an der Decke?“, fragte Esme mich.
„Ich suche nach Kameras“, teilte ich ihr mit.
„Warum suchst du nach Kameras?“, fragte sie nun weiter.
Ich grinste ihn an. „Na ja, ich habe doch das Beste verpasst. Ich hätte
Edwards Gesicht einfach nur zu gerne gesehen, als ihr ihm von euren Gedanken
erzählt habt, Mom.“
„Alice“, meinte sie schockiert.
„Nun hab dich doch mal nicht so.“ Ich grinste. „Ich würde mir dass doch
dann nur ausleihen. Und dann eine Kopie von machen. Und die würde ich dann ins
Hochzeitsvideo einbauen.“
Sie blickte mich skeptisch an.
„Nur so als Spaß?“, fragte ich vorsichtig nach.
„Nein, ich denke nicht, dass das lustig sein wird.“
„Jetzt vielleicht nicht. Aber vielleicht in fünf Jahren, wenn Bella wirklich
schwanger ist“, meinte ich lächelnd.
„Alice, ich glaube nicht…“
„Ja, schon klar.“ Sie verstand aber auch wirklich keinen Spaß. Ich frage
nachher einfach das Personal.
Ich blickte zu Jasper und sah, dass er mir einen skeptischen Blick zuwarf.
Anscheinend hatte er mitbekommen, was ich gerade eben versucht hatte meiner
Mutter schmackhaft zu machen.
„Ich finde das lustig“, teilte ich ihm mit.
Er nickte und griff nach meiner Hand. Dann beugte er sich zu mir rüber und
flüsterte mir etwas ins Ohr: „Willst du es ihnen nun eigentlich sagen?“
Ich wusste sehr wohl was er meinte. Doch ich war vorne rein nicht von dieser
Idee begeistert gewesen. Klar, irgendwann würden sie es so oder so erfahren
müssen. Aber doch noch nicht jetzt.
„Ich glaube nicht, dass das jetzt eine gute Situation ist.“ Und damit hatte
ich doch gar nicht so Unrecht. Hier war ja eigentlich voll das Chaos.
Edward klammerte sich Haltsuchend an seine Bella.
Bella musste ihren Vater und auch Edward beruhigen.
Ich hatte das Gefühl, dass wenn dieses Thema noch mal angesprochen werden
sollte, dann würde jemand ausrasten. Bestimmt.
„Alice“, hörte ich seine Stimme zu mir durchdringen. Ich wusste ganz genau,
dass er es gerne sagen wollte, dass es gerne allen mitteilen wollte. Und wir
hatten darüber auch oft genug gesprochen, aber ich war immer noch verdammt
unsicher.
Er legte mir seine Hand auf dem Schoss und streichelte mein Bein. „Ich mach
das auch gerne“, schlug er vor.
Ich blickte ihn sanft an. Das wäre wirklich toll. „Vielleicht den Anfang?“,
bat ich ihn. Ja, der Anfang würde bestimmt langen.
Jasper nickte und stand auf. „Ich würde euch gerne was mitteilen“, ich
spürte seinen Blick. „Alice und ich wollen euch gerne was sagen.“
Ich schluckte, als ich spürte, wie uns nun alle ansahen.
„Wollt ihr etwa auch heiraten?“, fragte Carlisle.
„Das würde ich mir bei dieser Familie echt noch mal überlegen, Jasper“,
meinte Edward.
„Sag so etwas nicht“, meinte Esme.
„Nein, Alice und ich wollen nicht heiraten.“ Er blickte mich an.
„Zumindest haben wir das in nächster Zeit erst mal nicht vor.“
Was sollte denn das nun? Gut, darüber hatten wir noch gar nicht gesprochen.
Aber ich wollte noch nicht verheiratet sein.
Ich fühlte mich einfach noch zu jung um Mrs. Hale zu sein. Eindeutig. Gut, was
das andere Thema anging, würden wir vermutlich auch noch zu jung sein. Aber wir
würden es schon hinkriegen. Eindeutig.
„Also, was gibt es denn Schätzchen?“, fragte meine Mutter neben mir.
Ich spürte Jaspers Blick auf mir ruhen, er hoffte wohl, dass ich den
entscheidenden Satz sagen sollte. Ja und eigentlich sollte ich das wirklich. Das
ist doch meine Aufgabe.
„Also Alice und ich…“, fing er an.
„Ich bin schwanger“, sagte ich dann doch.
Ich konnte keinen meiner Familie ansehen. Da war es nun. Es war raus. Ich wollte
nicht sehen, wie sie reagieren. Doch dann wurde ich hochgezogen. Es drückte
mich jemand an sich.
„Alice, das ist wundervoll.“ Es war meine beste Freundin, die das zu mir
sagte. Meine zukünftige Schwägerin. Bella.
„Danke“, flüsterte ich ihr zu. Ja, ich war ihr wirklich dankbar, dass sie
mich nun einfach in den Arm nahm. Sie nahm mir damit eine ungeheuerliche Last
von den Schultern.
„Dann werde ich ja Tante“, stellte sie mit einem Lächeln mit, löste sich
von mir und küsste mich auf die Stirn. „Klingt Tante Bella schlimm?“
„Nein, find ich gar nicht. Das klingt echt toll.“ Ich lächelte sie an.
Danke, Bella. Du bist ein toller Mensch. Es war wirklich verdammt schwierig es
gerade vor Bella und meinem Bruder zu verheimlichen. Ich meine, wir wohnten alle
zusammen. Sogar Jasper wohnte nun bei uns. Bellas altes Zimmer wurde als
Gästezimmer umgebaut, da gewisse Person eh nur noch bei ihrem Verlobten
aufzufinden war.
Die Wohnung war groß, groß genug für uns alle. Aber es war dennoch verdammt
schwierig es den Beiden zu verheimlichen. Aber schließlich hatte es bis jetzt
super geklappt.
„Alice, das ist ja toll.“ Nun war es Edward, der mich umarmte.
„Danke, Bruder.“
Er lächelte mich an. „Du machst echt Sachen.“ Dann drückte er Jasper.
„Das nenne ich mal eine Glanzleistung.“ Er grinste ihn an.
Nach und nach wurden wir von allen umarmt und beglückwünscht. Und nun frag ich
mich echt, warum ich solche Angst davor hatte, es meinen Eltern zu sagen.
Nächstes Wochenende wollten wir es Jaspers Eltern sagen. Das wäre dann der
nächste Schritt. Aber ich freute mich darauf, vor allem nachdem ich nun sah,
dass sich auch meine Eltern freuten.
Honore de Balzac schrieb einst:
„Das Wesen wahrer Liebe lässt sich immer wieder mit der Kindheit vergleichen.
Beide haben die Unüberlegtheit, die Unvorsichtigkeit, die Ausgelassenheit, das
Lachen und das Weinen gemeinsam.“
Bellas Sicht:
„Liebes?“
Ich hob den Kopf und entdeckte Edward, der zu mir ins Zimmer trat. Er sah mich
fragend an. Ich saß auf meinem alten Bett in meinem alten Schlafzimmer und sah
mir Fotos an. Fotos von Edward, Alice und mir. Das Fotoalbum war schon immer
dick gewesen. Doch durch die Zeit die wir nun wieder zusammen verbracht, alleine
schon durch das zusammenwohnen, waren inzwischen zwei weitere Fotoalben
entstanden. Alice knipste immer bei jeder Gelegenheit.
Doch nun hatte ich das Fotoalbum auf dem Schoss, auf dem wir als Kinder zu sehen
sind. Edward, Alice und ich.
„Hey“, meinte ich lächelnd.
„Was machst du da?“ Er setzte sich neben mich und lehnte sich an die Wand
an.
Ich lächelte ihn an, griff nach seiner Hand und hielt sie ganz fest. „Sag
mal, beantwortest du mir eine Frage ehrlich.“
„Natürlich. Was möchtest du wissen?“ Er lächelte und strich mir mit
seiner freien Hand, eine Strähne aus dem Gesicht. Er streichelte dabei sanft
über meine Haut. Ach, ich liebte diesen Menschen einfach.
„Bist du glücklich?“
Überrascht blickte er mich an. „Wie kommst du denn auf so was?“
„Bist du es?“, hakte ich nach.
Edwards Blick wurde wieder weicher. „Natürlich bin ich das. Ich bin doch mit
dir zusammen.“
Ich nickte, lehnte mich an ihn und blickte wieder ins Album.
„Sagst du mir auch, warum du mir diese Frage stellst?“
Ich zuckte nur mit den Schultern und blätterte die nächste Seite um.
„Bells…“
„Ich weiß nicht, ich wollte es einfach wissen.“ Ich wollte es wirklich
einfach nur wissen. Wir würden bald heiraten und da wollte ich einfach nur
sicher gehen, dass Edward genauso wunschlos glücklich war, wie ich es selber
war.
Edward legte sein Kinn auf meinen Kopf und schmiegte sich an mich.
„Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie es war, als ich noch nicht
mit euch zusammen gewohnt hatte.“
„Daran musst du dich auch nicht erinnern. Meiner Meinung nach, war das eine
ziemlich unwichtige Zeit.“
Ich schlug ihm leicht gegen die Rippen. Unwichtig? Also bitte…
„Aua…“
Ich grinste.
„Das war heute echt eine tolle Verlobungsfeier“, meinte er schließlich und
streichelte über meinen Arm.
„Ich fand die Idee von Anfang an blöd.“
„Ich weiß, Süße. Aber ich fand, das Alice mit ihrer Rede recht hatte.“
Alice hatte uns einen ziemlich langen Vortrag gehalten, dass nun mal eine
Verlobungsfeier zu einer Heirat dazugehörte. Wo sich dann alle Familienmitglied
und ein paar Freunde versammelten und dieses schöne Ereignis einfach gefeiert
wird.
„Ja, natürlich.“
„Bells.“
„Ich weiß doch. Schon okay. Ich meine das Schlimmste habe ich anscheinend gar
nicht mitbekommen.“
„Hat Alice nun eigentlich ein Video auftreiben können?“, fragte er nach.
Ich spürte wie er mit einer Strähne meiner Haaren spielte. Das machte er
gerne. Und ich hatte es gerne.
„Keine Ahnung. Aber das werden wir dann wohl auf unserer Hochzeit sehen.“
„Vermutlich.“ Er lächelte. Ich hatte es aus seiner Stimme heraus gehört.
„Wir heiraten also wirklich.“
„Ja, und dass obwohl ich nicht schwanger bin.“ Ich löste mich von ihm und
grinste ihn an. „Schon entsetzlich, dass die jungen Leute von heute sich
einfach so zum heiraten entscheiden.“
Ich sah nur noch sein Grinsen.
Und dann… so schnell konnte ich gar nicht reagieren, lag ich auf dem Bett und
Edward über mir. „Also das mit dem nicht schwanger sein, können wir auch im
Hand um drehen ändern, Liebste.“ Er grinste mich an und küsste mich dann
ganz sanft und leidenschaftlich. Für mich war alles perfekt. Es war alles so,
wie es sein sollte.
Und alle waren glücklich.
Es gab für alle ein Happy End.
Emmett und Rosalie waren glücklich verheiratet.
Esme und Carlisle freuten sich darüber Großeltern zu werden.
Charlie und Renée freuten sich darüber, noch keine Großeltern zu werden.
Jasper und Alice würden Eltern werden.
Und Edward und ich…
Na ja, wer weiß was in der Zukunft noch alles auf uns zukommt.
Aber momentan war mir das ziemlich egal.
Ich hatte alles was wichtig war und ich wollte einfach nur den Moment genießen.
Den wundervollen, hoffentlich endlosen Moment mit Edward Cullen, der Liebe
meines Lebens.
Erich Fromm schrieb einst in „Die Kunst des Liebenes“:
Jemanden zu Lieben ist nicht nur ein starkes Gefühl,
es ist auch eine Entscheidung, ein Urteil, ein Versprechen.
Wäre die Liebe nur ein Gefühl,
so könnte sie nicht die Grundlage für ein Versprechen sein,
sich für immer zu lieben.
Ein Gefühl kommt und kann auch verschwinden.
Wie kann ich behaupten, die Liebe werde ewig dauern,
wenn nicht mein Urteilsvermögen und meine Entschlusskraft beteiligt sind?
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